Der Befreiungsschlag der AfD…

…ist Thema meiner Kolumne in der soeben erschienenen neuen Ausgabe der „Zuerst!“:

zuerst-8-9-2015Die Ablösung Bernd Luckes war für seine Partei ein Befreiungsschlag, für ihn selbst und für seinen publizistischen Doppelgänger Dieter Stein jedoch eine Blamage. Der Chefredakteur der Jungen Freiheit (JF) hatte Luckes Illusionen geteilt und ihm sein Blatt unter flagranter Mißachtung journalistischer Schamgrenzen als Kampfblatt für seinen Grabenkrieg gegen die Mehrheit der eigenen Parteimitglieder zur Verfügung gestellt…

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Weitere Themen: Die Invasion der Afrikaner, ein Interview zum selben Thema mit Michael Klonovsky, eine sehr aufschlussreiche Reportage über den Verlauf des AfD-Parteitags… Ich werde jetzt hier kein Inhaltsverzeichnis präsentieren, kauft sie euch einfach, es lohnt sich allemal!

Zum Führungswechsel in der AfD

Pessimisten wie ich hatten seit der Gründung der AfD 2013 befürchtet, sie werde zu einer seichten wirtschaftsliberalen Mainstreampartei verkommen, dabei aber einen erheblichen Teil des oppositionellen Potenzials in Deutschland an sich binden und es damit neutralisieren.

Bernd Lucke – gescheitert
Bernd Lucke – gescheitert

Mit der Abwahl Bernd Luckes als Vorsitzendem der AfD haben vorläufig die Optimisten Recht behalten, und ungeachtet meiner Neigung zur Rechthaberei gönne meinen Freunden in der AfD ihren Erfolg zu sehr, als dass ich jetzt schon nach dem Haar in der Suppe suchen würde. (Erfahrungsgemäß tauchen solche Haare ohnehin früher auf, als irgend jemandem lieb sein kann.)

Mit Bernd Lucke ist zugleich ein Konzept gescheitert, das nicht nur strategisch falsch ist, sondern auch nie den Ruch des Unanständigen loswurde: nämlich das Konzept, eine oppositionell-konservative Basis als Stimmvieh und kostenlose Wahlkampftruppe einzuspannen, sich über ihre politischen Präferenzen aber arrogant hinwegzusetzen; die Stimmen eines oppositionellen Spektrums einzusammeln und mit dessen Widerstand gegen EU-Machtanmaßung und Masseneinwanderung Wahlen zu gewinnen, dabei aber zu wissen, dass man selbst gar nicht daran denkt, irgendetwas Wirkungsvolles gegen diese Dinge zu unternehmen. Wenn die politische Klasse, die ja weiß, wie unpopulär ihre Politik und wie unvermeidlich daher die Entstehung einer Oppositionspartei ist, sich eine solche Partei hätte schnitzen dürfen, wäre genau die Lucke-AfD dabei herausgekommen.

Luckes Ankündigung, eine neue Partei gründen zu wollen, braucht man selbst dann nicht allzu ernst zu nehmen, wenn sie ernst gemeint sein sollte: Für eine rechtsoppositionelle Partei ist Platz und Bedarf – die Lage in unserem Land schreit geradezu danach –, für eine wirtschaftsliberale Partei nicht. Wäre es anders, Lucke und seine Entourage hätten es nicht nötig gehabt, ihre Partei über einer konservativen Basis zu errichten. Sie hatten es nur deshalb nötig, weil sie mit ihrem Vorhaben, die Politik des Establishments im Wesentlichen zu übernehmen und sie nur besser zu managen, nicht einmal den sprichwörtlichen Hund hinter dem Ofen hätten hervorlocken können.

Dieter Stein – dito
Dieter Stein – dito

Dass der Herausgeber der Jungen Freiheit es für richtig hielt, sein Blatt einer solchen Politik als konservatives Alibi zur Verfügung zu stellen und es damit in jeder Hinsicht zu einem Feigenblatt zu machen, stellt seinem politischen Instinkt ein vernichtendes Zeugnis aus. Bei allem Respekt vor seiner wahrlich nicht geringen unternehmerischen Leistung, ein Blatt vom Profil der Jungen Freiheit aufzubauen und gegen alle Widerstände jahrzehntelang am Leben zu erhalten: Dieter Stein ist exemplarisch der Typ Schuster, der nicht bei seinen Leisten bleibt. Das unternehmerische Format, eine Zeitung aufzubauen, ist eine Sache – das intellektuelle Format, sie strategisch sinnvoll einzusetzen, eine völlig andere.

Man darf gespannt sein (und eher bezweifeln), ob er die neue AfD-Führung ebenso engagiert unterstützt wie die alte. Bedenkt man freilich, dass er sich mit seiner an Hofberichterstattung grenzenden Schützenhilfe für Lucke über die Präferenzen seiner Leser mindestens so hochnäsig hinweggesetzt hat wie Lucke seinerseits über die seiner Parteibasis, so illustriert die aufdringliche Selbstprawdaisierung der Jungen Freiheit zu Gunsten der Lucke-AfD die Gültigkeit des Sprichworts, dass gleich und gleich sich gern gesellt, und legt nahe, dass diese Unterstützung auf der Solidarität eines politisch dilettierenden Herrenclubs und dessen Eintracht im Gutsherrendünkel beruhte.

Jürgen Elsässer: “Junge Freiheit”-Chef deckt Luckes Verrat an der AfD

Jürgen Elsässer hat heute in einem offenen Brief nicht nur die Haltung des AfD-Vorsitzenden Lucke, sondern auch des ihm sekundierenden JF-Chefredakteurs Dieter Stein zur Frage von Sanktionen gegen Russland scharf kritisiert:

Sehr geehrter Herr Stein,

warum decken Sie den Verrat von Bernd Lucke und anderer AfD-Europaabgeordneter an dem friedenspolitischen Grundsatzbeschluss des letzten AfD-Bundesparteitages in Erfurt? Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass sich die erdrückende Mehrheit dieses Parteitages nach vielstündiger Debatte GEGEN Russland-Sanktionen ausgesprochen hat – und diese Mehrheit sich jetzt verraten fühlt durch Abgeordnete, die im Europaparlament zusammen mit CDU/CSU, SPD und Grünen FÜR Russland-Sanktionen abgestimmt haben? Wäre es nicht Aufgabe einer oppositionellen Zeitung, wofür die “Junge Freiheit” bis heute vielen gilt, die Liquidierung einer Oppositionspartei wie der AfD durch ihre eigene Führungsspitze kritisch zu kommentieren – anstatt diejenigen, die auf diesen Verrat aufmerksam gemacht haben, mit Hohn und Spott verächtlich zu machen?

Sie schrieben gestern Abend:

(Auszug Stein) Es ist für mich einfach schleierhaft, weshalb sich die AfD kurz vor den Landtagswahlen in eine überflüssige, hysterische, schwachsinnige Debatte um den „Rußland-Kurs“ verwickeln läßt. (…) Insbesondere über Facebook formiert sich aber seit einigen Tagen ein sich hysterisch überschlagender und aus teilweise dubiosen Motiven gespeister Shitstorm, bei dem Fanatiker gar den Rücktritt des AfD-Chefs Lucke fordern, wenn nicht sofort, jetzt und gleich irgendwelche Korrekturen in der Haltung zu Rußland in der Ukrainefrage vorgenommen werden. Hauptverstärker und Schlüsselfigur bei diesem idiotischen Dauergebrüll ist Jürgen Elsässer, der übrigens selbst seit einiger Zeit AfD-Mitglied sein soll und sich als unabhängiger Kritiker aufspielt. (Auszug Stein Ende)

Finden Sie es förderlich für diese notwendige Diskussion, wenn Sie die vielen von Lucke jetzt enttäuschten AfD-Mitglieder als “Fanatiker” abqualifizieren, die eine “hysterische, schwachsinnige Debatte” führen und sich im “idiotischen Dauergebrüll” verlieren, nur weil sie fordern, dass Lucke nach diesem Vertrauensbruch zurücktreten muss?

Ich kann damit leben, dass Sie mich als “Hauptverstärker” dieses Proteststurmes sehen – tatsächlich sehe ich es als Aufgabe von COMPACT an, oppositionelle Stimmen für den Frieden, in der AfD wie in jeder anderen Partei, nach Kräften zu bündeln und zu befördern. Eine “Schlüsselfigur” kann ich aber schon deswegen nicht sein, weil ich – anders als Sie aus trüben Quellen fischend behaupten – kein AfD-Mitglied bin. Dass Sie mich im folgenden auch noch persönlich als “linksradikales Irrlicht” angreifen und auf meine Biographie anspielen, spricht Bände über die Schwäche Ihrer Sachargumente.

Leser von sowohl COMPACT wie Junge Freiheit haben sicher gemerkt, dass unsere Positionen in Bezug auf Ukraine/Russland weit auseinander gehen. Tatsächlich gehört COMPACT zur Fraktion der Putin-Versteher – wie die Altbundeskanzler Schmidt, Schröder und Kohl, wie Handelsblatt-Chef Gabor Steingart und der Unternehmer Wolfgang Grupp. Wir alle argumentieren im deutschen Interesse und nicht, wie Sie im Nachäffen der Mainstream-Propaganda unterstellen, aus “Servilität” gegenüber Russland.

Sehr geehrter Herr Stein, Europa befindet sich in diesem Sommer am Abgrund eines Krieges – die gefährlichste Situation seit der Kuba-Krise 1962, vielleicht sogar seit 1945. Warum Menschen, die wie Bernd Lucke und Sie einst als Kritiker der etablierten Politik angetreten sind, nun mit dem Berliner Establishment den Schulterschluss üben und mit der Forderung nach Sanktionen Öl in das Feuer gießen, das in der Ukraine lodert, verstehe ich nicht.  Wollen Sie die JF, will Herr Lucke die AfD zum Beiboot der CDU/CSU machen? Welchen Sinn sollte das haben?

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Die entscheidende Frage lautet:

Wollen Sie die JF, will Herr Lucke die AfD zum Beiboot der CDU/CSU machen?

Die korrekte Antwort lautet:

Ja.

Die Alternative für Deutschland ist alles, nur keine Alternative für Deutschland. Ihre Führung ist alles, nur keine Opposition. Selbst wenn sie diesen Anspruch erhöbe, wäre das Babyface von Bernd Lucke bereits ein überzeugendes Dementi.

Die AfD hatte aus der Sicht ihrer Führungsspitze nie einen anderen Sinn als den, das enorme Unzufriedenheitspotenzial in Deutschland in harmlosen Bahnen zu kanalisieren und zu neutralisieren. Ich sage dies mit Bedauern, weil ich weiß, dass sehr viele anständige und fähige Leute große Hoffnungen in diese Partei gesetzt haben und sich aus aufrichtigen patriotischen Beweggründen für sie aufreiben. Ich kann diese Menschen nur auffordern, sich ihrer politisch korrupten Parteiführung zu entledigen.

Ob die Verantwortlichen der Jungen Freiheit den Kurs der AfD aus lauterer Überzeugung, das heißt aus Mangel an politischem Urteilsvermögen unterstützen, kann ich nicht beurteilen. Es gilt aber in unseren gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen als offenes Geheimnis, dass die Aussicht, genauer: die bloß vermeintliche Chance auf gesellschaftliches Avancement, die Hoffnung auf Zugehörigkeit bzw. Rückkehr in den Kreis der politischen und gesellschaftlichen Eliten (und bestünde diese Rückkehr bloß in der gelegentlichen Teilnahme an einer so fragwürdigen Veranstaltung wie dem ARD-Presseclub) für die Verantwortlichen des Blattes ein starkes Motiv darstellt, eine eventuell vorhandene bessere politische Einsicht zu ignorieren.