Zum Hirtenbrief

Der Hirtenbrief des Papstes zu sexuellem Mißbrauch ist heute in englischer und italienischer Sprache erschienen. Er behandelt die Mißbrauchsfälle in Irland, die seit über einem Jahr untersucht werden, und erwähnt Deutschland mit keinem Wort! Das ist sehr gut! Das ist super! Das ist exzellent. Das ist weise und gerecht und würdig! Vere dignum et iustum est! Denn es zeugt von einer gewissen rechtlichen Denkart, es zeugt überhaupt von normalem Denken!

Die irischen Fälle sind seit längerem bekannt, und wurden “aufgearbeitet”, wie der zeitgenössische Begriff lautet. Dazu kann man sich äußern, dazu kann man was sagen, das kann man beurteilen und bedauern und sich entschuldigen! Die deutschen Fälle dagegen, sind sechs Wochen alt. Kein einziger wurde bearbeitet, keine Gerichtsverhandlung, keine Untersuchung hat seither stattgefunden. Da es sich teilweise um Tote handelt, um Alzheimerpatienten und 90-jährige Greise, die von 65-jährigen Rentnern angeklagt werden, und zwar in wenig vertrauenswürdigen Medien wie BILD und SPIEGEL, nicht bei der Justiz, läßt sich überhaupt kein klares Bild derzeit gewinnen. Außerdem werden von der linken Christenhasser-Systempresse Privatschulen und katholische Schulen in einen Topf geworfen, Ohrfeigen werden mit Vergewaltigungen zu einem stinkigen Cocktail vermixt! Fälle seit 60 Jahre werden angeführt, die insgesamt nicht einmal einen Bruchteil des “normalen” sexuellen Mißbrauchs im Lande per annum ausmachen! Die Goebbels-artige Propaganda stinkt zum Himmel und kann niemals der Maßstab einer gerechten Beurteilung sein!

Kewil

Was für eine Familie, Herr Minister?

Sehr geehrter Herr Westerwelle,

wir haben uns schon an allerhand Eigenheiten Ihrer Amtsauffassung gewöhnen müssen: Wir haben uns daran gewöhnt, dass Sie unsere hart verdienten Steuergelder an die Mäzene und Sponsoren Ihrer Partei weiterreichen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die polnischen Interessen bei Ihnen in guten Händen sind. Wir haben uns daran gewöhnt, dass sie die beleidigte Diva geben, wenn Kabarettisten Sie aufs Korn nehmen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Sie ihren Lebenspartner auf buchstäblich jede Auslandsreise mitnehmen, notfalls auch nach Warschau, Moskau und Riad, und bestimmt werden Sie ihn demnächst auch im Vatikan vorstellen.

Wahrscheinlich entspricht es auch Ihrer Auffassung von Diplomatie, auf diese Weise Ihren Gesprächspartnern zu demonstrieren: „Ich pfeife auf Euer (rückständiges) Anstandsempfinden.“ Dass Sie in Ländern, in denen eine deutlich konservativere Sexualmoral herrscht als hierzulande, verachtet werden, wenn Sie mit Ihrem Lebenspartner auftauchen, schert Sie möglicherweise nicht. Auch nicht, dass Sie damit in den Augen Ihrer Gesprächspartner die Dekadenz und den Niedergang Deutschlands illustrieren. Selbstverständlich begreifen wir, dass unser Interesse am Ansehen Deutschlands schon einmal zurückstehen muss, wenn es mit dem Interesse der Schwulenlobby kollidiert, in prestigeträchtigem Rahmen demonstrativ vertreten zu sein.

Sie sehen also, wir sind nicht intolerant, zumal in einer Regierung wie der gegenwärtigen selbst ein Hanswurst wie Sie kaum unangenehm aufzufallen vermag. Wir verbitten uns aber, dass Sie unsere Sprache versauen, nur um uns Ihre Ideologie unterzujubeln:

Da der Opposition die politischen Argumente ausgehen, versuchen sie es jetzt mit persönlichen Attacken gegen mich und meine Familie

Herr Minister, Sie haben keine Familie! Es sei denn in Ihrer Eigenschaft als Kind Ihrer Eltern. Eine Familie besteht aus Vater, Mutter und mindestens einem Kind. Sie wollen das für sich nicht, gut, Sie müssen ja auch nicht. Aber bombardieren Sie uns nicht mit Neusprech, da sind wir empfindlich!

Babylon I

Eines der meistgelesenen, zumindest aber meistgekauften Sachbücher der letzten Jahre trägt den Titel „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ und rechnet mit all dem falschen, schlechten, schiefen, sinnentleerten und sinnentstellenden Deutsch ab, das täglich aus den Medien quillt. Mittlerweile ist die dritte Folge erschienen, auch die in stattlicher Auflage. Offensichtlich bin ich also nicht der einzige Mensch, den dieses Deutsch stört. Nur bei seinen Urhebern, namentlich Journalisten, scheint die Kritik nicht angekommen zu sein. Vielleicht muss sie aber auch spurlos an ihnen vorübergehen; vielleicht können sie einfach nicht richtig Deutsch.

Ich bin berufsbedingt viel im Auto unterwegs und höre daher oft Radio. Wahrscheinlich fallen mir Fehlleistungen deshalb besonders auf: Im Radio lenkt mich die unmögliche Krawatte des Moderators nicht ab, und ich kann auch über Fehler nicht einfach hinweglesen. Die im Folgenden zitierten Beispiele stammen deshalb fast alle aus Sendungen von Info-Radio und solchen des Deutschlandfunks – also aus weiß Gott seriösen Medien, und aus Texten, die vorgelesen, also nicht aus dem Stegreif formuliert wurden.

Was geht zum Beispiel im Kopf eines Journalisten vor, der den folgenden Satz formuliert:

„Die Krankenschwestern prangerten die systematische Folter in dem libyschen Gefängnis an, um Geständnisse zu erpressen.“

Aha, die Krankenschwestern wollten Geständnisse erpressen. Wird es sich irgendwann – wieder – herumsprechen, dass Finalsätze, also Sätze, die mit „um (…) zu“ eingeleitet werden, nicht irgendjemandes Absichten wiedergeben, sondern die des Subjekts, hier also die der Krankenschwestern?

Das Subjekt eines passiv konstruierten Satzes bezeichnet nicht den, der etwas tut, sondern den, mit dem etwas getan wird. Klarer Fall? Von wegen:

„In China werden Dissidenten gerne einmal ins Gefängnis gesteckt.“

„… dass der tote US-Soldat triumphierend durch die Straßen von Mogadischu geschleift wurde.“

Na und, wird mancher sagen, da werden die Opfer zwar verhöhnt, aber was soll’s? Es ist doch klar, was gemeint ist. Gewiss, nur das die Sprache ihre eigenen Gesetze hat, und wenn die irgendwann keiner mehr kennt, weil keiner sie mehr beachtet, dann taugt die Sprache nur noch als Instrument der Demagogie. — Um Himmels willen, was habe ich getan??? Ich habe in elitärer Weise meine Leser überfordert: Ich habe den GENITIV verwendet!

Einem professionellen Journalisten (der sich selbst natürlich als „journalistischen Profi“ bezeichnen würde), wäre dergleichen niemals unterlaufen. Der hätte nicht von einem „Instrument der Demagogie“, sondern von einem „demagogischen Instrument“ gesprochen, denn merke: Wenn Du einen Genitiv ersetzen kannst, dann ersetze ihn: durch ein Adjektiv, durch ein zusammengesetztes Wort, am besten aber durch beides. Sprich niemals vom Programm der Großen Koalition, sprich vom „großkoalitionären Programm“! Und wenn Du schon dabei bist: Sprich von der „großkoalitionären Einigkeit“, wenn Du die Einigkeit in der Großen Koalition meinst. Und das Unbehagen der Bürger an der Großen Koalition, wie nennst Du das? Richtig: „Großkoalitionäres Unbehagen“!

Kurz und gut: Wenn Du zwei Dinge, egal wie, aufeinander beziehen willst, nimm ein Adjektiv, und Du brauchst Dir keine Gedanken mehr zu machen, was Du eigentlich aussagen willst. Eine Sorge weniger!

Na und, wird mancher wieder einwenden. Das klingt zwar hässlich, aber auch hier ist doch klar, was gemeint ist.

Ja? Es ist noch gar nicht so lange her, da nannte man Adjektive „Eigenschaftswörter“ – also Wörter, die nicht irgendeinen Bezug, sondern die Eigenschaften von Dingen ausdrücken sollten. Ich bin gar nicht der Purist, als der ich jetzt vielleicht erscheine – meinetwegen kann man hilfsweise ein Adjektiv verwenden, um einen Genitiv zu vermeiden oder ein bürokratisches „bezüglich“ zu vermeiden. Hilfsweise kann man das tun – wenn man denn weiß, was man tut.

Weiß es aber der Journalist, der von „Russlands demokratischen Defiziten“ sprciht? Donnerwetter, denkt der Hörer, so durch und durch demokratisch ist Russland, dass sogar seine Defizite noch demokratisch sind! – Nein, das denkt er natürlich nicht. Aber es hätte bestimmt nicht geschadet, wenn der Sprecher gesagt hätte, „dass Russland nicht so demokratisch ist, wie wir uns das im Westen wünschen“. Damit hätte er offengelegt, mit welcher Elle er Russland eigentlich misst – und er hätte es vermieden, in die Rolle des sauertöpfischen Buchhalters zu schlüpfen, der anderen ihre „Defizite“ vorrechnet.

Der gedankenlose Missbrauch von Adjektiven ist zuerst schlampig, dann hässlich und zum Schluss sinnentstellend: Wenn es in einer Buchbesprechung des DLF heißt, im Oktober 1914 habe das Osmanische Reich „den deutschen Feinden den Djihad erklärt“ – gemeint waren aber die Feinde Deutschlands, also das Gegenteil! -, dann wird’s babylonisch!

Und dann gibt es die schmierige Unsitte, sich beim Publikum mit einer Sprache anzubiedern, die umgangssprachlich leger sein soll, und die doch nur schlecht und falsch ist: Wenn der normale Berliner sagt „Ick hab mir mal’n Reichstach anjekiekt“, dann verwendet er das Wort „Reichstag“ völlig korrekt als Bezeichnung für ein Gebäude. Was aber ist gemeint, wenn es heißt „Außenminister Fischer kritisierte im Reichstag…“? Hat er dann eine Regierungserklärung vor dem Bundestag abgegeben oder einfach in dessen Caféteria vor sich hin gestänkert? Wenn von einer „Reichstagssitzung“ die Rede ist- Ja, auch das ist schon vorgekommen! – dann kann das nur heißen, es gebe eine Institution dieses Namens. Und da ist es nur konsequent zu sagen: „Im Jahr 2009 will die NPD in den Reichstag einziehen.“ Klar: Die NPD selber hätte es genau so formuliert. Und das ist das Ärgerliche: Am Anfang will man nur ein bisschen locker sein – am Ende bringt man rechtsradikale Ideologie unter die Leute!

Politisch weniger bedenklich, aber nicht weniger verwirrend ist die Marotte, Bundesinstitutionen als „Berliner“ Institutionen zu bezeichnen: „Berlin will die Bürger entlasten“, und wir können raten, ob wir uns bei Angela Merkel oder bei Klaus Wowereit zu bedanken haben. Mit dem „Berliner Parlament“ ist manchmal tatsächlich das Berliner Parlament, also das Abgeordnetenhaus gemeint, manchmal aber auch der Bundestag, und wieder können wir raten. Eine „Berliner Abgeordnete“ doziert über die Probleme von Weinbauern – und irgendwann kapieren wir, dass es sich um eine Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz handelt.

Dasselbe Wischiwaschi bei Amts- und Funktionsbezeichnungen. Offenbar ist es irgendwie uncool, Begriffe wie „Präsident“, „Ministerpräsident“, „Minister“, „Bürgermeister“, „Vorsitzender“, „Geschäftsführer“, „Mannschaftskapitän“ oder „Leiter“ zu verwenden – vom „Führer“ ganz zu schweigen. Es gibt nur noch Chefs: den Staatschef, den Stadtchef, den Bahnchef, den Landeschef, den Co-Chef, den Palästinenserchef, den Außenamtschef, den Mannschaftschef (nicht zu verwechseln mit dem Teamchef), den Gewerkschaftschef (Ob ein aufrechter Gewerkschafter wohl begeistert ist, wenn man ihn „Chef“ nennt?), den Kremlchef (Kremlchef!!! Man fragt sich, wann der Papst „Vatikanchef“ genannt wird!), den Südwestchef (Was ist schon ein baden-württembergischer Ministerpräsident, verglichen mit einem „Südwestchef“?) und die NRW-Chefin. Die NRW-Chefin? Wird Nordrhein-Westfalen jetzt von einer Frau regiert? Mitnichten; aber der Unterschied zwischen einem Ministerpräsidenten und einer Landesvorsitzenden ist mitsamt dem Duden, dem Grundgesetz und dem gesunden Menschenverstand im Redaktionspapierkorb gelandet.

Zum Schluss mein Vorschlag für den Titel „Unwort des Jahres“: Vor einigen Monaten trafen sich führende Politiker der großen Koalition … äh, pardon, ich meinte natürlich: fand ein großkoalitonäres Berliner Cheftreffen statt, bei dem es darum ging, wie man das Angebot an Kinderkrippenplätzen verbessern könne. Findige Journalisten tauften dieses Ereignis ohne eine Spur von Ironie:

KRIPPENGIPFEL

Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Zusammenkunft von zwei oder mehr Potentaten „Gipfel“ genannt wird. Woran denken wir dabei? An die Spitze des Olymp, majestätisch aus den Wolken ragend, wo der Rat der Götter über das Schicksal der Sterblichen befindet. Eine durchaus angemessene Metapher, wenn zum Beispiel von einem Nahost-Gipfel die Rede ist, bei dem es ja wirklich um Krieg und Frieden geht, um Leben und Tod. Aber ein

KRIPPENGIPFEL?

Das ist doch lächerlich!