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Lauterbach
BRD-Sprech: „Booster“
Zu den frappierenden Eigenschaften der uns regierenden Politikerkaste und ihrer Hofschreiber gehört bekanntlich die Unfähigkeit, aus dem Scheitern der eigenen Politik diejenigen Konsequenzen zu ziehen, die sich jedem normalen Menschen aufdrängen würden, der in seinem eigenen Leben vergleichbaren Schiffbruch erlitte.
Ein solcher normaler Mensch (also einer, der nicht in der Position ist, den Steuerzahler oder sonstwen für die Folgen der eigenen Fehler zur Kasse zu bitten), würde vermutlich anfangen, die Ursachen seines Scheiterns bei sich selbst zu suchen. (Zugegeben, nicht alle Menschen tun das, aber diejenigen, die es nicht tun, stehen irgendwann vor Gericht, auf der Straße oder vor den Scherben des eigenen Lebens.)
Weniger normale Menschen, also insbesondere Politiker, folgen einer bizarren Logik, die wir schon an verschiedenen Themen besichtigen konnten: Den Mängeln der Fehlkonstruktion „Euro“ versuchen sie etwa durch Gelddrucken beizukommen, die desaströsen Ergebnisse einer leistungsfeindlichen Bildungspolitik durch noch stärkere Aufweichung der Vorgaben zu korrigieren (oder wenigstens zu kaschieren). An den nicht minder katastrophalen Konsequenzen der Einwanderungspolitik wiederum sind deren Kritiker schuld, die man folglich durch noch mehr Einwanderung in die Minderheit drängen und im Übrigen mundtot machen muss – nur um sich nach jeder neuen Drehung an der Repressionsschraube zu wundern, dass die Anzahl und Erbitterung dieser der Kritiker nicht etwa geringer, sondern größer geworden ist. Was dann den nächsten Repressionsschub rechtfertigt.
Kurz gesagt: Unser Land wird von einem Kartell von Blinden regiert, die einander unbeirrbar in der Annahme bestärken, schon deshalb auf dem richtigen Wege zu sein, weil Zehntausende von Blinden sich unmöglich verirren könnten. Wenn man trotzdem nicht ans Ziel komme, so könne dies nur daran liegen, dass man auf diesem unzweifelhaft richtigen Wege noch nicht weit, nicht schnell und nicht konsequent genug vorangekommen sei. Deshalb brauche die fußkranke Karawane mehr Schub – neudeutsch würde man sagen: Sie braucht einen Booster.
Diejenigen unter uns, deren Gedächtnis vor die jeweils letzten drei Lauterbach-Auftritte zurückreicht, erinnern sich noch daran, dass es einst hieß, mit zwei Impfungen sei man gegen Corona – nun ja, vielleicht nicht so ganz, aber doch weitgehend und in jedem Falle irgendwie – immunisiert. Nachdem dies nicht der Fall war, gestand das Kartell sich nicht etwa ein, dass es sich geirrt hatte, sondern zog die Booster-Impfung als letzte (oder vielleicht doch vor-, dritt- oder viertletzte?) Impfung aus dem Hut.
„Booster“ – das klingt doch dynamisch und modern, nicht wahr? Der Booster katapultiert uns in eine lichte Zukunft – so wird es dem Publikum verkauft und ins Unterbewusstsein geträufelt: Der Booster bringt uns die Erlösung von Lockdown und Schulschließungen, von Masken und Abstandsregeln – damit wir nicht auf die Idee kommen, uns diese Erlösung selbst zu verschaffen.
Nüchtern betrachtet, ist der Booster aber etwas ganz anderes – und dies nicht nur, weil er schon gegen Omikron unwirksam ist, erst recht gegen alle noch kommenden Varianten. Er ist einfach improvisierte Flickschusterei – eine Notlösung, um das Scheitern der ursprünglich propagierten Doppelimpfung zu korrigieren und zu verschleiern.
Ja, er verleiht der Blindenkarawane neuen Schub. Leider in Richtung Abgrund.
[Dieser Artikel wurde erstmals in der Compact 2/2022 veröffentlicht.]