Der Gutmensch – eine Horrorfigur

Wieder einmal, diesmal in Frankreich, ist eine jener Studien erschienen, die von Politikern diesseits und jenseits des Rheins geflissentlich ignoriert werden. Ihr zufolge ist die Anfälligkeit moslemischer Jugendlicher für islamistische und dschihadistische Propaganda erschreckend hoch: Bis zu einem Drittel befürwortet Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Ideen, und rund fünfzehn Prozent billigt explizit den Anschlag auf das Magazin „Charlie Hebdo“ beziehungsweise zeigt Verständnis dafür.

[Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin Compact 5/2017]

Rund ein halbes Jahrhundert nach Beginn der Masseneinwanderung von Moslems nach Europa ist deren Integration in die Kultur westlicher Länder nicht nur keinen Schritt nähergerückt, sondern entschwindet offenbar in immer weitere Ferne, je länger sie hier in Europa ansässig sind und je größer ihr Anteil an der Bevölkerung wird.

Dies hat zum einen mit den Eigenheiten des Islams zu tun, einer Religion, die sich als umfassende Lebens- und Gesellschaftsordnung mit Gültigkeit für alle Lebensbereiche versteht: Einen Vorbehalt nach Art des neutestamentlichen „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ kennt der Islam ebenso wenig wie ein Ethos der Selbstkritik („Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet“). Eine Trennung von Politik und Religion ist unter solchen Voraussetzungen nicht begründbar, schon gar nicht für die „beste Gemeinschaft, die je unter Menschen hervorgebracht worden ist“ (Koran Sure 3, Vers 110), sie wäre geradezu sündhaft.

Das Gesamtsystem islamischer Sozialnormen und Werte ist auf den Kerngedanken ausgerichtet, die eigene Gemeinschaft zu stabilisieren und sie in die Lage zu versetzen, die Völker und Religionen der „Ungläubigen“ nach und nach zu verdrängen. Der Dschihad war und ist kein Prozess der Bekehrung Andersgläubiger (übrigens auch nicht ihrer gewaltsamen Zwangsbekehrung), sondern eine religiös begründete, flexibel gehandhabte Doktrin, die darauf abzielt, zunächst die politische Kontrolle über nichtmoslemische Länder und Völker zu erlangen, um dann die Spielregeln so zu setzen, dass die „Ungläubigen“ langsam, aber sicher verschwinden.

Es ist also wahr, dass der Islam die Integration seiner Anhänger in westliche Gesellschaften be- und verhindert. Es ist wahr, dass ein guter Moslem, der dies auch bleiben möchte, deren Ethos der Gewaltfreiheit, Gleichheit und Toleranz nicht wirklich übernehmen kann. Die ganze Wahrheit ist es allerdings nicht.

Vor rund hundert Jahren konnte Kemal Atatürk noch sagen, es gebe überhaupt nur eine Zivilisation, nämlich die westliche, und der Islam sei ein stinkender Leichnam. Heute würde auch der glühendste türkische Säkularist einen solchen Satz nicht mehr aussprechen – nicht nur, weil er um sein Leben fürchten müsste, sondern ganz einfach deshalb, weil eine solche Behauptung heutzutage niemandem mehr einleuchten würde.

Wenn islamische Gemeinschaften sich auf Kosten ihrer nichtislamischen Umwelt stabilisieren und damit Erfolg haben, so hat dies eben nicht nur mit den Eigenheiten des Islams zu tun, sondern auch mit denen jener Umwelt, die sich ihre Destabilisierung gefallen lässt. „Integration“ setzt schon begriffslogisch die Existenz eines „integren“ Ganzen, also einer wie auch immer gearteten Gemeinschaft voraus. Je schwächer diese Gemeinschaft und je offensichtlicher diese Schwäche ist, desto unattraktiver ist es, sich ihr anzuschließen. Die Konfrontation westeuropäischer Gesellschaften mit islamischen Einwanderergesellschaften hat diese Schwäche offengelegt, aber nicht verursacht.

Eine geradezu groteske Selbsttäuschung grünwählender, liberaler, toleranter, binnen-i-schreibender, schwulenunterstützender Multikultifreunde und Gutmenschen besteht darin zu glauben, irgendjemand auf der Welt, der noch ganz bei Trost ist, wolle so werden wie sie. Ihre eigene Lächerlichkeit bleibt ihnen nur deshalb verborgen, weil die von ihresgleichen besetzte Ideologiebranche ihnen gleichsam auf die Schulter klopft.

Aus der Sicht von Moslems jedoch (oder überhaupt von Menschen mit traditionelleren Wertvorstellungen) erscheinen sie als genau das, was sie sind: als Neurotiker, die ihre Neurosen ihrem ganzen Volk aufzwingen und es dadurch in den Untergang führen. Verachtet werden demgemäß nicht nur die Neurotiker selbst, sondern auch das Volk, das sie ernstnimmt.

Gerade in der direkten Konfrontation mit einem auf Stabilität ausgerichteten Gesellschaftssystem wie dem Islam, das die Einhaltung von Normen rigide einfordert, zeigt sich die fatale Kehrseite eines westlichen Freiheitspathos, für das jede Art von Pflicht und Bindung bereits per se „repressiv“ ist. Wenn jeder nur frei von Bindungen ist, kann sich niemand auf den anderen verlassen, und die eingeforderte unterschiedslose Solidarität mit allen Menschen dieses Planeten ist eine Mogelpackung: Wer mit allen Menschen solidarisch sein will, ist es in Wirklichkeit mit niemandem und erfährt seinerseits keine Solidarität, wenn er sie braucht.

Die westliche Gesellschaft hat zweifellos viel Dynamik entfesselt – überhaupt leistet kein Wortpartikel so gute Dienste bei ihrer Beschreibung wie gerade „Ent-„: Entfesselung, aber auch Entgrenzung, Entortung, Entstrukturierung, Entwaffnung. Unsere Gesellschaft ist sehr gut im Niederreißen, aber unfähig, sich auch nur die Frage vorzulegen, was wohl besser gebunden, begrenzt, verortet oder bewaffnet bleiben sollte.

Dass die neuen Bundesländer gegen die – nicht einmal mehr schleichende – Landnahme durch Fremde so viel mehr Widerstandskraft aufbringen als die alten, hat damit zu tun, dass nach 1945 auf deutschem Boden zwei einander entgegengesetzte Gesellschaftskonzepte ausprobiert wurden. Beide waren bzw. sind revolutionär, aber das östliche verstand Revolution primär als Errichtung einer konkreten neuen Ordnung, das westliche als Entfesselung (schon wieder!) eines Prozesses der permanenten Liberalisierung, bei der jedes erreichte Ziel nur neue Forderungen weckt. Der Realsozialismus als Versuch der Verwirklichung einer konkreten Utopie konnte, ja musste irgendwann konservativ werden, während der abstrakte westliche Utopismus, der nur eine Richtung, aber weder Maß noch Ziel kennt, über kurz oder lang in einen selbstzerstörerischen Amoklauf münden musste.

Establishmentjournalisten stellen häufig und meist mit hämischem Unterton die Frage, warum der Osten, in dem so wenig Ausländer leben, sich ganz besonders gegen Einwanderung sträubt. Eine der vielen im Establishment unerwünschten, aber gerade daran als zutreffend erkennbaren Antworten lautet, dass die Deutschen östlich der Elbe immer noch mit dem gesunden Menschenverstand ausgestattet sind, den sie mit einem Großteil der übrigen Menschheit (einschließlich der meisten Einwanderer) teilen, und deswegen kein Interesse daran haben, so zu werden wie besagte grünwählende Establishmentjournalisten, Multikultifreunde und Gutmenschen.

 

Tanzt Du noch einmal mit mir?

Mein aktueller Lieblingshit stammt von einer Band namens “Broilers”, heißt “Tanzt du noch einmal mit mir” und versteht sich als Beitrag zum Krampf gegen Rechts:

Ich war mir so sicher und mein Freund, Du warst es auch, dass der Geist von damals nie wiederkehrt. Wir lagen falsch, mein Freund, wir waren zu dumm.

Ein faules Volk wie dieses hat sich noch nie gewehrt.

Das hättet ihr wohl gerne?

Die aggressive Dummheit der Volksbeschimpfung spiegelt eine Frustration und beginnende Panik bei den etwas sensibleren Linken, für die es vordergründig keinen Grund zu geben scheint.

Tanzt du noch einmal mit mir? Sei einfach nur da. Tanzt du noch einmal mit mir? Wenn nicht jetzt, wann dann? Tanzt Du noch einmal mit mir? Sei einfach nur hier, Tanzt Du noch einmal mit mir? Bevor das alles explodiert.

Wieder die Panik.

Die Gesichter wechseln und die Farben wechseln auch.

Sie scheinen mitbekommen zu haben, dass Rechte anders aussehen, als Linke sich das vorstellen. Von denen, die heute rechts sind, waren Viele vor fünf oder zehn Jahren noch links oder liberal, zum Teil waschechte Gutmenschen. Und sie haben heute noch den Habitus des linken oder liberalen Milieus, aus dem sie stammen: Eine x-beliebige Gruppe von, sagen wir, Islamkritikern, unterscheidet sich auf den ersten Blick in nichts von einer Gruppe linker Aktivisten, schon gar nicht durch Springerstiefel oder dergleichen. Höchstens dadurch, dass statt der taz die Junge Freiheit auf dem Kneipentisch liegt, und es gibt etliche, die auch heute noch als Sozialarbeiter, Lehrer, Universitätsdozenten etc. in typischen linksorientierten Strukturen tätig sind, sich dort freilich hüten, sich der Inquisition zu erkennen zu geben.

An dem Tag, wo ihr McCarthyismus in sich zusammenbricht, werden die Linken staunen, wer jetzt schon alles zu uns gehört.

Gezielte Worte zu stimmungsvoller Zeit.

Die linke Lebenslüge. Auch wenn es noch so sehr auf der Hand liegt, werden sie nicht zugeben, dass es nicht “gezielte Worte”, sondern die – nicht zuletzt von ihnen selbst geschaffenen – Realitäten sind, die Menschen in Scharen nach rechts treiben.

Der Mob, er läuft nicht, der Mob, er rennt …

… hören wir in einem Lied, das als Beitrag zum “Kampf gegen Rechts” d.h. zur größten politischen Mobbingkampagne seit Gründung der BRD konzipiert ist. Aber richtig, es ist eine stille Massenbewegung, und wer sich einmal in Bewegung gesetzt hat, bewegt sich immer schneller. Meinetwegen rennt er auch.

Den Nerv getroffen …

So ist es.

… und das Schwein in dir befreit.

Volksbeschimpfung, siehe oben. Das Bemerkenswerte ist das Eingeständnis, dass hier etwas befreit wird. In der Tat: Das Erlebnis, das man als Linker hat, wenn man die ersten Schritte nach rechts geht, gleicht dem Erlebnis, das Necla Kelek hatte, als sie das erstemal in eine Bratwurst aus Schweinefleisch biss: Wider Erwarten tat sich nicht die Erde auf, sie zu verschlingen, und die Wurst schmeckte gut: “Ich hatte gesündigt und fühlte mich gut dabei.”

Die Erkenntnisblockaden, an denen ich jahrzehntelang gescheitert war, purzeln zu sehen wie die Dominosteine, nur weil ich endlich die ersten linken Aprioris beiseite geschoben hatte, war eine Art geistiger Orgasmus. Man fühlt sich nicht nur gut dabei, man kann gar nicht genug davon bekommen. Man beginnt endlich, frei zu atmen. In “Kognitive Dissonanz und Political Correctness” habe ich beschrieben, was da befreit wird: Es ist mitnichten “das Schwein”, es ist das eigene bevormundete, geknebelte, gegängelte, erstickte Ich.

Indem sie zugeben, dass hier etwas befreit wird, sagen die Musiker zugleich, dass sie selbst gefesselt und geknebelt sind. Die Linken, die den befreiten Andersdenkenden als Schwein beschimpfen, haben etwas von alten Jungfern, die ihre eigene Frigidität mit Moral verwechseln. Der Neid des Impotenten, getarnt als sittliche Entrüstung.

Ich packe meinen Koffer und ich nehme nichts mit.

Fluchtphantasien. Panik.

Ich halte Deine Hand unterm Ascheregen.

Die Vulkanmetapher ist treffend. Die Magmakammern sind zum Bersten voll.

Im dritten Jahrtausend gibt es zu viel alte Angst. Ich küsse Dich ein letztes Mal und lass´die Erde beben.
Tanz du noch einmal mit mir? Sei einfach nur da. Tanzt du noch einmal mit mir? Wenn nicht jetzt, wann dann? Tanzt Du noch einmal mit mir? Sei einfach nur hier, Tanzt Du noch einmal mit mir? Bevor die Scheiße explodiert

Während die Fassade noch steht, Parteien und Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Bundestag und Bundesrat zum Kampf gegen Rechts blasen und jeder Opportunist und Karrierist sein Scherflein dazu beiträgt (nicht ohne sich als Nonkonformist oder gar Widerstandskämpfer zu inszenieren), während die IM- und Blockwartstypen sich an Denunziationen noch überbieten und glauben, dies sei ein Aufstand (kicher!) der Anständigen (brüüüüllllll!), spüren die Künstler, als die sensibleren Naturen unter den Linken, wie am Grunde der Moldau die Steine wandern.

Die Musiker selbst kommentieren:

“Das spannende an einem Song wie ‘Tanzt du noch einmal mit mir?’ ist, dass man beim ersten Hören denkt, es sei eine Partynummer” so Sammy. “Wenn du dann aber auf den Text hörst merkst du, wie viel Wut in den Lyrics steckt …”

Das glaube ich euch aufs Wort. Und genau deshalb ist es eine Partynummer. Für uns.