Warum das Christentum zur Demokratie passt, der Islam aber nicht. Teil I: Christentum

Wer öfter hier hereinschaut und mitbekommen hat, wie ich zum Beispiel den Antisemitismus als nahezu unvermeidlichen Bestandteil christlicher Kollektividentität gedeutet habe, könnte den Eindruck gewinnen, ich sei selber überhaupt kein Christ oder sei gar christentumsfeindlich.

Nichts liegt mir ferner.

Wenn ich mich mit problematischen Aspekten des Christentums auseinandersetze, dann tue ich dies im Sinne soziologischer Aufklärung, nicht zum Zwecke der Anklage oder Denunziation.

Ich halte überhaupt nichts von der modischen postmodernen Marotte, so zu tun, als seien alle Religionen gleich gut oder gleich schlecht (oder als sei das Christentum die schlimmste von allen). Gewiss ist der Glaube etwas Subjektives, und es gibt kein allgemeingültiges Kriterium, anhand dessen man die „Wahrheit“ des einen oder des anderen Glaubens überprüfen könnte.

Es gibt aber nicht nur den individuellen Glauben, es gibt auch die Religion als soziales System, und deren Wirkungen sind sehr wohl empirisch überprüfbar. Im Hinblick auf diese Wirkungen gibt es durchaus gute und schlechte Religionen.

Religionen prägen die von ihnen dominierten Gesellschaften viel tiefer, als politische Ideologien das je vermöchten, indem sie die Vor-Entscheidungen treffen und die Vor-Urteile darüber fällen, was in einer Gesellschaft als gut und böse, gerecht und ungerecht, legitim und illegitim, tolerabel und intolerabel zu gelten hat. Bevor das Denken überhaupt einsetzen kann, hat die Religion ihm schon die Richtung gewiesen, indem sie ihre Werturteile als kulturelle Selbstverständlichkeiten verbindlich gemacht hat. Als solche bleiben sie auch dann erhalten, wenn der Einfluss und die gesellschaftliche Bedeutung der Religion zurückgehen, und sie prägen das Denken auch solcher Angehörigen der jeweiligen Kultur, die der dominanten Religion nicht angehören.

Das klingt nach Binsenweisheit, und genau das ist es auch. Der durchschnittliche Westler wird all dem zustimmen und nur eine einzige Kultur davon ausnehmen – seine eigene. Für Viele klingt der Gedanke absurd, dass Säkularität, Toleranz, Rationalität, Liberalität, Menschenrechte, Demokratie, kurz: die Moderne, auf kulturellen Voraussetzungen aufbauen, die so nur das Christentum hervorbringen konnte, und die nicht ohne weiteres mit jeder beliebigen Religion kompatibel sind. Hat doch die katholische Kirche sich jahrhundertelang der Aufklärung, der Demokratie und überhaupt der Moderne mit aller Kraft entgegengestemmt: Von der Verbrennung Giordano Brunos über die Verurteilung Galileis, die Verdammung Darwins, den Antimodernisteneid zieht sich eine gerade Linie zur Unterstützung Francos und Mussolinis, und es bedurfte fast  der gesamten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, damit sich die Kirche mit der Moderne versöhnte, und auch dies nicht selten zähneknirschend.

Über die Jahrhunderte haben wir uns im Westen daran gewöhnt, die Kirche (und die katholische ist eben immer noch die Kirche, sehr zum Verdruss der Protestanten) als die große Gegenspielerin der Moderne, gerade in deren emanzipatorischem Aspekt, zu betrachten. In der Tat: Die Kirche als Institution hat den Zug nach Kräften aufzuhalten versucht. Aber die Botschaft, die sie verkündete, war die des Nazareners. Das hatte Folgen.

Ich rekonstruiere jetzt das, was man die „christliche Mentalität“ nennen könnte. Die Analyse geht von einer der Schlüsselstellen des Neuen Testaments aus, dem Gleichnis vom Barmherzigen Samariter:

25aUnd siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muß ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe? 26Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? 27Er antwortete und sprach: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst» (5. Mose 6,5; 3. Mose 19,18). 28Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; btu das, so wirst du leben.

29Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? 30Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halbtot liegen. 31Es traf sich aber, daß ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. 32Desgleichen auch ein Levit: als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. 33Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn; 34und er ging zu ihm, goß Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. 35Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir’s bezahlen, wenn ich wiederkomme. 36Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war? 37Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!“ (Mk 10)

Die Pointe dieses Gleichnisses und seine Brisanz liegen darin, dass ausgerechnet ein Samariter zum Vorbild erhoben wird: Die Samariter waren keine Juden, wurden zumindest vom jüdischen Volk nicht als solche anerkannt – aus der Sicht Jesu und seiner Zuhörer waren sie die „Anderen“. Vor Gott gerechtfertigt also – dies ist die Konsequenz aus dem Gleichnis, die durch die Kontrastierung mit dem Priester und dem Leviten noch unterstrichen wird – ist man weder durch „Rechtgläubigkeit“ noch durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft (Volk, Kirche, Umma usw.), sondern einzig und allein durch die Liebe zu Gott und dem Nächsten. Dies war damals keineswegs so neu und revolutionär, wie Christen gerne glauben; tatsächlich bezieht sich Jesus ausdrücklich auf die Thora, und das Christentum blieb noch jahrzehntelang eine jüdische Sekte.

Neu und revolutionär ist die Radikalität, mit der Jesus den Gedanken ins Zentrum seiner Lehre stellt, dass es auf die Liebe und damit auf die Qualität des inneren, im Herzen empfundenen Gottes- und Weltbezugs ankommt, und dass diese die guten Taten gewissermaßen von selbst hervorbringt. Daher auch die Aufhebung der Speisegebote:

„Merkt ihr nicht, daß alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht unrein machen kann? 19Denn es geht nicht in sein Herz, sondern in den Bauch, und kommt heraus in die Grube. Damit erklärte er alle Speisen für rein. 20Und er sprach: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein; 21denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen heraus böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, 22Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Mißgunst, Lästerung, Hochmut, Unvernunft. 23Alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den Menschen unrein.“ (Mk 7)

Oder seine Lehre zur ehelichen Treue:

27Ihr habt gehört, daß gesagt ist (2. Mose 20,14): «Du sollst nicht ehebrechen.» 28Ich aber sage euch: aWer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“ (Mt 5)

Er treibt seine Lehre sogar so weit auf die Spitze, dass er scheinbar ein geradezu widersinniges Verhalten fordert:

38Ihr habt gehört, daß gesagt ist (2. Mose 21,24): «Auge um Auge, Zahn um Zahn.» 39Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. a 40Und bwenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem laß auch den Mantel. c 41Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei. 42Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.“ (Mt 5)

Eine solche Ethik ist, auch wenn sie im Imperativ formuliert wird, keine, die bestimmte Tathandlungen oder -unterlassungen vorschreibt. Jesus sagt also nicht, was die Menschen tun sollen. Er sagt, wie sie sein müssten, um Gott nahe zu sein. (Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob Jesus das alles tatsächlich selbst so gepredigt oder von den Redakteuren der Evangelien zur Zeit der Trennung der Kirche von der Synagoge in den Mund gelegt bekommen hat. Ich selbst halte die Zitate für authentisch, zumindest dem Sinne nach; in jedem Falle aber – und nur darauf kommt es hier an – entsprach diese Lehre dem Selbstverständnis des Christentums.)

Hier wird nicht von der Gesellschaft her gedacht; es werden keine gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien entwickelt, die den Rahmen für das Verhalten des Einzelnen abgeben. Diese Ethik ist radikal unpolitisch, und zwar vom Grundansatz her, nicht erst aufgrund von Aussagen wie:

So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22, 21)

Es entsprach daher durchaus dem Sinn dieser Lehre, und stellt nicht etwa eine taktische Anpassung an die Machtverhältnisse im Römischen Reich dar, wenn der Apostel Paulus predigt:

1aJedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn bes ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet“ (Röm 13, 1)

Indem sie keine Handlungsregeln aufstellt, mutet diese Ethik dem Einzelnen autonome ethische Entscheidungen zu; es handelt sich um eine Ethik der Eigenverantwortung. Wie es einer der Kirchenväter formulierte: „Liebe – und tu, was Du willst.“

Wenn Toleranz die Vermutung ist, dass der Andersdenkende oder Andersgläubige im Recht sein könnte, kann man diese Haltung kaum prägnanter zum Ausdruck bringen als mit den Worten:

1Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. a 2Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und bmit welchem Maß ihr meßt, wird euch zugemessen werden. 3Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? 4Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. 5Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.“ (Mt 7)

Es wird eine undogmatische Haltung propagiert. Jesus selbst hat keine Dogmen formuliert und keine „heiligen Schriften“ hinterlassen, und sein Umgang mit der vorhandenen Heiligen Schrift war äußerst unorthodox: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist … Ich aber sage Euch…“. Das Neue Testament entstand erst Jahrzehnte nach der Kreuzigung, und seine Entstehung gehört bereits in den Kontext der Transformation des Christentums zum sozialen System. Auch dann aber war nicht der Text Zentrum und letzter Bezugspunkt des christlichen Glaubens, sondern die Person Christi (was der Grund dafür ist, dass man bibelkritisch sein kann, ohne unchristlich zu sein).

Und schließlich handelt es sich um eine inklusive Lehre: Wenn der Samariter vor Gott gerechtfertigt war, dann ist es prinzipiell jeder Mensch. Vor Gott sind alle gleich – er liebt alle Menschen, nicht etwa nur die Christen.

Wunderbar, nicht wahr? Wenn es einfach dabei geblieben wäre, dann – würde das Christentum schon lange nicht mehr existieren.

Es liegt auf der Hand, dass Religion auf Gemeinsamkeit, auf Austausch mit Gleichgesinnten, kurz: auf die Existenz einer Gemeinschaft angewiesen ist. Eine Gemeinschaft bedarf aber bestimmter Regeln, wer dazu gehören soll und wer nicht, welche Glaubensinhalte und heiligen Texte verbindlich sein sollen, wie Entscheidungen zustandekommen usw. Soziologisch formuliert ist sie ein soziales System, das darauf angewiesen ist, die System-Umwelt-Grenze zu definieren, das intern durch Mitgliedschaftsrollen strukturiert wird, und das sich im Zuge des eigenen Wachstums immer stärker differenzieren muss.

Damit aber gerät die entstehende Kirche unausweichlich in einen Widerspruch zu ihrer eigenen Botschaft: Idealiter müsste eine christliche Kirche die Gemeinschaft derer sein, die von Gottes- und Nächstenliebe im Sinne Jesu Christi beseelt sind. Nur: Wer will das überprüfen? Als soziales System kann die Kirche nur verarbeiten, was kommunizierbar ist; also das Bekenntnis zu den verbindlichen Glaubensartikeln, die Teilnahme an Ritualen, die Erfüllung von Geboten, den Gehorsam.

Die von Christus gepredigte Ethik der Liebe verwandelt sich in dem Moment, wo sie institutionalisiert wird, in ihr Gegenteil, nämlich eine Ethik der Tat. Die Liebe zu Gott verwandelt sich in dem Moment, wo sie von der Kirche als seinem irdischen Arm mit Anspruch auf Gehorsam und unter Sanktionsdrohung gefordert wird, in ihr Gegenteil, nämlich die Furcht vor Gott. Der Andersgläubige hört in dem Moment, wo er durch die schiere Existenz der christlichen Gemeinschaft aus dieser ausgeschlossen ist, auf, der potenzielle Samariter zu sein, der vor Gott gerechtfertigt ist, und wird zu einem Menschen, der vor Gott niemals gerechtfertigt sein kann, weil es außerhalb der Kirche kein Heil gibt. Und die Kirche selbst entwickelt als Institution Eigeninteressen, durch die sie aufhört, ein Instrument des Glaubens zu sein – stattdessen wird der Glaube zum Instrument dieser Interessen.

Wir haben es hier also mit einem elementaren Widerspruch zu tun: zwischen dem christlichen Glauben einerseits, der seiner Natur nach auf einer inneren, individuellen Beziehung zu Gott beruht, und der Religion andererseits, in der dieser Glaube in Gestalt eines sozialen Systems objektiviert wird.

(An diesem Sachverhalt würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Religion – das soziale System – nicht die Form einer zentralisierten Kirche angenommen hätte, sondern dezentral organisiert wäre, wie z.B. der Islam; entscheidend ist, dass das soziale System seiner Natur nach zwischen Zugehörigen und Nichtzugehörigen unterscheiden und die – kontrollierbare – Glaubensausübung an die Stelle des nicht kontrollierbaren Glaubens setzen muss.)

Da die Kirche aber weiterhin die Botschaft Christi predigen musste und diese nicht schrankenlos nach ihren Machtinteressen manipulieren konnte, züchtete sie selbst – Sie konnte gar nicht anders! – die Opposition in Gestalt zunächst der Ketzerei, dann des Protestantismus. Der innere Widerspruch zwischen Glaube und Religion verwandelte sich damit in einen äußeren Gegensatz zwischen konkurrierenden Kirchen. In der Logik dieses Sachverhalts liegt es auch, dass der Protestantismus seinerseits denselben Widerspruch reproduzieren musste und – schon infolge seines institutionenkritischen Ansatzes – in eine immer größere Zahl immer kleinerer Glaubensgemeinschaften zerfiel. Bis heute ist es so, dass der Protestantismus den größeren Wert auf den Glauben, also auf das subjektive, individuelle Moment des Christentums legt, während der Katholizismus dessen soziales, objektives und damit institutionelles Moment in den Vordergrund rückt. Dabei halten beide Konfessionen einander im Zaum: Eine rein protestantische Christenheit würde schnell zu einem konturlosen Brei zerfließen, eine rein katholische dagegen – nun, das hatten wir schon einmal.

Dadurch verlor die Kirche ihre dominierende Stellung gegenüber dem Staat einerseits, den Gläubigen andererseits: Hatte der deutsche König Heinrich IV. noch nach Canossa pilgern müssen, um sich die überlebensnotwendige Gunst des Papstes zu sichern, so konnte ein anderer Heinrich, der Achte von England, es sich leisten, aus mehr privaten als religiösen Motiven seine eigene Kirche zu gründen. Die einfachen Gläubigen wiederum hatten, im Prinzip zumindest, die Option des Konfessionswechsels.

Diese Schwächung der Kirche als Institution führte selbstredend nicht dazu, dass das Christentum aufgehört hätte, die alleinige Quelle der ethischen und moralischen Orientierung abendländischer Gesellschaften zu sein – andere Quellen gab es ja nicht.

Vielmehr wurde der Widerspruch zwischen Glaube und Religion dadurch aufgehoben, dass das christliche Menschenbild und die damit verbundene Ethik der individuellen Autonomie, der gegenseitigen Toleranz und der Gleichheit aller Menschen vor Gott als Grundlage des Liberalismus säkularisiert wurde. Das Christentum als Religion, d.h. die Kirche, wurden partikular, während Menschenbild und Ethik verallgemeinert wurden.

(Also ein klassischer dialektischer Prozess: Die These, der christliche Glaube, bringt die Religion als seine eigene Antithese hervor, und der dadurch entstehende Widerspruch wird in einer Weise aufgehoben, in der beides sowohl negiert wird als auch erhalten bleibt. Doktor Karl Marx, dessen Genie ich ebenso verehre wie ich die geistige Impotenz seiner dogmatischen Epigonen verachte, hätte seine helle Freude daran gehabt.)

Damit ist erklärt, warum gerade das christliche Abendland, und nicht irgendeine andere Weltzivilisation, den Liberalismus, die Voraussetzung einer demokratischen Ordnung hervorgebracht hat. Nicht behauptet wird damit, dass jedes christlich geprägte Land den Weg zur liberalen Demokratie einschlagen müsse, und auch nicht, dass nichtchristliche Länder ihn  nicht finden könnten – Indien und Japan haben es ja auch geschafft. Aus Gründen, die ich im zweiten Teil dieses Aufsatzes darlegen werde, glaube ich aber, dass gerade islamisch geprägte Kulturen für demokratisches Gedankengut besonders unempfänglich sind.

Bis dann also!

15 Gedanken zu „Warum das Christentum zur Demokratie passt, der Islam aber nicht. Teil I: Christentum“

  1. Lieber Manfred,

    Weise. Vielschichtig. Das muss ich gleich noch drei mal lesen. Richtig erst einmal, dass es eine 2000jährige Traditionslinie der Judenfeindlichkeit im Christentum gibt, ich glaube Antiochia waren die ersten Nichtjuden-Christen, danach „musste“ man den (eher symbolischen?) Juden vorwerfen, den Herrn Jesus nicht anerkannt zu haben (‚Verstockt, taub, blind‘ und ähnliche Frechheiten).

    Ich sage gerne ‚wir Christen haben den Juden … ihren Gott geklaut‘, jedenfalls war Jesus zunächst mal Jude.

    Religionswissenschaftlich überlagerten sich ohnehin Mithras-, AmunRa-, Heros- und Cäsaren-Kult und schufen im 1. vorchristlichen Jahrhundert eine Art Bedürfnis nach einer christusartigen Figur. Christós = gesalbt, aus griechisch chrýso: golden, goldig, der Mensch Jesus sprach aber bloß aramäisch (kein Wörtchen griechisch).

    Jesusmariajoseph: Isis-Osiris-Horus. Das ist ein Archetyp. Söhnchen … Erdmutter, Terra Mater. Später Maria = das Keuschheitsmonster (?).

    Dyónisos wurde mit „Lyáíos“ und „Sóter“ angerufen, d.h. „Erlöser“, „Retter“. Und die frühen Merowinger / Franken meißelten Jesus als siegreichen Reiter mit Lanze: sehr machistisch, naja, lesen konnten sie ja auch nicht. Konstantin … Militär-Zeichen zum Siegen.

    Sehr interessant: Japan schaffte den Sprung in die ‚offene Gesellschaft‘ der ‚kulturellen Moderne‘, ja! Bis auf Soko Asahara (!) den Giftgas-Terror-Attentäter sehr manichäisch-extremdualistischer Weltbilder … legen Japaner keine Bomben in ’sündigen‘ Einkaufszentren.

    Alice Schwarzer vermutet hinter (je)dem Terrorismus „ein Rückzugsgefecht der Extrem-Patriarchen“.

    Die Geschlechter-Apartheid im ‚Islam‘, das ist das Problem. Jihad ist eben auch die kranke Jungen- und Mädchenerziehung gemäß Hadithen und Sunna und wohl auch Koran. Pascha versus entrechtetes Heimchen. Macho … übrigens genau so zwangsverheiratet wie das weibliche, unterworfene Exemplar.

    Der doch sehr männliche Gott. Ach ja, Bilderverbot. Denkverbot.

    Kelek fordert ein „Schreiben einer persönlichen Geschichte/Lebensgeschichte“.

    Dann / so wäre die gesamte Konfrontation … nicht Orient versus Okzident und auch kaum modern gegen archaisch sondern v.a. neurotisch-maskuliner Größenwahn contra Gleichheitsfeminismus.

    Daneben das ‚islamische Kasten-System‘ der Dhimma (Dhimmitude), diese ’sakralen Klassen Höher- und Geringerwertiger‘.

    Wir freuen uns auf Manfreds baldige Wiederkehr / Schreiberei, die Ümmühan und auch ich (Jacques), fast etwas ungeduldig.

    Mit gutem Gruß

    Jacques Auvargne
    http://saegefisch.wordpress.com/

    Ümmühan Karagözlü
    http://schariagegner.wordpress.com/

  2. Ja, schönen Gruß und schönes Wochenende auch zurück! Ich hoffe, Ihr könnt Eure Ungeduld noch ein paar Tage bändigen, ich bin nämlich die nächsten Tage voraussichtlich ziemlich im Stress. Aber bis Ende der Woche spätestens werde ich den zweiten Teil wohl fertig haben.

    Gruß
    Manfred

  3. Es heißt ganz klar: „Damit erklärte er alle Speisen für rein.“ (Mk 7, 19, S.2)

    Es ist natürlich nicht zu übersehen, dass es sich hier um den Kommentar des Evangelisten handelt, und man kann mit guten Gründen bestreiten, dass diese Interpretation von Jesus tatsächlich gewollt war. Wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, war die Frage der Speisegebote (wie auch der Beschneidung) noch auf dem Jerusalemer Apostelkonzil des Jahres 48 ein strittiges Thema zwischen der Petrusfraktion, die daran festhalten wollte, und der Paulusfraktion, die sie um der Heidenmission willen abschaffen wollte. Wenn Jesus selbst seine Anhänger von der Beachtung dieser Gebote ausdrücklich entbunden hätte, hätte es in diesem Punkt gar keine Meinungsverschiedenheiten geben können. Letztlich hat die Richtung des Paulus sich durchgesetzt und damit die Weichen für die Trennung von der jüdischen Mutterreligion gestellt.

    Die Entstehung des Markusevangeliums fällt in die Zeit dieser Trennung; der Evangelist hatte also ein Interesse daran, die vom Christentum tatsächlich schon praktizierte Aufhebung der Speisegebote durch Verweis auf Jesus selbst zu legitimieren. Insofern hast Du völlig Recht. Für das theologische und ethische Profil des Christentums war aber die Interpretation des Evangelisten ausschlaggebend, unabhängig davon, ob sie realhistorisch den Intentionen Jesu entsprach oder nicht.

  4. Das ist sehr interessant; als Christ weiß man ja über solche Gedankenverbindungen in der Regel nicht allzuviel, wenn man nicht gerade Judaistik studiert hat.

  5. Mir ist klargeworden, warum ich so sicher bin, dass Jesus sich auf Lashon Hara bezieht und nicht die Speisegesetze abschaffen will.

    Das Konzept der „unreinen Person“ gibt es im Judentum naemlich. Nur hat es nichts mit Einhaltung der Kashrut zu tun. „Unreinheit“ entsteht zum einen aus dem weiblichen Zyklus (Blutfluss) und fuehrt zu einem Verbot von physischer Naehe zwischen den Ehepartner fuer eine definierte Zeit.

    Vor allem aber ist „Aussatz“ die Unreinheit schlechthin und diese Krankheit gilt als Folge einer schweren Suende. Mir ist kein Text bekannt, wonach ein Verstoss gegen Kashruth zu Aussatz gefuehrt haette. Dagegen stammt die Verbindund von Lashon Hara und Aussatz (und damit Unreinheit) schon aus dem Buch Exodus. Miriam wird damit geschlagen, weil sie schlecht ueber ihre Schwaegerin sprach.

  6. Hallo Manfred,

    wenn du dich über die Lage der Christen in der Türkei, in Arabien, Afrika und Asien informieren möchtest, empfehle ich folgende Quellen:

    http://www.hagalil.com/archiv/2007/08/christenverfolgung.htm
    http://www.csi-de.de/

    Quellen zur Scharia / Religionsgesetz des Islams (Familien- und Ehestandsrecht; die fünf Säulen des Islams; Strafrecht):

    http://www.igfm.de/?id=463

    Quellen zu Fatwas:

    http://www.islaminstitut.de/Fatawa-Rechtsgutachten.10.0.html

    Merk – Loyalitätskonflikt oder wirkliche Überzeugung?

    Blasphemie (Gotteslästerung) ist in Ländern mit einer ‘ staatlich verordneten‘ Religion (Afghanistan), in Theokratien (Iran) und sogar in manchen laizitären Staaten (BRD) von Strafe bedroht. Maßgeblich für Strafbarkeit und Strafmaß ist immer die Verortung religiöser Traditionen, Leitlinien und Idealvorstellungen in der Wertehierarchie der jeweiligen Gesellschaft. In muslimisch geprägten Pseudo-Demokratien (Afghanistan) und islamischen Gottesstaaten (Iran) kann die Kritik an solchen Leitlinien nach dem dort geltenden Religionsgesetz, der Scharia, die Todesstrafe nach sich ziehen.
    Die für eine rechtliche Verfolgung zu Grunde liegenden Kriterien können sich in kulturell modernen Gesellschaften ändern. Europa nach der Aufklärung ist ein gutes Beispiel dafür. Ein Prozess gegen einen Wissenschaftler wie Galileio wäre heute undenkbar, die Bundesbürgerinnen sind in der Wahl ihres Bekenntnisses frei, das Prinzip Cuius regio, eius religio galt nach der Reformation, die Religionszugehörigkeit von Bundeskanzlerin Merkel ist ihre Privatangelegenheit.
    Auch die individuelle Interpretation von Glaubensinhalten und das persönliche Gottesbild erfüllen bisher den Tatbestand der Blasphemie genauso wenig wie Religionsübertritte und Atheismus. In laizitären Demokratien, die durch ihre säkulare Haltung die weltanschauliche Neutralität des Staates in Glaubensfragen und Weltanschauungen praktizieren (Frankreich), ist Religionsfreiheit, besonders auch die negative, ein verfassungsrechtlich verbrieftes Grundrecht.
    In der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst beispielsweise soll die Einstellung einer Bewerberin oder die Eingruppierung in eine höhere Gehaltsstufe nun wirklich nicht von ihrem Glaubensbekenntnis sondern von der Eignung für diese Arbeitstelle abhängig sein. Für viele auch tief religiöse Menschen tragen solche Alltagsbedingungen zur Lebensqualität bei. Dieser eigentlich schon zur Tradition gewordene Umgang mit (negativer) Religionsfreiheit soll nun in Frage gestellt werden. Die in konservativen, kirchennahen Kreisen auf Missfallen gestoßene papst- und religionskritische Satire Pope Town ist dabei sicherlich nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Ginge es nach Justizministerin Beate Merk (CSU), würde zukünftig nicht erst eine Beschimpfung der Religion geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören, sondern bereits die Herabwürdigung oder Verspottung einer Religion.
    Merk befindet weiter, dass der öffentliche Friede bereits dann gestört sei, wenn der Spott das Vertrauen der Betroffenen ihre Religion beeinträchtigen könne.
    Sollte die bayrische Gesetzesinitiative den § 166 StGB (Gotteslästerung) zu verschärfen erfolgreich umgesetzt werden, dürfen wir solche “heiligen” Rechtssprüche wie die oben erwähnte neueste Fatwa aus Saudi-Arabien auch hier in der BRD nicht kritisieren. Patriarchale Frauenbilder, vormoderne Ehrbegriffe, Polygamie, Steinigung der Ehebrecherin und Tötung des Apostaten wären religiöse Inhalte, die wir nicht einmal offen in Frage stellen dürften, ohne mit einer Anzeige wegen Gotteslästerung rechnen zu müssen. Denn zweifellos dürfte sich auch in Deutschland immer irgendein Eiferer finden, der sich in seinen religiösen Gefühlen beleidigt fühlt.
    Die Anlässe zur Kritik mögen uns MitteleuropäerInnen merkwürdig erscheinen, manchmal auch mittelalterlich oder unmenschlich, im harmlosesten Fall ungerecht. So ist es beispielsweise in ultrakonservativ denkenden und handelnden muslimischen Familien Frauen nicht erlaubt, Männern bei der Begrüßung die Hand zu geben.
    Moderate MuslimInnen, Menschen- und FrauenrechtsaktivistInnen, die nicht selten nach der Bedrohung durch Todes-Fatwen oder vor sonstigen koranisch inspirierten Häschern zu uns nach Europa geflohen sind, alle diese freiheitsliebenden Menschen bekämen auch hier in Deutschland einen Maulkorb verpasst, sobald gegen ihre nicht mit der religiösen Doktrin konform gehenden Äußerungen Anzeige erstattet wird. Setzt man den geplanten Gesetzesentwurf tatsächlich konsequent um, hätten Ayaan Hirsi Ali, Necla Kelec, Serap Cileli, Seyran Ates, Ursula Spuler Stegemann und Christine Schirrmacher auch im angeblich so liberalen Europa nie ihre Bücher schreiben dürfen, der Verkauf sämtlicher im Handel befindlichen religionskritischen Schriften müsste verboten, der Nachdruck solcher Werke untersagt werden. Auch wir bloggenden IslamkritikerInnen dürften beispielsweise den Inhalt der oben genannten Rechtsgutachten und Scharia-Urteile nicht einmal offen in Frage stellen.
    An dieser Stelle wird spätestens sichtbar, dass die deutsche Justiz sich als Büttel der hart agitierenden, weltweit vernetzten theokratischen und fundamentalistischen Hardliner missbrauchen ließe. Bücherverbot in der freiheitlich demokratischen Bundesrepublik. Dem restaurativen Denken und Handeln des weltweit erstarkenden christlichen und islamischen Fundamentalismus würden Tür und Tor geöffnet, der individuelle Handlungsspielraum würde extrem eingeschränkt. Wollen wir wirklich auf der Überholspur ins Mittelalter? Ist Justizministerin Merk “Überzeugungstäterin” oder hindert sie ein schwer aufzulösender Loyalitätskonflikt mit dem ehemaligen Ministerpräsident Edmund Stoiber autonom zu denken.

    Ümmühan Karagözlü
    http://schariagegner.wordpress.com/

  7. Da hat sich die CSU mal wieder bei der katholischen Kirche einschleimen wollen. Ich sehe glücklicherweise nicht, dass daraus etwas wird. Das StGB ist ein Bundesgesetz, und keine der denkbaren Koalitionsparteien der Union, schon gar nicht die FDP, würde so etwas mittragen, wahrscheinlich nicht einmal die CDU; und schließlich müsste das Ganze noch in Karlsruhe bestehen.

    Insofern sehe ich also keine Gefahr. Aber richtig ist, dass man die christlich-konservative Ecke im Auge behalten muss. Wir haben schon vereinzelte Vorstöße, diesen Kreationistenquatsch in die Lehrpläne aufzunehmen (und nicht zufällig wird so etwas von Islamisten unterstützt, ihr habt ja bei Schariagegner und Sägefisch darüber berichtet). Das Gefährliche daran ist, dass hier die geistigen Standards der Aufklärung aufgeweicht werden. Irgendwann kann dann jeder Unsinn propagiert werden, ohne auf Hohngelächter zu stoßen, solange er sich ein religiöses Mäntelchen umhängen kann.

    Wenn ich sage, dass das Christentum zur Demokratie passt, dann meine ich gerade nicht dessen klerikalen Aspekt, und schon gar nicht eine fundamentalistische Auslegung; soviel ist sicher auch aus meinem Text klar geworden. Wir haben es hier mit einem wirklichen Dilemma zu tun:

    Auf der einen Seite muss man sich gegen den postmodernen Relativismus wehren, wonach alle Religionen gleichermaßen gut oder schlecht seien – das ist definitiv nicht der Fall, und ich halte es für wichtig, dass sich unsere Gesellschaft auf die christlichen Wurzeln ihrer Kultur besinnt. Insofern muss man auch den Kirchen ihren Spielraum lassen.

    Auf der anderen Seite zwingt uns der Gleichheitsgrundsatz, jedes Recht, das die Kirchen haben, auch nichtchristlichen Religionsgemeinschaften einzuräumen (Religionsunterricht z.B.). Und wir bekommen es mit christlichen Fundamentalisten zu tun, die nur deshalb gegen den Islam sind, weil sie selber reaktionär und theokratisch denken und handeln, und die nicht für die Trennung von Religion einerseits, Politik, Wissenschaft und Kunst andererseits sind, sondern bloß die „richtige“, d.h. christliche Theokratie wollen. Solche „Verbündeten“ kann man ungefähr so brauchen wie einen Kopfschuss.

  8. „und ich halte es für wichtig, dass sich unsere Gesellschaft auf die christlichen Wurzeln ihrer Kultur besinnt. Insofern muss man auch den Kirchen ihren Spielraum lassen.“

    Das Problem mit dieser Ausage ist, daß es nicht funktionieren kann, sich die Rosinen oder das Genehme (Toleranz, Nächstenliebe, Gleichheit aller Menschen, Arbeitsethik) aus dem Gesamtsystem (der christlichen Lehre) herauszupicken und das Unangenehme, wie zB. den Schöpfungsbericht, zu negieren.

    Es wäre sicherlich lohnend, einmal von dir erklärt zu bekommen, worin das Schädliche und sogar Denkfeindliche der Schöpfungsgeschichte für die moderne Gesellschaft besteht, lieber Manfred. Das dürfte ein lohnendes, weil brandaktuelles Thema sein.

    Anderer Punkt: Wenn du das Christentum als persönlichen Glauben von den biblischen Texten lösen willst, wird das nicht gutgehen. Ein „Zentrum des Glaubens in der Person Christi“ ohne die biblischen Texte geht nicht. Es sind nämlich NUR diese Texte, die uns überhaupt eine Person und deren Worte, Taten und Handlungsmaximen beschreiben.

    Es ist definitiv die „Krux“ mit dem Schriftgut: wer schreibt, der bleibt. Geschriebenes Wort entfaltet seine Wirkung und ist, bei entsprechendem Inhalt und Anspruch!, nicht mehr „aus der Welt zu schaffen“. Das bedeutet, daß das Bild und die Vorstellung von der Person Jesus im menschlichen Bewußtsein für immer und unkorrigierbar durch die Berichte der vier „kanonischen“ Evangelien festgelegt ist. Es könnten sich unzählige begbate menschen vornehemen, neue und andere Thesen über das Leben und Wirken von Jesus schriftlich zu verbreiten – es würde alles verebben und versanden, allenfalls als krude Sekte enden („Mormonen“, „Zeugen Jehovas“). Das Bild ist da und wird bleiben.

    Insofern läßt sich die Person und der Glaube unmöglich von der schriftlichen Darstellung trennen, es läßt sich auch dieses gesamte Schriftwerk „Bibel“ in seinen Grundausagen und seinen stringenten inneren bezügen und Zusammenhängen nicht umdeuten. Es umdeuten oder Texte selektieren zu wollen, bedeutet, es abzulehnen. Hier liegt eine der Ursachen für den Niedergang des Chrustentums in Europa: Selbstdemontage der jahrhundertelang unveränderten Schriftgrundlage durch bibelkritische Theologie.

    Insofern ist das eine extrem fundamentalistische Position, die aber nicht „schädlich“ oder aggresiv ist, aus dem einfachen Grund, weil eben das zugrundeliegende schriftliche Fundament nicht schädlich und aggressiv ist! Das sollte jeder Fundamentalismus-Kritiker dreimal lesen und auch begreifen. Biblischer Fundamentalismus ist ja eben gerade *pazifistisch, *geschlechterneutral, *gewaltablehnend, *legalistisch, *wissenschaftsfreundlich, *tolerant, *demokratieermöglichend, *bildungs- und leistungsfördernd etc. pp.

    Genau das hast du in deinem Artikel ja selbst festgestellt!

    Als nächstes gilt es zu unterscheiden zwischen der instituionalisierten Religion und demneutestamentlichen Verständnis von Christsein. Obwohl eine Überführung der christlichen Lehre in ein soziales System unvermeidlich war, wie du sehr schön beschrieben hast, steht dieses System, ob nun in protestantischer oder katholischer Ausprägung, im Widerspruch zu dr undogmatischen, den „Geist“ über den „Buchstaben“ stellenden Lhre Jesu. Eine „Kirche“ im institutionalisierten Sinne kennt Jesus nicht. Sein „Leib“ existiert außerhalb jeglicher Sozialstrukturen und außerhalb kontrollierbarer Vorschriften. Er beruht einzig auf einer individuellen Beziehung jedes Gläubigen zu diesem Jesus – ein Kennzeichen, das tatsächlich innerweltlich nicht überprüfbar ist. Dazu passt die Aussage Jesu „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ – d.h. es wird nicht hier sichtbar, es wird nicht hier verteidigt. Alle Institutionen sind Ersatzvehikel, ohne die es nicht geht, die aber ganz sicher nicht „das Eigentliche“ darstellen. Insofern kann man unmöglich die Behinderung von wisenschaftlichem Fortschritt, die Kreuzzüge o.ä. dem Christentum bzw. dem „Leib Christi“ anlasten, sondern höchstens sozialen Systemen, Institutionen, die den biblischen Intentionen widersprechen.

    Die Grundaussage, daß Demokratie nur auf christlich-jüdischer(!) Wertebasis wirklich machbar ist, unterstütze ich natürlich voll. Indien ist kaum als funktionierende Demokratie einzuschätzen, Japan wäre einige Überlegungen wert, und dann hörts auch schon auf.

    Ebenfalls zustimmen möchte ich der Ausage, daß religiöse Werurteile und Moralkategorien dem Hndeln der Menschen in allen Bereichen immer zugrundeliegen. das gilt selbst für Atheisten, auch wenn sie sich dessen nicht sehr bewußt sind. Vom Kern her ist der Mensch ein unheilbar rekigiöses Wesen – zur Zeit wieder beweisbar durch die religiösen Züge der Klimadebatte (von M. Horx bestens erläutert).

  9. Offtopic: Die Kommentar-Maske hat ein Eigenleben (das sonst übliche „Einfügen“ ist durch „Überschreiben“ ersetzt) – was die Korrektur von Tippfehlern echt behindert. Möchte ich mal so fundamentalistisch behaupten…und mich für den oben schnell heruntergetippten, aber abstoßend fehlerhaften, Text entschuldigen (die Form, nicht en Inhalt). 🙂

  10. Es ist ganz einfach:
    Demokratie ist Sünde und Torheit. Sie passt zu keiner Religion.
    Nur ein König kann ein Volk richtig führen.

    Es werden Könige emporsteigen und die Demokratien stürzen. Und das ist gut so!

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