Carl Schmitt: „Völkerrechtliche Großraumordnung…“ (Rezension)

Mir scheint, dass politische Werte in dem Moment zum Totalitarismus tendieren, wo man sie als universell gültig auffasst. Das gilt sowohl sachlich als auch räumlich: Sachlich bedeutet es, dass solche Werte sich schwertun, politik- und ideologiefreie Lebensbereiche zuzulassen (etwa die Autonomie der Religion zu respektieren), während sie in  räumlicher Hinsicht auf die Intoleranz gegenüber der Existenz von Systemen hinauslaufen, die auf anderen Wertprämissen basieren. Liberalismus, Kommunismus und Islam (in seiner Eigenschaft als politische Ideologie), so unterschiedlich sie sonst sind, konkurrieren miteinander auf der Basis gleichartiger Ansprüchen auf universelle Gültigkeit.

Dieser Anspruch auf Universalität ist bereits per se ein Indiz für den religiösen Charakter der jeweiligen Doktrin, die keine Götter neben sich duldet. Dies gilt also nicht nur in Bezug auf den Islam, wo sich das von selbst versteht, und den Kommunismus, dessen Verheißung innerweltlicher Erlösung ihn schon immer als säkulare Religion ausgewiesen hat. Es gilt auch für den westlichen Liberalismus, und es ist kein Zufall, dass dessen totalitäre Züge umso stärker hervortreten, je schwächer, global gesehen, seine Gegner sind.

Es geht hier – wohlgemerkt – nicht darum, ob diese westlichen Werte etwas Gutes oder etwas Schlechtes sind. Demokratie, einklagbare Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit – das wünsche ich mir für mein eigenes Land sehr wohl (und umso mehr, je stärker es  unter den Beschuss angeblich liberaler Eliten gerät). Diese Dinge sind aber Ergebnisse einer historischen Entwicklung, sie passen zu einem ganz bestimmten kulturellen und religiösen Hintergrund – aber eben nicht zu jedem.

Dass politische Werte nicht ohne weiteres aus einem Kontext in den anderen verpflanzt werden können, lehrt bereits die Regelmäßigkeit, mit der die Demokratisierung der islamischen Welt scheitert. Aber auch im Hinblick auf Europa scheint mir, dass die Globalisierung, die Ent-Grenzung, die Strukturauflösung im Namen liberal-individualistischer Doktrinen längst ein Maß erreicht hat, das uns vor die Wahl stellt, entweder zurückzurudern oder unterzugehen.

Im Zuge des lang andauernden Konflikts zwischen Liberalismus (Kapitalismus) und Sozialismus als konkurrierenden Heilslehren ist geradezu in Vergessenheit geraten, dass politische Wertvorstellungen nicht von Natur aus universalistisch sind; dass vielmehr die Partikularität, die sachliche und räumliche Begrenzung ihres Gültigkeitsbereiches menschlichem Maß womöglich viel eher gerecht wird als eine Doktrin, die sich als politischer Passepartout versteht.

Carl Schmitt

Wenn man sich von der Herrschaft jener unhinterfragten Selbstverständlichkeiten freimachen will, die für Liberalismus und Kommunismus gleichermaßen gelten, dann lohnt es sich, an die verschütteten geistigen Traditionen der deutschen Rechten anzuknüpfen – nicht, um sich nun wiederum irgendeiner, diesmal rechten, Heilslehre anzuschließen, sondern weil es sich um eine geistige Tradition handelt, die das Eigenrecht des Partikularen betont. Ich habe mir deshalb dieser Tage Carl Schmitts „Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ von 1941 vorgenommen:

Schmitts Analyse geht von der Monroe-Doktrin von 1823 aus, also von dem klassischen Prinzip amerikanischer Außenpolitik, Einmischungen europäischer Mächte auf den amerikanischen Kontinenten nicht zu dulden, die Selbstbestimmung der amerikanischen Staaten zu schützen, Kolonisierung und militärische Interventionen von außerhalb gegebenenfalls mit Gewalt zurückzuweisen.

James Monroe

Da diese Doktrin etwa seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert häufig als Mäntelchen für eine höchst imperialistische Politik gegenüber Lateinamerika (und sogar über die Amerikas hinaus, d.h. als Grundlage des Globalismus) herhalten musste, erinnert Schmitt daran, dass der historische Ausgangspunkt ein ganz anderer und sogar gegenteiliger war: nämlich die Zurückweisung eines drohenden Universalitätsanspruches der Heiligen Allianz. Es ging also darum zu verhindern, dass das in Europa frisch restaurierte Prinzip der monarchischen Legitimität auf Amerika (praktisch auf den ganzen Planeten) ausgedehnt wurde. Schmitt sieht darin den Beginn einer neuen und zukunftsweisenden Idee, nämlich der Idee der Großraumordnung. „Großraumordnung“ heißt, dass ein Raum, größer als ein Staat, aber kleiner als der Planet, aufgrund der politischen Ideen seines stärksten Volkes völkerrechtlich ausgestaltet wird. Ein solches Völkerrecht ist naturgemäß partikular.

In Amerika selbst, so fährt Schmitt fort, erfuhr diese Idee allerdings gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Umdeutung ins Gegenteil, und zwar unter dem Einfluss britischer Ideen. Das britische Empire war ja so etwas wie die erste Globalisierung, und das britisch beeinflusste Völkerrecht basierte auf der Annahme universell gültiger Rechtsprinzipien, die – natürlich rein zufällig – mit den Interessen des Empire konform gingen (Freiheit der Meere etc.).

Schmitt arbeitet sehr scharf den Gegensatz zwischen dem amerikanischen Konzept der partikularen und dem britischen der globalen Ordnung heraus. Und in der Tat: Ich habe zwar bisher immer die amerikanischen Werte „life, liberty and the pursuit of happiness“ (noch dazu, wenn man sie als „self-evident truths“, d.h. als universell gültig auffasst) unter dem Gesichtspunkt betrachtet, wie sehr sie einer weltweiten Ausdehnung des Liberalismus Vorschub leisten, aber Schmitts Aufsatz bringt mich doch ins Grübeln. Es besteht ja ein nie völlig überzeugend aufgelöster Widerspruch zwischen dem amerikanischen Volkscharakter und dem amerikanischen Globalismus:

Auf der einen Seite ein Volk, dessen politisches Wertesystem erkennbar bis heute das einer Bauerndemokratie ist, und das das Eigenrecht des Partikularen betont, des Lokalen, des Regionalen, der religiösen Dissidenz, der Bundesstaaten und des Individuums gegebenenfalls auch gegen die Machtansprüche selbst eines noch so demokratischen Staates.

Auf der anderen Seite ein „Internationalismus“, der liberale Ordnungsvorstellungen der ganzen Welt aufzwingen will, und dies notfalls mit Gewalt.

Diese letztere Disposition scheint auch mir bei näherem Hinsehen eher britisch-imperialen als amerikanischen Traditionen zu entspringen, und die Briten sind ja auch heute noch die größten Globalisierungsmasochisten der westlichen Welt, viel mehr als die Amerikaner.

(Ich bin immer noch am Rätseln, was am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen den Eliten beider Länder eigentlich vorgegangen ist. Auffallend ist jedenfalls, dass innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünfzehn Jahren beide Länder, die bis dahin erbittert konkurriert hatten, zu einem nahezu allumfassenden politischen Gleichklang gefunden haben; dass sie sich scheinbar ohne zwingenden Grund gegen Deutschland wandten; und dass ihre politischen Ordnungsvorstellungen zunehmend auf ein Welt-Völkerrecht nicht nur als Mittel der Konfliktregulierung, sondern der Konfliktverhinderung, ja geradezu der Entpolitisierung der internationalen Beziehungen hinausliefen. Ich kann es nicht beweisen, halte es aber für eine plausible Hypothese, dass Deutschland ausgeschaltet werden musste, weil es einem solchen Projekt durch seine schiere Macht, aber auch durch seine nichtliberalen Traditionen im Wege stand. Ob die Briten schon wussten, dass sie auf dem absteigenden Ast saßen und die Verbindung mit den Amerikanern suchten, um, wenn schon nicht Macht, so doch wenigstens Einfluss zu behalten? Auffallend ist jedenfalls, mit welcher Gelassenheit und Selbstverständlichkeit die Briten schon vor dem 2.WK begannen, ihre weltweiten Positionen zu räumen, in die dann die Amerikaner einrückten. Als wäre damit nur vollzogen worden, was von langer Hand geplant gewesen war.)

Schmitt deutet den Gegensatz zwischen seinem Großraumkonzept und der angelsächsichen Konzeption des Globalismus als zwei verschiedene Wege, einen unter dem Einfluss technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen relativierungsbedürftig gewordenen Staatsbegriff zu überwinden, zumindest aber neu zu deuten:
Das Konzept des liberalen Universalismus tendiert zur Abschaffung des Staates durch Übertragung aller Rechte zum einen nach unten – an das Individuum -, zum anderen nach oben – an die globalen Institutionen, letztlich an einen Weltstaat.

Schmitt selbst  relativierte den Staat – ohne ihn in seiner Ordnungsfunktion freilich ersetzen zu wollen – in anderer Weise: Auf der einen Seite nach unten durch die Aufwertung des Volkes (in der liberalen Doktrin gibt es zwischen dem Staat und dem Einzelnen ja nichts, das „Volk“ als gedachter Souverän ist dort nicht mehr als eine fiktive Versammlung von Einzelpersonen); auf der anderen Seite nach oben durch die Einführung des Reichsbegriffs als völkerrechtlicher Kategorie. Dieser Begriff läuft im vorliegenden Zusammenhang darauf hinaus, unter „Reich“ die Einheit zu verstehen, die die völkerrechtlichen Regeln für den von ihr beherrschten Großraum setzt, und zwar auf der Basis der derjenigen Ideen, die für ihr eigenes Volk charakteristisch sind.

Spätestens an dieser Stelle stößt man auf die Problematik des ganzen Entwurfs, wenn nicht sogar auf eine möglicherweise unüberwindbare „Dialektik des Antiglobalismus“, wenn dieser verhorkheimerte Ausdruck gestattet ist:
Es liegt in der Natur der Sache, dass zwischen Völkern irgendwelche Umgangsregeln gelten, und auch wenn man die nicht in ein formalisiertes Rechtssystem fassen will, so ist etwas wie eine internationale Geschäftsmoral doch unerlässlich. In Großräumen, in denen es eine Hegemonialmacht gibt, werden deren Interessen wie von selbst die Grundlage dieser Regeln bilden (Schmitt hat das ja mit Blick auf die Monroedoktrin gezeigt). Umfasst der Großraum den gesamten Planeten, sprechen wir von Globalisierung bzw. Globalismus. Will man diesen Zustand nicht, so bleibt kaum eine andere Wahl, als einen eigenen Großraum unterhalb der globalen Ebene zu schaffen. Und dann reproduziert sich innerhalb dieses Raumes nahezu unweigerlich die Tendenz zu „Rationalisierung“, Vereinheitlichung und Nivellierung, mindestens aber zur Herstellung von Verhältnissen existenzieller Abhängigkeit von der Führungsmacht. Auf dem amerikanischen Kontinent war das jedenfalls der Fall, unter der kurzlebigen deutschen Hegemonie in Europa erst recht. (Und selbstverständlich habe ich nicht übersehen, dass Schmitts Arbeit ausgerechnet aus dem Jahr 1941 stammt, als es für ihn galt, ein solches Hegemonialprojekt ideologisch und juristisch abzusichern.)

Es handelt sich um ein echtes Dilemma, weil man sozusagen den Teufel mit Beelzebub austreiben muss. Das bedeutet zumindest eines: dass es kein „ideales“ System geben kann, und dass man ein solches auch gar nicht erst anstreben sollte. Was man aber anstreben sollte, wenn es zur Abwehr des Globalismus schon so etwas wie einen europäischen Großraum geben muss (und wir voraussetzen, dass er nicht durch deutsche Hegemonialpolitik zustande kommt), ist die Europäisierung rechten Gedankenguts; was zum einen bedeutet, sich auf europäischer Ebene besser zu vernetzen als bisher; zum anderen aber, den Globalisten den Begriff „Europa“ streitig zu machen und ihn konservativ zu deuten, um so etwas wie eine gemeinsame Sprache der europäischen Rechten zu finden.

(Dass die EU als Verkörperung des liberalen Europa-Begriffs alles andere ist als die organisatorische Form, in der Europa sich gegen den Globalismus behaupten könnte, liegt schon deshalb auf der Hand, weil sie die Völker Europas nicht nur im Verhältnis zueinander entgrenzt – was schon problematisch genug, aber wahrscheinlich noch tragbar wäre -, sondern vor allem im Verhältnis zur Außenwelt. Im Grunde ist die EU dazu da, Chaos von außerhalb zu importieren und zu kanalisieren, um die strukturelle Instabilität einer globalisierten Welt auszugleichen – wenigstens für eine Weile, bis Europas eigene Binnenstabilität zerstört ist.)

Ich selber habe mir zum Beispiel angewöhnt, nicht mehr von „Europäern“, sondern von den „Völkern Europas“ zu sprechen; analog sollte man statt von der „europäischen Kultur“ von den „europäischen Kulturen“ sprechen – wobei der Plural die Partikularitäten, das Wort „europäisch“ das Verbindende betont. Es liegt ja auf der Hand, dass die Völker Europas und ihre Kulturen bei aller jeweiligen Einzigartigkeit eng miteinander verwandt sind. Man sollte der Versuchung widerstehen, der gleichmacherischen Tendenz des liberalen Europa-Begriffs eine Begrifflichkeit gegenüberzustellen, in der diese verbindenden Momente (quasi aus Daffke) unterschlagen und nur noch nationale Partikularitäten betont werden.

Im Larvenstadium gibt es ja schon so etwas wie eine gemeinsame Sprache der Rechten in Europa (mit ebensovielen Dialekten, wie es Völker gibt), und eine rechte Gegenöffentlichkeit. Wenn es gelingt, dies weiterzuentwickeln, dann könnte eine Festung Europa womöglich ohne Hegemonialmacht auskommen, allein auf der Basis einer gemeinsamen, den Wert des Partikularen und historisch Gewachsenen betonenden rechten Ideologie.

Neues geistliches Liedgut

Neues geistliches Liedgut

Bischöfin Käßmann hat in der evangelischen Kirche neben vielen anderen Innovationen auch ein neues Gesangbuch durchgesetzt. (So alter Plunder wie „Eine feste Burg ist unser Gott“ ist ja auch wirklich nicht mehr zeitgemäß.)

Wundert Euch also nicht, wenn demnächst der Kirchenchor schmettert „Wir wollen einen heeeben, prost, prost, prost!“

Warum die Zivilisation zusammenbricht

Von Daniel Greenfield, Erstveröffentlichung unter dem Titel „What is Behind the Collapse of Civilization?“ in Canada Free Press, 11. Februar 2010

Übersetzung von Manfred

Sozialismus, Dhimmitude, niedrige Geburtenraten, Zerbrechen der Familie, Niedergang des Westens, Aufstieg des Nannystaates, Untergang der menschlichen Freiheit

Was wäre, wenn die Sympathie für Terroristen, die Drift in Richtung Sozialismus, die fallenden Geburtenraten und der kulturelle Bankrott in zivilisierten Ländern, der wirtschaftliche Verfall und der Niedergang der Familie alle eine gemeinsame Ursache hätten? Was wäre, wenn diese gemeinsame Ursache hinter der Vielzahl der Arten und Weisen stünde, in denen wir die Zivilisation um uns herum zusammenbrechen sehen? Dieser Ursache nachzugehen wird eine kurze Reise erfordern, allerdings nicht in das Reich der Geopolitik oder Weltwirtschaft, sondern in den menschlichen Geist.

Man sagt, das Kind reife zum Manne. Was aber wird aus dem Mann, wenn das Kind niemals groß wird? Mit dieser leidigen Frage ist die Zivilisation, wie wir sie kennen, konfrontiert. Diese Frage wird sie beantworten müssen, wenn sie überleben will.

Der Weg vom Kind zum Manne führt über drei Etappen: Überhöhung, Rebellion, Integration. Das Kind stellt die Eltern auf einen Sockel. Dann als Heranwachsender beginnt es gezwungenermaßen in die Erwachsenenerolle zu wechseln und reagiert darauf mit Rebellion. Die Integration findet statt, wenn es die Erwachsenenrolle annimmt.

Allgemein gesprochen findet dieser Zyklus individuell in jeder Familie statt, aber er findet auch auf der Ebene einer Generation statt, da die Rebellion einer Generation zu ihrer Integration in den größeren Zyklus einer Nation, einer Gruppe und ihrer Geschichte führt.
Und so wie die Rebellion des Heranwachsenden ihm hilft, seine Talente zu entdecken und zu seiner Integration führt, hilft die Rebellion einer Generation ihr bei der Definition ihrer Fähigkeit, sich in ihr Land einzufügen und zu seinem Gedeihen beizutragen. Wird dieser Zyklus aber im Rebellionsstadium abgebrochen, so führt dies zur Verewigung der Adoleszenz oder zu einem Fall von arretierter Entwicklung, wobei eine andauernde Rebellion sich aus dem Zwang speist, die Welt auf eine kindische Art und Weise wahrzunehmen, um die Konstanten der Kindheit aufrechtzuerhalten.

Willkommen in der Welt von heute! Aber nicht erst heute. Wir leben in einer Ersten Welt, die sich im Zustand arretierter Entwicklung befindet. Wir sind umgeben von einer Kultur, die das Produkt arretierter Entwicklung ist. Wir sind umgeben von einer Politik arretierter Entwicklung. Zeitungen lesen, den Fernseher einschalten und – Gesellschaft für Gesellschaft – auf das Niveau der Debatten blicken heißt: die Auswirkungen von Generationen zu besichtigen, die sich im Zustand verewigter Adoleszenz befinden und Kinder hervorbringen, die in eine Gesellschaft geboren werden, in der dies der Normalzustand ist.
Während es immer noch viele Erwachsene gibt, konzentrieren sich gerade Politik und Kultur um Leute, die in der Rebellionsfalle hängengeblieben sind, und ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung in jedem Land der Ersten Welt trägt ihre Weltsicht weiter.

Nehmen wir das Rebellionsstadium genauer unter die Lupe. Dies ist von vitaler Bedeutung, weil wir darin leben.

Das Rebellionsstadium ist die Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsensein. Es ist die Reaktion des Kindes darauf, dass es gezwungenermaßen entdeckt, wie die Welt der Erwachsenen wirklich aussieht, und dass es beginnt, die Pflichten eines Erwachsenen zu übernehmen. (Die Midlife-Crisis hat gewisse Ähnlichkeit damit.) Kennzeichnend für das Rebellionsstadium ist der Versuch, der Erwachsenenwelt aggressiv eine kindische Weltsicht aufzuzwingen, um die Prämissen der Kindheit auch dann noch aufrechtzuerhalten, wenn man kein Kind mehr ist.

In dieser Phase nimmt man häufig idealistische Politikentwürfe an, die kaum realistische Pläne enthalten, dafür aber idealistische Globallösungen betonen. (Man sieht die Probleme der Welt, wie auch ein Kind sie sehen würde.) In der Rebellionsphase verwirft man häufig hergebrachte erwachsene Autorität und Regeln zugunsten alternativer Systeme, die entweder anarchisch oder gutgemeint totalitär sind. (Indem es die hergebrachte Autorität ablehnt, verwirft das Kind auch die Möglichkeit, eine Erwachsenenrolle anzunehmen, und sucht stattdessen nach maximaler Freiheit von Verantwortung entweder durch völligen Mangel an Regeln, oder durch völligen Mangel an Regeln unter dem Schutz der Sicherheit des Mammistaates.)

[Anm. d. Übers.: Greenfield schreibt „Nanny State“, und selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass eine „Nanny“ keine Mammi ist. Ich halte aber wenig vom Import von Anglizismen; andererseits wäre eine Übersetzung mit „Kindermädchen-Staat“ ausgesprochen unelegant gewesen. Was aber mit dem „Nanny State“ gemeint ist, nämlich die Kombination von Bevormundung, Erziehung und umfassender Versorgung, das lässt sich auch ganz gut als „mütterlicher Staat“ verstehen, vgl. meinen Artikel „Mutter Staat“; die phonetische Ähnlichkeit gab für mich schließlich den Ausschlag, den Neologismus „Mammistaat“ einzuführen, in der Hoffnung, dass er sich durchsetzt.]

In der Rebellionsphase zählt als kultureller Wert nicht das tatsächlich Erreichte, sondern die Kreativität als solche. (Für ein Kind ist das Malen mit Fingerfarben wegen der Freude am Schöpferischen wichtig, nicht unbedingt wegen des objektiven Werts der Ergebnisse.) Film, Theater und Roman werden rein an ihrer Schockwirkung gemessen, was bedeutet, dass der Tabubruch die höchste Form von Drama oder Komödie wird.
(Das Kind hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und ist gefesselt von allem, was es erschreckt und dadurch seine Aufmerksamkeit gewinnt.)

In der Rebellionsphase gibt es kein großes Ideensystem, nur kontextabhängige Werte. Moralität ist relativ, weil objektive Regeln zu einengend sind, der Empathie zu entbehren scheinen und wenig Raum für den Ausdruck individueller Impulse lassen. (Für das Kind sind Regeln emotional, nicht rational. Kontextbezogen, nicht ewig.) Die Rebellionsphase gipfelt in der romantischen Verklärung der eigenen Gefühle von Verwirrung, Beengung und Ohnmacht. Diese Gefühle werden auf den gesellschaftlichen Außenseiter projiziert, dem man sich näher fühlt als den Mitgliedern der eigenen Gruppe, eben weil auch er ein Außenseiter ist. Der Außenseiter scheint eine Verbindung darzustellen zu einer Form von natürlicher körperlicher und geistiger Vitalität, die einem selbst durch „konformistische“ Erziehung versagt blieb. (Das Kind sehnt sich nach natürlicher Ordnung und natürlichen Impulsen zur Verteidigung gegen die künstlichen und abstrakten Regeln der Welt.)

Es ist leicht, all diese Elemente um uns herum zu erkennen: in unseren Institutionen, in unserer Kultur und unserer Politik. Wer die gleichsam schockgefrorene Weltsicht der Rebellionsphase am Werk sehen möchte, betrachte die kulturellen Stereotype in den Vereinigten Staaten im Hinblick auf den Gegensatz zwischen den fünfziger und den sechziger Jahren, reduziert auf einfachste Klischees: Beengter Arbeitsplatz gegen Freiluftkonzert; schuften für den Mann gegen „sich selbst verwirklichen“; glauben, was alle glauben gegen Leidenschaft für das Schicksal der Welt; Dreiteiler gegen Freigeist. Diese Stereotype beinhalten, ins Negative gewendet, einen einfachen Kontrast, nämlich den zwischen der Zivilisation und ihren Gegnern [its Discontented].

Genau wie der Heranwachsende dagegen aufbegehrt, Erwachsenenrollen anzunehmen, indem er versucht, zur Kindheit zurückzukehren, versuchen Generationen, die die Erwachsenenrollen einer Zivilisation ablehnen, stattdessen diese Zivilisation in ein jugendliches Stadium zurückzudrängen. Bezogen auf eine Zivilisation, ist „jugendlich“ aber bloß ein anderer Ausdruck für „primitiv“ oder „wild“.

Den Wilden und den Barbaren romantisch zu verklären – sei es dadurch, dass man sich Jackson Pollocks statt Rembrandts an die Wand hängt, oder dass man der jeweils angesagten Bande von Drittweltschurken applaudiert, die uns vernichten wollen, oder dass man Monogamie und Ehe ablehnt, oder dass man Technologiebeschränkungen zum Schutz der Umwelt befürwortet – all das stammt aus derselben Feindschaft von Zivilisationskindern gegen – die Zivilisation, aus der sie stammen.

Werfen wir einen Blick auf Hollywood! Früher produzierte es Zelluloid-Phantasien, in denen die Mächte der Ordnung die Verkörperungen des Primitivismus abschlachteten. Heute produziert es Zelluloid-Phantasien, in denen die Verkörperungen des Primitivismus die Mächte der Ordnung abschlachten. Während Kritiker ersteres als chauvinistisch abstempeln und letzteres als politisch korrekt, drückt doch beides künstlerisch den Gegensatz von Zivilisation und Primitivismus aus. Die Wende markiert den Aufstieg derer, deren Sympathien sich von ganzem Herzen gegen die Zivilisation richten, und die die Rückkehr zu einem einfacheren und primitiveren Leben emotional mehr anspricht als der Schutz der Zivilisation. Diese Filme stellen den Aufstand gegen die Zivilisation dar. Getragen wird der Aufstand von denen, die die Zivilisation für vergiftet und für eine Bedrohung ihrer „natürlichen Impulse“ halten – fordert sie doch von ihnen, sich nicht länger wie Kinder aufzuführen und stattdessen erwachsen zu werden.

Das bringt uns zur Figur des Edlen Wilden. Den rebellischen Kindern der Zivilisation weist er den Weg zurück zu einem einfacheren und natürlicheren Lebensstil. Rechtfertigten frühere Generationen ihren Lebensstil damit, dass es darum gehe, „die Wilden zu zivilisieren“, so wollen ihre zornigen Kinder, die „Wilden“ sollten ihren Lebensstil durch die Aufforderung rechtfertigen, selbst wild zu sein. Selbstredend sind beide Ansätze rassistisch und ignorant, aber nur einer von beiden ist politisch korrekt.

Die Romantisierung des „Anderen“ als des „Edlen Wilden“ – der, dem Stereotyp zufolge, näher an der Natur ist, impulsiv, großzügig, vergnügungssüchtig, von angeborener Vitalität und Spiritualität – hat es emotional in der Pubertät verharrenden Westlern erlaubt, mannigfache Minderheiten zu „Avataren“ ihrer eigenen blockierten Entwicklung zu machen – und stets weiter Ausschau zu halten nach einem, der für sie als Huck Finns den Jim macht, für ein eigenes Abenteuer flussabwärts und in eine unaufhörliche Kindheit, fernab von den Anforderungen und Herausforderungen der Erwachsenen-Zivilisation. Er wird sie lehren, den „Wilden“ in sich selbst zu entdecken, indem er ihnen zeigt, wie man die Zivilisation hinter sich lässt und großzügiger, spiritueller und natürlicher wird.

So praktizieren sie einen Rassismus, der ebenso schädlich ist wie alles, wogegen sie zu Felde gezogen sind, aber es ist ein Rassismus, von dem sie nicht ablassen können, weil er zugleich der einzige Grund ist, warum sie überhaupt gegen Rassismus sind. Und er wird sie vernichten, weil ihre schlimmste Fehlkalkulation die war, als jüngstes Exemplar in ihre Reihe von „Edlen Wilden“ ausgerechnet die Muslime aufzunehmen. Das wachsende Ausmaß muslimischer Gewalt lässt sie nur sich noch fester an die neu gefundenen „Wilden“ klammern, die ihnen – so hoffen sie – zeigen werden, wie man mit dieser lästigen Zivilisation ein für allemal fertigwird. Was sie ja auch tun werden. Nur dass am Ende des Weges kein verlorener primitiver Garten Eden stehen wird, sondern Sklaverei, Unterdrückung und Tod.

Blicken wir nun auf die Geburtenraten. Die Geburtenraten sind in praktisch jedem zivilisierten Land drastisch eingebrochen; aber das ist nicht überraschend, weil Heranwachsende kein besonderes Interesse daran haben, Kinder zu haben. Allgemein halten die eher traditionellen Sektoren eines Landes die Geburtenrate hoch, und einströmende Immigranten. Inzwischen heiraten in den kulturellen Zentren die Paare später, bekommen ihre Kinder viel später und in geringerer Zahl, sofern sie sich damit überhaupt belasten.

Kinder zwingen ihre Eltern ja auch dazu, eine Erwachsenenrolle anzunehmen. Viele westliche Paare ziehen es vor, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Wie ein europäisches Ehepaar es in einem Artikel ausdrückte, standen sie vor der Wahl zwischen einem Auto und jährlichem Urlaub einerseits, und Kindern andererseits. So trafen sie ihre Wahl. Dasselbe taten viele Andere, ohne dass es Schlagzeilen gemacht hätte.

Arretierte Entwicklung bedeutet verzögerte Reife. Das Erziehungssystem hat sich aufgebläht, um dem gerecht zu werden, sodass jetzt größere Mengen von jungen Leuten ihre höhere Bildung erst mit Ende Zwanzig vollenden. Verringerte Sexualmoral bedeutet außerdem spätere oder gar keine Ehe. Eine „Ich-zuerst“-Kultur sichert darüberhinaus höhere Scheidungsraten. Das alles wirkt zusammen, die Geburtenraten niedrig zu halten. Der alles übertreffende Faktor ist aber die Flucht vor der Erwachsenenrolle durch Konzentration auf Selbstverwirklichung und Vergnügungssucht statt der Übernahme von Erwachsenenpflichten. Das bedeutet, dass eine Rebellionskultur zugleich eine Kultur niedriger Geburtenraten ist (ein ironischer Kontrast zu dem Edlen Wilden, dem sie nachzueifern versuchen).

Erwachsensein heißt das Selbst zu transzendieren. Im Gegensatz dazu tut verewigte Adoleszenz dies niemals. Politik, Kunst, Kultur, Institutionen und die ganze Welt sind nichts als Projektionen des Selbst. Politik reduziert sich auf die Unterstützung von Politikern, die deinen Ärger wiederspiegeln oder versprechen, sich um dich zu kümmern. Kunst reduziert sich auf Kreativität als Selbstzweck ohne wirklichen schöpferischen Erfolg. Institutionen machen entweder Regeln für alles und jeden oder arbeiten selbst regellos. Moralischer Relativismus oder anekdotische Beweisführung dominieren die öffentliche Rhetorik. Es gibt viel Reichtum, aber der ist so schnell verprasst wie gewonnen. Eine solche Kultur kann nicht sehr lange überleben, weil das, was sie aufbaut, unter ihrem Gewicht zusammenbricht.

Die Rebellion einer Generation spielt, wie die des Heranwachsenden, eine sehr wichtige Rolle für die Regeneration einer Kultur. Eine kurze Rebellionsphase nutzt die Perspektive eines Kindes, um die Kultur durchzurütteln und neue Ideen und Perspektiven einzubringen. Manche dieser neuen Ideen und Perspektiven werden dann in das existierende System integriert, um es zu bereichern und zu stärken. Dieser Zyklus kann eine Zivilisation auf neue Niveaus und zu neuen Höhen führen.

Wird dieser Zyklus aber abgebrochen, dann endet die Rebellionsphase niemals. Stattdessen stagniert sie. Neue Ideen werden alt, weil es nichts gibt, das sie ersetzen könnte, weil diese Ideen niemals in irgendetwas integriert worden sind, das größer wäre als sie selbst. Stattdessen rebelliert die nächste Generation, die gegen nichts mehr rebellieren kann außer gegen die Rebellion selber, dadurch, dass sie neue Extreme findet, zu denen sie strebt. Politik wird immer zersetzender, auch wenn sie immer inhaltsleerer wird. Hochkultur verflüchtigt sich zum Zeitgeist. Die niedere Kultur appelliert einfach schamlos an Schock und Spektakel.

Der Jugendkult dominiert die Kultur, wodurch „Carpe Diem“ zum einzigen moralischen Gesetz wird, da Jeder im täglichen Gewusel seinen selbstsüchtigen Bedürfnissen folgt, um den Fortgang der Zeit zu leugnen. Die Religion bricht zusammen, abgesehen von Kulten und Mysterienreligionen, die geheime Wege zur Unsterblichkeit versprechen. Die Geburtenrate bricht ein, und das Familienleben, Zentrum jeder Zivilisation, bricht ebenfalls zusammen. Die Industrie siecht dahin und wird durch persönliche Dienstleistungen ersetzt. Die Drecksarbeit will keiner machen, und in jedem Fall reißen die fallenden Geburtenraten Lücken an der Basis der Gesellschaft auf, sodass Migration eine neue Unterklasse hereinbringt, die eine gelangweilte Oberschicht als exotisch und aufregend ansieht. Die Anbetung des Edlen Wilden endet mit der Vernichtung der Zivilisation.
Wir sind diesen Weg schon früher gegangen, und er führt immer an denselben Punkt: Wenn eine Zivilisation es nicht schafft, den Zyklus fortzusetzen, und sich ins Erwachsensein zu integrieren, bedeutet das, wenn man es nicht verhindert, ihre Zerstörung. So wie ein Mensch, der darauf besteht, ein Kind zu bleiben, nicht selbständig überleben kann, so wird auch eine Zivilisation, die vor sich selbst davonläuft, in den Flammen untergehen, die sie selbst entfacht hat.

Die Rebellionsphase geht in die adulte Phase durch Integration über. Mit dieser Integration bestimmt und akzeptiert der Heranwachsende die Erwachsenenrolle und die Pflichten, die damit einhergehen. Durch Integration sieht der Lernende sich selbst als Lehrer, der Sohn als Vater, die Tochter als Mutter, der Arbeiter als Manager – und eine Generation geht den nächsten Schritt in der Geschichte ihres Volkes. Die Kreativität und die neuen Ideen, die sie mitbringt, werden auf konstruktive Weise integriert und formen das nächste Kapitel in der großen Erzählung ihrer Zivilisation.

Erwachsene Rollenmodelle sind naturgemäß der Schlüssel zu dieser Integration. Der Niedergang der Familie, im öffentlichen wie im privaten Leben, macht Integration viel schwieriger; speziell wenn eine Kultur darauf besteht, erwachsene Rollenmodelle abzuwerten und stattdessen negative Modelle anzubieten. Die Mythen und Erzählungen einer Kultur leiten den Heranwachsenden auf dem Weg ins Erwachsenendasein. Dasselbe gilt für die Pflichten, die er zu erfüllen hat. Wenn sich die Erzählungen einer Kultur an der Rebellionsphase orientieren und die Pflicht beinhalten, an an nicht endenden Erziehungsprogrammen teilzunehmen, dann macht auch dies den Übergang zur Erwachsenenrolle viel schwieriger. Wenn man das Ganze nun mit einem Mammistaat unterlegt, der bereits per se ein Symptom für eine Rebellionskultur ist, die versucht, Ersatzeltern zu schaffen, die auf einen aufpassen – dann wird es noch schwerer für die nächste Generation, erwachsen zu werden.

Erwachsensein bedeutet, die aufsässige Kreativität der Rebellionsphase in die konstruktive Kreativität des Erwachsenenalters zu überführen. Aufsässige Kreativität ist eine, die in Zurückweisung jeder Art von Einschränkung existiert. War aufsässige Kreativität einst ein Zeichen jugendlicher Rebellion, so ist sie heute in der Ersten Welt allgegenwärtig.
Im Gegensatz dazu ist es schwer geworden, konstruktive Kreativität zu entdecken, also eine, die der Welt etwas gibt und darauf abzielt, ein Endprodukt hervorzubringen, womit Menschen etwas anfangen können, statt einfach nur den eigenen Widerstand gegen Regeln kundzutun. Im Ergebnis leidet Amerika an einem Niedergang der angewandten [non-theoretical] Wissenschaften wie auch seiner Kultur. Und wir sind belastet mit Politikern, die höchst kreativ alle möglichen Arten großer Ideen formulieren, aber nicht konstruktiv im Sinne der Fähigkeit, sie zu durchdringen und zu Ende zu denken .

Sozialismus. Dhimmitude. Niedrige Geburtenraten. Zerbrechen der Familie. Niedergang des Westens. Aufstieg des Mammistaates. Untergang der menschlichen Freiheit. Die Bewunderung von Jedem, der bereit ist, der Zivilisation den Garaus zu machen – alles hat einen gemeinsamen Nenner: diesen.

Der Heranwachsende rebelliert gegen das Erwachsensein, indem er versucht, wie ein Kind zu leben, ohne Furcht vor Konsequenzen, mit Idealismus statt Ideen, mit Selbstverwirklichung statt Verantwortung. Eine Kultur, die gegen die Zivilisation rebelliert, versucht so zu funktionieren, wie sie es von den primitiven glaubt, also ein Kinderdasein zu führen. Die Ergebnisse sind um uns herum zu besichtigen.

Sie haben den Staat in eine Mammi verwandelt, die für sie sorgt. Sie haben Mörder für ihre Impulsivität bewundert. Sie haben Familie und Kinder als Hindernisse auf ihrem Weg beiseitegeräumt. Sie haben Industrie und Technik den Krieg erklärt, weil sie ihrer Anbetung des Primitiven entgegenstehen. Sie haben ihre Kultur auf diejenigen Dinge gebaut, die sie am meisten schockieren und ihre Politik auf das, was sie inspirierend finden. Sie haben der Zivilisation den Rücken gekehrt und versucht, den Erwachsenenpflichten zu entkommen, deren Erfüllung man von ihnen erwartet. Aber die Vergangenheit bietet kein Entkommen vor der Zukunft, und der Mensch kann nicht zurück in die Kindheit – er kann höchstens die verschrobene Parodie eines Kindes darbieten.

Die Rebellionsphase kann nicht unaufhörlich andauern. Sie ist schon vor langer Zeit öde geworden. Doch durch ihre Unfähigkeit vorwärtszuschreiten hat sie Generation für Generation in die Falle ihres abgebrochenen Zyklus gesperrt. Und der einzige Ausweg für die Erste Welt ist, kindisches Zeug beiseitezufegen und sich für das Erwachsenwerden zu entscheiden. Wenn wir dies im Angesicht des Dschihad nicht schaffen – dann schaffen wir es nie!


Nach dem 11. September gab es einen kurzen Moment, wo eine Kultur, die man gelehrt hatte, das Erwachsensein zu vergessen, auf einmal erfuhr, wie es ist, erwachsen zu sein. Manche kehrten um. Viele andere nicht. Jedes Jahr nähert sich das Messer ein wenig mehr unserer Kehle. Technik allein wird es nicht abhalten. Nur ein erwachsener Geist, erwachsene Entschlossenheit, erwachsener Wille, uns um jeden Preis zu verteidigen, wird es schaffen. Und wenn sie endlich die lang verworfene Erwachsenenrolle annehmen, werden die endlos pubertierenden Kulturen der Ersten Welt endlich erwachsen werden.

Martin Lichtmesz: Biedermänner und Brandstifter (Rückblick auf Dresden)

Die Berichterstattung der Mainstream-Medien über die Demoblockade von Dresden geriet wie erwartet zum diffusen Feelgood-Geschunkel, gepflastert mit dem üblichen abgedroschenen Vokabular, das auf Reflexe und Emotionen, nicht aber auf Erhellung der Situation abzielt.

(…) Während die Medien ständig von „Dresden“ sprachen, das vereint den JLO-Marsch verhindert hätte, sah die konkrete Arbeitsteilung anders aus: Während sich in der Altstadt die Bürgerlichen, die sauber bleiben wollenden Politiker und die eher weich-gutmenschlich Motivierten risikolos an den Händchen hielten und im „Lichterkette“-Rausch schwelgten, erledigte die radikale bis militante Linke in der verbarrikadierten Neustadt die Drecksarbeit. Sie, und nicht etwa die Händchenhalter mit den weißen Blümchen und den demonstrativ weißen Westen („gewaltlos und bunt“), schafften es, den Staat durch eine latente Eskalationsandrohung in ihrem Sinne zu erpressen.

Martin Lichtmesz

Und es lohnt sich, den ganzen brillanten Artikel zu lesen.

Dr. Aaron Lerner: Was sagt uns die palästinensische Verurteilung von Terror aus Effizienzgründen?

Originalartikel „Weekly Commentary: The message in Palestinian condemnation of terror on grounds of efficacy“ erschien am 11.02.2010 bei IMRA

Übersetzung von Heplev

Bitte vergleichen Sie und finden Sie den Unterschied heraus:

„Eine verabscheuungswürdige, kriminelle Mordtat wurde heute an einem Ort verübt, der sowohl den Juden als auch den Arabern in Hebron heilig ist. Der Premierminister und der Verteidigungsminister, Ministerien der Regierung und Bürger des Staates Israel verurteilen diesen entsetzlichen Mord an unschuldigen Menschen, der während der Ramadan-Gebete stattfand.“
Erklärung des Premierministers Rabin zum Mord in Hebron am 25. Februar 1994.

„Dieser von uns verurteilte Vorfall, der nicht mit den nationalen palästinensischen Interessen vereinbar ist und der den Bemühungen der Palästinensischen Nationalen Autorität wie auch den von ihr eingegangenen Verpflichtungen vereinbar ist… Gewalt, die sich als schädigend für die höheren Interessen unseres Volkes erwiesen hat.“
Der palästinensische Premierminister Dr. Salam Fayyad, 10 Februar 2010

Die Unterschiede sind alles andere als subtil.

Wenn ein israelischer Premierminister den Angriff eines Juden auf Palästinenser verurteilt, verurteilt er ihn, weil dieser an sich eine „verabscheuungswürdige, kriminelle Tat“ ist.

Wenn ein palästinensischer Premierminister den Angriff eines Palästinensers auf einen Israeli verurteilt, verurteilt er ihn, weil er „nicht vereinbar mit den nationalen palästinensischen Interessen“ ist.

Und das ist nicht das erste Mal.

Fakt ist, dass offizielle palästinensische Verurteilungen von Terror gegen Israelis diesen ständig auf der Grundlage seiner Wirksamkeit verurteilen (er dient nicht den Interessen), statt weil er an sich falsch ist.

Werfen wir einen Blick zurück auf die Einzelheiten der Anklagen, die PA-Staatsanwälte gegen die wenigen palästinensischen Terroristen eingereicht haben, die sie verhafteten (die meisten, um sie vor der israelischen Justiz zu schützen) und – das stimmt so – sie wurden nicht für den Mord an Israelis verurteilt, sondern stattdessen dafür, dass sie „entgegen der palästinensischen Interessen“ handelten.

Das ist nicht nur eine technische Frage.

Es ist eine Frage, die an den Kern der Natur dessen geht, wie die Palästinenserführung scih Israel gegenüber verhält.

Und es sollte als wichtige Warnung für die politischen Entscheidungsträger dienen.

Wenn der Grund dafür, dass es heute falsch ist Israels zu ermorden, der ist, dass dies den palästinensischen Interessen nicht dient und nicht, dass es schlicht falsch ist Israelis zu ermorden, was geschieht dann, wenn die Umstände so sind, dass es den palästinensischen Interessen dient Israelis zu ermorden?

Und wenn man davon ausgeht, dass diese der Fall ist: Welche Einschränkungen sind für die Bewaffnung, Ausbildung usw. der palästinensischen Sicherheitskräfte nötig?

Dresden

Zum 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens zeigen die Medien, und weiß Gott nicht nur die, ihre wahre Visage. Wie jedes Jahr.

Da ich heute nicht viel Zeit habe, kann und will ich nicht jeden Aspekt dieser alljährlichen Schande beleuchten. So sei nur kurz angemerkt, dass es den Linken gelungen ist, die ordentlich angemeldete und völlig legale Demonstration rechter Gruppen zu verhindern; dass die Polizei diesen Sieg der politischen Selbstjustiz (angeblich? tatsächlich?) nicht verhindern „konnte“; und dass es eine offene Frage ist, wo das polizeiliche Unvermögen endet und die politisch gewollte klammheimliche Komplizenschaft des Staates mit linken Gewalttätern beginnt.

Ich kommentiere heute nur den Bericht, den ein gewisser Patrick Gensing in tagesschau.de veröffentlicht hat. Also bei einem Medium, das wir alle durch Zwangsabgaben finanzieren:

Neonazis marschieren in Dresden auf

Es versteht sich von selbst: Das sind das alles „Neonazis“, obwohl es bei diesen Trauermärschen genug Teilnehmer gibt, die definitiv keine sind, und obwohl man das auch leicht hätte herausfinden können; keinem Volontär würde man durchgehen lassen, wenn er pauschal alle Teilnehmer einer Demonstration, an der auch Kommunisten beteiligt sind, „Kommunisten“ nennen würde. Wenn es aber um sogenannte oder auch Neonazis (wieso eigentlich nicht „Postnazis“ – wo es doch auch „Postkommunisten“ gibt?) geht, scheint sich soviel Differenzierung zu erübrigen.

Und selbstverständlich „marschieren sie auf“. Hat schon einmal jemand von einem „Aufmarsch“ von Linksextremisten gehört? Das Wort „Aufmarsch“ suggeriert dem Normalbürger: Uniformen, Stiefel, Gleichschritt. Dass dies alles selbst bei Demonstrationen von wirklichen Rechtsextremisten eher die Ausnahme als die Regel ist, interessiert die GEZ-Dichter nicht.

Das Wort „Aufmarsch“ nämlich hat im Zusammenhang mit solchen Demonstrationen schon längst jede inhaltliche Bedeutung eingebüßt, ungefähr so, wie das Wort „Überfall“ zur Bezeichnung des Angriffs auf Polen 1939. Wir haben es hier mit stereotyper Floskelsprache zu tun, deren Gebrauch ideologische Konformität signalisiert. In solcher Sprache äußert sich die Bereitschaft, auf ein eigenes Urteil (das sich zwangsläufig in eigener Wortwahl niederschlagen müsste) zu verzichten und sich einer vorgegebenen Bewertung zu unterwerfen: Aus solchen Texten dampft der Angstschweiß ihrer Verfasser. Wer so schreibt, will einer drohenden Verdächtigung vorbeugen: Keine Differenzierung, man könnte ja der Sympathie mit „Rechts“ verdächtigt werden; kein Satz, der den Leser zum Nachdenken bringen könnte – er könnte ja etwas „Falsches“ denken; keine Objektivität, nicht einmal eine geheuchelte, weil selbst eine bloß vorgetäuschte Objektivität einen als Rechtsabweichler verdächtig machen könnte. Bis in die Formulierungen hinein muss eine Uniformität gewahrt werden, um die der nordkoreanische ZK-Sekretär für Propaganda unsere GEZ-Sender beneiden würde!

Öffentlichen Raum besetzen und braune Propaganda unters Volk bringen, das sind die Ziele rechtsextremer Demonstrationen.

Ei der Donner. Präsenz im öffentlichen Raum zu zeigen und die eigenen Parolen unters Volk zu bringen, gehört nicht etwa zum Wesen und zum Sinn und Zweck politischer Demonstrationen (und ist deshalb durch das Grundgesetz geschützt), sondern zu den besonders üblen Machenschaften von Neonazis, braucht also nicht etwas als Ausübung eines Bürgerrechts respektiert zu werden.

Tausende Neonazis wollen heute in Dresden einen „Trauermarsch“ [Allein für die Anführungszeichen gehört dieser Schreiberling von oben bis unten vollgekotzt!] begehen – und so Deutschlands historische Verbrechen relativieren.

Wieder so eine lächerliche Phrase, die nur den hohlen geistigen Konformismus ihres Urhebers entlarvt: „Deutschlands historische Verbrechen relativieren“, d.h. in Beziehung zur Zerstörung Dresdens setzen – das ist genau das, was die Teilnehmer des Trauermarsches nicht wollen! Nicht sie behaupten, Dresden sei schlimmer als Auschwitz; Auschwitz wird von ihnen gerade nicht thematisiert – wohl aber von der Journaille und der etablierten Politik, die an Dresden – wenn überhaupt – jedenfalls nicht denken kann, ohne ein „Ja. aber Auschwitz…“ anzuhängen.

Erstaunlich nur der Kontrast zwischen dieser Aneinanderreihung von menschenverachtenden Geschmacklosigkeiten und der Sensibilität und dem Verständnis, das dieselben Medien alljährlich im August den japanischen Gedenkfeiern in Hiroshima und Nagasaki entgegenbringen – selbstredend ohne auf das Nanking-Massaker oder ähnliche Verbrechen Japans zu verweisen.

Das ist nicht etwa Schizophrenie: Das ist die notwendige Folge jener geistigen Abhängigkeit vom Nationalsozialismus, in die man sich begibt, wenn man ihn zur Negativfolie für Alles und Jedes macht, weil man „aus der Geschichte gelernt hat“, dass das NS-Regime das absolut Böse war, und dass deshalb nur das genaue Gegenteil dessen, was die Nazis praktiziert haben, moralisch geboten sein kann. Das bedeutet, deutlich: „Aus der Geschichte gelernt“ hat, wer das eigene Volk für lebensunwert und die eigenen Landsleute für Untermenschen hält, deren massenhafte Tötung daher nicht betrauert werden darf, jedenfalls nicht ohne allgegenwärtige Relativierung. Die Antideutschen und ihr „Bomber-Harris, do it again!“ bringen nur auf den Punkt, was die deutschen Müll-Eliten tagein, tagaus über ihre Sender verkünden lassen.

Ausschreitungen werden erwartet.

Und natürlich braucht man nicht zu erwähnen, dass solche Ausschreitungen zwar regelmäßig vorkommen, aber in aller Regel von Linksextremisten ausgehen. So auch diesmal. Ich werde jetzt nicht jeden Satz dieses unsäglichen Geschreibsels auseinandernehmen; nur ein paar, tja, Höhepunkte:

(…)
Zudem wollen sie den Begriff Holocaust umdeuten: Fast genau vor fünf Jahren hatte der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel erstmals vom „Bomben-Holocaust“ gesprochen – im Landtag in Dresden.

Da hat einer schon vergessen, dass der Begriff „Holocaust“ schon in den achtziger Jahren banalisiert worden ist, und zwar von denselben Leuten, die heute vor Pietät kaum laufen können, damals aber keine drei Sätze sagen konnten, ohne vom drohenden „atomaren Holocaust“ zu reden.

Auf vielen Autobahnraststätten drohen Zusammenstöße zwischen Neonazis und Gegendemonstranten, denn auch diese reisen aus dem gesamten Bundesgebiet nach Dresden, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen. Bereits im vergangenen Jahr gab es mehrere Angriffe, unter anderem auf einen Bus von Gewerkschaftern aus Hessen.

Behaupten die beteiligten Linken. Als ich selbst einmal einem ähnlichen Fall nachging und beim zuständigen Staatsschutz anfragte, antwortete mir ein leitender Beamter:

Ihre Recherchen hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes von Aussagen und der tatsächlichen Begebenheiten sind interessant, vor allen Dingen unter den Voraussetzungen, dass endlich … jemand erkennt, dass die „Linken“ auch Unwahrheiten verbreiten. (…) Das Schlimme daran ist nur, dass Leute, die mit diesen Begebenheiten nichts zu tun haben, auf diesen Zug aufspringen und dann teilweise, wie zu DDR-Zeiten eine Stellungnahme(!!) von der Polizei erwarten, wie schlimm sich die „Nazis“ verhalten haben..“

Ob die Redaktion von tagesschau.de wohl auch eine solche Stellungnahme eingeholt hat, bevor sie die Behauptungen von „Kämpfern gegen Rechts“ als „Wahrheiten“ wiederkäute?

(…) Zudem stößt es besonders auf Kritik, dass sich die Neonazis an einem Bahnhof sammeln sollen, von dem die Nationalsozialisten Dresdner Juden in die Vernichtungslager abtransportiert hatten. Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei zeigten sich empört. Das Auschwitz-Komitee kritisierte, Dresden sei zu einem Symbol fehlgeschlagener „Gedenk-Kultur“ geworden.

(Bei „Bomber-Harris, do it again!“ hat die Sorge um die „Gedenk-Kultur“ wohl nicht so gebrannt.) Das Argument, wonach Neonazis sich nicht am Bahnhof von Dresden sammeln dürften, läuft seiner Logik nach auf die Forderung hinaus, sie von der Benutzung der Eisenbahn überhaupt auszuschließen.

Ja, so etwas gab schon einmal. Aber wir haben ja gottlob „aus der Geschichte gelernt“.

Geschichtsbilder

Nun wird Erika Steinbach also endgültig nicht in den Stiftungsrat von „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ eintreten, und natürlich toben die Debatten, wer nun eigentlich verloren habe: der Bund der Vertriebenen, der seine eigene Vorsitzende nicht nominieren durfte (dafür aber mehr Sitze bekommt), oder die Bundesregierung, die sich nach Meinung der Opposition vom BdV „erpressen“ ließ.

Unserer politischen Klasse und ihren schreibenden Claqueuren fällt naturgemäß nicht ein zu thematisieren, dass sich in Wahrheit die Bundesrepublik hat von Polen erpressen lassen, und zwar unter tätiger Mithilfe besagter politischer Klasse.

Wie kann eigentlich ein souveräner Staat – oder einer, der dies zu sein wenigstens beansprucht -, sofern er das auch bleiben möchte, zulassen, dass ein Nachbarland sich in dieser Art und Weise in seine inneren Angelegenheiten einmischt? Die Stiftung ist schließlich als deutsche, nicht als deutsch-polnische konzipiert.

Er lässt es zu, weil der Globalismus die Ideologie der Herrschenden ist, und das bedeutet unter anderem, dass es keine divergierenden Geschichtsbilder geben darf! Nicht nur die historischen Fakten müssen unstrittig sein, nein, auch die Deutung dieser Fakten und die Perspektive, aus der man sie betrachtet, müssen übereinstimmen. Gerade das aber können sie nicht, solange die Deutungshoheit über die eigene Geschichte bei den Völkern selbst liegt, für die das jeweils eigene Geschichtsbild identitätsstiftend ist. Geschichte ist für Völker ja ungefähr das, was das Gedächtnis für die Einzelperson ist: also die Voraussetzung dafür, dass diese Person sich als Individuum, als im Zeitverlauf mit sich selbst identisch, begreifen kann.

Ein Volk, das sie Deutungshoheit über die eigene Geschichte preisgibt, hört über kurz oder lang auf zu existieren. Und wie ich an anderer Stelle dargelegt habe, sollen die Völker aufhören zu existieren; sie könnten ja sonst miteinander in Konflikt geraten. Wir Deutschen sind sozusagen nur die Versuchskaninchen, an denen getestet wird, wie man Völker dazu bringt, kein eigenes Geschichtsbild mehr zu haben, sondern ein von außen vorgefertigtes zu akzeptieren (Weil das künftige offizielle Geschichtsbild eine stark deutschfeindliche Komponente haben wird, haben zunächst wir uns an polnischen Vorgaben zu orientieren; die Polen selbst haben noch ein wenig Schonfrist). Als nächstes werden die anderen europäischen Völker folgen, und das künftige gemeinsame „europäische“ Geschichtsbild wird so konzipiert sein, dass es auch für Nichteuropäer akzeptabel ist: Es geht ja nicht darum, die Völker Europas zu einem einzigen zusammenzuschweißen, das sich dann seinerseits gegenüber Nichteuropäern als Nation verstehen würde, deren Selbstverständnis auf einem europäischen Geschichtsbild beruhen würde. Es geht vielmehr darum, Europa zur ersten voll globalisierten Weltregion zu machen, einem Gebilde, in dem Völker allenfalls noch folkloristische Bedeutung haben, zu dem Jeder Zugang hat, und das demgemäß auch ein globalisiertes Geschichtsbild hat.

Mit Wahrheit muss ein solches Geschichtsbild nichts zu tun haben. Unsere Eliten haben von ihren offen totalitären Vorläufern längst gelernt, dass die Zukunft von dem kontroliert wird, der die Vergangenheit kontrolliert. Und so werden Geschichtsklitterungen wie die, dass Migranten unser Land aufgebaut hätten, oder Geschichtsbücher wie dieses hier

ganz selbstverständlich zum Geschichtsunterricht an künftigen Schulen gehören.

Wie lange werden die Polen an ihrem heutigen Pyrrhussieg wohl Freude haben? Ich schätze: vielleicht zehn Jahre. Dann wird man das Recht auf eine eigene Geschichtsdeutung auch ihnen nicht mehr zugestehen.

„Spiegel“ und Co. gegen die katholische Bastion: Die Scheinheiligen

Wenn der„Spiegel“ ansatzweise recht hätte, müssten nämlich nicht-zölibatär lebende protestantische Priester signifikant weniger häufig als Kinderschänder überführt werden. Alleine, nichts darüber ist im „Spiegel“ zu finden.Wohl aber auf der katholischen Nachrichtenseite kath.net, dort weist der Theologe Johannes Maria Schwarz auf eine nationale Studie hin, die im amerikanischen „Christian Science Monitor“ veröffentlicht wurde und nach der die protestantischen Kirchen Amerikas zu einem höheren Anteil von Pädophilie betroffen seien als die katholische Kirche. Zudem liege unter den beschuldigten Personen der Anteil der ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kirchen über jenen der hauptamtlichen Mitarbeiter und Pastoren. Auch der „Spiegel“ bezieht in seinen Verdachtsfällen gleich alle kirchennahen Angestellten mit ein, die aber nicht dem Zölibat unterliegen und deshalb gerade nicht die eigene These stützen.

André F. Lichtschlag

Erhard Eppler: „Auslaufmodell Staat?“ (Rezension)

Wenn es einen Punkt gibt, in dem das Denken vieler heutiger Konservativer in Europa kaum noch etwas mit dem zu tun hat, was noch bei ihren Vätern und Großvätern mit Selbstverständlichkeit als „konservativ“ galt, dann ist es das Verhältnis zum Staat. Der Hass, der auf rechten Webseiten über den Staat, speziell den Sozialstaat, ausgeschüttet wird, spottet jeder Beschreibung.

Zum Teil mag dies mit dem Verhalten des Staates selbst zu tun haben: Ein Staat, der, wie die Bundesrepublik, die Liquidierung des eigenen Volkes – als Demos, als Nation, als Ethnie, als Idee und Realität – zum Staatsziel, ja zur Staatsräson erhebt, kann von diesem Volk schwerlich Loyalität erwarten. Im Grunde ermuntert er sogar jeden einzelnen Bürger, indem er ihn als freien Einzelnen ohne Bezug zu einem größeren Ganzen definiert, zu einer individuellen Kosten-Nutzen-Analyse, ob Loyalität sich für ihn persönlich rechnet. Und wundert sich dann über das Ergebnis.

Ich glaube aber, dass es für viele rechte Staatshasser schon gar nicht mehr darauf ankommt, was der Staat tut oder lässt. Es geht nicht um diesen Staat, es geht um den Staat schlechthin, dessen Ablehnung, völlig unabhängig von seinem Verhalten, Programm und Ideologie zu sein scheint.

Wo dies der Fall ist, kommt darin eine Amerikanisierung des Denkens und eine Verachtung der eigenen kulturellen Traditionen zum Ausdruck, die für Konservative mindestens ungewöhnlich ist. Dabei ist „Amerikanisierung“ nicht als polemische Spitze gemeint, sondern als korrekter Ausdruck für die gedankenlose Übernahme eines fremden politischen Wertesystems:

Um es an den Nationalhymnen festzumachen, bedeutet einen Unterschied, ob eine Nation ihr Land als eines „der Freien und der Tapferen“ definiert oder sich selbst als ein Volk, das „fest zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält“. Für Amerikaner ist der freie Einzelne die Basis der Nation, für Deutsche die zwischen ihnen bestehen(sollen)de Solidarität, das „Wir“, als dessen Repräsentant der Staat – als abstrakter Gesamtmonarch – gilt. (Und ein Teil des Zorns auf die BRD resultiert daraus, dass sie dieser Erwartung erkennbar nicht gerecht wird.)

Demgemäß tendieren Amerikaner dazu, sich zum Staat ungefähr so zu verhalten wie zu einer bösen Schwiegermutter: bestenfalls ein notwendiges Übel, das man aus dem eigenen Leben möglichst heraushält, weil es dort nur Unheil stiften kann. Die Nation verkörpert sich dort in der Zivilgesellschaft, nicht im Staat. Weil das so ist und zum Selbstverständnis der amerikanischen Nation gehört, sind libertäres und konservatives Denken dort ohne weiteres vereinbar und bedingen einander sogar. Eine zutiefst respektable Tradition – die aber nicht unsere ist. Man kann einiges davon lernen; wer sie aber zum Modell für die ganze Welt erheben will, formuliert ein weltrevolutionäres Projekt, also nichts, was man sinnvoll „konservativ“ nennen könnte.
Indem ich dies schreibe, habe ich auch schon einen Teil der Thesen wiedergegeben, die Erhard Eppler in „Auslaufmodell Staat?“ entwickelt; er freilich von einem sozialdemokratischen Standpunkt. Nein, ich werde meinen Blog nicht zu einer Werbeplattform für sozialistisches Gedankengut machen, auch wenn ich jetzt zwei linke Sozialdemokraten nacheinander positiv rezensiere. Ich glaube aber, dass man sich gerade auf der politischen Rechten intensiv damit auseinandersetzen sollte, wie neoliberale Ideologie zur Zerstörung gewachsener Strukturen und der mit ihnen verbundenen sozialen und moralischen Werte führt. Zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sollte es auch unter Konservativen nicht mehr möglich sein, Ideen allein dadurch zu erledigen, dass man sie als „sozialistisch“ brandmarkt.

Die Frage, welche Güter besser privat und welche kollektiv bereitgestellt werden sollten, ist eine Frage von Interessen; desgleichen die Frage, wieviel soziale Sicherheit es geben sollte, und für wen es sie geben sollte. Wer diese Fragen als solche der „reinen Vernunft“ behandelt, weswegen es nur eine – und immer dieselbe – Antwort darauf geben könne, will betrügen. Die faulen Ausreden von Neoliberalen, die die verfolgte Unschuld spielen, weil angeblich ihre Lehre verzerrt und einseitig dargestellt werde, werden kurz und trocken erledigt:

In der Praxis ist man immer für weniger Staat, ohne zu sagen, wo die Theorie den funktionsfähigen Staat für unerlässlich hält. In der Praxis ist man immer für Deregulierung, ohne darüber nachzudenken, dass es ja die Aufgabe des Staates ist, Regeln zu setzen. In der Praxis ist man immer für Privatisierung, ohne auch nur anzudeuten, wo die Grenze der Privatisierung liegen könnte. In der Praxis ist man immer für Steuersenkung, auch wenn gerade eine stattgefunden hat. In der Praxis ist man erst für die Senkung des Spitzensteuersatzes, dann für ein Stufenmodell und schließlich für den gleichen Steuersatz für alle. Und vor allem: In der Praxis schafft man selbst einen beträchtlichen Teil der Zwänge, auf die man sich nachher beruft. (S.63)

Eppler bringt die entscheidenden Fragen auf den Punkt: wieviel Entstaatlichung man sich leisten kann, ohne in Zustände abzurutschen, wie sie in der Dritten Welt herrschen, und zwar durchaus nicht nur in „failed states“, sondern auch in Ländern wie Brasilien; wieviel Demokratie eigentlich möglich ist, wenn alle lebenswichtigen Ressourcen einer Gesellschaft sich in der Hand von Privatleuten befinden; was eine EU wert sein soll, deren leitender Wert nicht die Demokratie, sondern die Marktwirtschaft ist; was es bedeutet, wenn Gesellschaft auf Ökonomie reduziert wird; wer von einem unterfinanzierten und schwachen Staat profitiert, und dergleichen mehr.

Der Autor schreibt pointiert und überzeugend (und stilsicher: Es macht Spaß, ihn zu lesen!), wenn auch mit den üblichen blinden Flecken linker Autoren; etwa, wo er zwar völlig richtig analysiert, dass die EU ein Instrument zur Durchsetzung neoliberaler Wirtschaftsideologie (und das heißt: zur Entmachtung der Nationalstaaten und ihrer gewählten Regierungen, zur Nivellierung ihrer Institutionen und zur Kommerzialisierung ihrer kulturellen Werte) ist, anschließend aber ohne weitere Begründung die Hoffnung äußert, sie könne vielleicht doch noch demokratisch werden. Da wird der Wunsch zum Vater des Gedankens, weil die Alternative, nämlich die Revitalisierung des Nationalstaates, durch die Frieden-um-jeden-Preis-Ideologie (die ich in meinem Artikel „NWO – eine Verschwörungstheorie?“ dargestellt habe) tabuisiert ist.

Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch – jedenfalls für solche Konservativen, die sich nicht von dem sprichwörtlichen Gespenst des Kommunismus ins Bockshorn jagen lassen und sich nicht selbst Denkblockaden auferlegen wollen.

Gender Mainstreaming

„Gender Mainstreaming heißt im Klartext kompletter Umbau der Gesellschaft und Neuerfindung der Menschheit. Gender Mainstreaming ist eine Art totalitärer Kommunismus in Sachen Sex und Geschlechterbeziehung. Die real existierende Welt wird unterschwellig das (zu eliminierende) Patriarchat genannt, und die Frau und auch die Gesellschaft sollen zu ihrem Glück in Gestalt eines Matriarchats auf leisen Sohlen gezwungen werden: Frauen in den Beruf und an die Macht, sprich in die Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Kultur. Männer an den Herd und in die traditionell zu 100 % von Männern besetzten Schwerstarbeiten, wie Untertagebau, Kampftauchen, Firefighter (die ausdrücklich von der Frauenministerin nicht genannt werden). Kinder in die Krippen, Mädchen in die GM- Förderprogramme, Jungs in die Gender Mainstream-Umerziehungsschule, wo sie die historischen Verbrechen der Männer an den Frauen büffeln. Und die Familie? Abgeschafft – das ist letztlich das in den Leitgedanken des Gender Mainstreaming konkret benannte und sich aus den Konzepten ergebende Bild dieser Politik. Das Wort Mainstreaming hat hier etwas Massenbewegtes, etwas Obrigkeitszwanghaftes, etwas unschön Gruppendynamisches, das alle Skepsis-Sensoren wach schalten sollte. Wer zu Ende denkt, was das Frauenministerium gendernd und quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit bereits in die Tat umsetzt, muss feststellen, dass schon jetzt ein erheblicher Wertunterschied zwischen Jungen und Mädchen gemacht wird. Nur schwach kann GM verbergen, dass hier eine Art pseudowissenschaftlicher „Rassismus“ und letztlich auch Sexismus zwischen den Geschlechtern initiiert wird, an dessen Ende eine männerlose Welt stehen könnte. Eine Allmachtsphantasie.“

Bettina Röhl

viaCicero – Magazin für politische Kultur.

Qualitätspresse

Julius Streichers Hetzblatt „Der Stürmer“ hatte bekanntlich so seine Lieblingsthemen.

Dazu gehörte selbstverständlich alles, womit man die Juden verteufeln konnte; gleich danach kamen aber schon die angeblichen oder tatsächlichen sexuellen Verfehlungen von katholischen Priestern. Wenn es gegen das Christentum ging, war man nicht zimperlich.

Die Traditionen der deutschen Qualitätspresse sind eben nicht totzukriegen.

Der Staat als Hehler?

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die BRD bereit ist, zweieinhalb Millionen Euro für eine CD mit den Daten mutmaßlicher Steuersünder kaufen will; Daten, die in der Schweiz gestohlen worden sind.

Dass ein Staat, zumindest einer, der sich selbst ernstnimmt, Steuerhinterzieher dingfest machen muss, versteht sich von selbst. Aber mit diesen Mitteln? Den einen Rechtsbrecher belohnen, um andere zu bestrafen? Den Verstoß gegen die Gesetze eines Nachbarlandes, das ebenfalls ein Rechtsstaat ist, honorieren? Geschäfte mit Leuten machen, die von Rechts wegen hinter Schloss und Riegel gehören? Selber Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten (Der Diebeslohn wird ja wohl nicht per Überweisung ausgezahlt.), also genau das tun, wofür man den Schweizern noch unlängst die Kavallerie schicken wollte? Und wo soll das enden? Werden demnächst – was derselben Logik entspräche – mit Menschenhändlern Fangprämien dafür ausgehandelt, dass sie flüchtige Straftäter im Ausland kidnappen und nach Deutschland verschleppen?

Stellen wir uns doch plastisch vor, was die Regierung hier vorhat: Ein deutscher Steuerfahnder trifft sich mit dem Datendieb, nimmt das Diebesgut in Empfang und schiebt im Gegenzug einen Koffer mit Barem über den Tisch. Tut also genau das, wofür er normalerweise die Handschellen klicken lässt.

Wenn so etwas nicht unappetitlich ist – was dann?

Nur mal so’ne Frage

Nur mal so’ne Frage

Warum gibt es in unserem Land eigentlich keine Neokommunisten und Postnazis, sondern immer nur Postkommunisten und Neonazis?