Bernd Dahlenburg hat im Kommentarstrang zu „Viele Arten zu töten“ (Kommentar Nr.3) auf einen seiner eigenen Artikel verwiesen, in dem er sich unter dem Titel „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ mit angeblichen rechtsradikalen Tendenzen der islamkritischen Blogosphäre auseinandersetzt. Da ich dieses Thema unlängst selber behandelt habe, war ich natürlich neugierig:
„Rechtsdeutsche ‚Islamkritiker'“
Schon die Anführungszeichen in dieserm Untertitel machen deutlich, dass es sich nach Dahlenburgs Meinung mitnichten um Islamkritiker handelt, sondern um Leute, die etwas ganz anderes im Sinn haben. Weil sie in ganz besonderer Weise finster, nämlich „rechtsdeutsch“ sind. Ich bin Politikwissenschaftler, aber dieses Wort habe ich noch nie gehört. Offenbar sollen die Worte „rechts“ und „deutsch“ eine irgendwie anrüchige Haltung umschreiben.
Noch vor zwanzig Jahren war man als Konservativer „rechts“ in demselben Sinne, wie man als Sozialdemokrat „links“ war – also im Sinne ganz konventioneller Gesäßgeographie. In den neunziger Jahren wurde es üblich, „rechts“ mit „rechtsextrem“ gleichzusetzen. Der Sinn dieser „politisch korrekten“ Begriffsverwirrung war niemals, die extreme Rechte zu bekämpfen, sondern die konservative. Wenn Dahlenburg, nach eigenen Angaben CSU-Mitglied, das Wort „rechts“ in einem abwertenden Sinne gebraucht, dann übernimmt er als Konservativer – der er zu sein beansprucht – die Sprache linker Demagogen. Es setzt nur das Tüpfelchen aufs i, dass er ganz im Sinne der von mir heftig kritisierten Antideutschen auch das Wort „deutsch“ als Bezeichnung einer offenbar moralisch minderwertigen politischen Haltung verwendet.
„Wenn man als Blogger mit halbwegs geöffneten Augen durch die (t)deutsche Welt geht und sich die Szene der so genannten Islamkritiker ansieht…“
– man wüsste doch zu gerne, welches die Szene der wirklichen Islamkritiker und welches die der bloß „so genannten“ ist –
„…kommt man nicht umhin, eine Bewegung auszumachen, die sich im Windschatten der öffentlichen Diskussion eine neue Nische schafft – die neue Rechte, oder besser gesagt, die neuen ‚Stolznationalen‘.“
„Stolznationale“. Noch so ein Neologismus. Soll wohl Menschen bezeichnen, die so etwas wie Nationalstolz empfinden, und die deswegen als moralisch und politisch disqualifiziert zu gelten haben.
Wen immer er damit meinen mag – eines hat er uns schon verraten: dass Nationalstolz in seinen Augen ein Makel ist. Dass es viele Menschen gibt, die so denken, wussten wir. Wenn solch linker Ideologiemüll aber bis in die CSU hinein Akzeptanz fände, wäre dies niederschmetternd.
„Bar jeglicher Vernunft versuchen sie uns einzureden, dass Deutschland und Europa von zig-Millionen Muslimen ‚überrannt‘ oder ‚überschwemmt‘ werden würde…“
Sie stützen sich dabei auf einschlägige Statistiken, die vier Grundrechenarten, die fünf Sinne und den gesunden Menschenverstand, aber ansonsten sind sie bar jeder Vernunft.
„…(bekannte Termini, kennen wir doch, oder?)…“
– die Naziplatte –
„neuerdings sind generell Ausländer gemeint, weil das Islam-Sujet für holzschnittartige Beschreibungen ausgereizt zu sein scheint.“
Eine verblüffende Behauptung. Bisher herrscht nämlich Konsens in der Wahrnehmung, dass die Reihenfolge genau umgekehrt war: dass das Thema „Immigration“ in den siebziger Jahren unter dem Stichwort „Gastarbeiter“, in den neunzigern unter der Überschrift „Ausländer“ und erst in letzter Zeit unter „Islam/Muslime“ behandelt wird. Es handelt sich um einige der wenigen Fragen, in der Islamapologeten und -kritiker (z.B. Seyran Ates) sich einig sind.
Nur passt es Dahlenburg nicht in den Kram. Eine öffentliche Kritik, die sich auf den Islam einschießt, lässt sich auch nicht so richtig plausibel als rassistisch oder rechtsradikal diffamieren. Ergo muss – nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf – eine Bewegung weg von der Islamkritik, hin zur Ausländerfeindlichkeit suggestiv fingiert werden.
„…und sie berufen sich auf Auguren, die uns weismachen wollen, wie Europa doch endlich zu einem „rechten“ Kontinent mutieren soll, statt sich auf demokratische Werte und deren innewohnende Kräfte zu besinnen.Sie…“
Von wem spricht er eigentlich? Wir erfahren es nicht.
„…(und ihre Leser und etliche Blogger im Schlepptau oft hilflos nachplappernd) reden pausenlos von Risiken statt von Chancen. Sie machen alles schlecht, was auch nur im Entferntesten an ein Miteinander zwischen Kulturen denken ließe…“
Vielleicht haben sie mit dem „Miteinander der Kulturen“ eigene Erfahrungen gesammelt?
„… Sie sind borniert, blind und von Hass getrieben.“
Woher weiß er das? Nach meiner Erfahrung ist es nahezu unmöglich, den Charakter und die Gefühle von Menschen aufgrund ihrer Äußerungen im Weltnetz zu beurteilen. Weswegen ich mich auch hüten werde, darüber zu spekulieren, ob Dahlenburg womöglich selber borniert, blind und von Hass getrieben ist.
„Sie verweigern alle (positiven kulturellen) Erfahrungen, die in den letzten Jahrhunderten zwischen West- und Osteuropa und den Menschen ausgetauscht worden sind.“
Der Konflikt zwischen West- und Osteuropa ist natürlich das aktuelle Hauptproblem.
„Sie machen den Islam zum Türken, …“
Keineswegs; die Araber kann erst recht keiner leiden.
„…den Türkischstämmigen und sonst wen zum Ausländer…“
Die meisten Türkischstämmigen in Deutschland – genauer 68,1 Prozent braucht man nicht zu Ausländern zu „machen“, weil sie es nach wie vor sind und auch zu bleiben gedenken. Sie jubeln Erdogan zu, wenn er sagt, Assimilation sei ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und trotzen hartnäckig allen Versuchen deutscher Politiker, ihnen einen deutschen Pass in die Tasche zu stopfen.
„… und den Ausländer zu einem „Geziefer“, den es auszurotten gilt. Sie deklarieren linke und liberale Islamkritiker als „Berufsjuden“ (sic!), und so geht’s weiter in der nach unten offenen – bisher noch verbalen – Schwachsinns- und Gewaltspirale.Manche Blogbetreiber formulieren es etwas vornehmer: Sie raunen von ethnischen und genetischen Defiziten der Afrikaner und dem Rest der Welt, um so die (t)eutsche Überlegenheit herauszukehren. Sie fordern in fast unüberbietbarer Scheinheiligkeit die Hassprediger in den Foren zur „Zurückhaltung“ auf, indem sie ihnen versprechen, dass ein gesellschaftlicher Wandel eintritt, der ihre Mordgelüste irgendwann befriedigen wird, wenn alles „treudeutsch“ abgewickelt sein wird.
Wozu diese hysterische Klimax an Beschuldigungen gut sein soll, dazu komme ich noch. In jedem Fall sind das ungeheuerliche Vorwürfe, zumal wenn sie sich gegen die Blogbetreiber richten, nicht etwa gegen die Kommentatoren.
(Dass es in diversen Kommentarsträngen, etwa von PI, von zornigen Bürgern nur so wimmelt, die einmal Dampf ablassen und auf den Tisch hauen wollen, ist bekannt. Dort wird genau das geschrieben, was an dem vielzitierten „Stammtisch“ des Normalbürgers, nicht etwa des Extremisten, gesagt wird – nur dass es eben nachlesbar ist und bei sensibleren Gemütern zu Ohnmachtsanfällen führt, die sie am Tresen jeder Dorfkneipe aber genauso erleiden würden. Politisch ernstnehmen kann man diese Kommentare allenfalls als Stimmungsbild, nicht als Bekundung irgendeiner Handlungsabsicht. )
Gewisse Leute müssten Kommentarstränge wie den von PI allerdings erfinden, wenn es ihn nicht schon gäbe, weil er die einzige greifbare Möglichkeit darstellt, Islamkritiker zu verleumden. Was Dahlenburg aber über die angebliche Politik von Blogbetreibern schreibt, würde, wenn es zutreffen sollte, mindestens den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Da kann es nicht zu viel verlangt sein, wenn man von ihm erwartet, dass er einen Beleg liefert. Er liefert aber keinen, auch nicht auf meine ausdrückliche Nachfrage. Dasselbe gilt für die folgenden Abschnitte, die ich bloß der Vollständigkeit halber zitiere:
„Sie sprechen niederste Instinkte an, wenn sie in den Foren politische Gegner sophisticated zum ‚physischen Abschuss‘ freigeben und sie lehnen sich genüsslich zurück, wenn die Klicks auf ihrer Webseite zunehmen, obwohl sie genau wissen, dass sie ein ‚Mord(s)geschäft‘ betreiben, das sich über kurz oder lang (vielleicht für sie) auszahlen wird. Sie betreiben Blogs, die sich ‚israelfreundlich‘ gerieren (Hahaha!), aber jeder halbwegs schlaue Mensch erkennt, dass hinter diesen Blogs Antisemiten stecken, die nur so lange still halten, bis ihrer ‚rechten Sache‘ zum Durchbruch verholfen ist.Diese ‚Stolzdeutschen‘ wissen was sie tun und sie spielen damit; sie sind auch noch stolz darauf, wenn sie Menschen gegen Menschen hetzen können, wie es die politische Wetterlage eben hergibt. Im Zweifelsfall – wenn die öffentliche Diskussion zu ihrer Agenda passt, oder die Argumente ausgehen – ist ihr Axiom immer genauso faszinierend blöd wie einfach: ‚Ausländer raus‘, und alle Probleme sind beseitigt.Man könnte fast meinen, dass die alle einen an der Waffel haben.“
Und? Haben sie?
„Sieht man sich jedoch die Klientel, Impressi oder Buchtipps etlicher Blogger dieser Gattung an, vergeht einem schnell das Lachen. Hier tummeln sich Ex-NPD-ler, Schwulenhasser, Antisemiten und Ausländerhasser in einem Pool, der sich jetzt „Pro Köln, pro X-Stadt oder sonst was“ nennt. Diese „Pro’s“ sind nichts Positives für unsere Gesellschaft.“
Ach, daher weht der Wind! Nachdem die Unionsparteien zu Verrätern an allem geworden sind, wofür sie einmal standen, muss um jeden Preis verhindert werden, dass sich rechts von ihnen demokratisch legitimierte Parteien bilden. Und da man die Bildung von Parteien als solchen nicht unauffällig genug unterbinden kann, muss man ihnen wenigstens die demokratische Legitimität streitig machen.
Wenn man bedenkt, dass die sogenannte CSU noch nie Probleme damit hatte, falsch Zeugnis wider ihren Nächsten zu reden, wenn es darum ging, kleine Konkurrenzparteien aus dem Geschäft zu drängen – die Bayernpartei kann bis heute ein Lied davon singen -, dann stellt Dahlenburg sich in eine alte, wenn auch nicht gerade ehrwürdige Tradition dieser Partei.
Ich bin alles andere als ein Experte für die Pro-Parteien. Was ich aber unter anderem weiß, ist, dass dem Hamburger Verfassungsschutz gerichtlich untersagt wurde, die Mutterorganisation „Pro Deutschland“ als rechtsextremistisch zu bezeichnen, und zwar nicht zuletzt mit der bemerkenswerten Begründung, dass etliche der als „extremistisch“ eingestuften Forderungen in Wahrheit Forderungen nach der Durchsetzung geltenden Rechts sind; dass ihr Programm keinerlei verfassungsfeindliche Forderungen enthält, auch nicht verklausuliert, dass sich wirkliche Rechtsextremisten, speziell die NPD, von ihr distanzieren; dass sie ihren Anteil an der Verhinderung eines Moscheebauprojekts in Berlin-Charlottenburg hatte; und dass der von ihr organisierte Anti-Islam-Kongress in Köln im September 2008 mit kriminellen Mitteln und unter kollusiver rechtswidriger Mitwirkung des Staates verhindert wurde.
Viel Aufhebens wird um die Tätigkeit von ehemaligen NPD-Mitgliedern gemacht. Trotz verzweifelter Bemühungen konnten freilich selbst eingefleischte Gegner der Pro-Parteien nur sehr wenige frühere NPD-Mitglieder ausmachen und mussten sich daher mit ehemaligen „Republikanern“ begnügen. Was entschieden weniger sexy ist. Bleiben wir aber bei den Ex-NPD_Leuten: Ich kann nicht erkennen, dass die Tätigkeit von Ex-NPD-Mitgliedern in einer Splitterpartei so viel gefährlicher sein soll als die Tätigkeit von Ex-K-Gruppen-Funktionären und Ex-linksradikalen Gewalttätern in den höchsten Ämtern unseres Staates; ich kann nicht erkennen, warum deren demokratische Wandlung so viel glaubhafter sein soll als die von Ex-NPDlern.
Wenn ich meinen Gesamteindruck aus den Publikationen dieser Partei (bzw. der Pro-Parteiengruppe) zusammenfassen soll, so lautet er, dass es sich um eine deutschnationale Partei mit traditionellen Wertorienterungen handelt, die sich schlimmstenfalls im Sinne meines gleichnamigen Artikels in einer Grauzone bewegt. Dass es sich aber um eine Partei mit rechtsextremistischer, verfassungsfeindlicher Agenda handeln soll, dafür sehe ich nicht die geringsten belastbaren Indizien!
Wer aber behauptet, eine legale Partei sei verfassungsfeindlich, muss es beweisen, mindestens aber belegen können! Dahlenburg kommt über die bloße Behauptung nicht hinaus.
„Sie sind etwas pervers Negatives und zerstören jegliche seriöse Bemühung, sich mit dem Islam ernsthaft auseinanderzusetzen.“
Ich persönlich setze mich sehr ernsthaft mit dem Islam auseinander und kann nicht bestätigen, dass die Pro-Parteien mich dabei schon einmal gestört hätten. Wenn man freilich unter „seriösen“ Bemühungen, „sich mit dem Islam auseinanderzusetzen“ bloß solche versteht, bei denen die eigene Kultur und Nation umgotteswillen nicht als positiver Wert erscheinen und der Islam als solcher als Ursache von Integrationsdefiziten nicht benannt werden darf – ja, dann, aber eben nur dann, sind solche Parteien sicherlich ein Hindernis.
„Sie sind primitiv und von gestern.Ignoriert diese Leute endlich und gebt ihnen die rote Karte.“
Es wird Dahlenburgs Geheimnis bleiben, wie man jemanden gleichzeitig ignorieren und ihm die rote Karte zeigen kann, und wie man einer Partei die rote Karte zeigt, die noch gar nicht auf dem Platz (weil in keinem Parlament vertreten) ist.
Ich kommentierte dann Dahlenburgs Artikel wie folgt:
„Ross und Reiter zu nennen und die eigenen Behauptungen mit Argumenten zu belegen hätte der Glaubwürdigkeit dieses Beitrags bestimmt nicht geschadet. Nein, Dahlenburg, Sie sind nicht antideutsch. Sie haben ein Problem mit der Meinungsfreiheit.“
Ich erhielt die denkwürdige Antwort:
„Erstens: Ich habe mich bewusst mit der Nennung Einzelner zurückgehalten, weil ich auf eine weithin verbreitete Tendenz aufmerksam machen wollte. Ist Ihnen das beim Lesen entgangen?“
Keineswegs, im Gegenteil: Gerade eine weit verbreitete Tendenz müsste sich doch spielend mit Beispielen belegen lassen, wenigstens auf Anfrage.
„Außerdem liegt mir nichts dran, ellenlange Listen auszuhängen.“
Eine kurze Liste hätte vollauf genügt. Im übrigen wird es schwierig sein, die quantitative Verbreitung dieser oder jener politischen Richtung in der Blogosphäre zu ermitteln. Eine qualitative Analyse aber, das heißt eine klare Benennung der in seinen Augen rechtsextremen Denkfiguren und Argumentationsstrategien, damit der Leser prüfen kann, ob das, was Dahlenburg für rechtsradikal – pardon: für „rechtsdeutsch“ und „stolznational“ – hält, wirklich verfassungsfeindlich ist –, und die belegt mit konkreten Beispielen, das wäre das Allermindeste gewesen.
„Zweitens brauche ich nicht den Beweis dafür zu erbringen, dass meine Thesen stimmen, weil ein Blick in diverse Foren und die Analyse von vielen Beiträgen genügt.“
Was ist denn das für eine Logik? Wenn der Blick in „diverse“ (nochmal: welche?) Foren und die Analyse von vielen (welchen?) Beiträgen genügt, dann ist das ein Argument dafür, dass es ganz einfach sein müsste, den Beweis zu erbringen, aber doch nicht dafür, dass es nicht erforderlich wäre.
Ich habe für meine Blogroll sehr viele Blogs und Foren unter die Lupe genommen, und kann nicht bestätigen, dass die Überschneidungszonen zwischen Islamkritik und Rechtsextremismus sehr breit wären. Die sehr wenigen Ausnahmen – etwa das Patriotische Forum Süddeutschland – bestätigen nur die Regel. Die deutlich proisraelische und antisemitismusfeindliche Gesamttendenz der islamkritischen Blogosphäre wirkt offenbar als wirksamer Filter, der Nazis draußenhält.
Womit klar sein dürfte, warum Dahlenburg unter gar keinen Umständen zugeben kann, dass „Blogs, die sich ‚israelfreundlich‘ gerieren (Hahaha!)“ genau das sein könnten: israelfreundlich.
Die Unterstellung, dass „hinter diesen Blogs Antisemiten stecken, die nur so lange still halten, bis ihrer ‚rechten Sache‘ zum Durchbruch verholfen ist“, ist als rhetorisches Mittel umso praktischer, als niemand, am wenigsten die Betroffenen selbst – und wir wissen immer noch nicht, um wen es sich eigentlich handeln soll – sie widerlegen kann. Folgerichtig lautet sein Verständnis eines rationalen Diskurses:
„Die Beweisführung muss aber umgekehrt werden: Zeigen Sie mir mal, dass das von mir beschriebene Phänomen nicht(!) existiert.“
Wenn ich Bernd Dahlenburg einen Kinderschänder nennen würde und von ihm verlangte, mir zu beweisen, dass er das nicht ist, so würde man ein solches Vorgehen zu Recht hochgradig unfair nennen. Genau dieses Vorgehen, nämlich die demagogische, verleumderische, völlig aus der Luft gegriffene Unterstellung, ist Dahlenburgs Methode der politischen Auseinandersetzung.
„Ich meine nicht Ihren Blog, keine Sorge.“
Oh, diese Sorge hatte ich schon deshalb nicht, weil Dahlenburg es generell und mit Methode vermeidet, konkrete Personen zu bezichtigen. Außerdem bereitet es mir keine Sorgen, wenn er sich lächerlich macht.
Er sagt nicht konkret, wen er eigentlich meint, aber er konkretisiert doch hinreichend, wen wir verdächtigen sollen: Nämlich jeden Islamkritiker, der „rechtsdeutsch“ und „stolznational“ ist. Indem er auf diese Weise mithilfe bloßer Spekulationen einen Verdacht streut, für den er genausowenig geradezustehen gedenkt wie ein anonymer Denunziant, zieht er die Verfassungstreue einer ganzen politischen Richtung in Zweifel. Mehr noch: Da er sie geradezu als eine Bewegung von Massenmördern im Wartestand darstellt, muss sich jedem Leser, der dies glaubt, der Gedanke aufdrängen, gegenüber Islamkritikern, sofern sie obendrein Patrioten sind, dürfe es keine Toleranz geben. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, dass solche Unterstellungen, noch dazu wenn sie mit einem solchen Maß an demagogischer Tücke unter die Leute gebracht werden, etwas anderes bezwecken können, als das Recht auf freie Meinungsäußerung zur Disposition zu stellen.
Die Wirkungsweise gerade dieser Strategie, einer besonders miesen Variante linken Herrschaftsdiskurses, zielt vor allem auf einen Distanzierungseffekt ab: Unter der Herrschaft des Gerüchts und des Verdachts gilt die Beweislastumkehr, die Dahlenburg uns soeben vorgeführt hat:
Wer der Denunziation als Rechtsextremist entgehen will, muss sich von allem distanzieren, was die Priesterschaft der Political Correctness als „rechtsextrem“ gebrandmarkt hat, und zwar nach Kriterien, die sie willkürlich und nach Maßgabe der politischen Opportunität wechselt. Es handelt sich um linken McCarthyismus.
In „Der kalte Staatsstreich“ habe ich anhand des Verlaufs des Kölner Anti-Islamisierungs-Kongresses dargestellt, wie die politische Linke und ihre Vertreter in Politik, Medien und Verwaltungen systematisch die rechtsstaatlichen Sicherungen bürgerlicher Freiheitsrechte umgehen, um das Grundgesetz nach und nach zu entkernen, bis nicht mehr als eine Potjomkinsche Verfassungsfassade übrigbleibt.
Hier sehen wir nun denselben Vorgang auf der Ebene des politischen Diskurses: Die Regeln und Gesetze, die hier umgangen werden, sind die des rationalen Argumentierens. Es geht nicht um Überzeugung – wozu man sich auf Argumente, Tatsachen, Beweise, Logik stützen müsste. Es geht um Einschüchterung und Erpressung. Es geht um Verleumdung. Es geht darum, den Andersdenkenden zum Schweigen zu bringen. Es geht, mit einem Wort: um Herrschaft.
Mit Freiheit, Demokratie und Toleranz hat all dies selbstredend nichts zu tun, jedenfalls nicht im Sinne unserer verfassungsmäßigen Ordnung. Diese ist ein System, in dem die bürgerlichen Freiheiten gelten, die vom Staat geschützt werden, in die auch nur er selbst eingreifen kann, und zwar nach Maßgabe von materiellen und Verfahrensnormen, einen Missbrauch dieser Eingriffsbefugnisse durch rechtliche Kontrolle verhindern.
Die politisch korrekte Linke dagegen versteht darunter ein System von Selbstermächtigungen „guter“ Menschen – in Wahrheit natürlich solcher, die sich bloß dafür halten -, „böses“ Gedankengut zu bekämpfen, und die sich dabei höchstens selber kontrollieren. Nochmal Dahlenburg:
„Drittens: Das ‚Argument‘, ich hätte etwas gegen Meinungsfreiheit, ist geradezu haarsträubend,…“
Es darf gelacht werden.
„…wenn Sie ein paar Proben von dem lesen, was ich schreibe. Ich kenne diese ‚Argumente‘, weiß, wie sie motiviert sind und kann sie richtig bewerten. (…)“
Mit anderen Worten: Es kommt nicht darauf an, ob Argumente richtig oder falsch sind, es kommt darauf an, „wie sie motiviert sind“, also von den politischen Werten und Zielen dessen, der sie vorbringt. Aber sonst hat er nichts gegen die Meinungsfreiheit.
Es liegt auf der Hand, dass ein solches linkes „Demokratieverständnis“ mit verfassungmäßigen Normen kollidieren muss. Genau deswegen muss die Verfassung ja auch unterlaufen und umgangen werden. So wie in Köln geschehen:
„Wenn Sie allerdings meine Haltung gegenüber Pro Kön als Angriff auf die Meinungsfreiheit deuten sollten, bräuchten wir nicht weiter miteinander zu reden.“
In der Tat: Ich sehe nicht ein, warum ich mit Leuten reden sollte, die sich an der Zerstörung der freiheitlichen Demokratie beteiligen.
Man sollte sich nicht von Dahlenburgs Behauptung irritieren lassen, er sei CSU-Mitglied. Sollte er das wirklich nominell sein, dürfte er jedenfalls wenig Rückhalt in der Partei haben.
Selbst wenn die CSU längst aufgehört hat, eine glaubwürdige Sachwalterin abendländischer Werte zu sein, so bleiben doch parteitypische Milieus über lange Zeit erhalten. Es gibt in jeder Partei bestimmte Mentalitäten, bestimmte Arten, sich zu geben, eine bestimmten Habitus, eine bestimmte Sprache. Da ich aus Bayern stamme, kenne ich die Mentalität von CSU-Leuten ganz gut. Und da ich außerdem von der politischen Linken stamme, kenne ich auch die dort vorherrschenden Mentalitäten. Lassen wir mal ein paar Dahlenburg-Sprüche Revue passieren:
„Rechtsdeutsch … Stolznationale … (t)deutsche Welt…wie Europa doch endlich zu einem ‚rechten‘ Kontinent mutieren soll… an ein Miteinander zwischen Kulturen denken … wenn alles ‚treudeutsch‘ abgewickelt sein wird … ihr Axiom immer genauso faszinierend blöd wie einfach: ‚Ausländer raus’…“
Das ist doch nie und nimmer die Sprache eines CSU-Mannes! Es ist auch nicht die Sprache eines ex-linken Konvertiten zum Konservatismus, wie ich einer bin. (So einer würde konservatives Gedankengut vielleicht kritisieren, aber nicht verleumden.). Nein, das ist eindeutig linke Sprache und linkes Denken, durch keinerlei selbstkritischen Zweifel gemildert.
Allein die Häufigkeit, mit der das Wort „deutsch“ als abwertende Bezeichnung für alles Mögliche verwendet wird, zeigt, dass der Verfasser solcher Zeilen mit dem CSU-Milieu denkbar wenig zu tun haben kann. Einer christlichen Partei, deren Vorsitzender uneheliche Kinder in die Welt setzt, muss man zwar allerhand zutrauen, aber nicht, dass sie akzeptiert, wenn eine Nationalitätsbezeichnung, noch dazu die des eigenen Volkes, offenbar gewohnheitsmäßig in der Manier von Rassisten als Schimpfwort gebraucht wird.
Nein, wer so redet, ist politisch im antideutschen Milieu zu verorten. Dass Dahlenburg gerade dies vehement abstreitet (und zwar bevor es ihm überhaupt einer unterstellen konnte!), kann man getrost als Lüge abtun.