Merkels süßliche Demagogie

merkel integrationsgipfel

Die Reden Angela Merkels sind eine wahre Phrasenfundgrube. Sie sind bar jedes Gedankens und offenkundig ausschließlich darauf ausgerichtet, durch Gebrauch immer derselben stereotypen Wendungen bestimmte Assoziationen in die Köpfe zu hämmern: Vielfalt, Chance, Integration, Vielfalt als Chance, Vielfalt als Chance und Bereicherung, Chancen der Integration, Integrationsland, Partizipation, Vorurteile/ Klischees/ Stereotype/ Diskriminierung abbauen/ überwinden/ bekämpfen, Fachkräftemangel usw. usf.

Diese Rhetorik entspricht exakt und ist nicht einmal origineller als die jener SED-Bonzen, denen die damalige FDJ-Sekretärin Angela Merkel ihre politische Grundausbildung verdankt. Wahrscheinlich ist sie damals zu dem roboterartig phrasendreschenden Sprechautomaten geworden, als der sie sich bis heute in der Öffentlichkeit präsentiert.

Diese Sprache, die so plump und platt daherkommt, dass man Merkels Redenschreiber unwillkürlich für eine Horde von Kretins halten möchte, ist in Wahrheit wohlkalkuliert, und die Phrasen, die so süßlich und tantenhaft klingen, dass man die Rednerin zwar für naiv, aber doch für wohlmeinend halten möchte, offenbaren bei genauerem Hinsehen ihre demagogische Tücke. […]

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„Moderne Großstadtpartei“

Nachdem sie uns schon die Fußball-WM mit ihren Sprüchen von der angeblichen Multikulti-Mannschaft verleidet hat, nutzt die Journaille die Gelegenheit, ein neues Phrasenschwein durchs Dorf zu treiben: die „moderne Großstadtpartei“ CDU.
Letztere hat zwar in Gestalt von Jürgen Rüttgers und seiner mobilen Sprechblase Armin Flaschet soeben in Nordrhein-Westfalen eine klatschende Bauchlandung hingelegt, wird aber weiterhin gerne bejubelt, wenn es gilt, die Verdienste des jeweiligen Flüchtlings der Woche zu preisen, diesmal also die von Ole von Beust.

Der arme Ole, könnte man den Tenor des Textbaustein-Journalismus zusammenfassen, nun ist er gescheitert, weil sein Konze
pt der „modernen Großstadtpartei“ den „Traditionalisten“ in seiner Partei nicht passte und er deswegen „amtsmüde“ wurde.

Was soll das eigentlich sein, eine Großstadtpartei? Ich würde sagen: eine Partei, die die Interessen der Mehrheit der Großstadtbewohner vertritt. Als jemand, der in München geboren und aufgewachsen ist und in Berlin lebt, bin ich durchaus ein Großstadtkind. Und ich kann mich an Zeiten erinnern, wo man in einer Großstadt leben konnte, ohne an allen Ecken und Enden mit Dreck, Vandalismus  und allen Formen von Asozialität konfrontiert zu wenden. Ja, man konnte sogar in Berlin S- und U-Bahn fahren, ohne jederzeit eine kulturelle Bereicherung gewärtigen zu müssen.

Unter einer Großstadtpartei würde ich eine Partei verstehen, die sich wenigstens bemüht, diesen erfreulichen Zustand wiederherzustellen. Also ziemlich genau das Gegenteil von Beusts CDU. Wenn das Medienpack ausgerechnet diese CDU als „Großstadtpartei“ feiert, dann gibt es uns damit zu verstehen, das Leute wie ich, die Wert darauf legen, unter zivilisierten Menschen zu leben, in der Großstadt nichts zu suchen haben. Es handelt sich um so etwas wie die ideologische Ausbürgerung der anständigen Bürger.

Und was das Wort „modern“ angeht, so hat es zwei Bedeutungen, die von den bezahlten linken Propagandisten, die in den Massenmedien den Ton angeben, systematisch vermengt werden. Unter der „Moderne“ versteht man klassischerweise eine kulturelle Epoche, die sich durch Errungenschaften wie den Rechtsstaat und den Nationalstaat ausgezeichnet hat – beides Institutionen, zu deren Gedeihen die Beust- und Laschet-CDU denkbar wenig beigetragen hat, um es zurückhaltend zu formulieren.

Diese Moderne ist also nicht gemeint. „Modern“ im Sinne der Phraseologen ist einfach nur das, was gerade in Mode ist. „Modern“ in diesem Sinne ist eine Partei von feigen, opportunistischen Mollusken, die karrieregeil dem sogenannten Zeitgeist hinterherschwimmen, welcher „Zeitgeist“ wiederum nichts anderes ist als eine Umschreibung für die Ideologie der Meinungsmacher. In diesem Sinne, aber eben nur in diesem, dürfte es kaum eine modernere Partei geben als die „Großstadtpartei CDU“.

Aus meinem politischen Wörterbuch: „Friedensprozess“

Das Wort „Friedensprozess“ gehört zu den meistgebrauchten Schlagwörtern von Politikern und MSM-Journalisten, die sich mit dem Nahen Osten beschäftigen. Grund genug, sich bewusst zu machen, was tatsächlich dahintersteckt:

Der Friedensprozess ist einer jener Prozesse, bei denen der Weg schon das Ziel ist. Solange er nämlich andauert (d.h. solange es nicht wirklich Frieden gibt), ist es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Außer für Israel, aber wen stört das schon?

Die Palästinenser bekommen Geld, die Fatah etwas mehr, die Hamas etwas weniger. Letztere kann außerdem ihr Terror-Perpetuummobile in Schwung halten, was ersterer die Möglichkeit gibt, Israel ebenso unter Druck zu setzen wie die Geldbeutel europäischer Steuerzahler.

Zwei Dutzend Politiker aus aller Welt bekommen die Gelegenheit, sich zu produzieren. (Wirklich wichtig ist doch nur, wer im Nahostkonflikt mitreden kann, also will Jeder mitreden; man dann so schön staatsmännisch mit Sorgenfalten auf der Stirn vor die Kameras treten, “tief besorgt” sein, an “beide Seiten appelieren”, “wichtige Impulse für den Friedensprozess” anmahnen usw.)

Die Medien haben stets etwas zu schreiben: Der Nahostkonflikt ist die DailySoap des Nachrichtenjournalismus. Funktioniert nach dem Prinzip von “Reich und Schön”: Jeder war schon einmal mit jedem im Bett, jede Konstellation ist schon dreimal gescheitert, wird aber gerne noch ein viertes Mal versucht, und man kann Millionen von Fans jahrzehntelang vor der Glotze halten.

Selbstredend wissen alle Genannten, dass es den Frieden ebenso wenig geben darf wie ein Ende von “Reich und Schön”. Israel durchschaut das Spiel, muss aber mitspielen, um die übrigen westlichen Akteure bei Laune zu halten.

(Diesen Text hatte ich schon vor einiger Zeit als Kommentar bei Ruth eingestellt. Da er aber sozusagen Ewigkeitswert hat, möchte ich ihn den Lesern meines eigenen Blogs nicht vorenthalten.)

Phrasenschweine oder: Die Sprache des Kindergartens

Unter Sportreportern ist es guter Brauch, dass der, der eine Phrase absondert – etwa: „Das Eins-zu-Null hat dem Spiel gutgetan“ – fünf Euro ins Phrasenschwein werfen muss. Behaupten sie jedenfalls. (Es gab sogar einmal unter dem Titel „So werde ich Heribert Faßbender“ eine regelrechte Phrasensammlung.) Ich weiß nicht, ob besagtes Schwein wirklich existiert, aber es sollte existieren – fünf Euro sind jedenfalls eine gerechte Strafe für „So kann’s gehen im Fußball“.

Gerecht wäre natürlich auch, wenn die politischen Journalisten gleichermaßen zur Kasse gebeten würden, zum Beispiel für Sätze wie:

„Ein Ende der Gewalt im Gazastreifen ist nicht in Sicht.“

Wenn für Phrasen dieser Art keine fünf Euro abgedrückt werden müssen, dann dürfte das vor allem daran liegen, dass sie gerade wegen ihrer Banalität geballte Ideologie transportieren.

Was so beiläufig daherkommt, dass man es kaum noch hört, enthält in jedem Falle die Botschaft: „Ich bin eine Selbstverständlichkeit.“ Und worin besteht die?

Von Journalisten erwartet man, dass sie das treffende Wort finden. Für das Geschehen im Gazastreifen also das Wort „Krieg“, nicht das unspezifische „Gewalt“, das auch für eine Ohrfeige oder ein Wirtshausprügelei stehen kann. Den meisten Europäern ist aber noch erinnerlich, dass Krieg irgendetwas mit Politik zu tun hat, und dass meistens zwei Parteien gegeneinander kämpfen. Das Wort „Krieg“ würde also sofort fünf Fragen provozieren:

Wer kämpft

gegen wen

aus welchem Grund

mit welchem Ziel

und mit welchem (vorläufigen) Ergebnis?

Also fünf politische Fragen, die man auch politisch beantworten müsste.

Die sich aber erübrigen, sobald nur von „Gewalt“ die Rede ist. „Gewalt“ ist das Sinnlose und obendrein Böse, und deswegen geht es bei ihr nur darum, ob irgendein „Ende in Sicht“ ist. Das ist die Ideologie „Krieg ist keine Lösung“, versteckt in einem einzigen Wort und mit diesem in die Köpfe der Hörer, Leser und Zuschauer geschmuggelt, die gar nicht erst die Chance bekommen (sollen), irgendetwas zu hinterfragen.

Denn natürlich ist es Unsinn zu behaupten, Krieg sei keine Lösung. Krieg setzt einen politischen Konflikt voraus. Gelingt es, diesen friedlich zu lösen: gut. Wenn nicht, ist der Krieg der deadlock breaking mechanism. Eine Partei zwingt der anderen eine Lösung auf, sobald sie deren Gewaltpotenzial zerschlagen hat. Das ist ein unerfreulicher Vorgang, aber zu einer Lösung führt er allemal. Diejenigen Fälle, in denen Krieg wirklich „keine Lösung“ war – man denke an den Dreißigjährigen Krieg – sind die, in denen es nicht zu einer militärischen Entscheidung kam.

Weil das so ist, lautet die einzig interessante Frage im Zusammenhang mit einem Krieg nicht, ob ein „Ende in Sicht“ ist, sondern:

Wer gewinnt?

Für Drittstaaten kommt die Frage hinzu: Ergreife ich Partei und, wenn ja, für wen?

(Ich weiß, das sind alles Platitüden, und bis vor wenigen Jahren wusste das auch Jeder. Heute aber – heute leben wir einer Zeit, wo man beweisen muss, dass der Regen von oben nach unten fällt, nicht etwa umgekehrt.)

Heute kommen diese Drittstaaten gar nicht auf die Idee, so zu fragen. Stattdessen fordern sie – na was wohl? – ein „Ende der Gewalt“, und höchstrangige Delegationen reisen in die Region, um „zu vermitteln“ (wohlgemerkt: zwischen einem demokratischen Staat und einer faschistischen Terrororganisation; dass Beide somit gleichrangig seien, ist eine weitere ideologische Setzung, die man uns unterjubelt, ohne uns zu fragen).

Sarkozy und Assad - Staatsmänner unter sich, voll Sorge um den Weltfrieden

Erfreulicherweise – denn die Liquidierung der Hamas ist nun weiß Gott wünschenswert – haben diese Missionen keine Ergebnisse, sie dienen ja auch nur der gockelhaften Selbstinszenierung von Politikern, die möglicherweise selber glauben, dies sei Politik.

Erwachsene Menschen im Dienste des Mediensystems bringen es dann fertig, über die Scheinaktivitäten dieser – pardon! – aufgeblasenen Hampelmänner zu berichten, ohne in schallendes Gelächter auszubrechen. Täten sie es, müssten sie ja zugeben, dass es Wichtigeres gibt als die Frage, ob „ein Ende der Gewalt in Sicht“ ist.

So aber entpolitisiert man den Zuschauer, macht man aus einer politischen eine moralische Frage, spült man jeden Gedanken mit Emotionen weg, suggeriert man eine pazifistische Ideologie, und spielt man sich als Volkspädagoge auf, dessen Publikum die Reife von Kindern im Vorschulalter hat: „Seid doch lieb zueinander! Krieg ist keine Lösung! Der Klügere gibt nach!“

Diese Art Journalismus zielt unzweideutig darauf ab, den Zuschauer in einen Zustand infantiler Urteils-Unfähigkeit zu versetzen, und niemand sollte sich über Moderatoren wundern, die wie umgeschulte Kindergartentanten nicht nur aussehen,

Hannelore Fischer, ARDSusanne Conrad, ZDF

sondern sich auch eines dazu passenden Tonfalls befleißigen. Das Deprimierende daran ist, dass dieses Konzept funktioniert: dass sich die Nation also tatsächlich aufs Töpfchen setzen lässt und sich mit dem Daumen im Mund Gute-Nacht-Geschichten anhört.

Würden wir uns in der Sportberichterstattung die journalistischen Standards bieten lassen, die man uns dort zumutet, wo es um unsere vitalen Interessen geht, so klänge das Ergebnis ungefähr so:

Ein Ende dieses brutalen Macho-Spiels, in dem so viel gefoult wird, ist nicht in Sicht. Die Anwohner leiden unter dem Lärm. Der Versuch des französischen Staatspräsidenten, das Spiel vorzeitig abzupfeifen, ist gescheitert. Unsere Quellen vor Ort verraten uns den Spielstand nicht.“

So etwas hat Heribert Faßbender nie getan.