Was wäre …

(von Lepanto1)

… wenn Frau Schäuble eines Tages nach Hause käme und zu Wolfgang sagte: “Ab morgen wohnt Helmut bei uns”.

Als Helmut dann eingezogen ist, stellt sich raus, dass er weder zum Einkommen der Familie Schäuble beitragen kannn noch überhaupt will, statt dessen beansprucht er jetzt zwei weitere Zimmer, verlangt, dass einmal die Woche Pfälzer Saumagen auf den Tisch kommt und Wolfgang “aus Respekt” mitessen muss. Als Wolfgang murrt, sagt seine Frau, dass soviel Helmutophobie ganz widerlich sei und Wolfgang ja ohnehin noch nie einen Schritt auf Helmut zu gemacht und sich für Helmuts Pfälzertum interessiert habe. Da habe Helmut, der inzwischen den Rollstuhl von Wolfgang kaputt gemacht hat, ja zwangsläufig so heftig reagieren müssen. Zumal sein heißblütiges Temperament ja überall bekannt sei.

Außerdem hat Frau Schäuble sich inzwischen an die Hausgemeinschaft gewandt und alle sind sich einig, dass Helmutophobie so ungefähr das schlimmste aller Verbrechen sei und man entsetzt feststellen muss, dass diese schon “bis in die Mitte von Wolfgang” vorgedrungen ist. Und weil Helmut so allein und unverstanden ist, lässt er seine Neffen und Nichten aus Oggersheim kommen, die natürlich auch Platz in Wolfgangs Wohnung beanspruchen.

Frau Schäuble freut sich total über die neue Bereicherung und verlangt von Wolfgang, in Zukunft mehr pfälzisch zu reden, damit die Integration in Wolfgangs Wohnung endlich besser klappt. Als Wolfgang daraufhin ein Interview gibt und dort feststellt, dass er es eigentlich nicht sinnvoll findet, in seine Wohnung immer mehr Menschen aufzunehmen, die sich nicht selbst versorgen können und ihn noch dazu als ” Scheiß-Rolli” verspotten, leitet die Berliner Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Volksverhetzung ein….

Was ist konservativ?

In politischen Debatten benutzen wir Begriffe wie „links“, „rechts“, „liberal“, „konservativ“, „extremistisch“ usw. mit großer Selbstverständlichkeit – so als hätten sie einen allgemein feststehenden Inhalt, und als hinge der nicht vom Weltbild dessen ab, der sie benutzt. Ich hatte schon seit einiger Zeit vor, ein paar wichtige Anmerkungen zu diesem Thema zu machen, fand nur keinen passenden Aufhänger. Dankenswerterweise hat Time mir mit einem seiner letzten Kommentare eine Steilvorlage geliefert:

… wer von rechts auf die rechteste der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien, die CDU und CSU, blickt, mag zutreffend konstatieren, dass sie sich in den letzten 30 Jahren in die Mitte bewegt haben. Die Schlussfolgerung, die politischen Gewichte hätten sich in Deutschland insgesamt also nach links verlagert, halte ich jedoch für fragwürdig.

Denn auch auf der gegnerischen Seite hat eine Bewegung stattgefunden. Während vor 30, 40 Jahren die Propagierung der globalen Planwirtschaft und die Akzeptanz der Ein-Parteien-Diktatur in der DKP sowieso über die Jusos hinaus bis in die Mitte der SPD Akzeptanz genoss, ist die bolschewistische Spielart des Sozialismus seit dessen winselndem Untergang völlig erledigt. “Die Linke” leistet sich eine dekorative kommunistische Plattform, aber die politischen und ökonomischen Theorien des Kommunismus sind abgehakt – und jeder weiß das. Die Waage neigt sich mE. nicht nach links, sie ist in der Balance, aber die Schwergewichte sind nicht mehr an den Polen platziert. In diese Richtung gingen sinngemäß etliche Analysen der letzten Ausgaben der FAZ: Langweiliger Wahlkampf? Vielleicht, aber dass es nicht mehr um Grundsatzfragen wie “FREIHEIT oder SOZIALISMUS” geht, zeigt doch vielleicht eher, wieviel wir in den letzten Jahrzehnten bearbeitet und erledigt haben. Formal langweilig? Wünschen Sie sich denn die Qualitätskeiler Strauß oder Wehner zurück?

Um die letzte Frage zuerst zu beantworten: Eindeutig ja! Und das nicht etwas deshalb, weil die genannten Herren unterhaltsamer waren als die heutigen Politiker – das außerdem -, sondern weil sie noch wussten, worum es in der Politik im Kern geht – nämlich um Leben und Tod ganzer Völker -, und worum es nicht geht, nämlich um Koalitionsaussagen, Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Kanzlerkandidaturen, Imagepflege, Political Correctness, Dialog, verletzte Gefühle (von Moslems oder wem auch immer) und all die anderen Rubriken auf der endlosen Liste politischer Nichtigkeiten, mit denen man das Publikum so lange berieselt, bis es sich gelangweilt oder verärgert abwendet und nicht mitbekommt, was hinter seinem Rücken geschieht.

Die Wahrnehmung aber, dass die politischen Flügel sich in der Mitte treffen, ist schon deshalb fehlerhaft, weil sie auf der Prämisse beruht, dass es so etwas wie eine Linke und eine Rechte gebe (und dazwischen die Mitte). Das ist falsch: Es gibt keine Rechte, und Parteien wie die deutsche CDU, die britischen „Konservativen“, die französischen Gaullisten, die US-Republikaner sind keine konservativen, sondern liberale Parteien, die sich allenfalls ein wenig sentimentale christliche oder patriotische Phraseologie leisten, um konservative Wähler bei der Stange zu halten. (Und unter Angela Merkel hält die Union selbst derlei Lippenbekenntnisse für entbehrlich.)

Wenn ich der Union abspreche, konservativ zu sein, so tue ich das nicht deshalb, weil ich so weit rechts stünde, dass ich die etablierten Parteien nur noch durch ein fernes Hitzeflimmern am Horizont wahrnehmen würde, sondern weil für mich die Begriffe „links“ und „rechts“ qualitativ bestimmt sind und auf einer bestimmten Gesellschaftsauffassung beruhen. Rechts ist nicht dort, wo der Daumen links ist; rechts ist dort, wo man sich fragt, wieviel Freiheit eine Gesellschaft sich leisten kann, ohne zu zerbrechen, und diese Frage wird bei der Union, wo man sich von der Linken deren „Fortschritts“-Verständnis diktieren lässt, schon lange nicht mehr gestellt, wenn sie denn je gestellt wurde:

Dass Freiheit per se als etwas so unhinterfragbar selbstverständlich Gutes gilt, dass die Frage nicht mehr verstanden wird, ob die Freiheit – nicht nur von Zwang, sondern auch vom Recht, von Sitte, von Anstand, von Verantwortung, von Solidarität, vom Vaterland und von Gott – etwas Gutes sei, ist das deutlichste Indiz dafür, dass der politische Wettstreit sich nur noch zwischen zwei Flügeln der Linken abspielt.

Zum Teil ist dieVerwechslung von Liberalismus mit Konservatismus sicherlich auch ein Produkt des Kalten Krieges. Zwei Nachkriegsgenerationen sind darauf konditioniert worden, den ideologischen Gegensatz von Ost und West, von Sozialismus und Liberalismus (bzw. Kapitalismus) mit dem von Links und Rechts zu verwechseln. Tatsächlich sind aber beide Ideologien revolutionär und zielen darauf ab, den Menschen, und dies notfalls gegen seinen Willen, von Bindungen aller Art zu „befreien“. In diesem Sinne sind Liberale keinen Deut „konservativer“ als Sozialisten, und ist die Abwendung der Linken von der Doktrin der Staatswirtschaft und ihre Neigung zum Liberalismus keine Bewegung in die „Mitte“.

Dabei ist dieses Verständnis von Freiheit als etwas selbstverständlich Gutem eine sehr junge geistesgeschichtliche Entwicklung. Jahrtausendelang hatten Menschen mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der sie heute von der Freiheit schwärmen, die Notwendigkeit von Bindungen betont, und es ist auch nicht schwer zu erkennen, warum:

Weil eine Gesellschaft auf die Dauer nur existieren kann, wenn der Einzelne sich „irrational“ verhält, indem er seine eigenen Interessen hinter denen der Gesellschaft zurückstellt, und das heißt: sich solidarisch verhält. Die Möglichkeit menschlicher Gesellschaft beruht auf der Verbindlichkeit von Normen. Geraten solche Normen in den Verdacht „alte Zöpfe“ zu sein, die „abgeschnitten“ gehören, weil sie die „Freiheit einschränken“, und werden sie dann tatsächlich abgeschnitten, dann ist das Ergebnis zunächst zweifellos ein Gewinn an Freiheit, zugleich aber ein Verlust an Zivilisiertheit.

Das alles wäre weniger problematisch, wenn die Bewegungsrichtung nicht einseitig feststehen würde. Einen „Fortschritt“ aber (das Wort beinhaltet eine Bewegung „weg von“ und „weiter“) erkennt man als solchen daran, dass stets Normen beseitigt werden und Freiheiten dazukommen, nie umgekehrt. Es ist normalerweise ja nicht so, dass irgendjemand schrankenlose Freiheit propagieren würde – auch Liberale betonen zum Beispiel die Bedeutung und Bindewirkung von Recht. Dass dies bedeutungslos ist, wenn man zugleich eine Ideologie vertritt, deren Leitwert „Freiheit“ moralisch (und das heißt ohne Anerkennung der Legitimität von Gegenpositionen) begründet wird, erkennt man daran, was Liberale früher vertreten haben, heute aber kaum noch: Verantwortung, Bürgersinn, Patriotismus, Sittlichkeit usw. Eine Ideologie, die eine Bewegungsrichtung weg von Bindungen vorschreibt, zwingt die ihr anhängende Gesellschaft zu einem permanenten Mikadospiel, im Zuge dessen die stützenden Elemente immer rarer werden und der Einsturz der ganzen Struktur immer wahrscheinlicher und am Ende unvermeidlich wird. Dass unter den Trümmern einer solchen Ordnung auch jene Freiheit begraben liegen wird, in deren Namen sie zerstört worden ist, versteht sich von selbst.

Was bleibt, ist die konservative Familienpolitik, das Gejammer um ungeborene Babies und Kinder, die angeblich deshalb Zuhälter oder Nutten geworden sind, weil ihre Mütter durch die Propaganda der “68er” dazu “gezwungen” worden seien, ein Handwerk oder einen anderen ehrbaren Beruf zu erlernen.

Es gibt keine konservative Familienpolitik – wer soll deren Exponent denn sein? Etwa Ursula von der Leyen?

Woran auch immer es liegen mag: Die Tatsache, dass den Deutschen und etlichen anderen europäischen Völkern der Volkstod droht, liegt für jeden auf der Hand, der bis drei zählen kann – ich bin nicht bereit, über die Geltung der vier Grundrechenarten zu diskutieren. Ebenso liegt auf der Hand, dass zwischen erstens einer Doktrin, die solidaritätsstiftende Normen verächtlich macht, zweitens einer schrankenlosen Entfaltung von Egoismus – pardon: Selbstverwirklichung – und drittens der Weigerung, die Mühen von Elternschaft auf sich zu nehmen, ein Zusammenhang besteht. Eine Doktrin aber, deren Anwendung zum Ende der sie anwendenden Gesellschaft führt, ist offenkundig eine absurde Perversion menschlichen Denkens.

Sehen die “fünf letzten Konservativen” denn gar nicht, dass ihr Konservatismus hier deckungsgleich ist mit dem von Al-Kaida?

Es hätte der polemischen Gleichsetzung der Qaida mit dem Islam, des Islam mit Konservatismus schlechthin gar nicht bedurft: Der Islam ist (nach innen) tatsächlich in dem Sinne konservativ, wie es jede andere traditionelle Wertorientierung auch ist. Nochmal: Die Verabsolutierung von Freiheit ist ein junges Gewächs. Sie ist nicht nur dem Islam unbekannt, sondern auch allen anderen Kulturen und Zivilisationen der Weltgeschichte. Vielleicht haben die alle etwas richtig gemacht.

Die islamische Kritik an der westlichen Zivilisation, an ihrem Materialismus und ihrer Dekadenz ist schlicht zutreffend. Die Moslems werden uns die Richtigkeit dieser Kritik auch höchst handgreiflich belegen, indem sie uns vorführen werden, wie man geistig und materiell weit überlegene Völker ins ethnologische Museum verbannt – sofern es solche Museen dann noch geben wird. Ihre Hauptwaffen sind die Demographie, und gegen diese Waffe ist die Mein-Bauch-gehört-mir-Gesellschaft machtlos, und die blanke Gewalt, tödlich für eine alternde Gesellschaft aus kindischen Gesinnungspazifisten und ebenso gottlosen wie vaterlandslosen Egoisten, die für nichts und niemanden außer sich selbst und ihre „Selbstverwirklichung“ irgend etwas riskieren würden. Mit einer solchen Gesellschaft den Counterjihad führen zu wollen, ist aussichtslos. Wer will, dass unser Volk so liberal bleibt, wie es ist, der will nicht, dass es bleibt.

Nein, ich mache die Freiheit nicht verächtlich, und der Vergleich von Konservativen mit Terroristen ist so bösartig, niederträchtig und infam wie der von Israelis mit Nazis.

Es hat ja seinen Grund, warum Freiheit ausgerechnet im Abendland zu einem positiven Wert werden konnte, und dieser Grund ist die jüdisch-christliche Idee der Gottesebenbildlichkeit des Menschen – eine Idee, die die seiner sittlichen Autonomie und seiner unverfügbaren Würde enthält. Sie enthält aber nicht die Verherrlichung der Bindungslosigkeit. Kennzeichnend für de Identität unserer Kultur ist das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Bindung, nicht die Entfaltung des einen auf Kosten des anderen. Wenn ich den Islam bekämpfe, weil er eine totalitäre, die Autonomie des Menschen negierende Ideologie ist, dann bin ich noch lange nicht gezwungen, ins entgegengesetzte Extrem zu verfallen und die schrankenlose Freiheit, einschließlich der zur Barbarei, zu bejahen.

Ein Alptraum

Bei der Debatte über die drohende Islamisierung Europas wird ein Aspekt häufig übersehen:

Dieser Prozess findet in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich schnell statt, und zu den Ländern, wo er am rasantesten voranschreitet, gehören ausgerechnet Großbritannien (das man praktisch schon abschreiben kann) und Frankreich: also die beiden europäischen Atommäche, beide mit einem Sitz im Weltsicherheitsrat.

Bereits vor dem Erreichen einer numerischen muslimischen Mehrheit in diesen Ländern, allein schon aufgrund der Kollaboration der Linken, werden sie unter islamische Herrschaft fallen. Die islamische Atombombe, von der wir heute im Zusammenhang mit Pakistan, schlimmstenfalls dem Iran sprechen, wird es dann mitten in Europa geben, und zwar gleich doppelt.

Sie wären dann in der Lage, jedes andere europäische Land bei Bedarf notfalls nuklear zu erpressen, das sich – durch restriktive Immigrationspolitik, durch Widerstand gegen die EU-Mitgliedschaft weiterer islamischer Länder, durch Austritt aus der EU – der weiteren Islamisierung widersetzte. (Insbesondere Deutschland und Italien hätten dann schlechte Karten, weil sie unter die Feindstaatenklauseln der UN-Charta fallen, mithin selbst den zweifelhaften Schutz dieser Charta nur höchst eingeschänkt genießen.)

Darüberhinaus wären Frankreich und Großbritannien imstande, auch jede außereuropäische Macht von einem Eingreifen zugunsten dieser anderen europäischen Staaten abzuschrecken.

Und schließlich würden zumindest die USA, wie ihr Verhalten gegenüber dem Iran beweist, in einem solchen Fall den Weg des geringsten Widerstandes gehen und es vorziehen, die Hegemonie der (vermutlich immer noch mit Amerika verbündeten) islamischen Atommächte England und Frankreich über Europa anzuerkennen und zu dulden und in ihr eigenes strategisches Konzept einzubauen.

Mörder als Popstars

Wegen ihrer Sünden wurden sie ersäuft und ins Feuer geführt, und sie fanden keine Helfer wider Allah.
Und es sprach Noah: Mein Herr, lass keinen der Ungläubigen auf Erden,
Siehe, wenn Du sie übriglässest, so werden sie Deine Diener irreführen und werden nur Sünder und Ungläubige zeugen.
Mein Herr, verzeihe mir und meinen Eltern und jedem Gläubigen, der mein Haus betritt, und den gläubigen Männern und Frauen. Und mehre allein der Ungerechten Verderben.

(Koran, Sure 71, Vers 25-28)

Noch ist der Triumphzug nicht vergessen,

LEBANON-ISRAEL-PRISONERS

den die Libanesen, von der Hisbollah bis zum „pro-westlichen“ Ministerpräsidenten Fuad Siniora im Juli letzten Jahres dem verurteilten Kindermörder Samir Kuntar bereiteten, der einem vierjährigen Mädchen mit dem Gewehrkolben den Schädel zertrümmert hatte, da zeigen die Moslems – Ja, die Moslems! – schon wieder, wes Geistes Kind sie sind, und feiern in Libyen den Lockerbie-Attentäter Megrahi wie einen Popstar:

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Natürlich wird es auch diesmal nicht an Apologeten fehlen, die uns versichern, das alles habe selbstverständlich nichts mit dem Islam zu tun, und es versäumen werden, uns zu erklären, was all die Geistlichen und Islamgelehrten beim Empfang des Kindermörders zu suchen hatten:

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In Wahrheit haben solche Bilder etwas mit dem Islam zu tun, und deswegen kann man sehr wohl die Moslems dafür verantwortlich machen: Nicht alle billigen Kinder- und Massenmord explizit. Wohl aber billigen sie ihn implizit, indem sie einer Religion anhängen, die die Ermordung unschuldiger Menschen, soweit es sich um Nichtmoslems handelt, schon deshalb nicht verurteilen kann, weil es so etwas wie unschuldige Nichtmoslems für sie nicht gibt:

Wer kein Moslem ist, ist automatisch und unrettbar schuldig, weil er ja den Islam abgelehnt hat. Deswegen kennt der Islam ein generelles Tötungsverbot nur für Moslems untereinander (und selbst da finden sich Schlupflöcher), nicht aber zugunsten von „Ungläubigen“: Ein Recht auf Leben hat der „Ungläubige“ nicht etwa von Natur aus, auch nicht als Geschöpf Gottes, sondern einzig, soweit er es sich dadurch erkauft, dass er sich, wenn er schon nicht zum Islam übertritt, wenigstens der Herrschaft der Moslems unterwirft, normalerweise durch eine Dhimma (einen Unterwerfungsvertrag). Wer das nicht tut, beleidigt Allah, verstößt gegen die Scharia und darf von jedem Moslem getötet werden. Besagter Moslem hat dann das göttliche Recht vollstreckt und ist ein Held. Nochmal: Dich oder mich zu töten ist aus islamischer Sicht kein Verbechen, sofern die Tötung sich als Beitrag zur Verteidigung oder Verbreitung des Islam rechtfertigen lässt.

Natürlich kennen nicht alle Moslems die islamischen Rechtsnormen, um die es hier geht. Sie brauchen sie aber auch gar nicht zu kennen, weil die Einstellung, wonach die „Ungläubigen“ wertlos seien und froh sein dürfen, wenn man sie am Leben lässt, durch das islamische Recht und vor allem die Anwendung dieses Rechts über tausend Jahre lang zur Mentalität verdichtet wurde.

Egon Flaig: Weltgeschichte der Sklaverei

(Rezension)

Egon Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei, BuchcoverDies vorweg: Diese Rezension (die im Grunde auch aus einem einzigen Wort bestehen könnte: Lesen!) erspart nicht die Lektüre von Flaigs Buch „
Weltgeschichte der Sklaverei„; es ist eines, das man gelesen haben muss. Dafür, dass es eine Weltgeschichte ist, ist es mit 219 Seiten von angenehmer Knappheit und Prägnanz – eines jener Bücher, in denen kein Wort zu viel steht, weil ihre Verfasser das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und ein schier uferloses Thema straff zu gliedern wissen.

Ich kann und will hier nur einige Aspekte herausgreifen, die mir selber wichtig sind:

Flaig macht, nachdem er die Begriffe geklärt hat (er spricht von klassischer Sklaverei im Unterschied zu Leibeigenschaft und anderen milderen Formen der Unfreiheit), auf zweierlei aufmerksam:

Erstens, dass die Sklaverei im allgemeinen zu sehr als Produktionsweise und als gesellschaftliche Institution betrachtet wird, das heißt unter statischen Gesichtspunkten, während der Prozess der Versklavung normalerweise auch beim historisch gebildeten Zeitgenossen nicht im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Dabei sind es nicht zuletzt die Umstände der Versklavung, die der Sklaverei ihr Gepräge geben: Die Betroffenen werden in der Regel plötzlich und gewaltsam entmenscht: Sie verlieren ihre persönliche Autonomie, ihre Freiheit, ihre Würde, ihr soziales Netz, ihre Heimat und ihre Verwandtschaft. Sie werden sozial atomisiert und damit nicht nur rechtlich, sondern soweit möglich auch faktisch zu bloßen Objekten fremder Verfügung degradiert. Da die Sklaverei als Institution solche Versklavungsprozesse hervorbringt und verstetigt, gehören diese Prozesse zwangsläufig zum sklavistischen Gesamtsystem.

Zweitens, und aus demselben Grund, erzeugt dieses System getrennte geographische Zonen. Das sklavenverbrauchende Zentrum schafft sich eine Peripherie von „Lieferzonen“. Da die Stabilität imperialer Zentren von Zivilisationen mit der gewaltsamen Versklavung von Menschen im Inneren prinzipiell unvereinbar ist, werden die damit verbundene Gewalt und Anarchie exportiert, und zwar in dem Maße, wie das System auf die anhaltende Zufuhr von Sklaven angewiesen ist.

Dieses Maß freilich schwankte. Es kann zum Beispiel keine Rede davon sein, dass etwa das Römische Reich zu seiner Selbsterhaltung eine Politik von Versklavungskriegen verfolgt hätte. Es gab Kriege, und die dabei gemachten Gefangenen wurden, antiken Bräuchen gemäß, versklavt. Das aber war lediglich ein Nebenprodukt, und gegen Ende der römischen Epoche wurde die Sklaverei nach und nach zurückgedrängt; nicht zuletzt übrigens unter dem Einfluss des Christentums, innerhalb dessen es von Anfang an eine starke antisklavistische Tendenz gab. Diese war zwar lange Zeit in der Minderheit, aber sie verschwand niemals (konnte unter den theologischen Prämissen des Christentums auch nicht verschwinden) und sorgte dafür, dass Sklaverei selbst in denjenigen christianisierten Ländern, wo sie praktiziert wurde, nie den Ruch des Unmoralischen und Vewerflichen verlor.

Entgegen einem weitverbreiteten Klischee war das größe sklavistische System der Weltgeschichte nicht das römische und auch nicht die (nord- und süd-) amerikanische Plantagenwirtschaft, sondern der Islam. Allein 17 Millionen Afrikaner wurden, zuverlässigen Berechnungen zufolge, von Muslimen versklavt. Die Zahl der versklavten Europäer, die zu den ersten Opfern des Versklavungsdjihad wurden, lässt sich ebensowenig beziffern wie die der versklavten Inder, aber die folgenden Zeilen mögen einen Eindruck geben:

Als die Muslime Spanien von 711 bis 720 unterwarfen, versklavten sie 150.000 Menschen. Ihre Dauerangriffe auf das hoffnungslos unterlegene katholische Europa und auf das byzantinische Gebiet unterwarfen oder entvölkerten die Inseln des Mittelmeeres zwischen 649 (Zypern) und 827 (Sizilien); 840 errichteten sie das süditalienische emirat Bari, 889 das südfranzösische Emirat, 933 eroberten sie Genua, 940 sperrten sie kurzfristig die westlichen Alpenpässe. Die wiederholten Angriffe auf Konstantinopel wurden 717 endgültig abgeschlagen, aber Anatolien und Armenien wurden noch 200 Jahre lang fast jährlich verheert. Aus dem 712 eroberten indischen Sind verschleppten die Sieger 60.000 Versklavte. Die zweite Expansionswelle traf Nordafrika und besonders Indien; dort setzten sich im 11. Jahrhundert afghanische Reiterheere fest, deren Dauerangriffe Hunderttausende von Indern in die Sklaverei brachten; sie wurden deportiert über ein Gebirge, das bis heute den Namen „Hindu-Tod“ (Hindukusch) trägt … . 1192 eroberten afghanisch-türkische Muslime Nordindien dauerhaft. Das Sultanat Delhi unterhielt bis Mitte des 14.Jh. 120.000 bis 180.000 Militärsklaven; die meisten davon waren versklavte Ostafrikaner, die der arabische Sklavenhandel über den indischen Ozean verschleppte. Die Sultane führten jährlich Djihads in Mittelindien, um große Mengen von Sklaven zu erbeuten und unterwarfen bis 1340 praktisch den gesamten Subkontinent.

Eine bleibende Eigenart der islamischen … Sklaverei war die doppelte Weise, sich Sklaven zu beschaffen. Zum einen war ein riesiger Militärapparat damit beschäftigt, ständig Kriege zu führen: „Der Islam verfolgte während des Mittelalters seine Politik periodischer Kriege, und sicherte sich so einen fast ununterbrochenen Zustrom an … Sklaven“. Man hinterließ dort, wo die islamischen Heere auf starken Widerstand stießen, ausgedehnte verwüstete und menschenleere Areale, die anschließend in Besitz genommen und oft neu besiedelt wurden. So führte der Wesir des vorletzten Kalifen von Córdoba, Al-Mansur, am Ende des 10. Jhs. In 27 Jahren 25 Invasionen in die christlichen Gebiete Spaniens, zerstörend, massakrierend, versklavend und verwüstend. Eine Politik, die den antiken Staaten völlig fremd war. Zum anderen verfügte die islamische Herrenschicht in den reichen eroberten Provinzen des römischen Reiches und in Persien über gewaltige Reichtümer, welche es erlaubten, an den Grenzgebieten ständig große Sklavenmassen zu kaufen. Diese Importe übertrafen jene des römischen Reiches bei weitem, was bedeutet, dass die islamische Kultur als sklavenimportierende ‚Metropole‘ in der Peripherie die Versklavungsprozesse so anheizte, wie es bis dahin in der Weltgeschichte noch nie geschehen war. Die Sogwirkung dieser Importe reichte in Europa bis zu den Wikingern und zu den Ungarn, in Russland bis zur mittleren Wolga und tief nach Kasachstan bis über Turkmenistan hinaus. Die Transportrouten führten alle letztlich in das Land des Islam. (S.84 f.)

Bis zur Niederwerfung der Ungarn und der Ansiedlung der Wikinger in Nordfrankreich im 10. Jahrhundert war fraglich, ob Europa womöglich dauerhaft zur Sklavenlieferzone werden würde, wie Afrika es tatsächlich wurde.

Dort bildeten sich am Südrand des islamischen Machtbereiches Staaten, meist von islamischen Eliten regiert, die praktisch ausschließlich von der Menschenjagd lebten, und zwar bis ins 19. Jahrhundert hinein. Diese Lieferzone dehnte sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter nach Süden aus. Politik und Ökonomie in diesem Raum drehten sich praktisch ausschließlich um die Bereitstellung von Sklaven für den islamischen Markt, und zwar lange bevor die Europäer Amerika entdeckten und dort Plantagen aufbauten, für die sie Sklaven aus Afrika importierten. Die Versklavung Afrikas, seine Verwandlung in ein Menschenjagdgebiet, war das Werk des Islam.

Und dies, das füge ich jetzt hinzu, ist nicht etwa ein historischer Zufall, sondern das folgerichtige Ergebnis islamischer Theologie und islamischen Rechts. Nach islamischem Recht begeht jeder Mensch, der kein Muslim ist, eben dadurch, dass er das nicht ist, ein Verbrechen gegen Gott, und ist deswegen natürliches Eigentum der islamischen Umma. Der Djihad zur Versklavung Andersgläubiger war seit den Tagen des Propheten ein gottgefälliges Werk, zumal die Sklaven ein Potenzial von Konvertiten darstellten:

Abgesehen davon, dass bereits die drohende Versklavung für „Ungläubige“ an der Peripherie des islamischen Systems Grund genug sein konnte, sich schleunigst zu bekehren (Muslime durften nämlich nicht versklavt werden), verstand es sich sozusagen von selbst, dass ein Sklave nur dann Aussicht auf Freilassung hatte, wenn er zum Islam konvertierte – als notwendige, nicht etwa hinreichende Voraussetzung. Die vorangegangene Entmenschung des Sklaven hatte dieselbe Wirkung wie die Gehirnwäsche in irgendeinem kommunistischen Umerziehungslager: Mensch, das lernte der Sklave, konnte man nur als Muslim sein, und da er aus seiner heimatlichen Umgebung herausgerissen war, konnten die Skrupel auch gar nicht erst aufkommen, die bei formell nicht versklavten Dhimmi-Christen und -Juden daraus resultierten, dass sie mit der Konversion ihre Glaubensgemeinschaft bzw. Ethnie verrieten. Einen solchen konvertierten Sklaven freizulassen galt für Muslime als durchaus verdienstvoll – es gab ja genug Nachschub. Das islamische Recht etablierte ein Sklavensystem, das Menschen aufsaugte, zerbrach, umformte und als Muslime wieder ausspuckte.

Flaig weist zu Recht darauf hin, dass es unter diesen Umständen einen islamischen Abolitionismus nicht geben konnte, und auch heute noch ist Sklaverei nach einhelliger Auffassung islamischer Rechtsgelehrter nicht verboten, sondern lediglich praktisch nicht anwendbar. Und selbst diese Auffassung ist noch optimistisch. Tatsächlich wird Sklaverei in islamischen Ländern wie etwa dem Sudan (und anderen) praktiziert.

Die Abschaffung der Sklaverei ist historisch eine Errungenschaft des Westens, und zwar eine nie dagewesene Errungenschaft, die es ohne den christlich-jüdischen Gedanken der Gottesebenbildlichkeit des Menschen (und seiner säkularen Zwillingsidee der Gleichheit an Rechten und an Würde) niemals gegeben hätte. Sie ist das historisch unwahrscheinliche Produkt einer Zivilisation, der es gelungen ist, die innergesellschaftliche Gewalt auf ein Minimum zu reduzieren. Sie ist das das Produkt einer Ordnung, die Freiheit ermöglicht, und sie steht und fällt mit dieser Ordnung. Rechtsfreie Räume sind die, in denen die Sklaverei auch heute noch und wieder blüht.

Wer sich weigert, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, ist gezwungen, sie zu wiederholen. Nicht zufällig droht gerade in Afrika die Sklaverei in Reinform mit ihrer Wiederkehr: Die heutigen Warlords mit ihren Kindersoldaten setzen genau dort an, wo die … des 19. Jhs. … aufhörten, als der britische und französische Kolonialismus ihnen das Handwerk legte. Jene afrikanischen Intellektuellen, welche sich heute als Nachfahren von Opfern stilisieren, lehnen allzumeist die Menschenrechte rundheraus ab. (…) An der Sklaverei entscheidet sich das Schicksal der Menschenrechte. Es gilt als schick, diese als westliche Erfindung abzutun und ihren Anspruch auf universale Geltung zu verhöhnen. Schon einmal geschah dies, im 20. Jh.; und es geschah nicht ungestraft. Denn nur wenn die Menschenrechte und ihr Artikel 4 universal gelten – für alle Kulturen ohne Ausnahme -, nur dann ist Sklaverei ein Verbrechen. Und nur wenn die Sklaverei ein Verbrechen ist, lassen sich die vielen alten und neuen Formen der Unfreiheit bekämpfen, welche in der globalisierten Welt sich endemisch verbreiten. Nur wenn sie ebenso bezwungen werden, wie es mit der Sklaverei gelang, wird die globalisierte Menschheit ihr politisches zusammenleben auf die Freiheit gründen können. Andernfalls war der größte Sieg in der Geschichte der Menschheit eine verebbende Welle, und unsere westliche Kultur bleibt eine Zeitinsel inmitten eines endlosen Ozeans von Unfreiheit. (S.216 f.)

Den Islam mit Synkretismus entschärfen?

Vor einigen Wochen habe ich über die segensreichen Wirkungen von Islamunterricht berichtet, der von Milli Görüs angeboten wird. Milli Görüs (IGMG) ist eine konservative islamische Gruppierung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird – welcher Sachverhalt den Innenminister von vornherein hätte hindern müssen (aber nicht gehindert hat!), sie zur Islamkonferenz einzuladen, erst recht hätte man diesem Verein auf keinen Fall erlauben dürfen, Islamunterricht zu erteilen.

Man sollte aber nicht den Fehler machen, nach bekanntem Muster „zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden“, sprich: die bösen Fundamentalisten vom angeblich so guten Islam zu trennen. Milli Görüs tut hier nichts, was sich in irgendeinem sinnvollen Zusammenhang als „Missbrauch des Islam“ brandmarken ließe. Die Einstellungen, die sie den Schülern vermittelt (Rassismus gegen Deutsche, striktes Beharren auf Geschlechtertrennung, strikte Beachtung des Kopftuchszwangs, Antisemitismus), und dies in dem beängstigenden Tempo von nur wenigen Wochen, sind genau die, die der Koran fordert, und zwar in seinem Tenor, nicht etwa in einem entlegenen Nebensatz.

Muss denn Islamunterricht immer so aussehen? Das folgende Beispiel stimmt leider nur auf den ersten Blick hoffnungsfroh: Der Spiegel berichtet über die Glückauf-Hauptschule in Dinslaken-Lohberg und die dort unterrichtende junge syrischstämmige Islamlehrerin Lamya Kaddor:

Für viele muslimische Eltern in Lohberg war die neue Religionslehrerin zuerst ein Schock: eine Frau, jung, kein Kopftuch, nicht türkischstämmig. Trotzdem wurde kein einziges Kind vom Unterricht abgemeldet, und Lamya Kaddor ahnt, warum: „Hier ist Religion oft das einzig Positive für die eigene Identität.“

Deswegen besuchen fast alle Schüler die Koranschule. Dort wird das bloße Intonieren arabischer Laute gelehrt, manchmal unter Androhung der Prügelstrafe. Kaddor vergleicht das mit der lateinischen Liturgie: „Die hat auch jahrhundertelang keiner verstanden.“ Der Islamunterricht ergänzt nun die Koranschule. Mustafa erklärt es so: „In der Moschee lernen wir Koran lesen, alles andere lernen wir bei ihr.“

Die erste Lektion: Frauen steht Autorität zu; unwahrscheinlich, dass sich diese Lehrerin von ihrem Mann unterdrücken ließe. Aber vor allem lernen die Kinder, Fragen zu stellen – in den meisten Koranschulen undenkbar: „Ist Nagellack im Koran verboten?“ – „Muss ich ein Kopftuch tragen, wenn mein Mann das will?“ – „Stimmt es, dass Ungläubige in die Hölle kommen?“ – „Was sagt der Koran über Ehre?“
Dann versucht Kaddor klarzumachen, dass es wichtig ist, etwas über die Zeit zu wissen, in der die Heilige Schrift entstand. Und dass man als moderner Muslim manches darin anders verstehen kann, zum Beispiel den Vers über die Ungläubigen: „Tötet sie, wo immer ihr sie findet.“ Damit, so erklärt Kaddor, meinte Allah zu Mohammeds Zeit die Bewohner eines bestimmten feindlichen Dorfs. Es war keine Kampfansage an alle Nichtmuslime, wie Hassprediger glauben machen wollen.

Manchmal gelangt aber auch Kaddor an ihre Grenzen: Als sie mit ihren Schülern über den Mord an dem niederländischen Filmemacher Theo van Gogh sprach, der einen in den Augen vieler Muslime gotteslästerlichen Film gedreht hatte, fanden es einige ganz in Ordnung, dass man „das Schwein abgestochen“ habe. Und neulich hat ein Junge gefragt, ob nicht im Koran stehe, dass jeder Muslim die Pflicht habe, Juden zu töten. „Gut, dass du fragst“, hat Kaddor geantwortet, „aber glaubst du, Allah hat nichts Besseres zu tun, als die Menschen gegeneinander zu hetzen?““

Nun, wie ich in der Korananalyse gezeigt habe, hat Allah tatsächlich nichts Besseres zu tun. So sympathisch Kaddors Ansatz anmutet:

Seine Schwäche erkennt man spätestens in dem Moment, wo man das von ihr mitverfasste Einführungsbuch „Der Koran für Kinder und Erwachsene“ in die Hand nimmt, einen Eiapopeia-Koran, aus dem alles eliminiert ist, was weichere Gemüter erschrecken könnte, sprich: alles, was wesentlich ist. Das Wort „Djihad“ zum Beispiel kommt kein einziges Mal vor.

Einem Dreizehnjährigen kann man dergleichen vielleicht andrehen. Was aber, wenn dieser Dreizehnjährige siebzehn oder achtzehn geworden ist und dem richtigen Imam in die Hände fällt? Der muss noch nicht einmal besonders gebildet sein. Er muss nur den wirklichen Koran auf den Tisch legen und sagen:

Das ist ja alles schön und gut, was deine Islamkunde-Lehrerin dir erzählt hat, aber lass uns doch einmal gemeinsam lesen, was wirklich im Koran steht. Beschäftigen wir uns mit dem Hadith. Lesen wir die klassische Prophetenbiographie von Ibn Ishaq. Du willst den Koran also historisch interpretieren? Du meinst, die Aufforderung zum Kampf habe nur damals gegolten und heute nicht mehr? Na, dann lass uns bei Al-Bukhari nachlesen. Hier stehts: Der Djihad ist die oberste Pflicht des Muslims. Punkt. Für historische Relativierungen ist im Islam kein Platz. Überlass diesen Unfug den Christen, die so lange Bibelkritik übten, bis sie aufhörten, an Gott zu glauben!

So ungefähr könnte der Imam sprechen. Und das Schlimme wäre: Er hätte Recht.

Was Kaddor hier versucht, ist die Umdeutung des Korans, das Hineinlesen von etwas, das nicht drinsteht, gegen das Zeugnis des Korans selbst, gegen das des Propheten, nicht zuletzt gegen das von eintausendvierhundert Jahren islamischer Geschichte. Dieses Vorgehen ist eklektische Rosinenpickerei, nicht aber ein historisch-kritisches Aufarbeiten der islamischen Lehre. Von einem solchen könnte man sprechen, wenn die völlig klare, unzweideutige und schlüssige Botschaft des Islam nicht nur unter der Perspektive des Glaubens betrachtet würde, sondern eine zweite Perspektive hinzuträte, die die Glaubensperspektive ergänzt, ohne sie zu ersetzen – vergleichbar vielleicht dem Vorgehen eines Christen, der sich mit der antisemitischen Tendenz des Neuen Testaments selbstkritisch auseinandersetzt, aber nicht, indem er das Neue Testament für unverbindlich erklärt, sondern indem er sich bewusst macht, wie sein eigener Blick auf das Judentum durch die notwendig antijüdische Optik des NT verzerrt wird.

Freilich macht bereits diese Analogie deutlich, wie unendlich schwer es sein wird, ein solches, wenn man so will, stereoskopes Glaubensverständnis in den Islam einzuführen.

Es klappt ja nicht einmal im Christentum, und dies, obwohl die antijüdische Tendenz dort für die theologische Stringenz nicht erforderlich ist, obwohl das Christentum eine Ethik der Inklusion, der Selbstkritik und der Toleranz vertritt, und obwohl Paradoxie und dialektischer Widerspruch zum christlichen Denken gehören.

Alles Dinge, die man vom Islam nicht behaupten kann. Trotzdem führen sie die meisten Christen nicht zu einem tieferen und empathischeren Verständnis des Judentums. Einzelpersonen können sich eine solche Perspektive aneignen, aber die Christen werden wahrscheinlich bis ans Ende aller Tage nicht aufhören, im Judentum einen toten Buchstabenglauben zu sehen – ob sie es nun zugeben oder politisch korrekt verschweigen.

Philosemitismus, den es unter Christen durchaus gibt, drückt sich unter solchen Umständen nicht in dem Versuch aus, Glaube und kritische Vernunft gleichermaßen zu ihrem Recht kommen zu lassen, also das NT gelten zu lassen und sich gleichzeitig Rechenschaft über seinen historischen Hintergrund und entsprechend seine problematischen Seiten abzulegen. Sondern darin, den eigenen Glauben dort zu ändern, wo er irgendwie anstößig sein könnte.

So kommt es dann, dass eine evangelische Bischöfin, die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann, in Verteidigung einer Textfälschung (der sogenannten „Bibel in gerechter Sprache“) und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den jüdisch-christlichen Dialog behauptet, Jesus – der Titel „Christus“ (Messias) fehlt bereits – habe die Thora interpretiert „wie andere Schriftgelehrte auch“. Was nicht mehr und nicht weniger bedeutet als die Abschaffung der Lehre von der Gottessohnschaft Christi. Und damit des Christentums.

Der Versuch, theologische Aussagesysteme auf der Basis politischer Forderungen zu „aktualisieren“, kann wahrscheinlich auch zu nichts anderem führen als zu einer solch banalisierten und infantilen Theologie, die sich auf ein „Seid nett zueinander!“ beschränkt und wegen ihrer Plattheit für kaum einen mehr wird sein können als ein dekoratives Accessoire des eigenen Lebens – ungefähr so bedeutsam wie der Blumenstrauß auf dem Tisch. Und kaum dauerhafter.

Man wird Lamya Kaddors Kinderkoran als das islamische Äquivalent zur „Bibel in gerechter Sprache“ ansehen dürfen, also als den Versuch, Spannungen zu Andersgläubigen dadurch abzubauen, dass man die theologische Integrität des eigenen Glaubens opfert. Wenn man bedenkt, dass im Falle des Islams zu dieser Integrität die Vorstellung gehört, Nichtmuslime seien Menschen minderer Würde und minderen Rechts, die man im Zuge des Djihad auch töten dürfe, dann neigt man unwillkürlich dazu, wenigstens den Versuch einer Aufweichung zu begrüßen.

Freilich darf man den logischen Fluchtpunkt einer solchen Religionskonvergenz nicht außer Acht lassen: Theologen, deren Positionen sich in der Weise aufeinander zubewegen wie die von Frau Käßmann und Frau Kaddor, weil sie vom selben weltlich politischen Kalkül ausgehen, messen der religiösen Wahrheit offenkundig keine Bedeutung bei. Wer so denkt, für den ist Gott ein lästiger Störenfried, den es buchstäblich unschädlich zu machen gilt. Die Reduzierung der je eigenen Theologie auf ein global anschlussfähiges Minimum, auf ein „Weltethos“, das einer Gottheit oder überhaupt eines übernatürlichen Bezuges nicht mehr bedarf, ist der vorletzte Schritt vor der Abschaffung von Religion überhaupt. Der Synkretismus (=Religionsvermischung) ist ein atheistisches Projekt.

Ob man ein solches Projekt für etwas Gutes hält, ist zweifellos eine Frage des religiösen bzw. weltanschaulichen Standortes. Militante Atheisten mögen es bejubeln, sie – und all die Deisten, Agnostiker, Freimaurer und liberalen Theologen, die ihre Meinung teilen – übersehen aber einige Punkte:

In meinem Artikel “Tote Hosen“ war ich unter anderem der Frage nachgegangen, wie es kommt, dass Menschen sich ethisch verhalten, obwohl dies normalerweise ein schlechtes Geschäft für sie als Einzelne ist. Ich war zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, dass die wahrnehmbare Existenz stabiler Solidargemeinschaften genügt, deren Mitglieder zu ihrerseits solidarischem Verhalten zu veranlassen, was wiederum das Vertrauen aller anderen in die Existenz der Solidargemeinschaft stärkt, weswegen sie sich solidarisch verhalten, was wiederum… und so weiter. Es handelt sich um so etwas wie einen positiven Teufelskreis, ein ständig rotierendes Rad.

Bedenkt man aber nun, dass es trotzdem für jeden Einzelnen rationaler ist, sich unsolidarisch zu verhalten, so muss man erwarten, dass Einzelne dies auch immer wieder tun – wie es ja auch tatsächlich der Fall ist – und dadurch das Vertrauen aller Anderen erschüttern. Um es als physikalische Metapher zu formulieren: Das rotierende Rad verliert ständig an kinetischer Energie, es bedarf einer zusätzlich antreibenden Kraft. Diese Kraft ist die verinnerlichte Ethik, deren Ursprung in der Religion liegt. Es ist nicht erforderlich, dass alle Mitglieder einer Gesellschaft die religiösen Prämissen teilen, auf denen die jeweils gesellschaftlich akzeptierte Ethik basiert. Erforderlich ist, dass die Maßstäbe für gutes und böses Verhalten im System der kulturellen Selbstverständlichkeiten verankert sind und bleiben. Dass sie also nicht verdrängt werden von einer spezifischen und im Prinzip unwiderlegbaren Form rationaler Überlegung, die jeden Einzelnen veranlassen wird, die Ethik über Bord zu werfen, sobald es ihm vorteilhafter erscheint.

Die Auflösung menschlicher Gesellschaft als eines zivilisierten Gemeinwesens beruht nicht weniger als ihre Aufrechterhaltung auf sich selbst verstärkenden Prozessen. Ethisches Verhalten aus bloßer Gewohnheit und ohne Bezug zum Glauben – das mag als gesellschaftlich vorherrschende Disposition eine oder zwei Generationen gutgehen. Es geht, genauer gesagt, so lange gut, wie das Vertrauen in das regelkonforme Verhalten Anderer nicht ernsthaft erschüttert wird. Wird es aber erschüttert, dann gibt es nach Abschaffung Gottes keinen Grund mehr, das Gute deshalb zu tun, weil es das Gute ist. Es gibt keinen Grund, es überhaupt noch zu tun. Eine gottlose Gesellschaft ist eine, die den Eindruck von Zivilisiertheit nur so lange vermittelt, wie ihre Solidaritätsstrukturen nicht ernsthaft auf die Probe gestellt werden. Dass eine solche Gesellschaft eine ernsthafte Krise überstehen würde, muss als unwahrscheinlich gelten.

Die Befürworter der synkretistischen Religionskonvergenz berufen sich auf zwei Prämissen, die sie für selbstverständlich halten, die aber in Wahrheit hochgradig ideologisch aufgeladen sind:

Die eine lautet, alle Religionen wollten im Grunde dasselbe. Wenn damit nur gemeint wäre, dass alle Religionen versuchen, auf Grundfragen der menschlichen Existenz eine Antwort zu geben: D’accord. Wenn man aber diesen Satz, wie es meist geschieht, so gebraucht, als wären diese Antworten dieselben, so dürfte allein die Korananalyse [vgl. „Das Dschihadsystem“, Kap. III. M., 21.01.2011] gezeigt haben, dass diese Behauptung hanebüchener Unsinn ist, der aber gleichwohl schwerwiegende Konsequenzen hat.

Ist nämlich die ideologische Setzung erst einmal akzeptiert, dann sind alle Glaubensartikel, in denen Religionen einander widersprechen, aus der jeweiligen Religion zu eliminieren, weil eine Religion, die nicht dasselbe will wie andere Religionen, nach synkretistischem Dogma per definitionem keine Religion darstellt.

Die zweite ideologische Prämisse wird uns in letzter Zeit in kampagnenartiger Form nahegebracht – ich denke hierbei an Bestseller wie Richard Dawkins‘ „Der Gotteswahn“ oder die massive öffentliche Werbung für Atheismus. Sie besagt im Großen und Ganzen, dass Religionen prinzipiell intolerant und gewalttätig seien, und dass ihre Abschaffung zum Weltfrieden führen werde. Theoretisch passt diese zweite Prämisse natürlich nicht unter denselben Hut wie die erste (Wenn alle Religionen dasselbe wollen, woher sollte dann die Intoleranz kommen?), praktisch aber liefern sie einander ergänzende ideologische Rechtfertigungen für ein und dasselbe Projekt.

Dabei lässt sich gerade diese zweite Prämisse bereits unter Rückgriff auf elementare Geschichtskenntnisse widerlegen: Die totalitären Systeme des zwanzigsten Jahrhunderts – Kommunismus und Nationalsozialismus – haben mehr Menschen getötet als alle Religionen der Weltgeschichte zusammen. (Und dabei muss man Mao und Pol Pot noch nicht einmal mitrechnen.)

Diese totalitären Systeme aber tauchten genau in dem Moment auf, wo das Christentum durch die spektakulären Erfolge von Aufklärung und Wissenschaft in seiner gesellschaftlichen Verbindlichkeit und Deutungsmacht erstmals ernsthaft erschüttert war, und sie erhoben von Anfang an den Anspruch, das Christentum als ein das Leben des Einzelnen transzendierendes sinnstiftendes System, sprich: als Religion, abzulösen.

Der Versuch, Gott abzuschaffen, kann also gelingen, nicht aber der Versuch, die Frage abzuschaffen, auf die Gott die Antwort war, nämlich die Sinnfrage. Der Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts ist der denkbar stärkste empirische Beleg dafür, dass der Platz, den Gott verlässt, nach seinem Abgang nicht etwa leer bleibt, sondern sehr schnell wieder gefüllt wird, und sei es mit einem totalitären Wahnsystem.

Die empfindlichste Achillesferse des Atheismus ist die Tatsache, dass er als die linke Ideologie, die er ist, die Herrschaft Gottes ebenso abschaffen will wie jede andere Herrschaft; dass er nie begriffen hat, wie sehr Herrschaft – und ganz gewiss diese! – den Bedürfnissen der „Beherrschten“ entspringt; und dass er deshalb stets aufs Neue überrascht sein muss, wie schnell der Totalitarismus von gottverlassenen Gesellschaften Besitz ergreift.

Wenn man bedenkt, wie sehr offenbar gerade religionsfeindliche Ideologien dazu tendieren, selber zur Religion zu werden, dann scheint der Synkretismus ein erstklassiger Kandidat für einen künftigen Religionsersatz. Zumindest ein wesentliches Kriterium erfüllt er bereits, nämlich die Bezugnahme auf eine eigenständige Definition von Gut und Böse. „Böse“ ist demnach jede Religion, die ihre theologische Integrität behält und sich weigert, in einem „Weltethos“ aufzugehen. Betroffen von der rapide um sich greifenden Intoleranz gegenüber jeder einigermaßen ernstgenommenen Religion sind sogenannte christliche Fundamentalisten, einschließlich des Papstes. Betroffen ist aber auch der Staat Israel, weil und soweit er auf seiner jüdischen Identität beharrt.

Überhaupt haben die Juden wieder einmal beste Aussichten, in der sich abzeichnenden neuen Religion die Rolle des Teufels einzunehmen. Eine Religion wie die jüdische, deren Grundgedanke der Bund des Volkes mit Gott ist, und die eine Entgrenzung und Einschmelzung schon deshalb nicht praktizieren kann, weil diese auf einen Autogenozid hinausliefe, eine solche Religion muss für den Synkretismus ein ebenso existenzielles Ärgernis darstellen wie schon zuvor für das Christentum und den Islam. Die Juden werden also künftige Synkretistengurus in derselben Weise enttäuschen, wie sie schon den Propheten Mohammed und den Reformator Martin Luther enttäuscht haben. Da das Käßmann-Christentum (oder vielmehr Jesus-tum) bereits in Vorleistung gegangen ist und den Gottessohn-Status seines Stifters kassiert hat, wird man entsprechendes von den Juden erwarten – meine Güte, es kommt doch auf ein paar Worte nicht an, wo doch alle Religionen sowieso dasselbe wollen -, und da die nicht liefern werden, wird man sie als „Fundamentalisten“ verurteilen.

So bestürzend das alles klingen mag: Es wird nicht geschehen, jedenfalls nicht so, wie die Religionsverschmelzer sich das vorstellen. Die haben ihre Rechnung nämlich ohne Allah gemacht.

Tatsächlich ist der Kaddorsche Kinderislam ebenso eine Totgeburt wie der von Bassam Tibi für Erwachsene propagierte „Euro-Islam“, und Tibi hat auch nie ein theologisches Konzept für diesen „Euro-Islam“ vorgeschlagen.

(Tibi denkt als Sozialwissenschaftler und, wie ich vermute, als Atheist – und eben nicht als Theologe und Frommer. Dass er Atheist ist, schließe ich aus der Hartnäckigkeit, mit der er sich auf die „islamische Ethik“ statt auf Allah bezieht, wenn es um seinen eigenen Glauben geht. Abgesehen davon, dass diese Ethik, wenn sie wirkliche eine islamische sein soll, weder europäisch noch demokratisch sein könnte, ist „Ethik“ oft die letzte Zuflucht für Intellektuelle, die an Gott nicht mehr so recht glauben können, aber nicht ohne Religion leben wollen.)

Eine Totgeburt ist der Kinder- bzw. Euro-Islam deshalb, weil er die Entwertung des Korans, des Hadith, überhaupt der Prophetenüberlieferung und der islamischen Geschichte voraussetzt und außer ein paar Platitüden des Kalibers „Seid nett zueinander“ vom Islam nichts übrig lässt.

Das Christentum hat noch einige bedeutende Inhalte, die selbst in einem „Weltethos“ Platz fänden, etwa die Bergpredigt, überhaupt seine Tendenz zu Inklusion (damit aber auch zur Ent-grenzung), Selbstkritik und Toleranz (damit aber auch zur Infragestellung, letztlich Abschaffung der eigenen Glaubensgrundlagen). Es ist insofern kein Zufall, dass der Synkretismus eine in westlichen Gesellschaften von Christen ausgebrütete Idee ist. Von Christen, die gar nicht merken, wie wenig dieses „Weltethos“ der übrigen Welt zusagt. Der Synkretismus ist eine Art Christentum ohne Christus.

Während in dieser Weise im Synkretismus noch genügend Christentum verbliebe, dass dessen theologische Entkernung wenigstens nicht Jedem gleich auf den ersten Blick auffiele, ist der Islam bereits in seinem Originalzustand, wie ich in der Korananlyse gezeigt habe, von beklagenswerter theologischer Dürre. Subtrahiert man dann noch die strikte Unterscheidung von Gläubigen und Ungläubigen, speziell die sittliche Minderwertigkeit der letzteren, die ihnen zugedachte Strafe Allahs und den Djihad heraus, dann bleibt: Nichts. Man kann aber ein Nichts nicht zu einem Etwas erklären, ohne dass es jemandem auffiele.

Es kann dann auch wenig überraschen, dass die sogenannte Ankaraer Schule von islamischen Reformtheologen, die sich ebenfalls die Entschärfung und Historiesierung des Islam vorgenommen hat, bei ihren Bemühungen auf genau diese Probleme stößt:

Eine sehr interessante Tagung, die deutlich machte, wie weit muslimische Professoren inzwischen mit der Korankritik gehen. Immer wieder fragten im Zuschauerraum reichlich vertretene junge Frauen mit Kopftüchern, was denn vom Glauben noch bliebe, wenn zum Beispiel bestritten würde, dass der Koran, so wie wir ihn heute haben, Buchstabe für Buchstabe Gottes Wort sei. (…)“ (Frankfurter Rundschau, 09.06.08)

Der Reporter der „Frankfurter Rundschau“, weiß Gott kein islamfeindliches Blatt, fährt fort:

Aber wen repräsentiert die Ankaraer Schule? Es handelt sich um eine Handvoll bis ein Dutzend Professoren, von denen viele inzwischen die Türkei verlassen haben und sich in den USA, in Europa Regierungen als Mittler zu den Muslimen ihrer Länder anbieten. Ihr Gewicht in der aktuellen innermuslimischen Debatte um den Islam ist nicht sonderlich groß. Es bedarf schon einer großen Phantasie sich vorzustellen, dass alle Sunniten, also nicht nur die Hanafiten der Türkei, sondern auch Malikiten, Hanbaliten, Schafiiten und die saudischen Wahhabiten in dem, was in Ankara gelehrt wird, den wahren Islam und nicht dessen Verrat erkennen werden. Warum sollen nun gar Schiiten, Aleviten den Professoren aus Ankara folgen?

Sie werden dem nicht folgen. Besagte Professoren und auch progressive Lehrerinnen wie Lamya Kaddor können noch von Glück reden, nicht zu Apostaten erklärt zu werden. Wenn man bedenkt, wie schnell zum Beispiel in Ägypten die Waffe des Takfir gezückt wird, dann ist es eine Überlegung wert, warum es hier nicht geschieht. Bleiben wir bei Frau Kaddor:

Ihre Umdeutung der Lehre bedeutet eben nicht, dass sie den Islam kritisch hinterfragen würde. Sie lässt wesentliche Teile weg und schafft es dadurch, einen demokratiekompatiblen Islam zu fingieren, aber indem sie diese Teile weglässt, erspart sie sich eine Erklärung, warum die Lehre heute eine andere sein soll als früher und kommt um die Klippe der Häresie herum.

Vor allem vermittelt sie dadurch ihren Schülern, dass der Islam pauschal etwas Gutes ist. Nun, das ist ja auch der Sinn von Religionsunterricht, bedeutet aber im Falle des Islam, dass die Koranschule oder der Imam immer noch die Gelegenheit haben werden, ihren Islam bei den Schülern an den Mann zu bringen, ohne mit kompetent begründeter Ablehnung rechnen zu müssen.

Und schließlich sind Islamkundelehrerinnen wie sie die krasse Ausnahme. Sie sind gerade gut genug, das demokratische Feigenblatt für den Islamunterricht an öffentlichen Schulen abzugeben, dessen Hauptanteil von den großen Islamverbänden bestritten wird.

Man kann an diesem Beispiel übrigens ablesen, auf welche Weise das Djihadsystem „Islam“ es schafft, selbst solche Muslime für sich einzuspannen, die persönlich die westliche Moderne bejahen und ihr Islamverständnis deren Postulaten anzupassen versuchen. Sie werden ganz schnell (und, wie ich unterstelle, gegen ihren Willen) zum Aushängeschild und menschlichen Antlitz einer totalitären Bewegung.

Die deutsche Öffentlichkeit sieht Frau Kaddor. Die meisten Schüler bekommen Milli Görüs.