Libyen: Der Krieg findet ohne uns statt

Gar Fürchterliches ist geschehen, meint ein gewisser Daniel Brössler in der Süddeutschen Zeitung:

Auf Westerwelles Geheiß hin hat Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einer Flugverbotszone über Libyen seine Zustimmung versagt. Erstmals seit ihrem Bestehen hat die Bundesrepublik somit jenen Anker gelichtet, der sie an den Westen bindet.

Da kann ein Krieg noch so sehr der rechtlichen Grundlage ermangeln, die Eskalationsgefahr noch so unbeherrschbar, das deutsche Volk noch so sehr gegen solche Einsätze, die Erfahrungen aus Afghanistan und dem Irak noch so trostlos und die Natur der libyschen Opposition noch so unklar sein: Für solche Globalstrategen, die vermutlich nicht einmal wissen, aus welchen Quellen sie ihre Ideologie getrunken haben, zählt schlicht und einfach nicht, ob ein Beschluss in der Sache richtig oder falsch ist: Die Westbindung, als schrieben wir das Jahr 1961, ist oberstes Gebot. Was „der Westen“, sprich die drei westlichen Atom- und Siegermächte richtig finden, hat Berlin pflichtschuldigst abzunicken. Das bisschen Rest-Eigenständigkeit Deutschlands nun auch noch aufzugeben, gilt bei Schreibern dieses Kalibers wohl als Ausweis von Staatskunst.

In Wahrheit hat die Regierung selbstredend keineswegs „jenen Anker gelichtet, der sie an den Westen bindet“, so wünschenswert man dies unter manchen Gesichtspunkten vielleicht finden möchte. In Wahrheit kann sie es sich einfach nicht leisten, anders zu handeln, auch wenn sie sich in der Rolle des NATO-Dissidenten sichtlich unwohl fühlt (weswegen sie versucht, die Verbündeten mit Zugeständnissen in Afghanistan milde zu stimmen).

Die Regierung hat seit Monaten mit Pleiten, Pech und Pannen zu kämpfen: Da war das Problem Stuttgart 21, das Merkel sich ohne Not ans eigene Bein gebunden hat, da war der Abgang des hochgejazzten Superstars Guttenberg unter Begleitumständen von beispielloser Peinlichkeit, und da war als Krönung – Wochen nach der wiederum ohne Not durchgedrückten Laufzeitverlängerung für AKW – der Super-GAU in Japan. Einen unpopulären Libyen-Krieg als linken Wahlkampfhit kann Angela Merkel jetzt ungefähr so brauchen wie einen Kopfschuss.

Bezeichnend ist, dass hier wie 2003 letztlich die Volksstimmung der Regierung die richtige Richtung weist. Es ist nicht einfach Pazifismus, der die Deutschen veranlasst, trotz aller Abneigung gegen Gaddafi und trotz des Mitgefühls für die Aufständischen gegen eine militärische Beteiligung zu votieren. Es ist mindestens ebensosehr eine gesunde Allergie gegen das Moment von Anmaßung, das darin liegt, wenn andere sich zum Weltschiedsrichter aufschwingen. Das Volk ist hier allemal klüger als seine schreibende Zunft.

Die Kriegsschuldfrage

Angeregt durch Armin Mohlers „Gegen die Liberalen“ lese ich gerade sein autobiographisch gefärbtes „Der Nasenring. Im Dickicht der Vergangenheitsbewältigung“. Darin schildert er eine Fahrt mit einem ungarischen Taxifahrer in München. Die Geschichte, die er diesem Fahrer erzählte, ist zitierenswert:

Da die Fahrt sich dem Ende nähert … erzähle [ich] ihm eine Story aus den frühen Jahren der Bundesrepublik, die mir beim Stichwort „Ungarn“ eingefallen ist.

Damals veranstaltete ein westdeutsches Medium – ich weiß nicht mehr, ob eine Illustrierte oder eine Rundfunkstation – folgende Umfrage beim Publikum: „Wer war schuld am deutsch-ungarischen Krieg von 1893 – die Deutschen oder die Ungarn?“ Eine erdrückende Mehrheit der Befragten bekannte sich zur deutschen Schuld; nur eine kleine Minderheit reagierte mit „die Ungarn“ oder „weiß nicht“. Mein Ungar kennt jedoch die Geschichte seiner Heimat und wendet ein: „Aber es gab doch gar nie einen Krieg zwischen Deutschen und Ungarn?“ Ja, eben.

Versailles ohne Krieg

„‚Le boche payera tout‘ – die verfluchten Deutschen werden alles bezahlen – hieß es seinerzeit und anscheinend heute wieder. Die Unverfrorenheit, mit der die europäischen ‚Freunde‘ derzeit Deutschland unter Druck setzen, im Namen Europas und des Euro Abermilliarden als Beihilfe zur Konkursverschleppung im griechischen Faß ohne Boden zu versenken, muß auch dem Naivsten klarmachen, wie bitter wahr die Analogie des hellsichtigen Figaro-Leitartiklers zwischen den Versailler Reparationsbestimmungen und der Abschaffung der Deutschen Mark war.“

Michael Paulwitz

Dschihad Jane

Wer etwas über das Wesen einer Religion erfahren möchte, sollte sich ihre Konvertiten ansehen: Konvertiten sind ja Menschen, die in viel stärkerem Maße von den Lehren der jeweiligen Religion durchdrungen und von ihrer Wahrheit überzeugt sind als diejenigen ihrer Glaubensbrüder, die ihre Religionszugehörigkeit der Gnade (bzw. Ungnade) ihrer Geburt in einem christlichen, jüdischen oder muslimischen Elternhaus verdanken.

Es ist daher durchaus keine unzulässige Verallgemeinerung, aus Meldungen wie der folgenden Rückschlüsse auf das Wesen des Islam zu ziehen (insbesondere wenn man bedenkt, dass Konvertiten zum Islam häufig solche Schlagzeilen produzieren, solche zum Christentum aber niemals):

USA
„Dschihad Jane“ war bereit zum „Heiligen Krieg“

In den USA steht „Dschihad Jane“ vor Gericht. Die 46-Jährige, die sich auf YouTube den Namen „Dschihad Jane“ gab, soll zu einem Anschlag auf den schwedischen Mohammed-Karikaturisten Lars Vilks bereit gewesen sein.

Eine 46 Jahre alte Amerikanerin aus einer Vorstadt von Philadelphia war bereit zum „Heiligen Krieg“: Colleen LaRose, die sich selbst in einem Video auf YouTube „Dschihad Jane“ nannte, ist am Dienstag angeklagt worden.

Die Konvertitin soll Kämpfer rekrutiert haben und bereit gewesen sein, den wegen einer Mohammed-Karikatur von Islamisten angefeindeten schwedischen Zeichner Lars Vilks zu töten. Ferner soll sie eingewilligt haben, einen Terrorverdächtigen zu heiraten, um ihn die Einreise nach Europa zu ermöglichen, und sogar selbst ihr Leben als Märtyerin zu opfern. Der Fall zeige, wie sehr sich die Art der terroristischen Bedrohung verändert habe, sagte Staatsanwalt David Kriss.

(aus FOCUS Online)

Bundeswehr-Lehrmaterial von der Wehrmacht

Bundeswehr-Lehrmaterial von der Wehrmacht: Von Stalingrad nach Afghanistan

Linkes Ideologenpack, getarnt als „Wissenschaftler“, und linkes Schmiergesindel, getarnt als „Journalisten“: Sie werden keine Ruhe geben, bis sie die Bundeswehr kaputtgekriegt haben:

„Soldaten der Bundeswehr werden mit Lehrmaterial der Wehrmacht im Krieg für ihre Einsätze ausgebildet. Der Historiker Detlef Bald hat diese Praxis kritisch analysiert“, schreibt die taz, und im Grunde weiß man an dieser Stelle schon, was das heißt, und speziell, was bei der taz unter „kritisch“ zu verstehen ist: keine Ahnung, viel Meinung. „Kritisch“ ist, wer die linken Doktrinen so verinnerlicht hat, dass er sie gar nicht mehr in Frage stellen kann:

„Für den „harten Straßen-und Häuserkampf“ liefert eine Heeresdienstvorschrift aus dem Jahr 1944 die „Anleitung für den Nahkampf“. Der Soldat sei so zu erziehen, dass er mit Handgranate und Schusswaffe den Gegner „niederkämpft“.“

Was denn sonst, du Pappnase?

eigentümlich frei: Verratene Helden – Jerry Salyer

„Wir sind … heute in einer besseren Position, als wenn die Verschwörung vom 20. Juli Erfolg gehabt hätte und Hitler ermordet worden wäre. Der Fehlschlag der Verschwörung erspart uns die Peinlichkeiten …, die sich aus einem solchen Schritt ergeben hätten; darüber hinaus entfernt die gegenwärtige Säuberungsaktion vermutlich zahlreiche Individuen, die uns …. auch nach dem Sieg über Nazi-Deutschland Schwierigkeiten hätten machen können. Die Gestapo und die SS haben uns einen großen Dienst erwiesen, indem sie eine Anzahl jener Leute entfernt haben, die sich nach dem Krieg zweifellos als die guten Deutschen ausgegeben hätten. Es ist daher zu unserem Vorteil, dass die Säuberungsaktion fortgesetzt wird, da uns, wenn Deutsche sich gegenseitig töten, in Zukunft vielerlei Peinlichkeiten erspart bleiben werden.“

Aus einem Vermerk des britischen Außenministeriums 1944

Trauma

von Lila

(Erstveröffentlichung in Lilas Blog „Letters from Rungholt“ am 25.09.09, Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Autorin)

[Zum besseren Verständnis für die, die Lila nicht kennen: Die Autorin ist Deutsche und lebt mit ihrer Familie in einem Kibbuz im Norden Israels. Ihr ältester Sohn leistet zur Zeit Wehrdienst in der israelischen Armee.

Sie legt ausdrücklich keinen Wert darauf, den Kommentarstrang zu diesem Artikel in ihrem Blog noch zu verlängern. Wenn Ihr also kommentieren möchtet, dann bitte hier.]

Bei meinen Gesprächen in Deutschland habe ich nicht sehr tief gegraben, und kleine persönliche Eindrücke zählen ja eigentlich nicht. Trotzdem – ich hatte bei meinem letzten Besuch in Deutschland nicht das Gefühl, daß es eine Art von selbstverständlicher Solidarität mit deutschen Soldaten gibt, die in Afghanistan kämpfen. Das sind andere Deutsche, das sind Leute, die man nicht kennt, die sind weit weg, die haben die falsche Wahl getroffen, die hätten verweigern sollen, die müssen schon damit fertigwerden, was Soldatsein bedeutet.

Ich habe es ein paarmal vorsichtig angesprochen, daß nun auch deutsche Soldaten Todesangst haben müssen, schnelle Entscheidungen fällen müssen, die fatal falsch sein können, daß nun auch Deutsche Kriegssituationen erleben. Aber ich verstand schnell, daß sich vielleicht jemand sich mit ihnen identifiziert – aber nicht unter den Leuten, die ich kenne. Diese Probleme gehen wohl niemand anders an als die, die sich mit ihnen rumschlagen müssen.

Wenn ich von meinem Primus erzählte, meinten mehrere Gesprächspartner, „na ja, kein Wunder, bei euch werden die Kinder ja auch indoktriniert“. Darauf habe ich versucht, zu erklären, daß für Kinder, die hier aufwachsen, keine Indoktrination nötig ist, um zu verstehen, daß das Land bedroht ist. Und daß sie selbst bedroht sind.

Primus lag als Baby im Plastikzelt gegen Saddams Raketen (woran ihn nur Bilder erinnern), die Kinder erinnern sich noch gut an die Terrorwelle und mehrere Male, als wir Bus, Einkaufszentrum, deutsche Botschaft und Flughafenhalle schnell räumen mußten, und sie hören Nasrallah und Ahmedinijad in den Nachrichten. Sie haben mitgekriegt, wie viele Soldaten im Laufe der Jahre gefallen sind, traumatisiert nach Hause gekommen sind, sie kennen zwei Männer, die wegen Fehlentscheidungen ins Gefängnis mußten.

Sie wissen, daß sie ruhig schlafen konnten, weil unter anderem die Armee uns beschützt hat. Sie haben alle Männer und Frauen ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft in Uniform gesehen. Da kann man als fairer Mensch schlecht sagen: okay, das war nett von euch, euer Leben für uns in die Schanze zu schlagen, aber ich gehe lieber meinem eigenen Vergnügen nach und gehe in die USA studieren – sucht nicht nach mir, ich bin nicht dabei, paßt schön selbst auf euch auf.

Denn es ist auch eine Art der Indoktrination, Kindern beizubringen, daß außer dem eigenen persönlichen Erfolg, Fortkommen und Vergnügen nichts den Einsatz wert ist. Die Gemeinschaft, die Heimat, eine Art Solidarität mit anderen Deutschen? Man traut sich ja kaum, Volk zu sagen, weil die unsympathischsten, un-empathischsten Egoisten das Wort mit Beschlag gelegt haben. Aber ob man es will oder nicht, man gehört zu einer größeren Einheit, einem Stamm oder Volk oder Staat, bei jedem fächert sich das Gefühl der Zugehörigkeit anders auf. Aber es ist keine Schande, stolz auf sein Land zu sein und bei Fußballspielen die Hymne mitzusingen und die Fahne hochzuhalten und sich zu freuen, wenn die eigene Nationalmannschaft Erfolg hat. Man muß ja deswegen nicht gleich den zweiten Weltkrieg im Stadion noch einmal austragen.

Wenn also große Teile der jungen Deutschen es vorziehen, statt Wehr- oder Zivildienst gar nichts zu tun außer dem eigenen Fortkommen oder Vergnügen oder am besten beiden zu leben, dann ist auch das das Ergebnis einer Art Indoktrination, einer Beeinflussung. Man lebt den Kindern bestimmte Werte vor, und bis zu einem gewissen Grade verhalten sie sich dementsprechend.

Die Kehrseite dieser Werte bekommen nun die Soldaten zu spüren, die traumatisiert und eventuell auch stigmatisiert aus Afghanistan wiederkommen. Keiner weiß, was für tiefe Spuren der Krieg hinterläßt, der ihn nicht selbst erlebt hat. Ich habe ihn nicht erlebt, aber ich lebe seit 20 Jahren mit einem Mann mit Kriegstrauma. So tief er es auch in sich vergräbt, es ist doch da und hat ihn verändert, und manchmal kommt es zum Vorschein. Er hat Glück, es hindert ihn nicht am normalen Leben und er kann ohne Hilfe damit umgehen. Aber ich kann ein bißchen ermessen, wie schwer das Leben mit solchen Erinnerungen ist, die immer wieder hochkommen.

Nicht umsonst sind die drei erfolgreichsten israelischen Filme der letzten drei Jahre, Beaufort, Waltz with Bashir und Lebanon, dem Libanonkrieg von ´82 gewidmet, unter dessen Nachwirkungen mein Mann wie seine ganze Generation leidet.

In Israel gibt es heute mehr Verständnis und Hilfe für Menschen mit posttraumatischen Störungen, ob Terroropfer oder Soldaten oder Zivilisten unter Raketenbeschuß (im Norden und Süden). Es ist keine Schande mehr, halum krav zu sein, shell shocked, und es gibt ein ganzes Netzwerk der Hilfe, damit die Betroffenen in eine Art Normalität zurückkehren können. Israelische Psychologen und Psychiater gelten mit guten Grund als Speerspitze der Traumaforschung. Die Studienteilnehmer gehen ihnen nicht aus. Ja, sie können auch die Auswirkungen von Trauma auf Kinder- und Enkelgenerationen schwerst Traumatisierter erforschen.

In Deutschland sind die Traumatisierungen des Zweiten Weltkriegs noch nicht aufgearbeitet – meine Mutter, die zu Kriegsende ein Kleinkind war, bekommt Panikanfälle beim Heulen der Sirenen, und mein Vater, der den Krieg als kleiner Junge erlebt hat, hat entsetzliche Erlebnisse gehabt, ohne die er ein anderer Mensch geworden wäre, da bin ich sicher.

Ich habe in den letzten Jahren mit den Freunden und Freundinnen meiner Eltern, alle inzwischen so um die Sechzig, Siebzig, sehr interessante Gespräche geführt, bei denen ich ihre Kindheitsschicksale erfahren habe – erstaunliche Geschichten von Menschen, die ich seit meiner Kindheit kenne, und deren Albträume, Verlusterlebnisse, Ängste und Erinnerungen an Hunger, Flucht und Gefahr ich nicht kannte, und meine Mutter auch nicht. Es ist alles noch da – aber keiner hat es wahrgenommen, keiner hat geholfen.

In den 50er und 60er Jahren ging es um wirtschaftlichen Aufbau und Vergessen, um Errichten einer gewissen Normalität, danach um Aufarbeitung von politischer Schuld und gesellschaftlichem Versagen. Alles ehrenwert und wichtig und menschlich verständlich. Doch der persönliche Preis, den damals schuldlose Kinder bis heute in Form von Albträumen zahlen, ist kein Thema und kann es wohl auch nicht mehr werden. Doch ich bin mir sicher, daß jeder meiner deutschen Leser nur ein bißchen zu graben brauchte bei denen, die im Zweiten Weltkrieg Kinder waren, um auf ähnliche Traumata zu stoßen. Verschwiegen, verdrängt oder zu drolligen Anekdoten umfrisiert – „wie der Vater damals aus der Gefangenschaft wiederkam und die Kinder ihn nicht erkannt haben“ – aber die Traumata sind noch da.

Ich möchte mir wünschen, daß das Vergessen und Verdrängen nicht ein zweites Mal geschieht. Ich habe großes Mitgefühl mit den Afghanistan-Veteranen. Ich würde das Entstehen einer marginalisierten, ins Kriminelle abdriftenden Randgruppe von Veteranen in Deutschland nur mit Grausen sehen können. Und das ist eine Aufgabe für alle – egal was man politisch von diesem Einsatz hält, den Menschen darf man die Solidarität nicht verweigern. Die Soldaten zahlen einen Preis für die Entscheidungen von Politikern, auch die, die diese Politiker nicht gewählt haben. Wie schön wäre es, wenn sie in eine Atmosphäre der Solidarität, des Verständnisses und der Hilfe zurückkehren könnten.

Bei meinen Überlegungen zur Solidarität und moralischen Verpflichtung dem Nächsten gegenüber fiel mir ein Kollege ein. Er ist etwas älter als ich, ein besonders netter Mensch, und seine Kinder sind etwas älter als meine. Sein Sohn ist Offizier bei der Marine, und der Vater ist sehr stolz auf ihn. Ich habe nie mit ihm über Politik gesprochen.

Neulich sprachen wir am Telefon, wir wollten uns treffen. Er meinte, er kann bei mir vorbeikommen. „Aber du wohnst doch in Tel Aviv, was machst du denn in den Semesterferien im Norden?“, fragte ich. „Da bin ich einmal die Woche. Ich fahre jeden Dienstag an den Checkpost XY, hole von dort palästinensische chronisch Kranke aus der Gegend um Jenin ab, fahre sie nach Haifa ins Krankenhaus und abends wieder zurück. Wir haben so einen Fahrdienst organisiert, ich und noch ein paar andere Leute“, meinte er.

Auch das ist Solidarität, die sich nicht nur auf die eigenen Leute erstreckt – oder gerade doch. Ihm tun die Palästinenser leid, die wegen israelischer Checkpoints ihre lebenswichtigen Therapien versäumen – auch wenn diese Checkpoints als Reaktion auf terroristische Angriffe entstanden sind und es im Moment noch keine Alternative zu ihnen gibt. Und er möchte auch nicht, daß wir als Israelis das menschliche Antlitz verlieren, das in unserer Situation nur so schwer zu bewahren ist – wie die deutschen Soldaten in Afghanistan als vermutlich einzige Deutsche wirklich nachvollziehen können.

Es gibt immer wieder Menschen, die sich mit tätiger Hilfe dagegen wehren, dieses menschliche Antlitz zu verlieren. Der Sohn dient in seiner Uniform mit Abzeichen und verteidigt das Heimatland, und der Vater leistet Hilfe für Hilfsbedürftige, die unter dieser Verteidigung schuldlos leiden. Beide Verhaltensweisen gehören zur selben Art der „Indoktrination“, für die ich in Deutschland so wenig Verständnis erwarten kann.

Ja, sind wir denn unseres Bruders Hüter? Wir sind es. Und wir sollten „Bruder“ nicht so eng definieren, daß nur noch das Gesicht übrigbleibt, das uns im Spiegel anguckt.

Verteidigungspolitik: Reagan, Obama und das US-Raketenschach – Nachrichten Politik – Ausland – WELT ONLINE

WELT ONLINE: Verteidigungspolitik: Reagan, Obama und das US-Raketenschach.

„Polen und Tschechien haben sich beim Irakkrieg auf Seiten der USA gestellt und Truppen entsandt, nicht, weil sie vom Krieg sonderlich überzeugt waren, sondern weil sie die USA als strategischen Partner gewinnen wollten. Nun erleben sie, dass Dankbarkeit keine politische Kategorie ist. In Zukunft wird es Washington schwerer fallen, andere Staaten dazu zu bewegen, politisches Kapital in Washington zu investieren in der Hoffnung auf strategischen Gewinn in der Zukunft“.

Die Torheit der Polen und Tschechen besteht darin zu glauben, Amerika werde sich 2009 dankbarer zeigen als Frankreich 1938/39. Die Torheit Obamas besteht darin, sich das aufs T-Shirt zu schreiben.

Wenn Idioten Krieg führen

„Wenn Idioten Krieg führen, hat das Militär vor Ort keinen Entscheidungsspielraum und kann nichts befehlen. Die ordnungsgemäße Verteidigung, wenn man unter direktem Feindfeuer liegt, wäre zunächst ein Anruf mit dem Feldtelefon in Berlin beim Minister, der muß die Merkel fragen, und die beruft den Bundestag ein für den Montag der übernächsten Woche, denn vorher sind die Abgeordneten mit dem Dienstwagen in Urlaub. Findet dann in zehn oder 15 Tagen die Sitzung statt, diskutieren CDU/CSU, die SPD, die Grünen und die SED, was die Bundeswehr machen soll. Die Kommunisten Gysi und Lafontaine sind für Rückzug, die linken Grünen und die rote SPD auch. Darauf geht der Verteidigungsminister ans Telefon und gibt das über fünf Ecken nach Afghanistan durch. Er hört aber nur noch unverständliches Geschrei, denn unsere Soldaten sind längst erschossen, der Fernmelder ist geköpft, und das Feldtelefon befindet sich inzwischen beim Stammesältesten in einer Talibanhöhle, der meint, er sei mit einem russischen Waffenhändler verbunden!“

Kewil

Resozialisierung

„Der Fall Scheungraber lässt … ganz besonders deutlich eine Merkwürdigkeit erkennen, die mir bereits seit vielen Jahren aufgefallen ist:Gewöhnlich wird seit Ende der sechziger Jahre in der Justiz das Ziel einer Resozialisierung besonders hoch gewichtet, während der Sühnegedanke fast völlig verpönt ist. Das gilt aber offenbar nur für Leute, die beispielsweise eine wehrlose alte Frau niederschlagen, um ihr die Handtasche zu rauben; bei Straftaten im Zusammenhang mit Krieg und Nationalsozialismus spielt die Resozialisierung offenbar keine Rolle, zumal sie ja mittlerweile zumeist völlig vollzogen ist. Dafür wird die sonst kaum noch erwähnte Sühne plötzlich zum höchsten und einzigen Ziel des richterlichen Strebens.“

Friedel B.