Ich war bisher nicht auf die Idee gekommen, mich mit der Biographie von Herrn zu Guttenberg zu beschäftigen, aber einige interessante Details birngt bereits ein Blick auf Wikipedia an den Tag.
Dass seine Mutter (seit 1977, als Karl Theodor 6 Jahre alt war, vom Vater geschieden) 1985 den Sohn des ehemaligen Reichsaußenministers von Ribbentrop geheiratet hat, ist dabei nur ein Kuriosum am Rande.
Interessanter ist schon, dass er vom Beginn seines Studiums bis zum ersten Staatsexamen (das zweite hat er nicht) sieben Jahre benötigt hat. Das ist zwar nicht per se ehrenrührig; mein eigenes Studium dauerte länger. Nur hatte ich während des Studiums auch eine vierköpfige Familie zu ernähren, Herr zu Guttenberg nicht. Guttenberg war lediglich mit der Verwaltung des Guttenbergschen Familienvermögens betraut. Angesichts der Größe dieses Vermögens sicherlich eine anspruchsvolle, aber schwerlich eine abendfüllende Beschäftigung.
Zwei Praktika in Anwaltskanzleien – für Jurastudenten sind Praktika Pflicht – werden in seinem Lebenslauf zu „beruflichen Stationen in Frankfurt und New York“ hochgejubelt. Nun ja, Klappern gehört zum Handwerk, aber wenn einer so viel klappert, stellt sich die Frage, ob ihm nicht grundsätzlich der Schein wichtiger als das sein ist.
Die Note, mit der er das erste Staatsexamen absolviert hat, ist nicht zu erfahren (während das „summa cum laude“ seiner Doktorarbeit überall kundgetan wird). Was schließen wir daraus? Dass die Note wohl nicht so besonders war, dass man sie spazierenführt.
Umso erstaunlicher, dass er kurz nach dem ersten Staatsexamen begann, an seiner Dissertation zu arbeiten. Ein Nicht-Volljurist mit (wahrscheinlich) mittelmäßiger Note bekommt sofort einen Doktovater. Wie dies?
Könnte es wohl damit zusammenhängen:
Von 1996 bis 2002 gehörte er dem Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG an, an der die Familie 26,5 Prozent der Stammaktien hielt. Im Jahr 2000 beteiligte sich die Rhön-Klinikum AG an der Stiftung eines Lehrstuhls für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften bei der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth, an der Guttenberg später promovierte. Bis heute zahlt das Unternehmen jährlich mehr als 100.000 EUR an diese Stiftungsprofessur.
Das Gschmäckle, dass sich hier womöglich einer mit dem Vermögen seiner Vorfahren einfach etwas kauft, was ihm seiner Leistung nach nicht zusteht, ist nicht von der Hand zu weisen.
Das Bild rundet sich. Ich hatte mich schon gewundert, dass ein intelligenter Mensch (dass Guttenberg das ist, wollen wir doch unterstellen) einfältig genug gewesen sein soll, einfach Zitate zusammenzukleistern. Nun verdichtet sich immer mehr der Verdacht, dass Guttenberg von den Plagiaten schon deshalb nichts wusste, weil die Arbeit von einem Ghostwriter stammt. Man kauft sich seine dienstbaren Geister: Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages und diverse Handlanger stellen das Material zusammen, der Stapel wird dem Ghostwriter übergeben, und der reißt sich kein Bein aus.
Ich tu’s nicht gerne, aber ausnahmsweise lohnt es sich, den „Tagesspiegel“ (Lorenz Maroldt) zu zitieren:
Eigentlich ist es ja begrüßenswert, wie ökonomisch diese Regierung mit einem wichtigen, wenn nicht gar dem wertvollsten Gut dieser Zeit umgehen: ihrer Zeit. Die Bundeskanzlerin vertrödelt diese ihre Zeit nicht damit, ein schlechtes Buch zu lesen (Sarrazins Deutschlandabschaffung), was sie allerdings nicht daran hindert, den Autor abzukanzeln. Der Verteidigungsminister vertrödelt diese seine Zeit nicht damit, ein schlechtes Buch zu schreiben (sein Dissertationssample), was ihn allerdings nicht daran hindert, mit dem zusammenkopierten Doktortitel herumzugockeln. (…)
Ein Unrechtsbewusstsein hat der Doktor der Rechtswissenschaften offenbar nicht. Dabei hat doch bestimmt schon der kleine Karl-Theodor gelernt, dass man nicht klauen darf. Und dass es auf Leistung ankommt, und zwar auf die eigene. Aber der große Baron pfeift auf die Urheberrechte der niederen Stände. Mögen sie sich plagen, er „pastet“ lieber, ganz der moderne, internetaffine Adel. Und wie bei der klassischen Geldwäsche verschiebt er die Texte so lange, bis sie sauber erscheinen. (…)
Als Vorbild ist so etwas eine Verheerung. Verantwortlich sind immer die anderen. Kinder werden wegen illegaler Downloads verfolgt, und die Exekutive klaut sich die Ehrentitel zusammen. Wie soll irgendwer ernst nehmen, was sich diese Regierung zu Fragen des Urheberrechts noch alles einfallen lässt?
Erst die Gorch Fock, jetzt das Plagiat – mit seinen seltsamen Einsätzen hat sich der Dr. horribillis causa klar qualifiziert: als Vorsitzender der Piratenpartei.