Mein Abschied vom „Counterjihad“

Diejenigen, die schon länger hier mitlesen, erinnern sich wahrscheinlich noch, dass ich Ende 2008 den Blog „Counterjihad“ gegründet habe, in dem ich zunächst deutsche Übersetzungen der Artikel des norwegischen Essayisten Fjordman einstellte. Ich hoffte damals, Zeit genug zu finden, um weitere wichtige Artikel aus der englischsprchigen Blogosphäre zu übersetzen und dort zu veröffentlichen.

Nun, daraus wurde leider nichts; diese Zeit hatte ich einfach nicht, und so wäre der „Counterjihad“ wahrscheinlich sanft entschlummert, wenn nicht Andere sich seiner angenommen hätten, Thatcher, Kairos und Before Dawn zum Beispiel. Vor allem aber Deep Roots hat das Projekt mit großem Engagement und dem sprichwörtlichem Bienenfleiß zu dem gemacht, was es heute ist, nämlich zu einer in ihrer Art einzigartigen Informationsplattform für Jeden, der sich für die Themen der rechten englischsprachigen Blogosphäre interessiert, aber nicht die Zeit hat, Dutzende britischer und amerikanischer Blogs zu sichten, und lieber Deutsch als Englisch liest.

Da ich selbst dazu nicht allzuviel beigetragen hatte, hatte ich das schlechte Gewissen einer Rabenmutter, die ihr Kind von den Kindermädchen großziehen lässt.

Dies war der eine Grund, warum ich mich schon vor einiger Zeit, und zwar  in aller Freundschaft, vom „Counterjihad“ verabschiedet und den Blog Deep Roots übergeben habe. Der andere Grund war, dass der „Counterjihad“ naturgemäß stark die Handschrift von Deep Roots trägt, und dass diesem nun einmal andere Themen am Herzen liegen als mir: Deep Roots hat das ursprüngliche Kernthema „Islamkritik“ stark um andere Themen erweitert, z.B. um Rassenfragen. Nun finde ich es völlig legitim, sich auch mit solchen Themen zu beschäftigen, zumal wenn es auf dem hohen Niveau tut wie meist der Counterjihad; ich halte nichts von der tantenhaften Ängstlichkeit, mit der solche Fragen gerade in Deutschland behandelt – und vor allem: nicht behandelt – werden, und was immer man von Amerika und den Amerikanern halten mag: Was Freedom of Speech bedeuten kann, kann man in der dortigen Blogosphäre allemal eher lernen als in der hiesigen, die in einem engen Laufställchen herumtappst, dessen Wände aus Tabus bestehen.

Dennoch sind diese Themen eben nicht meine Themen. Speziell die Häufigkeit und Schärfe, mit der der Counterjihad das Judentum kritisiert, ist aus meiner Sicht unangemessen. Ich finde zwar, dass es möglich sein muss, diese Kritik zu üben, und ich bin weit davon entfernt, sie moralisch als etwas „Böses“ zu verurteilen. Aber ich teile sie eben nicht, ich kann mich damit nicht identifizieren, und ich möchte vor allem nicht damit identifiziert werden.

Der „Counterjihad“ hat sich jetzt in „As der Schwerter“ umbenannt, um die Akzentverschiebung zum Ausdruck zu bringen. Für mich ist dies der Anlass, öffentlich klarzustellen, dass ich für die Inhalte des Blogs schon seit einiger Zeit nicht mehr verantwortlich bin.

Dies ist keine Distanzierung, nur die Klarstellung, dass das Küken „Counterjihad“, jetzt „As der Schwerter“, längst flügge geworden ist und fliegt, wohin es will. Ich wünsche viel Glück und Erfolg, und verflieg Dich nicht!

Wer kontrolliert Hollywood?

… fragt Deep Roots im Counterjihad und fährt fort:

Eine häufig geäußerte Antwort auf diese Frage wird gerne als “antisemitische Verschwörungstheorie” abgetan. Ich möchte dazu Joel Stein das Wort erteilen, der gleich im ersten Absatz seines am 19. Dezember 2008 in der „Los Angeles Times“ erschienenen Artikels Who runs Hollywood? C’mon die Amerikaner wegen ihrer Gutgläubigkeit gegenüber jüdischer PR verhöhnt:

In meinem Leben hat mich noch keine Umfrage so bestürzt. Nur 22% der Amerikaner glauben jetzt, “daß die Film- und Fernsehindustrie sehr von Juden betrieben wird“, im Gegensatz zu nahezu 50% im Jahr 1964. Die Anti-Defamation League, die die Umfrageergebnisse im letzten Monat veröffentlichte, sieht in diesen Zahlen einen Sieg gegen Stereotype. Tatsächlich zeigt sie nur, wie dumm Amerika geworden ist. Juden führen Hollywood total.

Wie zutiefst jüdisch ist Hollywood? Als die Studiobosse vor ein paar Wochen eine ganzseitige Anzeige in der „Los Angeles Time“ herausbrachten, in der sie forderten, daß die Screen Actors Guild [SAG, Schauspielergewerkschaft, d. Ü.] ihren Vertrag abschließt, war der offene Brief unterzeichnet von: Peter Chernin, Präsident von News Corp. (Jude), Brad Grey, Vorsitzender von Paramount Pictures (Jude), Robert Iger, Generaldirektor von Walt Disney Co. (Jude), Michael Lynton, Vorsitzender von Sony Pictures (Überraschung, holländischer Jude), Barry Meyer, Vorsitzender von Warner Bros. (Jude), Generaldirektor Leslie Moonves von CBS Corp. (so jüdisch, daß sein Großonkel der erste Premierminister von Israel war), MGM-Vorsitzender Harry Sloan (Jude) und Jeff Zucker, Generaldirektor von NBC Universal (mega-jüdisch). Wenn noch einer der Weinstein-Brüder unterzeichnet hätte, dann hätte diese Gruppe nicht nur die Macht, die ganze Filmproduktion stillzulegen, sondern auch noch ein Minyan zu bilden mit genug Fiji-Wasser zur Hand, um eine Mikvah zu füllen.

Die Person die sie in dieser Anzeige anschrien, war SAG-Präsident Alan Rosenberg (raten Sie mal). Die beißende Erwiderung auf diese Anzeige wurde von Entertainment-Superagent Ari Emanuel (Jude mit israelischen Eltern [und Bruder von Rahm Emanuel, dem Stabschef von Präsident Obama; d. Ü.]) in der „Huffington Post“ geschrieben, die Arianna Huffington gehört (keine Jüdin, und hat nie in Hollywood gearbeitet.)

Die Juden sind so dominant, daß ich die Branchenverzeichnisse durchstöbern mußte, um sechs Nichtjuden in hohen Positionen bei Unterhaltungsfirmen aufzutreiben. Als ich sie anrief, um mich mit ihnen über ihre unglaubliche Leistung zu unterhalten, weigerten sich fünf von ihnen, mit mir zu reden, anscheinend aus Angst, die Juden zu beleidigen. Der sechste, AMC-Präsident Charlie Collier, stellte sich als Jude heraus.

Als stolzer Jude möchte ich, daß Amerika weiß, was wir vollbracht haben. Ja, wir kontrollieren Hollywood. Ohne uns würden Sie den ganzen Tag zwischen „The 700 Club“ und „Davey and Goliath“ hin- und herschalten.

Der Stolz ist verständlich und berechtigt. Es ist schmeichelhaft, die Angehörigen der eigenen Gruppe in einem Metier erfolgreich zu sehen, das in besonderem Maße Intelligenz und Kreativität voraussetzt, und auch hier in Deutschland nährt sich das, was an Nationalstolz noch vorhanden ist, nicht zuletzt aus der Tatsache, dass deutsche Komponisten mindestens dreihundert Jahre lang die Musik für die ganze Welt geschrieben haben, und dass der Rang von Deutschen in der Philosophie dem der Alten Griechen gleichkommt. Der Abstieg Deutschlands lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass es immer weniger geistig kreative Bereiche gibt, in denen wir noch führend sind.

Freilich trifft die wahre Behauptung, dass Juden in der amerikanischen Filmindustrie führend sind, auf einen ganz anderen ideologischen Hintergrund und wirft daher ganz andere Probleme auf als die entsprechende Feststellung im Hinlick auf deutsche Künstler, Philosophen und Wissenschaftler. Niemand wäre je auf die Idee gekommen, Beethoven und Bach als Agenten einer „deutschen Weltverschwörung“ zu betrachten, während es durchaus Menschen gibt, die zum Beispiel die Popmusik für eine ethnopolitisch motivierte jüdische Erfindung halten.

Dementsprechend dürften sich nur wenige Juden für Steins Idee begeistern, mit einer PR-Kampagne den Einfluss von Juden auf die amerikanische Unterhaltungsindustrie noch hervorzuheben:

Ich habe den ADL[Anti Defamation League]-Vorsitzenden Abe Foxman angerufen … . Er lehnte meinen ganzen Vorschlag ab und sagte, daß die Zahl der Leute, die glauben, daß die Juden Hollywood führen, immer noch zu hoch sei. Die Umfrage der ADL, betonte er, zeigte, daß 59 % der Amerikaner denken, daß die Führungsleute von Hollywood „die religiösen und moralischen Werte der meisten Amerikaner nicht teilen“ und daß 43 % denken, daß die Unterhaltungsindustrie eine organisierte Kampagne “zur Schwächung des Einflusses religiöser Werte in diesem Land” führen.

Das ist ein böswilliges Gerücht, sagte Foxman. „Es bedeutet, daß sie glauben, Juden würden sich Freitag morgens bei Canter’s Deli treffen, um zu entscheiden, was für die Juden am besten ist.“ (…)

„Das ist eine sehr gefährliche Phrase, ‘Juden kontrollieren Hollywood.’ Wahr ist, daß es eine Menge Juden in Hollywood gibt,“ sagte er. Statt „kontrollieren“ würde Foxman vorziehen, wenn die Leute sagen, daß viele Führungskräfte in der Industrie “zufällig Juden sind“, wie z. B. „alle acht großen Filmstudios werden von Männern geführt, die zufällig Juden sind.“

Aber Foxman sagte, daß er stolz sei auf die Errungenschaften amerikanischer Juden. „Ich denke, die Juden sind in der kreativen Industrie überproportional vertreten. Sie sind unter den Anwälten und wahrscheinlich in der Medizin hier ebenfalls überrepräsentiert,“ sagte er. Er meint, daß das nicht hieße, daß Juden pro-jüdische Filme machen, genausowenig, wie sie pro-jüdische Chirurgie betreiben.

Foxman sieht, und dies leider völlig realistisch, dass es in westlichen Gesellschaften eine latente Bereitschaft gibt, Juden jeglichen Erfolg zum Vorwurf zu machen und ihnen zu unterstellen, sie würden insgeheim jüdische Partikularinteressen verfolgen – während die Dominanz deutscher Komponisten und Philosophen oder auch die Geschmacksdiktatur italienischer und französischer (also katholischer) Modedesigner nie zu vergleichbaren Unterstellungen Anlass gab.

Wie gesagt: Diese Befürchtung ist alles andere als ein Hirngespinst, und die instinktive Reaktion „Am besten, man redet gar nicht darüber“ ist, wenn man fair ist (also bereit, sich in die Lage des Betroffenen zu versetzen), ohne Weiteres nachvollziehbar. Das bedeutet aber keineswegs, dass man sie sich zu Eigen machen müsste.

Deep Roots übersetzt und zitiert im selben Artikel weiter einen Text von Dennis Mangan:

Oliver Stone hatte in einem Interview mit der “Sunday Times of London” auf die Frage, warum es “einen solchen Fokus auf den Holocaust” gebe, geantwortet: “Wegen der jüdischen Dominanz der Medien”.

Abraham Foxman, der Direktor der Anti-Defamation League (ADL) [also derselbe Foxman, der oben seinen Stolz auf die starke Stellung von Juden in Hollywood geäußert hat, M.], sagte darauf: „Oliver Stone hat wieder einmal sein verschwörungstheoretisches Gesicht gezeigt mit seinen Kommentaren über die ‘jüdische Beherrschung der Medien’ und Kontrolle über die US-Außenpolitik. Seine Worte beschwören einige der stereotypischsten und verschwörerischsten Vorstellungen über ungebührliche jüdische Macht und Einfluß herauf.“

Das über ihn hereinbrechende Kesseltreiben zwang Stone zu einem Widerruf, der in Stil und Inhalt an entsprechende Selbsterniedrigungen in „sozialistischer Selbstkritik“ erinnert. Dabei hatte er kaum mehr als eine Selbstverständlichkeit geäußert:

Es ist doch nur naheliegend und nur menschlich, dass Filmproduzenten bei der Auswahl von Stoffen vor allem solche Geschichten für erzählenswert halten, die sie selber interessieren, und niemanden kann es überraschen, dass jüdischen Filmproduzenten das Thema „Holocaust“ wichtig ist; es wäre eher merkwürdig, wenn es anders wäre. Wer solche Zusammenhänge benennt und hinterfragt, muss deshalb noch lange nicht an eine jüdische Weltverschwörung glauben.

Womit wir bei der Kehrseite des Problems wären: Ja, es gibt weitverbreiteten Antisemitismus; ja, es gibt Menschen, denen jeder Vorwand recht ist, den Juden am Zeug zu flicken; ja, es wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um Juden geht; und nein, die Juden bilden sich das nicht ein.

Es kann aber in einer offenen Gesellschaft nicht sein, dass die Interessen und Ideologien, die ihrer Ideologie-Industrie zugrundeliegen, nicht benannt und offen diskutiert werden können. So versteht es sich von selbst, dass die Macht von Zeitungs- und Fernsehzaren (unter denen übrigens, anders als die antisemitische Legende will, nur sehr wenige Juden sind) kritisch beleuchtet wird. Dasselbe gilt für die Art, wie Regierungen und Interessengruppen, Werbekunden und PR-Unternehmen ihren Einfluss geltend machen. Dieselbe Art von Kritik muss auch Hollywood sich gefallen lassen.

Es stimmt einfach nicht, dass die Zugehörigkeit zu einem Kollektiv – einem Volk, einer Nation, einer Religionsgemeinschaft – keinen Einfluss auf das eigene Weltbild und die eigenen Wertvorstellungen hätte. Amerikanische Juden vertreten tatsächlich andere Wertvorstellungen als der Durchschnittsamerikaner. Sie würden sonst nicht mit bis zu achtzig Prozent die Demokraten wählen.

Jene oben zitierten 59 % der Amerikaner, die denken,

daß die Führungsleute von Hollywood „die religiösen und moralischen Werte der meisten Amerikaner nicht teilen“,

dürften also durchaus richtig liegen. Selbstverständlich gibt es auch in Amerika Juden mit prononciert konservativen politischen Ansichten. Sie sind aber innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft deutlich in der Minderheit – einer Minderheit, deren Angehörige ich nicht ausgerechnet in Hollywood suchen würde.

Wenn die amerikanische Filmindustrie daher zunehmend Filme mit antiweißer, antiwestlicher und christenfeindlicher Tendenz hervorbringt (Ich verweise auf die Artikel „Avatar“ und „Die Entführung Jesu“), so besteht zwar kein unmittelbarer, wohl aber – vermittelt über ihre liberale politische Ideologie – ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der politischen Tendenz dieser Filme und der Tatsache, dass die Verantwortlichen Juden sind. Dies zu sagen, hat per se nichts mit Antisemitismus zu tun. Es ist schlicht die Wahrheit.

[Anm.: Der drittletzte Satz lautete ursprünglich: „…Zusammenhang zwischen der politischen Tendenz dieser Filme und dem jüdischen Glauben der Verantwortlichen.“ Diese Formulierung habe ich geändert, weil sie missverständlicherweise so aufgefasst werden kann, als hätte ich die Inhalte des jüdischen Glaubens mit linker Ideologie in kausale Verbindung bringen wollen. Dies war hier aber nicht gemeint.]

Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik

Chaim Noll schreibt auf der Achse des Guten über den Neuen Antisemitismus unter anderem dies:

„Im Grunde sind dies die beiden wichtigsten judenfeindlichen Stereotype der europäischen Linken bis heute. Erstens: Judentum als tragende Komponente einer sozial ungerechten kapitalistischen Ordnung – analog der Staat Israel als „Vorposten“ eines westlichen Imperialismus gegen seine zu Opfern stilisierten islamischen Nachbarn. Zweitens: Judentum als reaktionäres, den Forschritt hemmendes Potential, vor allem wegen seiner traditionalistisch-historischen, gesetzesbetonten Orientierung. Die geballte Aversion linker Judengegner gilt daher religiösen Juden, etwa den Siedlern in der Westbank. Sie sind für viele europäische Linke die Schuldigen am Nicht-Zustandekommen eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten, wenn nicht gar des Weltfriedens. Mehr noch: ein Symbol des Reaktionären, Fortschritt und Frieden Hemmenden schlechthin. Religiöse Juden verkörpern am sichtbarsten eine im jüdischen Volk gewachsene Neigung zu spiritueller Introvertiertheit und historisch motiviertem Nationalismus – gleichfalls mit linker Weltsicht unvereinbare Positionen.“

Den ganzen Artikel lesen: Die Achse des Guten: Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik.

Antisemitismus und totalitäre Ideologie

Ich glaube, man macht sich zu wenig bewusst, dass Toleranz eine höchst unwahrscheinliche zivilisatorische Errungenschaft ist. Sie setzt schließlich nicht mehr und nicht weniger als die Fähigkeit voraus, sich vorzustellen, dass der Andersdenkende oder Andersgläubige im Recht sein könnte. Eine solche Reflexionsleistung ist dem Menschen so wenig angeboren wie die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben, und sie gehört auch nicht zu der Sorte Kulturleistungen, die man von einem gewissen Entwicklungsniveau an als selbstverständlich unterstellen kann.

Es ist bemerkenswert und bezeichnend, dass die drei totalitären Strömungen unserer Zeit, nämlich der Linksextremismus, der Neonazismus und der politische Islam bei allen sonstigen Unterschieden dasselbe Feindbild „Jude“ pflegen, und wenn auch die Neonazis es rassistisch, die Islamisten religiös und die Linken politisch (Israel) begründen, so handelt es sich dabei erkennbar bloß um unterschiedliche ideologische Rationalisierungen ein und desselben elementaren Hasses.

Ich behaupte, dass dieser Hass genau der Errungenschaft gilt, die den Kern unserer westlichen Zivilisation ausmacht: der Toleranz; der Fähigkeit zur Selbstkritik; der Bereitschaft, sich selbst mit den Augen des Anderen zu sehen. Und diese Errungenschaft wird von ihren Feinden völlig zu Recht als die große zentrale Leistung des Judentums angesehen.

Wenn es nämlich ein Thema gibt, das wie ein roter Faden das gesamte Alte Testament durchzieht, dann ist es die Selbstkritik, ja Selbstanklage des Volkes Israel, den moralischen Ansprüchen Gottes nicht gerecht geworden zu sein. Der stets scheiternde und stets zu erneuernde Versuch, sich selbst mit den Augen Gottes zu sehen und Seinen Maßstäben gerecht zu werden ist elementarer Bestandteil jüdischer Ethik. Es ist dieselbe Ethik, die, vermittelt durch das Christentum, zur Grundlage der westlichen Gesellschaften wurde. Wenn wir Toleranz heute als eine Tugend ansehen, so ist diese Ethik der Grund dafür.

Wenn wir zudem in westlichen Gesellschaften das menschliche Leben als etwas Heiliges ansehen, als etwas, das unter keinen Umständen zum bloßen Mittel für etwas angeblich Höheres herabgewürdigt werden darf, so drückt sich darin die fortdauernde Wirkung des Verbots des Menschenopfers aus, und auch dieses Verbot ist eine genuin jüdische Errungenschaft, die vom Christentum übernommen wurde.

Für totalitäre Bewegungen ist beides – die Toleranz und die Heiligkeit des Lebens – ein rotes Tuch. Totalitäre Ideologie beruht ja gerade darauf, sich selbst absolut zu setzen und der angeblich so erhabenen „Sache“ notfalls auch Millionen von Menschen zu opfern. Totalitäre Ideologien sind heidnische Kulte, die man als solche gerade daran erkennt, dass sie das Menschenopfer zum Ideal erheben, und die deswegen im Judentum instinktiv ihren Feind sehen. Der Hass, der den Juden gilt, und der Hass, der der freiheitlichen, individualistischen Gesellschaft des Westens gilt, ist ein und dasselbe.

Nun wird mancher, vor allem wenn er sonst diesen Blog nicht liest, fragen, was denn der Islam in diesem Zusammenhang zu suchen hat. Hat denn nicht der Islam in derselben Weise wie das Christentum die Grundwerte der jüdischen Ethik in sich aufgenommen? Und muss man nicht deswegen ganz scharf trennen zwischen der ehrwürdigen Weltreligion „Islam“ und ihrem totalitären Zerrbild „Islamismus“?

Die Antwort lautet:

Nein.

Der Islam hat vieles aus dem Judentum übernommen – um das böse Wort „abgekupfert“ zu vermeiden. Das Ethos der Selbstkritik aber und das Ethos der Heiligkeit des Lebens – das hat der Prophet Mohammed nicht nur nicht übernommen: Er hat es vielmehr explizit abgelehnt und den Juden einen Strick daraus gedreht, dass sie dieses Ethos überhaupt haben. Der Koran wertet die alttestamentlichen Selbstanklagen des jüdischen Volkes nämlich als Beweise für dessen Minderwertigkeit und hebt ausdrücklich und im Kontrast dazu hervor, die Muslime seien „die beste Gemeinschaft, die je für Menschen erstand“. Dass Juden das Leben heiligen – und auch am Leben hängen – wird im Koran explizit als Beweis gewertet, dass sie ob ihrer moralischen Verdorbenheit das Strafgericht Allahs zu fürchten hätten. Und dass der Kampf und das Töten und das Sterben für Allah – mit einem Wort: das Menschenopfer – die höchsten Ziele eines erfüllten muslimischen Lebens sind: Das wird dutzendfach wiederholt, und dies nicht nur im Koran selbst, sondern auch in der Prophetenüberlieferung. [Wer es genauer wissen möchte, dem empfehle ich die Themenanalyse über den medinensischen Koran, Kap. III.2 von „Das Dschihadsystem“. M., 20.01.2011]

Wir brauchen uns also nicht zu wundern, wenn Neonazis, Moslems und Linke gleichermaßen dem Antisemitismus frönen und dabei bemerkenswert wenig Berührungsängste einander gegenüber zeigen – so wenig, wie wir uns über den Hitler-Stalin-Pakt wundern müssen. Die Ideologie der totalitären Menschenverachtung ist ihnen gemeinsam; höchstens die Akzente werden unterschiedlich gesetzt.

Ähnlich argumentieren Hans-Peter Raddatz und Gunnar Heinsohn.

Nicht gerade elegant geschrieben und daher schwer verdaulich, dennoch lesenswert:

Hans-Peter Raddatz: Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus. Buchcover
Hans-Peter Raddatz: Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus.


Hans-Peter Raddatz: Allah und die Juden


Leider nur noch antiquarisch zu bekommen, wenn überhaupt:

Gunnar Heinsohn: Warum Auschwitz? Hitlers Plan und die Ratlosigkeit der Nachwelt.

Du sollst Christentum und Judentum hassen

von Fjordman

(Original vom 23. Oktober 2006: Thou Shalt Hate Christianity and Judaism; Übersetzung von Eisvogel) 

Als nicht-religiöser Mensch, der aber dennoch den Einfluss jüdisch-christlichen Denkens auf die westliche Kultur anerkennt und respektiert, habe ich schon oft vor naivem christlichem Mitgefühl im Zusammenhang mit moslemischer Einwanderung gewarnt. Ebenso habe ich vor der beunruhigenden Tendenz allzu vieler christlicher Vereinigungen gewarnt, sich mit Moslems “für religiöse Werte” und gegen Israel zu verbünden. Aber offen gestanden findet man die nützlichsten Verbündeten, die Moslems im Westen haben, in der breiten Masse der Nicht-Religiösen.

Einige Verantwortliche und Fernsehstars der British Broadcasting Corporation haben zugegeben, was Kritiker bereits wussten: Die BBC wird von linksgerichteten Liberalen dominiert, die antiamerikanisch eingestellt und gegenüber dem Christentum voreingenommen sind, aber Sensibilität für die Gefühle von Moslems zeigen. Der frühere BBC-Redakteur Jeff Randall sagte, er habe sich an sehr hoher Stelle über die pro-multikulturelle Einstellung der BBC beklagt und darauf die Antwort erhalten: “Die BBC ist nicht neutral in Sachen Multikulturalismus: sie glaubt daran und wirbt dafür.”

Das anti-christliche Element scheint ein Merkmal zu sein, das alle Multikulturalisten in westlichen Ländern gemeinsam haben. Thomas Hylland Eriksen ist Professor für Soziale Anthropologie an der Universität Oslo. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben und veröffentlicht regelmäßg Essays in Zeitungen. Er hat auch den Vorsitz über ein großes Projekt inne, das sich mit der Erforschung der multikulturellen Gesellschaft in Norwegen befasst.

Hylland Eriksen hat den Tod der Nationen proklamiert, als ob es ihm Vergnügen bereiten würde, und hat festgestellt, dass die Nidaros Kathedrale (Nidarosdomen), die bedeutendste Kirche des Landes, nicht mehr als Nationalsymbol unserer multikulturellen Gesellschaft dienen sollte. Herr Eriksen ist kürzlich mit zwei Brüdern namens Anfindsen zusammengestoßen, die die zweisprache Website HonestThinking.org betreiben.

(Hier geht es weiter…)

Noch ein paar Gedanken zu: Christentum, „Islamophobie“, Antisemitismus

Den Anstoß zu diesem Beitrag gab Ruth, die in ihrem Blog die Neigung mancher Juden kritisiert, den Antisemitismus durch Entgegenkommen gegenüber fremden Erwartungen beschwichtigen zu wollen:

„Juden/Israelis wurde und wird regelmaessig vorgeworfen, beschraenkte, juedische Sonderinteressen zu verfolgen. Eine Reaktion darauf war und ist, dass Juden/Israelis das Gegenteil unter Beweis stellen wollen, indem sie ostentativ die Interessen anderer vertreten und/oder juedische/israelische Interessen nicht vertreten.“

Sie führt als Beispiel das Verhalten von jüdischen Hollywood-Produzenten an, die vor dem Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg auf Anti-Nazi-Filme verzichteten, um sich nicht den Vorwurf zuzuziehen, jüdische Sonderinteressen zu verfolgen. Das Muster kommt immer wieder vor: Die schärfsten Israel-Kritiker sind nicht selten selbst Juden (Chomsky, Avnery).

In Anknüpfung an Ruths, wie ich finde, zutreffende Kritik, entwickele ich hier einige Gedanken zur Anatomie des Antisemitismus, aus denen nicht nur hervorgeht, warum eine Politik der Beschwichtigung gegenüber dem Antisemitismus zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch, was das für die Haltung gegenüber dem Islam bedeutet:

Wenn ein europäischer oder amerikanischer Christ sagt, wir müssten Israel unterstützen um der Selbstbehauptung der Demokratie willen, oder wenn er aus demselben Grund vor siebzig Jahren sagte, „Wir müssen die Nazis bekämpfen“, dann wird ihm sein Publikum zustimmen oder auch nicht, aber niemand wird bezweifeln, dass es ihm tatsächlich um die Demokratie bzw. die Interessen des eigenen Landes geht.

Sagt aber ein Jude genau dasselbe, dann werden zwei von drei Christen unterstellen: „Der sagt das nur, weil er Jude ist und ihm deshalb die Interessen Israels (bzw. 1940 die der europäischen Juden) wichtiger sind als die des eigenen Landes, das er um jüdischer Partikularinteressen in einen Konflikt verwickeln will.“ Heute wagt natürlich niemand mehr, dergleichen öffentlich auszusprechen, aber denken tun viele es immer noch, und im kleinen Kreis sagen sie es auch.

Die Unterstellung, Juden seien im Zweifel illoyal dem eigenen Land gegenüber, ist nach sozialwissenschaftlichen Erhebungen von allen antisemitischen Klischees immer noch das am weitesten verbreitete. Und diese Unterstellung trifft ausschließlich Juden: Wenn ein deutscher oder französischer Muslim sich etwa für die Palästinenser einsetzt, wird man das vielleicht auch mit seinem religiösen Hintergrund in Verbindung bringen, daran aber kaum den Vorwurf der Illoyalität knüpfen. Es gibt auch nichts, was Juden tun könnten, um diesen Verdacht zu zerstreuen, einfach, weil er mit ihrem Verhalten überhaupt nichts zu tun hat:

Das Christentum entwickelte seine spezifische Identität in Auseinandersetzung mit und in Abgrenzung vom Judentum – es definierte sich geradezu dadurch, dass es nicht jüdisch war, während es zugleich den Anspruch erhob, gleichsam das bessere Judentum zu sein. Dadurch wurde den Juden von Beginn der Christianisierung an der Status der „Sie-Gruppe“ (also der Gegengruppe zur „Wir-Gruppe“) zugeschrieben und durch den prägenden Einfluss des Christentums auf die von ihm durchdrungenen Gesellschaften in deren kulturelle DNA eingeschrieben: Dass die Juden die „Anderen“ sind, gehört daher zu den vorbewussten kulturellen Selbstverständlichkeiten in christlich geprägten Gesellschaften, die deshalb auch nicht auf die theologische Begründung angewiesen sind, auf der sie irgendwann einmal beruht hatten, sondern in jeden beliebigen ideologischen Kontext integrierbar sind – sei er rassistisch, nationalistisch, sozialistisch, antiimperialistisch, was auch immer. (Das Teuflische daran ist unter anderem, dass mit jedem neuen ideologischen Kontext auch neue antisemitische Klischees erzeugt werden, die mit dem Absterben der jeweiligen Ideologie nicht verschwinden, sondern als Denkfiguren und Deutungsmuster – also als Potenzial – erhalten bleiben und in ganz unerwarteten Zusammenhängen wieder auftauchen können; so etwa die Vorstellung vom Kindermörder (Herodes, Ritualmordlegenden) im „antizionistischen“ oder das Klischee vom „jüdischen Kapitalisten“ im islamistischen Zusammenhang).

Wenn man sich dies vor Augen hält, versteht man auch, warum es niemals einen „Antiislamismus“ oder eine „Islamophobie“ geben kann, die mit dem Antisemitismus vergleichbar wäre: Für das Selbstverständnis christlich geprägter Gesellschaften spielt das Judentum – aber eben nicht der Islam! – eine zentrale Rolle als negativer Bezugspunkt.

Es liegt eine gewisse tragikomische Ironie darin, dass christliche Westler, die sich verzeifelt bemühen, alles zu tun, um den Hass der Muslime auf den Westen zu besänftigen, demselben Trugschluss unterliegen, wie jene Juden, die den Antisemitismus auf ihre eigenen Eigenschaften und ihr eigenes Verhalten zurückführen (statt ihn als Eigenschaft der sie umgebenden Gesellschaft zu betrachten), und daher glauben, ihn durch Entgegenkommen, Selbstverleugnung, Selbsthass, Anbiederung oder Unterwerfung beschwichtigen zu können. Aus der Sicht des Islam nämlich erfüllen Christentum und Judentum gemeinsam die Funktion, die das Judentum für das Christentum hat – die Funktion der Kontrastfolie, vor deren Hintergrund das eigene Selbstverständnis definiert wird. Definiert sich das Christentum dadurch, dass es nicht jüdisch ist, so definiert sich der Islam dadurch, dass er nicht jüdisch und nicht christlich ist. Wobei noch verschärfend hinzukommt, dass es einem Muslim – anders als einem Christen – geradezu verboten ist, solche Zusammenhänge kritisch zu hinterfragen, weil dies einer Infragestellung des Koran gleichkäme.

Wenn es also im christlich-islamischen Verhältnis eine Parallele zum christlichen Antisemitismus gibt, so liegt sie nicht in einer christlich-westlichen „Islamophobie“, sondern im islamischen Christenhass. Wer dies nicht glauben will, dem rate ich, sich mit der Situation von Christen in islamischen Ländern zu befassen; die ist mindestens so prekär wie die von Juden im christlichen Mittelalter. Und außerdem rate ich ihm zu einem Leseexperiment: Lies den Koran, und ersetze das Wort „Ungläubige“ durch das Wort „Juden“ – Du wirst keinen Zweifel hegen, ein antisemitisches Pamphlet der besonders bösartigen Sorte vor Dir zu haben. Mit anderen Worten: Der heilige, unanfechtbare und unhinterfragbare Grundtext des Islam spricht über die „Ungläubigen“ genauso wie sonst nur die übelsten Antisemiten über die Juden!

 

 

Aktuelle Literatur zum Thema „Islam“

Die Bücher von Henryk M. Broder