Von Hebeln und Schirmen

„Die Metaphorik der Eurokrise“ beleuchtet Burkhard Müller-Ullrich in einem Kommentar für den Deutschlandfunk. Auszug:

Kraft mal Kraftarm ist gleich Last mal Lastarm, lautet das Hebelgesetz, dessen Wirkungsweise für die menschliche Seele außerordentlich beglückend ist. Mit Hilfe des Hebels kann man stärker sein als von der eigenen Muskelkraft gewohnt. Der Hebel ist eine Vorrichtung, mit der man Kraft auf Kosten des Weges einspart- oder umgekehrt. Jedes Kind kennt das Prinzip von der Wippe, vom Nussknacker und vom Rudern.

Damit also soll jetzt die alchemistische Geldvermehrung stattfinden? Die Regierungen rudern, sie wollen goldene Nüsse knacken und uns auf der Wippe verschaukeln. Der Hebel suggeriert solide Mechanik; würde man vom Aufblasen eines Geldballons sprechen, stellten sich ganz andere Assoziationen ein. Etymologisch hat der Hebel mit Heben zu tun, deutet also eine Aufwärtsbewegung an. Allerdings wissen auch Halunken mit dem Brecheisen den Hebel anzusetzen. Der Hebel ist das einfachste Werkzeug zur Verwirklichung eines Machttraums: Man transzendiert damit das eigene Vermögen.

Deswegen setzen die EU-Regierungen jetzt alle Hebel in Bewegung. Am Wochenende wollen sie unvorstellbare Geldmengen aus unseren maroden Volkswirtschaften hebeln, so wie wir Banknoten aus Geldscheinautomaten mit Hilfe überzogener Kreditkarten. Noch ist offen, wer am längeren Hebel sitzt, Merkel oder Sarkozy, Bank oder Not, Geld oder Schein, aber weh und leid wird es noch vielen tun, denn wo gehebelt wird, da fallen Späne.

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Die Enteignungs-Union

Als hätten sie offiziell erklären und symbolisch unterstreichen wollen, dass die Europäische Währungsunion (EWU)eine Inflations- und Enteignungs-Union ist, haben sich die führenden Staaten der Eurozone, einschließlich Deutschlands, darauf verständigt, dass der künftige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerechnet — ein Italiener sein wird, der italienische Zentralbankpräsident Mario Draghi. Klemens Kindermann weist im DLF darauf hin, dass diese Personalie keineswegs eine Ausnahme ist, sondern sich ins Gesamtbild fügt:

Irgendwann wird auffallen, dass in Europas Schlüsselpositionen fast nur noch schuldengeplagte Südländer das Sagen haben: an der Spitze der Brüsseler Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen etwa oder an der des einflussreichen Wirtschafts- und Finanzausschusses. Auch der Chef der Europäischen Bankenaufsicht ist – ein Italiener. Und in der EZB selbst? Gerade erst ist der neue EZB-Vizepräsident ernannt worden. Er kommt aus – Portugal. Wo aber spielt Deutschland noch eine Rolle, wenn es um harte Schnitte bei den Milliardenhilfen für Schuldensünder geht oder um die dringend benötigte Anhebung der Leitzinsen gegen die Inflation – gefürchtet von den Not-Ländern, die neue Kredite brauchen? Mit Ruhm hat sich Deutschland, genauer gesagt: die Bundesregierung, bei der Besetzung der EZB-Spitze nicht bekleckert. Die verpasste Chance – sie könnte sich noch rächen.

(Klemens Kindermann: Italien wird neuen Notenbankchef stellen)

DLF über Geert Wilders und PI oder: Wenn man die Falschen lobt.

Nicht, dass es einen noch wundern würde, aber manchmal würde man zur Abwechslung doch gerne einmal angenehm überrascht. Die DLF-Journalistin Dorthea Jung, der ich vor einigen Tagen bescheinigt habe, über den Auftritt von Geert Wilders in Berlin fair berichtet zu haben, hat nun in der Reihe „Hintergrund“ unter dem Titel „Gefahr für die Gesellschaft: Die Islamfeindlichkeit in Deutschland nimmt zu“ einen Bericht veröffentlicht, der genau so ausgefallen ist, wie der Titel andeutet:

Die Grundgedanken, die Geert Wilders nicht müde wird zu variieren, lauten: Europa droht die Islamisierung. Vor dieser Gefahr verschließen die etablierten Parteien die Augen. Sie befördern sogar die Islamisierung, und die Medien lassen sich einen Maulkorb umhängen – sie thematisieren das Problem nicht.

Schreibt sie und leitet damit einen Bericht ein, der just die Richtigkeit dieser Kritik bestätigt.

Die Botschaft des Niederländers: Die einzig wahren Hüter von Freiheits- und Menschenrechten sind Wilders und seine Freunde. Und damit die Welt von dieser „Wahrheit“ erleuchtet werden kann, haben sich Wilders und Co. international gut vernetzt.

Selbstredend macht sie sich nicht die Mühe, diese von ihr in Anführungszeichen gesetzte Wahrheit mit Argumenten zu widerlegen. Es ist ja auch leichter, Geert Wilders als eine Art Sektenguru („erleuchtet“) darzustellen, als sich mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen.

„Mit durchschnittlich rund 30.000 Zugriffen am Tag [ist PI] kein unbedeutendes Forum“,
urteilt Yasemin Shooman, die am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin über islamfeindliche Strategien im Internet promoviert:

Die Frage zu stellen, warum ein Zentrum für Antisemitismusforschung über Islamfeindlichkeit forscht, und welche ideologischen Hintergründe das haben könnte, ist wahrscheinlich schon zu viel verlangt.

Die im Blog veröffentlichten Artikel vermeiden direkte islamfeindliche Hetze; im Gegenzug werden die Kommentare der User nur selten redigiert. Damit sind die Kommentarspalten von „pi-news“ das propagandistische Herzstück des Blogs.

Vermutlich beurteilt Frau Jung auch Zeitungen nach deren Leserbriefspalten. Dass die im Blog veröffentlichten Artikel nach ihrem eigenen Eingeständnis keine Hetze enthalten, ist wohl eine Petitesse, auf die es nicht so ankommt. Vor allem passt es natürlich nicht ins Bild, wenn man eine „Gefahr für die Gesellschaft“ ausmalen will.

Was im Kommentarstrang von PI steht, ist für zartbesaitete Gemüter zweifellos gewöhnungsbedürftig, aber es ist genau das, was Frau Jung auch an jedem Kneipentresen zu hören bekäme, wenn sie sich in jene Niederungen begäbe, in denen das Volk sagt, was es denkt. Dieses Volk nicht zu zensieren und ihm nicht den Mund zu verbieten, ist für die Leute, die von unseren Gebühren leben, offenbar der Gipfel der Verwerflichkeit. (Übrigens stimmt es nicht, dass PI keine Kommentare zensiert; ich selbst hätte ihr eine ganze Reihe von klugen Köpfen nennen können, deren Kommentare sehr wohl kassiert wurden.)

Ungehemmt brechen sich hier islamfeindliche Ressentiments Bahn. Nach dem Mord an der schwangeren Ägypterin Marwa el-Sherbini findet sich in dem Kommentarforum von „pi-news“ zum Beispiel …

Dieser Mord ist über ein Jahr her. Da muss Frau Jung ja arg in Argumentationsnot gewesen sein, wenn sie nichts Aktuelleres präsentieren konnte, um ihre Empörung zu füttern.

Dann echauffiert sie sich über die Karikatur in der Randleiste von PI, wo Europa dem Islam einen Tritt verpasst, und fährt fort:

Dazu passend der Kommentar eines Users:
„Alle Moslems werden in ihre Herkunftsländer abgeschoben beziehungsweise in die ihrer Eltern oder Großeltern. Der Islam wird in Deutschland verboten. Deutsche, die zum Islam konvertieren, werden ins Arbeitslager eingewiesen, lebenslänglich.“

Merkwürdig nur, dass dieser Kommentar sich über Google nicht verifizieren lässt. [Nachtrag 15.10.2010: Kommentatorin Lilly hat den Kommentar doch ergoogelt: Es handelt sich um Kommentar 21 zu diesem Artikel: http://www.pi-news.net/2010/09/rueckfuehrung-eine-berechtigte-forderung/]

Da verwundert es nicht, dass „Politically Incorrect“ auch den Bundespräsidenten scharf angreift. Christian Wulf hatte in seiner Rede zum 3. Oktober gesagt, auch der Islam gehöre zu Deutschland. Der öffentlichen, auch innerhalb der Union laut gewordenen Kritik an diesem Teil der Rede setzen die User von „PI“ allerdings noch eins drauf:
„Wulff ist der schlimmste Bundespräsident, den wir je hatten. … Er ist intellektuell scheinbar nicht in der Lage die Gefahren durch die Islamisierung zu erkennen. … Dieser Mann gehört ausgewiesen!“

Vielleicht sollte irgendjemand beim DLF anrufen und Frau Jung darauf aufmerksam machen, dass wir in einer Republik leben und der Tatbestand der Majestätsbeleidigung abgeschafft ist und es völlig legal ist, den Bundesmilchbubi zu kritisieren, ja dass es in einer Demokratie sogar üblich ist, Politiker zu kritisieren.

Die Webseite „pi-news“ gibt vor, über Themen zu sprechen, die von den etablierten Medien entweder gar nicht oder nur zensiert aufgegriffen werden.

Die Formulierung „gibt vor“ ist gleich doppelt apart: Zum einen wird PI zum Lügner gestempelt, der Dinge bloß „vorgibt“, die mithin gar nicht stimmen; zum anderen geschieht dies in einem Artikel, der nicht nur bestätigt, dass es sich genau so verhält, wie PI behauptet, sondern obendrein bestätigt, dass man mit fairer Behandlung von Seiten des Gebührenfunks nicht zu rechnen hat, wenn man diese Themen mit anderen Tenor aufgreift als zum Beispiel der DLF.

Und nachdem noch ein so unparteiische Experten wie Aiman Mazyek, der Islamverharmloserwissenschaftler Matthias Rohe und

die Berliner Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan … [, die] zurzeit an der Humboldt-Universität in einem Projekt [forscht], das die Vielschichtigkeit muslimischer Identität in der Einwanderungsgesellschaft untersucht

und

Uli Jentsch, der für das antifaschistische Pressearchiv in Berlin die Szene seit Jahren beobachtet

sich verbreiten dürfen, wartet man mit einer gewissen Selbstverständlichkeit darauf, dass die unvoreingenommene Journalistin Jung nun die Gegenseite mit den von ihr selbst vorgebrachten bzw. per Zitat verbreiteten Vorwürfen konfrontiert und sie zu Wort kommen lässt. Nichts dergleichen geschieht.

Frau Jung spart zwar nicht mit Spekulationen darüber, was Islamkritiker angeblich denken, aber ungeachtet ihrer Freude am wörtlichen Zitat (wörtliche Zitate lassen sich wunderbar unter die ideologiekritische Lupe nehmen, wenn man das denn kann und sich seiner Argumente sicher ist) denkt sie gar nicht daran, irgendeinen Islamkritiker zu der Sache zu befragen, um die es geht, nämlich die drohende Islamisierung Europas.

Lieber lässt sie Foroutan darüber lamentieren, dass das Wort „Islamisierung“ überhaupt öffentlich verwendet wird.

Über weite Strecken ist der Bericht mit Jammereien über die armen Ausgegrenzten gefüllt. Der Interessenstandpunkt der Einheimischen kommt nicht vor. Die Interessen der Masse der Gebührenzahler zu berücksichtigen – das wäre wohl zu viel verlangt.

Sensation: Kritische Analyse über Bilderberger im DLF

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass ich den Massenmedien, speziell jenen, die wir mit unseren Gebühren zwangsfinanzieren, etwas reserviert gegenüberstehe. Zu deutlich die Ideologieproduktion, zu angestrengt das Bemühen, von allem abzulenken, was für die Zukunft unseres Landes relevant ist, zu verachtenswert der Herdentrieb, zu penetrant der Geruch des Angstschweißes (nur ja nichts schreiben, was ideologisch verdächtig sein könnte), zu servil der Kotau vor den Herrschenden und ihrer Ideologie.

Der Deutschlandfunk ist traditionell eine Ausnahmeerscheinung unter den Massenmedien, wenn auch meist nur in dem Sinne, wie auch ein Einäugiger eine Ausnahmeerscheinung unter Blinden ist. Heute aber hat er mich begeistert.

Unter dem Titel „Re-Feudalisierung und Privatisierung der Macht? Zur Bilderberg-Konferenz 2010“ hat Detlef Grumbach einen kritischen Blick auf jene informellen Zirkel geworfen, in denen die globalen Top-Eliten sich abstimmen.

Der Autor distanziert sich von Verschwörungstheorien der Marke „Die Bilderberger sind die geheime Weltregierung“, aber nicht, um die Anhänger solcher Theorien als Idioten hinzustellen, sondern um aufzuzeigen, dass ein wahrer, ein beunruhigend wahrer Kern auch und gerade in diesen Theorien steckt.

Da schadet es auch nicht, dass er nahezu ausschließlich Stimmen aus dem linken Spektrum zitiert; wer informelle Machtstrukturen analysieren will, kann ziemlich weit kommen, wenn er eine linke, das heißt herrschaftskritische Brille aufsetzt.

Grumbach zeigt die personellen Verflechtungen auf, die tatsächlich zwischen den bekannten üblichen Verdächtigen (z.B. Bilderberger, Council on Foreign Relations, Trilaterale Kommission) bestehen, und dass es sich um Zirkel handelt, die alles andere als private Freundeskreise sind:

Auch das Weltwirtschaftsforum in Davos ist ein privat organisiertes Treffen, genau so wie die Atlantikbrücke, die Münchner Sicherheitskonferenz oder auch die Treffen der Trilateralen Kommission. Sie wurde von David Rockefeller gegründet und wird von ihm finanziert, sie widmet sich dem Verhältnis USA-Europa-Japan. Oder auch Henry Kissingers Council on Foreign Relations oder Joschka Fischers European Council on Foreign Relations, als dessen Hauptsponsor George Soros auftritt. Auch hier bestimmen private Veranstalter, wer eingeladen wird, welche Journalisten akkreditiert werden.

(…)

Wer in diesen elitären Kreis eingeladen wird, darf von sich glauben, dazuzugehören. Er wird alles dafür tun, dass das so bleibt, wird sich korrumpieren lassen. Rudolf Stumberger zumindest behauptet:

„Dass praktisch zwischen die Welt der Wirtschaft und die Welt der Politik kein Blatt mehr passt. Also diese beiden Bereiche gehen zunehmend nahtlos ineinander über, wenn wir das an den Personen festmachen.“

Und so kommt der Mediensoziologe zu diesem Ergebnis: Wir erleben derzeit, so sein Eindruck,

„Tendenzen der Re-Feudalisierung. Das heißt, dass neben den offiziellen Strukturen, neben den demokratischen Strukturen, dass die inoffiziellen Strukturen zunehmend wieder an Gewicht gewinnen. Und diese Eliten, diese selbst ernannten Eliten, die oben sitzen, die schotten sich zunehmend ab.“

(…)

Hans Jürgen Krysmanski: „Bilderberg, Davos, das sind so die Höhepunkte einer ständig ablaufenden Absprache, Verständigung, eines ständigen Arbeitens von Lobbyisten, von Seilschaften, usw., usw.“

Hans-Jürgen Krysmanski ist Autor der Studien „Wem gehört die EU“ und darüber, „wie Geld- und Machteliten sich die Welt aneignen“. Titel: „Hirten & Wölfe“. Der Soziologe ordnet die Bilderberger in die übrigen Begegnungen der Reichen und Mächtigen ein:

„Und dieses ganze Netz ist natürlich sehr viel komplizierter als es manche Verschwörungstheoretiker meinen, die dann sagen: Bilderberg, das ist die Weltregierung, oder in Davos, da wird alles entschieden. Das ist völliger Unsinn. Das Wichtige und Interessante ist eben nur, dass diese informellen Netzwerke aus zwei Richtungen gesehen werden können. Sie können einerseits gesehen werden als etwas, was notwendig ist, was man aber transparent machen muss. Oder sie können gesehen werden als etwas, das nicht transparent gemacht werden muss, sondern das als eine Tür dient, hinter der dann auch heikle Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt werden.“

Krysmanski gehört zu den Anhängern der „Power Structure Research“, einer sozialwissenschaftlichen Forschung, die den Blick von unten nach oben richtet. Über Hartz-IV-Empfänger, so sagt er, weiß man so ziemlich alles, dafür sorgen schon die Kontrolle der Ämter und eine begleitende Sozialforschung.

Über die Reichen und Mächtigen dagegen wisse man nahezu gar nichts. Dabei seiend diese es, so Krysmanski, die wirklich die Macht in den Händen halten.

(…)

Liegt die Problematik der Bilderberg und anderer privater Konferenzen gar nicht darin, was dort womöglich beschlossen wird? Liegt sie darin, dass nicht transparent ist, wer die Regie führt? Dass Teilnehmer und Inhalte sich nicht einer öffentlichen Debatte stellen müssen? Dass sie auf diese Weise im Hintergrund und ohne Widerspruch einen Mainstream erzeugen, der dann als „alternativlos“ gilt? Eines geben diese Konferenzen wohl mit Sicherheit vor: die Blickrichtung eines wesentlichen Teils der Politik – von oben nach unten.

Das ist genau der springende Punkt: Wer dazugehören will zu den globalen Eliten, muss sich ihre Denkweise und Perspektive aneignen. Und damit auch klar ist, welche Denkweise und Perspektive das ist, sind stets auch hochkarätige Journalisten eingeladen – freilich nicht als Berichterstatter, denn alle Teilnehmer sind zu strengem Stillschweigen verpflichtet, sondern als Mitwirkende, die dann als Taktgeber für die öffentliche Meinung fungieren. Das ein solches Verhalten mit journalistischem Ethos unvereinbar ist, liegt auf der Hand. Wichtig ist nun, wer dort eingeladen ist: Die „Zeit“ ist prominent vertreten, mit dem stellvertretenden Chefredakteur Matthias Nass, der sogar dem Lenkungsausschuss angehört, also jenem Gremium, das entscheidet, wer überhaupt eingeladen wird; außerdem war schon Herausgeber Josef Joffe dort. (Vielleicht erklärt dies, warum der langjährige „Zeit“-Journalist Bernd Greiner der einzige unter den von Grumbach befragten Experten ist, die die Bedeutung der Bilderberg-Konferenzen herunterspielen.)

Nicht einmal 2005, als die Konferenz im bayrischen Rottach-Egern stattfand, war dies dem publizistischen Platzhirschen, der Süddeutschen Zeitung, eine Zeile wert. Neben Hubert Burda nehmen Springer-Vorstand Matthias Döpfner, Vertreter der Financial Times und anderer Zeitungs-Mogule an den Bilderberger Konferenzen teil.

„Re-Feudalisierung und Privatisierung der Macht“. Fürwahr eine treffende Umschreibung für einen Vorgang, bei dem die offizielle Selbstbeschreibung moderner Gesellschaften mehr und mehr zur Makulatur wird: Was die Chefredakteure vorgeben, das werden die von ihnen abhängigen Schreiber mehr oder weniger nahtlos umsetzen, sei es aus Opportunismus, sei es aus der Feigheit dessen, der sich keine eigene Meinung zutraut, wenn sie dem widerspricht, was unter „Eliten“ offenkundig Konsens ist.

Was auf der offenen Bühne stattfindet und als „Demokratie“, „Pluralismus“, „freie Presse“ etc. firmiert, hat immer weniger mit den tatsächlichen Herrschaftsverhältnissen und Entscheidungsstrukturen zu tun. Die Begriffe, in denen man die eigene Gesellschaft zutreffend zu beschreiben glaubt, mutieren – selbst wenn sie irgendwann einmal wahr gewesen sein sollten – durch Veränderungen der Wirklichkeit, die als solche nicht beschrieben werden (sollen), zu bloßen Schlagwörtern, die nicht einmal in einem ideologischen Sinne (sprich: unter bestimmten ideologischen Prämissen) wahr sind. Sie werden zu bloßer Propaganda.

Wir brauchen uns also nicht zu wundern, dass sich in der Politik Entscheidungen häufen, die den Interessen des jeweils eigenen Staates, erst recht jenen des Volkes, hohnsprechen; dass die Medien von Berichten strotzen, deren Verfasser das eigene (offizielle) Berufsethos mit Füßen treten; dass die Lebensfragen westlicher Gesellschaften entweder überhaupt nicht oder nur mit dem Tenor unkritischer Affirmation herrschender Ideologie thematisiert werden.

Da wird bewusst eine Dunkelheit erzeugt, in der die Wirklichkeit verschwindet; eine Dunkelheit, in die nur selten ein Lichtstrahl dringt. Einen solchen Lichtstrahl hat heute der Deutschlandfunk gesendet.