Hans-Kristof Kraus schreibt in der FAZ über die deutsche Wahrnehmung des Syrien-Konflikts:
Man kann nur staunen über das Ausmaß an fast schon sträflicher Naivität oder auch nur schlichter Ignoranz, das viele Beurteiler der Syrien-Krise an den Tag legen, vor allem, wenn es darum geht, die Hintergründe für das zähe Tauziehen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zwischen Amerika und den westlichen Mächten einerseits, Russland und China andererseits aufzuhellen. Folgt man der Darstellung des Konflikts in weiten Teilen der westlichen Welt, dann scheint es sich lediglich um die Frage zu handeln, ob es gelingt, die syrische Bevölkerung von einem blutigen Diktator zu befreien. Vor allem in Deutschland scheint die Unkenntnis, mit der diese Auseinandersetzung derzeit diskutiert wird, grenzenlos zu sein – bis hin zu einer angeblichen, allerdings nicht bestätigten Anfrage an die russische Regierung, ob sie bereit wäre, Assad im Falle seines Sturzes in Russland Asyl zu gewähren.
Dabei geht es um vollkommen andere Probleme. Die Konfliktlinien verlaufen dort, wo sie von fast allen deutschen Beobachtern nicht einmal mehr wahrgenommen werden, und zwar vor allem deshalb, weil man in unserem Land verlernt hat, in weltpolitischen und geostrategischen Kategorien zu denken. Ob die Syrer, in weltpolitischer Sicht gesehen, derzeit oder künftig von einem Diktator aus dem Hause Assad, von einer demokratischen oder sich als demokratisch inszenierenden Regierung oder auch von einem radikal muslimischen Regime regiert werden, ist aus der Perspektive geostrategischer Erwägungen zuerst einmal gleichgültig. […]
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