Die „Steuersenkungspartei“ FDP prüft die Einführung einer PKW-Maut. Dabei hat diese Partei doch sowieso nicht allzuviel Programm; das bisschen, das sie hat, besteht im Wesentlichen darin, dass der Staat den Bürgern möglichst wenig Geld aus der Tasche ziehen soll. Und nicht einmal daran hält sie sich! Ob die FDP-Wähler das erwartet haben?
Die SPD in Thüringen vollzieht den „Politikwechsel“ – und versteht darunter nicht etwa einen Wechsel der Landes-, sondern ihrer eigenen Politik, also den Wechsel zur CDU. Ob die Thüringer SPD-Wähler das erwartet haben?
Die Grünen im Saarland vollziehen ebenfalls den „Politikwechsel“ – und verstehen darunter wiederum nicht etwa einen Wechsel der Landespolitik, sondern ebenfalls den Wechsel zur CDU. Ob die Grün-Wähler im Saarland das erwartet haben?
Die CDU in beiden Ländern ist plötzlich gegen Atomkraft und Studiengebühren, aber für die Grünen. Es sagt über die CDU mindestens soviel aus wie über die Grünen, dass eine angeblich christliche und konservative Partei für eine feministische, pazifistische, multikulturalistische, männer-, deutschen- und christentumsfeindliche Gutmenschenpartei der Partner der Wahl ist. Ob die CDU-Wähler das erwartet haben?
(Das einzige, was noch fehlt, ist eine Koalition zwischen CDU und Linkspartei, aber das kommt bestimmt auch noch – hat ja in der DDR auch funktioniert, sogar vierzig Jahre lang!)
Nicht, dass fünf linke Parteien im Wesentlichen dieselbe Ideologie teilen, ist der Skandal. Auch nicht, dass sie diesen Sachverhalt zu verschleiern suchen, um dem Wähler vorzumachen, er habe etwas zu entscheiden.
Der Skandal ist vielmehr, dass sie diese Wahrheit durch ihr Handeln offenlegen, verbal aber weiterhin abstreiten. Der Skandal ist, dass diese Parteien – und hier speziell die Union – etwas anderes zu sein behaupten, als sie sind.
Wir sollen uns an Koalitionen gewöhnen, die noch vor zehn Jahren ohne weiteres als politische Sodomie gegolten hätten – schwarz-rot, schwarz-grün, Ampel, Schwampel etc. -, weil sie den elementaren Kampf zwischen Links und Rechts außer Kraft setzen; zugleich sollen wir aber weiterhin glauben, es gebe für den Wähler etwas zu entscheiden. Wir sollen den Wettbewerb zwischen fünf linken Parteien nicht für eine Neuauflage des Blockparteiensystems der DDR halten, sondern für pluralistische Demokratie. Und wir sollen jede Partei, die die Ideologie der Kartellparteien nicht teilt, für extremistisch halten.
Vor der Wahl die Versprechungen ein wenig zu übertreiben, ist eine Sache. Nach der Wahl aber das genaue Gegenteil des Versprochenen zu praktizieren, ist Betrug und Verrat. Und diese Neigung zu Betrug und Verrat ist unseren sogenannten Eliten offenkundig derart zur zweiten Natur geworden, dass sie nach Verratsgelegenheiten sogar dann Ausschau halten, wenn es keinen zwingenden Grund dazu gibt. Als wollten sie ausprobieren, wieviel demonstrierte Verachtung man den „Bürgerinnen und Bürgern“ entgegenbringen kann, ohne dass die rebellisch werden. Trügen Politiker aus allen Parteien T-Shirts mit dem Slogan „Wir scheißen auf eure Erwartungen!“ – die Beleidigung und Demütigung des Volkes würde damit nicht dreister zur Schau getragen als mit dem, was täglich vor unseren Augen geschieht.
Ich bin nur über eines froh: Dass ich keines dieser verlogenen Machtsyndikate gewählt habe!