Europäer als Opfer des islamischen Kolonialismus

Im Jahr 2008 wurde von Frankreich verlangt, dass es Wiedergutmachung leisten müsse für seine koloniale Vergangenheit in Algerien. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der französischen Kolonialgeschichte, aber wenn ich mich recht erinnere, waren die Franzosen auch deswegen motiviert, sich in Algerien zu engagieren, weil barbarische Piraten ihre bösartigen Aktivitäten im neunzehnten Jahrhundert immer weiter fortsetzten. Die Zeit der französischen Herrschaft ist der einzige Zeitraum der Zivilisation den Algerien erlebt hat, seit den Römern.

Fjordman: gesamter Essay bei Michael Mannheimer

Ein Brief nach Rungholt

Lila („Letters from Rungholt“) war vor einigen Tagen mit einer Gruppe israelischer Studenten in Berlin und schreibt in ihrem Blog über ihre Erlebnisse unter anderem dies:

Es war wunderbar, und Berlin ist eine Stadt, die selbst auf den widerstrebendsten Besucher sehr stark wirkt. Ich habe vieles neu entdeckt, auch durch die Augen der Studenten, die sehr beeindruckt waren von der Vielfalt der Erinnerungskultur. Das war ja unser Thema.

Ich weiß, daß Broder meint, mit dem Mahnmal an der Ebertstraße kauft das offizielle Deutschland sich frei, und kann jetzt nach Löschung der Sündenkartei getrost weiter sündigen. Das klingt zwar schön zynisch und einleuchtend, erklärt aber nicht, warum weiterhin viele kleine, eindringliche und punktgenaue Gedenkstätten entstehen. Und es erklärt auch nicht, warum junge und ältere Besucher auf eigene Faust (also ohne Gruppe oder Klasse) ins Dokumentationszentrum kommen, sich dort ernsthaft in das Material versenken und sehr, sehr nachdenkliche Gesichter haben. Mein geschätzter Kollege, dessen Familie von der Shoah schwer gezeichnet ist, war jedenfalls von den Gesichtern der jungen Deutschen an diversen Gedenkstätten positiv berührt und meinte, das hätte er nicht erwartet.

Ich kann nicht anders: Auf mich wirkt inzwischen diese Art von Lob, gerade weil es so aufrichtig ist, deprimierender als die schärfste Kritik: nicht nur, weil wir heutzutage andere Probleme haben als die Frage, ob wir den Nationalsozialismus auch ja richtig „aufgearbeitet“ und „bewältigt“ haben, sondern weil gerade die inflationäre „Aufarbeitung“ und „Bewältigung“ ganz erheblich zu unseren Problemen beiträgt.

Von außen ist das wahrscheinlich nicht ohne Weiteres erkennbar, und Lilas Blick, obwohl sie Deutsche ist, ist nach über zwanzig Jahren in Israel eben doch einer von außen. Ich habe ihr deshalb mit einem langen Kommentar geantwortet, den ich seiner grundsätzlichen Bedeutung wegen auch hier in meinem eigenen Blog einstelle:

„Liebe Lila, ich hoffe, ich schockiere Dich nicht zu sehr, wenn ich sage, dass ich Deine Begeisterung über die „Vielfalt der Erinnerungskultur“, darüber, dass „weiterhin viele kleine, eindringliche und punktgenaue Gedenkstätten entstehen“ und über die „sehr, sehr nachdenkliche(n) Gesichter“ der Besucher des Holocaust-Dokumentationszentrums nicht nur nicht zu teilen vermag, sondern die beiden entsprechenden Absätze auch mit einiger Beklemmung gelesen habe.

Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich mit dieser „Erinnerungskultur“ täglich konfrontiert und von ihr entsprechend genervt bin. Du gehst zum KaDeWe und wirst mit den Namen von einem Dutzend Konzentrationslager erschlagen („Orte des Schreckens, die wir nie vergessen dürfen“); du gehst in Spandau am Lindenufer spazieren und erfährst, dass hier bis 1938 eine Synagoge stand; du gehst irgendwo und siehst Messingklötze ins Pflaster eingelassen, auf denen steht, dass hier der und der deportiert worden ist; Gedenktafeln, Mahnmale, Denkmäler an allen Ecken und Enden; du schaltest den Fernseher ein, und wenn du keine Daily Soap sehen willst, landest du auf Phoenix und damit nicht selten bei Guido Knopp und seiner Endlosschleife von Geschichtsklischees.

Wäre das alles nur nervig, man könnte es ertragen. Es ist aber weitaus mehr als das.

Es ist schon etwas dran an dem Spruch, wer sich der Geschichte nicht erinnern wolle, sei gezwungen, sie zu wiederholen. Nähme man ihn ernst, so würde man sich bemühen, blinde Flecken im eigenen Geschichtsbild nicht zuzulassen. Was bei uns aber als „Erinnerung“ zelebriert wird, ist im höchsten Maße selektiv:

Nicht nur, dass „Geschichte“ auf zwölf Jahre Nazizeit und alles andere zur bloßen Vorgeschichte schrumpft; selbst diese Geschichte und Vorgeschichte beschränkt sich auf den Krieg und den Holocaust, und für diese beiden werden rein ideologische Faktoren verantwortlich gemacht, speziell ein angeblich spezifisch deutscher Hang zu Militarismus, Nationalismus und Rassismus.

Würde man der breiten Öffentlichkeit ein etwas komplexeres Bild der Zusammenhänge vermitteln, dann würde eine Rolle spielen, dass die Demokratie von Weimar an der Unfähigkeit einer politischen Klasse scheiterte, Probleme zu sehen und in Angriff zu nehmen, die in der jeweiligen Parteiideologie nicht vorgesehen waren und deshalb nicht existieren durften. (Die Millionen, die NSDAP wählten, taten es nicht zuletzt deshalb, weil die Inkompetenz aller anderen Kräfte bereits offen zutage lag.) Man könnte sonst Parallelen zur heutigen politischen Klasse ziehen, wo der einzige Unterschied zu Weimar darin besteht, dass sie alle dieselbe realitätsblinde Ideologie vertreten.

Es würde eine Rolle spielen, dass mit den permanenten Umwälzungen und Katastrophen von 1914 an Millionen von Menschen der Boden, auf dem sie gestanden hatten, unter den Füßen weggezogen und eine politische, ökonomische, aber auch sittliche und kulturelle Orientierungslosigkeit erzeugt wurde, die eine Umwertung aller Werte, wie sie von den Nationalsozialisten propagiert wurde (und die im Kaiserreich undenkbar gewesen wäre) erst möglich machte. Würde man sich daran erinnern, so wäre man womöglich zurückhaltender mit Sozialexperimenten wie der Zersetzung der Familie, der Banalisierung des Christentums und der multikulturellen Entdeutschung des eigenen Landes.

Man würde sich daran erinnern, dass diese Katastrophen allesamt in dem seit der Jahrhundertwende betriebenen Politik der Westmächte wurzelten, Deutschland kleinzukriegen. (Selbst wenn man diese These, die ich selbst für richtig halte, nicht teilt – entscheidend ist, dass sie von den damaligen Deutschen aus guten Gründen geglaubt wurde.) Und eine Öffentlichkeit, die sich dessen bewusst wäre, würde wohl kaum hinnehmen, dass eine – pardon – völlig verblödete Kanzlertrutsche nach Paris fährt, um dort den Waffenstillstand von 1918 zu feiern.

Es würde eine Rolle spielen, dass die Unterstützung für Hitlers Aufrüstungsprogramm nicht etwa aus irgendeinem „Militarismus“ resultierte, sondern aus der Erfahrung, dass Wehrlosigkeit ausgenutzt wird, und womöglich würde sich an eine solche Erkenntnis die Frage knüpfen, ob es eine gute Idee ist, die eigenen Streitkräfte so umzubauen, dass sie noch als internationale Polizeitruppe, aber kaum mehr zur Verteidigung des eigenen Landes taugen. Man würde sich auch fragen, welcher Teufel eine politische Klasse reitet, die die Souveränität und Verteidigungsfähigkeit des eigenen Landes zur Disposition eines Westens stellt, dessen Deutschfeindlichkeit schon vor 1933 evident war.

Und wenn man die Dinge in einem größeren europäischen Zusammenhang sieht, würde einem auffallen, dass die Demokratie zwar nicht in Deutschland, wohl aber in etlichen anderen europäischen Ländern an der Unmöglichkeit gescheitert ist, ethnisch heterogene „Bevölkerungen“ zu staatstragenden Nationen zu formen – was zu der Frage führen würde, ob Demokratie mit solcher Heterogenität überhaupt vereinbar ist.

Vor allem aber würde eine solche Sichtweise dazu führen, dass man begänne zu verstehen, worauf der Erfolg der Nationalsozialisten beruhte, und dass dies nicht einfach die Dummheit oder Bösartigkeit unserer Großeltern war, und speziell nicht einfach eine angeborene, mindestens aber kulturell verinnerlichte ideologische Verblendung. Dann wäre auch der neurotischen Selbstverdächtigung der Deutschen der Boden entzogen, auf dem jetzt der Kampf gegen Rechts geführt wird, dessen psychologische Grundlage eben diese Selbstverdächtigung ist. Wer sich nämlich selbst verdächtigt, qua Nationalität vom „Ungeist“ des Nationalismus und verwandter Ideologien infiziert zu sein, wird alles tun zu beweisen, dass er zu den nichtinfizierten „Guten“ gehört. Und genau dies ist auch der Sinn der Sache.

Es wird keine historische Aufklärung betrieben. Stattdessen konfrontiert man Kinder und Jugendliche mit Bildern von Auschwitz und Bergen-Belsen, die ob ihrer Schock- und Horrorwirkung auf dem Index der jugendgefährdenden Schriften stünden, wenn sie in irgendeinem andern Zusammenhang entstanden wären. Man erklärt Auschwitz zum „Gründungsmythos der Bundesrepublik“ und kommt nicht auf die Idee, dass bereits an der Formulierung irgendetwas krank sein könnte. Das Monstrum von einem Mahnmal, das man nicht zufällig direkt ans Brandenburger Tor geklotzt hat, enthält just diese Ideologie, buchstäblich in Stein gehauen. Man baut eine ganze Staatsideologie auf einem „Nie wieder“ auf, so als ob es für ein Volk und ein Staatswesen andere Gefahren nicht geben könnte, und verdächtigt als rechtsextrem, wer auf solche Gefahren hinweist.

Wenn man sich die Politik der deutschen – aber weiß Gott nicht nur der deutschen – Eliten ansieht, dann ahnt man auch, warum das geschieht. Da werden die Schleusen für Einwanderer geöffnet, deren Kultur mit unserer unvereinbar ist und die selbst bei engstirnigster ökonomischer Betrachtung alles andere als eine Bereicherung darstellen. Angeblich brauchen wir sie aus demographischen Gründen, sprich weil wir nicht genügend Kinder bekommen. Letzteres trifft zu.

Wenn aber dieselben Eliten, die dies feststellen (und damit die „Notwendigkeit“ von Immigration begründen) eine Politik treiben und eine Ideologie verbreiten (um nur zwei Beispiele zu nennen), wonach Frauen unbedingt Karriere machen müssten, weil sie sonst „benachteiligt“ seien, und wonach Homosexualität eine in jeder Hinsicht gleichberechtigte Lebensform sein müsse (obwohl sie das für ein Volk, das auch in Zukunft existieren möchte, erst recht für eines, das sich in einer demographischen Krise befindet, schlicht und einfach nicht sein kann), dann wird deutlich, dass die demographische Krise nicht gelöst, sondern benutzt werden soll, um die einheimischen Völker Europas in ihren eigenen Ländern in die Minderheit zu drängen.

(Es geht an dieser Stelle nicht um die Selbstverständlichkeit, dass Frauen, die Karriere machen wollen und können, daran nicht durch ihr Geschlecht gehindert werden sollen, sondern dass man mit massivster Propaganda und Quotenregelungen einen Sog erzeugt, der Frauen vom Familienleben fernhält. Im Einzelfall mag Familie und Karriere vereinbar sein, in der Masse ist sie es garantiert nicht. Es geht auch nicht um die Selbstverständlichkeit, dass ein freiheitlicher Staat sich nicht in das Intimleben seiner Bürger einmischt, sondern darum, dass man Jugendliche systematisch zur Homosexualität ermutigt und sie als attraktive Lebensform propagiert.)

Dieselben Eliten arbeiten daran, die Souveränität des Nationalstaats auf supranationale Organisationen zu übertragen, deren Daseinszweck darin besteht, alle Staaten, die ihnen angehören, einem einheitlichen Regelwerk zu unterwerfen, das damit zwangsläufig der demokratischen Kontrolle entzogen ist. Der Anwendungsbereich solcher Regeln, die angeblich auf internationaler Ebene notwendig sind, wird dabei zielstrebig immer mehr erweitert.

Nimmt man das alles zusammen: die systematische Verschärfung der demographischen Krise, die „Lösung“ durch forcierte Masseneinwanderung und die Selbstentmündigung der demokratischen Nationalstaaten, so lautet die Quintessenz, dass Völker als soziale Gegebenheiten wie als politische Einheiten aufhören sollen zu existieren – und das ist keine durchgeknallte rechte Verschwörungstheorie, das ist offizielle Politik: Man muss nur die wohlklingenden Phrasen von der „europäischen Integration“, der „Weltinnenpolitk“, von der „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, von der „kulturellen Bereicherung“, den Segnungen der „Diversität“ und von der „Offenheit“ (eines Scheunentors) auf ihren rationalen Kern hin befragen und sich die Implikationen und Konsequenzen vor Augen halten, die es haben muss, wenn die westlichen Staaten einer solchen Ideologie folgen, dann liegt auf der Hand, dass hier die Utopie eines Weltsystems verfolgt wird, in dem Völker so wenig existieren werden wie Demokratie.

Nun steht einer solchen Politik die natürliche Neigung des Menschen entgegen, sich in Völkern zu organisieren (oder, abstrakter gesprochen: in Gruppen, die größer sind als die Familie, aber kleiner als die Menschheit), und deren Erhaltung und Entfaltung als hohen Wert zu empfinden. Da man dieses Empfinden nicht totkriegen kann, muss man es mit einem negativen Vorzeichen versehen. Da die Identifikation mit dem eigenen Volk eine anthropologische Konstante ist, sollen die Menschen wenigstens ein schlechtes Gewissen dabei haben und ihre eigenen, als „böse“ markierten Gefühle umso eifriger auf Andersdenkende projizieren, die ihres Patriotismus wegen als angebliche „Rechtsextremisten“ zur inquisitorischen Hexenjagd freigegeben sind.

Damit sie dieses schlechte Gewissen haben, sollen sie die unauslöschliche Schlechtigkeit und unvergebbare Schuld des eigenen Volkes als Ideologie verinnerlichen. Hier in Deutschland geschieht dies mithilfe der „Erinnerungskultur“, die sich auf den Holocaust bezieht, die Völker der ehemaligen Kolonialmächte sollen glauben, dass es nie etwas Schlimmeres gegeben habe als den Kolonialismus, die Amerikaner sollen sich für Sklaverei und Indianerausrottung schuldig fühlen, die Australier für das Schicksal der Aborigines usw., und das ganze wird zum Gedankenkomplex der „white guilt“ zusammengerührt, nach der sich auch Deutsche für den Kolonialismus, Engländer für den Holocaust, Franzosen für die Sklaverei irgendwie mitverantwortlich fühlen sollen. Das alles soll sich nun ein- für allemal nicht wiederholen, und dieses „Nie wieder“ soll jeden anderen Gesichtspunkt verdrängen.

Wer eine solche Ideologie verinnerlicht, kann die Existenz des eigenen Volkes nicht als etwas ansehen, das zu verteidigen sich lohnte. Er wird, ganz im Gegenteil, mit unausgesprochener Selbstverständlichkeit davon ausgehen, dass das eigene Volk sein Existenzrecht verwirkt habe, dass es also, wie die Nazis das genannt hätten, lebensunwert sei. Der Schuldkult soll die Gegner des liberal-globalistischen Paradigmas nicht nur ideologisch mattsetzen, sondern den Völkern des Westens die für ihre Fortexistenz notwendigen psychologischen Voraussetzungen entziehen. Völker, die nicht existieren wollen, die können und werden auf die Dauer nicht überleben.

Der Schuldkult ist also Teil eines Völkermordes mit anderen Mitteln. Die Nazis mit ihren Einsatzgruppen und Gaskammern waren in jeder Hinsicht blutige Amateure des Genozids, verglichen mit Ideologen, die ganze Völker dazu bringen, den Autogenozid zu wollen.

Versteh mich bitte richtig: Ich werfe weder Dir noch den Angehörigen Deiner Reisegruppe vor, dass Ihr diese Gesichtspunkte nicht gesehen habt. Ich kann nachvollziehen, dass man sich aus einer jüdischen Perspektive, die als solche auch völlig legitim ist, dafür interessiert, wie die Deutschen mit der Holocaust-Vergangenheit umgehen, und sie daran misst, dass sie ihn wenigstens nicht rechtfertigen oder beschönigen. Ich verstehe auch, dass man von diesem Standpunkt nicht auf die Frage kommt, ob die Deutschen mit ihrem masochistischen Übereifer womöglich nicht alle Tassen im Schrank haben?

Ich weise aber doch darauf hin, dass dieser Schuldkult von einem israelischen Standpunkt im höchsten Maße bedenklich sein sollte: Ihr beschwert Euch zu Recht, dass die Deutschen, und erst recht andere europäische Völker, zu wenig Verständnis für Eure Situation aufbringen und Euch mit Ratschlägen traktieren, deren Verwirklichung für Israel auf den nationalen Selbstmrod hinausliefe. Nun frage ich Dich: Wie soll eigentlich ein Volk, das wie besessen an der Selbstauflösung und am eigenen Untergang arbeitet, Verständnis für ein anderes haben, das um seine Existenz kämpft? Wie soll ein Volk, das den deutschen Charakter Deutschlands nicht für erhaltenswert hält (und dies sogar als Ausdruck einer besonders hohen politischen Moral betrachtet), eine Politik unterstützen, die darauf abzielt, den jüdischen Charakter Israels zu bewahren? Und was sollen Völker, die ihre eigenen Länder der muslimischen Masseneinwanderung öffnen, davon halten, dass Ihr den Palästinensern das „Rückkehrrecht“ verweigert, statt sie ans Herz zu drücken, um mit ihnen Multikulti zu spielen?“

Terrortröten

Wissen die Fans in Südafrika mit ihrem unsäglichen monotonen Getröte eigentlich nicht, dass sie, wie alle Fußballfans, Teil des Spiels sind? Fans nehmen Einfluss, indem sie die Spieler durch Jubel und Gesänge einerseits, Pfiffe andererseits, belohnen bzw. bestrafen. Die Geräuschkulisse wirkt zwar unbewusst, aber mächtig auf das ein, was im Gehirn der Spieler vor sich geht.

Wenn die aber wissen, dass sie unabhängig von ihrer Leistung immer denselben Monoton zu hören bekommen, fehlt ihnen ein wichtiges Stimulans. Wenn sie sich außerdem nicht miteinander verständigen können, fehlt ihnen ein Teil der gegenseitigen Koordination, und wenn sie obendrein einem gleichbleibend ohrenbetäubenden Krach ausgesetzt sind, auch die Konzentration. Oder kann sich irgendjemand vorstellen, ein Gedicht zu schreiben, wenn neben ihm ein Presslufthammer dröhnt?

Ich bin deswegen ziemlich sicher, dass das unfassbar niedrige sportliche Niveau der gegenwärtigen WM auch damit zu tun hat, dass die Zuschauer das Spiel nicht unterstützen, sondern systematisch kaputttröten. Das Speil passt sich wie von selbst der Eintönigkeit der Geräuschkulisse an. Was dabei aber niedergehupt wird, ist just jenes Quentchen Genialität, das den Unterschied zwischen einer bloß guten Fußballmannschaft und einem Team der Weltspitze ausmacht. Da spielt dann eben Italien gegen Neuseeland 1 zu 1.

Nun gibt es afrikanische Intellektuelle, die auch dafür noch eine ideologische Begründung finden, und wenn diese Begründung auch aus dem Mund eines Bischofs geschliffener klingt, als sie im Kopf des einfachen südafrikanischen Zuschauers präsent sein mag, so glaube ich doch, dass darin etwas zum Ausdruck kommt, was auch die einfachen Leute mehr oder minder deutlich empfinden. Der Vorsitzende des Südafrikanischen Kirchenrates, Tinyiko Maluleke, hat uns in seinem Blog wissen lassen, dass man sich in Afrika sehr wohl bewusst ist, dass die Vuvuzela nicht nur entnervend, sondern auch gesundheitsschädlich ist:

Ah! Die Vuvuzela! (…) Während sie gegenüber dem prähistorischen Tierhorn keine große musikalische Verbesserung darstellt, liefert sie doch entschieden mehr Dezibel – genug Dezibel, um die Trommelfelle europäischer Männer, Frauen und Kinder platzen zu lassen. Wir wissen das, weil spezialisierte Forscher es uns gesagt haben.

Es geht nicht um irgendwelche Trommelfelle, sondern um die von Weißen, sagt dieser Mann Jesu Christi (der uns zu Beginn seines Blogeintrags darüber aufklärt, man könne nicht sicher sein, dass die Afrikaner die Bibel hätten oder brauchten, zumal man sich ihretwegen den Kolonialismus eingehandelt habe). Und im Gespräch mit der Ökumenischen Nachrichtenagentur International sagt er es noch deutlicher:

Im 19. Jahrhundert waren Missionare Seite an Seite mit den Kolonialisten und haben den Schwarzen die Bibel gegeben, während jene das Land genommen haben. Jetzt haben wir die Vuvuzela erschaffen, eines der garstigsten Instrumente: sehr laut, sehr nervend.
(Quelle: Junge Freiheit)

Die Vuvuzela ist ein Instrument der Rache.

Wieder zurück zu Malulekes Blogartikel:

Die Vuvuzela ist unsere jüngste kulturelle Waffe. Als Volk haben wir über die Jahrhunderte viel verloren … . Der Kolonialismus nahm uns unser Land und unsere Reichtümer. Er versetzte unserer Würde und Selbstachtung einen schweren Schlag. (…) Inmitten unseres dunklen, verhängnisvollen Schicksals kam dieses kleine Instrument – die Vuvuzela.

Die Vuvuzela ist der zwölfte Spieler genannt worden (…) Sicher, sie klingt für Außenstehende unerträglich. Aber genau darum geht es ja!

Das Spiel soll nicht unterstützt, sondern zerstört werden – zumindest, soweit es das Spiel „außenstehender“, nichtafrikanischer Mannschaften ist.

Mit ihr fordern wir gehört, gesehen und gefühlt zu werden. Das Röhren der Vuvuzela ist der verzweifelte Schrei eines Kontinents, der lange unsichtbar und unhörbar war. Der Klang der Vuvuzela ist der Schrei eines Volkes, das danach lechzt, gehört und gesehen zu werden. Er ist ein Appell, anders gesehen und anders gehört zu werden – nämlich in positivem Licht gesehen und gehört zu werden.

Man terrorisiert seine Gäste und versaut die WM – um „in positivem Licht“ gesehen zu werden. Falls dies wirklich die Absicht gewesen sein sollte, dürfte sie misslungen sein. Aber das ist offenkundig nicht entscheidend:

Dies ist das Wichtigste für einen Kontinent und ein Volk, das wieder und wieder ungesehen und ungehört war, und über das niemand gesprochen hat [have been mis-seen, mis-heard and mis-spoken]

Entscheidend ist, und wird deshalb auch ein halbes Dutzend mal hintereinander gesagt, wahrgenommen zu werden, egal ob positiv oder nicht. Dabei wäre es gar nicht so schwer gewesen, sich „in positivem Licht“ darzustellen: Man hätte nur ein guter Gastgeber sein müssen. Ein Publikum wie das deutsche 2006, dass sich für den Fußball der Spitzenmannschaften begeistert, zugleich aber Mannschaften aus kleinen Drittweltländern unterstützt, die ohne großen eigenen Fananhang auskommen müssen („Steht auf, wenn ihr für Ghana seid!“), wird ganz von alleine „in positivem Licht“ wahrgenommen. Der Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war hochgradig kitschverdächtig, aber in den vier Wochen damals war er ziemlich nahe an der Wahrheit.

Nur darf man, wenn man dies will, nicht die Idee im Hinterkopf haben, sich an der Welt, aus der die Gäste kommen, für das eigene Elend rächen zu müssen.

Was Maluleke hier zum Ausdruck bringt, ist das Ressentiment des Zukurzgekommenen, der zum Besseren, Reicheren, Klügeren nicht aufschließen, sondern ihn zu sich herunterziehen will; der nicht dazulernen will, sondern einen Sündenbock sucht; der nicht fragt „Was kann ich der Welt geben, um besser angesehen zu sein?“, sondern „Was schuldet mir die Welt an Respekt?“; der sich deshalb auch an der Meisterschaft Anderer nicht berauschen und inspirieren kann, sondern sie als beleidigende Bloßstellung des eigenen Unvermögens betrachtet. Damit ihm dies nicht widerfährt, hat er die Vuvuzela empfunden.

Selbstverständlich gibt es diese Art Resentiment nicht nur unter Afrikanern: Wir kennen sie auch in Gestalt des Sozialhilfeempfängers, der empört ist, wenn der Staat ihm keinen Urlaub in Gran Canaria finanziert; in Gestalt des Jungversagers, der alle fleißigen Menschen für Spießer hält; der neurotischen Kampf-Emanze, für die glücklich verheiratete Frauen Sklavinnen des Patriarchats sind; des Schulverweigerers, der den Lehrer ersticht, wenn er schlechte Noten bekommt; des „Regietheater“-Regisseurs, der Goethe „dekonstruiert“; und nicht zuletzt all der kleinen unkreativen, konformistischen Inquisitoren- und Zensorengeister, die jeden halbwegs originellen Gedanken als xeno-, islamo-, homo- oder sonstwie -phob verbellen.

Der Unterschied ist, dass solches Ressentiment in Afrika kulturprägend ist, in Europa aber noch nicht. Noch. Denn die politischen Agenten der genannten Jammergestalten sind auf dem Weg zur Afrikanisierung Europas in jeder Hinsicht weit vorangekommen.

Egon Flaig: Weltgeschichte der Sklaverei

(Rezension)

Egon Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei, BuchcoverDies vorweg: Diese Rezension (die im Grunde auch aus einem einzigen Wort bestehen könnte: Lesen!) erspart nicht die Lektüre von Flaigs Buch „
Weltgeschichte der Sklaverei„; es ist eines, das man gelesen haben muss. Dafür, dass es eine Weltgeschichte ist, ist es mit 219 Seiten von angenehmer Knappheit und Prägnanz – eines jener Bücher, in denen kein Wort zu viel steht, weil ihre Verfasser das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und ein schier uferloses Thema straff zu gliedern wissen.

Ich kann und will hier nur einige Aspekte herausgreifen, die mir selber wichtig sind:

Flaig macht, nachdem er die Begriffe geklärt hat (er spricht von klassischer Sklaverei im Unterschied zu Leibeigenschaft und anderen milderen Formen der Unfreiheit), auf zweierlei aufmerksam:

Erstens, dass die Sklaverei im allgemeinen zu sehr als Produktionsweise und als gesellschaftliche Institution betrachtet wird, das heißt unter statischen Gesichtspunkten, während der Prozess der Versklavung normalerweise auch beim historisch gebildeten Zeitgenossen nicht im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Dabei sind es nicht zuletzt die Umstände der Versklavung, die der Sklaverei ihr Gepräge geben: Die Betroffenen werden in der Regel plötzlich und gewaltsam entmenscht: Sie verlieren ihre persönliche Autonomie, ihre Freiheit, ihre Würde, ihr soziales Netz, ihre Heimat und ihre Verwandtschaft. Sie werden sozial atomisiert und damit nicht nur rechtlich, sondern soweit möglich auch faktisch zu bloßen Objekten fremder Verfügung degradiert. Da die Sklaverei als Institution solche Versklavungsprozesse hervorbringt und verstetigt, gehören diese Prozesse zwangsläufig zum sklavistischen Gesamtsystem.

Zweitens, und aus demselben Grund, erzeugt dieses System getrennte geographische Zonen. Das sklavenverbrauchende Zentrum schafft sich eine Peripherie von „Lieferzonen“. Da die Stabilität imperialer Zentren von Zivilisationen mit der gewaltsamen Versklavung von Menschen im Inneren prinzipiell unvereinbar ist, werden die damit verbundene Gewalt und Anarchie exportiert, und zwar in dem Maße, wie das System auf die anhaltende Zufuhr von Sklaven angewiesen ist.

Dieses Maß freilich schwankte. Es kann zum Beispiel keine Rede davon sein, dass etwa das Römische Reich zu seiner Selbsterhaltung eine Politik von Versklavungskriegen verfolgt hätte. Es gab Kriege, und die dabei gemachten Gefangenen wurden, antiken Bräuchen gemäß, versklavt. Das aber war lediglich ein Nebenprodukt, und gegen Ende der römischen Epoche wurde die Sklaverei nach und nach zurückgedrängt; nicht zuletzt übrigens unter dem Einfluss des Christentums, innerhalb dessen es von Anfang an eine starke antisklavistische Tendenz gab. Diese war zwar lange Zeit in der Minderheit, aber sie verschwand niemals (konnte unter den theologischen Prämissen des Christentums auch nicht verschwinden) und sorgte dafür, dass Sklaverei selbst in denjenigen christianisierten Ländern, wo sie praktiziert wurde, nie den Ruch des Unmoralischen und Vewerflichen verlor.

Entgegen einem weitverbreiteten Klischee war das größe sklavistische System der Weltgeschichte nicht das römische und auch nicht die (nord- und süd-) amerikanische Plantagenwirtschaft, sondern der Islam. Allein 17 Millionen Afrikaner wurden, zuverlässigen Berechnungen zufolge, von Muslimen versklavt. Die Zahl der versklavten Europäer, die zu den ersten Opfern des Versklavungsdjihad wurden, lässt sich ebensowenig beziffern wie die der versklavten Inder, aber die folgenden Zeilen mögen einen Eindruck geben:

Als die Muslime Spanien von 711 bis 720 unterwarfen, versklavten sie 150.000 Menschen. Ihre Dauerangriffe auf das hoffnungslos unterlegene katholische Europa und auf das byzantinische Gebiet unterwarfen oder entvölkerten die Inseln des Mittelmeeres zwischen 649 (Zypern) und 827 (Sizilien); 840 errichteten sie das süditalienische emirat Bari, 889 das südfranzösische Emirat, 933 eroberten sie Genua, 940 sperrten sie kurzfristig die westlichen Alpenpässe. Die wiederholten Angriffe auf Konstantinopel wurden 717 endgültig abgeschlagen, aber Anatolien und Armenien wurden noch 200 Jahre lang fast jährlich verheert. Aus dem 712 eroberten indischen Sind verschleppten die Sieger 60.000 Versklavte. Die zweite Expansionswelle traf Nordafrika und besonders Indien; dort setzten sich im 11. Jahrhundert afghanische Reiterheere fest, deren Dauerangriffe Hunderttausende von Indern in die Sklaverei brachten; sie wurden deportiert über ein Gebirge, das bis heute den Namen „Hindu-Tod“ (Hindukusch) trägt … . 1192 eroberten afghanisch-türkische Muslime Nordindien dauerhaft. Das Sultanat Delhi unterhielt bis Mitte des 14.Jh. 120.000 bis 180.000 Militärsklaven; die meisten davon waren versklavte Ostafrikaner, die der arabische Sklavenhandel über den indischen Ozean verschleppte. Die Sultane führten jährlich Djihads in Mittelindien, um große Mengen von Sklaven zu erbeuten und unterwarfen bis 1340 praktisch den gesamten Subkontinent.

Eine bleibende Eigenart der islamischen … Sklaverei war die doppelte Weise, sich Sklaven zu beschaffen. Zum einen war ein riesiger Militärapparat damit beschäftigt, ständig Kriege zu führen: „Der Islam verfolgte während des Mittelalters seine Politik periodischer Kriege, und sicherte sich so einen fast ununterbrochenen Zustrom an … Sklaven“. Man hinterließ dort, wo die islamischen Heere auf starken Widerstand stießen, ausgedehnte verwüstete und menschenleere Areale, die anschließend in Besitz genommen und oft neu besiedelt wurden. So führte der Wesir des vorletzten Kalifen von Córdoba, Al-Mansur, am Ende des 10. Jhs. In 27 Jahren 25 Invasionen in die christlichen Gebiete Spaniens, zerstörend, massakrierend, versklavend und verwüstend. Eine Politik, die den antiken Staaten völlig fremd war. Zum anderen verfügte die islamische Herrenschicht in den reichen eroberten Provinzen des römischen Reiches und in Persien über gewaltige Reichtümer, welche es erlaubten, an den Grenzgebieten ständig große Sklavenmassen zu kaufen. Diese Importe übertrafen jene des römischen Reiches bei weitem, was bedeutet, dass die islamische Kultur als sklavenimportierende ‚Metropole‘ in der Peripherie die Versklavungsprozesse so anheizte, wie es bis dahin in der Weltgeschichte noch nie geschehen war. Die Sogwirkung dieser Importe reichte in Europa bis zu den Wikingern und zu den Ungarn, in Russland bis zur mittleren Wolga und tief nach Kasachstan bis über Turkmenistan hinaus. Die Transportrouten führten alle letztlich in das Land des Islam. (S.84 f.)

Bis zur Niederwerfung der Ungarn und der Ansiedlung der Wikinger in Nordfrankreich im 10. Jahrhundert war fraglich, ob Europa womöglich dauerhaft zur Sklavenlieferzone werden würde, wie Afrika es tatsächlich wurde.

Dort bildeten sich am Südrand des islamischen Machtbereiches Staaten, meist von islamischen Eliten regiert, die praktisch ausschließlich von der Menschenjagd lebten, und zwar bis ins 19. Jahrhundert hinein. Diese Lieferzone dehnte sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter nach Süden aus. Politik und Ökonomie in diesem Raum drehten sich praktisch ausschließlich um die Bereitstellung von Sklaven für den islamischen Markt, und zwar lange bevor die Europäer Amerika entdeckten und dort Plantagen aufbauten, für die sie Sklaven aus Afrika importierten. Die Versklavung Afrikas, seine Verwandlung in ein Menschenjagdgebiet, war das Werk des Islam.

Und dies, das füge ich jetzt hinzu, ist nicht etwa ein historischer Zufall, sondern das folgerichtige Ergebnis islamischer Theologie und islamischen Rechts. Nach islamischem Recht begeht jeder Mensch, der kein Muslim ist, eben dadurch, dass er das nicht ist, ein Verbrechen gegen Gott, und ist deswegen natürliches Eigentum der islamischen Umma. Der Djihad zur Versklavung Andersgläubiger war seit den Tagen des Propheten ein gottgefälliges Werk, zumal die Sklaven ein Potenzial von Konvertiten darstellten:

Abgesehen davon, dass bereits die drohende Versklavung für „Ungläubige“ an der Peripherie des islamischen Systems Grund genug sein konnte, sich schleunigst zu bekehren (Muslime durften nämlich nicht versklavt werden), verstand es sich sozusagen von selbst, dass ein Sklave nur dann Aussicht auf Freilassung hatte, wenn er zum Islam konvertierte – als notwendige, nicht etwa hinreichende Voraussetzung. Die vorangegangene Entmenschung des Sklaven hatte dieselbe Wirkung wie die Gehirnwäsche in irgendeinem kommunistischen Umerziehungslager: Mensch, das lernte der Sklave, konnte man nur als Muslim sein, und da er aus seiner heimatlichen Umgebung herausgerissen war, konnten die Skrupel auch gar nicht erst aufkommen, die bei formell nicht versklavten Dhimmi-Christen und -Juden daraus resultierten, dass sie mit der Konversion ihre Glaubensgemeinschaft bzw. Ethnie verrieten. Einen solchen konvertierten Sklaven freizulassen galt für Muslime als durchaus verdienstvoll – es gab ja genug Nachschub. Das islamische Recht etablierte ein Sklavensystem, das Menschen aufsaugte, zerbrach, umformte und als Muslime wieder ausspuckte.

Flaig weist zu Recht darauf hin, dass es unter diesen Umständen einen islamischen Abolitionismus nicht geben konnte, und auch heute noch ist Sklaverei nach einhelliger Auffassung islamischer Rechtsgelehrter nicht verboten, sondern lediglich praktisch nicht anwendbar. Und selbst diese Auffassung ist noch optimistisch. Tatsächlich wird Sklaverei in islamischen Ländern wie etwa dem Sudan (und anderen) praktiziert.

Die Abschaffung der Sklaverei ist historisch eine Errungenschaft des Westens, und zwar eine nie dagewesene Errungenschaft, die es ohne den christlich-jüdischen Gedanken der Gottesebenbildlichkeit des Menschen (und seiner säkularen Zwillingsidee der Gleichheit an Rechten und an Würde) niemals gegeben hätte. Sie ist das historisch unwahrscheinliche Produkt einer Zivilisation, der es gelungen ist, die innergesellschaftliche Gewalt auf ein Minimum zu reduzieren. Sie ist das das Produkt einer Ordnung, die Freiheit ermöglicht, und sie steht und fällt mit dieser Ordnung. Rechtsfreie Räume sind die, in denen die Sklaverei auch heute noch und wieder blüht.

Wer sich weigert, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, ist gezwungen, sie zu wiederholen. Nicht zufällig droht gerade in Afrika die Sklaverei in Reinform mit ihrer Wiederkehr: Die heutigen Warlords mit ihren Kindersoldaten setzen genau dort an, wo die … des 19. Jhs. … aufhörten, als der britische und französische Kolonialismus ihnen das Handwerk legte. Jene afrikanischen Intellektuellen, welche sich heute als Nachfahren von Opfern stilisieren, lehnen allzumeist die Menschenrechte rundheraus ab. (…) An der Sklaverei entscheidet sich das Schicksal der Menschenrechte. Es gilt als schick, diese als westliche Erfindung abzutun und ihren Anspruch auf universale Geltung zu verhöhnen. Schon einmal geschah dies, im 20. Jh.; und es geschah nicht ungestraft. Denn nur wenn die Menschenrechte und ihr Artikel 4 universal gelten – für alle Kulturen ohne Ausnahme -, nur dann ist Sklaverei ein Verbrechen. Und nur wenn die Sklaverei ein Verbrechen ist, lassen sich die vielen alten und neuen Formen der Unfreiheit bekämpfen, welche in der globalisierten Welt sich endemisch verbreiten. Nur wenn sie ebenso bezwungen werden, wie es mit der Sklaverei gelang, wird die globalisierte Menschheit ihr politisches zusammenleben auf die Freiheit gründen können. Andernfalls war der größte Sieg in der Geschichte der Menschheit eine verebbende Welle, und unsere westliche Kultur bleibt eine Zeitinsel inmitten eines endlosen Ozeans von Unfreiheit. (S.216 f.)