JUNGE FREIHEIT: Özil und die Deutschen

Michael Paulwitz schreibt in der JF:

Skandal! Entsetzen! Nein, nicht die bevorstehende nächste Runde der Milliardenvernichtung durch die „Euro-Retter“ versetzt die Republik tagelang in Aufregung. „Rassistische Hetze gegen Özil!“ schreit es uns von den Boulevard-Titelseiten entgegen. Was ist denn da passiert?

Auslöser der Empörungswelle ist ein inzwischen gelöschtes Twitter-Konto, aber das Netz vergißt ja nichts. Die offenkundig schlimmste und entsprechend häufig zitierte „üble rassistische Beschimpfung“ soll wohl diese sein: „Özil ist garantiert kein Deutscher! Ein Stück Papier ändert nicht die Abstammung.“

Nanu? Objektiv falsch ist die Aussage ja wohl nicht, wenn man denn nicht übersieht, daß der Begriff „Deutscher“ eben nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern auch die Volkszugehörigkeit beschreiben kann. Natürlich ist es nicht ganz fair, Özil das Deutschsein so pauschal abzusprechen; immerhin mußte er sich für seine Entscheidung von anderen Türken, die diese Unterscheidung sehr wohl kennen, als „Verräter“ beschimpfen lassen – auch eine Form von „Rassismus“ übrigens. Aber „Hetze“?

Die Nationalhymne als Lackmustest

Den Zweifel an seiner eigenen Bereitschaft, nicht nur das deutsche Trikot zu tragen, das ihm ganz andere internationale Auftritte ermöglicht als das türkische, sondern sich auch im Herzen als Deutscher zu fühlen und mit diesem Land zu identifizieren, nährt ein Özil zudem ja auch selbst, wenn er jedesmal beim Ertönen der Nationalhymne angewidert den Mund zukneift, wie einige andere Migrationshintergründler in der Mannschaft übrigens auch – während bei Kroaten, Ukrainern, Polen, nur mal so zum Vergleich, alle ergriffen mitsingen und vor Enthusiasmus und Stolz auf das eigene Land regelrecht zu glühen scheinen.
Nur ein Symbol, gewiß, aber das Unbehagen darüber bricht in vielen Netzdiskussionen immer wieder durch. Wie krisenfest ist ein Bekenntnis zu Deutschland, das solch einfache Gesten verweigert? (…)

Vollständiger Text hier: JUNGE FREIHEIT – Wochenzeitung aus Berlin: Özil und die Deutschen.

Frauen-WM: Das Eigentor

Totalitäre Regime erkennt man ganz allgemein an dem Ausmaß, in dem jeder nichtpolitische Lebensbereich mit politischer Ideologie durchtränkt, und im Besonderen an dem Maß, in dem der Sport für politische Propaganda missbraucht wird. Gemessen daran, ist die totalitäre Deformation unseres Gemeinwesens schon ziemlich weit fortgeschritten.

Spätestens bei der WM 2010 wurde uns mit aller Deutlichkeit klargemacht, dass ein guter Deutscher, sofern man diesen Begriff überhaupt noch verwenden darf, tunlichst nicht aus Deutschland stammen, und wenn, dann jedenfalls nicht das Kind deutscher Eltern sein sollte. Man erinnere sich nur an die unsäglich peinliche Selbsterniedrigung des Springer-Kolumnisten Franz-Josef Wagner:

Es gibt nichts Schöneres zu prophezeien, dass Mesut Özil, Sohn türkischer Eltern, aufgewachsen in Gelsenkirchen, einmal Kapitän der deutschen Nationalelf wird.

Wäre das nicht ein Traum von einem Deutschland der Zukunft? Ich liebe diesen Traum.

[Quelle: bild.de]

Man hätte kaum eine deutlicher unterstreichen können, dass der psychologische Kern der Multikulti-Ideologie eine masochistische Unterwerfungsphantasie ist.

Selbstredend wird uns zur Frauen-WM genau dieselbe Ideologie aufgetischt, selbstverständlich wird auch diesmal eine Migrantin, diesmal Celina Okoyino da Mbabi mit ihren „französisch-kamerunischen Wurzeln“ in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und zur Retterin des Vaterlandes (das man freilich nicht mehr so nennen darf, weil das sonst rechtsradikal wäre) hochgejubelt.

Immerhin hat der DFB begriffen, dass es doch irgendwie peinlich ist, wenn Spieler, in denen wir gefälligst „Deutsche“ sehen sollen, sich weigern, die Nationalhymne zu singen und auch sonst in jeder Hinsicht deutlich machen, dass sie weder Deutsche sind, noch welche sein wollen, und lässt seine „Integrationsbotschafterin“ daher eilfertig versichern:

Bei der Hymne läuft es mir meistens kalt den Rücken herunter, im Eröffnungsspiel war’s aber noch mal ganz besonders.

Womit der Wille, das Selbstverständnis der Nation propagandistisch zu manipulieren, eher noch unterstrichen als dementiert wird. Was immer die Deutschen sein mögen: Das, was sie tausend Jahre lang waren, nämlich ein Volk, sollen sie jedenfalls nicht mehr sein, sondern eine Bevölkerung aus Zugewanderten, weniger freundlich formuliert: aus Dahergelaufenen.

Der DFB scheint gar nicht zu bemerken, wie sehr es die Mehrheit der Deutschen (also seiner Kunden) anwidert, dass es geradezu zum Makel erklärt wird, keinen Mihigru zu haben, und dass man fast schon dankbar zu sein hat, wenn für die DFB-Auswahl (das Wort „Nationalmannschaft“ kommt mir immer schwerer über die Lippen) überhaupt noch ethnische Deutsche auflaufen dürfen.

Diese Mehrheit geht nämlich immer noch davon aus, dass Deutschland deshalb so heißt, weil es das Land der Deutschen ist. Dass Ausländer sich unserem Volk anschließen, sollte im Einzelfall kein Problem sein. Ein Problem ist aber, wenn nicht sie sich uns anschließen sollen, sondern wir uns ihnen. Und erst recht ist ein Problem, wenn es so etwas wie ein Wir gar nicht mehr geben soll. Wenn es ein solches Wir nämlich nicht gibt, warum soll ich mich für Zwanzigers Söldnertruppe begeistern oder mich gar mit ihr identifizieren?

Kaum weniger penetrant als die Multikultipropaganda im Zusammenhang mit der Frauen-WM ist die Genderpropaganda. Wir sollen glauben, Frauen könnten genausogut Fußball spielen wie Männer, weil wir sonst auf den völlig abwegigen Gedanken kommen können, das Geschlecht und die geschlechtsspezifischen Rollenbilder seien eine biologische Gegebenheit und nicht etwa ein „soziales Konstrukt“ namens „Gender“.

Nein, ich werde jetzt nicht aus ideologischem Trotz behaupten, diese Mädels, die die WM bestreiten, könnten nicht Fußball spielen. Sicher ist es weniger spritzig und dynamisch, als wenn Männer spielen, aber von „Zeitlupenfußball“ kann doch, wenn wir ehrlich sind, schon lange nicht mehr die Rede sein, und an der Weltspitze wird auf sehr ansehnlichem Niveau gespielt.

Viel interessanter ist etwas Anderes: Schaut Euch diese Frauen einmal an. Sie sind offensichtlich völlig untypisch für ihr Geschlecht. Damit meine ich weder, dass sie hässlich, noch dass sie unsympathisch wären, aber sie sind unweiblich, und das nicht nur auf dem Fußballplatz, wo die Arbeitskleidung den maskulinen Eindruck noch unterstreicht. Sie unterscheiden sich, ihrem ganzen Wesen nach, von der Masse ihrer Geschlechtsgenossinnen so deutlich, und neigen so deutlich zu männlichen Verhaltensmustern (viele von ihnen sind ja auch lesbisch), dass die Gender-Ideologie dadurch nicht etwa bestätigt, sondern widerlegt wird.

Gerade weil sie so untypisch sind, bestätigen sie einerseits das, was sowieso Jeder weiß, nämlich dass Einzelpersonen immer von einem biologisch vorgegebenen Idealtyp individuell abweichen können; andererseits, und eben dadurch, aber auch, dass es diesen Idealtyp gibt, und dass er alles andere als ein „gesellschaftliches Konstrukt“ ist.

Und ganz nebenbei bestätigen sie, dass die Menschheit aussterben würde, wenn der Durchschnitt der Frauen sich gender-mainstreaming-gerecht dem der Profifußballerinnen annähern würde; ebenso, wie sie es täte, wenn der durchschnittliche Mann so wäre wie der durchschnittliche Baletttänzer. Das ist weder ein Argument gegen Frauenfußball noch eines gegen Männer beim Ballett; es ist ein Argument dafür, in Fußballspielerinnen und Ballettänzern keine Rollenvorbilder zu sehen.

In der Tat glaube ich auch, dass der Schuss nach hinten losgeht: Welche Frau will denn schon, wenn sie ehrlich ist, so sein wie Birgit Prinz?

"Bauernland in Sportlerhand"

Cicero schreibt:

Bauernland in Sportlerhand
von Ulrich Hottelet

Die Bewerbung Münchens um die Olympischen Spiele 2018 darf nicht daran scheitern, dass einige Bauern um eine hohe Entschädigung für ihre Grundstücke pokern. Ihre Sorge um die Natur scheint nur vorgeschoben, deshalb müssen die Grundstücksbesitzer notfalls enteignet werden.

(Quelle: Cicero.de)

Da bedient sich der angeblich bzw. ehemals bürgerliche Cicero aus dem Phrasenschatz der SED („Junkerland in Bauernhand“), und dies nicht etwa kritisch ironisch, sondern affirmativ: das folgerichtige Ergebnis, wenn man ein solches Blatt einem sozialdemokratischen Chefredakteur überantwortet. Die Forderung nach Enteignungen fließt dessen Schreibsklaven wie von selbst aus der Feder.

Dabei ist die Parole heute so verlogen wie damals: Die Sportler würden heute von Enteignungen so wenig profitieren wie damals die Bauern. Damals profitierte die Partei, heute die globale Sportmafia.

Wäre eine solche Enteignung denn eine im Interesse des „Wohls der Allgemeinheit“, wie es Artikel 14 Absatz 3 GG zwingend vorschreibt?

Gewiss würden viele Menschen wirtschaftlich von den Spielen profitieren (und viele andere darunter leiden). Vielleicht würde auch der eine oder andere Arbeitsplatz geschaffen, der sich nicht gleich nach den Spielen wieder erledigt hätte.

Wer aber aus solchen Gründen der Meinung ist, eine private Großveranstaltung diene dem „Wohl der Allgemeinheit“ im Sinne von Art. 14 GG, der wird schlechterdings kein Argument mehr finden können, wenn internationale Großkonzerne ihre Ansiedlung am Ort von der Enteignung dieses oder jenes Grundstücks abhängig machen. Die Verhandlungsposition des international agierenden Akteurs, der sich ebenso gut hier niederlassen kann wie irgendwo sonst auf der Welt, und der deshalb über entsprechende Erpressungsmacht verfügt, wäre dieselbe wie im Falle des IOC (das letztlich auch nichts anderes ist als ein multinationaler Konzern). Und die Argumente, mit denen beflissene Politiker solchen Forderungen nachgeben und Bürger enteignen würden, wären sogar noch stärker.

Eine Enteignung für Olympia, eine Enteignung zugunsten Privater würde, wenn sie Rechtens wäre, dem Eingriff in das Eigentumsrecht, sprich dem organisierten Diebstahl Tür und Tor öffnen. Im Grunde könnte man dann auch ins Grundgesetz schreiben: „Eine Enteignung ist nur zugunsten von multinationalen Konzernen zulässig, dann aber ohne Weiteres“.

„Bauernland in Sportlerhand“: Wenn es jemals eine Parole gegeben hat, die gerade in ihrer Verlogenheit die perverse Mésalliance von Kapitalismus und Kommunismus illustriert hat, zu der sich das Globalsystem entwickelt, dann ist es diese.

Das Ende der Ewigen WM-Wahrheiten

Alle ehernen Gesetze des WM-Fußballs sind diesmal über den Haufen geworfen worden:

Außerhalb des eigenen Kontinents wird nur Brasilien Weltmeister. Falsch.

Weltmeister wird entweder der Gastgeber oder einer, der es schon einmal war. Falsch.

Wer sein Auftaktspiel verliert, wird nicht Weltmeister. Falsch.

Ein einziges Gesetz hat diese WM überlebt, nämlich dass Holland der ewige Favorit ist, der nie den Titel holt. Schade. Diesmal hätte ich es den Holländern gegönnt.

Einer freilich hat sich über die Weisheiten der Fußball-Experten souverän hinweggesetzt und jederzeit den Überblick behalten:

In Spanien soll er jetzt zum Nationalhelden erklärt werden. Kein Witz.

Das können sie ja gerne machen. Aber Paul gen Spanien ziehen lassen? Das könnte denen so passen. Nein, man sollte Pauls Aquarium – wenn überhaupt – nach Frankfurt am Main in die Paulskirche verlegen, damit er dort als offizielles Staatsorakel der Bundesrepublik seines Amtes walten kann. Diesen Informationsvorsprung darf Deutschland nicht aus der Hand geben!   😀

Blick in die Zukunft

Gérard Bökenkamp würdigt in eigentümlich frei die Leistungen des Aufsteigers der WM – nein, nicht Thomas Müllers (und schon gar nicht Mesut Özils), sondern des Tintenfischs Paul. Bökenkamp stellt zutreffend fest, dass dessen Prognoseleistungen die der vielen „Experten“ bei weitem übertrafen und regt an, ihn auch auf anderen Gebieten als dem Fußball die Prognosen stellen zu lassen:

Die Herrschaft von weisen Tieren ist kulturgeschichtlich durchaus kein neues Phänomen. Angeblich folgten die Elbslawen im hohen Mittelalter dem Rat eines heiligen Pferdes in einer großen Tempelanlage. Als die sie missionierenden Deutschen das Pferd entführten, soll das zu einer echten politischen und moralischen Krise geführt haben.  (…)

Natürlich wird auch das große Orakel oft falsch liegen, aber er wird wohl schwerlich so lange und so konsequent falsch liegen wie die von bewussten und unbewussten Interessen getriebenen „Experten“. Das ergibt sich schon aus den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit. Vielleicht würde man dann über die Epoche von Pauls Regentschaft in ferner Zukunft folgendes in den alten Schriften lesen können:

Denn es begab sich zu der Zeit, als Deutschland von einem weisen Oktopus regiert wurde. Im großen und ganzen waren die Menschen damals zufrieden, denn etwa 50 Prozent der Entscheidungen, die das Orakel Paul getroffen hatte, waren richtig. Das ist eine größere Trefferquote als je ein Herrscher vor oder nach ihm erreicht hatte. Da der weise Krake weder Neid, noch Rachsucht, noch krankhaften Ehrgeiz, noch Selbstdarstellungsdrang und Eitelkeit kannte – wie es bei den meisten Herrschern ohne Zweifel der Fall ist – und da er weder Schmeicheleien, Bestechungen und Drohungen, noch irgendetwas anderes außerhalb seines Wasserbehälters wahrnahm und davon beeinflusst werden konnte, war es fürwahr ein goldenes Zeitalter.

Der ganze Artikel hier: Orakel Paul: Wenn Oberhausen Hauptstadt wird – Gérard Bökenkamp – eigentümlich frei.

Majestätsbeleidigung

Die Junge Freiheit will ein Interview mit Horst Eckel veröffentlichen, einem der letzten WM-Helden von Bern. Dies wird aber vom DFB bzw. der mit ihm verbundenen Sepp-Herberger-Stiftung verhindert.

Nun hat man speziell bei der Jungen Freiheit Erfahrung damit, boykottiert zu werden. Doch nein, diesmal ist es anders:

Die JF soll ausnahmsweise nicht etwa deshalb boykottiert werden, weil sie von Leuten, die sie nicht lesen, für „rechtsradikal“ gehalten wird, sondern weil sie es gewagt hat, den allgewaltigen DFB-Boss Theo Zwanziger zu kritisieren, der sich rühmt, die Auszeichnung „Gegen Vergessen – für Demokratie erhalten zu haben.

Wie Dr. Zwanziger, der die Political Correctness auf dem Fußballplatz auf eine bis dahin unbekannte Spitze getrieben hat, mit Kritik umzugehen pflegt, davon kann der Sportjournalist und Blogger Jens Weinreich ein Lied singen. Nachzulesen auf seinem Blog.

Der Unparteiische

Der brasilianische Schiedsrichter Carlos Simon, genannt „der Sheriff“, weil er die Karten schneller zieht als John Wayne seinen Revolver, soll morgen das Spiel Deutschlands gegen Ghana leiten. Man muss wissen, dass dieser Mann schon einmal wegen Manipulationsverdachts gesperrt war.

Ob die Brasilianer sich wohl gefreut hätten, wenn der DFB Robert Hoyzer geschickt hätte, damit er ihre Spiele pfeift?

Terrortröten

Wissen die Fans in Südafrika mit ihrem unsäglichen monotonen Getröte eigentlich nicht, dass sie, wie alle Fußballfans, Teil des Spiels sind? Fans nehmen Einfluss, indem sie die Spieler durch Jubel und Gesänge einerseits, Pfiffe andererseits, belohnen bzw. bestrafen. Die Geräuschkulisse wirkt zwar unbewusst, aber mächtig auf das ein, was im Gehirn der Spieler vor sich geht.

Wenn die aber wissen, dass sie unabhängig von ihrer Leistung immer denselben Monoton zu hören bekommen, fehlt ihnen ein wichtiges Stimulans. Wenn sie sich außerdem nicht miteinander verständigen können, fehlt ihnen ein Teil der gegenseitigen Koordination, und wenn sie obendrein einem gleichbleibend ohrenbetäubenden Krach ausgesetzt sind, auch die Konzentration. Oder kann sich irgendjemand vorstellen, ein Gedicht zu schreiben, wenn neben ihm ein Presslufthammer dröhnt?

Ich bin deswegen ziemlich sicher, dass das unfassbar niedrige sportliche Niveau der gegenwärtigen WM auch damit zu tun hat, dass die Zuschauer das Spiel nicht unterstützen, sondern systematisch kaputttröten. Das Speil passt sich wie von selbst der Eintönigkeit der Geräuschkulisse an. Was dabei aber niedergehupt wird, ist just jenes Quentchen Genialität, das den Unterschied zwischen einer bloß guten Fußballmannschaft und einem Team der Weltspitze ausmacht. Da spielt dann eben Italien gegen Neuseeland 1 zu 1.

Nun gibt es afrikanische Intellektuelle, die auch dafür noch eine ideologische Begründung finden, und wenn diese Begründung auch aus dem Mund eines Bischofs geschliffener klingt, als sie im Kopf des einfachen südafrikanischen Zuschauers präsent sein mag, so glaube ich doch, dass darin etwas zum Ausdruck kommt, was auch die einfachen Leute mehr oder minder deutlich empfinden. Der Vorsitzende des Südafrikanischen Kirchenrates, Tinyiko Maluleke, hat uns in seinem Blog wissen lassen, dass man sich in Afrika sehr wohl bewusst ist, dass die Vuvuzela nicht nur entnervend, sondern auch gesundheitsschädlich ist:

Ah! Die Vuvuzela! (…) Während sie gegenüber dem prähistorischen Tierhorn keine große musikalische Verbesserung darstellt, liefert sie doch entschieden mehr Dezibel – genug Dezibel, um die Trommelfelle europäischer Männer, Frauen und Kinder platzen zu lassen. Wir wissen das, weil spezialisierte Forscher es uns gesagt haben.

Es geht nicht um irgendwelche Trommelfelle, sondern um die von Weißen, sagt dieser Mann Jesu Christi (der uns zu Beginn seines Blogeintrags darüber aufklärt, man könne nicht sicher sein, dass die Afrikaner die Bibel hätten oder brauchten, zumal man sich ihretwegen den Kolonialismus eingehandelt habe). Und im Gespräch mit der Ökumenischen Nachrichtenagentur International sagt er es noch deutlicher:

Im 19. Jahrhundert waren Missionare Seite an Seite mit den Kolonialisten und haben den Schwarzen die Bibel gegeben, während jene das Land genommen haben. Jetzt haben wir die Vuvuzela erschaffen, eines der garstigsten Instrumente: sehr laut, sehr nervend.
(Quelle: Junge Freiheit)

Die Vuvuzela ist ein Instrument der Rache.

Wieder zurück zu Malulekes Blogartikel:

Die Vuvuzela ist unsere jüngste kulturelle Waffe. Als Volk haben wir über die Jahrhunderte viel verloren … . Der Kolonialismus nahm uns unser Land und unsere Reichtümer. Er versetzte unserer Würde und Selbstachtung einen schweren Schlag. (…) Inmitten unseres dunklen, verhängnisvollen Schicksals kam dieses kleine Instrument – die Vuvuzela.

Die Vuvuzela ist der zwölfte Spieler genannt worden (…) Sicher, sie klingt für Außenstehende unerträglich. Aber genau darum geht es ja!

Das Spiel soll nicht unterstützt, sondern zerstört werden – zumindest, soweit es das Spiel „außenstehender“, nichtafrikanischer Mannschaften ist.

Mit ihr fordern wir gehört, gesehen und gefühlt zu werden. Das Röhren der Vuvuzela ist der verzweifelte Schrei eines Kontinents, der lange unsichtbar und unhörbar war. Der Klang der Vuvuzela ist der Schrei eines Volkes, das danach lechzt, gehört und gesehen zu werden. Er ist ein Appell, anders gesehen und anders gehört zu werden – nämlich in positivem Licht gesehen und gehört zu werden.

Man terrorisiert seine Gäste und versaut die WM – um „in positivem Licht“ gesehen zu werden. Falls dies wirklich die Absicht gewesen sein sollte, dürfte sie misslungen sein. Aber das ist offenkundig nicht entscheidend:

Dies ist das Wichtigste für einen Kontinent und ein Volk, das wieder und wieder ungesehen und ungehört war, und über das niemand gesprochen hat [have been mis-seen, mis-heard and mis-spoken]

Entscheidend ist, und wird deshalb auch ein halbes Dutzend mal hintereinander gesagt, wahrgenommen zu werden, egal ob positiv oder nicht. Dabei wäre es gar nicht so schwer gewesen, sich „in positivem Licht“ darzustellen: Man hätte nur ein guter Gastgeber sein müssen. Ein Publikum wie das deutsche 2006, dass sich für den Fußball der Spitzenmannschaften begeistert, zugleich aber Mannschaften aus kleinen Drittweltländern unterstützt, die ohne großen eigenen Fananhang auskommen müssen („Steht auf, wenn ihr für Ghana seid!“), wird ganz von alleine „in positivem Licht“ wahrgenommen. Der Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war hochgradig kitschverdächtig, aber in den vier Wochen damals war er ziemlich nahe an der Wahrheit.

Nur darf man, wenn man dies will, nicht die Idee im Hinterkopf haben, sich an der Welt, aus der die Gäste kommen, für das eigene Elend rächen zu müssen.

Was Maluleke hier zum Ausdruck bringt, ist das Ressentiment des Zukurzgekommenen, der zum Besseren, Reicheren, Klügeren nicht aufschließen, sondern ihn zu sich herunterziehen will; der nicht dazulernen will, sondern einen Sündenbock sucht; der nicht fragt „Was kann ich der Welt geben, um besser angesehen zu sein?“, sondern „Was schuldet mir die Welt an Respekt?“; der sich deshalb auch an der Meisterschaft Anderer nicht berauschen und inspirieren kann, sondern sie als beleidigende Bloßstellung des eigenen Unvermögens betrachtet. Damit ihm dies nicht widerfährt, hat er die Vuvuzela empfunden.

Selbstverständlich gibt es diese Art Resentiment nicht nur unter Afrikanern: Wir kennen sie auch in Gestalt des Sozialhilfeempfängers, der empört ist, wenn der Staat ihm keinen Urlaub in Gran Canaria finanziert; in Gestalt des Jungversagers, der alle fleißigen Menschen für Spießer hält; der neurotischen Kampf-Emanze, für die glücklich verheiratete Frauen Sklavinnen des Patriarchats sind; des Schulverweigerers, der den Lehrer ersticht, wenn er schlechte Noten bekommt; des „Regietheater“-Regisseurs, der Goethe „dekonstruiert“; und nicht zuletzt all der kleinen unkreativen, konformistischen Inquisitoren- und Zensorengeister, die jeden halbwegs originellen Gedanken als xeno-, islamo-, homo- oder sonstwie -phob verbellen.

Der Unterschied ist, dass solches Ressentiment in Afrika kulturprägend ist, in Europa aber noch nicht. Noch. Denn die politischen Agenten der genannten Jammergestalten sind auf dem Weg zur Afrikanisierung Europas in jeder Hinsicht weit vorangekommen.

Fankultur

Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die WM in Deutschland würde nach der in Südafrika stattfinden. Dann hätten wir jetzt ein Druckmittel: Wenn wir uns eure Terrortröten anhören müssen, weil das angeblich afrikanische Kultur ist, dann dröhnen wir euch in Deutschland vier Wochen lang ununterbrochen mit dem Badenweilermarsch zu. Und wer wollte bezweifeln, dass dies ein Ausdruck deutscher Kultur wäre?

WM!

Entspannen wir uns. Sprechen wir über ein Thema, bei dem es nicht so wichtig ist, ob man Recht hat oder nicht. Sprechen wir über Fußball.

Ich weiß, dass es nicht besonders originell ist, auf Brasilien als den kommenden Weltmeister zu tippen, aber die Brasilianer haben nun einmal alle ewigen Wahrheiten des WM-Fußballs auf ihrer Seite. Es gibt ja bestimmte Dinge, die bei Weltmeisterschaften immer gleich bleiben, und damit meine ich nicht nur die Frisur von Günter Netzer:

Der Weltmeister ist immer eine europäische oder eine lateinamerikanische Mannschaft, und er kommt immer vom Kontinent des Gastgeberlandes. Einzige Ausnahme sind die Brasilianer, die 1958 in Schweden und 2002 in Japan und Südkorea den Titel holten, bei der bislang einzigen WM; die außerhalb Europas und Amerikas stattfand.

Außerdem wollen die Brasilianer ihren blamablen Auftritt von 2006 vergessen machen, als sie auf ihrer eigenen Pomade ausgerutscht sind. Motivationsprobleme wird es diesmal nicht geben.

Was unsere eigene Mannschaft angeht, so hat sie bei vierzehn der sechzehn Weltmeisterschaften, an denen sie teilgenommen hat, das Viertelfinale erreicht (bzw. eine Plazierung, die dem Viertelfinale entspricht). Sie hat ein paar Probleme – das Fehlen Ballacks, die kurze Vorbereitung speziell für die Bayern-Spieler, die Formschwäche einiger bewährter Akteure -, aber das bedeutet nicht, dass sie das Viertelfinale nicht schafft, sondern nur, dass wir in den kommenden Wochen ziemlich häufig das Wort „Turniermannschaft“ werden bemühen müssen.

Traditionell tut sich unsere Mannschaft schwer gegen Gegner, die eine Tendenz zum destruktiven Fußball haben, sieht aber gut aus gegen spielfreudige Mannschaften. Wenn wir den Gruppengegner Australien mal als Pflichtsieg beiseite lassen, dann folgt daraus eine gute Prognose für das Spiel gegen Ghana; gegen Serbien könnte es wackelig werden:

Diese ganzen Balkanmannschaften sind für Deutschland immer unangenehme Gegner: 1994 Ausscheiden gegen Bulgarien, 1996 (EM) mit Ach und Krach ein 1-0-Sieg gegen Kroatien, 1998 in der Gruppenphase mehr Glück als Verstand beim Unentschieden gegen Jugoslawien in der Gruppenphase und das Aus gegen Kroatien im Viertelfinale; bei der EM 2008 eine Niederlage wieder gegen Kroatien. Das Spiel gegen Serbien wird keine Feinkost.

Dabei wäre, wenn ich etwas derart Ketzerisches sagen darf, ein Unentschieden und sogar eine Niederlage gegen Serbien keine Katastrophe (so wie auch die Niederlage gegen die DDR 1974 den Titel nicht verhindert hat), wenn man sich anschaut, wie es dann weitergeht:

Nehmen wir an, alle gesetzten Mannschaften (also Frankreich, England, Argentinien, Brasilien, Holland, Italien und Spanien) gewinnen ihre Gruppe und auch das anschließende Achtelfinale gegen einen Gruppenzweiten. Dann würde Deutschland als Gruppensieger im Viertelfinale auf Argentinien und im Halbfinale auf Italien treffen, wie 2006. Ganz ehrlich – so etwas muss ich nicht noch einmal haben! Das sind Mannschaften, deren Fußball unseren Jungs so gar nicht liegt.

Als Gruppenzweiter dagegen würde Deutschland – ceteris paribus – im Achtelfinale auf England treffen, im Viertelfinale auf Frankreich, im Halbfinale auf Brasilien oder Holland. Bei solchen Aussichten lacht einem doch das Herz im Leibe! Selbstverständlich kann man gegen diese Mannschaften verlieren, aber dann wenigstens in einem schönen Spiel.

Nun gut, das ist alles Kaffeesatzleserei, aber die gehört im Vorfeld einer WM einfach dazu. Am Ende gelten nur zwei ewige Wahrheiten, nämlich „Der Ball ist rund“ und „Entscheidend ist aufm Platz“. Und wenn ich auch auf Brasilien tippe, weil der Kopf mir das sagt: Vor meinem geistigen Auge sehe ich eben doch Philipp Lahm, wie er den WM-Pokal in die Höhe reckt, und glaube daran.

Harting und die Heuchelei

Diskuswerfer Robert Harting hat sich nach seiner geglückten Qualifikation für das Finale abfällig über eine Aktion von Dopingopfern geäußert, die Brillen verteilt hatten.

(…) „Wenn der Diskus auf dem Rasen aufspringt, soll er gleich gegen eine der Brillen springen, die die Dopingopfer hier verteilt haben. Aber ich bin kein Mörder, ich will nur, dass sie wirklich nichts mehr sehen“, sagte Harting am Dienstag und spielte damit auf die Aktion des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins (DOHV) an. Dieser lässt während der WM 20.000 Pappbrillen verteilen, um plakativ auf den im Verborgenen weiter stattfindenden Missbrauch verbotener Mittel aufmerksam zu machen.

Eklat bei Leichtathletik-WM: Harting beleidigt Dopingopfer titelt „Spiegel-online“, und Schlagzeile wie Tenor des Artikels sind typisch für den gesamten deutschen Blätterwald. Man erfährt nebenbei, dass Robert Harting schon im Vorfeld der WM für eine partielle Freigabe von Doping war, und man kann aus seiner Reaktion auf die Anti-Doping-Aktion schließen, dass er Doping billigt, dass er Anti-Doping-Aktivisten hasst, und dass er Grund zu der Vermutung haben muss, das Anti-Doping-Engagement seines eigenen Verbandes und überhaupt der Sportwelt, der Medien und der Politik sei pure Heuchelei.

Dabei muss man noch nicht einmal darüber spekulieren, ob in seinem eigenen Umfeld gedopt wird, oder ob er selbst womöglich verbotene Substanzen nimmt. Das, was offen zutage liegt, genügt vollkommen, jeden Zuschauer zu vergrätzen, der wirklich sauberen Sport sehen will, und jedem Zyniker – Harting zum Beispiel – Recht zu geben, der Dopinggegner von vornherein auf die Kategorien „Narren“ und „Heuchler“ verteilt.

Erinnern wir uns an die Spiele von Peking und die unglaublichen Leistungsexplosionen, die auf breiter Front bei Läufern und Schwimmern stattfanden. Erinnern wir uns, dass der diesjährige Giro d’Italia der schnellste aller Zeiten war – und zugleich der mit der höchsten Kontrolldichte. Erinnern wir uns vor allem an den vorgestern aufgestellten Weltrekord von Usain Bolt über die 100 Meter. Bereits die Zeiten des Zweiten und Dritten (9,71 bzw. 9,84 Sekunden) sprechen nicht für die Sauberkeit der Athleten, schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass die Sprintdisziplinen schon seit Jahrzehnten regelmäßig einschlägig aufgefallen sind. Die Siegerzeit von 9,58 entzieht der Mär vom sauberen Sport vollends den Boden. All diese Informationen zusammen bedeuten, dass hochpotente, aber aktuell nicht nachweisbare Dopingmethoden – möglicherweise Gendoping – in bestimmten Sportarten flächendeckend im Einsatz sind. (Zum Thema „Gendoping“ und anderen wichtigen Hintergründen verweise ich auf dieses Interview mit dem österreichischen Radprofi Bernhard Kohl im DLF.)

Und obwohl jeder, der nicht völlig debil ist, wissen muss, dass dort nichts mit rechten Dingen zugegangen sein kann, jubelten die Zuschauer, überschlugen sich die Reporter vor Begeisterung, stieg der Marktwert von Usain Bolt ins Unermessliche, während er ganz selbstverständlich seine Medaille umgehängt bekam. Ob auch der jamaikanische Mannschaftsarzt ausgezeichnet wurde, der dort unter anderem auch für die Durchführung von Dopingkontrollen zuständig sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis.

Dass unter solchen Umständen die Anti-Doping-Bekenntnisse von Sportlern, Verbänden, Medien, Spnsoren und Politikern einem Insider als geradezu widerliche Heuchelei erscheinen müssen, liegt auf der Hand. Auch, dass man Gründe finden wird, ihn als Nestbeschmutzer zu disziplinieren, ist zu erwarten. Wie gut für das Dopingsystem, dass er jetzt selbst solche Gründe geliefert hat, und wie gut für die Medien, dass sie ein Skandälchen haben, an dem sie sich hochziehen können, weil der eigentliche Skandal schlecht für das Geschäft mit sportinduzierten Quoten und Auflagen ist:

Robert Harting hat uns einen Blick durchs Schlüsselloch gewährt; man ahnt mehr, als man sieht, aber das, was man ahnt, ist ein gigantisches System von organisiertem Sportbetrug. Dieser Gesichtspunkt spielte aber in der Berichterstattung keine Rolle.

Wichtig war den Medien nur die Sorte von Lappalie, an der sie sich am liebsten aufgeilen: nämlich, dass wieder einmal irgendwelche „Opfer beleidigt“ worden sind.

Nachklatsch zur Europameisterschaft

So, nun wissen wir also, wo unsere Nationalmannschaft steht; und ich hoffe, niemand beim DFB bildet sich ein, sie sei die zweitbeste Europas. So aussagekräftig ist das Classement bei einer EM nicht. Der inoffizielle Titel eines „Vizeweltmeisters“ macht noch etwas her (obwohl wir ja 2002 gesehen haben, dass man zu so einem Titel auch kommen kann wie die Jungfrau zum Kinde) – „Vizeeuropameister“ dagegen ist so etwas Ähnliches wie die Goldene Ananas. Jedenfalls spricht wenig dafür, dass unsere Mannschaft gegen Holland oder Russland, oder selbst gegen Italien, wesentlich besser ausgesehen hätte als gegen Spanien.

 

Dieses Finale war die Stunde der Wahrheit, und zwar gerade für den, der sich vergegenwärtigt, was alles nicht verkehrt war: Es fehlte nicht an der Einstellung, nicht an der Kampfmoral, nicht an der richtigen Taktik. Man kann auch nicht behaupten, dass die Spieler die Taktik nicht verstanden oder sich nicht redlich bemüht hätten, sie umzusetzen. Sie konnten es einfach nicht!

 

Diesen schnellen, offensiven, flüssigen modernen Kombinationsfußball (War eigentlich jemals etwas Anderes „modern“?), den beherrschen sie durchaus – solange der Gegner sie lässt und nicht versucht, durch aggressives Stören den Spielfluss der Deutschen zu unterbrechen. Ein solch freundlicher Gegner war zum Beispiel Portugal, und ich wette, die Portugiesen beißen sich jetzt in den Allerwertesten, wo sie nun wissen, wie sie hätten spielen müssen. Die Kroaten, weiß Gott keine galacticos, hatten schon gezeigt, dass die Deutschen sich gegen einen robusten Destruktionsfußball nicht durchsetzen können; im Rückblick wird deutlich, dass das Kroatienspiel nicht der Ausrutscher war, für den wir es halten wollten, sondern eine tiefer liegende Schwäche aufgedeckt hat. Die Spanier, eleganter, aber nicht weniger entschlossen, haben diese Lehre auf höherem Niveau bestätigt.

 

Mehr noch: Sie haben gezeigt, dass eine wirklich große Mannschaft sich auch gegen einen Gegner behauptet, der es darauf anlegt, ihr Spiel zu zerstören, so wie die Deutschen es versuchten. Sie haben ferner gezeigt, dass man seinerseits das Spiel des Gegners zerstören kann, ohne selber Rumpelfußball zu spielen.

 

Unsere Mannschaft dagegen verliert den Faden, sobald sie unter Druck gerät – da werden reihenweise Fehlpässe gespielt, und sogar die Ballannahme sieht abenteuerlich aus. Da braucht es schon Gegner wie Österreich oder schlimmstenfalls die Türkei, damit man sich mit Ach und Krach in die nächste Runde rettet.

 

Das Problem unserer Mannschaft ist, dass in ihr kein einziger Weltklassespieler steht (in der spanischen aber mindestens fünf oder sechs). O, sie hat gute Spieler: Ein Mann wie Ballack hat sich bei Chelsea bestimmt nicht durch Fehlpässe durchgesetzt. Nur spielt er bei Chelsea in einer Mannschaft, in der er seine unbestrittenen Stärken zur Geltung bringen kann, ohne dass Irgendeinem auffallen müsste, dass er nicht der geniale Spielmacher ist, als der er in der deutschen Nationalelf gefordert ist, weil er dort als Einäugiger unter Blinden spielt.

 

Was aber ist mit den anderen Spielern, die 2006 noch Weltklasseformat zu haben schienen? Hatten sie das wirklich und haben jetzt nur unter ihren Möglichkeiten gespielt? Für einen wie Philipp Lahm könnte das zutreffen. Seine Genieblitze bei der EM konnten zwar seine Aussetzer nur bedingt kompensieren, aber immerhin hatte er welche – die Genieblitze nämlich.

 

Wenn wir von Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger absehen, die nicht ohne Durchhänger, aber im Großen und Ganzen eben doch die Leistungen von 2006 bestätigt haben, dann drängt sich für den Rest der Mannschaft der Verdacht auf, das wir sie jetzt in ihrer Normalform gesehen haben. Ich fürchte, sie haben genau das gezeigt, was man von ihnen erwarten kann, wenn nicht gerade ein Sommermärchen-Rausch sie befeuert. Und dabei haben wir, da bin ich sicher, tatsächlich die besten Spieler gesehen, die Deutschland aufzubieten hat, und können uns ausmalen, wie die nächst besten sich und uns blamiert hätten.

 

Nehmen wir allein – pars pro toto – die Innenverteidigung, Metzelder und Mertesacker, die 2006 noch auf Augenhöhe mit Leuten wie Cannavaro spielten. Gut, Metzelder hatte jetzt wenig Spielpraxis. Nur ist es erstens bezeichnend, dass Löw ihn trotzdem spielen lassen musste, weil er keinen adäquaten Ersatz hatte, zweitens kommt man ins Grübeln, wenn man sieht, dass ein solcher Spieler bei Real Madrid entbehrlich zu sein scheint, in der deutschen Nationalmannschaft aber nicht, und drittens sollte sich das Argument der fehlenden Spielpraxis spätestens beim sechsten Turnierspiel in Folge relativiert haben. Und Mertesacker, der sich auf die Entschuldigung respektive Ausrede mangelnder Spielpraxis überhaupt nicht berufen kann, stakste zeitweise im Strafraum herum wie der Storch im Salat.

 

Was verheißt das für die WM 2010? Nichts Gutes. Aber das muss nicht heißen, dass wir nicht Vizeweltmeister werden.