Lorenz Jägers Selbstentblößung

Kaum jemand dürfte sich Illusionen darüber machen, dass die wenigen Konservativen (Jürgen Liminski, Michael Klonovsky, Matthias Mattussek) und eigenwilligen Rechtsliberalen (Jan Fleischauer, Henryk M. Broder) unter den deutschen Journalisten, denen gestattet wird, in den Massenmedien die herrschende Ideologie zu kritisieren, damit eine ganz bestimmte Funktion erfüllen: nämlich die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt, und einen „Pluralismus“ zu fingieren, dessen tatsächliche Absenz dem Publikum sonst allzu schmerzlich auffiele. Das wissen sie, und sie hüten sich daher, ihre Rolle als die von Türöffnern misszuverstehen, die wichtigen Themen, Personen und Ideen den Weg in die vielzitierte „Mitte der Gesellschaft“ ebnen. Sie übernehmen innerhalb des Mediensystems eine Funktion, die sonst aus besagtem System auswandern würde, und üben eine Art virtueller Opposition, damit es nicht zur Entstehung einer realen kommt. Sie sind so etwas wie das moderne Äquivalent des mittelalterlichen Hofnarren, dessen Funktion und Privileg es war, dem Herrscher als Einziger die Wahrheit sagen zu dürfen.

Lorenz Jäger, der sich zehn Jahre lang als „Rechtsaußen“ der FAZ profilieren durfte und sich nun in deren Mittwochsausgabe spektakulär von der Rechten – oder dem, was er dafür hält – losgesagt hat, ist kein solcher Hofnarr.

Der Figur des Hofnarren kommt nämlich eine gewisse Dignität zu: Wenn er sich auch hütet, der Herrschaft, die er kritisiert, wirklich gefährlich zu werden, so ist er doch persönlich aufrichtig. Wenn er auch weiß, dass er ein Privileg ausübt, indem er die Wahrheit sagt, und darüber wacht, dass dieses Privileg als solches erhalten bleibt, so versucht er doch, dieser Wahrheit wenigstens ein Nischenplätzchen in der veröffentlichten Meinung zu sichern; er weiß, wovon er redet, er schreibt gemäß seinen Überzeugungen, und vor allem hat er überhaupt welche – Überzeugungen nämlich. Alles Eigenschaften, die wir Herrn Jäger schon deshalb nicht mehr zugestehen können, weil er selbst ihr Vorhandensein mit eigener Feder dementiert hat.

Er gibt uns ja offenherzig Auskunft darüber, was ihn bewogen hat, zehn Jahre lang den „Rechtsaußen“ zu spielen:

Es war eine schöne Zeit, diese vergangenen zehn Jahre unter Rechten, ich gestehe es. Vor allem aber war sie bequem. Allein schon gegen den Stachel der „Political Correctness“ zu löcken konnte für einen Journalisten die halbe Miete bedeuten. … Aus diesem Biotop gab es ja fast an jedem Tag etwas anderes zu glossieren, ob staatliches Gender-Training auf dem Programm stand oder das offiziöse Herunterreden von Migranten-Kriminalität – lachen konnte man immer.

Fassen wir zusammen: Er hat aus Bequemlichkeit, und weil es „die halbe Miete“ war, und weil die Linken es einem so schön leicht machen, ihre Marotten durch den Kakao zu ziehen, und damit die Leser etwas zu lachen haben (d.h. zu ihrer Unterhaltung, nicht etwa Information), also aus Beweggründen, die mit journalistischem Ethos denkbar wenig zu tun haben, eine Rolle gespielt, die man – eben dieser Beweggründe wegen – nicht mit der ehrwürdigen des Hofnarren verwechseln darf. Er hat den rechten Pausenclown gemacht.

Aber nicht nur, dass solche Pointen irgendwann schal werden:

… was aus der Sicht eines professionellen Pausenclowns zweifellos eine Katastrophe ist…

Mir leuchtet die ganze Richtung nicht mehr ein:

Ich verstehe nicht, warum der Konservative, zum Beispiel, den menschengemachten Klimawandel für Panikmache von Gutmenschen und die Umweltauflagen gegenüber der Industrie für eine sozialistische Erfindung halten muss.

Das könnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass es Menschen gibt, die über „staatliches Gender-Training … oder das offiziöse Herunterreden von Migranten-Kriminalität“ durchaus nicht „immer lachen“ können, weil sie dergleichen eben nicht als unfreiwillige Vorlagen für gehobene Gagschreiber missverstehen, sondern sie als das durchschauen, was sie sind: als Teil einer ideologischen Agenda, die die Grundlagen der Gesellschaft zu zerstören sucht, weil sie der Verwirklichung einer Utopie im Wege stehen. Genau in diese Agenda passt auch die Legende vom „menschengemachten Klimawandel“. Herr Jäger versteht das nicht? Nun, vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der etwas davon versteht.

Dass eine bestimmte Behauptung, etwa die vom „menschengemachten Klimawandel“ zu einer bestimmten Agenda passt, heißt freilich noch nicht, dass sie deshalb schon falsch sein muss. Bestimmt hätte Herr Jäger, wenn er sich in die Materie vertieft hätte – was er vermutlich nicht getan hat -, eine solche These mit Argumenten stützen können, und dann eben eine Ansicht vertreten, die von den meisten Menschen rechts der Mitte abgelehnt wird. Wie auch im folgenden Punkt:

[Ich verstehe nicht,] warum das Bekenntnis zu Atomkraftwerken den rechten Rechten ausmachen soll.

Dies, Herr Jäger, muss sich schon deshalb Ihrem Verständnis entziehen, weil es nicht so ist. Ich selbst bekenne mich keineswegs zu Atomkraftwerken und verstehe mich dennoch als rechter Rechter. Man muss, um konservativ zu sein, weder den „menschengemachten Klimawandel“ anzweifeln noch für Atomkraftwerke sein; man muss nicht einmal Islamkritiker sein (dazu kommen wir gleich). Wohl aber muss man ernsthaft und aufrichtig sein und Wahrheit nicht für eine Frage der Opportunität halten. Was unter anderem bedeutet, dass man sich einen Dreck darum schert, ob Andere einen für einen „rechten Rechten“ halten. Mich hat man auch schon einen Linken und sogar einen Kommunisten genannt. Na und? Ein Konservatismus, der nicht eine Frage der Überzeugung, sondern der Pose ist, ist keiner.

Zum zweiten muss man, wenn überhaupt irgendetwas, von der Bewahrung der Grundlagen der Zivilisation her denken und nicht von einer Utopie her – ganz gleich, ob diese Utopie nun darin besteht, den Sozialismus zu verwirklichen, oder darin, die Welt, ohne sie zu fragen, „safe for democracy“ zu machen. Wer Letzteres anstrebt, kann ein Liberaler, gerne auch ein Rechtsliberaler sein, aber gewiss kein Konservativer oder Rechter.

Es muss ja auch keiner ein Konservativer oder Rechter sein. Wer aber darüber schreibt, und das noch dazu in der FAZ, sollte wenigstens den Unterschied kennen.

Vor allem will …

will!

… ich nicht verstehen, dass „Islamkritik“ in allen Spielarten, bis hinunter zur offenen Demagogie, fast das einzige Prunk- und Ehrenzeichen konservativer Politik geworden ist.

Dass die von ihm in diesem Zusammenhang ausdrücklich genannten Instanzen, „Die Freiheit“ und PI, liberal sind, entgeht ihm ebenso wie die Tatsache, dass es Konservative gibt, die keine Islamkritiker sind, weil sie den Islam als erfrischenden Kontrapunkt zur westlichen Dekadenz betrachten.

Natürlich verstehe ich es doch.

Natürlich versteht er es eben nicht:

Denn es scheint die einzige Chance neuer rechter, populistischer Parteien und Bewegungen in Europa zu sein, mit diesem Thema einen Wahlerfolg zu landen.

Islamkritik ist also ein taktisches Mittel? Wenn Jäger nicht versteht, warum der Islam kritisiert wird, hätte er vielleicht ein gutes Buch lesen sollen. Zum Beispiel mein „Dschihadsystem“ oder Rainer Glagows „Allahs Weltordnung“ oder Robert Spencers „Religion of Peace“. Oder die gesammelten Werke von Bernard Lewis oder Tilman Nagel. (Im Grunde reicht aber schon der Koran. Wer den liest und nicht zum Islamkritiker wird, dem ist nicht zu helfen.) Wer es freilich nicht verstehen „will“, wird sich der Mühe solcher Lektüre entziehen.

Wer sich mit dem Thema, um das es geht, nicht beschäftigen will, dem bleibt nur: zu schweigen (wenn er redlich ist), oder anderer Leute Redlichkeit anzuzweifeln, wenn er selbst unredlich ist. Lorenz Jäger hat sich für Letzteres entschieden. Wie könnte er auch anders? Einem Herrn Jäger, der sein eigenes instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit in so dankenswerter, wenn auch unfreiwilliger Offenheit kundtut, muss es geradezu unvorstellbar sein, dass es Menschen geben könnte, die das, was sie sagen, tatsächlich glauben, weil sie auf dem betreffenden Gebiet kompetent sind.

Im Folgenden, das ich nicht mehr ausführlich zu zitieren brauche, wirft Jäger den Neokonservatismus amerikanischer Prägung (FrontPage Magazine, Fox News), dem in Deutschland die liberale Islamkritik entspricht (PI, Achse des Guten), mit dem Konservatismus und sogar der Rechten in einen Topf und unterstellt dem Konservatismus, der damit gar nichts zu tun hat, kriegstreiberisch zu sein, weil er proisraelisch sei. (Den Nachweis, dass es um seine Kompetenz beim Thema „Israel“ ungefähr so bestellt ist wie um seine Islam-, Klima-, Atom- und politischen Theoriekenntnisse, spare ich mir an dieser Stelle.)

Die Verwechslung von Liberalismus und Konservatismus gehört zu der Sorte Dummheit, die ich einem Linken, der es nicht besser weiß und deshalb die CDU für konservativ hält, ohne Weiteres nachsehe. Ich kann sie aber nicht einem Journalisten nachsehen, der die Junge Freiheit schon deshalb gelesen haben muss, weil er sich ausführlich auf ihre Inhalte bezieht (und weil einer, der die JF nicht kennt, wie besagte Linke, über Konservatismus in Deutschland nichts Sinnvolles aussagen kann), und der sie trotzdem mit dem globalistischen amerikanischen Neo-„konservatismus“ oder der Achse des Guten in einen Topf wirft, und dies unter anderem, weil sie auch René Stadtkewitz interviewt und damit das getan hat, was die etablierten Medien einschließlich der FAZ ängstlich unterlassen: darüber zu berichten, dass es politische Kräfte außerhalb des autistischen etablierten Politzirkus‘ gibt. Um zu sehen, dass dies guter Journalismus ist, müsste man allerdings einen Begriff davon haben, was guter Journalismus eigentlich ist.

Man wird mir gewiss nicht nachsagen, den etablierten Medien unkritisch gegenüberzustehen. Trotzdem kann ich mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Artikel von solch peinlicher Dummheit gelesen habe. Vielleicht hätte irgendein Freund dem Verfasser den Tipp geben sollen, dass der Selbstentblößung tunlichst ein kritischer Blick in den Spiegel vorausgehen sollte.

Integrationskraftzersetzung

„Der rührende Versuch von Bade und Kollegen, unangenehme Nachrichten von der Integrationsfront zu relativieren, erinnert an die Kriegsberichterstattung im Dritten Reich: Wer BBC hörte, um die Wahrheit über den Frontverlauf zu erfahren, war kein Wahrheitssucher, er machte sich der „Wehrkraftzersetzung“ schuldig. Necla Kelek, Thilo Sarrazin und andere sind in diesem Sinne der „Integrationskraftzersetzung“ anzuklagen. Diese ist, hier zitiere ich Angela Merkel, „nicht hilfreich“. Aber wollen sich, um im Bilde zu bleiben, Klaus Bade und Kollegen wirklich in die Rolle des „Reichsfunks“ begeben, der in kühnen Bildern Probleme kleinredete und die baldige Wende des Kriegsglücks beschwor? Im Übrigen: Auf der kritischen Seite zu irren, ist allemal gesellschaftlich gesünder, als vorhandene Probleme schönfärberisch kleinzureden.“

Thilo Sarrazin

Infokrieg gegen linke Gewalt und Intoleranz – ein Projektvorschlag

Der Kampf der Linken gegen die Meinungsfreiheit wird auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Instrumenten geführt, die aber alle aus demselben Werkzeugkasten stammen. Es geht ihnen darum, den Bereich des Sagbaren, des gesellschaftlich Akzeptierten und des nicht Verbotenen so weit einzugrenzen, dass die Artikulation nichtlinker Positionen und der sie stützenden Ideologien entweder nicht möglich, oder, soweit (noch) möglich, gesellschaftlich unwirksam ist.

Diese linke Strategie hat mit Meinungskampf im Sinne einer geistigen Auseinandersetzung nichts zu tun; er wird nicht mit Argumenten geführt, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass Gegenargumente mit Aussicht auf Gehör formuliert werden könnten. Den Kalten Krieg der Linken gegen die Meinungsfreiheit erkennt man als solchen gerade daran, dass diese Art von Auseinandersetzung vermieden wird.

Die erste Stufe ist die moralische Stigmatisierung unerwünschter Meinungen mithilfe von Reizwörtern wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Homophobie etc., die vielfach bereits in sich eine Verunglimpfung enthalten („Phobie“). Ist erst einmal ein gesellschaftlicher Konsens, d.h. ein Konsens der meinungsbildenden Eliten aus Medien, Politik und Wissenschaft, geschaffen, dass dies alles böse sei, beginnt man, den Anwendungsbereich dieser Begriffe so weit auszudehnen, dass jede nichtlinke Position darunter fällt. Ob eine Behauptung wahr oder unwahr ist – die allein zulässige Frage im aufgeklärten Diskurs einer demokratischen Gesellschaft – ist dann irrelevant; die Begriffspaare „wahr-unwahr“ und „gut-böse“ werden so vermengt, dass eine nichtlinke Position, da böse, automatisch auch als unwahr gilt. Und Unwahrheiten braucht man nicht zu tolerieren.

Da dies mit einer demokratischen Politikauffassung unvereinbar ist, gilt es aus der Sicht der totalitären Linken, die Begriffe umzudeuten, mit dem dieses demokratische Politikverständnis üblicherweise definiert wurde:

Demokratisch“ ist dann nicht, wenn geschieht, was das Volk will (das Volk ist seinerseits Gegenstand der moralischen Stigmatisierung, es heißt in der Sprache der Linken „der Stammtisch“), „demokratisch“ ist nur noch, was der Verwirklichung der Utopie einer entstrukturierten Gesellschaft dient. Mit einem solchen „Demokratie„-Verständnis ist dann durchaus vereinbar, dass der Demos aufhört, als politische Einheit zu existieren. „Toleranz“ heißt nicht mehr, dass man andere Meinungen toleriert, sondern dass man sie gerade nicht toleriert, wenn sie Interessen artikulieren, die der eigenen Ideologie entgegenstehen.

Ist auch darüber ein Elitenkonsens etabliert, beginnt die Arbeit der Ausgrenzung der Andersdenkenden aus der Gesellschaft. Man zerstört ihren Ruf, entzieht ihnen die Voraussetzungen für die Artikulation ihrer Meinungen, sperrt ihre Webseiten, behindert die Auslieferung ihrer Zeitungen, be- und verhindert ihre Veranstaltungen, droht Nicht-Kollaborateuren, je nach Sachlage, mit Boykott, Gewalt und wirtschaftlicher Existenzvernichtung, und verwirklicht gegebenenfalls diese Drohungen. Man mobbt den Andersdenkenden am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Universität, auf der Straße. Man mannichlt, das heißt begeht Verbrechen, die man den Nichtlinken in die Schuhe schiebt. Man verhängt eine ideologische Apartheid.

Charakteristisch für die Mittel, mit denen diese Strategie umgesetzt wird, ist das kartellartige Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Akteure, die dabei jeweils das Gegenteil von dem tun, was die Gesellschaft naiverweise immer noch von ihnen erwartet:

Presse und Wissenschaft lügen und manipulieren; die Wahrheit, der sie beide in den Augen der Gesellschaft verpflichtet sind, wird sekundär im Verhältnis zur Ideologie.

Regierungen und die ihnen nachgeordneten Behörden beteiligen sich an der Ausgrenzungkampagne, initiieren amtlicherseits zum Beispiel einen „Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“, in dessen Rahmen dann durchaus der Verfassungsschutz als amtlich bestallte Rufmordbehörde eingesetzt wird und Regierungen sich anschicken, jenes Volk zu erziehen, das eigentlich sie kontrollieren soll. Das Strafrecht wird zum Zensurstrafrecht, andere Gesetzesbereiche (Jugendschutz, „Antidiskriminierung“) werden zu Waffen im Kampf gegen die Meinungsfreiheit.

Die Polizei tut auf politische Weisung zum Schutz der Grundrechte der Betroffenen nur das Allernötigste. Sie verhindert nicht Straßenblockaden, höchstens den Lynchmord. Gleichzeitig lässt der Staat in einem Bereich, in dem er zum Eingreifen verpflichtet ist, gewalttätigen Linksextremisten in einer Weise freie Hand, die von Komplizenschaft nicht zu unterscheiden ist. Dass etablierte, angeblich demokratische Parteien mit Organisationen der extremen Linken auch ganz offiziell zusammenarbeiten, bestätigt nur das Ausmaß der Schamlosigkeit in dieser Komplizenschaft.

Es besteht unter rechtlichen Gesichtspunkten also ein Kontinuum der Mittel: vom staatlichen Gesetz über das staatliche Nichthandeln über die staatliche Aufforderung zum Rechtsbruch über das massenhafte Handeln Privater, das jeweils für sich legal ist (in der Summierung aber die Grundrechte aushöhlt), über die Illegalität bis hin zu Gewalt und Terrorismus.

Und es besteht ein Kontinuum der Akteure. Von der Staatsspitze und die nachgeordneten Behörden, Polizisten, Lehrer, über Aktivisten etablierter Parteien über linke Basisgruppen bis hin zu Autonomen und Anarchisten.

Basis all dieser Methoden, und der Grund, warum ihre Anwendung überhaupt möglich ist,  ist die linke Informationskontrolle, das heißt die linke Kontrolle über die Institutionen gesellschaftlicher Informationsverarbeitung. Wer Gegenmacht gegen das linke Informationskartell organisieren will, muss diese Informationsverarbeitung, das heißt die Sammlung, Sortierung, Interpretation und publizistische Aufbereitung von Information dezentralisieren.

Die Informationen über linke Gewalt und Intoleranz, über roten Mob und roten Terror, über die kollusive Verstrickung der Eliten mit dem Pöbel, liegen der Gesellschaft als Einzelinformationen durchaus vor; man kann sie sogar in der Zeitung lesen.

Was man nicht in der Zeitung zu lesen sein wird, ist die Synthese dieser Informationen. Wenn in einem Land, in dem zunehmend der linkstotalitäre Meinungsterror die freie Rede zerstört, immer noch so getan werden kann, als sei „rechte Gewalt“ das Hauptproblem, und als gehe „Intoleranz“ von denen aus, die wegen ideologischer Nonkonformität um ihre Existenz fürchten müssen, dann ist dies allein schon ein Indiz für die Wirkung des ideologischen linken Informationskartells.

Es gilt einen Gegendiskurs zu etablieren, der linke Gewalt, linke Intoleranz, linken Totalitarismus zum Gegenstand hat. Die Voraussetzung dafür ist, die allgemein zugänglichen Informationen so zu sammeln und zu ordnen, dass sie jedem Journalisten (sofern er sich traut), jedem Blogger, jedem Autor, und überhaupt Jedem, der es wissen und dieses Wissen verbreiten will, in kompakter Form zur Verfügung stehen.

Der Kommentator „Leser“ hat neulich, nach der erpressten Absage der Vorlesung von Thilo  Sarrazin an der TU Berlin vorgeschlagen:

Man sollte Vorfälle wie diesen auf einer gesonderten Seite, oder unter einem eigenen Programmpunkt einer bestehenden Seite sammeln – quasi als Dokumentation eines Verfallsprozesses, der auf seiner speziellen Ebene den Verfall auf der größeren Ebene des ‘Staates’ (eigentlich: der Besatzungsordnung) spiegelt. Sammeln nicht nur als reine Nachricht, sondern als ‘Falldokumentation’ mit Vorspann, Hauptteil und Nachwirkung – samt aller findbaren medialen und gesellschaftlichen Reaktionen darauf. Auf diese Weise – bei einer Sammlung von ähnlichen Fällen also – könnte man eine feine Waffe schmieden, die bei passender Gelegenheit durchschlagskräftig eingesetzt werden könnte.

Ich glaube, dass dies eine praktikable Idee ist.  Ich schlage vor – und nun kommt das Projekt, danke dass Ihr so lange durchgehalten habt -, eine Datenbank im Internet einzurichten, die all die oben genannten Methoden anhand konkreter Einzelfälle dokumentiert und politisch einordnet: Zeitungsartikel, Blogbeiträge, Kommentare, Buchbesprechungen etc.

Das geeignete Mittel dazu ist ein öffentliches Linkverzeichnis (neudeutsch: social bookmark service) mit einer brauchbaren Schlagwortfunktion. Dort kann man eine Gruppe gründen, an der sich Jeder beteiligen kann, der Lust hat. Wenn man dies auf den einschlägigen Webseiten publik macht – ich denke zum Beispiel an PI -, dann sollten sich in relativ kurzer Zeit ziemlich viele Aktivisten finden lassen, die bereit sind, interessante Links einzustellen.

Wenn man sich in der hoffentlich bald sehr umfangreichen Datensammlung zurechtfinden soll, ist eine halbwegs saubere Verschlagwortung notwendig. Man kann mehrere Schlagwörter miteinander kombinieren, um gezielt nach bestimmten Informationen zu suchen. Die Verschlagwortung muss nicht perfekt sein, sie muss nur grob passen. Sie muss vor allem folgende Fragen beantworten:

Wer ist im Einzelfall beteiligt? Politik, Medien, Behörden, Polizei, linke Organisationen, Kirchen, Mob? Welche Organisationen, welche Personen genau?

Wen trifft es? Konservative, Christen, Rechtsextremisten; genauer z.B. Abtreibungsgegner, Islamkritiker, Männerrechtler; wen konkret: welche Personen, welche Organisationen, welche Institutionen? Welches Ereignis, z.B. Christival, Anti-Islamisierungskongress, Parteitag der „Freiheit“ etc.

Wo? Die genaue Stadt, das Land. Aber auch der gesellschaftliche Bereich: z.B. Universität, Schule, öffentlicher Raum, Internet.

Wann? eingrenzen auf den Monat.

Wie gehen die Linken vor? Also welches der oben genannten Mittel wird eingesetzt: Zensur, Boykott, Mobbing, Gewaltandrohung, Gewalt, Straßenblockade, Rufmord, Stigmatisierung, Justizwillkür, Umdeutung von Begriffen, Ausgrenzung, Medienlüge, Wissenschaftslüge, Existenzvernichtung, Verhinderung von Veranstaltungen, Mannichlierung?

Welche Art von Dokument wird verlinkt? Eine Meldung (z.B. Presse), eine Analyse (was bei vielen Blogbeiträgen der Fall sein wird), eine Studie, eine Buchvorstellung, ein Verfassungsschutzbericht?

Weitere Schlagwörter und möglichst ein kurzer Kommentar sollten die Beschreibung vervollständigen.

Wenn man viele Mitstreiter haben will (und die werden wir brauchen), die dann auch noch sorgfältig verschlagworten sollen, dann muss man einen Dienst nehmen, dessen Handhabung so einfach wie nur irgend möglich ist. Nun arbeite ich schon seit längerem mit verschiedenen Diensten. Aufgrund meiner Erfahrungen schlage ich oneview.de vor. Oneview

  • verfügt über einen Browserbutton, der auch wirklich funktioniert, d.h. mit einem Knopfdruck wird nicht nur die aktuelle Seite verlinkt, sondern auch die Überschrift mit angezeigt:
  • verfügt über eine mächtige Schlagwortfunktion, die sowohl die Schlagwörter der jeweils zu verlinkenden Quelle nennt (soweit vorhanden), als auch die eigenen meistgebrauchten Schlagwörter als Wolke. Wer sich erst einmal eingearbeitet hat, braucht nur noch zu klicken und hat im Nu seine zehn, fünfzehn Schlagworte zusammen;
  • erlaubt die Kombinierung (UND-Verknüpfung) von Schlagwörtern bei der Suche nach bestimmten Links innerhalb der jeweiligen Gruppe
  • hat eine Speicherfunktion, d.h. die jeweilige Website kann als Bild gespeichert werden; das ist wichtig, weil viele Informationen, z.B. Polizeiberichte, aber auch viele Medienberichte nach einiger Zeit aus dem Netz genommen werden und der Link dann ins Leere geht,
  • erlaubt die Kommentierung von Links wie auch die Einrichtung eines Gruppenforums,
  • gestattet jedem Nutzer, bestimmte Beiträge zu empfehlen; wenn ein Link besonders wichtig nicht nur für den eigenen Kreis ist, sondern von möglichst Vielen beachtet werden soll (auch außerhalb der Gruppe), dann spielt die Anzahl der Empfehlungen eine Rolle, übrigens auch für die Suchmaschinen.

Ich schlage vor, dass wir zunächst im kleinen Kreis einen Probelauf starten (unter einem kleinen Kreis verstehe ich allerdings nicht weniger als zehn Mitmacher, eher etwas mehr), um Erfahrungen zu sammeln, z.B. mit der Verschlagwortung und generell mit der Handhabung des Verzeichnisses. Wenn sich herausstellt, dass es geht und schon einmal ein erster Grundstock an Links vorhanden ist, dann sollte man das Projekt auf allen Kanälen publik machen.

Zunächst möchte ich wissen:

  • Wer macht mit?
  • Ist die Auswahl und Gliederung der Schlagwörter sinnvoll?
  • Habt ihr weitere Schlagworte, die standardmäßig aufgenommen werden sollten?
  • Und welchen Namen soll die Gruppe haben? „Gegen linke Gewalt und Intoleranz“?

Es handelt sich um einen Versuch. Wenn das Projekt ein Erfolg wird und den Infokrieg gegen die Linke, die Bildung von publizistischer Gegenmacht wirklich voranbringt, dann wird man diese Methode auch auf andere Bereiche ausdehnen können, z.B. Islamisierung oder Globalismus. Den Erfolg kann niemand garantieren, aber ich glaube, dass es einen Versuch wert ist.

Das sokratische Prinzip

„Sokrates wußte ein ganze Menge — und dabei u.a. auch, daß er nichts wußte.

Sein portugiesischer Namensvetter weiß, wann der nächste Wahltermin ist. Und daß seine Landsleute ihn vermutlich am Grill braten werden, wenn er ihnen die Wahrheit über die desolate Finanzlage erzählt. Und daß sie ihn am Grill braten, wenn er versucht, die Sache irgendwie zu sanieren. Und daß sie ihn ebenso am Grill braten, wenn er nichts macht und die ganze Chose platzt.

Also entschließt er sich, es seinem größeren Namensvetter nachzumachen, und nichts zu wissen. Oder wenigstens so zu tun, als wüßte er nichts.“

Le Penseur

Ein ermutigendes Erlebnis

Heute beim Einkaufen bekam ich einen Fetzen aus einem Gespräch zweier Rentnerinnen mit. Kein Bildungsbürgertum, keine Upper Class, zwei ganz normale alte Frauen:

… ja, das steht ja auch schon im Koran, dass andere Religionen sich zu unterwerfen haben…

Wenn es schon so weit ist, dass Oma Schulze mit Oma Krause über den Koran fachsimpelt und über dessen Inhalt besser informiert ist, als die deutsche Desinformationsindustrie zu sein vorgibt, dann ist die Wahrheit nicht mehr aufzuhalten!

Religion und Wissenschaft

In meinem Artikel „…und ihr werdet sein wie Gott!“ ging es um die Möglichkeit, künstlich Lebewesen zu konstruieren und zu bauen. Da es Craig Venter gelungen ist, DNA zu synthetisieren (wenn auch noch nicht zu konstruieren), ist ein solches Vorhaben in den Bereich des Möglichen getreten. Und es wird, wie absehbar ist und von dem atheistischen Biologen P.Z. Myers ausdrücklich bekräftigt wird (siehe meinen Artikel „Die Frankenstein-Ideologie“) auch zügig in Angriff genommen. Daran anknüpfend, möchte ich hier einige grundsätzliche Gedanken zum Verhältnis von Wissenschaft und Religion entwickeln:

Am Ende seines Artikels setzt sich Myers mit den Einwänden von Kreationisten auseinander. Kreationisten glauben bekanntlich, dass es so etwas wie eine Evolution nicht gegeben habe, beziehungsweise dass die Entstehung jeder einzelnen Lebensform unmittelbar auf den Willen Gottes, des intelligenten Designers, zurückzuführen sei. Das, was Venter getan habe, sei daher nicht etwa die künstliche Erzeugung von Leben gewesen; Einwände, die Myers hohnlachend zerpflückt, und zwar mit zutreffenden Argumenten.

Die ganze verbissene Polemik der Kreationisten gegen die Evolutionstheorie hat ja weniger mit besseren biologischen Erkenntnissen zu tun – obwohl die immer gerne genommen werden -, sondern mit der Befürchtung, eine naturwissenschaftliche Erklärung des Lebens und seiner Entwicklung laufe auf einen Beweis der Nichtexistenz Gottes hinaus. Mir hat dies noch nie eingeleuchtet. Wäre dies so, dann hätte die katholische Kirche bestimmt nicht erklärt, dass die Evolutionstheorie mit dem christlichen Glauben vereinbar sei.

Ein Glaube, der davon abhinge, Darwin zu widerlegen, wäre nicht nur wissenschaftsfeindlich, er wäre auch schlechte Theologie: Wenn man Gott nämlich nur dann als existent ansieht, wenn er jederzeit und überall in seine eigenen Schöpfung eingreift, statt sich auf das Wirken der von ihm selbst geschaffenen Naturgesetze zu verlassen, dann schiebt man ihm im Grunde die Rolle eines schlechten Ingenieurs zu, der das von ihm konstruierte Auto ständig eigenhändig anschieben muss.

Das heißt nicht, dass er nicht eingreift: Das, was man gemeinhin „Zufall“ nennt, ist ja nicht einfach eine begriffliche Hilfskonstruktion, mit der wir unsere Unfähigkeit umschreiben, aus unserer Kenntnis der Naturgesetze die Zukunft vorherzusagen – jedenfalls nicht, soweit diese Unfähigkeit auf einem Mangel an empirischen Daten basiert. Wie wir aus der Quantenphysik wissen, beruht die Unvorhersagbarkeit vielmehr auf objektiven physikalischen Gesetzen; sie ist in die Naturgesetze gleichsam eingebaut.

Es spricht nichts dagegen, dort, wo Atheisten vom Zufall sprechen, das Wirken Gottes zu unterstellen. Beweisen kann man das nicht: Es ist und bleibt eine Glaubensfrage. Erst recht aber ist man nicht darauf angewiesen, sich in einem Kreuzzug gegen Darwin zu verkämpfen und eine so gefährliche Entwicklung wie die, die auf die künstliche Konstruktion von Leben hinausläuft, nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, für unmöglich zu erklären.

Um es in theologischer Sprache zu formulieren: Gott hat den Weg zum Baum des Lebens mit bewaffneten Engeln versperrt (Gen. 3, 24). Er hätte das nicht nötig gehabt, wenn der Mensch den Weg dorthin prinzipiell nicht gehen könnte. Was die Bibel uns sagt, ist nicht, dass dieser Weg grundsätzlich nicht gangbar wäre, sondern dass der Versuch, ihn zu gehen, in den Untergang führt. Wenn Kreationisten darauf verweisen, Venter könne ja gar kein Leben hergestellt haben, dann ignorieren sie die deutliche Warnung der Bibel, nur um ihre engstirnige und sektiererische theologische Doktrin zu retten, die keineswegs eine christliche Glaubenswahrheit darstellt. Die Theologie kann nur sagen, dass Gott die Welt, das Leben und den Menschen geschaffen hat. Wie er es gemacht hat – das aufzuklären ist Sache der Naturwissenschaft, nicht der Theologie.

Damit ist aber keineswegs ausgesagt, dass es für den Erkenntnisprozess keine Rolle spiele, ob man an die Wahrheit der Bibel glaubt oder nicht. Es ist schon wahr, dass wissenschaftliche Aussagen keine Glaubensartikel enthalten dürfen, weil zur Wissenschaftlichkeit die Überprüfbarkeit von Hypothesen gehört. Das bedeutet zugleich, dass bestimmte Aussagen von der Wissenschaft nicht getroffen werden können; dies aber nicht, weil sie unwahr wären, sondern weil man sie nicht formulieren kann, ohne die Regeln wissenschaftlichen Kommunizierens zu verletzen. Es bedeutet aber einen erheblichen Unterschied, welche Fragestellung der Hypothesenbildung zugrundeliegt. Ein Atheist wie Myers, in dessen persönlichem Weltbild Gott nicht vorkommt, hängt nicht weniger einem Glauben an als ein Christ; er weiß das nur nicht. Er verwechselt seine eigene theologische Doktrin mit Naturwissenschaft, und glaubt, dass Nichts sei, wo in Wahrheit nur seine eigenen Scheuklappen sind.

Weil das so ist, kann er auch nicht auf die Idee kommen, dass das Konstruieren von Lebewesen, am Ende von Menschen, prinzipiell ein Problem darstellen könnte, es sei denn im Hinblick auf die technische Realisierbarkeit. Insbesondere muss ihm der Gedanke fremd bleiben, dass der Versuch, Menschen biologisch zu optimieren, ebenso ins Verderben führen muss wie es der Versuch, die Gesellschaft nach den Vorgaben einer Utopie zu optimieren, bereits getan hat und weiterhin tun wird.

Nun sind Biologen auch nicht kompetent, wissenschaftliche Aussagen über die sozialen Folgen zu treffen, die die praktischen Anwendung ihrer Erkenntnisse haben muss. (Es geht ihnen ungefähr so wie Physikern, die zwar eine Atombombe konstruieren, aber nicht – jedenfalls nicht als Physiker – den politischen Kontext überblicken können, in dem Atombomben eine Rolle spielen. Die wissenschaftliche Neutralität endet in jedem Fall dort, wo das Interesse an der Verwertung der eigenen Entdeckungen beginnt.) Das Problem ist, dass die Sozialwissenschaften, die dies an sich sehr wohl könnten, in derselben atheistischen und utopistischen Ideologie befangen sind wie die Naturwissenschaften, wahrscheinlich sogar noch mehr als diese. Es steht zu erwarten, dass die dort reichlich vertretenen linken Gesellschaftsingenieure die Steilvorlage aus den Naturwissenschaften dankbar aufnehmen und befürworten werden, einen Menschen zu konstruieren, der zu ihren Utopien passt.

Die Wurzel des Totalitarismus

Und ich sah, daß das Lamm der Siegel eines auftat; und hörte der vier Tiere eines sagen wie mit einer Donnerstimme: Komm!

Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd. Und der daraufsaß, hatte einen Bogen; und ihm ward gegeben eine Krone, und er zog aus sieghaft, und daß er siegte.

Und da es das andere Siegel auftat, hörte ich das andere Tier sagen: Komm!

Und es ging heraus ein anderes Pferd, das war rot. Und dem, der daraufsaß, ward gegeben, den Frieden zu nehmen von der Erde und daß sie sich untereinander erwürgten; und ward ihm ein großes Schwert gegeben.

Und da es das dritte Siegel auftat, hörte ich das dritte Tier sagen: Komm! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd. Und der daraufsaß, hatte eine Waage in seiner Hand.

Und ich hörte eine Stimme unter den vier Tieren sagen: Ein Maß Weizen um einen Groschen und drei Maß Gerste um einen Groschen; und dem Öl und Wein tu kein Leid!

Und da es das vierte Siegel auftat, hörte ich die Stimme des vierten Tiers sagen: Komm!

Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der daraufsaß, des Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch die Tiere auf Erden.

(Apokalypse, Kap. 6, V.1-8)

Ist es eigentlich sinnvoll, in politischen Zusammenhängen die Begriffe „Gut“ und „Böse“ zu gebrauchen? Unwillkürlich wird man die Frage verneinen wollen: Das Böse kann man im politischen Bereich ja schwerlich anders denn als Attribut konkreter Akteure benennen, die folgerichtig als „die Bösen“ zum Abschuss freigegeben sind, und denen gegenüber man sich über moralische und rechtliche Normen getrost hinwegsetzen darf. Auf den ersten Blick sieht es also so aus, als wäre der Begriff des Bösen kaum mehr als ein demagogischer Kniff, ein manichäisches Schwarz-Weiß-Denken zu propagieren, das in einer demokratischen Gesellschaft nichts zu suchen hat.

Stutzig machen sollte allerdings, dass Viele, die theoretisch so argumentieren, in der Praxis sehr wohl eine Vorstellung vom „Bösen“ haben, und dass man dies eben daran erkennt, dass sie bestimmten Feinden gegenüber von Recht und Moral nichts wissen wollen. Wie sehr etwa die Figur des „Neonazis“ als Feindbild taugt, das jeden Rechtsbruch legitimiert, konnten wir zum wiederholten Male jüngst am 1.Mai besichtigen.

Vermutlich werden die Betreffenden argumentieren, dass sie sich ja nicht aus bloßem Hass so verhalten, sondern um einem bestimmten Gesellschaftsideal zu dienen: der offenen, demokratischen, toleranten, von einem liberalen Standpunkt aus also der schlechthin guten Gesellschaft.

Es scheint also, als sei es die Vorstellung vom „Guten“, das – in Gestalt seiner Negation – automatisch das Feindbild des „Bösen“ erzeugt. Ist das aber immer und unvermeidlich so, und muss man deswegen nicht als aufgeklärter Mensch jeden Begriff von Gut und Böse aus der politischen Sprache verbannen? Ich sage: Nein. Und ich füge hinzu, dass bereits der bloße Versuch geradewegs in totalitäres Denken führt.

Wie auch immer man es verkleidet, und in welchem Vokabular auch immer man es ausdrückt: Der Mensch, sofern er nicht einfach ein politisches Neutrum ist, kommt nicht daran vorbei, die Werte und Ziele, die er selbst für richtig, für wünschenswert, für human, für befreiend etc. hält, als „gut“ zu beschreiben. Und wenn er nicht alle anderen Ziele und Werte als „böse“ abstempeln möchte, dann liegt die klassische liberale Lösung darin, ein System zu etablieren, innerhalb dessen niemand „böse“ ist, sondern legitimerweise Alle miteinander konkurrieren: In der Innenpolitik durch die liberale Verfassung, in der internationalen Politik durch Etablierung eines allgemeinverbindlichen Regelwerks, aber auch in den interreligiösen Beziehungen durch Propagierung wechselseitiger Toleranz und Negierung exklusiver Wahrheitsansprüche der einzelnen Religionen.

Wer ein solches System für etwas Gutes hält, erklärt implizit alles für böse, was ihm feindlich gesinnt ist:

  • in der Innenpolitik also sogenannte Verfassungsfeinde: Da eine liberale Verfassung deren Bekämpfung freilich Grenzen setzt, liegt eine gewisse Folgerichtigkeit darin, dass sogenannte Demokraten die verfassungsrechtliche Ordnung durch den Appell an den Mob umgehen.
  • in der internationalen Politik alle Staaten, die das vorgegebene Regelwerk ablehnen und verletzen (selbst wenn denen womöglich gar nichts anderes übrigbleibt): Deren Bekämpfung verletzt dann nicht selten ihrerseits das Völkerrecht.
  • in den interreligiösen Beziehungen alle Religionen, die auf einem exklusiven Wahrheitsanspruch beruhen; womit freilich der Charakter von Religion schlechthin in Frage gestellt wird: Religionen werden toleriert, solange ihre Anhänger nicht wirklich an sie glauben; tun sie es doch, sind sie „Fundamentalisten“, die die Religion „missbrauchen“ und die entsprechend zu bekämpfen sind. Die wachsende Aggressivität, mit der religionsfeindliche Positionen vertreten werden, hat hier ihre Wurzeln.

Die Dichotomie von Gut und Böse verschwindet also nicht und wird durch ein liberales System keineswegs neutralisiert. Die Front wird an die Systemgrenzen verlagert, aber sie bleibt als solche bestehen.

Wenn aber die Unterscheidung von Gut und Böse als solche nicht aus der Welt zu schaffen ist, wie unterscheidet man dann das Gute vom Bösen? Gilt es bloß, eine mehr oder minder willkürliche Entscheidung zu treffem, dass Dieses gut und folgerichtig Jenes böse sei? Und wie verhindert man, dass man bei der Bekämpfung des so definierten Bösen sich seinerseits böse verhält? Kann man das überhaupt?

Manch einer wird mir bis hierher mit einer gewissen Ungeduld gefolgt sein. Was, so könnte man fragen, soll es denn bringen, politische Fragen in moralischen, letztlich religiösen Kategorien zu beschreiben? Und welcher Teufel reitet denn mich, einen Sozialwissenschaftler, religiöse Begriffe in die Gesellschaftsanalyse einzuführen? Der Grund ist Folgender:

Je tiefer ich mich mit den Grundlagen menschlicher Gesellschaft und ihrer Gefährdung auseinandersetze, desto klarer gelange ich (und zwar durchaus zu meiner Verblüffung) zu Erkenntnissen, die vom Christentum, teilweise auch bereits vom Judentum, schon immer als Wahrheiten behauptet worden sind.

Selbstverständlich kann der Glaube nicht die empirische Analyse ersetzen, allein schon deshalb, weil ich ja auch die Nichtglaubenden überzeugen will. Es bedeutet aber einen fundamentalen Unterschied, ob die Gesellschaft als Ganze die Wahrheit des Christentums als erkenntnisleitende Vermutung behandelt, oder ob für sie der methodische Atheismus der Wissenschaft die Vermutung auf seiner Seite hat, Wahrheit hervorzubringen.

Letzteres ist momentan offenkundig der Fall: Von der Religion erwartet man sich bestenfalls ein wenig Seelentrost, aber gewiss keine Erkenntnisse, die einem helfen können, mehr als das eigene individuelle Leben zu ordnen. Zutreffende Aussagen über die Gesellschaft aus der Bibel abzuleiten – das kann doch nur schiefgehen. Oder?

Wie schon gesagt: Glaube ersetzt keine Analyse, aber kann bei der Synthese helfen. Wissenschaft funktioniert ja nach einem bestimmten Modus: Erst wird die Hypothese entworfen, dann wird sie getestet. Eine Wahrheit, die gar nicht erst als Hypothese formuliert wird, kann es nicht zu wissenschaftlichen Weihen bringen.

Nun zeichnen sich alle mit der Gesellschaft befassten Wissenschaften bereits fachbedingt durch einen begrenzten Horizont aus, wie man besonders schön an der hypothetischen Hilfskonstruktion der Wirtschaftswissenschaftler, dem homo oeconomicus, ablesen kann; es gilt aber in ähnlicher Weise für die je fachspezifischen Perspektiven von Soziologen, Historikern, Psychologen etc., die jede für sich einen Teilaspekt des Menschlichen behandeln.

Der Rückgriff auf eine umfassende Anthropologie, die Frage, was den Menschen zum Menschen macht und wie sich das auf seine sozialen Beziehungen auswirken muss, wird allenfalls philosophisch gestellt, findet aber kaum Eingang in die Hypothesenbildung der empirischen Sozialwissenschaften, es sei denn in der entstellten Form jener Utopien, die nicht selten die unausgesprochene Voraussetzung gesellschaftswissenschaftlicher Forschung darstellen – sei es in der liberalen Variante, die eine Gesellschaft aus nutzenmaximierenden homines oeconomici als Idealzustand zunächst im Gedankenexperiment postuliert, um gleich anschließend ihre (wirtschafts-)politische Verwirklichung zu fordern, sei es in einer mehr oder minder marxistischen Form, der die Utopie einer Gesellschaft der Gleichen zugrundeliegt, und die die vorhandenen Strukturen in erster Linie zu dem Zweck erforscht, ihre Zerstörung zu legitimieren.

In jedem Fall bleibt das christliche Menschenbild und der ihm zugrundeliegende Glaube bereits aus der Hypothesenbildung ausgeschlossen, und genau hier liegt der Grund dafür, dass solche Wissenschaft immer häufiger Ergebnisse hervorbringt, von denen jede Putzfrau weiß, dass sie falsch sein müssen. Nichtsdestoweniger monopolisiert diese Art Wissenschaft für sich die grundlegende Art, wie die Gesellschaft sich selbst beschreibt.

Es ist also keineswegs der Versuch, krampfhaft durch eine christliche, meinetwegen auch „fundamentalistische“ Brille zu sehen, wenn ich sage, dass die Synthese vieler einzelner Teilerkenntnisse mich dorthin geführt hat, wo die Kirche schon immer war. Konkretisieren möchte ich das nun anhand der Frage, woran man das Böse in der Politik erkennt:

Die jüdisch-christliche Apokalyptik hat vor dem historischen Hintergrund der antiken Großreiche eine sehr konkrete Vorstellung vom geschichtstheologisch Bösen entwickelt. Da ich mich damit unlängst (in „Israel und der Globalismus“) bereits auseinandergesetzt habe, zitiere ich hier einige Passagen:

Die Gestalt des Antichristen als Verkörperung des Bösen wird normalerweise mit dem „Tier“ aus der Apokalypse (der Offenbarung des Johannes, des letzten Buches des Neuen Testaments) identifiziert. Die Apokalypse lehnt sich dabei inhaltlich und stilistisch an die jüdische apokalyptische Tradition an, insbesondere an das Buch Daniel (Kap. 7-11).

(…) Die Endzeitvisionen des Buches Daniel gehören in den Kontext des Makkabäeraufstandes gegen das Seleukidenreich, in einem erweiterten Sinne also gegen die Hellenisierung des jüdischen Volkes und seiner Religion. Der Kampf gegen sein Auflösung in seiner heidnischen hellenistischen Umgebung und der Kampf gegen seine religiöse „Hellenisierung“ gehören zusammen. Im Seleukidenreich hatten die Juden einen Feind, der beides angriff, das jüdische Volk und seinen Gott.

In diesem Text taucht erstmals das Motiv vom Reich Gottes auf, das als das Reich des Guten den irdischen Reichen des Bösen gegenübergestellt wird, zunächst also dem Seleukiden-, später dem Römerreich. „Böse“ waren diese Reiche im doppelten Sinne: einmal, indem sie das jüdische Volk unter Druck setzten, in einer größeren Einheit aufzugehen, zum anderen durch ihre kompromisslose Diesseitigkeit. Bleiben wir beim Römischen Reich mit seinen Gladiatorenspielen, seiner Sklaverei, seiner schamlosen Sinnlichkeit, mit einem Wort: seiner offenkundigen Gottlosigkeit. Dieses Reich kannte Religion nur in zweierlei Formen: einmal als Staatskult mit rein politischen Funktionen, zum anderen als privaten fröhlichen Aberglauben, der einem durchs Leben half; da wechselte man schon einmal die Götter.

Tolerant war diese Art von „Religiosität“ durchaus: Für antike Großreiche und ihre Herrscher wäre nichts sinnloser gewesen als ein Religionskrieg. Was war denn schon dabei, die Götter unterworfener Völker anzuerkennen, wenn man sich dadurch deren wenigstens passive Loyalität sichern konnte? Und was war, aus der Sicht dieser Völker, schon dabei, dem römischen Staatskult Lippendienste zu leisten, wenn die Obrigkeit dieses Zeichen der Ergebenheit nun einmal haben wollte? Dass die tiefe Gottesfurcht der Juden („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, 2. Mose 20,3), später auch der Christen mit solcher „Religiosität“ kollidieren musste, versteht sich.

Dabei ist schwer zu erkennen, wie ein Großreich anders hätte funktionieren sollen; kaum vorstellbar, wie ein solches Gebilde nicht auf zuerst die Entschärfung und dann Einebnung und Verschmelzung völkischer, kultureller und religiöser Identitäten hätte hinarbeiten sollen; deren Betonung, erst recht ihre politische Aufladung hätte ja geradezu seinen Bestand gefährdet.

(…)

Der heutige Globalismus mit seiner Tendenz zur Verschmelzung der Völker, zur Entkernung der Religionen, zur Banalisierung des vormals Heiligen zeigt frappierende Parallelen zu dem, was man den „Globalismus“ des antiken Rom nennen könnte, des „Tieres“ der Apokalypse.“

Das Programm des heutigen Globalismus, die Entstrukturierung der Welt, die Atomisierung der Gesellschaft und die Ökonomisierung der sozialen Beziehungen, basiert auf der Zerstörung solidaritätsstiftender Strukturen, insbesondere der Institutionen der Familie, des Volkes und der Religion. Damit fällt ihm auch die friedens- und ordnungserhaltende Funktion dieser Institutionen zum Opfer. Der große Krieg – der Völkerkrieg, auch der Religionskrieg – wird damit zwar unmöglich gemacht (außer in der Gestalt des Dschihad, denn der Islam – soviel ist bereits erkennbar – wird sich nicht vom Globalismus einschmelzen lassen), aber an seine Stelle tritt nicht der Frieden, sondern das, was Enzensberger in einer gelungenen Formulierung den „molekularen Bürgerkrieg“ genannt hat. Sofern der Globalismus sich durchsetzt, werden dessen Eliten es zwar schaffen, den Großgruppenkonflikt zu unterdrücken (und zwar mit einem System totalitärer Gedankenkontrolle), aber nicht die anarchischen Formen der Gewalt: den Krawall, die Plünderung, den Vandalismus, den Straßenraub, die Gruppenvergewaltigung. Die Gesellschaft des globalistischen Systems ist von George Orwell vorgezeichnet worden: An der Spitze eine Elite von Herrschern, die kontrollieren, was die Gesellschaft als „wahr“ zu akzeptieren hat, ein Mittelbau von technisch Ausführenden, und der große Rest der Menschheit, bestehend aus Menschen, die täglich um ihr Leben kämpfen und dabei vor immer weniger zurückschrecken. Das hehre Ziel der Nichtdiskriminierung wird dabei zweifellos verwirklicht werden: Es wird erreicht sein, wenn jeder Mensch unterschiedslos jedes anderen Feind ist. (Es sei denn, der Islam springt als Ordnungsmacht in die Bresche.)

Zu welchem Maß an Brutalität der liberale Globalismus fähig ist, haben bereits viele Völker, darunter unser eigenes, zuletzt die Iraker, am eigenen Leibe erfahren müssen; seine zerstörerische Kraft wird sich in dem Maße nach innen wenden, wie er sich verallgemeinert. Wenn man das Böse in der Politik an der Höhe der Leichenberge messen möchte, die es hinterlässt – zugegebenermaßen ein grobes Maß -, dann liegt der Globalismus hinter dem Kommunismus, dem Nationalsozialismus und dem Islam noch ein wenig zurück, aber er liegt gut im Rennen, und sein destruktives Potenzial ist noch lange nicht ausgereizt.

Die naheliegende Frage lautet nun: Wenn der liberale Globalismus in diesem Sinne böse ist, ist dann etwa einer seiner Gegenspieler automatisch gut? Und finden wir das schlechthin Gute, wenn wir Kommunisten, Nazis oder Moslems werden?

Kommunisten, Nazis und Moslems werden diese Frage zweifellos bejahen. Auch wenn es sich eigentlich erübrigt, diesen Anspruch zu widerlegen, möchte ich doch kurz darauf eingehen, warum er falsch sein muss:

Beginnen wir mit dem Islam. Das Höchste und Heiligste, was ein Moslem tun kann, ist, nach dem Zeugnis des Korans und der Prophetenüberlieferung, sein Leben im Kampf für Allah zu opfern, und das höchste Ziel des Islam ist seine eigene in der Regel gewaltsame Ausbreitung mit dem Ziel der Weltherrschaft. Dass eine solche Religion Bilder wie dieses hervorbringt,

und Anhänger hat, die solche Bilder bejubeln, ist nicht Zufall oder ein „Missbrauch“ des Islam, sondern seine notwendige Konsequenz. Der Islam hat de facto, auch wenn er es nicht so nennt, das Menschenopfer wieder eingeführt, nachdem es bereits abgeschafft gewesen war. Dass eine solche Religion in einem elementaren Sinne böse ist, und dies nicht, weil sie nicht christlich ist, sondern weil sie die Heiligkeit des menschlichen Lebens negiert, liegt auf der Hand.

Der Kommunismus teilt mit seinem feindlichen Zwilling, dem liberalen Globalismus das Ziel, die Werte und Strukturen, auf denen Gesellschaft beruht, zu zerschlagen – ein Ziel, das er mit Massenmorden in bis dato ungekanntem Ausmaß verfolgt hat. Die russische und chinesische Gesellschaft laborieren bis heute an den Folgen.

Der Nationalsozialismus war eine Ideologie, die darauf abzielte, alle Bremsen zu lösen, die die Leistungsfähigkeit der – rassisch definierten – Volksgemeinschaft hemmten. Zu diesen Bremsen gehörten auch Recht, Anstand, Moral, Kultur und Gewissen – alles Dinge, die den Imperativen des Regimes zu weichen hatten. Seine monströsen Verbrechen hatten ihre Wurzel in einem sich immer mehr steigernden Kollektivehrgeiz, der keine Schranken kannte.

Wenn aber die vier maßgeblichen politischen Ideologien unserer Zeit allesamt böse sind – was um alles in der Welt soll dann das Gute sein? Das Christentum ist schließlich keine politische Ideologie und kann es auch nicht sein. Wenn man sich aber doch irgendwie zur politischen Welt verhalten muss, muss man sich nicht doch – zumindest im Grundsatz und mit mehr oder weniger großen Vorbehalten – einer dieser Ideologien anschließen?

Es ist wichtig zu sehen, dass sie nicht einfach nur böse sind. Man muss sich das Gute, dass in allen vieren enthalten ist, bewusst machen, um zu erkennen, worin das spezifisch Böse liegt:

Der liberale Globalismus hat Vieles hervorgebracht, was überhaupt nicht verachtenwert ist: die offene Gesellschaft (die ich selbst umso mehr verteidige, als ich erkenne, dass der Liberalismus, der sie hervorgebracht hat, sie unter sich begraben wird, und zwar in dem Maße, wie er zur totalitären Heilslehre degeneriert), den liberalen Verfassungsstaat, den Abbau unnötiger Handelshemmnisse usw. Dass er einer Dialektik unterliegt, aufgrund deren viele dieser Errungenschaften wieder unter die Räder kommen werden, ändert nichts daran, dass es diese Errungenschaften gibt, und dass der Westen mit diesem System zur führenden Weltzivilisation geworden ist.

Der Kommunismus war nicht nur, aber doch auch der Versuch, unterdrückten und gedemütigten Menschen zu einem menschenwürdigen Dasein zu verhelfen. In seiner gemäßigten sozialdemokratischen Variante hat er viel dazu beigetragen, dass die Selbstzerstörungskräfte des liberal-kapitalistischen Systems im Zaum gehalten wurden. Und dass Marx etliche treffende Erkenntnisse formuliert hat, habe ich schon an anderer Stelle gewürdigt.

Der Islam wiederum besteht ja nicht nur aus dem Dschihad, auch wenn der sein Kern ist, sondern enthält viele Elemente, die jeweils für sich genommen durchaus ehrenwert sind: Ich kann nichts verkehrt daran finden, fünfmal am Tag zu beten, in dem Bewusstsein zu leben, dass man sich für sein Handeln dereinst vor einer höheren jenseitigen Instanz wird rechtfertigen müssen, und dass menschliches Streben immer unter dem Vorbehalt des „Inschallah“ – so Gott will – steht. Nicht zuletzt hat er eine von seinen Anhängern als sinnvoll erfahrene Lebensordnung hervorgebracht, und das ist nicht wenig und nichts, das man gering achten sollte.

Und der Nationalsozialismus? Ja, ich weiß, es ist furchtbar Autobahn zu sagen, alles sei ja auch nicht schlecht gewesen – aber, meine Güte, es war ja wirklich nicht alles schlecht! Die Idee, dass jeder Deutsche seinem Land und seinem Volk dienen sollte, ist in keiner Weise verkehrt, und das Regime, das sie dazu gebracht hat, genau das zu tun, wurde nicht deshalb von siebzig Millionen Deutschen mehr oder weniger begeistert unterstützt, weil das alles Idioten oder Masochisten gewesen wären.

Das Böse ist also nicht einfach die Negation des Guten, es ist, wenn man so will, seine dialektische Negation: Das Gute wird durch das Böse pervertiert, aber es ist in dieser pervertierten Form eben auch darin enthalten. Die Pervertierung aber besteht darin, dass man etwas, was man durchaus zutreffend als etwas Gutes erkannt hat, zum absolut Guten erklärt, in dessen Namen alles, was ihm entgegensteht, zur Vernichtung freigegeben ist.

Es hat seinen Grund, dass alle vier Ideologien von einem leidenschaftlichen Hass gegen das Christentum wie das Judentum erfüllt waren bzw. sind. Beim Kommunismus, dem Nationalsozialismus und dem Islam ist das offenkundig, es gilt aber auch für den Globalismus, dem man das freilich nicht so sehr ansieht, weil er sich gegenwärtig noch in einem Stadium befindet, wo er beide Religionen, speziell aber das Christentum, kaputtzureden versucht. Die Repressalien, denen sich vor allem konservative Christen zunehmend ausgesetzt sehen – Juden werden noch eine Weile den zweifelhaften Schutz der Political Correctness genießen – sind erst der Anfang. Man muss sich nur den Hass vergegenwärtigen, mit dem etwa die Piusbrüder überzogen werden, um zu erkennen, dass der Märtyrertod auch in westlichen Ländern wieder in den Bereich des Möglichen gerückt ist.

Der Grund dafür liegt darin, dass beide Religionen – in ihrer authentischen, nicht degenerierten und korrumpierten Variante – darauf beharren, dass das Wort Gottes nicht zur Disposition steht. Das gilt für die Heiligkeit des menschlichen Lebens, es gilt aber vor allem für das Erste Gebot:

Du sollst keine Götter neben mir haben!

Wenn ich sage, dass alle vier Ideologien das von ihnen erkannte Gute absolut setzen, dann heißt das: Sie setzen es an die Stelle Gottes. Sie erzeugen Götzen, in deren Namen getötet (und gelogen und gestohlen) werden darf. Götzen, die etwas versprechen, was nach christlichem Glauben schlechterdings unmöglich ist, nämlich: das Reich Gottes auf Erden zu errichten!

Der Islam erhebt diesen Anspruch bekanntlich explizit, aber auch die anderen Ideologien peilen mit ihrem expliziten oder impliziten Utopismus einen Endzustand an, der ihnen als Erfüllung der Geschichte gilt. Vom christlichen Standpunkt betrachtet läuft dies auf die diesseitige Erlösung von der Erbsünde hinaus.

Der Begriff der Erbsünde meint die Verstrickung des Menschen in eine Welt, die es ihm unmöglich macht, einfach nur gut zu sein. Am Beispiel des Pazifismus mag man sich klarmachen, in welche Widersprüche man sich verwickelt, wenn man es versucht: Wer auf keinen Fall Gewalt anwenden will, nimmt die Herrschaft der Skrupellosen und Brutalen in Kauf – und dies ist kein Ergebnis, an dem man irgendetwas „Gutes“ finden könnte.

Es ist dieses Nichtakzeptieren menschlicher Unvollkommenheit und Verstrickung; der Versuch, das Gute mit aller Macht zu erzwingen; die Verabsolutierung von Teilwahrheiten auf Kosten der grundlegenden Wahrheiten des Menschseins; letztlich die Verneinung Gottes, die zur Anbetung totalitärer Götzen führt. Es gibt keinen Ausweg: Wer den einen Götzen verabscheut, kann sich einem anderen Götzen zuwenden, der ein ebenso blutsaufendes Monstrum ist – oder er kann in der Bibel nachlesen, warum das ein Fehler wäre.

Was er dabei findet, ist auch ein Weg zum Heil, aber eben nicht im Sinne einer totalitären Utopie. Er findet die Freiheit von den Utopien und Ideologien. Er wird nicht gezwungen sein, ihre Lügen für Wahrheiten zu halten. Es wird ihm, sofern er ein politischer Mensch, nicht erspart bleiben, sich die Hände schmutzig zu machen. Erspart bleiben wird ihm, sich den Geist schmutzig zu machen.

Im Nachhinein vergewaltigt

Man hat den deutschen Truppen, die von 1941-1945 gegen die Sowjetunion kämpften, schon vieles vorgeworfen. Massenvergewaltigungen russischer Frauen gehörten bis jetzt nicht dazu. Grund genug für eine strebsame Historikerin, eine gewisse Regina Mühlhäuser, ihnen welche anzudichten. Nach dem Motto: Alle Deutschen sind Nazis, und bei Nazibashing kommt es auf die Wahrheit nicht so an.

siehe: Preußische Allgemeine Zeitung: Im Nachhinein vergewaltigt

Die Rückkehr der Wahrheit

„Bei Benedikt spürt man den beinahe schon vergessenen Wahrheitsanspruch der Kirche zurückkehren; es wird deutlich, dass der Papst es mit seinem Kampf gegen den Relativismus ernst meint und dass er vor allem die Katholiken dafür gewinnen will, wieder katholisch zu sein. Das begreift ein einflussreicher Teil der veröffentlichten Meinung als Kriegserklärung. Ihre Antwort darauf ist: Dieser Papst darf keinen Fuß auf den Boden bekommen. Wäre er ein Politiker, er müsste nervös werden. Aber die Stärke dieses sanften und behutsamen Mannes, der für sich selbst die Anwendung von Machtmitteln ablehnt, besteht darin, dass er eben kein Politiker ist.“

Martin Mosebach