„Migrationsland 2011“ – wie Stiftungen Politik machen

„Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Migration und Integration“ – das klingt vertrauenswürdig, seriös, kompetent, wissenschaftlich neutral. Was einem solche Sachverständigen sagen, das muss doch stimmen, und bestimmt kann man ihnen auch getrost den Hausschlüssel anvertrauen – oder?

Zumal die Selbstdarstellung des Rates diesen Eindruck noch unterstreicht:

Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, …

… na bitte!

… das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet.

Oh?

Nicht nur Politikberatung, sondern handlungsorientierte Politikberatung. Mit anderen Worten: Hier werden politische Strategien entwickelt und den Entscheidungsträgern sozusagen schlüsselfertig übergeben.

In gewisser Hinsicht wird damit zweifellos eine Marktlücke gefüllt: Woher sollen Politiker, die nicht einmal ihre Dissertationen selber schreiben können, sonst wissen, was sie wollen sollen?

Diese Art von Outsourcing, bei der diverse Stiftungen und sonstige bestenfalls halb öffentlich agierende Akteure nicht nur die Probleme definieren, sondern praktischerweise gleich die Lösungen mitliefern, für die die Politiker dann die Verantwortung übernehmen, gewinnt in allen westlichen Demokratien dramatisch an Bedeutung. Die auf dem offenen Markt ausgetragenen politischen Meinungsverschiedenheiten sind unter solchen Umständen selbst dann Scheingefechte, wenn sie ernstgemeint sind. Der Lärm der Talkshows verdeckt, dass es sich hier nur um Meinungsverschiedenheiten innerhalb desselben Paradigmas handelt, und der normale Bürger, der der medialen Dauerbeschallung ausgesetzt ist, kommt gar nicht dazu, das Paradigma als solches in Frage zu stellen. Gestritten werden muss, aber nicht weil dabei um Lösungen gerungen würde, sondern weil man damit die Köpfe der Menschen beschäftigen muss, die sonst womöglich auf dumme (d.h. kluge) Gedanken kämen.

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

Stiftung Mercator:

Die Stiftung wurde 1996 von der Handelsfamilie Schmidt-Ruthenbeck aus Duisburg gegründet (…) Die Stiftung Mercator unterstützt nach eigenen Angaben Projekte, die im Sinne Gerhard Mercators Toleranz und den aktiven Wissensaustausch zwischen Menschen mit unterschiedlichem nationalen, kulturellen und sozialen Hintergrund fördern. In Ihren Kompetenzzentren Wissenschaft, Bildung und internationale Verständigung ist die Stiftung Mercator sowohl operativ als auch fördernd tätig und verfolgt klar definierte strategische Ziele in den Themenclustern Klimawandel, Integration und Kulturelle Bildung.

(Wikipedia)

Man beachte die Formulierung „klar definierte strategische Ziele“

Freudenberg-Stiftung:

Tätigkeitsschwerpunkte sind

  • Integration von Zuwandererfamilien und kulturellen Minderheiten
  • Förderung demokratischer Kultur
  • Förderung von Jugendlichen mit sozialer Benachteiligung
  • Reintegration von psychisch Kranken in das Arbeits- und Berufsleben

(Wikipedia)

Man beachte die Reihenfolge. Die Freudenberg-Stiftung hat auch zum 25jährigen Bestehen den passenden Laudator gefunden, nämlich die Amadeu-Antonio-Stiftung (deren Vorsitzende Anetta Kahane schon deshalb vertrauenswürdig ist, weil sie als besonders „ehrlich und zuverlässig“ eingestuft wird – jedenfalls von ihrem ehemaligen Stasi-Führungsoffizier. Dieser bescheinigte ihr auch, „Personen belastet“ zu haben, und das tut sie in gewisser Hinsicht bis heute.)

Diese Stiftung also lobt die Freudenberg-Stiftung:

In 25 Jahren der Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen, Kommunen und weiteren Stiftungen sind … eine Vielzahl … lokal entwickelter Ansätze entstanden, die bundesweite Verbreitung gefunden haben. Beispiele sind … Ausländische Selbständige bilden aus, Interkulturelle Schülerclubs, Romamediatoren, Peer Leadership Training … . Darüber hinaus hat sich die Freudenberg Stiftung von Anfang an überregional und europäisch engagiert: z. B. durch die Civis Medienpreise, Bildungsförderung von und mit Roma oder bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus. Auch die Amadeu Antonio Stiftung wäre ohne das Engagement der Freudenberg Stiftung nicht gegründet worden. Für die Amadeu Antonio Stiftung ist die Freudenberg Stiftung ständiger Wegbegleiter, langjähriger Förderer und unverzichtbarer Partner.

(Quelle: Amadeu-Antonio-Stiftung)

Man könnte es auch kürzer ausdrücken: Tätigkeitsschwerpunkt der Freudenberg-Stiftung sind Propaganda und massenhafte Gehirnwäsche.

Die Körber-Stiftung

begrüßt uns schon auf ihrer Homepage u.a. mit der Feststellung:

„Deutschsein“ – Herkunft und Religion als ausschließliche Kriterien für das Deutschsein haben ausgedient; die Vorstellung einer homogenen Nation ist angesichts millionenfacher Zuwanderung längst widerlegt. Was die Frage des zukünftigen Zusammenlebens in Deutschland mit jener nach der deutschen Identität und Geschichte sowie mit den Ideen der Aufklärung zu tun hat, darüber sprach Peter Kapern, Leiter der Deutschlandfunk-Sendung »Andruck«, mit dem Schriftsteller Zafer Şenocak im Körber-Forum. Sein Buch »Deutschsein. Eine Aufklärungsschrift« ist in der edition Körber-Stiftung erschienen.

Nur gut, dass es einen Herrn Şenocak gibt, der uns darüber aufklärt, was es heißt, deutsch zu sein. Denn der muss es ja wissen.

So eingestimmt, fragt man weiter, was es mit dieser Stiftung auf sich hat:

Im Jahr 2008 wurden rund 15 Millionen Euro für die Tätigkeit der Stiftung eingesetzt.

Die Körber-Stiftung will mit ihren Projekten „Menschen verschiedener politischer, sozialer und kultureller Herkunft zusammenführen.“

Die Stiftung ist aktiv in den Bereichen:

  • Internationale Politik
  • Bildung
  • Wissenschaft
  • Gesellschaft
  • Junge Kultur

(Quelle auch für die weiteren Zitate, sofern nicht ausdrücklich anders ausgewiesen: Wikipedia)

Es lohnt sich, dieses Programm genauer unter die Lupe zu nehmen:

Internationale Politik

  • Im Bergedorfer Gesprächskreis diskutieren Internationale Politiker und Experten in kleiner Runde Grundfragen deutscher und europäischer Außen- und Sicherheitspolitik.
  • Bei den Politischen Frühstücken führen hochrangige Vertreter der Berliner außenpolitischen Community Hintergrundgespräche mit ausländischen Spitzenpolitikern.
  • Im Körber-Netzwerk Außenpolitik spricht ein fester Kreis junger Außenpolitiker mit internationalen Entscheidungsträgern und lernt Brennpunkte internationaler Politik vor Ort kennen.
  • Die Munich Young Leaders diskutieren in Zusammenarbeit mit der Münchner Sicherheitskonferenz mit den Teilnehmern der Sicherheitskonferenz und nehmen dort an ausgewählten Sitzungen teil.
  • Die Zukunftswerkstatt des Petersburger Dialogs lädt junge russische und deutsche Eliten mehrfach im Jahr ein, um gemeinsame Positionen zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen zu erarbeiten.

Also ein klassisches Elitennetzwerk, das „in kleiner Runde“ „Hintergrundgespräche“ führt, „junge Außenpolitiker“ heranzieht, an die entsprechenden amerikanischen Netze angekoppelt ist (damit die „Young Leaders“ sich nicht etwa als Deutsche missverstehen) und obendrein auch die russischen Eliten (die bekanntlich noch immer nicht so recht spuren), einzubinden, d.h. zu zähmen versucht.

Bildung

  • Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten – Jugendliche forschen vor Ort regt Kinder und Jugendliche dazu an, selbstständig den historischen Spuren aktueller Probleme nachzugehen.
  • EUSTORY – History Network for Young Europeans AISBL vereint auf Initiative der Körber-Stiftung Geschichtswettbewerbe in 20 Ländern und schafft grenzüberschreitende Verständigung zwischen jungen Europäern.
  • Das Körber-Netzwerk Geschichtsdidaktik verbindet Universitäten, die mit einer praxisorientierten Geschichtslehrerausbildung das forschende Lernen in die Schulen tragen.
  • Mit dem Schultheater der Länder stärken die Körber-Stiftung und der Bundesverband Darstellendes Spiel die kulturell-ästhetische Bildung an den Schulen.
  • Im Rahmen von Lernen vor Ort fördert die Körber-Stiftung gemeinsam mit 25 weiteren Stiftungen und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung die Vernetzung regionaler Bildungsakteure.

Man beachte, dass drei der fünf Punkte sich auf Geschichtsprojekte beziehen. Offenbar misst man – zu Recht – dem Geschichtsbild strategisch entscheidende Bedeutung zu, wenn es darum geht, politische Prioritäten ganzer Völker zu formen. Und nicht weniger bedeutend ist, dass diese Geschichtsbilder europäisch gleichgeschaltet werden sollen.

Wissenschaft:

Konzentrieren wir uns auf den von der Stiftung vergebenen Deutschen Studienpreis. 2007 wurde dieser einer Neuausrichtung unterzogen:

Über die rein fachwissenschaftliche Exzellenz hinaus fragen wir nach der spezifischen gesellschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Forschungsbeiträge. Gesucht wird dabei nicht nach der reinen Nützlichkeit, wohl aber nach dem gesellschaftlichen Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnis. Wir wollen exzellente junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermutigen, den gesellschaftlichen Wert der eigenen Forschungsleistung herauszuheben…

Das haben die exzellenten jungen Wissenschaftler dann auch getan. Über die naturwissenschaftlichen Arbeiten maße ich mir kein Urteil an, auch wenn es bezeichnend ist, dass zum Beispiel ein Verfahren zur Energieeinsparung in der Aluminiumtechnik unter dem Titel „Klimaschutz dank Lasertechnik“ angepriesen wird. In den geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern zeichnen sich etliche der prämierten (1. und 2. Preis bzw. Preiskandidaten) Arbeiten durch besonders sprechende Titel aus, z. B.:

Dr. Sandra Bucerius, Identitätsstiftender Drogenhandel: Eine ethnografische Studie unter jugendlichen Migranten

Dr. Angela Kolbe, Mehr Rechte für Intersexuelle: Die Juristin Angela Kolbe fordert Gesetzesänderungen, die intersexuellen Menschen in Deutschland einen selbstbestimmten Umgang mit ihrer Geschlechtsidentität ermöglichen sollen

Dr. Claudia Maria Corlazzoli, Pluralismus statt Privileg: Religiöse Minderheiten unterrichten an öffentlichen Schulen – eine Bestandsaufnahme quer durch die Republik

Dr. Sara Borella, Zuwanderung als wirtschaftliche Chance: Ein Kriterienkatalog für die europäische Migrationspolitik

Dr. Mirja Trilsch, Ein Menschenrecht auf Arbeit, Wohnung, Bildung? Warum soziale Grundrechte in die Verfassung gehören

Eine ideologiekritische Würdigung erübrigt sich wohl.

Auch unter „Gesellschaft“ finden sich ungemein aufschlussreiche Projekte:

  • Das BegegnungsCentrum Haus im Park in Hamburg- Bergedorf fördert die aktive Lebensgestaltung für Menschen ab 50 mit Angeboten für Bildung, Gesundheit, Freizeit und eigenes Engagement.
  • Der Transatlantische Ideenwettbewerb USable ruft zum Transfer von »best practices« über den Atlantik hinweg auf.
  • Die Hamburger Tulpe für interkulturellen Gemeinsinn stärkt das Zusammenleben in Hamburg indem sie jährlich ein von Zuwanderern und Einheimischen gemeinsam initiiertes Projekt auszeichnet. Die Körber-Stiftung unterstützt zudem die Berliner Tulpe für deutsch-türkischen Gemeinsinn.
  • Im Netzwerk türkeistämmiger Mandatsträger, getragen von Körber-Stiftung und Stiftung Mitarbeit, diskutieren türkeistämmige Abgeordnete deutscher Parlamente parteiübergreifend integrationspolitische Fragen.
  • Die Initiative Bürgerstiftungen wirbt für das Konzept der Bürgerstiftungen, unterstützt Neugründungen und fördert den Erfahrungsaustausch untereinander.

Man beachte vor allem Punkt 4, der ja nichts anderes besagt, als das türkischstämmige Mandatsträger sich parteiübergreifend abstimmen sollen. Hier wird eine Lobby organisiert, und zwar eine, die sich gegen die Interessen der Mehrheit stellt.

Selbst der Punkt „Junge Kultur“, der so harmlos daherkommt, hat noch strategische Bedeutung. Kulturförderung heißt nämlich, weniger freundlich formuliert, dass man auch die Kunst als Faktor der gesellschaftlichen Ideologieproduktion unter Kontrolle bringt. Oder glaubt irgendjemand, ein so geförderter Künstler könne öffentlich eine abweichende politische Meinung äußern oder sich auch nur weigern, gegen Rechts oder Rassismus oder was-auch-immer „Gesicht zu zeigen“?

Ich habe mich auf diese drei Stiftungen konzentriert, weil sie weniger bekannt sind als die anderen fünf. Kommen wir nun zum Gesamtbild:

Der Sachverständigenrat

Von acht Stiftungen sind vier (Bertelsmann, Hertie, Vodafone und Volkswagen) mit den Interessen von Großkonzernen verknüpft, und dass bei Mercator, Körber und Freudenberg bzw. den dahinterstehenden Firmengruppen und Gründerfamilien ideologisches Engagement und geschäftliche Interessen Hand in Hand gehen, wird man unterstellen dürfen.

Sieben von acht Stiftungen vertreten also zugleich mit einer bestimmten Ideologie harte Wirtschaftsinteressen. (Nur die Zeit-Stiftung ist auf Ideologieproduktion sozusagen schon von Hause aus spezialisiert; sie ist, wenn man so will, ein Großunternehmen der Ideologiebranche.)

Gleichzeitig die Interessen von Großkonzernen und die von Minderheiten zu vertreten, ist durchaus kein Widerspruch, auch wenn viele Linke das glauben, die bis heute nicht begriffen haben, mit wem sie da eigentlich im Bett liegen, und woher das milliardenschwere philanthropische Engagement ihrer Bündnispartner kommt.

Minderheiten aller Art haben mit Großkapitalisten zumindest dies gemeinsam, dass ihre jeweiligen Interessen mit denen der Mehrheit kollidieren, dafür aber miteinander umso besser harmonieren. Speziell das Interesse an Masseneinwanderung besteht offenbar beiderseitig.

Selbstverständlich ist es legitim, die Interessen von Minderheiten zu vertreten. Ebenso legitim ist es, Kapitalinteressen zu vertreten. Und es ist legitim, beides zugleich zu tun. Sich aber „gemeinwohlorientiert“ zu nennen, wenn man den Interessen von 95 Prozent des Volkes ins Gesicht schlägt — das ist dreist.

Interessant ist nun, wie der „Sachverständigenrat“ argumentiert:

Die Zuwanderungspolitik in Deutschland muss „mit mutigen Konzepten zukunftsfester“ werden.Das forderte der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) heute in Berlin bei der Vorstellung seines zweiten Jahresgutachtens mit dem Titel „Migrationsland 2011“. Das Gutachten analysiert und bewertet Zuwanderung, Ab- bzw. Auswanderung und Migrationspolitik in Deutschland vor internationalem Hintergrund. Dazu wurden erstmals in einem SVR-Migrationsbarometer mehr als 2.450 Personen mit und ohne Migrationshintergrund nach ihren Einschätzungen und Bewertungen von Migration und Migrationspolitik befragt. Im Ergebnis sieht der SVR eine Kluft zwischen erregten publizistischen und politischen Diskursen und durchaus pragmatisch-nüchternen Einschätzungen im Alltag der Bürgergesellschaft. Der SVR-Vorsitzende Prof. Klaus J. Bade fordert daher „ein Ende des Versteckspiels der Politik mit den angeblichen Ängsten der Bevölkerung“.

Man muss dazu wissen, dass nach den vom SVR selbst vorgelegten Befragungsdaten eine Mehrheit die Aufnahme von Flüchtlingen ablehnt, und dass selbst die Einwanderung von Hochqualifizierten immer noch von mehr als einem Drittel der Bevölkerung abgelehnt wird.

Dasselbe Ergebnis wäre, wenn es in einem anderen Zusammenhang erhoben worden wäre, zweifellos als Beleg dafür gwertet worden, dass „rechtsextreme Einbstellungen in der Mitte der Gesellschaft salonfähig sind“. Da es aber hier nicht darum geht, Staatsknete für den Kampf gegen Rechts lockerzumachen, sondern darum, Masseneinwanderung als etwas Erwünschtes darzustellen, dreht man die Bewertung einfach um.

Nun macht der SVR Folgendes: Er erklärt dieses Drittel für nichtexistent („angebliche Ängste der Bevölkerung“) bzw. seine Interessen nicht für beachtenswert, da sie auf „kulturalistischer Kulturpanik“ beruhten. (Das Wort „kulturalistisch“ bzw. „Kulturalismus“ wird man sich merken müssen. Die Ideologieindustrie ist soeben dabei, es ebenso zum Bäh-Wort aufzupumpen wie vordem „rassistisch“ oder auch nur „rechts“.)

Es versteht sich, dass diejenigen, gegen die sich die „kulturalistische Kulturpanik“ richtet, speziell Muslime sind; da die Stiftungen aber gerade den nordafrikanischen Raum als Rekrutierungsgebiet für Einwanderer ausgemacht haben, dürfe die Politik sich auf keinen Fall zu

innenpolitisch und wahltaktisch motivierter kulturalistischer Abwehrhaltungen gegenüber Zuwanderung aus Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung

hinreißen lassen.

Dass es für eine solche Abwehrhaltung sachliche Gründe geben könnte, wird interessanterweise schon gar nicht mehr in Betracht gezogen. Da das Stiftungsunwesen über beste Kontakte in die Politik verfügt, ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass Politiker intern, also im Kontakt mit ihren Souffleuren von den Stiftungen, praktisch niemals solche sachlichen Gründe gegen Einwanderung geltend machen, sondern sich tatsächlich stets nur auf taktische Erwägungen berufen, nach dem Motto, wir würden ja gerne, aber die dummen Wähler …

Schritt 1 von Bades Argumentation ist also: den Widerstand gegen den Massenansturm aus diesen Ländern de-legitimieren.

Schritt 2: Beruhigungspillen verteilen: Selbstverständlich geht es nur um die Einwanderung von Hochqualifizierten, bzw. wie es an einer Stelle bezeichnenderweise heißt, von „(Hoch-)Qualifizierten“. Was schon das erste Indiz dafür ist, dass an die Qualifikation keine besonders hohen Anforderungen gestellt werden sollen.

Die Mehrheit wird zwar der Einwanderung von Ärzten und Ingenieuren zustimmen, allein schon, weil von denen ohnehin nicht so viele kommen werden. Was Bade und die Stiftungen aber brauchen, ist bloß das Alibi für eine ganz anders geartete Politik. Was man uns verspricht, sind die Hochqualifizierten, was man holen wird, sind die bloß irgendwie Qualifizierten, und was kommen wird, sind Alle, die wollen.

Der SVR verbreitet sich zwar wortreich über Mittel, bloß Hochqualifizierte ins Land zu holen, aber an mehr als einer Stelle wird deutlich, was es mit dieser Versprechung auf sich hat. Zum Beispiel dort, wo von „zirkulären Migrationsprogrammen“ die Rede ist, sprich von der Anwerbung von Gastarbeitern. (Das dürften dann wohl eher die nicht ganz so hoch Qualifizierten sein.) Zwar räumt er an anderer Stelle ein, dass die Einwanderer womöglich nicht zurückkehren würden, glaubt aber – d.h. gibt vor zu glauben -, dass ein „Marshallplan für Nordafrika“ dies schon verhindern werde.

(Übrigens spricht er an derselben Stelle auch vom „globalen Migrationsmanagement“. Es ist immer wieder erstaunlich, was diesen Leuten so alles herausrutscht, bzw. was sie in ihrer Verblendung schon gar nicht mehr als skandalös empfinden können. Wir können uns schon einmal darauf einstellen, dass das „globale Migrationsmanagement“ demnächst durch geeignete supranationale Institutionen in die Hand genommen wird, nur im Interesse einer gerechten Lastenverteilung, versteht sich. Den Fall, den wir jetzt haben, nämlich dass Frankreich und Deutschland es ablehnen, sich von Italien Einwanderer aus Nordafrika durchreichen zu lassen, den wird es dann nicht mehr geben. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn der Konflikt zu genau dem Zweck inszeniert worden wäre, einen solchen weiteren Machttransfer zur EU zu legitimieren und vorzubereiten. Mich würde inzwischen in diesem Zusammenhang überhaupt nichts mehr wundern.)

Ganz nebenbei, nachdem er uns Scharen von künftigen Nobelpreisträgern in Aussicht gestellt hat, die über das Mittelmeer zu uns strömen, gibt er zu verstehen, dass das nicht die … na jaaa, also … nicht die ganze Wahrheit ist:

Weil die Grenzen zwischen Flucht- und Wirtschaftswanderungen fließend sind, sollten bei der Flüchtlingsaufnahme in gewissem Umfang auch Interessen des Aufnahmelandes eine Rolle spielen dürfen.

Plötzlich erfahren wir, dass wir es doch mit Flüchtlingen zu tun bekommen werden, und dass die Interessen des Aufnahmelandes, von denen es bis dahin immer geheißen hatte, sie würden gerade durch Einwanderung erfüllt, plötzlich nur noch „in gewissem Umfang … eine Rolle spielen dürfen“.

Das darf nicht auf Kosten humanitärer Verpflichtungen gehen.

Natürlich nicht. Sonst könnte ja womöglich doch noch irgendein Politiker auf die Idee kommen, von den Interessen des eigenen Landes auszugehen.

Bades Vorschläge hängen nicht im luftleeren Raum, sondern entsprechen genau der Politik, die die EU-Kommission tatsächlich treibt. Da muss die interne Abstimmung der globalistischen Seilschaften ja vorzüglich funktioniert haben. Und so schnell! Die Revolution in Nordafrika ist kaum zwei Monate alt, und doch hat die EU-Kommission schon vor Wochen die dazu passenden Konzepte aus dem Ärmel geschüttelt. Wirklich tüchtige Leute, nicht wahr?

Was jetzt ins Werk gesetzt wird, ist die ökonomische Verschmelzung Europas mit Nordafrika. Das Eurabia-Projekt.

NNDB Mapper: ein hochinteressantes Werkzeug

Power Structure Research, also die Aufklärung informeller Machtstrukturen, war in diesem Blog ja schon öfter ein Thema. Ein Leser hat mich jetzt per E-Post auf den NNDB Mapper hingewiesen. Mit diesem Werkzeug lassen sich Beziehungen zwischen Personen übersichtlich darstellen und Personen- und Organisationsnetzwerke abbilden.

Ich habe mir einmal den Spaß gemacht, Strukturen amerikanischer außenpolitischer Denkfabriken und ihrer deutschen Dependancen sichtbar zu machen. Nur als Fingerübung, weit entfernt von wirklicher Forschung. Ich wollte nur ausprobieren (und Euch mitteilen), wie der Mapper funktioniert. Aber auch dies führt schon zu aufschlussreichen Teilergebnissen:

Ich picke mir also mit der Trilateralen Kommission und dem Council on Foreign Relations zwei der zentralen Organisationen heraus, in denen die außenpolitischen Strategien der USA ausgebrütet werden, und mit dem American Council on Germany sowie der American Academy in Berlin zwei einflussreiche Ableger in Deutschland.

Zunächst plaziere ich diese vier Institutionen auf einer leeren Karte. Als ersten Schritt mache ich die Verknüpfungen (Knoten) der American Academy sichtbar. Dabei werden automatisch auch die Verbindungen zu den anderen Institutionen angezeigt. Das Ergebnis findet Ihr, wenn Ihr hier klickt.

Diejenigen Personen, die nur mit der Academy verknüpft sind, habe ich ganz nach außen geschoben, diejenigen, die mit einer weiteren Institution verbunden sind, etwas weiter nach innen, und im Zentrum stehen diejenigen, die mit drei der vier Institutionen verbandelt sind. Der Gedanke dahinter ist der, dass eine Person umso einflussreicher sein dürfte, je mehr Gremien desselben Arbeitsgebiets sie beeinflusst.

Als nächstes öffne ich die Knoten des American Council on Germany und verfahre genauso. Das Ergebnis findet Ihr hier. Nun schält sich die zentrale Gruppe noch etwas deutlicher heraus. Schließlich füge ich noch den German Marshall Fund und das American Institute for Contemporary German Studies hinzu, ohne dass sich am Gesamtbild noch viel ändern würde.

Nichts ist vollkommen, auch dieses wunderbare Spiel … äh, Werkzeug ist es nicht: Man kann zwar Personen hinzufügen, aber, soweit ich das sehen kann, nur für seine eigenen Übersichten; die Informationen werden nicht etwa nach dem Wiki-Prinzip in die NNDB-Datenbank aufgenommen. Das ist schade, weil diese Datenbank stark amerikalastig ist. Selbst die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik ist nicht vertreten, die Atlantikbrücke weist nur eine einzige Verknüpfung auf. Außerdem ist man auf gut visualisierbare Daten angewiesen; eine statistische Auswertung – etwa: Wie groß sind die personellen Schnittmengen zwischen der Trilateralen Kommission und dem Council on Foreign Relations? – ist nicht möglich.

Ungeachtet dessen empfehle ich Jedem, der sich für personelle und organisatorische Verflechtungen interessiert, den Mapper auszuprobieren.

 

 

 

"Rebuilding America's Defenses"

Das Papier „Rebuilding America’s Defenses. Strategy, Forces, and Resources for a New Century“ wurde im September 2000 von einer Gruppe einflussreicher Strategen aus dem Umfeld der sogenannten Neocons vorgelegt und enthielt einen umfangreichen Forderungskatalog zur amerikanischen Verteidigungspolitik. Diesem Papier kommt eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der sicherheitspolitischen Konzeption der Regierung Bush zu. Gerade im Zusammenhang mit unserer jüngsten Debatte über den 11. September ist es daher der Mühe wert, es unter die Lupe zu nehmen.

Nachdem es den Westen im Kalten Krieg zum Sieg geführt hat, steht Amerika vor einer Chance und einer Herausforderung: Haben die Vereinigten Staaten die Vision, auf den Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte aufzubauen? Haben sie die Entschlossenheit, ein neues Jahrhundert zu gestalten, das amerikanischen Prinzipien und Interessen günstig ist?

Wir fordern ein Militär, das stark und bereit ist, sowohl gegenwärtige als auch künftige Herausforderungen anzunehmen: eine Außenpolitik, die kühn und zielstrebig amerikanische Prinzipien in der Welt fördert; und eine nationale Führung, die die globale Verantwortung der Vereinigten Staaten akzeptiert.

[S.2 der PDF-Datei]

Bereits diese wenigen, aber grundlegenden Sätze aus dem Statement of Principles des Projektes enthalten Leitideen, die so nur von amerikanischen Strategen formuliert werden können:

Erstens den Anspruch, das Jahrhundert zu gestalten, also der Welt ihren Stempel aufzudrücken; zweitens die Verknüpfung von „amerikanischen Interessen und Prinzipien“; drittens die Idee der „globalen Verantwortung“, also die Vorstellung, zur „Gestaltung“ der Welt nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet zu sein.

Man hat sich an die amerikanische Hegemonie schon derart gewöhnt, dass kaum noch einem auffällt, welche Ungeheuerlichkeit hier formuliert wird; denn selbstredend wird die Welt nicht danach gefragt, ob sie von den USA gestaltet werden will.

Interessant ist hier die auch im Folgenden häufig wiederholte Formulierung „amerikanische Interessen und Prinzipien“, die offenbar als miteinander verknüpft und einander bedingend aufgefasst werden. Darin drückt sich die von den politischen Eliten Amerikas verinnerlichte Vorstellung aus, dass dem amerikanischen Interesse am besten gedient ist, wenn auch amerikanische Prinzipien weltweit verbreitet werden, speziell also Marktwirtschaft und Demokratie; dass umgekehrt die Verfolgung amerikanischer Interessen sozusagen automatisch auch zur Verwirklichung dieser Prinzipien beiträgt.

Diese Ideologie – denn um eine solche handelt es sich – ist nicht von den Neocons erfunden worden. Sie lässt sich mindestens bis zu Wilsons Projekt zurückführen, „to make the world safe for democracy“, die den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg legitimierte, und sie stellt seitdem einen Grundzug der amerikanischen Außenpolitik dar, seit dem Zweiten Weltkrieg sogar den unangefochtenen Grundzug. Musste Roosevelt sich in den dreißiger Jahren noch mit einer isolationistischen Opposition herumschlagen, die sich aus der völlig zutreffenden Vorstellung speiste, das amerikanische Volk sei 1917 von einer Koalition aus Utopisten und Geschäftemachern in einen Weltkrieg hineingezogen worden, der mit seinen eigenen Interessen nichts zu tun gehabt habe, so spielt dieser Isolationismus seit Pearl Harbor keine Rolle mehr in der US-Außenpolitik.

Dies ist insofern ein erklärungsbedürftiges Phänomen, als der Isolationismus auch heute noch gerade unter konservativen Amerikanern populär ist. Er ist an sich die natürliche Option eines Volkes, das von seiner Regierung eigentlich nur in Ruhe gelassen werden möchte. Dass er trotzdem keine Rolle in der politischen Entscheidungsfindung spielt, zeigt an, wie stark die politischen Eliten sich gegenüber dem eigenen Volk verselbständigt haben.

Wenn ich von einer „Ideologie“ spreche, dann meine ich damit gerade nicht, dass es sich um ein bloß propagandistisches Deckmäntelchen für schnöde materielle Interessen handele. Das Sendungsbewusstsein, der geradezu weltrevolutionäre Anspruch der USA, ist eine politische Kraft aus eigenem Recht. Die Verbindung von Interessen und Prinzipien ist kein Widerspruch; beide bedingen einander.

Vor dem Hintergrund einer solchen Ideologie ist es dann auch konsequent, dass das Strategiepapier nicht etwa von Krisen- und Gefahrenszenarios ausgeht, amerikanische Sicherheitsinteressen also nicht ex negativo definiert. In anderen Ländern würde man Terrorismus, Piraterie, Rohstoffknappheit, Flüchtlingsströme und ähnliches mehr als Gefahren für die nationale Sicherheit einstufen und davon ausgehend die Sicherheitsstrategie entwicklen. Das Papier der Neocons definiert stattdessen positiv einen Zustand, der amerikanischen Sicherheitsinteressen am besten dient:

Momentan stehen die USA keinem globalen Rivalen gegenüber. Amerikas Gesamtstrategie sollte darauf abzielen, diese vorteilhafte Position zu bewahren und sie so weit wie möglich in die Zukunft zu verlängern. (…) [Dies] erfordert globale militärische Vorherrschaft sowohl jetzt als auch in der Zukunft.

[S.8]

Vier Voraussetzungen werden dafür ausgemacht:

  • die Unverwundbarkeit des eigenen Landes,
  • die Fähigkeit, mehrere (mindestens zwei) größere Kriege gleichzeitig zu führen und zu gewinnen,
  • die Fähigkeit, anschließend polizeiliche („constabulary“) Aufgaben zur Sicherung und Befriedung des Krisengebietes zu erfüllen,
  • die umfassende „Transformation“ der US-Streitkräfte, die sich an die Spitze der technologischen Revolution der Kriegführung stellen und damit einen uneinholbaren qualitativen Vorsprung vor jedem denkbaren Gegner sichern sollen.

Die überwältigende Überlegenheit der amerikanischen Streitkräfte soll dabei nicht nur potenzielle Gegner von vornherein abschrecken, sondern auch den Verbündeten die Sicherheit geben, dass die USA niemals durch Überdehnung ihrer Kräfte gezwungen sind, von ihren Sicherheitsgarantien Abstriche zu machen. Es geht also um die Sicherung von Gefolgschaft. Zu den Fähigkeiten, die die Autoren als essenziell ansehen, gehört ausdrücklich auch die Fähigkeit zum regime change.

Kurz gesagt, wird ein Zustand angestrebt, in dem Amerika in der Lage ist, praktisch jedem Land der Welt seinen Willen aufzuzwingen – von Kolossen wie China und Russland einmal abgesehen, und auch die sollen so weit wie möglich in die Schranken gewiesen werden.

Nach Ansicht der Autoren hat die Regierung Clinton die Verteidigungsfähigkeit des Landes sowohl finanziell als auch qualitativ so weit vernachlässigt, dass es nun, im Jahr 2000, erheblicher vor allem finanzieller Anstrengungen bedarf, den von ihnen gewünschten Zustand herbeizuführen und für die Zukunft zu sichern. Ihr Konzept sieht ein Zwei-Phasen-Modell vor: In der ersten Phase („transition“) geht es vor allem um quantitative Aufrüstung auf der Basis der vorhandenen Technologien, bei sachter Modifizierung der strategischen Konzepte, experimenteller Einführung neuer Ideen und intensiver Forschung an Innovationen, in einer zweiten Phase soll auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse und technischen Fähigkeiten ein qualitativer Sprung („transformation“) erfolgen.

In diesem Zusammenhang nun fällt der berüchtigte Satz

Der Prozess der Transformation wird sich wahrscheinlich lang hinziehen, sofern nicht ein katastrophales und beschleunigendes („catalyzing“) Ereignis stattfindet – wie etwa ein neues Pearl Harbor.

[S.63]

So ominös dieser Satz klingt, wenn man ihn vom 11.September her interpretiert, so wenig gibt doch der Kontext einen Hinweis darauf, das ein solches neues Pearl Harbor in diesem Papier als ein irgendwie hilfreiches oder gar wünschenswertes Ereignis beschrieben würde. Es ist nicht etwa so, dass diese Verzögerung der Transformation als problematisch dargestellt würde; das Papier suggeriert nicht, man befinde sich hier im Wettlauf mit der Zeit, und deshalb müsse die Transformation so weit wie möglich beschleunigt werden. Die lange Dauer der Veränderung wird einfach als ein Faktum konstatiert, das aber die vorgeschlagene Strategie nicht in Frage stellt.

Insofern lässt sich aus dem Papier nicht mehr herauslesen als das, was man ohnehin schon wusste, nämlich dass es innerhalb der Regierung Bush eine mächtige Fraktion gab, die von Anfang an auf eine ausgreifende, imperiale Außenpolitik drängte und zu diesem Zweck eine drastische Ausweitung des Militärbudgets forderte. Dass die Ereignisse des 11. September dieser Fraktion überwältigend starke Argumente lieferten, liegt auf der Hand – aber als smoking gun taugt das Papier nicht.

Was für ein Friedensprozess, Frau Bundeskanzlerin?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sofern es Ihre Absicht war, am Montag einen bVDfI-Tag einzugelegen (bVDfI=besondere Verantwortung Deutschlands für Israel), muss ich Ihnen leider bescheinigen, dass Sie bestenfalls die besondere Verblödung westlicher Politiker in Nahostfragen zur Schau gestellt haben.

Sie haben also Angst, durch israelische Baumaßnahmen in Jerusalem „der gesamte Friedensprozess wieder gestört wird“. Gestatten Sie mir den Hinweis, dass es so etwas wie einen „Friedensprozess“ nicht gibt. Ein Friedensprozess, sofern er mehr sein soll als nur eine Gelegenheit zur Selbstinszenierung von zweitklassigen Profilneurotikern aus Europa, setzt die Bereitschaft beider Seiten voraus, die friedliche Koexistenz eines jüdischen mit einem arabischen Staat als Ziel anzustreben – was Israel längst akzeptiert und aktiv versucht hat. Damit ist weder Terrorismus vereinbar noch die Rückkehr der sogenannten Flüchtlinge (oder vielmehr die von deren Nachkommen, deren Bevölkerungsexplosion mit UN-Mitteln systematisch finanziert wurde) nach Israel. Letzteres wäre nichts anderes als das Projekt der ethnischen Unterwanderung Israels und seiner Verwandlung in einen arabisch-muslimischen Staat.

(Mir ist natürlich klar, dass Ihnen nicht einleuchtet, wo hier das Problem liegen soll. Wer – wie Sie – nichts dagegen hat und sogar fördert, dass das eigene Volk von muslimischen Immigranten unterwandert, ruiniert und – darauf wird es am Ende hinauslaufen – im eigenen Land als Volk von Untermenschen unterdrückt werden wird, grübelt wahrscheinlich den ganzen Tag darüber nach, warum die Israelis diesem leuchtenden Vorbild nicht folgen? Nun, vielleicht hängt es damit zusammmen, dass die Juden uns gewisse Erfahrungen voraushaben, die sie nicht wiederholen möchten, die uns aber aufgrund Ihrer göttlichen Politik noch bevorstehen, und dass sie nicht mit jenem masochistischen Selbstbestrafungskomplex geschlagen sind, der unser Volk, aber auch die anderen Völker des Westens, zugrunde richten wird.)

Was nun den Friedensprozess angeht, so wird der so lange nicht stattfinden, wie die Palästinenser glauben, sie könnten Israel – durch Terror, durch Isolation oder durch Unterwanderung – zerstören. Erst, wenn ihnen klar (gemacht) wird, dass dies eine Illusion ist, und dass die Zeit gegen sie arbeitet, nicht für sie, erst dann kann ein Friedensprozess beginnen, der diesen Namen verdient.

Wenn Sie also durchaus den Ehrgeiz haben, sich im Nahen Osten als Friedenstifterin zu betätigen (wozu Sie freilich schon deshalb nicht qualifiziert sind, weil Ihr Geschichtsbild sich wesentlich aus dümmlichen Klischees zusammensetzt und vermutlich zur Hälfte aus FDJ-Schulungen stammt, und weil der Geist der Servilität gegenüber der jeweiligen Vormacht, den Sie anscheinend aus der DDR mitgenommen haben, sich heute in einer Art Merkeldoktrin niederschlägt, wonach Deutschland jede Wendung der USA mitmachen müsse), wenn Sie also zum Frieden in Nahost wirklich beitragen wollen, dann gewiss nicht dadurch, dass Sie Israel unter Druck setzen, Konzessionen allein schon dafür zu machen, dass die Gegenseite sich zu „indirekten Verhandlungen“ herbeilässt (Wie hoch wird erst der Preis sein, den sie für direkte Verhandlungen fordern werden?), sondern dann gibt es dazu nur einen Weg, nämlich sich hinter Israel zu stellen und die westlichen Verbündeten aufzufordern, es einem gleichzutun. Nur dann – wenn überhaupt – werden die Palästinenser sich ihren monströsen Traum, die Juden ins Meer zu jagen, aus dem Kopf schlagen. (Und je mehr die Israelis im Westjordanland und in Ost-Jerusalem bauen, desto schneller wird die Gegenseite lernen, dass ihr die Zeit davonläuft.)

Sie müssen das selbstverständlich nicht tun. Nur unterlassen Sie dann bitte auch Ihr peinliches sentimentales Geschwätz von der „besonderen Verantwortung“. Die Kluft zwischen Reden und Handeln schadet unserem Land nämlich viel mehr, als wenn sie einfach Ihren Mund halten würden.

Das Hauptproblem

Es gibt tatsächlich Menschen,

… die das Wiedererstarken deutscher Großmachtbestrebungen auf wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet kontinuierlich beobachten, … die kritische Berichterstattung über hegemoniale Taktiken und Strategien des vereinigten Deutschland einem internationalen Leserkreis … eröffnen(http://www.german-foreign-policy.com/de/info/)

Wahrscheinlich haben sie sonst keine Probleme.

Demgemäß alarmiert ist man in diesen Kreisen über eine Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik, deren Inhalt wenigstens auf diesem Wege dem interessierten Publikum zur Kenntnis gelangt. Es ist eben niemand völlig unnütz.

In besagtem Bericht wird festgestellt, dass Großbritannien seine Kräfte bei dem Versuch überdehnt hat, als weltweit operierende Großmacht auf Augenhöhe mit den USA zu operieren – was niemanden wirklich überraschen kann – weil die dafür nötigen Militärausgaben auf die Dauer ein Land dieser Größe überfordern (und der Versuch, als Trittbrettfahrer der USA einen Rest an Empire-Herrlichkeit aufrechtzuerhalten, spätestens seit jenem Tag als gescheitert gelten muss, an dem Donald Rumsfeld die Teilnehmer an der „Koalition der Willigen“ aufzählte: Es dürfte das erste, aber nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die einst unangefochtene Weltmacht Großbritannien von dem Verteidigungsminister ihrer eigenen ehemaligen Kolonie in einem Atemzug mit Honduras und den Marshall-Inseln genannt wurde).

Man geht bei der SWP davon aus, dass andere Mächte in Zukunft für die USA als Bündnispartner wichtiger sein werden, während umgekehrt Großbritannien wohl oder übel stärker im Verbund mit europäischen Partnern wird agieren müssen, um weiterhin Einfluss auszuüben.

Das alles ist eine nicht originelle, aber saubere Analyse. Originell ist, was daraus wird, wenn man es durch die antideutsche Brille liest und eine stärkere EU-Prientierung Großbritanniens als

eine Stärkung der deutsch-europäischen Militärpolitik

interpretiert. Und weiter:

Die Berliner Prognosen sind monokausal und lassen das Wechselverhältnis zwischen Staaten ähnlicher Interessenlage außer acht. Nicht zum ersten Mal in seiner Geschichte befindet sich Großbritannien in einer Schwächephase, aber kann auf Verbündete hoffen: Als die wirtschaftlichen Fähigkeiten der imperialen Großmacht vor 70 Jahren nicht auszureichen schienen, kamen London die USA zur Hilfe. Gemeinsamer Gegner war das Großdeutsche Reich, das den Zweiten Weltkrieg vom Zaune brach. Unter völlig veränderten militärischen Verhältnissen wiederholt sich die damalige Kräftekonstellation: Erneut fordert Berlin zum Kräftemessen heraus, dieses Mal ökonomisch.

Sehen wir einmal davon ab, dass Großbritannien dieses ökonomische Kräftemessen bereits 1958 verloren hat, und zwar gegen Westdeutschland alleine: Natürlich könnte man das witzig finden, dass manche Leute in dieser völlig knieweichen Bundesrepublik, in der die Feigheit Staatsräson ist, ein potenzielles Viertes Reich sehen. Weniger witzig ist, dass es in Deutschland Menschen gibt, die es offenbar gar nicht erwarten können, die USA gegen Deutschland in Stellung zu bringen (was sonst sollte denn die Parallelisierung heutiger Wirtschaftskonkurrenz mit dem Zweiten Weltkrieg?), und die offenbar ganz genau wissen, wie man deutschfeindliche angelsächsische Feindbilder bedient.

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