Die Enteignungs-Union

Als hätten sie offiziell erklären und symbolisch unterstreichen wollen, dass die Europäische Währungsunion (EWU)eine Inflations- und Enteignungs-Union ist, haben sich die führenden Staaten der Eurozone, einschließlich Deutschlands, darauf verständigt, dass der künftige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerechnet — ein Italiener sein wird, der italienische Zentralbankpräsident Mario Draghi. Klemens Kindermann weist im DLF darauf hin, dass diese Personalie keineswegs eine Ausnahme ist, sondern sich ins Gesamtbild fügt:

Irgendwann wird auffallen, dass in Europas Schlüsselpositionen fast nur noch schuldengeplagte Südländer das Sagen haben: an der Spitze der Brüsseler Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen etwa oder an der des einflussreichen Wirtschafts- und Finanzausschusses. Auch der Chef der Europäischen Bankenaufsicht ist – ein Italiener. Und in der EZB selbst? Gerade erst ist der neue EZB-Vizepräsident ernannt worden. Er kommt aus – Portugal. Wo aber spielt Deutschland noch eine Rolle, wenn es um harte Schnitte bei den Milliardenhilfen für Schuldensünder geht oder um die dringend benötigte Anhebung der Leitzinsen gegen die Inflation – gefürchtet von den Not-Ländern, die neue Kredite brauchen? Mit Ruhm hat sich Deutschland, genauer gesagt: die Bundesregierung, bei der Besetzung der EZB-Spitze nicht bekleckert. Die verpasste Chance – sie könnte sich noch rächen.

(Klemens Kindermann: Italien wird neuen Notenbankchef stellen)

8 Gedanken zu „Die Enteignungs-Union“

  1. … und auf dem Reichstag weht jetzt passenderweise – gegen geltende Bestimmungen – bereits eine EU-Flagge neben den deutschen Flaggen. Deutschland schafft sich ab; wenn es soweit ist, wird der schlafende Michel wach werden, gähnen und sich die kleine Zipfelmütze zurechtrücken. Anschließend wird er mit großen staunenden Kinderaugen ins Weite blicken und stammeln: „Davon haben wir nichts gewusst.“

  2. Alles läuft in dieser „europäischen Hegegemeinschaft“ für Rest-Deutschland völlig nach Plan. Die düsteren Absichten der Politschranzen werden kaum noch vernebelt: „Wenn es ernst wird, muß man lügen.“ Gesagt haben soll das wieder einmal der zynische Luxemburger Delinquent Juncker kurz vor Ostern bei einer Preisverleihung in der bayerischen Landesvertretung. Alles nur um unser bankrottes, schon lange nicht mehr erkennbares Land weiter unter Kuratel zu halten, wie es der Polit-Lakai fremder Interessen, Verheugen, kürzlich frech und glasklar vor laufender Kamera, dem dummen Michel hinter die Ohren schrieb. Die nun auch für die weniger illuminierten Zeitgenossen erkennbaren bösen Absichten der Feinde Deutschlands erzeugen aber nicht einen Furor teutonicus, sondern eine merkwürdige Mischung aus Duldungsstarre und kollektiver Verzagtheit. Worauf warten die fleißigen Deutschen, die bis auf den letzten Blutstropfen von dieser „Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft“ ausgepreßt und jeglicher Würde beraubt werden, noch? Nichts wird besser werden. So wie die „DDR“ 1990, wird auch die derzeitige Staatssimulation auf deutschem Boden abgewickelt werden.

    http://www.faz.net/-01txrh

  3. Deutschlands Kandidat Axel Weber ist ja in letzter Minute zurückgetreten. Mario Draghi genießt seit Jahren als Finanz-Tugendwächter großes Ansehen, und auch Italiens Regierung hat in diesem Bereich wenig gesündigt und mit Tremonti ein Schwergewicht im Brüsseler Rat. In die Bundesbank kann man schnell mal einen Merkel-Gefolgsmann setzen, aber Kandidaten für EU-Ämter müssen schon länger vorbereitet werden.
    Hier gibt es also wenig zu klagen, und auch Junckers Aussagen sind Selbstverständlichkeiten. Politik braucht Intransparenz, und für Diplomatenveranstaltungen wie den EU-Rat gilt das um so mehr. Warum Lügen für das Gemeinwohl eine politische Tugend ist, haben auch schon viele Klassiker begründet. Diesbezüglich ist vielleicht sogar Juncker der einzige weit und breit, der nicht lügt. Von Merkel würde man solchen Klartext nicht zu hören bekommen.

  4. „Hier gibt es also wenig zu klagen…“

    Meinen Sie das im Ernst? Ich habe die Aussagen eines Theo Weigel zur Gemeinschaftswährung noch gut im Ohr. Politik braucht auch keine „Intransparenz“, wie Sie schreiben. Zumindest nicht in einer parlamentarischen Demokratie. Dieses Land ist auf dem besten Weg in die Tyrannei. Um das zu sehen, bedarf es keiner übernatürlichen Fähigkeiten. Schönreden, gesundbeten, Geschwätz und reichlich dreiste, handfeste Lügen haben die deutschen „Leistungsträger“ über die Maßen ertragen müssen. Schluß damit.
    Difficile est, satiram non scribere.

  5. „Warum Lügen für das Gemeinwohl eine politische Tugend ist, haben auch schon viele Klassiker begründet.“

    Ich bin jetzt nicht sicher, ob mir entweder Sarkasmus entgeht oder ob ich da soetwas wie Zustimmung rauslese.

  6. Genau so wie man durch Entzug der Privatsphäre ein Individuum zerstören kann, kann man auch einen Staat zerstören, indem man die totale Transparenz aller Verhandlungen erzwingt, wie Wikileaks das versucht.
    Die Notwendigkeit zum Lügen ergibt sich auch bei den bestmeinenden Politikern hin und wieder, genau so wie bei den best meinenden Individuen, nur noch regelmäßiger.
    Auch in der parlamentarischen Demokratie kann das nicht anders sein. Es ergibt sich u.a. aus der Psychologie der Massen. Wer in Deutschland die Kernenergie retten will, kann im Moment nur erst mal publikumswirksam ein paar symbolische Handlungen gegen die Kernenergie vornehmen, um so überhaupt das Heft des Handelns zu behalten und ein paar Türen für die kommenden Jahre offen zu lassen. Wer man einen von der Masse verfolgten Delinquenten retten wollte, musste sich immer zunächst an die Spitze der Verfolger setzen. Der Dynamik der Massen kann man nicht mit Vernunftargumenten sondern nur mit Tricks beikommen.
    Gustave Le Bon hat das in seinem Klassiker gut beschrieben. Lao Tse sagt auch sinngemäß, dass man die scharfen Instrumente des Staates den Menschen nicht zeigen dürfe.
    Juncker muss Diplomaten von 27 Staaten zu etwas bewegen und zugleich auf Reaktionen von Finanzmärkten achten.
    Man kann sich fragen, ob es sinnvoll ist, die wichtigsten gesetzgeberischen Entscheidungen eines Kontinents in solchen Hinterzimmer-Institutionen, in denen regelmäßig alle Verantwortung unkenntlich gemacht wird, zu treffen. Nationale parlamentarische Demokratie wäre nicht ganz so verantwortungslos und volksfern.
    Aber sofern man die EU als Gesetzgebungssubjekt akzeptiert hat, sind die Dinge zwangsläufig so, wie Juncker es sagt.

  7. Alle Achtung, ein besseres Zitat hierzu ist kaum zu finden.
    Sehr treffend finde ich auch das Wort „Enteigungsunion“.
    Hier werden Völker enteignet, ohne dass die Erschaffung eines neuen europäischen Subjektes in Sicht wäre.
    Die Enteignung scheint der Sinn der Übung zu sein.
    Und die Institution von Juncker mit ihrer Geheimniskrämerei und Verantwortungsverwischung eignet sich dazu sehr gut.
    Meine Kritik beschränkt sich auf sachliche Details, nämlich das man Juncker für seine offenen Worte danken sollte und dass Mario Draghi eine würdige Wahl war, der Deutschland nur aus eigenem Verschulden nichts entgegenzusetzen hatte.

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