Keine falschen Zitate bitte – auch nicht über Kaufhold!

Der zweiten Kandidatin der SPD für das Amt einer Richterin am Bundesverfassungsgericht, Ann-Katrin Kaufhold, wird im Internet fälschlicherweise das Zitat zugeschrieben:

Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.

Frau Kaufhold hat viel Skandalöses gesagt, zum Beispiel ein Verbot der AfD (also der praktisch einzigen Oppositionspartei im Bundestag) befürwortet und empfohlen, politische Agenden in Gerichten und Zentralbanken zu institutionalisieren und damit dem Zugriff des Souveräns zu entziehen – aber das obige Zitat stammt NICHT von ihr.

Quelle des Zitats ist vielmehr das Papier „Smart City Charta – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) aus dem Jahr 2017.

Eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Dirk Spaniel aus dem Jahr 2021, ob sich die Bundesregierung die oben zitierte Aussage zu Eigen mache, wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär Volkmar Vogel wie folgt beantwortet:

Das Zitat ist falsch. Es stammt aus einem Impuls des finnischen Thinktanks „Demos“. Sein Mitgründer Roope Mokka zeigte denkbare Pfade der Digitalisierung und ihrer Wirkung auf Demokratie auf. Dabei wies er auch auf Gefahren hin. Die Smart City Charta selbst positioniert sich eindeutig gegen ein solches Szenario. Die Aussage ist nicht in der Smart City Charta, sondern in ihrem Anhang, der den Erarbeitungsprozess dokumentiert.

Was natürlich bedeutet, dass das Zitat alles andere als falsch ist. Die Impulsreferate waren vielmehr als Diskussionsgrundlagen für die nachfolgende Erarbeitung der Charta gedacht. Und auch die Behauptung, der Referent habe auf Gefahren hingewiesen oder hinweisen wollen, ist eine bestenfalls gewagte Interpretation seiner Ausführungen.

Allein die Tatsache,

• dass in einem solchen Diskussionszusammenhang – im Verantwortungsbereich der Bundesregierung –

• der Gedanke geäußert werden kann, die Demokratie als „gesellschaftliche[s] Feedbacksystem [zu] ersetzen“

• und dieser Gedanke auf der Website eines Bundesministeriums ohne erkennbare Distanzierung veröffentlicht werden

• und dort mindestens vier Jahre lang stehenbleiben konnte,

spricht Bände über den demokratiefeindlichen technokratischen Geist, der in den sogenannten Funktionseliten unseres Landes und sogar in der Regierung herrscht. Die lauwarme Distanzierung erfolgte erst, als die Regierung durch einen AfD-Abgeordneten (Parlamentarier der Altparteien sind wohl schon zu abgestumpft) mit kritischem Tenor danach gefragt wurde.

Leider – oder sollte man sagen: bezeichnenderweise? – ist besagtes Papier auf der Website des Ministeriums heute nur noch ohne diesen Anhang abrufbar.

Gücklicherweise gibt es aber die Wayback Machine, die die ursprüngliche Fassung gespeichert hat. Dort kann sie nach wie vor heruntergeladen werden:

https://web.archive.org/web/20230906044913/https://www.smart-city-dialog.de/wp-content/uploads/2020/03/Langfassung-Smart-City-Charta-2017.pdf

Das obige Zitat befindet sich auf Seite 43.

Kleine Hartlagebesprechung 11.07.2025: Brosius-Gersdorf verhindert – ein Etappensieg

Die SPD-Kandidatin für das Amt einer Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf ist heute im Bundestag schon gescheitert, bevor die Wahl überhaupt durchgeführt werden konnte. Die Wahl insgesamt wurde verschoben, und es ist unwahrscheinlich, dass die Dame noch einmal nominiert wird.

Das ist eine gute Nachricht für die freiheitliche Demokratie, und doch ist es bestenfalls ein Etappensieg, wie es auch die Aufhebung des Compact-Verbots ist. Dass und warum das so ist, und warum die BRD sich nach wie vor auf einer abschüssigen Bahn in den Totalitarismus befindet, erläutere ich in diesem Video.

Manfred Kleine-Hartlage, Der kalte Staatsstreich. Wie Faeser & Co. das Grundgesetz demolieren. Tredition, 148. S. Softcover, 15,90

Dieses Thema behandle ich ausführlich auch in meinem Buch „Der kalte Staatsstreich. Wie Faeser & Co. das Grundgesetz demolieren“  Dieses Buch ist nach wie vor aktuell – leider. Denn weder das politische Ende von Nancy Faeser noch die Aufhebung des Compact-Verbots sind ein Grund zur Entwarnung. Bei der Aufnahme des Videos gab es technische Probleme. Wer die Tonqualität unzureichend findet – oder sowieso lieber liest – kann auch das folgende Transskript lesen:

 

 

 

 

 

 

Guten Tag allerseits. Der heutige 11. Juli 2025 war bekanntlich sehr ereignisreich, und das gibt mir Gelegenheit zu einer neuen Kleinen Hartlagebesprechung.

Bekanntlich ist heute die Kandidatin der SPD für das Amt einer Bundesverfassungsrichterin, Frauke Brosius-Gersdorf, vom Bundestag nicht zur Wahl angenommen worden. Die gesamte Richterwahl ist verschoben worden, und es deutet alles darauf hin, dass Frau Brosius-Gersdorf nicht noch einmal aufgestellt werden wird. Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht, weil diese Dame Positionen vertritt, die man mindestens als sehr weit links stehend, wenn nicht als linksextrem bezeichnen muss.

Das heißt, der Umwandlung des Bundesverfassungsgerichts in eine linke Ideologieinstitution ist zunächst mal ein Riegel vorgeschoben worden. Das ist eine gute Nachricht, aber sie enthält einige Wermutstropfen.

Der erste besteht darin, dass diese Nominierung letztlich an den Lebensschützern in der CDU gescheitert ist, den Christen in der CDU – gegen die ich überhaupt nichts habe und gegen deren Anliegen ich schon gar nichts habe, die ich vielmehr teile. Aber selbst dies wurde von der CDU nicht zugegeben, sondern man nutzte die Hintertür eines relativ dubiosen Plagiatsvorwurfs, um der SPD zu signalisieren, dass man die von ihr benannte Kandidatin nicht wählen würde.

Ich möchte kurz auf diesen Plagiatsvorwurf eingehen: Es ist wohl so, dass zwischen der Arbeit von Frau Brosius-Gersdorf und der Habilitation ihres Ehemannes große Parallelen zu erkennen sind. Der Punkt ist aber, dass die Habilitation des Ehemannes von Herrn Brosius-Gersdorf erst nach der Dissertation seiner Frau geschrieben worden ist. Also es sieht eher so aus, als hätte er von ihr abgeschrieben als sie von ihm. Das alles hätte man natürlich im Vorfeld klären müssen. Es ist nicht unbedingt ganz klar, ob es dieses Plagiat gegeben hat. Wenn es das gegeben haben sollte, würde es die Dame natürlich disqualifizieren als Verfassungsrichterin.

Nur: Das was sie inhaltlich vertritt, das hätte sie erst recht disqualifizieren müssen. Frau Brosius-Gersdorf hat zwar nicht explizit gesagt, dass Abtreibungen bis zum 9. Monat möglich sein sollen. Aber sie hat eine Rechtstheorie vertreten, die der gefestigten ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ins Gesicht schlägt. Sie hat die Menschen aufgeteilt in richtige Menschen, für die die Menschenwürde gilt, und bloße „Angehörige der Spezies Mensch“, für die sie nicht gilt. Man muss sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was das impliziert:

Das erstreckt sich dann nämlich, zumal wenn es mit einigen anderen Theorien einhergeht, nicht nur auf ungeborene Babys, was schlimm genug ist, sondern es kann irgendwann auch mal zum Ausgangspunkt genommen werden, zu sagen, jemand habe seine Menschenwürde verwirkt, er sei bloß noch ein „Angehöriger der Spezies Mensch“. Also solche Denkweisen öffnen totalitären Ideologien und Systemen Tür und Tor. Es ist überhaupt nicht vereinbar mit dem Grundgesetz, und deswegen hätte eine solche Person überhaupt nicht erst nominiert werden dürfen.

Ihr nicht dies zum Vorwurf zu machen – was die CDU hätte tun sollen, sie hätte sagen können, wir können eine solche Kandidatin nicht wählen, und war ein Fehler, dass wir das nicht früher bemerkt haben – sondern sie abzulehnen wegen mehr oder weniger dubioser Plagiatsvorwürfe, war ein Armutszeugnis.

Das ist von der Prioritätensetzung her ungefähr so, als würde man einen Einbrecher verhaften nicht wegen des Einbruchs, sondern weil er während der Tat seinen Wagen falsch geparkt hat. Hier sind die Prioritäten vollkommen verschoben worden. Die CDU hat die Möglichkeit versäumt, einmal wenigstens einen klaren Wertestandpunkt zu beziehen und zu sagen, was sie sich nicht abhandeln lässt.

Und diese Möglichkeit hat sie wie immer versäumt. Das heißt, es ist durchaus möglich und ich werde noch darauf zurückkommen, dass die nächste Kandidatin der SPD oder der nächste Kandidat der SPD ähnlich fragwürdige Thesen vertritt, dann aber von der CDU nicht abgelehnt werden kann, weil er zum Beispiel nicht plagiiert hat und auch sonst keinen Wagen falsch geparkt hat. Das ist das eine.

Das zweite, diese Auffassung zur Menschenwürde ist ja nur ein Punkt, der bei dieser Dame fragwürdig ist. Sie hat auch in der Corona-Krise ganz vehement eine Impfpflicht für alle Bürger befürwortet, was nichts anderes bedeutet, als dass die Bürger das Selbstbestimmungsrecht über ihren eigenen Körper verlieren sollten, um sich einen Stoff spritzen zu lassen, der nicht hinreichend getestet ist, dessen Anwendung also auf einen massenhaften Menschenversuch, die ersten verpflichtenden medizinischen Menschenversuche seit den Experimenten der Nationalsozialisten hinauslief.

Auch dies ist nicht hinterfragt worden von der CDU, obwohl ein derart autoritäres Staatsverständnis – wenn man das mal ganz freundlich formuliert – in einer liberalen und demokratischen Ordnung und vor allem in der Ordnung des Grundgesetzes überhaupt nichts zu suchen hat. Eine solche Person, die dergleichen fordert, steht schon deshalb mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß. Und dann kommt dazu, dass diese Frau allen Ernstes immer noch ein AfD-Verbot fordert, was nicht nur mit ihrer künftigen Position als Bundesverfassungsrichterin insofern kollidiert, als sie damit ja bereits ihre Voreingenommenheit und Befangenheit öffentlich zu Protokoll gegeben hat, sondern auch damit kollidiert, dass ja soeben erst der Verfassungsschutz krampfhaft versucht hat, Voraussetzungen für ein Verbot zusammenzutragen und nichts als heiße Luft produziert hat.

Das war letztlich nur eine Zitatenkollage ohne jede juristische Relevanz. Es war einfach nur ein Dokument, das besagt, dass die AfD dem herrschenden Parteienkartell ideologisch natürlich missliebig ist. Und daraus wollte man dann ein ideologisch fundiertes Verbot, eine ideologisch fundierte Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD stricken.

Der Verfassungsschutz kann natürlich machen, was er will. Als regierungsabhängige Behörde wird er das tun, was die Regierung ihm aufträgt. Aber das Bundesverfassungsgericht hat gerade in puncto Parteienverboten eine sehr lange Tradition und eine gefestigte Rechtsprechung am Beginn mit dem KPD-Urteil von 1956, in dem ganz klare Kriterien aufgestellt worden sind, wann eine Partei als verfassungsfeindlich zu gelten hat.

Und kein einziges dieser Kriterien erfüllt die AfD. Wenn dann eine Frau in Kenntnis dieser Sachlage sagt, ja, die muss aber trotzdem verboten werden, dann heißt das, dass nach dem Willen solcher furchtbarer Juristen in Karlsruhe nicht nach Recht und Gesetz, sondern nach Ideologie und politischer Zielsetzung entschieden werden soll. Und dies ist überhaupt nicht mit der Ordnung des Grundgesetzes vereinbar – auch wenn es in der Rechtsprechung zunehmende Tendenzen gibt, genau solche Maßstäbe anzulegen.

Der nächste Punkt, warum es sich um einen bitteren Sieg für die Demokratie handelt, ist, dass diese Person überhaupt für diese Position vorgeschlagen wurde, obwohl sie offensichtlich verfassungswidrige Forderungen erhebt. Ich möchte eins ganz klarstellen, was ich auch immer vertreten habe:

Jeder Bürger darf verfassungswidrige Forderungen erheben. Das ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das Bundesverfassungsgericht, und auch darauf werde ich noch zurückkommen, hat hier eine ganz klare Rechtsprechung, übrigens auch im Hinblick auf die Pressefreiheit – die gilt uneingeschränkt auch für Verfassungsfeinde.

Erst wenn jemand die Institutionen angreift oder zerstört oder missachtet oder kompromittiert, die sicherstellen sollen, dass die verfassungsmäßige Ordnung erhalten bleibt, erst dann kann man ihn einen Verfassungsfeind nennen. Wenn ich jetzt bedenke, dass Organisationsverbote nicht nur im Hinblick auf die Compact, sondern auch auf andere Organisationen wegen bloß angeblich verfassungswidriger Forderungen im Raum stehen, obwohl private Organisationen, wie gesagt, das ohne weiteres dürfen, dann ist erst recht zu fragen, wie es sein kann, dass eine Person, die so etwas tut, in eine staatliche Position, in eine justizielle Position gehievt werden soll, in der sie ja tatsächlich das Institutionengefüge des demokratischen Rechtsstaats untergraben und kompromittieren kann.

Das ist das Problem des gesamten Parteienkartells. Dass zum Beispiel die SPD eine solche Frau nominiert, das wäre noch vor 20 Jahren in dieser Form nicht denkbar gewesen.

Heute ist es geradezu der Normalfall und die CDU, wie gesagt, hat zwar die Kandidatin abgelehnt, aber aus Gründen, mit denen sie eher unterstrichen hat, dass sie der schleichenden Demontage unserer verfassungsmäßigen Rechtsordnung nicht entgegenzutreten gedenkt. Es wäre auch merkwürdig, sie hat ja selber genug getan, um diese Ordnung zu untergraben.

Und der dritte Punkt, an dem man richtige Bauchschmerzen haben muss, trotz des Zwischenerfolges, der heute errungen worden ist, ist, dass die andere linke Kandidatin, Ann-Kathrin Kaufhold, voraussichtlich durchgewunken werden wird, obwohl sie als Klimaaktivistin die Rechtsauffassung geäußert hat, da Regierung und Parlament sich als unfähig erwiesen hätten, dem angeblich drohenden Klimakollaps wirksam entgegenzutreten. Deswegen müssten andere unabhängige Instanzen einen Teil der Entscheidungsbefugnisse von Parlament und Regierung bekommen, also zum Beispiel Gerichte oder Zentralbanken.

Das heißt, die Tendenz zur Selbstermächtigung der Justiz, auch des Bundesverfassungsgerichts, die wir im Klimaurteil schon deutlich gesehen haben, wäre noch mal deutlich verstärkt worden. Was hier stattfindet, ist eine Entkernung der Demokratie, eine Kastration des Wählers in seiner Eigenschaft als Souverän dieses Staates.

Dass wir faktisch in vieler Hinsicht von wirklich demokratischen Verhältnissen weit entfernt sind, ist korrekt, ändert aber nichts daran, dass es im Prinzip noch möglich ist, diese Fehlentwicklung umzukehren und den Souverän wieder in seine Rechte einzusetzen. Wenn das aber erst mal so gemacht wird, dass irgendwelche nicht gewählten Instanzen die wesentlichen Entscheidungen treffen und auch auf einen bestimmten Kurs festgelegt sind, der unbedingt durchgesetzt werden muss, indem also institutionell ein Programm institutionalisiert wird, das dann dem Willen des Gesetzgebers enthoben ist, dann hört ein Staat, der solches praktiziert, nicht nur in dem Maße, wie er es praktiziert, auf, eine Demokratie zu sein, er hört auch auf, ein lernfähiges System zu sein. Er ist dann nicht mehr in der Lage, auf neue Erkenntnisse adäquat zu reagieren, weil ja eben alles schon institutionell festgelegt ist, was er zu tun hat.

Der andere Punkt, der an dieser Kandidatin kritisiert worden ist, ist ihre Haltung zu Enteignungen. Sie war in Berlin Teil einer Kommission, die die Möglichkeit von Enteignungen von Wohnungsbauunternehmen prüfen sollte und hat diese Möglichkeit bejaht, im Gegensatz zu anderen auch von der SPD nominierten Juristen, die dies als verfassungswidrig bezeichnet haben.

Hier muss man natürlich eins sagen: Selbst wenn man diese sehr lockere sozialistische Haltung gegenüber Enteignungen kritisiert, sind Enteignungen zum Wohle der Allgemeinheit – was immer das konkret sein mag – im Grundgesetz grundsätzlich zulässig.

Das ergibt sich aus Artikel 14 und Artikel 15 des Grundgesetzes. Also man kann jetzt nicht sagen, weil jemand Enteignungen generell für zulässig hält, deswegen ist er ein Verfassungsfeind, das ist er jedenfalls nicht automatisch. Und selbst wenn einer sich im Einzelfall irrt, hat er noch nicht das Institutionengefüge untergraben, auf dem der demokratische Rechtsstaat basiert. Es wäre ja nur noch möglich, mit rechtlichen Mitteln gegen eine rechtswidrige Enteignung vorzugehen.

Aber wenn man dagegen die Entscheidungsbefugnis, die politische Entscheidungsbefugnis über politisch relevante Sachverhalte aus den Händen der gewählten Institutionen nimmt und sie nichtgewählten Instanzen, die dann mit einem Dauermandat ausgestattet werden, überträgt, dann verändert man die Grundstruktur der verfassungsmäßigen Ordnung. Man wälzt sie geradezu um. Man legt die Abrissbirne an die Architektur unserer Verfassung. Und das ist der entscheidende Punkt, der meines Erachtens bei den Betrachtungen oder bei der Kritik an Frau Kaufhold viel zu wenig beachtet worden ist. Also auch hier haben wir es mit einer Kandidatin zu tun, die sich nicht ganz so provokant geäußert hat wie ihre Kollegin Brosius-Gersdorf, die aber trotzdem Positionen vertritt, die mit der langen, gefestigten Rechtsprechung des  Bundesverfassungsgerichts herzlich wenig zu tun haben und auch mit der Ordnung dieses Staates, mit der verfassungsmäßigen Rechtsordnung herzlich wenig zu tun haben, sondern auf deren Entkernung hinauslaufen.

Überhaupt ist die missbräuchliche Delegation von Entscheidungsbefugnissen der nationalen Regierung und des nationalen Gesetzgebers an nichtgewählte Instanzen mittlerweile Gang und Gäbe. Es geht also nicht nur um die Vorschläge von Frau Kaufhold, da bestimmte Gerichte oder die Zentralbank oder welche nicht gewählten Institutionen auch immer zu betrauen. Das ist ja im Prinzip gar nichts Neues und wird ungeachtet ihrer Wahl oder Nichtwahl weitergehen.

Die Nichtwahl von Frau Brosius-Gersdorf als einer der beiden deutlich linken Kandidatinnen ist insofern einer jener Gerade-noch-Siege der demokratischen Ordnung, wie es auch die Aufhebung des Compact-Verbots war.

Diese Siege zeichnet sich dadurch aus, dass die Flut der totalitären Anmaßungen der politischen Klasse zwar an einem ganz bestimmten Punkt scheitert, weil sozusagen ein Fels dieser Flut im Weg liegt, der sich nicht einfach wegspülen lässt, der aber dann einfach umspült wird. Das heißt, er bleibt als solcher stehen, aber alles, was dahinter ist und was er eigentlich schützen sollte, das wird trotzdem weggeschwemmt.

Dieser Fels waren im Fall der Causa Brosius die Christen in der CDU, die aber trotz ihres Erfolgs kein explizites Bekenntnis der CDU zur Menschenwürde auch des ungeborenen Lebens und auch keine Verurteilung der demokratiefeindlichen oder doch demokratierelativierenden Grundausrichtung der beiden Kandidatinnen erreicht haben, wobei man eben bei den konservativen Christen in der CDU auch befürchten muss, dass viele von ihnen dieses Thema gar nicht erst auf dem Schirm hatten.

Hätte nicht diese Kandidatin Brosius-Gersdorf, gerade diesen hochemotional besetzten Punkt des ungeborenen Lebens berührt, sondern nur andere Aspekte der freiheitlichen und demokratischen Rechtsordnung, dann hätten wahrscheinlich auch die Christen in der CDU kein Problem damit gehabt, diese Dame zu wählen. Im Fall der Causa Brosius waren es also die Christen, die der eben angesprochene Fels waren.

Im Fall des Compact-Verbots, das vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben worden ist, war es die Angst des Bundesverwaltungsgerichts, dass sein Urteil in Karlsruhe vom Bundesverfassungsgericht komplett gekippt werden könnte – und dann nicht nur das Verbot vom Tisch wäre, sondern auch zum Beispiel die im Urteil festgehaltene Anschwärzung von Martin Sellner, der sich dagegen nicht wehren konnte, weil er ja kein Prozessbeteiligter war und deshalb auch keine prozessualen Rechte gelten machen konnte. Und seines Remigrationskonzepts, das gar nicht zur Debatte stand und auch nicht inhaltlich wirklich untersucht wurde, sondern nur auf der Basis der Behauptungen, der Falschbehauptungen des Bundesinnenministeriums in einer Weise qualifiziert werden konnte, die jetzt natürlich in propagandistisch gegen Sellner ausgeschlachtet werden kann.

Und was das Bundesverwaltungsgericht mit Sicherheit auch vermeiden wollte, war, dass die Möglichkeiten, Zeitungen über das Vereinsrecht wegen angeblicher Verfassungsfeindlichkeit verbieten zu können, dass diese Möglichkeit vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden wäre. Und sie wäre mit Sicherheit kassiert worden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in jahrzehntelanger Rechtsprechung immer wieder klargemacht, dass die Meinungs- und Pressefreiheit auch nicht von der ideologischen Ausrichtung der Grundrechtsträger abhängig ist.

Es hat ausdrücklich gesagt, dass sogar wirkliche Verfassungsfeinde dieses Recht uneingeschränkt genießen. Unter anderem 2015 in einem Urteil zu Gunsten von Netzradio Germania, das man, glaube ich, ohne jemandem Unrecht zu tun, einen wirklichen Neonazi-Sender nennen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat damals zu Gunsten dieses Senders geurteilt, ich zitiere:

„Die mögliche Konfrontation mit beunruhigenden Meinungen, auch wenn sie in ihrer gedanklichen Konsequenz gefährlich und selbst wenn sie auf eine prinzipielle Umwälzung der geltenden Ordnung gerichtet sind, gehört zum freiheitlichen Staat. Der Schutz vor einer ‚Vergiftung des geistigen Klimas‘ ist ebenso wenig ein Eingriffsgrund wie der Schutz der Bevölkerung vor einer Kränkung ihres Rechtsbewusstseins durch totalitäre Ideologien …“

Also diese Rechtsprechung ist so eindeutig, dass das Bundesverfassungsgericht seine ganze bisherige Rechtsprechung über den Haufen hätte werfen müssen, um das Compact-Verbot aufrechtzuerhalten. Das hätte es auf keinen Fall getan.

Das wusste auch das Bundesverwaltungsgericht. Es hat das Compact-Verbot aufgehoben, aber eben nicht mit der Begründung, die eigentlich fällig gewesen wäre, dass es auf die eventuelle Verfassungsfeindlichkeit – oder vielmehr die angebliche Verfassungsfeindlichkeit – der Compact überhaupt nicht ankommt, weil es in einem freiheitlichen Staat darauf gar nicht ankommen kann, sondern mit der Begründung, ganz so verfassungsfeindlich sei sie ja noch nicht und deswegen müsse man sie nicht verbieten. Damit ist der Gang nach Karlsruhe vermieden worden.

Und damit hängt das Damoklesschwert eines Verbots weiterhin über Presseorganen, über Medien und natürlich erst recht über Organisationen, die sich nicht auf die Pressefreiheit im Sinne von Artikel 5 des Grundgesetzes berufen können, weil sie eben keine Presseorgane und keine Medienorgane sind. Das heißt, mit der Aufhebung des Compactverbots ist die Pressefreiheit nur vorläufig und in eingeschränkter Weise und nur soweit gerettet worden – das ist der nächste Punkt –, wie innenstaatliche Instanzen damit befasst sind.

Um wieder auf den berühmten Fels zurückzukommen, der umspült wird und deswegen zwar selber stehen bleibt, aber nicht das Zerstörungswerk der Flut insgesamt verhindern kann:

Es gibt auch EU-Instanzen und die leisten sich noch ganz andere Anschläge auf Demokratie und Pressefreiheit als die politische Klasse unseres Landes. Erst vor wenigen Wochen hat Brüssel die Journalisten Hüseyin Doğru, Thomas Röper und Alina Lipp einfach mit einem Federstrich enteignet.

Natürlich ohne rechtsstaatliches Verfahren und ohne Rücksicht auf die Vorschriften des Grundgesetzes und natürlich ohne, dass die Bundesregierung auch nur einen Mucks getan hätte, um diese flagrante Entrechtung deutscher Staatsbürger zu verhindern. Im Falle von Hüseyin Doğu kommt noch dazu, dass die Begründung besonders apart ist: Doğu hat die israelische Politik in Gaza kritisiert (wobei ich betonen möchte: Ich mache mir diese Kritik in keiner Weise zu eigen, ganz im Gegenteil. Aber darum geht es ja nicht), und das wurde von der EU zum Anlass genommen zu sagen, damit, dass er diese Politik kritisiert, trägt er Zwietracht in die Gesellschaft, und das könnte die Angriffsabsichten Russlands fördern und deswegen muss man diesen Mann vollkommen aus dem Wirtschaftsleben ausschließen. Eine Begründung mit der praktisch jede beliebige Kritik zur Grundlage existenzvernichtender Maßnahmen gemacht werden kann.

Die Konsequenz dessen ist unter anderem, dass seine hochschwangere Ehefrau keine ärztliche Versorgung mehr bekommen kann, weil damit auch er aus der Krankenkasse ausgeschlossen worden ist. Das sind die Praktiken, die jetzt einreißen werden! Es hat angefangen – und das habe ich in meinem Buch „Tödliche Torheit“ über den Ukraine-Krieg schon vorausgesagt – mit russischen Milliardären, und weil es da durchgegangen ist und weil man es da hat durchgehen lassen, deswegen wird das jetzt auch auf andere Bürger ausgedehnt, auch auf solche, die überhaupt nichts mit Russland zu tun haben und die in keiner Weise sich irgendetwas haben zuschulden kommen lassen, ebenso wie diese russischen Milliardäre. Weil man es einmal hat durchgehen lassen, wird das jetzt immer wieder versucht werden.

Man wird anfangen und noch viel stärker dazu übergehen, Menschen wegen ihrer politischen Position praktisch aus der Gesellschaft auszuschließen und wenn erstmal der digitale Euro kommt, dann kann man das mit einem Knopfdruck machen, dann wird einfach dieser Mensch aus der Gesellschaft ausgeschlossen, seines Lebensunterhalts beraubt, ohne die Möglichkeit, dagegen gerichtlich effektiv vorzugehen, sich dagegen gerichtlich effektiv wehren zu können. Das sind die Praktiken einer totalitären Diktatur, und deswegen stehen alle Siege, die wir innerstaatlich erringen, unter dem Vorbehalt, dass es uns gelingt, diese EU-Strukturen zu entmachten, die sonst zu einem totalitären Monstrum noch mehr heranwachsen werden, als sie es ohnehin schon sind.

Um jetzt noch mal auf den Punkt mit den Verfassungsrichterinnen zurückzukommen:

Ich glaube, es ist relativ leicht, die weitere Entwicklung zu prognostizieren. Ich glaube nicht, dass daran die schwarz-rote Koalition zerbrechen wird. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Das wird aber nicht geschehen, weil die CDU ja im Prinzip jetzt schon, soweit sie es gerade noch konnte, den Schwanz eingezogen hat. Das heißt, die SPD wird irgendwelche anderen oder irgendeine andere linke Kandidatin oder auch einen Kandidaten nominieren, der sich nicht ganz so aus dem Fenster gelehnt hat, wie Frau Brose-Gersdorf, also jemand aus der politischen Ausrichtung von Frau Kaufhold möglicherweise. Und wenn der dann keine Plagiate begangen hat und auch sonst nichts sicher zu Schulden kommen lassen, was man ihm ankreiden könnte,  und insbesondere das Lebensrecht, was allerdings immer natürlich auch schon ein wichtiger Punkt ist, nicht antastet, dafür aber vielleicht alles andere, worauf unsere verfassungsmäßige Ordnung beruht, dann wird die CDU einen solchen Kandidaten durchwinken.

Also die Tendenz zum Marsch in den Ideologiestaat ist zwar für heute einmal kurz unterbrochen worden, aber sie wird von dieser politischen Klasse schnellstmöglich wieder aufgenommen werden und es ist heute ein Grund zu verhaltener Freude, aber alles andere als ein Grund zur Entwarnung gegeben.

Gespräch mit Mertin Sellner über die geopolitische Lage

Nach drei Monaten Pause haben Martin und ich uns wieder über die geopolitische Lage unterhalten. Ich versichere allen Zuschauern, dass sie eine erkenntnisreiche Stunde erleben werden.

[Wieso drei Monate? Das letzte Gespräch, das ich hier eingestellt habe, liegt doch schon länger zurück? Nun, ich muss gestehen, dass ich meinen Blog etwas vernachlässigt habe. Wer also die früheren Gespräche zwischen uns beiden verfolgen möchte – Sie sind fast alle noch aktuell –, findet sie hier.]

 

Mein neues Buch: „Der kalte Staatsstreich“

Manfred Kleine-Hartlage, Der kalte Staatsstreich. Wie Faeser & Co. das Grundgesetz demolieren. Tredition, 148. S. Softcover, 15,90

Ich hatte schon länger vor, ein Buch darüber zu schreiben, mit welchen Methoden die politische Klasse das Grundgesetz so weit entkernt, dass am Ende nur noch eine Potjomkinsche Fassade davon übrigzubleiben droht. Nancy Faesers Verbot der „Compact“, das inzwischen vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Eilantrags bis zur Entscheidung in der Hauptsache suspendiert wurde, lieferte mir den aktuellen Aufhänger, um endlich zur Tat zu schreiten – zumal die Dame so freundlich war, dem Verbot eine Begründung beizufügen, die, wenngleich unfreiwillig, Wort für Wort und Zeile für Zeile die antidemokratische Ideologie in den Köpfen jener Politiker entlarvt, die sich so gerne als die Retter der Demokratie aufspielen.

Hier ein Appetithäppchen aus meinem Buch:

 

»Ein staatliches oder vom Staat zu hütendes offiziöses Wahrheitsmonopol ist Kennzeichen nicht eines demokratischen, sondern eines totalitären Staates. Nur ein solcher Staat kann die Verbreitung „geschichtsrevisionistischer Thesen“ als Angriff auf die Grundlagen seiner Rechtsordnung betrachten. Genau ein solches Wahrheitsmonopol beansprucht implizit die Ministerin Faeser.

Weiter im Text [der Verbotsverfügung]:

„Dabei lehnt ‚COMPACT‘ ein offenes und pluralistisches Gesellschaftssystem, das die Menschenwürde des Einzelnen achtet und die freie und gleichwertige Teilhabe aller Staatsbürger an der politischen Willensbildung vorsieht, ab und zielt darauf ab, dieses abzuschaffen.“ (Verbotsverfügung vom 16.7.2024, S. 11)

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass eine solche Unterstellung in einem Text steht, der seinerseits die „Teilhabe aller Staatsbürger an der politischen Willensbildung“ von der politischen Botmäßigkeit des jeweiligen Bürgers abhängig macht, also keineswegs „frei“ und „gleichartig“ allen Bürgern zugestehen möchte.

„Die ‚COMPACT-Magazin GmbH‘ lässt dabei nicht eindeutig erkennen, welche Verfassungsordnung an die Stelle der bestehenden Ordnung treten soll.“ (ebd.)

Wie sollte sie auch? Das Magazin propagiert ja genau die Verfassungsordnung, die offiziell immer noch gilt, indem es ihre fortlaufende Demontage durch die politische Klasse anprangert!

Statt dies aber zuzugeben (und vielleicht selbstkritisch zu prüfen, wie weit ihr eigenes Verhalten mit dieser Ordnung vereinbar ist), verfügt die Ministerin, auf solche Petitessen komme es nicht an:

„Es reicht für die Annahme des Sich-Richtens gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung jedoch aus, dass der Verein die Außerkraftsetzung der bestehenden Verfassungsordnung betreibt.“ (ebd.)

Sehen wir uns nun ein paar „Compact“-Texte an, auf die die Ministerin ihren Behauptungen stützt. Sie hält es nicht für erforderlich, deren jeweilige Fundstellen zu nennen – vielleicht, weil das korrekte Zitieren bei den Politikern unseres Landes außer Mode gekommen ist; wahrscheinlich aber vor allem, damit niemand ohne Weiteres den Kontext der beanstandeten Stellen rekonstruieren und dadurch überprüfen kann, ob sie den unterstellten verfassungsfeindlichen (beziehungsweise, wie die Verfügung behauptet, „rassistischen“, „antisemitischen“, „fremden-, migranten-, muslimen- und minderheitenfeindlichen“) Sinn tatsächlich haben.

Weil aber das Strickmuster der systematischen Irreführung immer dasselbe ist, kann ich mich guten Gewissens darauf beschränken, exemplarisch solche „Compact“-Texte heranzuziehen, deren Herkunft, Fundstelle und vollen Wortlaut ich schon deshalb kenne, weil ich selbst ihr Verfasser bin. Ich werde jeweils diejenigen Abschnitte unterstreichen, die das Ministerium in seiner Verbotsverfügung zitiert, die es also zur Begründung seiner Einschätzung der „Verfassungsfeindlichkeit“ heranzieht.

Beginnen wir mit einem Text, den ich als sprachkritische Kolumne (zum Stichwort „Faktenchecker“) für die „Compact“-Ausgabe 7/2023 geschrieben habe, damit Sie, verehrter Leser, sich einen eigenen Eindruck von meiner darin propagierten ruchlosen Gesinnung verschaffen und sich gebührend über sie entrüsten können:

Faktenchecker

In der Selbstbezeichnung „Faktenchecker“ für eine bestimmte Art von Mainstreamjournalisten liegt eine unfreiwillige Selbstentlarvung: Wenn etwas, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, zum Gegenstand einer Art Gütesiegel wird, so legt eine solche Wortwahl den Verdacht nahe, das Gros der Journalisten checke Fakten wohl eher nicht.

Was in der Tat der Fall sein dürfte und dazu führt, dass Mainstreamjournalisten selbst dreiste Lügen immer wieder voneinander abschreiben, statt einander auf Unwahrheiten zu kontrollieren, wie es der Leser oder Zuschauer von ihnen erwartet. (Ich spreche hier natürlich ausschließlich vom wohlwollenden – man könnte auch sagen: naiven – Leser, dessen Naivität geschäftsnotwendig ist und deshalb unter keinen Umständen erschüttert werden darf.)

„Faktenchecker“ – das klingt neutral und nach einer Art TÜV. Wer allerdings nach Geldgebern und Vernetzungen fragt (was nur Menschen tun, die man noch vor wenigen Jahren als mündige Bürger bezeichnet hätte und heute „Verschwörungstheoretiker“ nennt), kommt ins Grübeln:

So finden sich unter Spendern von „Correctiv“ unter anderem George Soros‘ Open Society Foundation, die regierungsabhängige Bundeszentrale für politische Bildung, Großkonzerne wie Google, wirtschaftsnahe Stiftungen wie die Mercator-Stiftung und mediennahe Institutionen wie die Rudolf Augstein Stiftung.

Und die Faktenchecker-Abteilung von Reuters wurde aufgebaut, als Reuters von Jim Smith geführt wurde, der zugleich im Aufsichtsrat des Pharmagiganten Pfizer saß. Dass Reuters mit Facebook kooperiert und als dessen Zensurdienstleister unter anderem Pfizer-kritische Veröffentlichungen unterbindet, ist selbstredend reiner Zufall, dem nur besagte „Verschwörungstheoretiker“ irgendwelche Bedeutung beimessen. Der Faktenchecker-Filz illustriert das Kartell zwischen Machthabern und Großkapital zur Knebelung kritischer Gegenöffentlichkeit.

Damit sind frühere journalistische Qualitätsmerkmale ins Gegenteil verkehrt worden: Früher war es selbstverständlich, dass Macht- und Kapitalkonzentration in wenigen Händen zum Missbrauch einlädt und dann besonders katastrophale Folgen hat. Selbstverständlich war daher auch, dass die Behauptungen mächtiger und kapitalkräftiger Akteure besonders kritisch hinterfragt (also neudeutsch: einem Faktencheck unterzogen) werden müssen. Genau dies tun „Faktenchecker“ aber so gut wie nie.

Natürlich wäre es nicht verwerflich, wenn sie auch oppositionelle Medien kritisierten. Verwerflich ist, dass sie nichts anderes tun! Dass sie sich dem Publikum als neutrale Instanz andienen, zugleich aber faktisch als Kettenhunde des globalen Machtkartells agieren.

Es passt ins Bild, dass ihre Argumentationsfiguren mit dem Wort „anrüchig“ meist noch freundlich umschrieben sind und die Halbwertszeit ihrer Ergebnisse blamabel gering ist. Allein der Unsinn, den sie uns als Wiederkäuer amtlicher Propaganda (und eben nicht als „Checker“ von deren Behauptungen) über die Corona-Impfung erzählt haben, widerlegt ihren selbstbeweihräuchernden Mythos, sie hätten irgendwelche „Fakten gecheckt“.

Dies haben vielmehr die Kritiker getan, deren Warnungen sich spektakulär bestätigt haben, die dafür aber von den „Faktencheckern“ diffamiert worden sind. Dass diese Diffamierungen zum Großteil immer noch im Netz stehen, illustriert die Schamlosigkeit, mit der Letztere nach dem Motto verfahren, etwas werde schon hängenbleiben.

(Compact 7/2023, nachgedruckt in meiner Kolumnensammlung: M. K.-H., BRD-Sprech. Worte als Waffe der Umerziehung, Verlag der 300, Berlin 2023; die hier unterstrichenen Stellen sind auf S. 43 der Verbotsverfügung zitiert.)

Na, haben Sie verstanden, was daran verfassungsfeindlich war? Nein? Dann sind Sie wohl ein unsicherer Kantonist, der es an Wachsamkeit im Kampf gegen Rechts fehlen lässt.

Gottlob gibt es unsere Innenministerin, die mit ihrem Adlerblick die Gefahr sofort erkannt hat, in der Sie schweben, und Sie durch das Verbot der „Compact“ energisch davor bewahrt, rechten Rattenfängern auf den Leim zu gehen (und dann womöglich die aus Regierungssicht falsche Partei zu wählen).

Für den Posten eines amtlich bestallten Hexenjägers im Innenministerium wären allerdings nur dann qualifiziert, wenn Sie bemerkt hätten, dass es sich um einen antisemitischen Text handelt!

Woran man das erkennt? Na daran, dass ich George Soros erwähnt habe! Soros ist Jude, und damit ist jede Kritik an ihm automatisch ein Zeichen von Antisemitismus. Dass der Text im selben Zusammenhang noch eine Reihe von anderen Instanzen kritisiert, ist nach Auffassung des BMI nur raffinierte Tarnung:

„Im Zusammenhang mit antisemitischen Verschwörungsnarrativen greift COMPACT zudem wiederholt auf die Darstellungen des über einen jüdischen Hintergrund verfügenden ungarisch-amerikanischen Unternehmers George Soros als vermeintlich lenkenden Hintermann und Repräsentant des ‚Finanzkapitals‘ zurück. Die Narrative suggerieren maßgeblichen Einfluss eines weithin als jüdisch apostrophiert privatwirtschaftlichen Akteurs im Hintergrund wesentlicher politisch Entscheidungsprozesse. Damit bedient sich ‚COMPACT‘ eines im Rechtsextremismus weit verbreiteten Topos. Dieser fußt auf einer im Kern antisemitischen Verschwörungsvorstellung, nach der politische Entscheidungsträger durch einen kleinen Personenkreis aus der ‚jüdischen Finanzwirtschaft‘ in ihrem Handeln maßgeblich beeinflusst würden. Hierbei gilt zu beachten, dass Kritik an Entwicklungen und Personen der Finanzwirtschaft, darunter auch an Soros, für sich genommen noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für Antisemitismus darstellt. In den von ‚COMPACT‘ verbreiteten Narrativen wird Soros jedoch nicht als Individuum kritisiert sondern auf antisemitische Weise als Chiffre für ‚jüdischen Einfluss‘ genutzt.“

(Verbotsverfügung S. 42 f.)

Stellen wir zunächst fest, dass die Anführungszeichen, in die das Ministerium die Ausdrücke „jüdische Finanzwirtschaft“ und „jüdischer Einfluss“ setzt, Zitate suggerieren, wo keine sind!

Weder in meinem Text noch in irgendeiner anderen der in diesem Kontext zitierten Textpassagen tauchen diese Ausdrücke oder auch nur das Wort „jüdisch“ auf. Wahrscheinlich würde das Ministerium sich darauf herausreden, es handele sich lediglich um distanzierende, nicht um zitierende Anführungszeichen und deshalb auch nicht um in verleumderischer Absicht fingierte Falschzitate. (Hätte es das von vornherein klargestellt, wäre freilich die diffamierende Wirkung auf den unvoreingenommenen Leser, etwa die Richter des Bundesverwaltungsgerichts, geringer gewesen, und wenn es dann noch ordentlich die Fundstelle zitiert oder gar die beanstandeten Texte im ungekürzten Wortlaut beigefügt hätte, hätte sich diese Wirkung in Luft aufgelöst.)

Aus der Sicht des BMI freilich kommt es gar nicht darauf an, ob Juden als solche kritisiert werden – weswegen es sich auch das gönnerhafte Zugeständnis leisten kann, Kritik an einzelnen jüdischen Persönlichkeiten stelle „für sich genommen noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für Antisemitismus“ dar.

Jeder halbwegs geradeaus denkende Mensch versteht zwar unter Antisemitismus den Hass auf Juden (Was denn sonst?) – und wird entsprechend schockiert sein, wenn er in amtlichen Verlautbarungen lesen muss, die „Compact“ verbreite dergleichen. Was er nicht weiß: Das Bundesinnenministerium versteht unter „Antisemitismus“ etwas ganz anderes:

„Der seitens ‚COMPACT‘ verbreitete politische Antisemitismus drückt sich nur vereinzelt offen direkt gegen jüdische Gruppierungen aus. Häufiger nutzt ‚COMPACT‘ Chiffren, die die als Kollektiv verstandene Gruppierung benennt und die Kernbezeichnung ‚die Juden‘ [wiederum ein diffamierendes Scheinzitat wie oben, M. K.-H.] ersetzt. Insbesondere steht dabei eine als Kollektiv gefasste Finanzelite, stellvertretend für das antisemitische Bild eines ‚Finanzjudentums‘ [noch ein solches Scheinzitat] im Zentrum der Erzählungen. Ausdruck findet das ‚Finanzjudentum‘ [Scheinzitat] als antisemitische Chiffre auch in Bezeichnungen wie ‚Hochfinanz‘ oder ‚globale Finanzelite‘. Stellvertretend für ‚die Juden‘ [Scheinzitat] werden auch (vermögende) Einzelpersonen herangezogen und als vermeintliche Verschwörer oder Strippenzieher dargestellt. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass diese Einzelpersonen teilweise keine Juden sind, wie beispielsweise Bill Gates oder die Familie Rockefeller. Sie werden dennoch als Superreiche jüdisch gelesen und spiegeln sinnbildlich das ‚Finanzjudentum‘ [Scheinzitat] wider oder gelten als jüdische Marionetten.“

(Ebd. S. 39 f.)

Aha! Für den Vorwurf des Antisemitismus kommt es also nicht nur nicht darauf an, ob die kritisierten Personen wegen ihres jüdischen Hintergrundes (statt wegen ihrer Taten) kritisiert werden; es kommt nicht einmal darauf an, ob sie diesen Hintergrund überhaupt haben! „Sie werden dennoch als Superreiche jüdisch gelesen …“

Versuchen wir nun, aus diesem Konglomerat aus diffamierenden Unterstellungen und paranoidem Stuss so etwas wie eine regierungsamtliche „Antisemitismustheorie“ herauszudestillieren, dann lautet diese in etwa wie folgt:

„Antisemitismus“ ist die Behauptung, superreiche Privatleute würden entscheidenden Einfluss auf die Politik und allgemein das Schicksal von Gesellschaften auf der ganzen Welt, insbesondere aber von westlichen Gesellschaften nehmen (zum Beispiel indem sie Einzelpersonen oder Organisationen finanziell von sich abhängig machen oder einfach selbst gründen, Medienunternehmen kaufen und auf eine bestimmte Linie verpflichten etc.), dabei das Licht der Öffentlichkeit eher scheuen und so in illegitimer, demokratiewidriger Weise private Finanzmacht in öffentliche politische Macht ummünzen; dies nicht nur in den Ländern, deren Bürger sie sind, sondern weltweit. Weil ähnliche Behauptungen von Antisemiten traditionell auf Juden bezogen werden, sind sie – so die Antisemitismusmustheorie des Ministeriums weiter – auch dann antisemitisch, wenn sie nicht auf Juden bezogen werden. Das Ministerium klebt willkürlich einer bestimmten gesellschaftskritischen Argumentationsstruktur das Etikett „antisemitisch“ auf – nicht weil sie dies in irgendeinem vernünftigen Sinne des Wortes ist, sondern, weil es dem herrschenden Parteienkartell in den Kram passt, sie so zu nennen.

Wir sehen: Was das Ministerium „Antisemitismus“ nennt, ist genau das, was man noch vor wenigen Jahren „Gesellschaftskritik“ genannt hätte, oder „investigativen Journalismus“ oder (in der Politikwissenschaft) „kritische Machtstrukturforschung“ oder „Kapitalismuskritik“. Nach BMI-Definition ist unter anderem der gesamte klassische Marxismus verfassungsfeindlich – aber nicht etwa deswegen, weil er die Diktatur des Proletariats postuliert oder den bürgerlichen Parlamentarismus überwinden will, also nicht wegen seiner Ziele, sondern wegen seiner Gesellschaftsanalyse. Die marxistische Gesellschaftskritik besagt ja, kurz und flapsig formuliert, dass es der herrschenden Klasse egal sei, wer unter ihr Kanzler, Präsident oder Premierminister ist, und dass demokratische Mechanismen mehr oder weniger gelungene Augenwischerei seien.

Wer also als kritischer Journalist danach fragt, wie gesellschaftlich relevante politische Entscheidungen wirklich zustandekommen (und sich dabei nicht einfach auf die affirmativen Systembeschreibungen verlässt, wie man sie im Sozialkundeunterricht der neunten Klasse lernt), der sei Antisemit und – so die Kettenidentifikation des Ministeriums – auch Verfassungsfeind, dem man deswegen getrost von Staats wegen das Maul stopfen dürfe; und zwar auch dann, wenn alles, was er schreibt, auf nachprüfbaren Fakten beruht, wie es bei der „Compact“ der Fall ist.

Es geht einfach darum, bestimmte gesellschaftliche Machtverhältnisse jeder Kritik zu entrücken und zu diesem Zweck die Staatsgewalt zu missbrauchen – und zwar ungeachtet der Tatsache, oder vielmehr genau deswegen, weil die angegriffenen Machtverhältnisse die Demokratie unterminieren und weil demokratisch gewählte Politiker in zunehmendem Maße als Sachwalter lichtscheuer Interessen handeln und als eigene Entscheidungen ausgeben (müssen), was anderswo ersonnen worden ist. Oder, wie es Faesers Amtsvorgänger Horst Seehofer, damals noch Ministerpräsident, in einem seltenen Anfall von Ehrlichkeit einmal auf Punkt brachte:

„Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“

(ARD-Sendung „Pelzig unterhält sich“, ausgestrahlt am 20.5.2010)

Der Ministerin scheint nicht aufzufallen, dass man Kritik – auch und gerade diese Kritik – nur durch Argumente widerlegen kann – vorausgesetzt freilich, man hat welche. Durch Verbote kann man sie nur untermauern.

Sie als „antisemitisch“ zu verteufeln, ist ein für dieses Regime typisches Mätzchen: Man schiebt die angeblichen Interessen einer schutzbedürftigen Minderheit vor, um in Wahrheit Interessen und Machtverhältnisse zu schützen, die alles andere als schützenswert sind und sich direkt gegen demokratische Partizipation, gegen die Grundrechte der Bürger und gegen die Interessen von weit über 99 Prozent aller Menschen auf der Welt richten.

Es spielt dabei für die Regierung überhaupt keine Rolle, ob das, was jemand behauptet, den Tatsachen entspricht oder nicht; ebenso wenig, ob der Betreffende das, was sie ihm in den Mund legt, überhaupt sagen wollte; und auch nicht, ob es von den Lesern genauso aufgefasst wird wie von den amtlich bestallten Gesinnungsschnüfflern der Frau Faeser; es genügt, dass sein „Narrativ“ eine Struktur hat, die der Regierung missfällt (und die allein schon wegen dieser willkürlichen Zuschreibungsmethode heute diese und morgen jene sein kann). Letztlich maßt sich die Regierung an, aus eigener Machtvollkommenheit darüber zu entscheiden, was legal geäußert werden darf und was nicht.

In den Augen dieses Regimes darf ein verfassungstreuer Bürger also gerade noch dies: Steuern zahlen, auf Kommando jubeln, verdammen oder denunzieren und im Übrigen den Mund halten. Wer nachdenkt, ist verdächtig. Das also versteht die Ministerin unter „Demokratie“.

Wieder einmal genügen bereits wenige Zeilen, hier die, die das Ministerium über den angeblichen „Antisemitismus“ der „Compact“ absondert, um den korrupten, verlogenen und demokratiefeindlichen Charakter des uns beherrschenden Machtkartells zu demaskieren.«

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So weit der Auszug aus „Der kalte Staatsstreich. Wie Faeser & Co. das Grundgesetz demolieren“. Wer es übrigens lieber als E-Book liest, kann es für 9,99 € bei Tredition kaufen.

Bei Nacht und Nebel: Die Verschärfung von § 130 StGB (Volksverhetzung)

Heute widme ich mich der erneuten Verschärfung des § 130 StGB (Volksverhetzung), der nach etlichen Ausweitungen in der neuesten Fassung die 500-Worte-Marke geknackt hat. Ich stelle die aktuelle Verschärfung in den historischen Kontext (und lese zu diesem Zweck aus meinem Buch „Die Sprache der BRD“ vor). Wir sehen, wie der 130 immer mehr zum Oppositionstotschlag-Gummiparagraphen ausgebaut wurde und im Zusammenhang mit anderen Knebelgesetzen den politischen Pluralismus aushöhlt. Einen kleinen Lichtblick habe ich am Ende trotzdem …

Gespräch mit Charles Fleischhauer über die tödliche Torheit der deutschen Politik

In meinem Gespräch  mit Charles geht  es  um mein neues Buch und dessen Themen: den Ukrainekrieg und darum, was er uns über die Lage der Nation und den Zustand ihrer (oder „ihrer“, denn ein besitzanzeigendes Fürwort  muss in diesem Zusammenhang in relativierenden Anführungszeichen stehen) politischen Institutionen.

Nicht, dass ich mich loben will, aber liest man die Kommentare bei Youtube, so haben wir den Zuschauern wohl eine Reihe von Aha-Effekten verschafft. Also unbedingt anschauen!

Zur Zerstörung der Nordstream-Pipelines und dem Medien-Narrativ

Die deutschen Agitpropmedien führen einen Eiertanz auf, den man komisch finden könnte, wenn der Anlass nicht so ernst wäre. Wie schafft man es, ein Interesse Russlands an der Zerstörung der eigenen Pipelines zu konstruieren?

Für diejenigen, denen man es eigens sagen muss: Wenn Russland „Gas als Waffe“ einsetzen wollte, dann wäre die Sabotage der Pipelines das Dümmste, was Putin zu diesem Zweck hätte einfallen können, denn diese Pipelines kann man nicht mal eben reparieren, und bei längerem Zuwarten überhaupt nicht mehr, weil sie jetzt mit Salzwasser gefüllt sind und korrodieren. Selbst wenn Putin es vorgehabt hätte: Er kann die vermeintliche Gaswaffe nicht einsetzen, weil er uns selbst bei äußerstem Wohlverhalten Europas kein Gas mehr liefern könnte.

Dies ficht unsere Desinformationsmedien selbstredend ebensowenig an wie die Tatsache,

  • dass Präsident Biden öffentlich angekündigt hat, die Inbetriebnahme der Pipelines auch gegen den Widerstand der beteiligten Regierungen zu verhindern,
  • es angesichts der starken US-Präsenz in der Ostsee kaum möglich gewesen wäre, einen solchen Anschlag praktisch unter den Augen der NATO mit ihren hochmodernen Aufklärungsmitteln zu verüben (Der Text der im Titelbild verlinkten Zeitungsmeldung findet sich hier übrigens auch online)
  • und ein Interesse an der Sabotage praktisch jeder hat, der die Inbetriebnahme der Pipelines verhindern will, also praktisch der gesamte westliche Machtkomplex einschließlich seiner Propagandamedien.

Nein, es muss Russland gewesen sein!

Ausführlich, konkret und kompetent nimmt Thomas Röper das Narrativ auseinander. Ich empfehle nachdrücklich, den gesamten Artikel zu lesen. Hier klicken.