Verzwitterung

Ich habe gerade Wolf Schneiders „Speak German!“ wiedergelesen, seine Abrechnung mit dem Tsunami dümmlicher Angizismen, der unsere Sprache ersäuft.

Anglizismen eignen sich hervorragend dazu, zutreffende, aber peinliche  Sachverhalte hinter Formulierungen zu verstecken, die weniger verräterisch sind als eine passende deutsche Entsprechung, weil sie selbst dann keine Negativassoziationen auslösen, wenn sie verstanden werden.

So wäre es den meisten Herstellern von Kosmetika vermutlich doch unangenehm, ihre „Anti-Ageing“-Produkte als „Schrumpelbremsen“ zu verkaufen, und McDonalds kann sich dazu bekennen, „Fast Food“ feilzubieten – „Schnellfutter“ oder gar „Schnellfraß“ dagegen würde das Gemeinte zur Kenntlichkeit entstellen.

„Gender Mainstreaming“ ist für die Zwecke seiner Propagandisten perfekt, weil neunzig von hundert Bürgern nicht wissen, dass es so etwas überhaupt gibt, und von den restlichen zehn wissen neun nicht, was es bedeutet. Ich selbst habe vorgeschlagen, zur Verdeutlichung den Ausdruck „Geschlechtergleichmacherei“ zu verwenden, aber jetzt ist mir ein Wort eingefallen, das mir kürzer und präziser erscheint und auf den ersten, aber eben nur den ersten Blick weniger polemisch aussieht: „Verzwitterung„.

Was haltet Ihr davon?

Aus dem Wörterbuch des Gutmenschen: „Internationale Gemeinschaft“

Angesichts des sich erhöhenden Drucks auf Israel muss man kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass dem Ausdruck „Internationale Gemeinschaft“ eine neue Hochkonjunktur bevorsteht. Grund genug, noch einmal daran zu erinnern, dass dieser Terminus in sich eine Lüge darstellt:

Es handelt sich nämlich um eine sinnentstellende Scheinübersetzung von “international community“, was soviel bedeutet wie “Gesamtheit” (der Staaten), (internationale) “Allgemeinheit”.

Das deutsche Wort “Gemeinschaft” bezeichnet aber eine Gruppe, deren Mitglieder einander zu einem hohen Maß an Solidarität verpflichtet sind: vom Rechtsbegriff der “Versichertengemeinschaft” über “verschworene Gemeinschaft”, “Gemeinschaft der Gläubigen” bis hin zur “Volksgemeinschaft”.

Besonders akzentuiert wird der Begriff in der deutschen Geistesgeschichte durch die Gegenüberstellung von “Gemeinschaft” und “Gesellschaft”, wobei der Begriff der “Gemeinschaft” einen romantischen Beiklang hat: Der “Gemeinschaft” zu dienen gilt traditionell als erhabener und edler als bloß in der “Gesellschaft” seine schnöden Interessen zu verfolgen.

Eine “Internationale Gemeinschaft” in diesem Sinne existiert nicht, „Staatengesellschaft“ wäre viel treffender. Der Ausdruck „Internationale Gemeinschaft“

passt hervorragend zu einer deutschen Außenpolitik, die sich grundsätzlich hinter dieser “Gemeinschaft” versteckt,

enthält ein unausgesprochenes “Pfui” gegenüber allen Staaten, die das nicht tun,

ist für demagogische Zwecke wie geschaffen,

und wird genau deshalb von der deutschen Journaille in jedem zweiten Satz über den Nahostkonflikt verwendet.