„Nichts kennzeichnet den Zustand der programmatischen Linien und den Verschleiß des politischen Vokabulars besser, als dass Roland Koch zum einzig verbliebenen und jetzt eben abgetretenen Konservativen erklärt werden kann. „Konservativ“ wäre dann selbst nur noch ein punktuell eingesetzter Kontrastwert, eine Geste zum passenden Anlass – Migration, Kriminalität, Kindergärten –, die gar nicht mehr als momentane Aufmerksamkeit beansprucht und gewiss nicht, ganze Politikfelder zu ordnen.
Insofern müsste man Roland Koch eigentlich mit dem Freiherrn zu Guttenberg zusammennehmen, um zu einer vollständigen Personalisierung des Problems zu kommen, das die Konservativen hierzulande haben. Man kann sie nur noch in Anführungszeichen setzen. Sie setzen sich selbst nur noch in Anführungszeichen. Es gibt nur noch das Aroma, den Stil dieser Einstellung, die Erinnerung an etwas, von dem nur noch Gesten übrig sind. Wenn überhaupt, dann wird das Konservative längst nur noch als Retro-Look aufgetragen, wobei der Look und nicht das Retrospektive daran für seine Träger entscheidend ist. An Roland Kochs Abgang merkt man diese Lücke. Aber nicht, weil er sie ausgefüllt hat, sondern weil man jetzt sieht, wovon man sie ausgefüllt meinte.“
Jürgen Kaube