Gender Mainstreaming

Das Büchlein von Volker Zastrow über „Gender. Politische Geschlechtsumwandlung“ ist nicht mehr ganz neu – es erschien 2006 – und für 6,80 € auch ein wenig schmal – 58 Seiten kleiner als eine Postkarte -, trotzdem ist es erhellend. Es beschreibt in knappen Worten die Ideologie des „Gender Mainstreaming“ – ein Terminus, der wohlweislich von seinen Propagandisten nicht übersetzt wird. Man könnte ihn auch nur mit „Politische Geschlechtsumwandlung“ oder, was ich noch treffender fände, mit „Geschlechtergleichmacherei“ übersetzen.

Zastrow zeigt auf, wie es kommen konnte, dass diese Ideologie heute von der kleinsten Gemeinde bis hinauf zur Europäischen Union (oder vielmehr umgekehrt) von allen öffentlichen Stellen propagiert und in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich auch umgesetzt wird.

Abgeordnete mit einem herkömmlichen Familienbild (Vater, Mutter und Kinder bilden die Familie) fragen sich fast verzweifelt, woher das alles kommt und warum es, obwohl kaum jemand dafür zu sein scheint, gleichsam unwiderstehlich über die Politik hereinbricht.

(S.8)

Tatsächlich handelt es sich um ein Programm, das vor allem von lesbischen Frauen vorangetrieben wurde und mit den Interessen heterosexueller Frauen wenig zu tun hat. Der Begriff „Gender“ besagt etwas grundsätzlich anderes als „Geschlecht“. Er besagt, dass Geschlechtsidentitäten nicht von der Natur, sondern von der Gesellschaft vorgegeben seien. Selbstredend wird weder die Frage gestellt, warum die Gesellschaft dergleichen vorgeben soll (und ob es, soweit sie das tut, womöglich mit ihrem Interesse an der Selbsterhaltung zu tun hat), noch werden die Forschungen zur Kenntnis genommen, aus denen immer klarer hervorgeht, dass die Biologie, und eben nicht die Gesellschaft, maßgeblich für die Herausbildung von Geschlechtsidentitäten ist.

Der Versuch, die Gender-Theorie empirisch zu untermauern, wurde zwar unternommen, und zwar von dem kanadischen Psychiater John Money an einem kleinen Jungen, der zur „Brenda“ umgepolt werden sollte. Das Ergebnis dieses monströsen Menschenversuchs war eine denkbar drastische Widerlegung der Gendertheorie: „Brenda“ wehrte sich vehement gegen die ihm angetane Manipulation, verhielt sich wie ein Junge und unternahm, älter geworden, alles, um seine Männlichkeit wiederherzustellen. Die Folgen des an ihm jahrelang verübten ideologischen Kindesmissbrauchs konnte er jedoch nie überwinden und nahm sich schließlich das Leben. (Dieser Fall wird bei Zastrow ausführlich dokumentiert.)

Freilich konnte dies den politischen Siegeszug der Genderideologie nicht aufhalten. Es geht ja nicht um Wahrheit oder Menschlichkeit, es geht um die Durchsetzung der politischen Agenda einer kleinen Minderheit: „Gender Mainstreaming“ bedeutet die Feminisierung von Männern und die Vermännlichung von Frauen. Es geht darum, Heterosexualität und traditionelle Geschlechterrollen als „Ideologie“ abzuqualifizieren, und zwar als „repressive“ Ideologie, die dementsprechend auch mit staatlichen Mitteln bekämpft werden muss. Es geht um eine Kriegserklärung des Staates an den gesunden Menschenverstand.

Mit Liberalität hat das alles selbstverständlich nichts zu tun. Wenn weibische Männer einerseits, Mannweiber andererseits die Norm sind, so bedeutet dies, dass mithilfe der staatlichen Gewalt Homosexuelle beiderlei Geschlechts zu Rollenvorbildern erklärt, Heterosexualität und traditionelle Geschlechterrollen dagegen als mehr oder minder perverse Abweichungen abgestempelt werden. Dies ist nun in der Tat eine Rollenkonstruktion, und zwar eine, die umso repressiver ist, als sie die (meisten) Menschen dazu dressiert, ihre eigenen natürlichen Empfindungen als anrüchig wahrzunehmen.

Was man der Kirche so oft vorgeworfen hat, nämlich, dass sie den Menschen ein Schuldgefühl einpflanze, um ihre Herrschaft zu befestigen – hier wird es in Reinkultur praktiziert. Ein solches Programm kann ohne die Hilfe des Staates nicht umgesetzt werden, und da es sich gegen das Empfinden und die Interessen einer überwältigenden Mehrheit der Bürger richtet, muss es das Licht der Öffentlichkeit scheuen. So hat es denn auch nie eine große gesellschaftliche Debatte über die empirische Fundierung der Gender-Ideologie gegeben, erst recht keine über die Mittel ihrer Umsetzung. Vielmehr wurden vollendete Tatsachen geschaffen. Ich zitiere wieder Zastrow:

Den wenn auch öffentlich nahezu unbeachteten Durchbruch erreichte Gender Mainstreaming bei der von den Vereinten Nationen ausgerichteten Weltfrauenkonferenz in Peking 1995. Sie wurde von sogenannten NGOs … gestaltet. …

Die Pekinger Weltfrauenkonferenz verabschiedete … eine sogenannre „Aktionsplattform“, in der das Gender Mainstreaming enthalten war … . Fast wäre das Projekt gescheitert, weil noch der Entwurf auch den Schutz der „sexuellen Orientierung“ verlangte, also der (weiblichen) Homosexualität – hierfür war die Zustimmung des Vatikans und der meisten muslimischen sowie der südamerikanischen Länder nicht zu erlangen. Dass schließlich die Annahme des Berichts in der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 8.Dezember 1995 (Resolution 50/42) zustandekam, wurde auch mit dem Argument begründet, dass die sogenannte Aktionsplattform nur Empfehlungscharakter und keine völkerrechtlich bindende Wirkung entfalte – also mit ihrer Unverbindlichkeit.

Doch mit dem entgegengesetzten Argument, der Verbindlichkeit der Zustimmung zu dieser Resolution, wurde das Gender Mainstreaming umgehend in die Politik der Europäischen Union eingeführt. (…) Im Amsterdamer Vertrag, praktisch einer Neugründung der Union, wurde das Prinzip in Artikel 3 Absatz 2 niedergelegt („bei allen ihren Tätigkeiten“), zugleich wurde die EU in Artikel 12 ermächtigt, Diskriminierungen aufgrund der „sexuellen Orientierung“ zu bekämpfen.

(S.23ff.)

Wenn ich für ein Lehrbuch über Globalismus ein Beispiel heranziehen wollte, wie supranationale Organisationen die Entmündigung souveräner Völker vorantreiben, würde ich dieses wählen.

Es wäre schön gewesen, wenn Zastrow noch etwas mehr Arbeit investiert hätte. um die ideologischen Implikationen und politischen Interessen herauszuarbeiten, die weit über die enge schwul-lesbische Perspektive hinausgehen:

Gewiss geht um die Interessen einer kleinen Minderheit, aber nicht nur. Zugleich zielt Gender Mainstreaming auf die Umsetzung einer Ideologie der Gesellschaftstransformation ab, was der Grund dafür ist, dass praktisch alle Linken und Liberalisten – die doch nicht Alle schwul oder lesbisch sind – es unterstützen. Die Verknüpfung des Gender Mainstreaming mit einer Politik, die den Doppelverdienerhaushalt zur Norm macht – für Frauen also Vollbeschäftigung als Norm, und nicht, wie von den meisten gewünscht, Teilzeitbeschäftigung – entzieht der Institution der Familie die ökonomische Basis, und genau das ist auch der Sinn der Sache. Es liegt auf der Hauptlinie linker Politik, traditionelle Gesellschaftsstrukturen lediglich unter dem Gesichtspunkt ihrer vermeintlichen Repressivität wahrzunehmen, sie also zu zerstören und durch Strukturen zu ersetzen, die politisch, also von der Linken selbst, steuerbar sind, und zwar ohne so lästige Dinge wie demokratische Kontrolle.

Dass eine Gesellschaft, die die Institution der Familie nicht kennt, über kurz oder lang aufhören wird zu existieren, kümmert die Linke nicht. Ich jedenfalls habe es aufgegeben, mich an die menschenfreundliche Illusion zu halten, diese Leute wüssten nicht, was sie tun. Sie wissen genau, was sie tun, und sie wissen vor allem, dass das Ergebnis dieser Tätigkeit das Ende der menschlichen Zivilisation sein wird.

Männer an die Windel!

Als Kristina Köhler Familienministerin wurde und viele sich freuten, dass endlich eine Islamkritikerin im Kabinett sitzt, warnte ich:

Ledig-zusammenlebend, kinderlos und für die Homo-Ehe … . So eine ausgerechnet zur Familienministerin zu machen – das bringt nur Angela Merkel fertig!

Dabei ist es ein kluger Schachzug: So wenig Kristina Köhler von Familien versteht, so profiliert ist sie als Islamkritikerin. Als solche ist sie aber, da in die Kabinettsdisziplin eingebunden, ab sofort kaltgestellt.

Demgemäß macht sie dort weiter, wo Ursula aufgehört hat. Der Focus schreibt unter dem Titel „Männer an die Windel“:

Schon jetzt nähmen 20 Prozent der Väter die zwei Vätermonate in Anspruch, sagte Köhler laut Bundestagspressedienst im Ausschuss. Damit sei die gesellschaftlich kritische Schwelle überschritten. Köhler sagte: „Männer stehen nicht mehr unter dem Weichei-Verdacht, wenn sie sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern wollen.“

Großartig! Dass sie stattdessen unter dem Rabenvater-Verdacht stehen (sollen), wenn sie sich um ihre Karriere kümmern statt Windeln zu wechseln, und dass dies nicht etwa bloß ein Kollateral-„Nutzen“, sondern der Sinn der Sache ist, muss man so deutlich ja nicht sagen.

Sonst könnte ja einer auf die Idee kommen,  „Gender Mainstreaming“ zutreffend mit „Geschlechtergleichmacherei“ zu übersetzen, sich an die Praktiken diverser Regime der deutschen Geschichte zu erinnern, und daran die Frage zu knüpfen, was für eine Art von Staat das eigentlich ist, der sich für befugt hält, sein Volk zu erziehen.