Das Eiserne Kreuz

Wen wundert es noch, dass nach der Verleihung von Tapferkeitsorden an vier Bundeswehrsoldaten der Chor der Bedenkenträger seine schaurigen Balladen anstimmt? Ihre Argumente sind von so atemberaubender Dummheit, dass sie jede denkbare Satire in den Schatten stellen:

(„Der Linke-Verteidigungspolitiker Schäfer wandte sich gegen einen „neu-alten Heroenkult“. Die gesellschaftliche Hervorhebung des Soldatenberufs durch Ehrenmale und Auszeichnungen sei oft ein Vorbote deutscher Kriegsbeteiligung gewesen.“Vorbote??? Guten Morgen, Herr Abgeordneter, haben Sie die letzten zehn Jahre gut geschlafen?)

EhrenkreuzKritisierenswert ist einzig und allein, dass man nicht endlich Nägel mit Köpfen macht und das Eiserne Kreuz wiedereinführt. Das Eiserne Kreuz als Emblem der Bundeswehr zu verwenden, aber nicht als Orden; stattdessen Orden wie das Ehrenkreuz zu verwenden, die irgendwie an das Eiserne Kreuz erinnern, ohne eines zu sein: Das ist genau dieselbe Art von Halbherzigkeit und Inkonsequenz, die auch aus der Reduzierung des Deutschlandliedes auf seine dritte Strophe spricht. Nichts Halbes und nichts Ganzes!

In beiden Fällen handelt es sich um Symbole, die gerade keinen nationalsozialistischen Ursprung haben. Das EK ist vom preußischen König für den Befreiungskrieg gegen Napoleon gestiftet, das Deutschlandlied von einem Liberalen geschrieben worden, der damit die Einheit der Ideen von Freiheit und Nation zum Ausdruck bringen wollte. Die Nazis haben beide Symbole vorgefunden, nicht erfunden (und dem Deutschlandlied, das ja die Hymne nicht einmal des Kaiserreiches, sondern der verhassten Republik gewesen war, haben sie so wenig getraut, dass sie stets das Horst-Wessel-Lied dranhängten – gleichsam als Kommentar, damit auch ja niemand etwas falsch versteht.)

Was nun den sogenannten „Missbrauch“ speziell des Eisernen Kreuzes durch die Nazis angeht, so wird man es schwerlich den „Missbrauch“ eines Kriegsordens nennen können, ihn im Kriege zu verleihen, und zwar ganz unabhängig davon, ob dieser Krieg als solcher gerechtfertigt ist oder nicht. „Missbraucht“, und zwar für eine linke Geschichtsideologie, wird hier höchstens das Wort „Missbrauch“.

Wenn wir im Übrigen alles abschaffen wollten, was von den Nazis missbraucht wurde, dann müssten wir zuallererst aufhören, unsere eigene Muttersprache zu sprechen. Im Grunde müssten wir aufhören, als Volk zu existieren. Und genau darum geht es auch. Der politische Neuanfang nach 1945 hat dazu geführt, dass wir heute nicht mehr das gleiche Volk sind wie damals. Nichtsdestoweniger sind wir immer noch dasselbe Volk wie vor siebzig oder auch vor hundertsiebzig oder dreihundertsiebzig Jahren. Die schrille Panik gegenüber Symbolen, in denen sich die historische Kontinutität des heutigen Deutschland eben nicht nur zum Dritten Reich, sondern zu seiner Geschichte überhaupt ausdrückt, beruht womöglich darauf, dass vielen Menschen der Unterschied zwischen „dasselbe“ und „das gleiche“ nicht mehr geläufig ist. Wenn man diesen Unterschied verwischt, dann stempelt man Deutschland bis ans Ende aller Tage zu einem verlängerten Dritten Reich, und dann ist es nur konsequent, seine Existenz zu beenden.

Deswegen wird das Eiserne Kreuz abgelehnt! Die Nation soll nicht nur anderen Idealen anhängen als früher; sie soll aufhören, mit sich selbst identisch zu sein. Die Idee (zu der sich niemand explizit bekennt, weil sie zu absurd ist, um ausgesprochen zu werden, die aber gleichwohl den geistigen Fluchtpunkt des bundesrepublikanischen Selbstverständnisses darstellt) lautet, dass 1945 ein neues Volk gegründet worden sei, das mit dem, was früher „deutsches Volk“ genannt wurde, nur noch den Lebensraum teilt. Eine solch willkürliche Neugründung eines Volkes ist aber nicht möglich und kann bestenfalls eine durchsichtige ideologische Fiktion darstellen. Entweder sind wir dasselbe Volk, das wir auch in den Jahrhunderten vorher waren, oder wir hören auf zu existieren.

Dies, nämlich der Selbstmord der deutschen Nation, ist die Option der politischen und Meinungseliten.Wenn Deutschland in den letzten Jahrzehnten immer besonders „europafreundlich“ war, dann hat das weniger mit einer europäischen Idee oder gar Vision zu tun – unseren Eliten ist jede Idee recht, die sich das Etikett „Europa“ aufklebt -, als vielmehr mit dem Versuch, Deutschland in Europa aufzulösen wie ein Stück Zucker im Kaffee. Und wenn das nicht funktioniert, weil die anderen Nationen noch nicht so weit sind, sich aufzulösen und Deutschland daher nolens volens fortexistieren muss, dann aber höchstens als geographisches Gefäß, in dem vielleicht noch eine „Bevölkerung“ lebt, aber kein Volk, und in das man nach Belieben und vor allem nach (wessen?) ökonomischem Bedarf Menschen füllen kann.

In dieser Ideologie kommt das deutsche Volk allenfalls noch als sein eigener Nachlassverwalter vor. Die Bundeswehr soll demgemäß auch keine deutsche Armee sein, sondern eine Art Polizei im Dienste einer „Weltinnenpolitik“ (der Ausdruck stammt nicht von mir, sondern von den Verfechtern eines solchen Konzepts). Eine Welt aber, die eine „Innenpolitik“ hat, ist eine, die keine souveränen Staaten und keine Völker und Nationen kennt, und sie erst recht nicht anerkennt.

Diese globalistische Ideologie herrscht in Deutschland ziemlich unangefochten; und entsprechend lautet denn das stärkste Argument der Befürworter der neuen Tapferkeitsauszeichnung, dass sie eben nicht das Eiserne Kreuz – sprich: nicht deutsch sei.

Obamas islamische Arithmetik

Obamas islamische Arithmetik

Der amerikanische Präsident hat vor kurzem gesagt, mit rund sieben Millionen Moslems gehörten die USA zu den größten muslimischen Ländern.

Eine erstaunliche Rechnung: Selbst wenn die sehr hoch gegriffene Zahl von sieben Millionen stimmen würde, wären muslimische Gemeinde Amerikas der zahlenmäßigen Stärke nach gerade einmal auf Platz 32 weltweit.

Vor lauter Staunen über Obamas Rechenkünste könnte man glatt übersehen, dass der Präsident sein Land unter die „muslimischen Länder“ rechnet. Unter dieser Prämisse würde die Rechnung stimmen: Die USA haben rund dreihundert Millionen Einwohner. Wenn sie ein muslimisches Land wären, wären sie von allen muslimischen Ländern das größte.

Wie aber kommt der Präsident auf die Idee, dass die USA mit sieben Millionen Moslems ein muslimisches Land sind (Indien mit seinen hundertzwanzig Millionen aber nicht)? Nun, nach islamischer Auffassung ist ein Land dann als islamisches anzusehen, wenn es sich für den Islam „geöffnet“ hat, d.h. politisch von Moslems beherrscht wird. Obamas Rechnung stimmt also. Sie stimmt aber nur unter der Voraussetzung, dass er selbst Moslem ist!

Der Selbstmord der Völker Europas

Ich habe hier schon mehrfach den Selbsthass des Westens, speziell der europäischen Völker (und hier wiederum besonders meines eigenen) thematisiert. Er äußert sich explizit  in einer Political Correctness, die dem jeweils eigenen Volk, der eigenen Kultur, der eigenen Religion (so man noch eine hat), der eigenen Rasse die Schuld an praktisch allen Übeln dieser Welt zuschreibt, aber äußerst wohlwollend mit dem jeweils „Anderen“ umgeht. Er äußert sich aber auch implizit in der schleichenden Selbstauslöschung der Völker Europas.

Für beide Phänomene lassen sich eine Reihe von Ursachen bzw. Motiven identifizieren: ideologische, politische, soziologische, ökonomische, und einige von denen habe ich auch hier im Blog schon behandelt.

Mit der psychologischen Seite habe ich mich bisher nur en passant befasst, obwohl allein das Wort „Selbsthass“ auf die Bedeutung psychologischer Motive verweist.

Ruth hat mich vor einiger Zeit auf einen Aufsatz des Psychoanalytikers und Bloggerkollegen Shrinkwrapped hingewiesen, den BeforeDawn netterweise ins Deutsche übersetzt und im Counterdjihad-Blog eingestellt hat. Leider findet dieser Blog nicht die verdiente Aufmerksamkeit – bisher hat es gerade einmal 79 Zugriffe auf Shrinkwrappeds Essay gegeben (Ich muss mir für diesen Blog wohl etwas einfallen lassen.), und deshalb stelle ich ihn hier mit einigen Raffungen und Kürzungen und unterbrochen von meinen eigenen Kommentaren noch einmal ein. Natürlich bin ich kein Psychologe und weiß über Psychologie nur so viel, wie man als belesener Zeitgenosse eben weiß; aber auch auf dieser Basis lässt sich ja trefflich spekulieren:

„Scham, Aggression und demographischer Selbstmord

von Shrinkwrapped

Übersetzung: BeforeDawn

Teil I

(28. März 2006)

Am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit kam eine Frau zu mir, die ich Gudrun nennen möchte, um sich therapieren zu lassen, und zwar gezwungenermaßen. Sie hatte eine ausgezeichnete berufliche Tätigkeit, die sehr zu ihr passte, aber ihr Chef hatte ihr gesagt, er würde sie entlassen, wenn sie sich nicht einer psychiatrischen Behandlung unterzöge. Es war ihr klar, dass sie nicht gut mit Menschen zurechtkam: in den meisten ihrer Beziehungen hatte sie am Ende das Gefühl, misshandelt zu werden, und so war es wohl auch wirklich. Es gab einiges Beeindruckende an dieser Frau, nicht zuletzt ihre Schönheit und ihre Intelligenz. Sie war Deutsche und war in die USA gekommen, um ihr Studium abzuschließen; sie hatte sich dann entschieden, in New York zu bleiben, weil sie sich eine Zukunft in Deutschland eigentlich nicht vorstellen konnte.

Mein anfänglicher Eindruck war, dass diese Frau sehr sympathisch war, nicht nur wegen ihres offensichtlichen Charmes und ihrer Intelligenz. Sie war warmherzig und einnehmend, sie ließ sich ohne erkennbare Schwierigkeiten auf eine relativ intensive Psychotherapie ein, was emotionale Intimität und Offenheit angeht, und ich wunderte mich darüber, warum es ihr nie möglich gewesen war, eine langfristige Beziehung einzugehen, und warum sie bei ihrem Chef und ihren Mitarbeitern einen so starken Zorn auf sich auslöste. Im Laufe der Zeit merkte ich, dass sie zentrale Teile ihrer Lebensgeschichte nicht thematisierte.

Sie war etwas mehr als zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren. Ihr Vater war in der Wehrmacht gewesen, und nach dem Krieg war er mehrere Jahre Gefangener in Stalins Gulag, bevor er entlassen wurde und nach Hause zurückkehren konnte. Ihre Mutter war während des Krieges noch ein Teenager gewesen und hatte in Berlin gelebt. Ihre Eltern hatten geheiratet, nachdem der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war. Sie war ein Einzelkind. Sie, wie auch ich, brauchte mehrere Monate, um zu erkennen, was in ihrer Lebensgeschichte fehlte: sie hatte keine Vorstellung davon, was ihre Eltern während des Krieges erlebt hatten.

Dies hatte Ähnlichkeit mit den „Löchern“ in der Lebensgeschichte von Patienten, die Kinder von Überlebenden der Konzentrationslager waren. Die Eltern sprachen nicht nur nicht über ihre Erfahrungen, sondern sie vermittelten ihren Kindern die Botschaft, dass bestimmte Fragen nicht denkbar waren und schon gar nicht gefragt werden durften. Bei Kindern von KZ-Überlebenden konnte man ein solches Fehlen von Teilen der Lebensgeschichte erwarten und man konnte damit therapeutisch arbeiten; ich hatte jedoch bis dahin keine Erfahrung mit Überlebenden auf der Seite der Täter und erwartete nicht dieselbe Art von biographischen Lücken.

Eine Anzahl von disparaten Teilen im Puzzle meiner Patientin kam allmählich in den Blick. Sie verriet mir, dass sie ein Jahr in Israel gelebt hatte, als sie 18 war, und dass sie zu der Zeit erwogen hatte, zum jüdischen Glauben überzutreten. Das erschien rätselhaft, denn als sie zu mir kam, war sie eine kosmopolitische unreligiöse Europäerin mit beträchtlicher Lebenserfahrung. Ein weiterer verwirrender Aspekt ihres Falles war, dass ich von Zeit zu Zeit den Wunsch verspürte, ihr gegenüber verletzende Bemerkungen zu machen, die in ihrer Therapie unangebracht schienen. Ich mochte sie wirklich, und ich war mir keines negativen Gefühls ihr als Deutscher gegenüber bewusst (Wie hätte sie denn für den Holokaust auch nur im geringsten verantwortlich sein können?), noch konnte ich irgendein Stück Gegenübertragung bei mir identifizieren, das mich hätte dazu bringen können, sie zu verletzen.

Erst nachdem mir klar geworden war, dass ich mit meiner Patientin in Hinsicht auf einen Verzicht, die Verwicklung der Eltern in die historischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs zu erkunden, kollaborierte, gewann ihre Therapie einen klareren Fokus und war es uns möglich zu verstehen, was die Gründe für ihre Probleme waren.“

Als ich das las, war ich überzeugt, dieselbe Krankengeschichte vor Jahren schon einmal gelesen zu haben, und zwar in diesem Buch:

71DSGF7XD4L._SL500_AA240_Der darin enthaltene Aufsatz „Kind von Verfolgern“ von M. David Coleman – auch er der Bericht eines jüdischen amerikanischen Analytikers, der eine deutsche Patientin behandelt -, ähnelt Shrinkwrappeds Bericht nicht in jedem Detail, aber doch genug, dass ich zunächst glaubte, es mit ein- und demselben Text zu tun zu haben: Auch dort eine attraktive, scheinbar gut angepasste Person, die ständig die Aggressionen ihrer Mitmenschen herausforderte; die den Übertritt zum jüdischen Glauben in Erwägung gezogen hatte; deren Mutter über die Vergangenheit niemals sprach; beide aus Deutschland emigriert, Gudrun von sich aus als Erwachsene, Frieda (die Patientin von Herrn Coleman) als Kind. Beide schufen Distanz zu Deutschland, Gudrun durch die Emigration, Frieda, indem sie Kopfschmerzen bekam, wenn sie die deutsche Sprache hörte.

„Wir fanden heraus, dass ihr Vater zwar in die Wehrmacht eingetreten war, aber sich geweigert hatte, irgendetwas mit der SS oder der Gestapo zu tun zu haben; er hatte regelmäßig erkennen lassen, dass er gegen die Nazis war.  Nach dem Krieg hatten die Russen ihn mit vielen anderen deutschen Soldaten verladen und nach Sibirien in den Gulag geschickt, wo er fast zehn Jahre leiden musste, bis die Russen ihn schließlich repatriierten.

Interessant war, dass sie über die Geschichte ihrer Mutter lediglich wusste, dass die Familie am Ende des Krieges mit beträchtlichen Entbehrungen fertig werden musste, und dass sie sich daran erinnern konnte, Hunger gehabt zu haben. Besonders auffällig war, dass Kenntnisse über Erlebnisse ihrer Mutter aus der Zeit vor dem Krieg und während des Krieges völlig fehlten, obwohl sie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte und viel über ihre Nachkriegserlebnisse wusste. Wenn sie ihre Mutter gefragt hatte, wie ihr Leben vor dem Krieg gewesen war, hatte sie es immer abgelehnt zu antworten oder das Thema gewechselt.

Zu der Zeit, als wir anfingen, den Hintergrund ihrer Mutter zu erkunden, offenbarte sie – und es fiel ihr bezeichnenderweise schwer -, dass sie seit langem relativ weitgehende sadomasochistische Sexualphantasien hatte. Sie hatte diese Phantasien nie ausagiert, aber sie fand sie sehr erregend und zugleich in hohem Maße beschämend, was sie in einen inneren Konflikt versetzte. Was ich bemerkenswert fand, war, dass ihre Phantasien – im Gegensatz zu denen anderer Patienten mit sadomasochistischen Neigungen – ganz offensichtlich außerordentlich fließend waren, in dem Sinne, dass es ihr oft unmöglich war, festzulegen, ob sie in ihrer Phantasie das masochistische Opfer oder der sadistische Täter war.

Im dritten Jahr ihrer Therapie machte Gudrun eine vierwöchige Reise nach Deutschland, um ihre Eltern zu besuchen. Ihr Vater war zu der Zeit schwer erkrankt, und es sollte ein Abschiedsbesuch sein.

Nach ihrer Rückkehr hatte sie mir viel zu erzählen. Sie hatte Gelegenheit gefunden, sich mit ihren Eltern zusammenzusetzen und lange Gespräche zu führen; sie hatte schließlich ihre Mutter mit den Lücken in ihrer Lebensgeschichte konfrontiert. Was sie dabei entdeckt hatte, ließ sie ihre eigenen Erfahrungen aus einer veränderten Perspektive sehen.

Ihre Mutter hatte, als sie in Berlin aufwuchs, als beste Freundin ein jüdisches Mädchen gehabt, das im Haus nebenan lebte. Ihre eigenen Eltern hatten ein sehr enges Verhältnis zu den Eltern ihrer Freundin. Die beiden Mädchen waren unzertrennlich. Als die Nazis an die Macht kamen, wurde diese beste Freundin ihrer Mutter, weil sie Jüdin war, in der Schule gemieden und gehänselt; ihre Mutter distanzierte sich von ihrer Freundin. Eines Tages war die Familie von nebenan verschwunden. Es war nicht nur, dass sie sie nie wieder sahen, es wurde auch nie wieder von ihnen gesprochen. Der Name des Mädchens war Giselle.

Meine Patientin brach in Tränen aus und zeigte ihr Entsetzen, als sie mir diese Dinge erzählte. Es war für sie unfassbar, dass ihre Mutter und ihre Großeltern so gefühllos gewesen waren. Wie konnte eine solche Schlechtigkeit in ihrer Familie sein? Andere Deutsche hatten ihr Leben riskiert, um jüdische Kinder und jüdische Familien zu retten; wie konnte ihre Familie sich angesichts solcher Grausamkeit sich so passiv verhalten?

Ihre Scham über ihre eigene Geschichte war tief.“

Dabei waren ihre Eltern nicht einmal Nazis gewesen, anders als die der Patientin Frieda, deren Stiefvater bei der SS gewesen war, deren Mutter noch in den sechziger Jahren pronazistisch eingestellt war, und die selber als Kind (sie war kurz vor dem Krieg geboren worden) eine Version des Cowboy-und-Indianer-Spiels gespielt hatte, bei dem die Juden die Indianer waren. Ihre Schuldgefühle basierten bei ihr auf dem Gefühl, dass sie ohne die Niederlage Deutschlands und ohne die Emigration ganz selbstverständlich ebenfalls ein Nazi geworden wäre.

„Jetzt erst konnte sie ihre unbewusste Identifikation mit den Juden besser verstehen. Sie selbst war nach einem verschwundenen jüdischen Mädchen benannt worden. Ihre sadomasochistischen Phantasien kamen jetzt klarer in den Blick. Sie begriff, dass sie unbewusst alle ihre Beziehungen durch eine Nazi-Juden-Linse gesehen hatte. Sie konnte es nicht ertragen, auf der Seite der Nazis zu sein, und war so gezwungen, ihre eigenen aggressiven Gefühle zu verstecken und zu leugnen, während sie andererseits das Opfer sein konnte, indem sie in ihren Phantasien sich Aggression von anderen vorstellte; dies war aber auch keine Position, die stabil und aushaltbar war. Die Unmöglichkeit, mit sich selbst einen Pfad durch diese beiden Extreme auszuhandeln, führte zu einer Art von fixierter psychischer Kreisbewegung, die sie dazu zwang, beständig ein Nazi-Juden-Szenario zu inszenieren, abwechselnd als unbewusster Täter und dann als bewusstes Opfer.

Zur selben Zeit, als wir die Dynamik dieses Aspekts ihres Charakters herausarbeiteten, konnte ich auch selbst meine Ambivalenz hinsichtlich ihres deutschen Hintergrunds besser erkennen und damit auch, dass die Fragen, die ich mir verboten hatte zu stellen (´Was haben Ihre Eltern und deren Eltern während des Krieges gemacht?´), mich dazu gebracht hatten, die Art und Weise, in der sie mich provozierte, zu übersehen. (Sie war sehr geschickt in der subtilen Kunst der unbewussten Provokation.) Als ich nun zu sehen begann, wie sie mich provozierte, konnte ich auch besser meine eigenen Impulse, ihr gegenüber grausam zu sein, als das begreifen, was sie waren, nämlich Teil der Inszenierung ihrer aus der Familiengeschichte hergeleiteten unbewussten Phantasien.

Gudrun war eine lebenserfahrene, schöne, intelligente Frau, sprach fünf Sprachen fließend, ein talentiertes und bezauberndes Beispiel einer aufgeklärten Nachkriegseuropäerin, sie spürte jedoch, dass sie einen ernsthaft kranken Kern hatte. Gudrun hatte versucht, Europa zu entkommen, indem sie nach Amerika ging, und war damit teilweise erfolgreich, nachdem sie die Krankheit in ihr identifizieren konnte.

Wie es ihr gelang, diese aus ihrer Familiengeschichte resultierenden lang andauernden Konflikte zu lösen, und was die möglichen Implikationen daraus für Europa sind, wird in einem kommenden Posting erkundet werden.

Teil II :

(29. März 2006)

Gestern habe ich angefangen, die Geschichte von Gudrun zu erzählen, die Mitte zwanzig war, als sie wegen ihrer chronischen Schwierigkeiten, mit ihren Mitmenschen auszukommen, zu mir zur Behandlung kam. Sie war eine begabte attraktive Deutsche, die oft einen jüdischen Stern am Hals trug, als sie achtzehn war, ein Jahr in Israel gelebt hatte, und einen nicht unbeträchtlichen Teil der Zeit damit verbrachte, den Übertritt zum Judentum in Betracht zu ziehen. Sie fand in ihrer Therapie heraus, dass sie nach der besten Freundin ihrer Mutter in deren Kindheit benannt worden war, einem jüdischen Mädchen namens Giselle, die in den Konzentrationslagern Nazideutschlands in den späten Dreißigern verschwunden war, um nie wieder gesehen oder erwähnt zu werden.
[In meinem vorigen Posting hatte ich vergessen, darauf hinzuweisen, dass Gudruns Namensgebung durch die Mutter entsprechend der Tradition der aschkenasischen (osteuropäischen) Juden erfolgt war, die Verbundenheit mit einem geliebten Verstorbenen durch den Gebrauch des gleichen Anfangsbuchstabens auszudrücken.]

Ungeachtet dessen, was Gudrun an Wissen über sich selbst gelernt hatte, was ihr eine große Hilfe war, die Art und Weise zu verstehen, in der sie unbewusst andere dazu provozierte, sie anzugreifen, war sie nicht in der Lage, eine passende Dauerbeziehung zu finden oder aufrechtzuerhalten. Dies war verwirrend, denn wir beide dachten, wir verstünden im wesentlichen, was ihre Beziehungen in der Vergangenheit gestört hatte, und häufig machten ihr Männer den Hof, die, soweit zu erkennen war, durchaus zu ihr zu passen schienen.

Schließlich aber fanden wir heraus, dass es einen unlösbaren Konflikt gab, der es Gudrun verwehrte, jemals die dauerhafte Beziehung zu finden, nach der sie sich sehnte.

Sogar nach mehreren Jahren therapeutischer Arbeit konnte Gudrun die Enormität dessen, was ihre Eltern durchgemacht hatten und wie sie mit ihrer eigenen Rolle in den mit dem Holokaust verbundenen Ereignissen umgegangen war, nicht gänzlich einschätzen. Obwohl sie nicht religiös war und nur ein Minimum an religiöser Unterweisung (in einem protestantischen Bekenntnis) erhalten hatte, hatte sie das Gefühl, dass der Makel des Holokaust, der auf ihrer Familie lastete, eine Ursünde sei, für die es ihr niemals möglich sein werde, völlige Wiedergutmachung zu leisten. Während Christen fühlen, dass sie von ihrer „Ursünde“ durch das Opfer Jesu Christi erlöst sind, gab es in der säkularen Welt der Europäer nach dem Krieg und dem Holokaust keine gleichartige Erlösung. Es dauerte eine sehr lange Zeit, bis es Gudrun möglich war, ihr tief empfundenes Gefühl in Worte zu fassen, dass der beschämende Makel in ihrem Kern niemals ausgelöscht werden könne.

Gudruns Empfindung war, dass sie wegen der Mittäterschaft ihrer Familie an den Schrecken des Holokaust es nicht verdient habe, von einem anständigen Menschen geliebt zu werden; sie wusste zwar, dass sie eine Person war, die von anderen gemocht wurde, und konnte sich sogar dazu überreden, dass sie liebenswert sei, aber in ihrem tiefsten Inneren fühlte sie, dass sie nicht liebenswert sei. Die Kluft zwischen dem, was ihr intellektueller Verstand ihr sagte (dass sie für das, was geschehen war, nicht verantwortlich sei) und dem, was ihr Gefühl ihr sagte (dass sie ein Abkömmling des Bösen sei), war unüberbrückbar. Wir haben dies eine sehr lange Zeit bearbeitet. In dieser Zeit gründete sie ihre eigene Firma, kaufte ein Haus und engagierte sich gesellschaftlich, aber sie konnte nie die Art von Zuneigung eines Mannes ertragen, nach der sie sich mehr als nach allem anderen sehnte. Darüber hinaus war die Vorstellung, ein Kind in die Welt zu setzen, in dem möglicherweise dasselbe Übel wie in ihr steckte und auf der Lauer lag, um eines Tages wiederum Gestalt anzunehmen, eine Quelle unvorstellbaren Schreckens für sie. Es war ihr nicht möglich, das Gefühl ins Wanken zu bringen, dass, was an Gutem sie auch immer in der Welt tat, sie doch von Menschen abstammte, die zu den schrecklichsten Dingen in der Lage gewesen waren, und so konnte sie es nicht riskieren, auch nur im geringsten Maße dafür verantwortlich zu sein, dass dieses Böse wiederum auf die Welt losgelassen würde. Es ist kaum möglich zu beschreiben, wie tief sie diesen Schrecken empfand und wie stark er war.

Ich kann nicht genug betonen, dass diese Frau die empfindsamste aller Seelen war; schon der Gedanke, dass sie eine andere Person verletzen könnte, machte sie physisch krank. Dennoch konnte sie nie das Gefühl ins Wanken bringen, dass in ihrem Kern sich etwas Schreckliches befinde. Letztendlich traf sie die bewusste Entscheidung, ihre Gene nicht weiterzugeben. Sie entsagte ihrer eigenen Zukunft und der Möglichkeit, geliebt zu werden. Nichtsdestoweniger hatte sie das Gefühl, dass die Therapie äußerst hilfreich war und dass sie die disparaten Gefühle, von denen sie den größten Teil ihres Lebens geplagt worden war, geklärt hatte. Sie hatte es nicht länger nötig, andere so wie in der Vergangenheit zu provozieren und konnte jetzt gut mit anderen zusammenarbeiten. Die Menschen wurden nicht mehr von ihr vor den Kopf gestoßen und waren nicht mehr wütend auf sie, sondern sie wurde von ihnen aufrichtig gemocht. Sie konnte ihren Freunden und Kollegen zwar nicht erklären, warum sie die ganze Zeit allein blieb, aber sie wusste, warum sie sich für ihren Lebensweg entschieden hatte.“

Da sie ihren Selbsthass ihrer Zugehörigkeit zu einem Kollektiv verdankt – nämlich zum deutschen Volk, sind ihre Emigration, überhaupt ihr betonter Kosmopolitismus Mittel, dieser Zugehörigkeit zu entkommen. Für die, die im Lande bleiben, ist diese Nichtidentifikation schwerer zu demonstrieren; aber auch für sie gibt es Wege, den Hass auf das eigene Volk auszuleben. Mit der Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, bestrafen sie sich nicht nur selbst, für ihre empfundene „Schuld“, sondern auch das Volk, dem sie diese „Schuld“ verdanken. Der Wunsch, dass das eigene Volk nicht existieren möge, schlägt sich sowohl im Reproduktionsverhalten nieder als auch in Ideologien, die diese Existenz in Abrede stellen („dekonstruieren“), als auch in sozialen und politischen Leitbildern, die ihm auf dem schnellsten Wege zum Exitus verhelfen.

(Eines sollte ich klarstellen: Wenn ich politische Ideen unter psychologischen Gesichtspunkten betrachte, dann treffe ich keine Aussage darüber, ob man nicht auch auf rationalem Wege zu diesen Ideologien gelangen kann. Anders gesagt: ich erkläre ihre Anhänger nicht für verrückt – obwohl ich bisweilen durchaus glaube, dass sie das sind; nur ist das eben keine Diskussionbasis. Politische Ideologien – welche auch immer – psychologisch zu interpretieren heißt vielmehr die Frage beantworten: Angenommen, diese Ideologien wären aus unbewussten Motiven entstanden, welche Motive müssten das dann sein? Während eine ideologiekritische Argumentation auf die entgegengesetzte Frage antworten würde: Angenommen, diese Ideologien hätten keinen psychologischen Hintergrund, sondern wären rational entwickelt worden, welche Logik stünde dahinter? Man muss die psychologische von der ideologiekritischen Ebene trennen, um auf jeder Ebene sauber zu argumentieren; Aussagen über die Vernunft oder Unvernunft von Ideologien lassen sich auf der Basis solcher Annahmen selbstverständlich nicht begründen.)

„Obwohl immer Vorsicht angebracht ist, wenn man vom Einzelfall auf das Generelle schließt,  frage ich mich doch, ob das, was ich in Gudrun gesehen habe, nicht eine unbewusste Dynamik repräsentiert, die insgesamt im heutigen Europa am Werk ist. Das schmutzige Geheimnis, zu dem sich Europa nie bekannt hat, ist das große Ausmaß an Mittäterschaft am Holokaust, nicht nur der Mehrheit der Deutschen, sondern auch der Franzosen, der Polen, der Bulgaren, Ungarn und anderer. Die osteuropäischen Länder haben in einer gewissen Weise dafür Buße getan, dadurch dass ihre Nachkriegsgenerationen von den totalitären Kommunisten gefangen gehalten wurden: die Kommunisten versuchten bewusst, alle Zeichen der Mittäterschaft ihrer Völker am faschistischen Holokaust, der vor allem gegen die Juden gerichtet war, zu beseitigen. Sogar in Westeuropa ist die Mittäterschaft versteckt worden, wenn auch nicht völlig beseitigt. Weil man dies nicht direkt angepackt hat, hat das schändliche Geheimnis im Inneren Europas wie ein Geschwür weiter geeitert, wie alle schändlichen Geheimnisse.“

Ich hatte mich schon immer gewundert, warum die Erscheinungen des kollektiven Selbsthasses, die wir in Deutschland mit den Nachwirkungen des Dritten Reiches erklären, in vielen anderen westlichen Ländern ebenfalls zu beobachten sind.

Wenn ich allerdings bedenke, dass zumindest der ideologische Selbsthass auch und sogar besonders ausgeprägt in den angelsächsischen Ländern zu beobachten ist, die gegen Deutschland gekämpft haben, dann frage ich mich, ob Shrinkwrappeds Erklärung ausreicht. Gewiss haben auch England und Amerika sich mitschuldig gemacht, z.B. durch ihr Verhalten bei der Konferenz von Evian 1938, als sie die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge explizit ablehnten bzw. nur unter großen Einschränkungen akzeptierten; durch ihre Neutralitäts- bzw. Appeasementpolitik; nicht zuletzt durch ihre Weigerung, ihre Militärmacht direkt zur Behinderung des Holocausts einzusetzen (z.B. durch Bombardierung der Bahnstrecken zu den Vernichtungslagern). Trotzdem sind solche Unterlassungssünden doch weit entfernt von dem Ausmaß an Verstrickung der Völker im besetzten Europa, geschweige denn des deutschen.

Allem Anschein aber nach identifizieren sich praktisch alle westlichen Völker mit dem deutschen, und zwar gerade im Hinblick auf den Holocaust! Sie sehen sich als potenzielle Täter (nicht anders als die beiden Patientinnen), nicht als potenzielle Opfer. Dazu passt auch die latente – oder gar nicht so latente – Deutschfeindlichkeit in vielen westlichen Ländern, die mir weit über das hinauszugehen scheint, was man zwischen ehemaligen Kriegsgegnern normal finden wird. Womöglich ist diese Deutschfeindlichkeit deshalb so intensiv, weil die mit ihrer Hilfe verdrängte Täteridentifizierung so stark ist.

Warum aber identifiziern sie sich mit den Deutschen, nicht etwa mit den Juden? Weil sie keine Juden sind, wohl aber mit den Deutschen einen Antisemitismus teilen, der in wesentlichen Zügen zu den Grundannahmen des kollektiven Weltbildes in christlich geprägten Gesellschaften gehört. In muslimisch geprägten natürlich auch, aber heute schreibe ich (ausnahmsweise mal 😀 ) nicht über den Islam.

Bleiben wir bei der Psychologie: Das Verhältnis des Christentums zum Judentum ist nicht unähnlich dem von nominell erwachsenen Kindern, bei denen die Ablösung vom Elternhaus nicht geklappt hat, zu ihren Eltern. Das Volk Israel ist zugleich die „Wir“-Gruppe des Alten Testaments und die Feindgruppe des Neuen.  Der christliche Antisemitismus entspricht dem Hass auf Eltern, von denen man nicht loskommt, weil man es nicht geschafft hat, ein von ihnen unabhängiges Selbst aufzubauen. Und die Völker, die diesen Hass teilen, fühlen sich mitschuldig am Holocaust – ganz unabhängig vom Maß der tatsächlichen eigenen Beteiligung. Das scheint mir einleuchtend. Es würde auch erklären, warum der Massenmord an den Zigeunern nicht dieselben Schuldgefühle auslöst: Die Zigeuner sind im Gegensatz zu den Juden die völlig Anderen, sie spielen keine Rolle für die kollektive Selbstdefinition.

„Scham ist das unerträglichste aller Gefühle, weil es das Selbst betrifft. Dr. Sanity hat sehr Erhellendes über Scham und ihre Wirkungen im öffentlichen Raum geschrieben:

Übermäßige oder unangemessene Scham ist etwas völlig anderes, sie sagt dem Individuum mit großer Eindringlichkeit, dass er oder sie wertlos ist. Scham kann eine außerordentlich zerstörerische und schmerzhafte Erfahrung sein. Kinder, die beständiger Feindseligkeit und Kritik ausgesetzt sind, lernen, sich gegen die schlechten Gefühle und die Scham in ihrem Inneren zu wehren und nach außen hin anderen den Grund dafür vorzuwerfen. Projektion und Paranoia, die beide Schuldzuschreibungen nach außen sind, sind psychische Verteidigungsmechanismen gegen die Scham. Oft wird versucht der Betreffende, mit dieser übermäßigen Scham umzugehen, indem er jemanden, den er als schwächer oder noch wertloser wahrnimmt, demütigt (z. B. ein Haustier, eine Frau, Schwule oder Außenseiter erfüllen diese Funktion sowohl für einzelne als auch für kulturelle Gruppen).

Ein Schuldgefühl entsteht nach einem Verstoß gegen die persönlichen Werte oder die der eigenen kulturellen Gruppe. Das Gefühl der Schuld bezieht sich auf Handlungen, auf das Verhalten, während das Gefühl der Scham sich auf das Ich bezieht. Wenn jemandem gesagt wird, sein Verhalten sei schlecht, ist das in seiner psychologischen Wirkung etwas deutlich anderes als wenn man jemandem sagt, er sei schlecht. Jenes führt zu einem Gefühl der Schuld, dieses zu einem Gefühl der Scham.

Zu Scham und Erniedrigung gehört aber auch, dass sie oft zu Wut führen. Wenn die Wut nicht nach außen abreagiert wird, wird sie oft gegen das Ich gerichtet und kann Verzweiflung bis hin zum Suizid bewirken (von dieser Verzweiflung ist Gudruns Lebensentwurf eine weniger schlimme Variante); wenn die Wut nach außen gerichtet ist, kann sie für eine andere Person tödlich sein. Oft stehen beide Formen auch im Zusammenhang. Der Selbstmordbomber vernichtet sich selbst und den verhassten (meistens auch beneideten) anderen, der als die Ursache der Scham gesehen wird.

In der Kultur der europäischen Eliten zeigt sich ein beträchtliches Maß an Pathologie. Sie versuchen, ihr Gefühl der Scham dadurch zu verarbeiten, dass sie das attackieren, was sie als ihren Ausgangspunkt ansehen. Wenn die Juden nur verschwinden würden, könnte die Erinnerung an den Holokaust der Vergangenheit anheim gegeben und für immer vergessen werden. Dies hat nicht für Gudrun funktioniert und es kann auch nicht für Europa als Ganzes funktionieren. Mit ihrem Bemühen, ihre Mittäterschaft vergessen zu machen, drohen sie die Verbrechen der Vergangenheit zu wiederholen. Die schändlichen Angriffe auf die Legitimität Israels sind nichts weiter als kaum verhüllter Antisemitismus, das zentrale Übel, das Gudrun niemals völlig verarbeiten konnte.

(…)“

Das eigene Volk ist nur  eines von zwei Völkern, denen man seinen Selbsthass zu verdanken glaubt, und die man deshalb aus der Welt schaffen will. Das andere sind die Juden. Das makabre Bonmot, dass die Deutschen den Juden Auschwitz nicht verzeihen werden, ist nicht nur zutreffend; es gilt sogar, wenn auch abgestuft, für alle westlichen Völker.

Nehmen wir an, das Verhältnis zum eigenen Volk und das zu den Juden respektive Israel sei die Grundlage politischer Weltbilder in westlichen Ländern, dann gibt es vier mögliche Grundeinstellungen:

(Ich beziehe mich konkret auf Deutschland.)

  • projüdisch-prodeutsch: Teile des konservativen Spektrums (mainstream- und rechtskonservativ)
  • projüdisch-antideutsch: die antideutschen Linken
  • antijüdisch-prodeutsch: traditionell Deutschnational-Rechtskonservative, außerdem Rechtsextremisten
  • antideutsch-antijüdisch: die Mehrheit, und zwar im Zentrum wie auf der Linken

Der Hass auf das eigene wie auf das jüdische Volk, der aufgrund von Shrinkwrappeds Argumentation als Mehrheitseinstellung zu erwarten ist, ist tatsächlich die Einstellung der Mehrheit. Die drei Alternativen werden von Leuten gewählt, die sich mit dem eigenen Volk identifizieren – das gilt auf vertrackte Weise auch für die Antideutschen, für deren Deutschfeindlichkeit das gelten dürfte, was ich oben über die der westlichen Völker gesagt habe: dass sie nämlich Ausdruck einer mit großem psychischem Aufwand verdrängten Identifikation ist.

„Antisemitismus ist eine Krankheit, die einen Menschen und eine Kultur von innen zerstören kann (siehe auch Pity the Poor Anti-Semite); sie kann natürlich ihren ausersehenen Opfern, den gefürchteten, beneideten und idealisierten Juden, schrecklichen Schaden zufügen, aber sie höhlt eben auch den Kern desjenigen aus, der an dieser Krankheit leidet. Vielleicht hat Gudrun ein Beispiel für die Wege aufgezeigt, auf denen diese Krankheit ihre Wirkungen durch die Generationen hindurch zeitigt.

Teil III:

(30. März 2006)

(…)

Meine Patientin wuchs im Nachkriegsdeutschland auf, in einer Umgebung, in der die gesamte Bevölkerung sich verabredet hatte, alle Erinnerungen an ihre Mittäterschaft am Holokaust (bei vielen eine aktive, aber bei den meisten eine passive) zu begraben. Die beste Kindheitsfreundin ihrer Mutter war ein jüdisches Mädchen von nebenan; eines Tages war sie mitsamt ihrer Familie verschwunden und wurde nie wieder gesehen oder auch nur erwähnt. Gudruns Mutter behielt fast 40 Jahre lang dieses Geheimnis bei sich selbst, d. h. der Mutter war es nicht wirklich bewusst gewesen, dass es ein Geheimnis war, sie hatte einfach nie daran gedacht, es ihrer Tochter gegenüber zu erwähnen, bis Gudrun sie direkt damit konfrontierte, als sie – nun schon fast dreißig – bei ihr zu Besuch war.

Die Analogie zwischen Europas allgemeiner Leugnung und der der Einzelperson liegt in der Verdrängung.

Eine von Freuds großen Einsichten war, dass, wenn traumatische Erinnerungen „vergessen“ oder „verdrängt“ und so dem Gedächtnis entzogen werden, sie dennoch beständig danach drängen, an die Bewusstseinsoberfläche zurückzukehren. Die Kräfte, die das „Vergessen“ bedingen, kämpfen darum, das Trauma nicht bewusst werden zu lassen, und aus diesem Kampf resultieren Krankheitssymptome und Charakterdeformationen. Das klassische Beispiel hierfür, das wir in der jetzigen komplexeren Gesellschaft nicht mehr sehen, wäre die hysterische Konversionssymptomatik. Bei einem Patienten, der sich in einer Konfliktsituation wegen seiner Aggression (er hat Angst, sich oder andere zu verletzen) befindet, könnte sich z. B. eine hysterische Lähmung seines Armes entwickeln. Mit seinem gelähmten Arm wäre er nicht mehr in der Gefahr, irgendjemanden zu verletzen, allerdings sind die resultierenden Symptome der hysterischen Konversion oft schlimmer als die Impulse, die sie auslösen. Freud nannte eine solche Symptombildung eine „Rückkehr des Verdrängten“.

[Unser heutiges Verständnis einer solchen Symptombildung ist ein gutes Stück differenzierter und komplexer, aber der grundlegende Rahmen für das Verständnis hat den Test der Zeit bestanden.]

In der gleichen Weise nun haben die europäischen Eliten sich vorgestellt, sie könnten die Verwicklung Europas in die Grausamkeiten des Holokausts vergessen, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Jedoch zahlt Europa einen sehr hohen Preis dafür, und es könnte sein, dass es im Begriff ist, die Bühne für eine „Rückkehr des Verdrängten“ zu bereiten.

Der Mann mit dem gelähmten Arm, den ich mir gerade vorgestellt habe, ist Europa. Seit dem Zweiten Weltkrieg, als das ganze Ausmaß des Schreckens des Holokaust zutage trat, haben die Europäer versucht, ihre aggressiven Impulse zu leugnen. Sie sind friedliebender geworden als die blutdürstigen Amerikaner und haben sich deswegen selbst entwaffnet, sie sind moralischer als der Cowboy aus Crawford, viel gescheiter und differenzierter im Denken als die Tölpel von der anderen Seite des großen Teichs. Aber während dieser ganzen Zeit, in der sie den Anschein verfeinerter Urbanität aufrechterhielten, gab es in ihrem Kern eine Krankheit.

Meine Patientin löste ihre auf Aggression, Scham und Schuld basierenden Konflikte durch Selbstbestrafung, Zerstörung ihrer Zukunft und durch die Selbstverpflichtung, niemals Mittäterin bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sein. Man ist versucht, im demographischen Versagen der hochzivilisierten Europäer eine ähnliche Selbstverpflichtung zu sehen. Ich möchte jedoch behaupten, dass es in diesem Fall nicht so leicht ist, das Verdrängte im Unbewussten unter sicherem Verschluss zu halten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Europäer, außer Lippenbekenntnissen, nichts getan, um neue Völkermorde zu verhindern oder zu stoppen, jetzt in Darfur, vorher in Bosnien, in Kurdistan (durch Saddam Hussein) und unter den Schiiten im Irak. Durch ihre Angst vor Aggression und ihre Unfähigkeit zu moralischen Differenzierungen haben sie sich im Angesicht wirklicher Brutalität selbst entwaffnet. Sie haben sich sogar vehement bemüht, jene zu entwaffnen, die sie als ihr böses Spiegelbild sehen, die Israelis. (Dies wäre ein Beispiel für den „Narzissmus der kleinen Unterschiede“, der eigentlich einen gesonderten Beitrag verdient; man beachte, dass die deutschen Juden vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus die erfolgreichsten und am stärksten assimilierten Juden in ganz Europa waren. Dazu hat jemand gesagt, dass die Deutschen den Juden den Holokaust niemals verzeihen werden. Und auch nicht die Franzosen.)

Die ganze Kultur der Political Correctness und des Multikulturalismus beruht auf der Marxschen Dialektik der Unterdrücker und der Unterdrückten… In der politisch-korrekten Welt können nur Weiße und ihre Handlanger die bösen Unterdrücker sein. Saddam Hussein kann Millionen von muslimischen Glaubensgenossen töten, und dies regt niemanden auf; Hafis el-Assad kann Hama zerstören und 20.000 Menschen töten [Bombardement der Stadt Hama, um eine Zentrale der Muslimbrüder auszuschalten, Febr. 1982; Anm. des Ü.], und das ohne ein Wort der Missbilligung vonseiten der Europäer; die saudische Königsfamilie kann Sklaverei praktizieren und mittelalterliche Strafen für Apostasie verhängen, ohne ein Wort der Missbilligung (bedauerlicherweise auch nicht von unserer Regierung); der Iran ermordet Vergewaltigungsopfer und arbeitet fieberhaft daran, Nuklearwaffen herzustellen, um sie gegen ihre Feinde, einschließlich der Juden, einzusetzen, und die Europäer jammern und ringen die Hände, weil sie sich vor ihrer eigenen Aggression derartig fürchten, dass die Anwendung von Gewalt zur Entwaffnung des Irans für sie unvorstellbar ist. Dies ermöglicht es den Europäern, die Welt einzuteilen in jene, die die Freiheit zur Aggression haben, und in jene, denen Aggression verwehrt werden muss. Dies ist die Erklärung dafür, dass die Amerikaner und die Israelis immer im Unrecht sind, und die Moslems nie. Zugleich fühlen sie sich immer sicher, die Amerikaner und die Israelis verbal zu attackieren, aber nicht ganz so sicher, wenn es darum geht, Moslems verbal anzugreifen.“

Es ist zugleich die Erklärung dafür, dass man glaubt, den Menschen vorschreiben zu dürfen und zu müssen, was sie zu denken und sogar zu empfinden haben. Das gefährliche Monstrum „Volk“, das sich in Deutschland an so schrecklichen Orten zeigt wie „dem Stammtisch“ (oder dem Kommentarbereich von PI), dessen barbarische Mordlust nur durch die strenge Zucht von Verhaltens-, Sprach- und Denkregeln gezügelt werden kann, dieses groteske Zerrbild des wirklichen Volkes ist das getreue Spiegelbild dessen, was die Sprachregler in ihrem eigenen Inneren vermuten. Es ist eine weitere Form, den Selbsthass zur politischen Ideologie zu erheben und gesellschaftlich verbindlich zu machen.

„Diesen Konflikt haben sie nun zunehmend in ihren eigenen Hinterhof importiert, und es ist kein Zufall, dass die Europäer angesichts der Aggressivität vonseiten der unter ihnen lebenden Muslime sich gelähmt wiederfinden. Ihre anfängliche Reaktion darauf, abgesichert durch ihre reflexhafte Politische Korrektheit, war, diese Aggression in ihren eigenen Ländern zu leugnen; dies jedoch funktioniert nicht sonderlich gut.

Gateway Pundit hat Fotos von den französischen Unruhen in dieser Woche; dies sind keine Unruhen wegen Karikaturen, sondern Proteste von französischen Studenten und Gewerkschaften gegen Pläne der Regierung, die marode Wirtschaft durch die Schaffung von nicht ganz so abgesicherten Jobs in Schwung zu bringen. Diese Proteste waren wieder einmal der Grund für die muslimischen Jugendlichen, deren ethnische und religiöse Zugehörigkeit in der französischen Presse niemals erwähnt wird, gegen die privilegierten Franzosen zu randalieren, die sie als Dhimmis ansehen. Aber die Moslems, in der törichten Überschätzung ihrer eigenen Macht, laufen wiederum Gefahr, sich zu übernehmen. Wenn sie zu früh auf die Barrikaden gehen, könnten die Moslems im Herzen Europas jenen von so vielen gefürchteten und von so vielen herbeigewünschten Zusammenstoß der Zivilisationen auslösen, bevor die Europäer ihren demographischen Selbstmord vollendet haben.“

So weit die Diagnose. Ich finde sie hochgradig bestürzend und beunruhigend, weil mir keine rechte Therapie dazu einfällt. Wie erhält man Völker am Leben, die nicht mehr existieren wollen?

Non, Sire, c’est une révolution!

„C’est une révolte?“ – „Non, Sire, c’est une révolution!“ Dialog zwischen Ludwig XVI. Und dem Herzog von Liancourt am Abend des 14. Juli 1789

In diesen Tagen, wo die revolutionäre Demokratie im Iran so nahe am Sieg ist wie nie zuvor, sollte man sich merken, wer auf welcher Seite steht: Ich weiß nicht, ob es Dummheit oder Verrat ist, wenn der amerikanische Präsident so tut, als wüsste er nicht, worum es geht. Wahrscheinlich haben die iranischen Aufständischen sich Obamas Sympathien auch nur dadurch verscherzt, dass sie zu proamerikanisch sind.

Glaubt Obama allen Ernstes, die Perser wüssten nicht, worauf es ankommt – nämlich darauf, die Bastille namens „Islamische Republik“ zu stürmen, und nicht darauf, wer innerhalb dieser Bastille den zweithöchsten Gefängniswärter macht? Zum Glück für die Iraner (und für den Rest der Welt) kommt es aber auch auf ihn, auf Obama, nicht an.

Was im Iran zu beobachten ist, entspricht in geradezu klassischer Weise dem Bild einer Volksrevolution, wo die zunächst vereinzelten Proteste Weniger eine lawinengleiche Kettenreaktion auslösen, in der die Proteste sich ausbreiten und sich zu einer einzigen großen Welle vereinigen. Es erinnert an den März 1848, an den November 1918, an den Oktober 1989. Es erinnert an den Winter 2004 in Kiew. Vor allem aber erinnert es daran, dass die Iraner vor gerade einmal dreißig Jahren schon einmal eine Diktatur davongejagt haben – und wo das einmal klappt, da klappt es auch zweimal!

Dieses Regime ist nicht das erste, dessen Hochmut vor dem Fall kommt. Es war nach den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit (z.B. Ukraine) eine Riesendummheit, die Rettung in einer obendrein ziemlich plumpen Wahlfälschung zu suchen. Hätten sie Mussawi als Präsidenten einfach anerkannt, dann hätten sie ihn mit taktischen Spielchen ebenso zermürben und letztlich kaltstellen können wie den „Reformpräsidenten“ Khatami. Es musste aber unbedingt Ahmadinedjad sein – und es gibt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass Khamenei und der Wächterrat über Ahmadinedjads Machenschaften Bescheid wussten und sie deckten. (Warum? Womöglich, weil er der Mann für den Showdown mit Israel sein sollte?)

Warum auch immer: Mit der Wahlfälschung verschaffte das Regime dem Volk eine Losung und brachte es als handelnden Faktor ins Spiel – ein Volk, das schon bisher bei jeder Gelegenheit, die es überhaupt bekam, demonstriert hat, was es von dem Monstrum „Islamische Republik“ hält: nämlich nichts.

Dieses Volk wird sich nicht mit einer bloßen Neuwahl abspeisen lassen, um dann mit Mussawi genauso dazustehen wie acht Jahre lang mit Khatami. Mit der Anerkennung von Mussawis Wahlsieg hätte sich das Regime am Tag unmittelbar nach der Wahl vielleicht noch retten können. Aber heute? Heute liegt seine Schwäche – und die zumindest zahlenmäßige – Stärke der Opposition offen zu Tage. Jetzt ist es in einer Lage, in der jedes Zugeständnis nur neue Forderungen provozieren würde.

Das heißt nicht, dass der Sieg der Opposition sicher wäre. Es muss nicht enden wie 1989 in Leipzig; es kann auch enden wie in Peking.

Wenn ich aber nach meinem Bauchgefühl gehe, dann glaube ich das nicht: Zu unsicher und defensiv agiert das Regime, als dass ich ihm noch zutrauen würde, das täglich größer werdende Risiko einzugehen, das mit dem Kampf gegen das eigene Volk notwendig verbunden ist. Wenn ich „Volk“ sage, dann meine ich relativ junge, gut ausgebildete Menschen, oft Akademiker, deren Berufs- und Lebenschancen das Regime erstickt. Genau die Leute, die nur ungewöhnlich dumme Herrscher sich zu Feinden machen.

Ich habe bekanntlich große Zweifel, ob eine islamische Gesellschaft sich dauerhaft zu liberalisieren vermag. Ich behaupte aber: Falls es überhaupt einen Weg geben sollte, Islam und kulturelle Moderne irgendwo in den Kernländern des Islam miteinander zu verbinden, dann werden die Perser und Schiiten diejenigen sein, die ihn finden.

Im Iran wird wieder einmal Weltgeschichte geschrieben, und wir werden leider nicht sagen können, wir seien dabei gewesen. Wir können nur beten und Daumen drücken.

Ich glaube aber nicht, dass es eine Herausforderung Gottes ist, schon einmal den Champagner kaltzustellen.

Ein Satz mit X

Das war wohl nX.

Als ich kurz nach sechs hier im Blog über das GEZ-Fernsehen schimpfte, konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass über zehn Prozent der Stimmen (!) sich in Null-Komma-Fliegendreck-Anteilen über fünfundzwanzig Parteien (!) verteilen würden; ich war sicher, dass es ein oder zwei mit nennenswerten Ergebnissen (drei plus x) geben würde. Wie man sich täuschen kann.

Jetzt liegt das vorläufige amtliche Endergebnis vor:

Demnach waren die stärkste Partei nach dem Dhimmikartell der Etablierten die Freien Wähler mit 1,8 Prozent. Danach die Republikaner mit 1,3. Dann kommt schon – die Tierschutzpartei! (Klar, wer sonst? Wir sind schließlich – im Gegensatz zu Holland oder Österreich – ein glückliches Land und haben keine anderen Sorgen als das Glück unserer Kühe!) Der Rest sind Kuriositäten, etwa die drei (!) Rentnerparteien mit 0,2 %, 0,4 % und 0,8 % – womit bestätigt sein dürfte, dass Rentner tatsächlich nichts Vernünftiges zu tun haben -, oder die „BüSo“ mit der unverwüstlichen Helga Zepp LaRouche, die wahrscheinlich schon unter Kaiser Wilhelm zu  jeder Wahl antrat (in jedem Falle aber seit ich denken kann) und diesmal mit weniger als zehntausend Stimmen als Vorletzte ins Ziel kam.

Wenn man bedenkt, dass bei Europawahlen wegen der geringen Wahlbeteiligung die Latte für Außenseiter niedriger liegt (eine Million Stimmen hätten für die Fünf-Prozent-Hürde gereicht, statt knapp zwei wie bei Bundestagswahlen), ist das Ergebnis für die kleinen bürgerlichen und rechtskonservativen Parteien ein Debakel. Dass es auch für die linken Parteien eines war, tröstet daher wenig. Mir ist es jedenfalls gleichgültig, ob unsere Zukunft von Schwarzgelb oder von Rotrotgrün ruiniert wird.

Jedenfalls zeigt die Wahl ungeachtet der vorgeblich „bürgerlichen“ Mehrheit, dass unser Land sich fest im Griff der politischen Linken befindet:

Daran, dass die Unionsparteien für ihren Linkskurs (Pars pro toto: Ursula von der Leyen) nicht nur nicht abgestraft, sondern belohnt werden, und das sogar bei einer Europawahl, wo man getrost Protest wählen könnte, können wir ablesen, dass es eine politische Rechte in Deutschland praktisch nicht gibt. Das Kartell der Linken hat 89,2 Prozent der Stimmen kassiert. Und dabei sind die Rentner und die Tierschützer nicht einmal mitgerechnet.

Heute Israel, morgen wir!

von Mark Steyn

Im Original unter dem Titel „Israel Today, the West Tomorrow“ erschienen in: commentarymagazine.com/viewarticle.cfm/israel-today–the-west-tomorrow-15134

Übersetzung: Manfred

[Ich stelle die Übersetzung ausnahmsweise nicht nur im „Counterdjihad“, sondern auch hier in voller Länge ein. Empfohlen sei der Artikel insbesondere allen intellektuellen Flachlandtirolern, deutschfeindlichen Pausenclowns und sonstigen Geisteskastraten aus der antideutschen Szene, die nicht wahrhaben wollen, dass Israel nicht überleben kann, wenn die Völker Europas sich nicht behaupten! Deren Unterstützung für Israel deshalb unter anderem darin besteht, PI und überhaupt die rechte Islamkritik zu verdächtigen und zu verunglimpfen. Die vor der Islamisierung Europas offenbar weniger Angst haben als davor, etwas zu denken, das irgendwie – Sankt Marx steh uns bei! – „rechts“ sein könnte. Und die deswegen das Kunststück versuchen, die übrigen Linken an Borniertheit und inquisitorischer Intoleranz noch zu übertreffen. Wer sich angesprochen fühlt, ist gemeint!]

Am Holocaustgedenktag 2008 nahmen knapp hundert Personen – Londoner und einige Besucher an einer Führung durch das alte jüdische East End teil. Unter anderem besichtigten sie den Geburtsort von Lionel Bart, dem Autor von Oliver! Drei Generationen von Schulkindern sind mit Barts Gedicht aufgewachsen:

Consider yourself
At ’ome!
Consider yourself
One of the family!

Diese paar Dutzend Londoner Juden glaubten, hier zu Hause zu sein. Das waren sie aber nicht. Nicht mehr. Die Tour wurde abrupt beendet, als die Gruppe mit Steinen beworfen wurde, und zwar von „Jugendlichen“ – oder, um es etwas weniger ausflüchtig im gegenwärtigen Euphemismus der Fleet Street zu sagen, von „asiatischen“ Jugendlichen.[In Deutschland wäre von „südländischen“ Jugendlichen die Rede, d.Ü.]. „Wenn ihr weitergeht, sterbt ihr“, riefen sie zwischen fliegenden Steinen.

Eine New-Yorkerin, der gerade nach Großbritannien gezogen war, um eine Stelle an der Metropolitan University anzunehmen, erlitt eine Platzwunde am Kopf und musste im Royal London Hospital behandelt werden. Sie versäumte dadurch den „interreligiösen Gedenkgottesdienst“ aus Anlass des Holocaustgedenktages in der East London Central Synagogue. Ihr Freund Eric Litwack aus Kanada wurde auch getroffen, musste aber nicht genäht werden. Aber für die, die nicht erst vor kurzem in Heathrow gelandet sind, war es keine große Sache, nicht dieser Tage: Niemand wurde getötet oder permanent verunstaltet. Und wenn man bedenkt, wieviele jüdische Gemeindeveranstaltungen jetzt bewacht werden müssen, hatte ihrer Majestät Wachtmeister womöglich recht, der meinte, diese Londoner, die durch die Straßen ihrer eigenen Stadt gingen, hätten dies besser hinter einer Polizeieskorte getan.

Ein europäischer Holocaustgedenktag, an dem Juden mit Steinen beworfen werden: Das klingt wie eine Parodie auf den alten Witz, dass die Deutschen den Juden den Holocaust niemals verzeihen werden. Nach einer Umfrage, die im Jahr 2005 von der Universität Bielefeld durchgeführt wurde, haben 62 Prozent der Deutschen „die Nase voll davon, dass ständig auf deutschen Verbrechen an Juden herumgeritten wird“ … Nur wird eher auf den Juden herumgeritten: Während wir alte Witze wieder aufwärmen, erinnert mich ein Leser an einen, der vor ein paar Jahren erzählt wurde, während Israels bekanntlich „unverhältnismäßigem“ Einmarsch in den Libanon: Eines Tages schlägt der UN-Generalsekretär vor, dass im Interesse von Frieden und Harmonie auf der Welt Fußballspieler aus allen Ländern zusammenkommen und eine UN-Fußballmannschaft gründen sollten. „Gute Idee“, sagt sein Stellvertreter, „aber gegen wen würden wir dann spielen?“ – „Gegen Israel natürlich.“

Haha. Es hatte schon immer einen Krümel Wahrheit, aber jetzt ist es ein ganzer Laib.

„Israel ist aus der Mode“, sagte mir ein kontinentaleuropäischer Außenminister vor einem Jahrzehnt. „Aber vielleicht ändert sich Israel, und dann ändert sich auch die Mode.“ Moden ändern sich. Diese aber nicht, auch nicht, wenn Israel sich ändert. Die Wendung der (nicht-amerikanischen) öffentlichen Meinung gegen den jüdischen Staat, die in den siebziger Jahren begann, spiegelte, wie mein kontinentaler Politiker sagte, einfach eine veränderte Wahrnehmung:

Israel war nicht mehr der Underdog, sondern der Overdog, und warum sollte das eine … von Holocaustschuld unbelastete europäische Linke ansprechen?

Klar. Moden wechseln. Aber der neue Judenhass [im Original deutsch, d.Ü.] ist keine Mode, sondern einfach blanke Realität, die in den kommenden Jahren weiterwuchern und Israel in der internationalen „Gemeinschaft“ isolieren wird, und zwar auf eine Weise, verglichen mit der das erste Jahrzehnt dieses Jahrhundert im Rückblick wie die gute alte Zeit aussehen wird.

Ein paar Monate nach der verkürzten Führung zum Holocausttag, befand ich mich zum erstenmal seit Jahren selbst an dieser speziellen Ecke von Tower Hamlets. Speziell in der Cable Street – 1936 Schauplatz einer berühmten Schlacht, als Sir Oswald Mosleys British Union of Fascists in einem primitiven politischen Muskelspiel beschloss, durch das Herz des jüdischen East London zu marschieren. Eine aufgebrachte Menge aus Juden, irischen katholischen Dockarbeitern und kommunistischen Agitatoren, alle unter der Parole des Spanischen Bürgerkriegs „No pasaran“ („Sie werden nicht durchkommen“), schlug sie zurück.

Zwischen „No pasaran“ und „Wenn ihr weitergeht, sterbt ihr“ liegt eine Geschichte nicht so sehr von Antisemitismus, als vielmehr einer nie dagewesenen demographischen Umwälzung. Hinter dem schicken „Antizionismus“ der europäischen Linken verbirgt sich eine mächtigere Wirklichkeit: Die demographische Energie nicht nur in Lionel Barts East End, sondern in fast jedem westlichen Land ist „asiatisch“. Heißt: muslimisch. Eine regierungsamtliche statistische Untersuchung enthüllte vor kurzem, dass die muslimische Bevölkerung des Vereinigten Königreiches zehnmal schneller wächst als die Bevölkerung insgesamt. Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen und viele andere Städte des Kontinents von Skandinavien bis an die Cote d’Azur werden in den nächsten paar Jahren zu Städten mit muslimischer Mehrheit werden.

Brüssel hat einen sozialistischen Bürgermeister, was nicht weiter überraschend ist, aber er sitzt einem mehrheitlich muslimischen Stadtrat vor, und das dürfte doch zumindest diejenigen überraschen, die glauben, dass hier von einem langsamen, graduellen, schleichenden Prozess die Rede ist. Aber dies ist die Lage des Christentums zu Beginn des dritten Jahrtausends: Die in der Hauptstadt der Europäischen Union regierende Partei ist mehrheitlich muslimisch.

Auf diesen Trend kann man auf zweierlei Weisen reagieren:

Man kann es sehen wie bei einem Wechsel der Besetzung in „Cats“, oder genauer wie wenn bei David Merricks rein schwarzer Produktion von „Hello Dolly!“ Carol Channing und ihre … Kellner von Pearl Bailey und ihrem Ebenholzchor ersetzt werden, während ansonsten die Show unverändert bleibt. Dasselbe Bühnenbild, dieselben Worte, dasselbe Arrangement: Frankreich bliebe Frankreich, Deutschland Deutschland, Belgien Belgien.

Die zweite Lesart ist, dass die Islamisierung Europas gewisse Konsequenzen nach sich zieht, und es könnte sich lohnen zu untersuchen, worin die bestehen. Es gibt jetzt schon verschiedene kulturelle Brüche – von der Abschaffung von Sparschweinen in britischen Banken bis zum Verbot des öffentlichen Konsums von Donuts während des Ramadan in Brüssel. Und doch gibt es in einem Punkt bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen den alternden ethnischen Europäern und den jungen, wachsenden muslimischen Bevölkerungsgruppen: Vor ein paar Jahren erbrachte eine berühmte Umfrage das Ergebnis, dass 59 Prozent der Europäer Israel als die größte Gefahr für den Weltfrieden betrachten.

Neunundfünfzig Prozent? Was um alles in der Welt ist denn mit den anderen? Beruhigen Sie sich: In Deutschland waren es 65 Prozent, in Österreich 69 Prozent, in den Niederlanden 74 Prozent. Nur zum Vergleich: In einer kürzlich durchgeführten Umfrage in Ägypten, Jordanien, Marokko, dem Libanon, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten – das heißt in der „gemäßigten“ arabischen Welt – betrachten 79 Prozent Israel als die größte Gefahr für den Weltfrieden. Soviel ich weiß, hat man die Umfrage in denn letzten Jahren in Europa nicht wiederholt; womöglich gilt Israel heute in den Niederlanden als bedrohlicher denn im Jemen.

Es gibt sicherlich gelegentlich geheimnisvolle Diskussionspunkte: Man erinnert sich, wie nach den Anschlägen vom 7. Juli 2005 der Londoner Bürgermeister Ken Livingstone einigermaßen gequält versuchte zu erklären, warum es völlig legitim sei, Busse in Tel Aviv in die Luft zu sprengen, nicht aber in Bloomsbury. Das sind aber nur kleine Beulen auf einer ansonsten glatten Rutschbahn: Je mehr die europäische muslimische Bevölkerung wächst, je widerspenstiger und unangepasster sie wird, desto mehr begeistert sich das Establishment für „Antizionismus“ – als ob die finstere Jüdin die letzte Jungfrau wäre, die man noch in den Vulkan stürzen kann – was sogar stimmen könnte, wenn man an all die dreizehnjährigen Flittchen und Schlampen denkt, die in den meisten britischen Einkaufszentren schon Freitag nachmittags mit dem Gesicht in ihrer eigenen Kotze liegen. Für heutige Juden gibt es, anders als 1936 in der Cable Street, keine katholischen Dockarbeiter oder kommunistische Agitatoren, die mit ihnen Schulter an Schulter stehen. Im postchristlichen Europa gibt es so wenige praktizierende Katholiken wie praktizierende Dockarbeiter, und was die intellektuelle Linke angeht, so begeistert sie sich für die Hamas mehr als die meisten Menschen in Gaza.

Darauf würden viele Israelis ruppig antworten: Na und? Juden, die sich auf europäische „Freunde“ verlassen, sind doch sowieso arme Irre! Trotzdem besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen der eingeübten Abneigung gegen die „israelische Apartheid“, wie man sie in der Fachbereichsteestube kundtut, und einer Massenpsychose, so allgegenwärtig, dass sie praktisch ein Teil der Luft ist, die man atmet. Wer einen füchtigen Blick in die Zukunft werfen möchte, betrachte (zunächst) die bizarren Begleitumstände des jüngsten Daviscup-Erstrundenmatches in Schweden. Lange zuvor war entschieden worden, dass die Begegnung im Baltiska-Hallenkomplex in Malmö stattfinden würde. Wer wusste schon, welcher Gegner den Schweden zugelost werden würde? Es hätte Chile sein können, oder Serbien. Leider war es Israel.

Malmö ist Schwedens am stärksten muslimische Stadt, und die Stadtverwaltung ordnete unter Berufung auf Sicherheitsbedenken an, dass das Spiel hinter verschlossenen Türen stattzufinden habe. Stellen Sie sich vor, Sie wären Amir Hadad und Andy Ram, die beiden israelischen Doppelspieler, oder Simon Aspelin und Robert Lindstedt, die Schweden. Es sollte ihr großer Tag werden. Aber das große Stadion ist leer, mit Ausnahme einiger Sportreporter und Offizieller. Und draußen grölen zehntausend Demonstranten „Stoppt das Match!“, und etwas tiefer im Gewühl rufen sie vielleicht „Wir töten alle Juden auf der Welt!“ (Demonstranten in Kopenhagen hatten einige Wochen zuvor genau das getan.)

(…)

Erinnern Sie sich an die „Road-Map“-Konferenz die in Jordanien gleich nach der US-Invasion im Irak abgehalten wurde? Das schien damals eine große Sache zu sein: Die Führer Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde, der US-Präsident, Diktatoren aus der ersten Liga der arabischen Liga. Innerhalb des Tagungszentrums war alles sehr kollegial, mit Lächeln und Händeschütteln. Draußen flatterten die Fahnen: Jordaniens, Amerikas, Saudi-Arabiens, Ägyptens, Palästinas. Aber nicht die Israels. König Abdullah von Jordanien war zu dem Schluss gekommen, dass es zu provokant sei, die Anwesenheit des zionistischen Gebildes auf jordanischem Boden kundzutun, selbst bei einem solchen Treffen. Malmös Tennismatch beachtete dieselben Konventionen: Ich bin sicher, die schwedischen Tennisbosse waren hinter Hotelmauern reizende Gastgeber, und das neutrale Flughafenauto wird erste Sahne gewesen sein. Wie einfach sich doch die verstohlenen Manöver des Nahen Ostens in der Welt verbreiten!

Wenn schon westliche Regierungen sich wie König Abdallah scheuen, den Davidstern zu hissen, dann leben diejenigen ihrer Bürger, die es tun, in schweren Zeiten. In Britannien wurde „pro-palästinensischen“ Demonstranten im Januar erlaubt, sich als hakennasige Juden zu verkleiden, die das Blut arabischer Säuglinge trinken; gleichzeitig befahl die Polizei Gegendemonstranten, ihre israelischen Flaggen zu entfernen. In Alberta, im Herzen von Calgarys jüdischer Nachbarschaft, wurde die Flagge der Hizbollah (eigentlich eine verbotene terroristische Vereinigung) von Demonstranten stolz geschwenkt, aber eine einsame israelische Flagge wurde als Gefahr für den königlichen Frieden betrachtet, und Beamte stellten dem tapferen Kerl, der sie hielt, vor die Wahl, sie verschwinden zu lassen oder wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ festgenommen zu werden. In Deutschland hängte ein Student die Davidsternflagge ins Fenster seiner Wohnung an einem Tag, als die islamistische Milli Görüs demonstrierte. Ergebnis war, dass die Polizei seine Tür aufbrach und die Flagge entfernte. Jetzt versucht er, von der Polizei die Tür ersetzt zu bekommen. Oh, diese Juden! Immer geht es ihnen um Geld, nicht wahr?

Peter, der Student aus Duisburg, sagte, er wolle die israelische Flagge zeigen, weil der Antisemitismus in Europa schlimmer sei als jemals seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist wahr. Wenn man es aber aus der Sicht der Behörden sieht, hat es nichts mit Judenhass zu tun; es ist einfach ein Rechenspiel. Wenn eine statistisch unbedeutende jüdische Bevölkerungsgruppe sich aufregt – egal. Wenn die viel größere muslimische Bevölkerung es tut – und in manchen französischen Städten ist die muslimische Jugend, also der Bevölkerungsteil, der Krawall macht, schon bei fünfzig Prozent – dann hast du eine gewltige Bedrohung der öffentlichen Sicherheit am Hals. Wir sind jenseits des Antisemitismus beim Ad-hoc-Utilitarismus: Der König-Abdullah-Ansatz scheint der eleganteste Weg zu sein, Ärger zu vermeiden. Um den UN-Witz abzuwandeln: Gegen wen spielen wir? Gegen Israel. Aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Vor ein paar Wochen betrat eine Gruppe mit T-Shirts „Boykottiert Israel“ an einem Samstag nachmittag eine Filiale von Carrefour, einer der weltgrößten Supermarktketten und stellte sich vor. Sie gingen dann systematisch durch die Regalreihen, begutachteten jedes Produkt, nahmen alle Waren Made in Israel an sich, stapelten sie in Einkaufswagen, um sie mitzunehmen und zu zerstören. Dem Video nach zu urteilen, dass sie von der Aktion gedreht hatten, waren die Protestierenden überwiegend muslimische Immigranten und ein paar französische Linke. Wichtiger allerdings war die Passivität aller Anderen in dem Geschäft, von Kunden wie Personal. Sie alle standen tatenlos herum und sahen zu, wie privates Eigentum durchwühlt und zerstört wurde, und viele, die um einen Kommentar gebeten wurden, äußerten Unterstützung für die Zerstörung. „Südafrika begann zu schwanken, als alle Länder seine Produkte zu boykottieren begannen“, sagte eine ältere Kundin. „Also, ich finde das gut, was Sie da machen.“

Andere mögen das Deutschland der dreißiger Jahre als instruktiveren Vergleich ansehen. „Nicht die schweigenden Mehrheiten treiben die Dinge voran, sondern die lautstarken Minderheiten“, schrieb unlängst der kanadische Intellektuelle George Jonas. „Man zähle nicht Köpfe, sondern Dezibel. Alle Einheiten – die Vereinigten Staaten, die westliche Welt, die arabische Straße – haben vorherrschende Stimmungen [prevailing moods], und diese vorherrschenden Stimmungen definieren solche Aggregate zum je gegebenen Zeitpunkt.“ Als pakistanische Terroristen im vergangenen Dezember einen wohlgeplanten Angriff auf symbolisch bedeutende, weil Macht und Reichtum symbolisierende, Teile Bombays unternahmen, fanden sie trotzdem noch Zeit, ein Fünftel ihrer Mannschaft abzustellen, um eine Handvoll unbekannter Juden zu foltern und zu töten, die in einem unauffälligen Gebäude Sozialarbeit geleistet hatten. Wenn es um einen Territorialstreit um Kaschmir ging, warum ermordete man einen Rabbiner in Bombay? Weil der pakistanische Islam im Effekt arabisiert worden ist. Demographisch hat der Islam die blanken Zahlen auf seiner Seite. Ideologisch aber hat der radikale Islam die Dezibel – in der Türkei, auf dem Balkan, in Westeuropa.

Und die vorherrschende Stimmung in großen Teilen der Welt macht Israel zum leichten Opfer. Lange bevor Muslime eine statistische Mehrheit stellen, wird es drei ständige Mitglieder des Sicherheitsrates geben – Großbritannien, Frankreich, Russland -, für die die Beruhigung des Islam zu den Imperativen der Innenpolitik gehört.

Gleich nachdem er gefordert hatte, die Scharia ins britische Recht aufzunehmen, gab der Erzbischof von Canterbury den Muslim News ein Interview, in dem er den Islam dafür lobte, „einen sehr bedeutenden Beitrag (geleistet zu haben), das Thema ‚Religion‘ wieder im öffentlichen Leben zu verankern“. Nun ja, so kann man es auch sehen. Der Druck wird noch zunehmen, der eigenen unbarmherzigen kulturellen Verdrängung eine positive Seite abzugewinnen: Wenn die Europäer einen nicht ganz freiwilligen Bikulturalismus erst einmal akzeptiert haben, werden sie keinen Grund mehr sehen, warum Israel nicht dasselbe tun sollte, und sie werden eine One-State- und One-Man-One-Vote-Lösung für das Land zwischen Jordan und Mittelmeer favorisieren.

Die muslimische Welt ist jahrzehntelang mit der Vorstellung hausieren gegangen, eine riesige ölreiche Region sei bloß deshalb politisch deformiert und in düstere Psychosen verstrickt, weil es einen kleinen Streifen Erde gebe, kaum größer als New Hampshire, [der ihnen weggenommen worden sei]. Er wird noch einen viel bequemeren Sündenbock abgeben für das viel größere Gebiet zwischen Irland und dem Ural. Nach 9/11 war davon noch nichts zu spüren. Wie Richad Ingrams damals im Londoner Observer schrieb: „Wer wird es wagen, Israel zu verurteilen?“

Nun, derjenige kann jetzt eine Nummer ziehen und sich hinten anstellen. Der Staub von den Londoner U-Bahn-Anschlägen hatte sich noch kaum gelegt, da schrieb mir ein Leser namens Derrick Green schon eine Glückwunsch-E-Post: „Ich wette, Ihr auserwählten Juden [Jewish supremacists] glaubt jetzt, Weihnachten käme früh, nicht wahr? Unglaublich, jetzt bekommt ihr noch mehr euren Willen als vorher, und das britische Volk wird in noch mehr Kriege für Israel gestürzt.“

So wird es gehen: Britische, europäische und sogar amerikanische Truppen werde sich aus dem Irak und Afghanistan zurückziehen, und wenn dann eine Bombe in Madrid oder Hamburg oder Manchester hochgeht, wird man keinen anderen mehr verantwortlich machen können als die israelische „Unverhältnismäßigkeit“.

Für die Überbleibsel des europäischen Judentums wird sich die jetzt schon erkennbare Auswanderung französischer Juden nach Quebec, Florida und anderswohin beschleunigen. Es gibt heute rund 150.000 Juden in London – es ist die dreizehntgrößte jüdische Stadt weltweit. Aber dort leben auch annähernd eine Million Moslems. Die stärkste Kohorte bei den Juden sind die 50-54jährigen; die stärkste Kohorte bei den Moslems sind die 0-4jährigen. Im Jahr 2025 wird es noch Juden in Israel und in Amerika geben, aber sonst fast nirgendwo. Wenn die Legitimität des jüdischen Staates zurückgewiesen wird, wird auch die jüdische Diaspora – die jüdische Präsenz in der übrigen Welt – schrumpfen.

Und wer, um Richard Ingrams zu variieren wird es dann wagen, Israel nicht zu verurteilen? Es wird noch einen Holocaust-Gedenktag geben, hauptsächlich deshalb, weil es so viel Freude macht, die neuen Nazis an den Pranger zu stellen. Wie Anthony Lipmann, der anglikanische Sohn einer Auschwitzüberlebenden, 2005 schrieb: „ Wenn ich am 27. Januar den Arm meiner Mutter nehme – tätowierte Häftlingsnummer A-25466 – werde ich nicht nur an die Krematorien und die Viehwaggons denken, sondern an Darfur, Ruanda, Zimbabwe, Djenin, Falludjah.“

Djenin?

Nun sehen Sie, warum sie den Holocaustgedenktag auf dem Kalender behalten: In einer Zeit, wo Politiker dem Existenzrecht Israels gleichgültig bis feindlich gegenüberstehen, ist es nützlich, wenn man sagen kann: „Aber einige meiner besten Fotomotive sind jüdisch.“

Der Witz über das Mandats-Palästina war, dass es das doppelt versprochene Land sei. Aber ist Europa das nicht auch? Und vielleicht auch Russland und Kanada, ein Stück stromabwärts? Zwei Kulturen, die sich auf demselben Stück Land drängen.

Vor nicht allzu langer Zeit sah ich wieder einmal das Video einer dieser „pro-palästinensischen“ Protestdemonstrationen im Herzen Londons, wo sich die Polizei die St-James-Street hinauf Richtung Pccadilly vor einem Mob zurückzog, der ihr Verkehrskegel hinterherwarf und höhnte: „Lauft, lauft, ihr Feiglinge!“ und „Allahu akbar!“ Man sollte meinen, dass die irregeleiteten Multikultiprogressiven verstanden hätten: Es geht nicht um Gaza, es geht auch nicht um den Nahen Osten: Es geht um sie! Für ein immer isolierteres Israel mag es ein gewisser Trost sein, dass durch einen makaberen Witz der Geschichte die Europäer in einem kommenden Europa die neuen Juden sein werden.

Was wählen wir?

Der schleichende Selbstmord der Völker Europas, die Islamisierung ihrer Länder und der Niedergang ihrer Kultur sind kein unabwendbares Schicksal, sondern Ergebnis einer Politik der Entnationalisierung, Entchristlichung, Entstaatlichung, Entgrenzung, Entwaffnung, Entdifferenzierung, Entzivilisierung, kurz: Entstrukturierung der Gesellschaft.

Nicht alle diese Entwicklungen sind primär politisch verursacht: Der Niedergang religiöser Bindungen, die wachsende internationale Verflechtung oder die zunehmende Bedeutung von Selbstentfaltungs- im Gegensatz zu Pflichtwerten, um nur einige der problematischen Entwicklungen zu nennen, sind von der Politik nicht in Gang gesetzt worden. Verantwortlich ist die Politik aber dafür, wie sie sich zu diesen Entwicklungen verhält.

Es ist nämlich alles andere als eine Selbstverständlichkeit, dass die europäischen Funktionseliten (nicht nur die Politik) auf diese Entwicklungen mit einer unkritisch affirmativen Ideologie reagieren, derzufolge die Einebnung der staatlichen Autorität, die Auflösung der christlichen Religion, die Inflationierung von Ansprüchen an die Allgemeinheit, die Unterminierung militärischer Fähigkeiten, die Einebnung sozialer Unterschiede aller Art, die Aufhebung von nationalen Grenzen und die demographische Zerstörung der europäischen Völker Aspekte einer ebenso wünschenswerten wie unabwendbaren Entwicklung darstellten.

Noch weniger ist es selbstverständlich, dass diese Ideologie innerhalb der genannten Funktionseliten den Rang einer unanfechtbaren letzten Wahrheit einnimmt, die man nicht anzweifeln kann, ohne bestenfalls als Sozialromantiker abgestempelt zu werden (oder auch als einer jener „Menschen“, deren „Ängste man ernstnehmen“, und das heißt: als Problem und Hindernis überwinden und beseitigen muss).

Geistiger Fluchtpunkt dieser Ideologie ist die Utopie einer globalen Gesellschaft, in der es solche Dinge wie Völker, Nationen, Kulturen und Religionen, aber auch Familien, nicht mehr geben wird, in der soziale Bindungen nur noch freiwillig und selbst dann noch unverbindlich eingegangen werden, in der alle Grenzen und Unterschiede – und das heißt jegliche Struktur beseitigt sind. Eine Gesellschaft, die es nie geben wird, weil Gesellschaft auf Solidarität basiert, Solidarität auf der Reziprozität von Erwartungen, diese Reziprozität aber auf der Dauerhaftigkeit von Strukturen.

Dabei ist der Unterschied zwischen Liberalen und Sozialisten marginal. Irgendeine Struktur muss man eben doch übriglassen: Die Liberalen lassen diejenigen Differenzierungen bestehen, die bei leistungsgerechter Verteilung entstehen, schaffen dabei aber den Staat weitgehend ab, die Sozialisten nivellieren die Verteilung und lassen zu diesem Zweck Reststrukturen des Staates übrig – freilich nur des Sozial-, nicht etwa des Ordnungs- oder Rechtsstaates. Es ist unerheblich, welche der beiden Katastrophenideologien am Ende die Nase vorn haben wird; einig sind sie in der Destruktion, aber verwirklicht wird weder die eine noch die andere.

Als die Kommunisten die gesellschaftlichen Strukturen – Staat, Eigentum, Nation, Familie, Kirche – zerschlugen, mussten sie den sozialen Zusammenhang auf die denkbar gröbste Weise, nämlich durch Errichtung eines totalitären Gewaltsystems, wiederherstellen. Den Globalisten wird diese Mühe erspart bleiben. Das totalitäre Gewaltsystem, das die globalistische Gesellschaft re-strukturieren wird, steht schon bereit. Es nennt sich Islam und absolviert zur Zeit in den zerstörten Ländern Afrikas und Asiens (Somalia, Irak, Afghanistan) die letzten Probeläufe.

Was kann man tun, um diese Entwicklung aufzuhalten? Da der Globalismus ein Elitenphänomen ist, gilt es, die Eliten zu beeinflussen bzw. auszutauschen. In einer Demokratie geschieht so etwas durch Wahlen. Womit wir beim Thema wären.

Gehen wir realistischerweise davon aus, dass der in Gestalt der Unionsparteien etablierte politische „Konservatismus“ in Zukunft zur Bekämpfung des Globalismus genauso viel leisten wird wie in der Vergangenheit. Nämlich nichts. Es handelt sich bei diesem Konservatismus um genau das, was der amerikanische Essayist James Kalb „Mainstreamkonservatismus“ genannt hat. Der Mainstreamkonservative vertritt nicht etwa religiöse oder patriotische Überzeugungen. Er vertritt diejenigen Überzeugungen, die ihn als Mitglied bzw. potenzielles Mitglied der gesellschaftlichen Funktionseliten ausweisen. Er wird den dort herrschenden ideologischen Comment natürlich nicht mit kühnen Visionen erschüttern – das ist das „Konservative“ an ihm. Er wird aber stets ängstlich darauf achten, „mit der Zeit zu gehen“, um nicht als „rückschrittlich“ zu gelten. Dabei kümmert ihn nicht groß, dass es seine linken Gegner sind, die bestimmen, was die „Zeichen der Zeit“ sind, die er dann nur noch zu „erkennen“ hat. Der Mainstreamkonservative ist in der Kritik so schwach wie in der Apologetik; das Beeindruckendste an ihm ist nicht der Kopf, sondern der Hintern, mit dem er Karrierepositionen im wahrsten Sinne des Wortes „besetzt“.

Die sich verdichtenden Anzeichen für die Kapitulation des Mainstreamkonservatismus vor der Islamisierung setzen nur noch den Punkt aufs i. Wahrscheinlich werden wir auch weiterhin Lippenbekenntisse zum Christentum und zum Patriotismus, auch zu Recht und Ordnung zu hören bekommen – zu den Funktionen des Mainstreamkonservatismus gehört es, von Zeit zu Zeit markige Sprüche zu klopfen, um die vielzitierte „Lufthoheit über den Stammtischen“ nicht zu verlieren und sicherzustellen, dass der hintergangene Normalbürger sich in der Illusion wiegt, „seine“ Partei, also die Union, wolle dasselbe wie er. Zu bedeuten haben diese Sprüche so viel wie die von Roland Koch über kriminelle Ausländer. Derselbe Roland Koch hängt jetzt dem Djihadisten Erdogan einen Orden um.

Da die Union also als Option ausscheidet, führt kein Weg daran vorbei, eine der kleinen rechtsalternativen Parteien ins Rennen um die Macht zu schicken. Welche? Es gibt keine, die sich auf den ersten Blick aufdrängt. Wohl aber gibt es Kriterien, die die Entscheidung erleichtern, und die mich, soviel sage ich jetzt schon, zu einer klaren Empfehlung führen werden:

Die jetzt bevorstehende Wahl ist eine Europawahl, und naturgemäß richtet sich der Fokus auf die Europapolitik. Es scheint naheliegend, eine betont EU-kritische Partei zu wählen. Bei näherer Betrachtung hilft einem dieses Kriterium aber nicht weiter – alle kleinen Rechtsparteien sind gegen die EU in ihrer jetzigen Form -, und es führt sogar in die Irre, weil es dazu verleitet, der Partei den Vorzug zu geben, die sich am stärksten auf EU-Kritik fokussiert.

Das wäre dann die irische LIBERTAS bzw. (nachdem die an der Sammlung von ein paar tausend Unterschriften gescheitert ist) ihr deutscher Kooperationspartner AUF (Arbeit, Umwelt, Familie), eine Partei, die erst seit Anfang 2008 existiert. Offensichtlich ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: LIBERTAS braucht einen Partner, der ihr bis zur nächsten Wahl den Platz warmhält, die AUF einen, der wenigstens ein bisschen bekannter ist als sie selbst. Verständlich, aber keine Empfehlung. Wenn LIBERTAS sich wie angekündigt als europäische Partei etablieren will, dann gerät sie in einen Widerspruch zu ihrem eigenen EU-kritischen Programm. Wer die EU bekämpfen will, muss den Nationalstaat verteidigen. Den Nationalstaat verteidigen mit einer europäischen Partei? Das passt doch nicht!

Überhaupt vergisst man leicht vor lauter EU-Kritik dass das EU-Parlament allenfalls ein Nebenkriegsschauplatz ist. Das Problem, das man als Demokrat mit der EU haben muss, ist ja gerade, dass alle wesentlichen Regelungen in den Europäischen Verträgen niedergelegt werden, dort (als internationale Verträge) automatisch Vorrang vor nationalem Recht bekommen, wegen der notwendigen Einstimmigkeit aber praktisch nicht mehr geändert werden können. Dass mit jedem neuen Vertrag Kompetenzen an die EU abgetreten wurden, bedeutet, dass Europa den Nationalstaaten Kompetenzen entzieht, ohne selber die damit verbundenen Funktionen zu erfüllen.

Die EU ist in vieler Hinsicht nicht etwa ein Superstaat, sondern eine Institution zur Beerdigung von Staatlichkeit schlechthin. Die überbordende Bürokratie ändert an diesem Sachverhalt nichts, kaschiert ihn höchstens. Mit anderen Worten: Die globalistische Ideologie wird in europäischen Verträgen unantastbar gemacht. Souverän in Europa sind weder „das“ Volk noch die Völker, souverän sind die Verträge; souverän ist die in ihnen verankerte globalistische Ideologie!

Die einzigen Instanzen, die daran noch etwas ändern können – wenn sie ein hohes Maß an Risiko- und Konfliktbereitschaft an den Tag legen – sind die großen Nationalstaaten, und hier insbesondere Deutschland. Die EU ist eines von zwei Instrumenten, mit denen nach dem Krieg die Macht Deutschlands gebändigt werden sollte (das andere war die Präsenz Amerikas). Mit der Drohung, aus dem System der europäischen Nachkriegsordnung auszubrechen (und wahrscheinlich sogar ohne sie explizit auszusprechen), könnte Deutschland sehr wohl Zugeständnisse in Richtung auf einen Rückbau von EU-Befugnissen erzwingen. Voraussetzung ist der politische Wille in Berlin. Es gilt also, auf der nationalen Ebene eine demokratische rechte Alternative zum Mainstream-Konservatismus zu etablieren, nicht auf der europäischen!

Die Fünf-Prozent-Hürde, die in Deutschland gilt, stellt jeden Wähler vor ein Dilemma, das sich als self-fulfilling prophecy auswirkt. Wer nicht glaubt, dass die von ihm an sich favorisierte Partei eine Chance hat, wählt sie auch nicht. Wer in ein deutsches Parlament einziehen will, muss schon vor der Wahl aussehen, wie einer, der zumindest die reelle Aussicht darauf hat.

Die Europawahl ist, so gesehen, ein Probelauf für die Bundestagswahl. Für kleine Parteien ist es ein Glücksfall, dass Bundestags- und Europawahlen im selben Jahr stattfinden. Europawahlen gelten als nicht so wichtig; da geben die Wähler schon einmal eine Proteststimme ab, und da die Wahlbeteiligung nicht so hoch ist, ist hier auch einmal ein Überraschungserfolg drin. Wenn ich dies berücksichtige, wird das Problem „Wen wähle ich?“ plötzlich sehr übersichtlich:

Die Pro-Parteien und Pax Europa treten nicht an, die AUF kommt aus den genannten Gründen nicht in Betracht, die Freien Wähler haben ein unklares Profil, und dass die DVU keine Option ist, versteht sich von selbst. Selbst wenn man von Erwägungen der Moral und der politischen Hygiene absieht, die allein schon Günde genug liefern, sich von allem fernzuhalten, was braun ist und stinkt, sind rechtsextreme Parteien Stimmenfriedhöfe, gerade gut genug, nützliche Idioten für die Linken abzugeben und die nächste Kampagne „gegen Rechts“ zu legitimieren.

Wenn man außerdem den Wahl-o-Maten zu Rate zieht (es sind erstmals alle zur Wahl stehenden Parteien vertreten) und die Fragen nach der eigenen Präferenz nach den Kriterien

  • nationalstaatliche Orientierung
  • Ablehnung von EU-weiten Regelungen
  • christlich-konservatives Menschen- und Gesellschaftsbild

beantwortet, bleiben nur noch die Republikaner und die Bibeltreuen Christen im Netz hängen, jedenfalls liegen sie dann deutlich vorne.

Persönlich sind mir die letzteren in Zeiten des Papst-Bashing, der atheistischen Propaganda und des synkretistischen Eiapopeia hochsympathisch, erst recht, wenn ich mich daran erinnere, dass sie vor ein paar Jahren – ich weiß nicht mehr genau, wann, aber jedenfalls zu einem Zeitpunkt, als dergleichen höchst unpopulär war – ihre zweifellos knappen Mittel für Plakataktionen zusammengekratzt haben, mit denen sie für „Freundschaft und Solidarität mit Israel“ warben. Außerdem existieren sie schon seit Beginn der neunziger Jahre – man will ja auch keine politischen Eintagsfliegen wählen. Sie wären also keine schlechte Wahl, und wenn es keine anderen Aspekte zu berücksichtigen gäbe als die politische Sympathie, wären sie meine erste.

Trotzdem kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die deutschen Wähler, von denen die meisten sich schwertäten, etwas Substanzielles über die Bibel zu sagen, sich aufraffen können, eine Partei zu wählen, die sich ausgerechnet „Partei Bibeltreuer Christen“ nennt. Diese programmatische Engführung könnte manchen Wähler unnötig abschrecken. Ein breiterer politischer Ansatz wäre also hilfreich.

Wenn man sich die bisherigen Wahlergebisse anschaut, dann zeichnen sich die Bibeltreuen Christen durch bemerkenswerte Konstanz aus, (stets im oberen fünfstelligen Bereich oder sogar knapp über hunderttausend Stimmen), aber es hat nie auch nur einen Achtungserfolg gegeben, während die Republikaner gerade bei Europawahlen immer ordentlich abschnitten:

Bei der Europawahl 1989, auf dem Höhepunkt ihrer Erfolge, damals noch unter dem Parteivorsitzenden Schönhuber, schafften sie sogar mit über zwei Millionen Stimmen und 7,1 Prozent den Einzug ins Europaparlament. Das ist lange her, aber trotzdem ein psychologischer Faktor: Wer es einmal geschafft hat, dem traut man es wieder zu. Gerade die Erfolge bei Europawahlen und die großen Schwankungen sind außerdem ein Indiz, dass die Republikaner eine Adresse für Protestwähler sind, und ohne Protestwähler wird es zunächst nicht gehen.

Wahlergebnisse seit 1994 (absolute Zahlen und prozentuale Anteile, bei Bundestagswahlen Zweitstimmen)

.                              Republikaner                   PBC

BT 2005:              266101           0,6           108605    0,2
EP 2004:              485662           1,9              98651     0,4
BT 2002:              280 671         0,6            101 645   0,2
EP 1999:               461 038         1,7               68 732   0,3
BT 1998:               906 383         1,8               71 941    0,1
BT 1994:               875 239         1,9               65 651    0,1
EP 1994:           1 387 070        3,9               93 210    0,3

Aufgrund dieser Zahlen kann man der PBC beim besten Willen keine realistische Chance einräumen, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, wohl aber den Republikanern.

Bleibt als letzte zu klärende Frage die nach deren Loyalität gegenüber demokratischen Werten. Nicht, dass diese Frage sich per se aufdrängen würde, aber angesichts der sattsam bekannten Neigung der politischen Linken, alle missliebigen Positionen als rechtsextrem zu verunglimpfen (und in Erinnerung an die groteske Hysterie der Linken und der CDU nach den republikanischen Wahlerfolgen vor rund zwanzig Jahren) sollte man doch ein paar Bemerkungen dazu fallen lassen:

Die Partei „Die Republikaner“ ist von einem abtrünnigen CSU-Abgeordneten gegründet worden, nicht von irgendwelchen Rechtsradikalen; vom Verfassungsschutz beobachtet wurde sie erst nach ihren Wahlerfolgen, und zwar auf Betreiben von Politikern ihres Hauptkonkurrenten CDU; seit zwei Jahren taucht sie in Verfassungsschutzberichten nicht mehr auf (auch nicht, wie zuletzt 2006, als Partei, die selbst nicht rechtsextrem sei, in der es aber rechtsextreme „Tendenzen“ gebe – was immer das konkret sein mag); sie ist auch nicht, wie die NPD, dadurch aufgefallen, dass aus ihrem Dunstkreis politisch motivierte Gewalttaten begangen worden wären; sie hat es explizit und mit Empörung abgelehnt, im Bunde von NPD und DVU der Dritte zu sein; und ihr Grundsatzprogramm von 2002 enthält selbst bei böswilliger Interpretation nicht einmal Spurenelemente von rechtsextremer, verfassungsfeindlicher oder antisemitischer Ideologie – und ich bin da bestimmt empfindlich.

Diesem Programm liegt als Ideologie vielmehr genau das zugrunde, was der Normalbürger traditionell für selbstverständlich hält, weil es schon immer selbstverständlich war, nur in den letzten Jahren durch eine aggressiv auftrumpfende Linke an den Rand der Gesellschaft und aus dem Spektrum des in seriösen Kreisen Sagbaren herausgedrängt wurde. Es handelt sich um ein Programm der Förderung der Familie, des Christentums, des Rechtsstaats und des Nationalstaates. Das impliziert die Bevorzugung der Familien von heterosexuellen Eheleuten gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, es impliziert die Anerkennung des Christentums als derjenigen Religion, auf der unser Gemeinwesen basiert (bei entsprechend scharfem Vorgehen gegen islamisch motivierte Verfassungsfeinde), die Stärkung der deutschen Nation in vielerlei Hinsicht sowie eine Null-Toleranz-Politik gegen Kriminalität, die Abschiebung von wiederholt oder schwer kriminellen Ausländern und eine Verschärfung der Strafverfolgung („Opferschutz geht vor Täterschutz“).

Das wird den Linken nicht gefallen – und es soll ihnen ja auch gar nicht gefallen – aber es hat nicht das geringste mit „Rechtsextremismus“ zu tun.

Ich selber vermisse an manchen Stellen das Salz in der Suppe, die schöpferische Phantasie und den Mut zu ausgefallenen Lösungen, aber erstens bin ich als politischer Snob auch nicht unbedingt der Maßstab, zweitens überfordert man womöglich ein Grundsatzprogramm, wenn man ihm Lösungen abverlangt, die sich aus der politischen Praxis ergeben müssen.

Jedenfalls empfehle ich guten Gewissens die Wahl der Republikaner.

Verrat mit Ansage

Für CDU und CSU sind der EU-Beitritt der Türkei und die Islamisierung Deutschlands beschlossene Sache.

In meinem Artikel „Demographischer Djihad und der Selbstmord des deutschen Volkes“ habe ich dargelegt, dass der Anteil der Muslime an der Bevölkerung Deutschlands in den kommenden Jahren dramatisch zunehmen wird, und dass sie nach menschlichem Ermessen irgendwann in der zweiten Jahrhunderthälfte die Mehrheit stellen werden, sofern sich weder an der Geburtenrate der Einheimischen noch am Fortgang der Zuwanderung etwas ändert.

Grund genug, sich nach politischen Kräften umzusehen, die die demographische Islamisierung Deutschlands abwenden wollen. Man wird hier keiner Partei allzuviel Kompetenz zubilligen können, aber ein K.O.-Kriterium gibt es:

Wer den EU-Beitritt der Türkei befürwortet, hat es auf die Islamisierung Deutschlands und auf unser Ende als Nation abgesehen!

Dass wir über Linkspartei, SPD, erst recht die Grünen nicht zu diskutieren brauchen, versteht sich von selbst. Auch die FDP dürfen wir abschreiben: Deren Vorsitzender, der nach der Bundestagswahl gerne Deutschlands neuer Außenminister wäre, hat uns schon wissen lassen, dass er den EU-Beitritt der Türkei nicht zu blockieren gedenkt: Wenn er von einer „ergebnisoffenen“ Prüfung spricht, heißt das: Wenn die Türkei die Beitrittskriterien erfüllt, werden die Schleusen geöffnet. Ob sie sie erfüllt, liegt letztlich bei ihr. Das ist nichts, worauf man von Berlin aus Einfluss nehmen könnte.  Bemerkenswert allerdings, dass ein Duzfreund der Kanzlerin so redet. Es könnte die übliche Profilsucht der FDP sein – oder ein Versuchsballon.

Die Frage lautet: Wo stehen CDU und CSU?

Die Unionsparteien haben bisher stets betont, dass sie für eine „privilegierte Partnerschaft“ seien, also gegen einen Beitritt, und sie können ja auch kein Interesse an einem wachsenden türkischen Bevölkerungsanteil haben:

Bisher kamen die Stimmen muslimischer Migranten vor allem den linken Parteien, speziell den Sozialdemokraten zugute, und es besteht Anlass zu der Vermutung, dass die weitere Einwanderung wie auch Einbürgerung von Muslimen vor allem deshalb gerade von diesen Parteien gefördert wird, weil das Anwachsen einer überproportional von Sozialleistungen abhängigen Unterschicht gerade diejenigen Parteien begünstigen muss, die den Ausbau des Sozialstaats propagieren.

Umso bestürzender ist es, dass sich die Anzeichen verdichten, und zwar bis an die Schwelle zur Gewissheit, dass die Unionsparteien sehenden Auges eine Situation herbeiführen, in der ein Widerstand gegen den türkischen EU-Beitritt schon deshalb nicht möglich sein wird, weil die türkische Minderheit bis dahin stark genug sein wird, das Zünglein an der Waage zu bilden und in Deutschland als Königsmacher aufzutreten; und dass die Union den EU-Beitritt der Türkei und die zunehmende Islamisierung Deutschlands bereits nicht mehr als abzuwendendes Unheil, sondern als unabwendbares Faktum einkalkulieren.

Wenn die Bundeskanzlerin mehr Einbürgerungen fordert, wohl wissend, dass sie damit die Zahl potenzieller SPD-Wähler erhöht, dann hat sie eine Vorstellung, wie man diese Leute zu CDU-Wählern macht. Natürlich wird von interessierter Seite geflüstert, dass die Unionsparteien diese Wählergruppe nicht a priori abschreiben müssten. Da die islamische Religion konservativ-autoritäre Wertmuster begünstigt, verwundert es in der Tat nicht, dass etliche türkischstämmige Wähler, die hierzulande die Sozialdemokraten wählen, sich in der Türkei für die islamistische AKP entscheiden würden. Da wird wohl mancher politische Großstratege im Konrad-Adenauer-Haus sich ausrechnen, dass auch die CDU dort punkten könne. Angesichts der Sozialstruktur gerade der türkischen Einwanderer halte ich das zwar für eine Milchmädchenrechnung, aber die Milchmädchen sollen in der Politik ja überrepräsentiert sein.

Wenn die Union aber auf türkische Wähler spekuliert, dann ist eine gegen den türkischen Beitritt gerichtete Politik damit selbstredend unvereinbar. Im Gegenteil: Die Union muss es dann besonders darauf anlegen, sich ein islam- und speziell türkeifreundliches Image zu geben.

In diesem Licht müssen wir es wohl interpretieren, wenn der Bundesinnenminister sagt, der Islam sei „in Deutschland angekommen“; wenn der nordrhein-westfälische Integrationsminister beklagt, es würden zu wenige Türken eingebürgert; wenn der bayerische Landtagspräsident sagt, die CSU müsse sich auch für Muslime öffnen (sekundiert von einem Parteifreund, der ein Zahlenverhältnis von 50-50 zwischen Muslimen und Christen als beschlossene Sache behandelt); wenn der hessische Ministerpräsident dem türkischen Premierminister, also einem Islamisten und Djihadisten, den Avicenna-Preis für interkulturelle Verständigung überreicht; wenn der niedersächsische Landesvorsitzende der CDU sagt, man dürfe über türkische Migranten nicht in einer „abgrenzenden“ Sprache sprechen, da die Türken ein „stolzes und starkes Volk“ seien; eine Formulierung übrigens, die gerade in ihrer Widersprüchlichkeit verräterisch ist: Wenn man türkischstämmige Migranten nicht „ausgrenzen“ will, darf man sie nicht a priori der türkischen Nation zurechnen – sie sollen doch Deutsche werden. Oder etwa nicht?

Offenbar stellt sich die Union darauf ein, dass erstens die türkische Wählergruppe ständig anwächst, und dass sie zweitens genau dies auch bleibt: eine türkische Wählergruppe. Das Gerede von der „Integration“ wird damit Lügen gestraft – jedenfalls wenn man unter Integration mehr versteht als die Selbstverständlichkeit, dass auch Muslime das Verbot von Terrorismus akzeptieren.

Der Widerstand der Unionsparteien gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei, von dem bereits jetzt kaum noch die Rede sein kann, wird sich in buchstäblich Nichts auflösen, und zwar in dem Maße, wie die türkische Wählerschaft in Deutschland wächst.

Eines Tages, so lautet meine Prognose, wird eine CDU-geführte Bundesregierung dem EU-Beitritt der Türkei zustimmen und mit Unschuldsmiene darauf bestehen, sie habe nicht etwa ihre Wähler hinters Licht geführt, sondern einem Sachzwang folgen müssen.

Ich erspare es mir, die Argumente darzulegen, mit denen dieser „Sachzwang“ begründet werden wird. Es werden dieselben Argumente sein, gegen die die Union jahrelang gewettert hatte, als sie noch von Rot-Grün vorgetragen wurden.

Aus dem Wörterbuch des Gutmenschen: „Internationale Gemeinschaft“

Angesichts des sich erhöhenden Drucks auf Israel muss man kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass dem Ausdruck „Internationale Gemeinschaft“ eine neue Hochkonjunktur bevorsteht. Grund genug, noch einmal daran zu erinnern, dass dieser Terminus in sich eine Lüge darstellt:

Es handelt sich nämlich um eine sinnentstellende Scheinübersetzung von “international community“, was soviel bedeutet wie “Gesamtheit” (der Staaten), (internationale) “Allgemeinheit”.

Das deutsche Wort “Gemeinschaft” bezeichnet aber eine Gruppe, deren Mitglieder einander zu einem hohen Maß an Solidarität verpflichtet sind: vom Rechtsbegriff der “Versichertengemeinschaft” über “verschworene Gemeinschaft”, “Gemeinschaft der Gläubigen” bis hin zur “Volksgemeinschaft”.

Besonders akzentuiert wird der Begriff in der deutschen Geistesgeschichte durch die Gegenüberstellung von “Gemeinschaft” und “Gesellschaft”, wobei der Begriff der “Gemeinschaft” einen romantischen Beiklang hat: Der “Gemeinschaft” zu dienen gilt traditionell als erhabener und edler als bloß in der “Gesellschaft” seine schnöden Interessen zu verfolgen.

Eine “Internationale Gemeinschaft” in diesem Sinne existiert nicht, „Staatengesellschaft“ wäre viel treffender. Der Ausdruck „Internationale Gemeinschaft“

passt hervorragend zu einer deutschen Außenpolitik, die sich grundsätzlich hinter dieser “Gemeinschaft” versteckt,

enthält ein unausgesprochenes “Pfui” gegenüber allen Staaten, die das nicht tun,

ist für demagogische Zwecke wie geschaffen,

und wird genau deshalb von der deutschen Journaille in jedem zweiten Satz über den Nahostkonflikt verwendet.

Amerikas Verrat und wie man darauf antworten sollte

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass mit Obama ein waschechter Appeaser ins Weiße Haus eingezogen ist, also ein Ideologe, der glaubt, Frieden durch Unterwerfung unter den Willen gewaltbereiter Feinde erkaufen zu können, und der den Verbündeten der Vereinigten Staaten diesen Kurs aufzwingen zu dürfen glaubt, allen voran natürlich dem Staat Israel.

Offenbar will Obama „forceful(ly)“ mit Israel umgehen, eine Formulierung, die von „energisch“ bis „zwingend“ alles Mögliche bedeuten kann, hier aber darauf hinauslaufen dürfte, Israel zu einer Reihe von Konzessionen zu nötigen, die kein anderes Land der Welt, und am allerwenigsten die USA, in vergleichbarer Lage eingehen würden, z.B. die Aufhebung etlicher Kontrollpunkte im Westjordanland, die Rückgabe der Golanhöhen an Syrien und die Unterwerfung unter den Atomwaffensperrvertrag, sprich der Verzicht auf eigene Atomwaffen.

Dass die Vereinigten Staaten überhaupt nicht daran denken, ähnlich „forcefully“ mit dem Iran umzuspringen, dass sie ihn also nicht an der Fertigstellung seiner Atomstreitmacht hindern werden, wohl aber Israel daran, dieses Problem selbst zu lösen, dürfte sich unter den gegebenen Umständen von selbst verstehen.

Wenn man bedenkt, welche Konsequenzen die nukleare Bewaffnung des Iran auch für den Westen haben müsste, ist es wahrscheinlich sogar irreführend, in Hussein Obama bloß einen Appeaser und irregeleiteten Ideologen zu sehen, wie Jimmy Carter einer gewesen sein mag. Carter hatte wenigstens noch einen Brzezinski, während Obama es systematisch vermieden hat, irgendeinen Hardliner, oder auch nur einen erfahrenen pro-israelischen Politiker in irgendeine strategisch bedeutsame Position zu hieven. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Obama ein Verräter an seinem eigenen Land ist, und dass er deswegen eine Politik des Verrats an Amerikas Verbündeten betreibt.

Da die amerikanische Verfassung dem Präsidenten eine starke, aber nicht allmächtige Stellung einräumt, ist es jetzt an der Zeit, den übrigen Akteuren in Washington klarzumachen, dass die USA bei einer Fortsetzung der jetzigen Politik ihren Status als Hegemonialmacht auch in Europa aufs Spiel setzen.

Wenn wir eine Regierung hätten, die nicht selbst aus Appeasern bestünde, dann würde diese Regierung den Amerikanern sagen:

Liebe Amerikaner, wir müssen davon ausgehen, dass die Prinzipien, die Eurer Nahostpolitik zugrundeliegen, auch Euer Verhältnis zu Freund und Feind in anderen Teilen der Welt bestimmen. In Europa zum Beispiel. Der bisherige Deal lautet: Ihr schützt Eure Verbündeten, also zum Beispiel uns, und im Gegenzug akzeptieren wir Eure Hegemonie.

Wenn Ihr aber einen hochgradig gefährdeten Verbündeten wie Israel zwingt, existenzielle Risiken einzugehen, dann heißt das, dass Ihr die Sicherheit Eurer Alliierten nicht mehr garantiert. Unter diesen Umständen habt Ihr bestimmt Verständnis dafür, dass wir den Deal kündigen und unsere Sicherheit nunmehr in die eigenen Hände nehmen. Wir haben kein Interesse an einem Hegemon, der nur Rechte, aber keine Pflichten zu haben glaubt.

Wenn die Vereinigten Staaten es richtig finden, dass der Iran Atomwaffen besitzt, dann haben sie bestimmt nichts dagegen, dass auch Deutschland welche hat. Natürlich würde Amerika damit aufhören, Vormacht in Europa zu sein – aber warum auch sollte es das sein wollen, wo es doch seine Vormachtstellung im Nahen Osten leichter Hand an den Iran abtritt?

Liebe Amerikaner, würde eine solche Regierung sagen, wenn Ihr verhindern wollt, dass wir den Atomwaffensperrvertrag kündigen, dann bringt Euren Präsidenten zur Vernunft!

Der Blog „Counterdjihad“…

…wird erweitert. Sind dort bis jetzt ausschließlich Übersetzungen von Fjordman-Essays erschienen, so haben Thatcher und BeforeDawn mich überzeugt, dass es sinnvoll ist, den Blog auch für Texte anderer Autoren zu öffnen.

Wenn Ihr also in der nicht deutschsprchigen Blogosphäre etwas findet, was thematisch verwandt und dabei übersetzens- und verbreitenswert ist: Immer her mit den Übersetzungen! (Vorher aber tunlichst beim Autor des Originals anfragen, ob  er damit einverstanden ist.)

Der soeben von BeforeDawn übersetzte Text stammt allerdings erneut von Fjordman, der sich darin mit den Thesen Martin van Crevelds und Roger Scrutons zur Zukunft des Nationalstaats auseinandersetzt. Der Text bringt präzise auf den Punkt, warum die Zerstörung des Nationalstaates so gefährlich für die Zivilisation schlechthin ist.  Ich empfehle dringend, ihn zu lesen. Hier nur ein Appetithäppchen:

Demokratien verdanken ihre Existenz den nationalen Loyalitäten – den Loyalitäten, die von der Regierung und der Opposition geteilt werden, von allen politischen Parteien, und von der Wählerschaft als ganzer. Aber überall ist das Konzept der Nation unter Beschuss – entweder verachtet als eine atavistische Form des sozialen Zusammenhalts oder sogar verdammt als die Ursache für Konflikte und Kriege, und deshalb abzuschaffen und durch aufgeklärtere und umfassendere Formen von Rechtssystemen zu ersetzen. Aber was genau soll der Ersatz für die Nation und den Nationalstaat sein?

Hussein Obama

Barack Obama hat sich zum persischen Neujahrsfest in einer Videobotschaft an das iranische Volk gewandt. Man darf annehmen, dass die Perser die darin enthaltenen Komplimente über die Größe und Bedeutung ihres Landes geschmeichelt zur Kenntnis genommen haben: Nicht alle Perser sind Islamisten. Aber alle sind Nationalisten und sehr stolz auf ihr Land. Woraus man ihnen keinen Vorwurf machen darf.

Einen kurzfristigen Sympathieerfolg dürfte Obama mit seiner Ansprache beim Volk wohl erzielt haben. Auch bei den Mullahs. Dort allerdings aus anderen Gründen.

Ich habe vor einigen Wochen in dem Artikel „Der Mahdi und das Atomprogramm“ die apokalyptischen Komponenten des schiitischen Islam aufgezeigt und darauf aufmerksam gemacht, dass die iranische Führung möglicherweise unter dem Einfluss einer Ideologie handelt, wonach ein Atomkrieg die Wiederkehr des Zwölften Imam beschleunigen könnte.

Der ehemalige CIA-Agent im Iran Reza Kahlili hat dasselbe Thema aufgegriffen und stützt sich in seiner Analyse [und für alle Spezialisten, die sich fragen, was es wohl mit der geheimnisvollen gepunkteten Linie unter diesem Satz auf sich hat: Dies ist ein Link! Den kann man anklicken, dann kommt man zum englischsprachigen Original von Kahlilis Analyse, gez. M.] auf wesentlich konkretere Quellen, als sie mir zur Verfügung standen. Sein Text ist so brisant und beunruhigend, dass ich ihn unbedingt auf Deutsch zur Verfügung stellen wollte. Ich bitte die Leser, immer im Hinterkopf zu behalten, wie Obamas Friedensbotschaften bei den Mullahs ankommen müssen, wenn die sich an den Vorstellungen orientieren, um die es im folgenden Artikel geht:

Offener Brief an Präsident Obama über das Appeasement gegenüber Iran

Ein nuklear bewaffneter Iran unter Mullah-Herrschaft ist nahe. Seine Absichten nicht zu verstehen wird schlimme Konsequenzen haben

von Reza Kahlili

(„Reza Kahlili“ ist ein Pseudonym für einen ehemaligen CIA-Agenten mit Decknamen „Wally“, der zur Zeit in den USA lebt und an einem Buch über seine Erfahrungen als CIA-Agent in Irans Revolutionsgarden arbeitet.)

Drei Jahrzehnte nach der islamischen Revolution versteht der Westen noch immer weder die politische Struktur des Iran noch die dahinterstehende Mentalität. Diese Ignoranz gefährdet die Welt, weil die Verrückten, die den Iran mit eiserner Hand regieren, auf ein Armageddon eingeschworen sind.

Mehrere amerikanische Präsidenten haben die wahnwitzige Politik unterschätzt, die der Ayatollah Ruhollah Khomeini dem iranischen Volk ab 1979 aufgezwungen hat. Falls Barack Obama diese alptraumhafte Bedrohung nicht ernstnimmt, könnte Israel durchaus vernichtet werden – und diese Vernichtung könnte sich auf Europa und Amerika ausweiten.

Wir brauchen doch nur auf die Geschichte zu blicken, um die Torheit von Washingtons Versuch, Teheran zu beschwichtigen, klar zu erkennen.

Präsident Carter und sein Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, begannen Amerikas fehlgeleitete Politik gegenüber dem radikalen Islam, Carter, indem er Khomeini einen „Mann Gottes“ nannte, Brzezinski durch seinen Plan, militante Islamisten im Kampf gegen die Sowjetunion zu unterstützen. Unglücklicherweise setzte sich diese Politik des Verhandelns und der Hoffnung auf einen gemäßigten Führer im Iran, der die Türen für den Westen öffnen würde, unter Präsident Reagan fort.

Während ich mitten in der Nacht bei gedämmtem Licht verschlüsselte Nachrichten schrieb, mit denen ich die CIA über die terroristischen Aktivitäten und die Ausbreitung der Revolutionsgarden im Iran und anderswo im Nahen Osten informierte, traf sich die US-Regierung Mitte der achtziger Jahre vertraulich mit den Revolutionsgarden in Genf, Brüssel, Frankfurt und Mainz. Die Unterhändler der Garden bei diesen Treffe, enge Vertraute von Akbar Hashemi Rafsandjani, bekamen die Decknamen „the Engine“ und „the Relative“. Sie trafen sich mehrere Male mit US-Unterhändlern, darunter Oliver North. Die CIA unterstützte eine Reise für „the Relative“ nach Washington, wo man ihm auch das Weiße Haus zeigte.

Zu dieser Zeit wusste die CIA, dass das Kasernenattentat im Libanon, das 241 Amerikaner tötete, das Werk der Garden unter Rafsandjani war, der damals Parlamentspräsident war; von Ayatollah Khamenei, damals Präsident, und von Ayatollah Khomeini, dem obersten Führer. Die CIA war sich der Entführungen, Folterungen und Geiselmorde bewusst – etwa der Ermordung des CIA-Agenten William Buckley, der vom Islamischen Djihad exekutiert worden war – einer Tarnorganisation der Garden für ihr Treiben im Libanon. Ungeachtet Irans Betrug ging die Regierung auf eine lange Liste von Forderungen der Garden ein, die den Weg für verbesserte Beziehungen freimachen sollten.

Washingtons Anstrengungen ergaben die Freilassung von nur wenigen Geiseln, und im Gegenzug erhielten die Garden viele Schiffsladungen von amerikanischen Waffen, von denen einige in den Händen der Terrororganisation Hisbollah im Libanon endeten. Später wurden mehr Geiseln genommen und höhere Forderungen gestellt.

Kazem, mein damaliger Kommandeur bei den Garden, hatte mir gesagt: „Diese dummen Cowboys glauben, wir würden ihnen helfen, ihre Geiseln im Libanon freizubekommen und unsere Beziehungen zu ihnen verbessern. Sie geben uns Waffen, viele Waffen. Haj Agha Rafsandjani weiß, wie man mit diesen Bastarden spielt und sie melkt.“
Die Kurzsichtigkeit setzte sich fort, als Präsident George H.W. Bush [senior] die iranische Verwicklung in den Lockerbie-Anschlag ignorierte (von der ich der CIA berichtet hatte), als er mit Rafsandjani, dem damaligen Präsidenten, verhandelte, der bessere Beziehungen versprochen hatte. Auch dies schlug fehl, ebenso wie Präsident Clintons Verhandlungen mit Mohammed Khatami, dem nächsten Präsidenten. Clinton hatte Irans Verwicklung auf den Khobar-Tower-Anschlag in Saudi-Arabien ignoriert, und Khatami versprach mehr Kooperation, während er heimlich Teile für Irans Atomprogramm einkaufte.

Die Revolutionsgarden haben vor kurzem verschiedene seegestützte Bodenraketen getestet. Man muss fragen, wozu diese Tests gut sein sollen. Könnte es sein, dass sie es darauf abgesehen haben, Raketen gegen einen Feind weit entfernt vom Iran zu feuern, vielleicht von einem Schiff aus, das in der Nähe von dessen Küste operiert?

Mit Unterstützung Nordkoreas arbeiten die Garden an Langstreckenraketen, und zwar in einem Projekt, das durch ihr Weltraumprogramm getarnt ist. Andere Versuchsreihen zielen darauf ab, die Reichweite der Shahab-3-Raketen so zu erhöhen, dass sie nicht nur – wie bisher schon – Tel Aviv, Riad, amerikanische Stützpunkte im Irak und das Hauptquartier der Fünften Flotte in Bahrain erreichen können, sondern auch Europa. Die Garden haben nunmehr mehr als hundert Shahab-3 in ihren Arsenalen, während sie an der Entwicklung eines atomaren Sprengkopfs arbeiten. Gleichzeitig erhöhen die Iraner die Anzahl der Zentrifugen (über 5000 im November 2008) für die Anreicherung von Uran, während bereits genug spaltbares Material für den Bau einer Atombombe hergestellt worden ist.

Ein nuklear bewaffneter Iran unter der Verbrecherherrschaft der Mullahs ist nahe, möglicherweise eine Sache von Monaten, und jeder Irrtum über ihre Absichten würde schlimme Konsequenzen haben.

Verschiedene Hadithe (Äußerungen des Propheten Mohammed und seiner Nachfolger bzw. Nachkommen), die von islamischen Gelehrten zusammengestellt wurden, bilden die Ideologie der Radikalen, die fest ans Mahdaviat glauben. Dieser Glaube beherrscht momentan jeden Aspekt der iranischen Regierung, und ihre Mitglieder glauben, dass es ihre heilige Pflicht ist, die Wiederkehr des Mahdi, des Zwölften Imam der Schiiten vorzubereiten. Die Wiederkehr des Mahdi bedarf nur noch eines einzigen Zeichens, nachdem die im Folgenden genannten Ereignisse alle schon stattgefunden haben:

Die Machtergreifung eines Seyyed (eines Prophetennachkommen) in Fars, der Heimat des persischen Volkes, der die Flagge Allahs führt: Ayatollah Khomeini, ein Seyyed, kam durch die Revolution im Iran an die Macht und errichtete 1979 die islamische Republik.

Ein größerer Krieg zwischen Persern und Arabern, bei dem Gott beiden den Sieg verweigert: Zeit und Ort in diesem Hadith beziehen sich auf Iran und Irak in den achtziger Jahren. Keine Seite siegte.

Die Erstürmung der Ka’ba und das folgende Blutvergießen: 1987 ordnete Khomeini einen Zusammenstoß während der Pilgerfahrten nach Mekka an, um die Wiederkehr des Mahdi herbeizuführen. Ich hatte die CIA vorab informiert. Dieser blutige Zwischenfall (402 Tote , meist iranische Pilger), hatte große Ähnlichkeit mit dem Klima, das im einschlägigen Hadith beschrieben wird.

Ein Licht am Himmel, das den Feind im Namen Allahs schlägt: Der Hadith spricht von einem Ereignis, bei dem ein donnerndes Licht am Himmel die Feinde des Islam zum Lobe Allahs schlägt. Die Mullahs glauben, dass dieser Hadith von den Selbstmordanschlägen vom 11.September 2001 in den Vereinigten Staaten erzählt.

Die Invasion Afghanistans: Dieser Hadith nennt die Besetzung Afghanstans als Zeichen für die Wiederkehr des Mahdi.

Der Himmel über dem Irak wird rot von vergossenem Blut: Dieser Hadith berichtet von einem Krieg im Irak, in dem viele Männer, Frauen und Kinder von den „Ungläubigen“ getötet werden. Schiiten glauben, dass er sich auf die Besetzung des Irak durch die Vereinigten Staaten bezieht.

Wirtschaftlicher Zusammenbruch: Dieser Hadith enthüllt, dass vor dem Ende der Zeiten und der Wiederkehr des Mahdi die Welt schlimme Entbehrungen wird erleiden müssen. Die Menschen werden wirtschaftlich leiden und kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Der Handel wird zum Stillstand kommen. Zwietracht wird sich vervielfachen. Sowohl der Iran als auch Al-Qaida ziehen Ansehen aus der gegenwärtigen Krise. Al-Qaida nennt 9/11 den Beginn dieser Krise, Iran gewinnt Ansehen, weil es amerikanische Truppen im Irak bindet. Die Mullahs im Iran haben schon eine langfristige Einschätzung des Irakkrieges erarbeitet und berechnet, wie er die US-Wirtschaft schädigen wird.

Ein schwarzer Mann kommt im Westen an die Macht und befehligt die größte Armee der Welt: Dieser Hadith, der dem Prophetenvetter und -schwiegersohn Ali zugeschrieben wird, einer der meistverehrten Gestalten im schiitischen Islam, sagt: „Vor der Rückkehr des Mahdi wird ein großgewachsener schwarzer Mann den Westen und die größte Armee auf Erden beherrschen. Er wird ein ‚klares Zeichen‘ meines Sohnes Hussein ibn Ali [des dritten schiitischen Imams] tragen.“ Schiiten glauben, dass Barack Obama, dessen mittlerer Name „Hussein“ lautet, dieser Mann ist.

Und das letzte Zeichen vor dem Kommen des Mahdi:

Chaos, Hunger und Verwüstung werden die Erde ergreifen. Große Kriege mit dunklen Wolken (Atomkriege) werden die Erde verbrennen. Ein Drittel der Erdbevölkerung wird getötet werden und der Rest unter Hunger und Anarchie leiden: Die Mullahs halten es für ihre Pflicht, einen Atomkrieg herbeizuführen, der das letzte Zeichen erfüllen und die Wiederkehr des Mahdi ermöglichen soll. Es fällt dem Westen schwer, diese Ideologie zu verstehen oder einen solch lächerlichen Glauben in Erwägung zu ziehen. Wir müssen aber nur auf den 11.September zurückblicken und daran denken, warum sie taten, was sie taten. War es nur Hass auf das, wofür Amerika steht, oder was der Westen ihnen angetan hat? Oder war es Glaube – das Selbstopfer zum Ruhme des Islam?

Barack Obama und seine Regierung dürfen nicht auf eine Neuauflage der iranischen Taktik der widersprüchlichen Signale in Verhandlungen hereinfallen. Er muss verstehen, was keine der bisherigen Regierungen verstanden hat: Die Ideologie der Mullahs ist in einem fanatischen Glauben verwurzelt, und die Zeit wird knapp. Radikale Islamisten meinen es ernst mit ihrer Hingabe an ihre Sache. Ich weiß es. Ich war jahrelang in ihren Höhlen mit ihnen zusammen.

„Kämpft gegen die Ungläubigen und tötet sie, bis die Verführung aufgehört hat und der Glaube an Allah allgemein ist.“ (Koran 2,192)

[Weitere Artikel zum Thema „Iran“ in diesem Blog]

Drei Blinde und ein Elefant

Monalisa hat in einem Kommentar zu „Viele Arten zu töten“ im Zusammenhang mit der fortschreitenden Auflösung der deutschen Nation und der schleichenden Islamisierung unseres Landes einige Fragen aufgeworfen:

Wo ist denn die bürgerliche Mitte, die sich gegen sowas wehren sollte? Ist sie bereits so zerrieben?

Das islamkritische Spektrum scheint sich, auch in meinen Augen, zu radikalisieren und in feindliche Lager zu zerfallen. (…)

Was tun, wen wählen? Diese Fragen stellen sich immer drängender.

Die endgültige Antwort und Lösung für Alles habe ich natürlich auch nicht. Aber einige Gesichtspunkte sind mir wichtig:

Was die bürgerliche Mitte angeht, so tendiere ich zu der Auffassung, dass es die nicht mehr gibt. Was sich „bürgerliche Mitte“ nennt, hat die wesentlichen Grundlagen der linken Theorie einfach geschluckt. Das ist insofern kein Wunder, als die Medien und die Universitäten, also genau die Institutionen, deren Personal früher „Bildungsbürgertum“ hieß, von den Achtundsechzigern als erstes und mit durchschlagendem Erfolg angegriffen wurden. Genau die Orte, wo das gesellschaftliche Selbstverständnis definiert, also sozusagen die Mitte erst gemacht wird, sind in der Hand der Linken.

Im Rückblick würde ich sagen, dass das Bürgertum die Ära Kohl als eine Art Kollektivkohl völlig verpennt hat:

Erstens war die CDU so ängstlich darauf bedacht, die „Mitte“ zu sein und nicht als „konservativ“ oder gar „rechts“ wahrgenommen zu werden, dass es der Linken überlassen blieb, den Begriff „rechts“ nach Belieben umzudeuten. Das Ergebnis konnte in jener Umfrage der „Zeit“ besichtigt werden, in der sich nur 11 Prozent als „rechts“ einstuften (aber 34 Prozent als „links“). Die demokratische Rechte hat mit der ängstlichen Behauptung der „Mitte“ ein Eigentor geschossen, von dem sie sich lange nicht erholen wird.

Zweitens war man die ganzen achtziger und neunziger Jahre hindurch damit zufrieden, eine Meinungsführerschaft gegen den Sozialismus als Wirtschafts-System zu behaupten. Dass das Programm der Linken nicht der Sozialismus ist – das ist bloß eine der vielen Fahnen, die sie nach Bedarf wechselt -, sondern die Verflüssigung gesellschaftlicher Strukturen, die Auflösung von Bindungen, die Einebnung von Unterschieden und Unterscheidungen aller Art, das hätte den Konservativen schon in den neunziger Jahren auffallen müssen. Die meisten „Bürgerlichen“ haben es bis heute nicht begriffen.

Deswegen bin ich auch etwas ungeduldig mit Leuten, die heute noch den Liberalismus predigen und darunter vor allem die Verteidigung der Marktwirtschaft verstehen. Im Sinne der Strukturauflösung ist Marktwirtschaft, noch dazu globalisierte Marktwirtschaft etwas, das die Linken nur anstreben können; sie können sich dabei sogar auf Marx berufen, der die progressive Rolle des Kapitalismus (eben wegen der damit verbundenen Strukturauflösung) immer betont hat.

Nein, es gibt keine bürgerliche Mitte. Es gibt einen riesigen linken Brei, zu dem auch ein erheblicher Teil der Unionsparteien zählt. Es gibt am Rande der Gesellschaft eine Subkultur von Neonazis. Und es gibt dazwischen eine demokratische Rechte, die so klein ist, dass sie – nun, ich will nicht sagen in einer Telefonzelle, aber doch in einem mittleren Ballsaal Platz hätte. Was es sonst an konservativem Potenzial gibt, ist so verunsichert wie jene katholischen Bischöfe, die sich in der Piusaffäre nicht etwa hinter den Papst gestellt, sondern sich geradezu für ihn entschuldigt haben. (Auf sämtlichen Hühnerhöfen der Republik zusammen gibt es nicht so viele Hähne, wie für diesen jämmerlichen Haufen von winselnden Schweinepriestern hätten krähen müssen!)

Was das islamkritische Spektrum angeht, so teile ich Monalisas Diagnose, dass es in feindliche Lager zerfällt. Das Problem besteht im Kern darin, dass Islamkritiker dem Djihad so gegenüberstehen wie jene drei Blinden, die einen Elefanten beschreiben sollten:

Der erste kriegt den Rüssel zu fassen und sagt: „Eine Schlange“.

Der zweite ertastet den Rumpf und sagt: „Ein Berg“.

Der dritte greift nach dem Schwanz und sagt: „Ein Pinsel.“

Und jeder hält die anderen beiden für Idioten. Auf den Djihad bezogen heißt das: Der eine hält ihn für einen religiösen Glaubensartikel, der zweite für eine politische Ideologie, der dritte für ein kulturelles Phänomen (und ein vierter für ein psychologisches Problem; wieder andere sehen die ethnische , die kriminalistische oder sonst eine Dimension, glauben, damit das Gesamtproblem erfasst zu haben und gucken nicht mehr nach links oder rechts.)

Da gibt es zum Beispiel Leute, die gegen den Islam sind, weil sie überhaupt gegen jede Religion sind (z.B. „Brights“), und die nicht auf die Idee kommen, dass es ein grundlegender Unterschied sein könnte, ob eine Religion gebietet, Religionskritikern den Kopf abzuschneiden oder nicht.

Es gibt Kräfte, die FPÖ oder die Pro-Parteien zum Beispiel, die den Islam hier bekämpfen, aber finden, er solle in islamischen Ländern ruhig blühen und gedeihen (und wenn Israel dabei draufgeht, sei das ja nicht unser Problem…).

Es gibt Menschen, die den Islam bloß in Gestalt des Islamismus bekämpfen, und zwar dadurch, dass sie die Demokratie im Nahen Osten verbreiten wollen (dass sie bei uns vor die Hunde geht, merken sie nicht, weil sie ja „radikal zwischen Islam und Islamismus unterscheiden“ und den Vormarsch des Islam daher nicht als Bedrohung ernstnehmen).

Es gibt Freunde Israels, die den Kampf gegen die muslimische Einwanderung nach Europa für ein faschistisches Anliegen halten. (Preisfrage: Wie lange hält sich Israel, wenn Europa den Moslems in die Hände gefallen ist?).

Es gibt Riesenstaatsmänner wie unseren Innenminister, die den Terrorismus bekämpfen wollen, aber um Gottes willen nicht den Islam, weil der ja „zur europäischen Kultur gehört“, und die sich dann überhaupt nicht erklären können, warum Moscheen sich als Kaderschmieden für Terroristen entpuppen. Und so weiter.

Zwar ist den meisten durchaus klar, dass der Islam nicht eine Religion jener Sorte ist, die man ohne weiteres als Privatsache behandeln könnte; es hat sich doch herumgesprochen, dass der Islam beansprucht, ein alle Lebensbereiche umfassendes und durchdringendes System zu sein. Welchen Konsequenzen sich aber aus diesem theoretischen Wissen ergeben, ist von den Wenigsten durchdekliniert worden.

Praktisch alle Islamkritiker konzentrieren sich auf ihr jeweiliges Steckenpferd, und bekämpfen den Djihad, weil und sofern er dieses jeweilige Steckenpferd gefährdet: von links nach rechts in unvollständiger Aufzählung Frauenrechte, Schwulenrechte, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Demokratie, innere Sicherheit, äußere Sicherheit, Souveränität des Nationalstaats, ethnische Integrität der Völker Europas.

Dass ein und derselbe Angreifer aufgrund ein und derselben Ideologie ein und denselben Kampf gegen all das führt – nun, vielleicht weiß man das abstrakt. Viele wissen es nicht. Und noch mehr wissen nicht, dass diese Werte, die da angegriffen werden, miteinander zusammenhängen.

Allzu viele im Westen glauben, den Demos der Demokratie von der Nation des Nationalstaats trennen zu können; die Nation als der Gesamtheit der Staatsbürger vom Volk als der Gesamtheit der (- wirklichen, gedachten oder eingebildeten – kulturellen, sprachlichen, historischen, genetischen, wertbezogenen) Gemeinsamkeiten, die das konstituieren, was man ein Volk nennt; das Volk wiederum von den einzelnen Menschen, aus denen es besteht. Politische Aktivisten sind in aller Regel Menschen, die ein oder zwei dieser Begriffe künstlich von den anderen trennen.

Überhaupt gibt es eine Tendenz des westlichen Denkens, die nur die Analyse, aber nicht die Synthese zulässt. Wir unterscheiden zum Beispiel selbstverständlich zwischen einer Gemeinschaft von Menschen einerseits und den Prinzipien, auf denen sie basiert andererseits. Wir unterscheiden „islamisch“ als Bezeichnung religiöser Prinzipien von „muslimisch“ als Bezugnahme auf eine Gruppe von Menschen. Die Türkei ist ein muslimischer Staat, aber ob ihres Säkularismus kein islamischer, wie es etwa der Iran ist. Das ist eine sehr sinnvolle und fruchtbare Unterscheidung, aber man muss sich bewusst sein, dass man sie trifft! Es handelt sich um eine Besonderheit westlichen Denkens, die der islamischen Kultur völlig fremd ist.

Es gibt zum Beispiel keine abstrakte islamische Ethik (die man also als Nichtmuslim ebensogut befolgen könnte), weil der zentrale Punkt dieser Ethik die Solidarität der Muslime untereinander und die Verbreitung des Islam ist (siehe „Der medinensische Koran“). Und wenn der Einfluss von Muslimen in der Gesellschaft steigt, dann wächst automatisch auch der Einfluss des Islam (nicht weil ich das sage, sondern weil die Djihadstrategen selber es sagen: Ich verweise auf meinen Artikel „Ein aufschlussreiches Interview“).

Das sind Gedanken, die für uns schwer zu begreifen sind, weil wir das Leben in einer funktional differenzierten Gesellschaft gewöhnt sind und unsere Begriffswelt daran angepasst haben:

Da haben Ehrenmorde nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Kultur“. Terrorismus hat auch nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Politik“. Die allmählich stattfindende Vertreibung von Deutschen aus wachsenden Teilen unserer Großstädte hat nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit „ethnischen Konflikten“. Dass Musliminnen keine „Ungläubigen“ heiraten dürfen, hat nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Moral“.

Der Punkt ist aber der, dass in islamischen Ländern die funktionale Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilsysteme bestenfalls in den Kinderschuhen steckt. Der Islam ist dort, auch in den „säkularistischen“ Ländern ganz selbstverständlich der Maßstab, an dem Politik, Kultur, Moral, ethnische Zugehörigkeit sich messen lassen müssen, selbstverständlich auch Recht, Wissenschaft, Bildung.

Weil der Islam als Klammer wirksam ist, kann er sich Binnendifferenzierungen leisten. Das beliebte Argument „Mein Dönerverkäufer geht nie in die Moschee, was hat der mit dem Islam zu tun?“ zeugt nur von der völligen Ignoranz gegenüber dem Funktionieren islamischer Gemeinschaften. Muslime müssen nicht fromm sein, sie müssen die Sache des Islam voranbringen! Dann kann auch ein Atheist und Verbrecher wie Saddam Hussein zum Kalifen der Muslime ausgerufen werden, und muslimische Afrikaner, die aus ganz unreligiösen Gründen nach Europa wollen und auf dem Weg dorthin im Mittelmeer ertrinken, als Märtyrer für den Islam gefeiert werden.

Jeder Schachspieler weiß, dass eine Stellung ein dynamisches Ganzes ist, das von jeder Figur auf jedem Feld beeinflusst wird. Den Djihad versteht man am besten, wenn man ihn sich als eine hochkomplexe (weil auf einem Brett mit mehr als zwei Dimensionen ausgetragene) Schachpartie vorstellt, wobei wir Westler wie Dummköpfe aussehen, die ein bloß zweidimensionales Brett sehen und uns wundern, wenn plötzlich gegnerische Figuren wie aus dem Nichts auftauchen.

Wenn wir uns das Brett dreidimensional vorstellen, bestehend aus mehreren zweidimensionalen Brettern übereinander, zwischen denen die Figuren wechseln können (nur unsere natürlich nicht, weil wir keine Ahnung davon haben, dass auf den verschiedenen Ebenen ein und dieselbe Partie gespielt wird), dann kann es zum Beipiel sein, dass wir auf den Ebenen „Terrorismus“, „Rechtsstaat“, „Publizistik“, „politische Machtpositionen“ kräftig dagegengehalten und der Gegner dort nicht vorwärtskommt, wohl aber auf den Ebenen „Demographie“ und „Alltagskultur“. Die dort erzielten Positionsvorteile kann er dann auf den anderen Ebenen in taktische Gewinne ummünzen, die dort zu einer Positionsverbesserung führen und so weiter.

Keiner von uns kann, muss oder sollte auf allen Brettebenen zu spielen versuchen, das tut die Gegenseite nämlich auch nicht: Bin Laden trägt nicht zur demographischen Unterwanderung bei, ein türkischer Jung-Schläger nicht zur islamischen Frömmigkeit, ein Hassprediger nichts zur „Täuschung der Ungläubigen“, ein scheinintegrierter Vorzeigetürke nicht zum Terrorismus. Das ist auch nicht erforderlich, damit sie für den Djihad nützlich sind. (Sie müssen im Einzelfall nicht einmal wissen, dass sie das sind.)

Die spucken einander aber auch nicht in die Suppe. Natürlich gibt es auch dort Meinungsverschiedenheiten, aber die innerislamische Solidarität (die natürlich nur so lange hält, wie es gegen die „Ungläubigen“ geht) verhindert allemal, dass man vor lauter Sektiererei dem Anderen das Auge aushackt.

Dasselbe kann die islamkritische Szene weiß Gott nicht von sich behaupten. Es gibt nur eine einzige Ausnahme, jedenfalls bei den wichtigeren Instanzen: Das ist der vielgescholtene Blog „Politically incorrect“, der sich von dem grassierenden Distanzierungswahnsinn weitgehend fernhält und von dem Prinzip „Im Zweifel für die Toleranz“ ausgeht. Mag ja sein, dass dabei auch manches toleriert wird, was man vielleicht nicht tolerieren sollte, aber der dadurch angerichtete Schaden ist allemal geringer als wenn jeder auf seiner ideologischen Reiheit beharrt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wir stehen vor der Wahl, ob wir uns wie die besagten Blinden so lange um die Deutungshoheit prügeln wollen, bis der Elefant uns zertrampelt, oder ob wir versuchen, unsere Erfahrungen zusammenzufügen, um ein realistisches Bild von der Lage zu bekommen und entsprechend zu handeln.

Wer in der gegebenen Lage nicht bereit ist, heilige Kühe zu schlachten, verdient nichts Besseres, als am Ende selber geschlachtet zu werden!