Wie Stalinismus funktioniert

Wer unter Stalin in Russland oder unter Mao in China lebte, konnte seine Überlebenschancen beträchtlich erhöhen, wenn er andere politisch anschwärzte, und er reduzierte sie gewaltig, wenn er sich von einem bereits Angeschwärzten nicht distanzierte. In einem System, in dem Jeder jederzeit verdächtigt werden konnte, bis hinauf ins Politbüro, war es lebenswichtig zu wissen, von wem man sich aktuell distanzieren musste, um als zuverlässiger Genosse zu gelten.

Besonders wichtig war das selbstredend für diejenigen Genossen, die Anlass hatten zu glauben, sie würden selbst als Abweichler verdächtigt; die mussten ganz besonders eifrig sein, wenn es galt, „Klassenfeinde zu entlarven“.

Derselbe Mechanismus funktioniert auch ganz ohne GPU, allein durch den Gruppenzwang in der Politkirche der politisch korrekten Linken. Dort weiß man zwar nie so genau, was gerade die gültige Theologie ist. Wohl aber weiß man, dass man exkommuniziert werden kann, wenn man von ihr abweicht.

Wenn wir uns den Psychodruck vorstellen, unter dem einer stehen muss, der als Linker eine als „rechts“ geltende Position vertritt, wird uns klar, warum gerade die linken Islamkritiker, und nicht etwa die Mainstream-Linken, so verbissen gegen die rechte Islamkritik hetzen. Sie stehen ja innerhalb der Gesamtlinken aufgrund ihrer eigenen islamkritischen und israelfreundlichen Haltung unter permanentem Häresieverdacht.

Andersdenkende als rechtsradikal zu verunglimpfen, ist offenbar nicht nur ein kollektiv angewandtes Mittel, die Dominanz der eigenen politischen Richtung, also der Linken, zu sichern, sondern gleichzeitig ein individuelle Strategie, mit der man sich als Linker davor schützt, selbst an den Pranger gestellt zu werden.

3 Gedanken zu „Wie Stalinismus funktioniert“

  1. Hallo Manfred, (obwohl es mich juckt, dieses blöde Hallo durch ein renitentes „Grüß Gott“ zu ersetzen)

    nachdem ich „über“ gelesen habe, würde mich interessieren, wie man sich als „Konvertit“ fühlt.
    Ist es so, wie man sich als Konservativer fühlt, wenn man erkennen muss, dass man irgendwie „auf’s falsche Pferd gesetzt hat“ über Jahre, erkennt, das man mit Blindheit geschlagen war, irgendwie?
    Ist das ebenso frustrierend für das Ego?

    Bei Solschenizyn habe ich gelesen, dass jedem Genossen verziehen wurde, wenn er nur genug Asche auf sein Haupt streute und ständig ‚mea culpa‘ sagte.

    Und genau dieses Verhalten stelle ich bei den „Eliten“ fest. Um an den Fressnäpfen verweilen zu können ist eben Geschmeídigkeit gefragt.

  2. Wie man sich als Konvertit fühlt? Nun, wenn man die Erkenntnisblockaden wie Dominosteine umfallen sieht, weil man sich von linken Denkprämissen emanzipiert hat, dann fragt man sich: Wieso bin ich nicht schon früher auf die Idee gekommen?
    Eines muss ich natürlich zugeben: Fünfundzwanzig Jahre lang Positionen zu vertreten, die auf der Prämisse basieren (müssen), die Dinge seien in Wahrheit ganz anders, als sie zu scheinen, und dafür Argumente zu finden – das ist richtiges Gehirnjogging! 😀

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