Wie man das Grundgesetz aushebelt: Handlungsanleitung für Putschisten (aus: Sezession Nr. 48)

Wie bekannt, ist die Sezession Nr. 48 seit kurzem zu haben. Hier ein Auszug aus meinem eigenen Artikel „Handlungsanleitung für Putschisten“:

Angenommen, Sie wären Politikberater der etwas skrupelloseren Art, und ihr Kunde wäre – sagen wir: in den sechziger oder siebziger Jahren – zu Ihnen gekommen, um zu erfahren, wie er legal das Grundgesetz aus den Angeln heben könne.

„Lieber Kunde“, hätten Sie ihm als zwar skrupelloser, aber eben kluger Kopf geantwortet, „das Grundgesetz beruht auf einer Reihe von soziokulturellen Voraussetzungen, ohne die es nicht funktioniert, nicht anwendbar oder einfach sinnlos ist; zerstören Sie diese Voraussetzungen!

Das Grundgesetz beruht auf der Autonomie einander kontrollierender Systeme – Zentralbank, Wissenschaft, Presse, überhaupt öffentliche Meinung, Justiz; finden Sie Mittel und Wege, sie gleichzuschalten!

Was immer das Grundgesetz unternimmt, den Staat an materielles Recht zu binden, letztlich hängt Legalität doch immer an der Einhaltung bestimmter Formen; mißbrauchen Sie diese Formen!

Jede Verfassung ist interpretierbar, und sie wird stets so interpretiert werden, daß sie zur Bewältigung tatsächlich existierender Probleme taugt. Schaffen Sie Probleme, die auf verfassungskonformem Wege nicht lösbar sind!

Demokratie setzt einen unabhängigen Staat voraus, denn nur in einem solchen existieren politische Alternativen, über die sinnvoll demokratisch entschieden werden kann; verstricken Sie den Staat in Abhängigkeiten!“

Weiter unten:

Private dürfen vieles, was der Staat nicht darf. Wenn Sie auf rechtliche Probleme stoßen, weil das Grundgesetz die Verfolgung politisch Andersdenkender verbietet, spannen Sie den Mob ein. Mobilisieren Sie das Schwein im Menschen! Nutzen Sie die Freude des Untertanen am Denunziantentum und die des Getrenenen am Treten. Sorgen Sie dafür, daß Oppositionelle ihren Arbeitsplatz verlieren, kein Bankkonto unterhalten und sich öffentlich nicht mehr versammeln können. Machen Sie sich selbst nicht die Hände schmutzig! Es werden sich genug Menschen finden, die für Sie die Drecksarbeit erledigen, legal oder illegal. Sie müssen nur dafür sorgen, daß der Staat gezielt wegschaut.

(…) Das führt uns zum allgemeineren Grundsatz, das, was Sie – also der Staat – selbst nicht tun dürfen, von Anderen tun zu lassen. Sie können nach unten delegieren – an den Mob – oder nach oben, an supranationale Institutionen. Schaffen Sie auf internationaler Ebene Fakten, an denen der nationale Gesetzgeber nicht vorbeikommt. Damit entfällt die parlamentarische Kontrolle: Die supranationale Ebene ist das Terrain der Regierungen, nicht der Parlamente. Ein von Dutzenden Regierungen ausgehandelter Vertrag kann auf nationaler Ebene nicht geändert, höchstens abgelehnt werden. Dies wird nicht geschehen, weil kein Politiker und kein Gericht sich nachsagen lassen will, gegen ‚Europa‘ oder gegen die ‚internationale Gemeinschaft‘ zu sein. Delegieren Sie jede Kompetenz, deren Sie zu diesem Zweck habhaft werden können, an die EU, die WTO, die UNO, die NATO – an wen Sie wollen, aber delegieren Sie! Stellen Sie dabei so viele wohlgetarnte Blankoschecks wie möglich aus.

(…)

Wie wir heute wissen, haben die Kunden unseres fiktiven Politikberaters all diese Ratschläge beherzigt. Sie haben es zur Meisterschaft in der Kunst gebracht, auf UNO- oder EU-Ebene Entscheidungen zu fällen, deren Tragweite die Öffentlichkeit nicht einmal dann versteht, wenn ausnahmsweise – dann aber in verschleiernder PR-Sprache – darüber berichtet wird.

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