Thorsten Hinz: “Der Weizsäcker-Komplex”

Für die meisten Deutschen verkörpert Richard von Weizsäcker zweifellos das Ideal eines Bundespräsidenten, und in der Tat hat keiner seiner Vorgänger oder Nachfolger die Bundesrepublik auch nur annähernd mit dem Stilgefühl und der royalen Aura repräsentiert, die für Weizsäckers’ Habitus charakteristisch waren und sind. Weizsäcker hat die heimliche Sehnsucht nach einem Monarchen befriedigt, zu dem man aufschauen kann – und zwar so sehr, dass Kritik an ihm vielen Menschen buchstäblich als Majestätsbeleidigung erscheinen muss. Thorsten Hinz hat mit “Der Weizsäcker-Komplex. Eine politische Archäologie” (Edition JF, Berlin 2012, 353 S., € 24,80) eine der ersten kritischen Würdigungen des ehemaligen Bundespräsidenten vorgelegt und ihn dabei ein wenig entzaubert. […]

Weiterlesen bei PI: Thorsten Hinz: “Der Weizsäcker-Komplex” – Politically Incorrect.

Manfred Kleine-Hartlage: Rede zum 17. Juni

(Diese Rede hielt ich am 17. Juni 2013 auf dem Alexanderplatz. Die Veranstaltung wurde von der Partei Die Freiheit ausgerichtet. Eine Videoaufzeichnung ist leider nicht verfügbar.)

Heute vor genau sechzig Jahren, am 17. Juni 1953, geschah in der damaligen DDR das, was alle diktatorischen Regime der Welt am meisten fürchten: Das Volk verlor seine Angst. Ein System der Einschüchterung, bei dem niemand sich traut zu rebellieren, weil er fürchtet, damit allein zu stehen, brach auf einen Schlag in sich zusammen.

Dieses Regime hatte von Anfang an gewusst, dass es vom Volk abgelehnt wurde. Es wusste, dass nur Wenige an seine Ideologie glaubten. Es wusste, dass es – und zwar völlig zu Recht – als Statthalter einer feindlichen Macht betrachtet wurde.

Das Volk wiederum wusste, dass die Früchte seiner Arbeit nicht ihm selbst gehörten, sondern von den Machthabern ins Ausland geschafft wurden – selbstredend nur aus den edelsten Gründen der Solidarität.

Dieses Regime konnte sich nicht leisten, die Menschen mit ihrer eigenen Meinung zu Wort kommen zu lassen. Es war darauf angewiesen, dass der einzelne Bürger sich hütete zu sagen, was er wirklich dachte: dass er seinem Nachbarn misstraute, dass er im Betrieb, in der Schule, in der Universität und überhaupt in der Öffentlichkeit nichts sagte, was der Lehre der Partei widersprach. Dass er sich sogar überlegen musste, was er am Mittagstisch zu seinen eigenen Kindern sagte.

Und es konnte diesem Regime auch nicht genügen, dass der Bürger der Partei nicht widersprach: Er musste von Zeit zu Zeit, und zwar auf Kommando, seine ausdrückliche Zustimmung bekunden, und das nicht irgendwie; sondern in ganz bestimmten vorgegebenen Sprachregelungen, in gestanzten Wortschablonen, in stereotypen Phrasen, die in aller Regel den blanken Unsinn enthielten.

Diese immergleichen Phrasen waren Teil eines Unterwerfungsrituals:

Gerade weil sie so dumm waren, gerade weil jeder wusste, dass sie mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatten, gerade weil jeder, der sie aussprach, sich dadurch zum Affen machen musste, und gerade weil es deswegen eine Selbsterniedrigung bedeutete, sie auszusprechen, waren sie das ideale moderne Äquivalent zum Gesslerhut:

Wer nicht mitmachte, war verdächtig. Er war verdächtig, eigene Gedanken zu haben. Er war verdächtig, Charakter zu haben. Er war verdächtig, nicht käuflich, nicht erpressbar und nicht manipulierbar zu sein. Für ein totalitäres Regime sind solche Menschen eine Gefahr.

Und eine Gefahr wäre auch gewesen, wenn diese Menschen in den Massenmedien zu Wort gekommen wären – also kamen sie nicht zu Wort. Die Medien der DDR waren im Wesentlichen gleichgeschaltete Propagandamedien, deren Propaganda nicht einmal gut gemacht war:

Sie erzählten – natürlich wiederum in Phrasen und immergleichen Versatzstücken – von einer lichten Zukunft, von der Jeder, der bis drei zählen konnte, wusste, dass sie nie kommen würde. Vom unverbrüchlichen Bruderbund mit der Sowjetunion – die ihren Vasallenstaat DDR und dessen Volk zur selben Zeit nach Strich und Faden ausplünderte. Vom unaufhaltsamen „Fortschritt“ – von dem Jeder wusste, dass er in Sklaverei und Ruin führen würde.

Eine Gefahr wäre gewesen, wenn Nonkonformisten die Möglichkeit gehabt hätten, als Mulitiplikatoren aufzutreten. Das Regime musste deshalb nicht nur verhindern, dass sie in irgendeiner Form Karriere machten, es musste sie geradezu aus der Gesellschaft ausschließen.

Und es hatte sich eine Ideologie zurechtgelegt, deren Funktion genau darin bestand, den Andersdenkenden, den Oppositionellen, den Feind des Regimes zum Feind des Menschen schlechthin, zum „Menschenfeind“, zu erklären.

Diese Ideologie nannte sich „Antifaschismus“:

Wer die Glaubenssätze der Partei nicht auf Kommando wiederholte, wer sich nicht ausdrücklich und lautstark von Verfemten distanzierte, wer die geforderten Unterwerfungsrituale nicht mitmachte, wer nicht bereit war, auf Geheiß der Partei zu erklären, der Sozialismus sei eine Bereicherung für uns alle, der konnte laut amtlicher Lesart nur ein „Faschist“ sein.

Und da die Grundphilosophie der Richter und Henker des Regimes lautete, Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen, landete mancher als „Faschist“ gebrandmarkte Oppositionelle in einem sibirischen Konzentrationslager – aus dem Viele nicht zurückgekehrt sind.

George Orwell hat die Logik totalitärer Sprachverwirrung offengelegt. Wo totalitäre Tyrannen herrschen, da – und nur da! – gelten Schlagworte wie „Krieg ist Frieden“ oder „Freiheit ist Sklaverei“ – und man könnte hinzufügen: „Intoleranz ist Toleranz“. Und aufgrund genau derselben Logik, einer Logik, die nur totalitären Ideologen und ihren Blutrichtern in den Sinn kommen kann, war es möglich, eine Ideologie, wonach der Andersdenkende ein Untermensch ohne Bürgerrechte sei, also eine Ideologie, die in diesem entscheidenden Punkt eins zu eins die Ideologie von Roland Freisler ist, ausgerechnet „Antifaschismus“ zu nennen!

Das Regime nannte seinen Staat bekanntlich „demokratisch“. Und was es unter Demokratie verstand, hat Walter Ulbricht auf den Punkt gebracht: „Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir“ – also die Kommunisten – „müssen alles in der Hand haben“. Es gab mehrere Parteien in der DDR, nicht nur die SED, aber die anderen Parteien wussten genau, was sie sagen – und vor allem: was sie nicht sagen durften.

Unter diesen Umständen hätte sich die SED das System der Einheitslisten sogar sparen können. Wenn in allen wesentlichen Fragen ohnehin alle Parteien dasselbe sagen, und das bis in die Phraseologie hinein, dann kann im Prinzip auch ein totalitäres Regime sich leisten, solche Parteien nominell miteinander konkurrieren zu lassen. Das Ergebnis wäre trotzdem dasselbe gewesen, und vor allem hätte dann alles noch ein bisschen demokratischer ausgesehen. Die DDR des Jahres 1953 hätte dann fast so ausgesehen – wie die BRD des Jahres 2013.

Totalitarismus erkennt man als solchen nicht an den Zielen, auf die er sich beruft, sondern an den Mitteln, derer er sich bedient.

Man erkennt ihn schon in seinen frühesten Phasen daran, dass er eine politische Moral propagiert, wonach das edle Ziel – welches auch immer: ob das nun die Volksgemeinschaft ist, oder die klassenlose Gesellschaft, oder auch die multikulturelle Gesellschaft – jedes Mittel heiligt, auch den Rechtsbruch, auch Zensur, auch Gesinnungsjustiz und Terror.

Man erkennt den Totalitarismus daran, dass die Herrschenden ihre Gegner als den Inbegriff des Bösen hinstellen und das Volk zum Rechtsbruch gegen Andersdenkende aufhetzen und vesuchen, eine Pogromstimung zu erzeugen.

Man erkennt ihn daran, dass sie versuchen, bestimmte Gruppen aus der Gesellschaft auszuschließen, aus Vereinen und aus Kirchen, dass man sie um ihren Arbeitsplatz und ihre Bankkonten bringt, und dass man eine Art inoffizielles Kontaktverbot über sie verhängt. Es soll nicht mehr möglich sein, den Anderen als einen Menschen wahrzunehmen: Er soll hinter einem ideologisch definierten Feindbild, einer Karikatur, restlos verschwinden.

Man erkennt ihn daran, dass jeder Bürger und jede Institution zum „Kampf“ und zur „Wachsamkeit“ aufgerufen wird, und dies auch und gerade in unpolitischen Lebensbereichen, wo solcher Kampf und solche Wachsamkeit normalerweise nichts zu suchen haben.

Man erkennt ihn daran, dass insbesondere die Wissenschaft und die Medien mit einem politischen„Kampfauftrag“ versehen werden – und diesen auch erfüllen, und wenn sie ihr eigenes Ethos damit noch so sehr verraten.

Man erkennt ihn daran, dass die Machthaber sich nicht damit begnügen, dass die Bürger sich gesetzesloyal verhalten, sondern dass sie dazu übergehen, auch Meinungen, Gedanken und Gefühle zu kontrollieren, sie zum Maßstab staatbürgerlicher Loyalität zu machen und den Bürger, der die aus Regimesicht „falschen“ Gedanken und Gefühle hat, deswegen zum Staatsfeind zu stempeln.

Man erkennt Totalitarismus als solchen schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt daran, dass die gesamte staatliche Bildungspolitik, die Schulen, Universitäten, bis hinunter zu den Kindergärten, darauf ausgerichtet wird, die Maßstäbe für rationales Argumentieren zu zerstören und durch ideologiegesteuerte Pawlowsche Reflexe ersetzen.

Und man erkennt ihn nicht zuletzt an der penetranten Allgegenwart ideologischer Propagandaphrasen in allen Lebensbereichen – bis hinein ins Fußballstadion.

Leider wird niemand behaupten können, dass solche Zustände der real existierenden BRD des Jahres 2013 fremd seien:

Dieselbe Allgegenwart von Kampf- und Wachsamkeitsparolen, von geisttötender Indoktrination und Umerziehungskampagnen, von unerträglicher geistiger Öde in den Medien, dieselbe Diffamierung des Andersdenkenden als „Faschist“ und „Menschenfeind“. Die Rechtfertigungsdoktrin für all dies hieß in der DDR „Antifaschismus“, und heißt in der heutigen BRD ebenfalls Antifaschismus. Warum auch nicht? Sie erfüllt ja dieselbe macht-technische Funktion, nämlich sich selbst von der Pflicht zu Einhaltung demokratischer Spielregeln zu entbinden.

Worin sich beide Systeme aber vor allem ähnlich sind, ist, dass sie ein ideales Biotop sind, in dem Kretins definieren, was Intellektualität ist – weil ja jede geistige Leistung, die über die bloße Phrasenmontage hinausgeht, von vornherein dissidenzverdächtig ist.

Während des Kalten Krieges entwickelten Politikwissenschaftler die sogenannte Konvergenztheorie, wonach die Zustände in Ost und West sich im Zeitverlauf immer mehr einander angleichen würden. Und obwohl es den Realsozialismus heute nicht mehr gibt, feiert die Konvergenztheorie ihre späten Triumphe.

Ein Staat – oder sagen wir genauer: ein Regime, das heißt eine zusammenhängende Machtstruktur, von der der eigentliche Staat nur ein Teil ist – ein Regime also, das es nötig hat, seine Bürger umzuerziehen, einzuschüchtern und mundtot zu machen, gibt dadurch zu, dass es ein Feind des eigenen Volkes ist und zu diesem Volk in demselben Verhältnis steht wie eine Besatzungsarmee zum Feindesland.

Die Mittel, mit denen die politische Klasse der BRD und ihre Komplizen die Konformität der Bürger zu erzwingen versuchen, gleichen nicht zufällig denen, die das DDR-Regime anwandte, sondern offenbaren die innere Verwandtschaft beider Regime.

Dass wir uns hier noch versammeln können, vedanken wir nicht dieser Klasse, die unser Versammlungsrecht sofort kassieren würde, wenn sie es könnte. Wir verdanken es dem Grundgesetz, das aus einer Zeit stammt, als die Bundesrepublik Deutschland sich noch als bewusst antitotalitäres Staatswesen verstand. Wir verdanken es, genauer gesagt, der Tatsache, dass die Versuche der herrschenden Klasse, dieses Grundgesetz auszuhöhlen, umzudeuten, zu entstellen, zu manipulieren, zu beugen und zu brechen zwar schon viel zu weit gediehen sind, dass sie es aber noch nicht geschafft haben, den Kern der deutschen Rechtsstaatlichkeit zu zerstören.

Die BRD ist ein Staat im Übergang. Es gibt noch bedeutende Restbestände an überlieferter liberaler und rechtsstaatlicher Substanz, die zu verteidigen sich lohnt, aber dieser Staat befindet sich auf der Bahn in den Totalitarismus, weil er von seiner eigenen politischen Klasse dorthin geführt wird.

Sämtliche Blockparteien, die man deswegen auch so nennen darf, betreiben im Kern ein und dieselbe Politik, und sie verheimlichen es nicht einmal, sie rühmen sich dieser Politik sogar, wenn auch in ideologisch-propagandistischen Verklausulierungen.

Diese Politik zielt darauf ab, staatliche Kompetenzen von der nationalen auf die supranationale Ebene zu verschieben und sie dadurch demokratischer Kontrolle zu entziehen. Sie zielt darauf ab, das eigene Volk zugunsten dieser supranationalen Einheiten, zugunsten fremder Staaten und nicht zuletzt zugunsten des Finanzsektors auszuplündern. Sie zielt darauf ab, ungehemmte Masseneinwanderung herbeizuführen und dadurch das deutsche Volk als solches, das heißt als Solidargemeinschaft, aufzulösen. Nach dem 17. Juni 1953 hatte Bertolt Brecht der DDR-Regierung empfohlen, sie möge doch das Volk auflösen und sich ein neues wählen. Das war damals ironisch gemeint. Heute ist es Staatsdoktrin.

Es handelt sich um eine Politik des Kalten Staatsstreiches, bei der von der Demokratie nicht mehr übrig bleiben soll und wird als eine bloße Fassade. Es handelt sich um eine Politik, die nicht anders als die Politik der DDR darauf abzielt, eine Utopie zu verwirklichen, diesmal die Utopie einer „One World“, die man sich auf grünen Parteitagen als ein Reich der Harmonie vorstellt, wo sich alle ganz doll liebhaben.

Die Wirklichkeit in den Teilen unserer Stadt, wo man dieser Utopie schon etwas näher gekommen ist, erst recht die Wirklichkeit in Ländern wie Frankreich, England und Schweden spricht aber eine ganz andere Sprache. Sie ist ein Vorgeschmack auf die „One World“, und bereits dieser leichte Vorgeschmack lässt schon ahnen, was für eine Hölle das sein wird. Die One World, genau wie vorher der Kommunismus, ist eine Kopfgeburt von utopistischen Ideologen: Was sie versprechen, ist immer der Himmel. Und was sie liefern, ist immer die Hölle. Allerdings eine Hölle, die aus ihrer Sicht den ganz eminenten Vorteil hat, dass sie selber darin die regierenden Oberteufel sind.

Je mehr Menschen diesen Betrug durchschauen – und über kurz oder lang kommt Jeder dahinter, welches Spiel hier gespielt wird –, desto mehr ist das Regime gezwungen, auf repressive und manipulative Praktiken zurückzugreifen, auf Propaganda, auf Lügen und Indoktrination und vor allem auf Einschüchterung. Je weiter die BRD auf ihrem Weg in den Abgrund voranschreitet, desto ähnlicher wird sie deshalb zwangsläufig der DDR.
Es liegt eine gewisse Logik darin, dass die BRD den 17. Juni als Nationalfeiertag abgeschafft hat. Die heutigen Machthaber stehen nämlich nicht in der Tradition der Aufständischen, sie treten in die Fußstapfen des SED-Regimes.

Ihre Achillesferse ist dieselbe, die 1953 dem SED-Regime zum Verhängnis geworden wäre, wenn nicht sowjetische Panzer zu seiner Rettung bereitgestanden hätten. Und bedenken wir: Die heute Herrschenden haben keine Besatzungsarmee im Rücken, die bereit wären, ihnen zuliebe das Volk zusammenzuschießen.

Die Achillesferse der Herrschenden ist ihre Abhängigkeit. Sie sind, und zwar in immer stärkerem Maße, davon abhängig, dass ihr immer dichter werdendes Netz aus Mobterror, Meinungsparagraphen, Gesinnungsjustiz, Indoktrination, politischer Korruption, Bespitzelung, Denunziation und Propaganda ungebrochen funktioniert und nicht an irgendeiner Stelle reißt. Sie sind davon abhängig, dass die Bürger jeden Tag ihre eigene bessere Einsicht vergewaltigen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem sie dazu nicht mehr bereit sind. Und der Tag, an dem dies geschieht, ist der Alptraum aller Herrschenden, die gegen das eigene Volk arbeiten.

Der 17. Juni 1953 war der Tag, an dem das Volk seine Angst verlor. An dem es seine Rechte und seine Würde zurückforderte. Es war der Tag, an dem es den Herrschenden zeigte, dass es nicht bereit war, als Versuchskaninchen in utopistische Menschenversuche herzuhalten. Dass es nicht bereit war, sich für fremde Interessen melken zu lassen. An dem die Menschen aber vor allem zeigten, dass die Deutschen keineswegs das Volk von obrigkeitshörigen Duckmäusern sind, das eine (von wem auch immer) verbreitete Legende aus ihnen machen will, und dass ein totalitäres Regime an dem Tag stürzt, wo die Menschen sich von ihrer Angst befreien.

Heute erfordert es leider Gottes Mut, zur eigenen Überzeugung zu stehen. Aber es erfordert bei weitem nicht den Mut, den die Aufständischen vor sechzig Jahren zeigten, als sie den sowjetischen Panzern entgegentraten. George Orwell hat einmal gesagt: Wo die Lüge herrscht, ist die Wahrheit auszusprechen ein revolutionärer Akt. Lasst uns in diesem Sinne Revolutionäre sein!

17. Juni 2013, Berlin Alexanderplatz: Gedenkveranstaltung 60 Jahre 17. Juni

Aufstand 17. Juni 1953

Am 17. Juni 2013 jährt sich zum sechzigstenmal der Aufstand in der DDR. Aus diesem Anlass findet morgen ab ca. 17 Uhr auf dem Alexanderplatz eine Gedenkkundgebung statt, auf der neben anderen Rednern auch ich sprechen werde.

Da Ihr mich kennt, wisst Ihr, dass ich keine gefälligen Sonntagsreden zu halten pflege.

An diesem 17. Juni 1953 bewies das deutsche Volk, das es entgegen einer (von wem auch immer) verbreiteten Legende kein Volk von obrigkeitshörigen Jasagern ist.

Es bewies, dass es fähig ist, einer linkstotalitären Diktatur die Stirn zu bieten.

Es bewies, dass selbst ein noch so dicht gewobenes Netz von Denunziantentum und Schikane, von Meinungsparagraphen und Gesinnungsjustiz, von Terror und Propaganda jederzeit reißen kann.

Es bewies, dass jedes Regime, das von solchen Methoden abhängig ist, ein Koloss auf tönernen Füßen ist.

Dies ist die Lehre des 17. Juni 1953. Die heutigen Machthaber haben Grund, diese Lehre in Vergessenheit geraten zu lassen.

Wir dagegen haben Grund, daran zu erinnern. Also kommt!

„Holocaustleugner“ – ein Unwort

Bei Metapedia, einer Netz-Enzyklopädie, die sich als rechte Alternative zu Wikipedia versteht, und deren Autoren mehrheitlich politisch in der Tat mindestens so weit rechts stehen wie die meisten politischen Wikipedia-Autoren links stehen, findet sich auch ein Eintrag über „Kleine-Hartlage, Manfred“.

Unter der Überschrift „Kritik“ schreibt der Autor:

In seiner 2011 erschienenen Schrift „Neue Weltordnung“ verwendet Kleine-Hartlage shoaistische Gemeinplätze und bezeichnet Revisionisten als „Holocaustleugner“ und bekennt sich damit als Holocaustgläubiger:

    „An der Überzeugungskraft der Argumente von Holocaustleugnern wird es ja nicht liegen …“ (S. 47)

„Der Holocaust … als das monströse Verbrechen gebrandmarkt, das er tatsächlich war …“ (S. 49)

Ich habe mich stets vehement gegen die politkorrekte linke Unsitte gewandt, sich mit Kritik nicht auseinanderzusetzen, sofern sie von sogenannten oder auch Rechtsextremisten geäußert wird – so, als ob die Kritik deswegen schon falsch sein müsste. Ein Argument ist aber entweder in sich richtig oder überhaupt nicht; es kann nicht darauf ankommen, wer es vorträgt. Zu der Kritik von Metapedia also einige Anmerkungen:

Soweit sie sich auf die unreflektierte Verwendung des Wortes „Holocaustleugner“ bezieht, ist die Kritik gerechtfertigt; dieser Ausdruck ist nämlich tatsächlich in dreifacher Hinsicht ein sprachlicher Lapsus:

Zum einen kann ich nach einem zugegebenermaßen groben, lückenhaften und kursorischen Überblick über die im Netz verfügbare einschlägige Samisdat-Literatur nicht bestätigen, dass es irgendjemanden gäbe, der behauptet, die Nationalsozialisten hätten nicht Massen von Juden umgebracht; selbst die niedrigsten Schätzungen gehen von rund dreihunderttausend jüdischen Todesopfern aus, und die meisten liegen deutlich darüber, eher bei fünfhunderttausend bis einer Million. Dies ist zweifellos weitaus weniger, als die etablierte Geschichtswissenschaft behauptet und der Gesetzgeber und zu glauben befiehlt – aber unter einer Leugnung stelle ich mir doch etwas anderes vor. Selbst das Wort „Verharmlosung“ kann in diesem Zusammenhang sinnvollerweise eigentlich nur dem über die Lippen kommen, der die Ermordung von mehreren Hunderttausend Menschen für etwas „Harmloses“ hält. (Selbst wenn es sich also so verhielte, wie die sogenannten „Holocaustleugner“ – die man in der Tat treffender „Revisionisten“ nennen sollte – behaupten, hätte ich keinen Grund, meine Aussage zurückzunehmen, dass es sich um ein „monströses Verbrechen“ handelte.)

Zum anderen bedeutet „Leugnung“, dass man etwas, was man subjektiv für wahr hält, gleichwohl für unwahr erklärt. Der Ausdruck „Holocaustleugner“ impliziert also die Behauptung, die so Titulierten glaubten in Wahrheit sehr wohl an die Richtigkeit des etablierten Geschichtsbildes und gäben es nur nicht zu. Dafür gibt es aber nicht den geringsten Anhaltspunkt: Allein die hohen Haftstrafen, die die sogenannten „Leugner“ für die Artikulation ihrer Ansichten in Kauf nehmen, sprechen für sich.

Und drittens suggeriert der Ausdruck „Holocaustleugner“ zumindest, die Betreffenden versuchten nicht einmal, ihre Thesen mit tatsachengestützten Argumenten zu untermauern; das versuchen sie aber durchaus. Dass die von ihnen angeführte Indizien- und Argumentationskette letztlich nach meinem Dafürhalten nicht ausreicht, das etablierte Narrativ im Kern zu erschüttern, heißt nicht, dass es sich nicht um Indizien und Argumente handeln würde, die eine wissenschaftlich fundierte Replik wert wären. Dass die etablierte Geschichtswissenschaft ihrerseits die Kritik an ihren Thesen nicht etwa mit Argumenten zurückweist, sondern zumindest durch Stillschweigen billigt, dass die Kritiker ins Gefängnis geworfen werden, zeugt auch nicht gerade von Souveränität. Eine Wissenschaft, die auch nur ein Minimum an Rückgrat und Selbstbewusstsein hätte, müsste es sich verbitten, Gesetzen unterworfen zu werden, die nicht nur ihren Kritikern einen Maulkorb verpassen, sondern auch ihr selbst: Nach geltender kafkaesker Rechtslage kann die etablierte Geschichtsforschung (oder wer auch immer) die Kritik der Holocaustrevisionisten gar nicht mit Gegenargumenten zurückweisen, weil sie sie zu diesem Zweck ja zitieren müsste – und bereits dies ist verboten!

Insofern gebe ich auch zu, dass ich mich hätte hüten sollen, Aussagen über die „Überzeugungskraft“ von Argumenten zu treffen, die der öffentlichen Erörterung und Kritik durch eine Entscheidung des Gesetzgebers – deutlich: durch staatlichen Machtmissbrauch! – systematisch entzogen sind.

Trotzdem finde ich die Kritik von Metapedia reichlich kleinkariert, zumal die beiden zitierten Aussagen ja in einem bestimmten Zusammenhang stehen (der aber bei Metapedia nicht referiert wird), bei dem die Richtigkeit des etablierten Narrativs zwar pragmatisch vorausgesetzt, in der Sache aber weder bekräftigt noch in Frage gestellt wird. Vielmehr geht es in dem fraglichen Abschnitt um die politisch-ideologische Instrumentalisierung des Holocausts, dem eine quasi-theologische, sakrale Überhöhung zuteil wird, und dies nicht aus Pietät, sondern zur Untermauerung einer bestimmten Ideologie und der auf ihr basierenden Politik. Es wird hier ganz einfach ein politisches Süppchen gekocht, und dies ist auch dann ein politischer Missbrauch, wenn sich alles so zugetragen haben sollte, wie das offiziöse Geschichtsbild behauptet.

Um diese Zusammenhänge klarer zu machen, zitiere ich zum Schluss die einschlägigen Passagen aus „Neue Weltordnung“:

Für den, der die Atomisierung der Gesellschaft, die Auflösung von Solidargemeinschaften und insbesondere die Beseitigung von Völkern für etwas Gutes, weil Fortschrittliches und Humanes hält, tut sich freilich ein großes Problem auf: nämlich daß diese Völker nun einmal existieren. Alle ideologischen Bemühungen, sie zu bloßen „Konstrukten“ zu erklären, die keinen empirischen Gehalt hätten und jederzeit durch andere Konstrukte, etwa das der „Menschheit“, ersetzt werden können, scheitern nicht nur an ihrer inneren Unaufrichtigkeit, mit der sie verschweigen, daß jeder Begriff, mit dem wir hantieren, ein Konstrukt ist, das als solches nicht „wahr“, sondern höchstens – aber immerhin! – brauchbar sein kann, sofern Menschen sich über seine Geltung einig sind. Sie scheitern vor allem daran, daß sie sich eben einig sind, daß Völker sehr wohl existieren und einen generationenübergreifenden sozialen Zusammenhang konstituieren.

Die Verwirklichung der NWO erfordert, den Menschen diesen Konsens, speziell den über die Existenz des jeweils eigenen Volkes, auszutreiben. Dies kann nicht gelingen, solange die Deutungshoheit über die eigene Geschichte bei den Völkern selbst liegt, für die das jeweils eigene Geschichtsbild identitätsstiftend ist. Geschichte ist für Völker ja ungefähr das, was das Gedächtnis für die Einzelperson ist: also die Voraussetzung dafür, daß diese Person sich als Individuum, als im Zeitverlauf mit sich selbst identisch, begreifen kann.

In einem ersten Schritt gilt es also, den Völkern diese Deutungshoheit zu entziehen. Das Geschichtsbild, das zugleich wesentlicher Teil des kollektiven Selbstbildes eines Volkes ist, soll nicht von unten wachsen, und es soll auch nicht den Unwägbarkeiten eines Wissenschaftsprozesses ausgesetzt sein, der, sofern er seinen eigenen, also den wissenschaftsinternen Regeln folgt, womöglich unpassende, weil politisch unerwünschte Wahrheiten ans Licht bringt. Ein autonomer gesellschaftlicher Diskurs birgt aus der Sicht der NWO nicht nur das Risiko, sondern im Lichte menschlicher Erfahrung geradezu die Gewißheit in sich, in abgrenzende Gruppenidentitäten zu münden bzw. sie zu verstärken und obendrein die Globalisierung als etwas politisch Gewolltes und keineswegs „Unvermeidliches“ zu entlarven.

Ein gemeinsamer Zug aller Einzelprojekte der Revolution von oben, mit denen die europäische Zivilisation umgestaltet wird, ist die Salamitaktik: Man beginnt mit etwas mehr oder weniger Vernünftigem und Wünschenswertem, das von den meisten Menschen bejaht werden kann, und baut es dann Schritt für Schritt aus, um zu Ergebnissen zu gelangen, die die Gesellschaft vehement abgelehnt haben würde, wenn man sie offengelegt hätte. Was Jean-Claude Juncker einmal über die Methoden sagte, mit denen die EU immer mehr Kompetenzen an sich reißt, läßt sich auch auf andere Projekte ausdehnen:

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Man beginnt zum Beispiel mit der Gleichberechtigung von Frauen und endet beim Gender Mainstreaming. Man beginnt mit „Gastarbeitern“ und endet beim Recht auf ungehemmte globale Migration. Man beginnt mit Milosevic, Saddam Hussein und Gaddafi und hat am Ende die Souveränität jedes Staates und seiner Regierung zur Disposition gestellt. Und genauso verfährt man, wenn es darum geht, Geschichtsbilder von oben zu verordnen:
Als die Leugnung des Holocaust als Volksverhetzung in Deutschland strafbar wurde (§ 130 Abs. 3 StGB), fehlte es nicht an Kritikern, die zu Recht fanden, es sei mit dem Selbstverständnis eines freiheitlichen Rechtsstaates unvereinbar, ein bestimmtes Geschichtsbild unter Strafe zu stellen. Heute wird man besagten Kritikern bescheinigen müssen, die Gefahren, die von dieser Norm für eine freiheitliche Rechtskultur ausgehen, sogar noch unterschätzt zu haben.

Was in den neunziger Jahren vielleicht nicht für jedermann vorhersehbar war, heute aber vor aller Augen liegt, ist die wahrscheinlich irreparable Beschädigung des bürgerlichen Rechtsbewußtseins. Das Verbot der Holocaustleugnung wird nicht mehr als die krasse – und vor allem begründungsbedürftige! – Ausnahme von der Regel gesehen, daß eine Zensur nicht stattfindet. Vielmehr verbreitet sich ein Rechtsverständnis, wonach historische Wahrheit etwas ist, das von Staats wegen dekretiert werden kann, darf und muß, und das man (unabhängig von Tatsachen) nicht bezweifeln darf, weil die bloße Äußerung eines Zweifels bereits strafwürdiges „Unrecht“ darstellt.

Daß hier eine Pandorabüchse geöffnet wurde, erkennt man daran, daß im Anschluß an das deutsche Verbot der Holocaustleugnung sowohl der sachliche als auch der räumliche Anwendungsbereich von „Leugnungs“-Verboten seit Jahren immer weiter ausgedehnt wird. So wurde in Frankreich die Leugnung des Völkermords an den Armeniern unter Strafe gestellt, obwohl das Thema nicht den geringsten innerfranzösischen Bezug aufweist. So konnte erst vor kurzem in Deutschland gefordert werden, die Leugnung von Stasi-Verbrechen zu verbieten; und dies nicht, weil es öffentlichen Bedarf an einer solchen Regelung gäbe. Nein, es hat sich offenkundig ein totalitäres Rechtsverständnis verbreitet, wonach es ein legitimes Staatsziel sei, „staatsbürgerliche“ Konformität mit einem bestimmten Geschichtsbild zu erzwingen: ein Rechtsverständnis, das nur deshalb mit Akzeptanz rechnen kann, weil der Präzedenzfall des § 130 Abs. 3 StGB eine gewissermaßen volkspädagogische Wirkung gezeitigt und die Bürger dazu konditioniert hat, ihre eigene politische Entmündigung zu tolerieren.

Mit dieser, aus ihrer Sicht positiven Erfahrung im Hinterkopf verfügten die EU-Justizminister, daß die Leugnung des Holocaust europaweit verboten werden soll (…).

Der Vorgang ist insofern bezeichnend, als er gleich eine doppelte Entmündigung enthält: Hier wird ja nicht nur der öffentliche Diskurs über Geschichte von der Gesellschaft auf den Staat, sondern auch vom Nationalstaat auf die Europäische Union übertragen, der somit die Zuständigkeit für ein „Geschichtsmanagement“ zuerkannt wird, das in keiner nationalen Verfassung vorgesehen ist. Jedenfalls in keiner demokratischen. Totalitäre Staaten freilich haben dieses Recht nach dem Orwellschen Motto „Wer die Vergangenheit beherrscht, beherrscht die Zukunft“ stets für sich in Anspruch genommen.

Es handelt sich auch nicht etwa um einen isolierten Prozeß. Die Europäische Union verfolgt umfangreiche kulturpolitische Programme, in denen es darum geht, ganz bestimmte Geschichtsbilder in Schulen, Universitäten, Medien und damit allgemein in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern, und Politiker tun das Ihre, diese Vorgaben umzusetzen.

Wenn die Bundeskanzlerin etwa, wie am 11. November 2009 geschehen, in Paris unter dem Triumphbogen den Waffenstillstand von 1918, also die Niederlage des eigenen Landes im Ersten Weltkrieg feiert, dann wird damit eine bestimmte Ideologie verbreitet, wonach Deutschland bereits vor Hitler stets im Unrecht gewesen sei. Mit historischen Fakten hat dies nichts zu tun. Das „Unrecht“ besteht vielmehr darin, daß Deutschland sich den machtpolitischen Hegemonialansprüchen und der ideologischen Vorherrschaft des Westens widersetzt hat. Die Logik hinter der masochistischen Selbsterniedrigung der Kanzlerin lautet, daß Deutschland im Unrecht gewesen sein muß, weil der Westen im Recht war. Dieses „Recht“ hat mit der Frage der Kriegsschuld überhaupt nichts zu tun, es bestand vielmehr darin, daß der Sieg des Westens der Verbreitung bestimmter „Werte“ diente – die Rede von den „gemeinsamen Werten“ gehört zu den stereotypen Floskeln transatlantischer Lyrik. Sie impliziert, daß nicht Völker und Staaten als solche die Akteure der Geschichte sind, sondern als Träger bestimmter „Werte“; daß sie also im Recht sind, sofern diese Werte die „richtigen“ sind, und im Unrecht, sofern sie sich ihnen widersetzen. Es impliziert zugleich, daß es nicht den Völkern selbst überlassen sein sollte, welche Werte sie sich zu eigen machen wollen, sondern daß bestimmte Werte, etwa Freihandel und Marktwirtschaft, universelle Geltung beanspruchen und ihre Gegner niederzuwerfen sind. Der Logik nach endet dieser Prozeß erst, wenn diese Werte weltweit durchgesetzt sind.
(…)
In dem Krieg gegen Deutschland, der nach Winston Churchills zutreffenden Worten von 1914 bis 1945 dauerte, der also keineswegs wegen irgendwelcher Verbrechen der Nationalsozialisten geführt wurde, ging es nicht darum, Europa vor dem deutschen Joch zu schützen, sondern darum, dieses Europa in die liberale Weltordnung und damit zugleich in den angelsächsischen Machtbereich zu zwingen.

Die deutschfeindlichen Aspekte des etablierten Geschichtsbildes haben also die ideologische Funktion, Geschichte als eine des Fortschritts hin zu einer One World zu schreiben, und das Recht und die Legitimität partikularer politischer, sozialer und kultureller Strukturen grundsätzlich zu negieren bzw. unter den Vorbehalt ihrer Vereinbarkeit mit dem Globalismus zu stellen. Sie sollen zugleich die Fortführung dieses Prozesses ideologisch unterfüttern. (…)

Aber noch einmal zurück zum Verbot der Holocaustleugnung: Warum ist eigentlich gerade dieses Element des etablierten Geschichtsbildes so wichtig, daß es durch das Strafrecht geschützt werden muß? An der Überzeugungskraft der Argumente von Holocaustleugnern wird es ja nicht liegen, woran aber dann?

Woher kommt es insbesondere, daß die Massenmorde von Kommunisten, deren Opfer die des Holocausts an Zahl um ein Vielfaches übertreffen, so wenig historische Beachtung finden – ein Umstand, der normalerweise vom politisch korrekten Diskurs lautstark als „Verhöhnung der Opfer“ angeprangert werden müßte?

Die Antwort lautet, daß man unter Verweis auf „Auschwitz“ andere Ideologien diskreditieren kann als unter Verweis auf den „Gulag“:

Sie ziehen die Interessen Ihres Volkes denen von Fremden vor? Das ist Nationalismus und führt zu Auschwitz! Sie glauben, daß man nicht Millionen von Menschen aus aller Herren Länder einwandern lassen sollte? Das ist Rassismus und führt zu Auschwitz! Sie glauben nicht, daß der Islam eine Religion des Friedens ist? Das ist religiöse Intoleranz und führt (um drei Ecken) zu Auschwitz! Sie glauben, daß Freiheit nur möglich ist, wenn sie durch Sittlichkeit gehegt wird? Das ist illiberal und führt zu Auschwitz!

Würde man dagegen den Gulag in ähnlicher Weise thematisieren, so könnte irgendjemand auf den Gedanken kommen, dessen Wurzeln in einer revolutionären Weltanschauung zu suchen. Daß die Idee, eine Kultur oder gar die ganze Menschheit nach Maßgabe einer utopistischen Heilslehre umzukrempeln, per se totalitär ist, müßte den Sachwaltern der revolutionär zu verwirklichenden NWO schon deshalb peinlich sein, weil sie genau auf einer solchen Idee ihre Politik aufbauen.

So wie es beim antideutschen Narrativ nicht primär darum geht, Deutschland ins Unrecht zu setzen, sondern um den Umkehrschluß, daß die Vorkämpfer globalistischer Ideologie stets im Recht sind, so geht es beim Verbot der Holocaustleugnung nicht so sehr darum, die Leugnung des Holocausts zu verhindern, sondern um den Umkehrschluß, daß die herrschende Ideologie ein Heilsweg ist, und daß jede Abweichung von ihm geradewegs in die Hölle, also nach Auschwitz, führt: Das soll nicht geleugnet werden dürfen! Der Holocaust wird durch eigens auf ihn zugeschnittene Blasphemiegesetze nicht etwa als das monströse Verbrechen gebrandmarkt, das er tatsächlich war, sondern zum Inbegriff des absolut Bösen erklärt und damit aus dem Zuständigkeitsbereich der Geschichtsschreibung in den der Theologie überführt; womit jegliche Ideologie und jedes politische Projekt, das man als eine Art Anti-Auschwitz-Programm verkaufen kann – und wäre ein solcher Anspruch noch so fadenscheinig –, mit einem Heiligenschein ausgestattet wird.

[Zur geschichtspolitischen Funktion des Holocausts und seiner sakralen Überhöhung siehe auch meinen Kommentar („Nicht in unserem Namen!“) zu der Rede, die der damalige Bundespräsident Wulff vor zwei Jahren in Auschwitz hielt.]

Wielun 1939: eine antideutsche Legende

[Um den Angriff auf die polnische Grenzstadt Wielun am 1.September 1939 ranken sich ebenso politkorrekte wie antideutsche Legenden. War Blogger demontiert im folgenden Artikel die herrschenden Geschichtsklitterungen:]

Morgen jährt sich der offizielle Beginn des Zweiten Weltkrieges zum dreiundsiebzigsten Mal. Ich sage „offizieller Beginn“, da man genau so gut andere passende Termine wählen könnte: den 7. Dezember 1941, zum Beispiel, der einen bis dato primär im europäischen Raum ausgefochtenen Konflikt auf den Rest der Welt ausdehnte. Oder den Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke am 7. Juli 1937, der Ostasien in den Krieg stürzte. Oder den Kriegseintritt Italiens, der das Kriegsgeschehen auf den afrikanischen Kontinent ausdehnte.

Wir können uns alle die symbolischen Festakte und wiedergekäuten Phrasen, die uns die politische Klasse – und natürlich insbesondere die Mainstreammedien – vorsetzen werden, im Geiste schon ausmalen. Sie sind schon fast zur Gewohnheit geworden. Das sich alljährlich wiederholende Prozedere hat in diesem Sinne eine schon fast amüsante Regelmäßigkeit erreicht, die es dem von Schuldbekenntnissen sattsam gemästeten Medienkonsumenten schon fast erlauben könnte, den Jahrestag des offiziellen Kriegsbeginns in Europa zu ignorieren. Dies zu verhindern, die abgestandene Suppe der deutschen „Vergangenheitsbewältigung“ dem Gast immer wieder neu zu kredenzen; das ist in der Tat kein ganz so einfaches Gesellenstück, auch wenn die öffentlich-rechtlichen alle Jahre wieder mit einer mit unheilvoller Musik und finster drein blickenden Nazi-Deutschen gespickten „Dokumentationen“ aufwarten oder die Kanzlerin den Deutschen in einer Rede zum siebzigsten Jahrestag auf der 1939 von der polnischen Armee über Vertragssoll besetzten Westerplatte in Danzig Asche aufs Haupt streut.

Manfred hat in seinem Beitrag von 2009 zur ungerechtfertigten Verwendung des Begriffes des „Überfalls auf Polen“ schon vieles gesagt:

Eine Worthülse ist das deshalb, weil man unter einem Überfall einen überraschenden Angriff aus heiterem Himmel versteht, mit dem nicht gerechnet werden kann. … dem Angriff auf Polen vor genau siebzig Jahren aber gingen eine monatelange diplomatische Krise, Propagandaoffensiven beider Seiten, Dutzende von Grenzzwischenfällen und ethnischen Scharmützeln, nicht zuletzt der deutsch-sowjetische Nichtangriffs-(und Teilungs-)pakt voraus. Was am 1. September 1939 begann, war wohl ein Angriff, aber eben kein Überfall.

Wenn ein so auffallend unpassendes Wort wie das vom „Überfall auf Polen“ nicht nur irgendwann und von irgendwem versehentlich eingeflochten wird, sondern offenkundig Teil einer Sprachregelung ist, die ungeachtet ihrer Dummheit von niemandem in Frage gestellt wird, dann ist dies bezeichnend für den Geisteszustand, in dem die meinungsbildenden Eliten ihre für uns Alle bestimmten Texte verfassen: Die Angst vor der abweichenden Meinung, ja die Angst sogar vor einer – womöglich bloß versehentlich – abweichenden Formulierung, verdrängt jede andere journalistische Erwägung, sogar die Angst vor dem Verdacht der Inkompetenz und der daraus resultierenden Blamage.

In einer solch gestanzten Floskelsprache teilt man nicht die Ergebnisse von Überlegungen, sondern eingepaukte Glaubensartikel mit.

Darauf aufbauend möchte ich auf das neueste Steckenpferd von Medien und antideutscher Geschichtsumschreibung hinweisen. Den meisten hier wird der Beginn des Zweiten Weltkrieges aus Schule oder Literatur noch in Verbindung mit der Feuereröffnung des veralteten Linienschiffes Schleswig-Holstein in den Morgenstunden des ersten Septembers im Gedächtnis sein.

Die Wielun-Legende

Nun ist es aber so, dass die ersten offiziellen kriegerischen Aktionen schon vorher begannen, und zwar in dem polnischen Grenzstädtchen Wielun. Und Wielun hat sich in den letzten Jahren zu einem weiteren Eckpfeiler antideutscher Legendenbildung entwickelt: dem Terrorangriff auf das verschlafene, vollkommen unschuldige Grenznest aus dem Impetus purer Boshaftigkeit heraus. Warum dies so gut zu Manfreds obigem Zitat passt möchte ich vorab schon einmal klarstellen: weil es eine geschichtspolitisch-mediale Formulierung ist, die mit dem tatsächlichen Geschehen nichts zu tun hat. Gleichzeitig wird diese Legendenbildung wider vorhandenes Fachwissen und wasserdichtes Datenmaterial betrieben.

Möglicher Ausgangspunkt – zumindest was die deutsche Medienberichterstattung angeht, sofern man sie noch so nennen kann – scheint dieser Artikel in der Zeit aus dem Jahr 2003 zu sein (alle folgenden Zitate sind dem Zeit-Artikel entnommen). Ich sage „möglich“, da der War Blogger eine fast gleich klingende Nacherzählung der Ereignisse zu einem weitaus späteren Zeitpunkt noch in einem politikwissensschaftlichen Seminar zu hören bekam. Der Seminarleiter – Professor Dr. Klaus Ziemer – ist ein honoriger Dozent, der es während der Veranstaltung nie an Fairness oder Hilfsbereitschaft mangeln ließ, und der mit seiner Themensetzung bezüglich der unterschiedlichen Geschichtspolitik europäischer Staaten interessante Befunde zu Tage förderte. Das Seminar war also weder uninteressant, noch verbinden den Autor schlechte Erfahrungen mit dem inzwischen pensionierten Seminarleiter. Bis auf diese eine, die um so schlimmer ist, da Ziemer bereits in Wielun selbst eine Rede zur Bombardierung selbst hielt.

Was soll uns also glauben gemacht werden? Laut dem Autor des Zeit-Artikels, dem freien Journalisten Joachim Trenkner, handelt es sich bei der Attacke auf Wielun um einen perfide geplanten Akt des Terrors, durchgeführt auf Wunsch desselben deutschen Offiziers [Generalmajor Wolfram von Richthofen, MKH], der bereits die „berüchtigte Legion Condor“ im Spanischen Bürgerkrieg kommandierte und das Städtchen Guernica dem Erdboden gleich machen ließ. Einmal ganz davon abgesehen, dass man sich trefflich über die Legitimität von Guernica als Angriffsziel streiten kann, war die „Legion Condor“ nicht mehr oder weniger „berüchtigt“ als alle anderen am Spanischen Bürgerkrieg teilnehmenden Kräfte auch. Seltsamerweise hört man von deutschen Journalisten aber kaum etwas zu den von den linken „Internationalen Brigaden“ begangenen Kriegsverbrechen…

Wolfram Freiherr von Richthofen befahl den Angriff auf Wielun
Generalmajor Wolfram Freiherr von Richthofen

Nun, folgt man der Richtung Trenkners dann handelt es sich beim Angriffsziel Wielun für Richthofen „um die Chance, sein Zerstörungswerk fortzusetzen“. Das war auch der Duktus Professor Ziemers: Wielun als unschuldiges Grenzstädtchen, welches mutwillig als Akt des Terrors von den Deutschen zerstört werden sollte.

Denn für einen deutschen Journalisten oder Akademiker ist die natürlichste Herangehensweise an einen Themenkomplex mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg, es einfach als gegeben anzunehmen, dass die Akteure mit dem Prioritätssinn eines James-Bond-Bösewichtes ausgestattet sind. Vorhandene Fakten abzugleichen oder auch nur zu versuchen, rationales militärisches Denken auf die Situation anzuwenden, wäre wahrscheinlich auch zu einfach gewesen.

Anteil an der Debatte zur Formung des Geschichtsbildes hat auch die in letzter Zeit offen linkslastig und subjektiv agierende Wikipedia, da sie durch die Gewichtung bzw. Auslassung von Aussagen „Wissen“ prägen kann. Auch hier ist der Fall Wielun exemplarisch: im Deutschen existiert keine Seite zur Bombardierung mehr, und die Frage wird in der Diskussionsspalte der Wiki zur Stadt Wielun selbst abgewürgt. Da der Autor aber primär im englischsprachigen Raum agiert war es interessant zu realisieren, dass seit dem ersten Befassen mit der Wielun-Thematik auch dort eine Verschiebung der Quellengewichtung zu beobachten ist. Diese wird primär durch offenkundig polnischstämmige Benutzer vorangetrieben, eine Beobachtung, die auch auf viele andere englischsprachige Artikel bezüglich Polens und seiner (Vor-)Kriegsgeschichte zutrifft. Bezeichnend ist hier, dass selbst im englischsprachigen Wiki-Beitrag der Zeit-Artikel Joachim Trenkner’s als entscheidende Quelle verwendet wird!

Dies ist um so entscheidender, als die englischsprachige Wikipedia insgesamt als militärtechnische Quelle hervorragendes Material hervorbringt, welches die Argumentation von „Wielun als Terrorangriff“ selbst ad absurdum führt. Denn die Intention hinter der Handlung ist keinesfalls irrelevant.

Ich schreibe das hier in der vollen Gewissheit, dass man uns morgen wieder tränenreiche Märchen aus und um Wielun aufwärmen wird, deren einziger Zweck darin besteht, deutsches Selbstbewusstsein zu untergraben und unseren (als Volk) neurotischen Schuldkomplex zu füttern.

Laut späterer Einsatzmeldung starten die 29 Stukas des Geschwaders 76 unter seinem Kommando um zwei Minuten nach 5 Uhr in Richtung polnische Grenze. Tatsächlich aber kann es erst 4.02 Uhr gewesen sein; denn alle Überlebenden berichten, die ersten Flugzeuge seien zwischen 4 und 5 Uhr über Wielun aufgetaucht – also just zu jener Zeit, als auch auf der Schleswig-Holstein in Danzig die Vorbereitungen für den Angriff laufen. Warum die Einsatzmeldung den Beginn des Unternehmens um eine Stunde verschiebt, bleibt rätselhaft: War es ein Versehen? War es eine taktische Manipulation?

Oder war es vielleicht die Wahrheit? Wie sich später noch zeigt sind die Augenzeugenaussagen alles andere als überzeugend!

Der Bombenhagel bringt Tod und Zerstörung. Die ersten Bomben haben das Allerheiligen-Hospital getroffen, obwohl das Krankenhaus auf dem Dach mit einem roten Kreuz gekennzeichnet ist.

Ich denke, hier ist es an der Zeit, einmal die Quellen heranzuziehen, die nicht aus unqualifizierten Journalisten oder fachfremden Professoren bestehen. Denn diese Quellen sprechen eine ganz andere Sprache als dass, was uns seit einiger Zeit als in Stein gemeißelte Wahrheit angedreht wird.

Historiker über Wielun

In Bezug zum nächtlichen Angriff auf Wielun berichtet der deutsche Historiker Horst Boog, der international als einer der kompetentesten Fachmänner zum Thema ‚Europäischer Luftkrieg zwischen 1939 und 1945‘ gilt, dass „der Angriff einer polnischen Kavalleriebrigade sowie einer polnischen Infanteriedivision galt, welche die deutsche Luftaufklärung am Vortag in der Stadt entdeckt hatte“. Dies ist insofern bedeutend, als ein StuKa-Angriff auf eine mobile Brigade eigentlich als eine der Kernaufgaben der Waffengattung gesehen werden muss: die Zerstörung der hochmobilen Kavalleriebrigade macht plötzliche Angriffe auf die Flanken der deutschen Angriffspitzen unwahrscheinlich. Boog schließt aus den Berichten der StuKa-Geschwader 76 und 77, dass die Angriffe diesen Formationen galten und dass die Bombardierung fehlschlug, und „zwar auf Grund dichten Bodennebels“.

Eine Quelle ist nicht genug? Warum, der Zeit-Artikel reicht doch den Medien auch ganz alleine?

Nun gut, wie wäre es hiermit: Der britische Historiker Peter C. Smith beschreibt das Bombardement als „Kollateralschäden im Zuge von Luftunterstützungsangriffen für den Vormarsch der Wehrmacht, bei denen die Bomben ihre eigentlichen Ziele verfehlten.“

Ach, ich hab noch einen. Der polnische Historiker Jerzy B. Cynk, Autor von The Polish Air Force at War. The official history 1939-1943, hat sogar noch ein bisschen mehr zu sagen. „Eine Vielzahl direkter Unterstützungsangriffe wurden [von der Luftwaffe] geflogen, die stärksten Angriffe konzentrierten sich auf polnische Kavallerie- und Truppenkonzentrationen nahe Wielun. … Die Wetterbedingungen während des ganzen Tages waren ungünstig, mit Sichtweiten [in der Luft] von weniger als einem Kilometer und einer geschlossenen Schicht aus Bodennebel bis circa 50 Meter Höhe. … Auf ihrem Rückflug wurden vier Ju 87 StuKas vom in der Nähe stationierten 36. Polnischen Infanterieregiment abgeschossen.“

So, so. Renommierte Historikergrößen kommen also auf Grund des Primärquellenstudiums – also der tatsächlichen Wissenslage der Akteure zur Zeit der Bombardierung! – zum Schluss, das es sich beim Angriff auf Wielun um reguläre Bodenunterstützungsmissionen zur Bekämpfung von der Aufklärung entdeckter feindlicher Truppenkonzentrationen handelte. Der Abschuss der vier Sturzkampfbomber alleine konterkariert bereits jedwede Behauptung, dass es in und um Wielun keine polnischen Truppen gegeben habe. Der dichte Bodennebel hingegen gibt jedwedes Beharren auf der Terrorbombardement-These der Lächerlichkeit Preis. Von einem bewussten Angriff auf zivile Ziele kann keine Rede mehr sein da wegen des dichten Bodennebels die gesamte Stadt quasi unsichtbar gewesen sein muss. Ziele wie das Krankenhaus konnten weder bewusst verschont noch bewusst attackiert werden! Die weitflächigen Zerstörungen in Wielun sind indes viel einfacher zu erklären: kein StuKa-Pilot, der noch alle Tassen im Schrank hat, wäre mit voller Bombenladung zurück durch feindliches Gebiet geflogen, um wieder auf seinem Feldflugplatz zu landen. Weitaus plausibler ist es anzunehmen, dass nach einem Flug primär nach Instrumenten, nicht nach Sicht, die Bombenlast über dem ungefähren Zielgebiet ausgeklinkt wurde. Befehl ist halt Befehl. Trotz dieses saloppen Spruches können wir also festhalten: die Angriffe auf Wielun waren legitime militärische Operationen und keineswegs geplante Terrorangriffe.

Trenkners inkompetentes Fabulieren über Wielun

Alleine die Idee, dass die Wehrmacht an Tag Eins der Kampagne gegen Polen ein ganzes Drittel (!) ihrer vorhandenen Bodenunterstützungsflugzeuge für das Terrorbombardement einer vollkommen unwichtigen Grenzstadt verwenden würde, spricht Bände: über Joachim Trenkner und über alle, die ihm Glauben schenken. Es sagt außerdem aus, dass eine ganz erhebliche Menge der deutschen Bevölkerung absolut keinen Schimmer von Geschichte, Taktik und Technik aufzuweisen hat.

Aber gehen wir ein bisschen weiter im Text.

Ziel ist es, den Ort zu vernichten. Dabei soll vor allem ein gerade weiter entwickelter Flugzeugtyp getestet werden, der Sturzkampfbomber JU 87 B. Die Stukas sind von der Dessauer Flugzeugfabrik Junkers eigens für den Polenkrieg mit einem doppelt so starken Motor wie das bisherige Modell ausgerüstet worden. Mit 1150 PS Motorleistung können sich die neuen Maschinen bei über 300 Kilometer pro Stunde und einer Bombenlast von 500 Kilo pro Einsatz aus großer Höhe auf ihre Ziele stürzen.

Und das steht in einer renommierten Wochenzeitung. In diesem Absatz befindet sich nicht eine wahre Aussage. Das ist schon eine reife Leistung. Auf den ersten Satz muss ich nicht eingehen; den haben bereits drei Historiker widerlegt. Der Rest? Ach du großer Gott, was ein Schmonzes!

Dabei soll vor allem ein gerade weiter entwickelter Flugzeugtyp getestet werden, der Sturzkampfbomber JU 87 B. Die Stukas sind von der Dessauer Flugzeugfabrik Junkers eigens für den Polenkrieg mit einem doppelt so starken Motor wie das bisherige Modell ausgerüstet worden.

Sturzkampfbomber Stuka Ju-87, eingesetzt in Wielun
Sturzkampfbomber Ju-87

Nein, sind sie nicht. Der „Polenkrieg“ wurde am 11. April 1939 von Hitler insofern beschlossen, als dass er die Ausarbeitung eines Angriffsplans durch die Wehrmacht befahl. Die Junkers Ju 87 B absolvierte bereits Testflüge im Frühsommer 1937. Zu einer Zeit also, zu der Hitler die Polen noch im Antikomintern-Pakt haben wollte und ein Waffengang an der Seite der Polen wahrscheinlicher war als gegen sie. Die erste Serienvariante (ab Juli 1937) nahm übrigens im gleichen Jahr am Spanischen Bürgerkrieg teil. Von einem „gerade weiter entwickelten Flugzeugtyp“ kann also gar nicht die Rede sein! Eigens für den Polenkrieg wurde hier gar nichts gemacht. Die B-Variante ist nichts weiter als die logische technische Weiterentwicklung des Junkers-Sturzkampfbombers. Sowohl Design als auch Einsatzeinführung widerlegen klar Trenkners Aussage. Man mag das als Spitzfindigkeiten abtun, aber es sind eben diese vielen Kleinigkeiten, die das Salz in der Suppe ausmachen.

Und der Rest? Die Motorleistung des Jumo 211D der Ju 87 B war 1200 PS, nicht 1150 PS. Die Bombenlast der Ju 87 B waren 450 Kilogramm, nicht 500 (1x 250kg + 4x 50kg). Hat Trenkner eigentlich irgend eine Ahnung von dem, was er da schreibt? Ach ja, er behauptet auch, dass die StuKa-Piloten wussten, dass es in Wielun keine polnischen Truppen gab. Warum? Weil ein Bomberkommandant nach seiner Landung vermerkt habe: „Keine besondere Feindbeobachtung.“

Nachts um kurz nach 4 Uhr, im September. Bei Bodennebel und Sturzkampfgeschwindigkeit, ohne Nachtsichtgeräte (gab es damals noch nicht). Und das soll man glauben? Da lachen doch die Hühner. „Feindbeobachtung“ hier würde Flakfeuer bedeuten. Das Nichtvorhandensein von Flakfeuer bedeutet für den Flugzeugführer nicht automatisch das nicht Vorhandensein feindlicher Truppen! Und da sind ja schließlich noch die vier abgeschossenen StuKas…

Ich bitte alle Leser, sich den Umstand noch einmal zu verdeutlichen: Was ich hier zerpflücke, ist die von deutschen Medien kolportierte „offizielle“ Darstellung der Ereignisse! Und die beruht unter anderem auf Augenzeugenberichten wie dem folgenden:

Der Mechaniker Józef Musia ist acht Jahre alt, als die Bomben fallen. Mit seiner Schwester hat er das Bombardement vom Stadtrand aus beobachtet: „Es waren große graue Flugzeuge mit schwarzen Kreuzen…“

Ich soll also glauben, dass ein achtjähriger Knirps nachts um halb fünf aus gut einem Kilometer Entfernung oder mehr die Markierungen dunkel grau-grüner Maschinen kaum größer als Jagdflugzeuge erkannt hat, während diese sich mit Geschwindigkeiten von gut 300 Km/h und mehr aus mehreren Tausend Fuß aufs Ziel stürzten. Und niemand hakt bei so einer Aussage nach?!?

Diese Art von Aussagen erschaffen – durch ihre pure Anwesenheit in einem „angesehen“ Wochenblatt – Geschichtsbilder. Kaum einer der Leser der Zeit wird Trenkners Artikel widersprochen haben. Keiner der Studenten in Professor Ziemers Seminar tat es (mir war Wielun dumpf im Hinterkopf ein Begriff durch einen früheren Blogeintrag). Vierzig junge Menschen verließen an dem Tag das Seminar mit dem festen Glauben (denn um Glauben handelt es sich hier, nicht Wissen), dass Deutschland den WK 2 mit einem als Terrorakt intendierten Angriff auf Wielun begann.

Auf diese Art und Weise formt man das geschichtliche Selbstverständnis ganzer Generationen.

Nur um das ein letztes Mal zu verdeutlichen: sowohl der Professor (der Politikwissenschaften) aus meinem Beispiel als auch der Artikel der Zeit vertreten felsenfest eine These, die in etwa den Logikgehalt eines Planes von Austin Powers Dr. Evil hat. Wir sollen also allen Ernstes glauben, dass – entgegen der Darstellungen dreier Historiker vom Fach und entgegengesetzt zu vorliegenden Aufklärungsberichten der Wehrmacht und Operationsbefehlen der Luftwaffe – das Oberkommando der Wehrmacht ein Drittel aller an der polnischen Front vorhandenen Sturzkampfbomber, deren explizite Aufgabe nur taktischer Natur ist und die Ausschaltung von mobilen Einheiten und Punktzielen umfasst, für einen strategischen Bombenangriff auf ein Ziel ohne strategische Bedeutung oder Verwertbarkeit für Propagandazwecke abkommandiert?!

Und der Autor verwettet seine nicht mehr vorhandene Haarpracht darauf, dass – wenn morgen wieder das alte Lied von Wielun durch die Medien tönt – in keiner großen Tageszeitung und keinem Nachrichtenmagazin eine faktenbasierte Auseinandersetzung mit dem Thema geben wird. Und das, lieber Leser, ist antideutsche Legendenbildung.

 

Lusitania – Kriegspropaganda im WK I

Judith schreibt in ihrem Blog „Vaterland„:

Im Dezember 2008  meldete die Dailymailden Fund von Munition im Wrack der Lusitania – darunter rund vier Millionen 303-Patronen des US-Herstellers Remington. Dies bestätigt die Argumentation der Deutschen Admiralität und entlarvt die Lüge des damaligen Empires.

Dort wurden wir Deutschen nämlich als grausame Hunnen verunglimpft, als Völkerrechtsbrecher, die ein wehrloses Passagierschiff samt harmloser Ladung in die Luft gesprengt und Frauen, Männer und Kinder kaltblütig ermordet hätten. Der amerikanischen Öffentlichkeit wurde sogar erzählt, deutsche Schulkinder hätten extra schulfrei bekommen, um die Versenkung der Lusitania zu feiern.  Dailymail:
Secret of the Lusitania: Arms find challenges Allied claims it was solely an passengership.

(…)

Schmutziges Geschäft
Spiegelausgabe 45/72

Amerikas Weltkrieg-I-Präsident Woodrow Wilson war schockiert. Vor ihm lag ein Geheimpapier, das völlig ramponierte, woran Wilson einmal geglaubt hatte. Verbittert steckte er das Papier in einen Briefumschlag und versiegelte ihn. Auf das Couvert schrieb er: ” Nur vom Präsidenten der Vereinigten Staaten zu öffnen.” Dann gab er die Order, den Brief im Geheimarchiv des US-Schatzamtes unter Verschluß zu nehmen. Kein Außenstehender sollte erfahren, daß ein Dokument existierte, das den Streit um eine der spektakulärsten Schiffskatastrophen hätte beenden können. […]

Weiterlesen bei „Vaterland“

Dresden

[Dieser Artikel erschien aus gleichem Anlass schon vor zwei Jahren. Da sich in diesem Zusammenhang jährlich das gleiche Schauspiel wiederholt, ich dem, was ich damals schrieb nichts hinzuzufügen habe und ich außerdem seitdem viele Leser dazugewonnen habe, denen ich diesen Artikel nicht vorenthalten will, wiederhole ich ihn einfach.]

Zum 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens zeigen die Medien, und weiß Gott nicht nur die, ihre wahre Visage. Wie jedes Jahr.

Da ich heute nicht viel Zeit habe, kann und will ich nicht jeden Aspekt dieser alljährlichen Schande beleuchten. So sei nur kurz angemerkt, dass es den Linken gelungen ist, die ordentlich angemeldete und völlig legale Demonstration rechter Gruppen zu verhindern; dass die Polizei diesen Sieg der politischen Selbstjustiz (angeblich? tatsächlich?) nicht verhindern „konnte“; und dass es eine offene Frage ist, wo das polizeiliche Unvermögen endet und die politisch gewollte klammheimliche Komplizenschaft des Staates mit linken Gewalttätern beginnt.

Ich kommentiere heute nur den Bericht, den ein gewisser Patrick Gensing in tagesschau.de veröffentlicht hat. Also bei einem Medium, das wir alle durch Zwangsabgaben finanzieren:

Neonazis marschieren in Dresden auf

Es versteht sich von selbst: Das sind das alles „Neonazis“, obwohl es bei diesen Trauermärschen genug Teilnehmer gibt, die definitiv keine sind, und obwohl man das auch leicht hätte herausfinden können; keinem Volontär würde man durchgehen lassen, wenn er pauschal alle Teilnehmer einer Demonstration, an der auch Kommunisten beteiligt sind, „Kommunisten“ nennen würde. Wenn es aber um sogenannte oder auch Neonazis (wieso eigentlich nicht „Postnazis“ – wo es doch auch „Postkommunisten“ gibt?) geht, scheint sich soviel Differenzierung zu erübrigen.

Und selbstverständlich „marschieren sie auf“. Hat schon einmal jemand von einem „Aufmarsch“ von Linksextremisten gehört? Das Wort „Aufmarsch“ suggeriert dem Normalbürger: Uniformen, Stiefel, Gleichschritt. Dass dies alles selbst bei Demonstrationen von wirklichen Rechtsextremisten eher die Ausnahme als die Regel ist, interessiert die GEZ-Dichter nicht.

Das Wort „Aufmarsch“ nämlich hat im Zusammenhang mit solchen Demonstrationen schon längst jede inhaltliche Bedeutung eingebüßt, ungefähr so, wie das Wort „Überfall“ zur Bezeichnung des Angriffs auf Polen 1939. Wir haben es hier mit stereotyper Floskelsprache zu tun, deren Gebrauch ideologische Konformität signalisiert. In solcher Sprache äußert sich die Bereitschaft, auf ein eigenes Urteil (das sich zwangsläufig in eigener Wortwahl niederschlagen müsste) zu verzichten und sich einer vorgegebenen Bewertung zu unterwerfen: Aus solchen Texten dampft der Angstschweiß ihrer Verfasser. Wer so schreibt, will einer drohenden Verdächtigung vorbeugen: Keine Differenzierung, man könnte ja der Sympathie mit „Rechts“ verdächtigt werden; kein Satz, der den Leser zum Nachdenken bringen könnte – er könnte ja etwas „Falsches“ denken; keine Objektivität, nicht einmal eine geheuchelte, weil selbst eine bloß vorgetäuschte Objektivität einen als Rechtsabweichler verdächtig machen könnte. Bis in die Formulierungen hinein muss eine Uniformität gewahrt werden, um die der nordkoreanische ZK-Sekretär für Propaganda unsere GEZ-Sender beneiden würde!

Öffentlichen Raum besetzen und braune Propaganda unters Volk bringen, das sind die Ziele rechtsextremer Demonstrationen.

Ei der Donner. Präsenz im öffentlichen Raum zu zeigen und die eigenen Parolen unters Volk zu bringen, gehört nicht etwa zum Wesen und zum Sinn und Zweck politischer Demonstrationen (und ist deshalb durch das Grundgesetz geschützt), sondern zu den besonders üblen Machenschaften von Neonazis, braucht also nicht etwas als Ausübung eines Bürgerrechts respektiert zu werden.

Tausende Neonazis wollen heute in Dresden einen „Trauermarsch“ [Allein für die Anführungszeichen gehört dieser Schreiberling von oben bis unten vollgekotzt!] begehen – und so Deutschlands historische Verbrechen relativieren.

Wieder so eine lächerliche Phrase, die nur den hohlen geistigen Konformismus ihres Urhebers entlarvt: „Deutschlands historische Verbrechen relativieren“, d.h. in Beziehung zur Zerstörung Dresdens setzen – das ist genau das, was die Teilnehmer des Trauermarsches nicht wollen! Nicht sie behaupten, Dresden sei schlimmer als Auschwitz; Auschwitz wird von ihnen gerade nicht thematisiert – wohl aber von der Journaille und der etablierten Politik, die an Dresden – wenn überhaupt – jedenfalls nicht denken kann, ohne ein „Ja. aber Auschwitz…“ anzuhängen.

Erstaunlich nur der Kontrast zwischen dieser Aneinanderreihung von menschenverachtenden Geschmacklosigkeiten und der Sensibilität und dem Verständnis, das dieselben Medien alljährlich im August den japanischen Gedenkfeiern in Hiroshima und Nagasaki entgegenbringen – selbstredend ohne auf das Nanking-Massaker oder ähnliche Verbrechen Japans zu verweisen.

Das ist nicht etwa Schizophrenie: Das ist die notwendige Folge jener geistigen Abhängigkeit vom Nationalsozialismus, in die man sich begibt, wenn man ihn zur Negativfolie für Alles und Jedes macht, weil man „aus der Geschichte gelernt hat“, dass das NS-Regime das absolut Böse war, und dass deshalb nur das genaue Gegenteil dessen, was die Nazis praktiziert haben, moralisch geboten sein kann. Das bedeutet, deutlich: „Aus der Geschichte gelernt“ hat, wer das eigene Volk für lebensunwert und die eigenen Landsleute für Untermenschen hält, deren massenhafte Tötung daher nicht betrauert werden darf, jedenfalls nicht ohne allgegenwärtige Relativierung. Die Antideutschen und ihr „Bomber-Harris, do it again!“ bringen nur auf den Punkt, was die deutschen Müll-Eliten tagein, tagaus über ihre Sender verkünden lassen.

Ausschreitungen werden erwartet.

Und natürlich braucht man nicht zu erwähnen, dass solche Ausschreitungen zwar regelmäßig vorkommen, aber in aller Regel von Linksextremisten ausgehen. So auch diesmal. Ich werde jetzt nicht jeden Satz dieses unsäglichen Geschreibsels auseinandernehmen; nur ein paar, tja, Höhepunkte:

(…)
Zudem wollen sie den Begriff Holocaust umdeuten: Fast genau vor fünf Jahren hatte der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel erstmals vom „Bomben-Holocaust“ gesprochen – im Landtag in Dresden.

Da hat einer schon vergessen, dass der Begriff „Holocaust“ schon in den achtziger Jahren banalisiert worden ist, und zwar von denselben Leuten, die heute vor Pietät kaum laufen können, damals aber keine drei Sätze sagen konnten, ohne vom drohenden „atomaren Holocaust“ zu reden.

Auf vielen Autobahnraststätten drohen Zusammenstöße zwischen Neonazis und Gegendemonstranten, denn auch diese reisen aus dem gesamten Bundesgebiet nach Dresden, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen. Bereits im vergangenen Jahr gab es mehrere Angriffe, unter anderem auf einen Bus von Gewerkschaftern aus Hessen.

Behaupten die beteiligten Linken. Als ich selbst einmal einem ähnlichen Fall nachging und beim zuständigen Staatsschutz anfragte, antwortete mir ein leitender Beamter:

Ihre Recherchen hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes von Aussagen und der tatsächlichen Begebenheiten sind interessant, vor allen Dingen unter den Voraussetzungen, dass endlich … jemand erkennt, dass die „Linken“ auch Unwahrheiten verbreiten. (…) Das Schlimme daran ist nur, dass Leute, die mit diesen Begebenheiten nichts zu tun haben, auf diesen Zug aufspringen und dann teilweise, wie zu DDR-Zeiten eine Stellungnahme(!!) von der Polizei erwarten, wie schlimm sich die „Nazis“ verhalten haben..“

Ob die Redaktion von tagesschau.de wohl auch eine solche Stellungnahme eingeholt hat, bevor sie die Behauptungen von „Kämpfern gegen Rechts“ als „Wahrheiten“ wiederkäute?

(…) Zudem stößt es besonders auf Kritik, dass sich die Neonazis an einem Bahnhof sammeln sollen, von dem die Nationalsozialisten Dresdner Juden in die Vernichtungslager abtransportiert hatten. Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei zeigten sich empört. Das Auschwitz-Komitee kritisierte, Dresden sei zu einem Symbol fehlgeschlagener „Gedenk-Kultur“ geworden.

(Bei „Bomber-Harris, do it again!“ hat die Sorge um die „Gedenk-Kultur“ wohl nicht so gebrannt.) Das Argument, wonach Neonazis sich nicht am Bahnhof von Dresden sammeln dürften, läuft seiner Logik nach auf die Forderung hinaus, sie von der Benutzung der Eisenbahn überhaupt auszuschließen.

Ja, so etwas gab schon einmal. Aber wir haben ja gottlob „aus der Geschichte gelernt“.

Ernst von Salomon: „Der Fragebogen“ – Rezension

Mancher kennt Ernst von Salomons Roman „Der Fragebogen“ wenigstens vage und dem Titel nach. Fragebogen? Ja, da war mal was. Stand irgendwann mal auf einer Liste deutscher Nachkriegsliteratur, die uns in der elften Klasse ausgeteilt wurde. Haben wir in der Schule sonst irgendetwas darüber gehört? Ich erinnere mich nicht. Vielleicht hat irgendwann eine Mitschülerin, die mit dem Thema nichts anfangen und deshalb das Buch nicht verstehen konnte, eines jener grausigen Schülerreferate gehalten, bei denen man nach 20 Sekunden abschaltet, aber genau weiß ich es nicht mehr. Die Böllschen Langweiler waren ja viel wichtiger.

Und so bin ich erst jetzt auf das Buch gestoßen, das in den fünfziger Jahren – völlig zu Recht – ein Bestseller war: Es ist exzellent geschrieben, es enthält kein überflüssiges Wort, dafür an vielen Stellen einen gewissen federnden Sarkasmus, mit dem der Autor nicht zuletzt sich selber auf die Schippe nimmt. Vor allem aber ist es einfach ein Leseabenteuer; es erzählt die Geschichte der Jahre ab ungefähr 1920 bis 1946 ohne den volkspädagogisch erhobenen Zeigefinger, mit dem andere Werke nichts erklären, nur sich selbst und ihren jeweiligen Autor unerträglich machen. (Wer war nochmal dieser Böll? Richtig, das ist der, dessen Bücher niemand mehr liest, seit er tot ist, und wenn nicht passenderweise die Grünen ihre Parteistiftung nach diesem Paradegutmenschen der siebziger und achtziger Jahre benannt hätten, hätte niemand Anlass, seinen Namen überhaupt noch in den Mund zu nehmen. Marcel Reich-Ranicki nannte ihn einmal „eine Notlösung“; weil erstklassige Schriftsteller sich nicht als Propagandaschreiber hergeben wollten, griff man auf zweitklassige zurück und überschüttete sie mit Lob bis hin zu Nobelpreisen für Literatur, auf dass nur ja niemand ihre Erstklassigkeit anzweifle.)

Von Salomon gehörte zu den erstklassigen. Der Fragebogen, von dem der Roman handelt, ist jener, mit dessen Hilfe die amerikanische Militärregierung nach dem Krieg Deutschland entnazifizieren wollte. 133 hochnotpeinliche Fragen, die den Betroffenen, egal wie er sie beantwortete, zum Kotau zwangen. Es gab dafür durchaus ein historisches Vorbild: Wie Sebastian Haffner in seiner „Geschichte eines Deutschen“ berichtet, musste sein Vater, ein in Ehren ergrauter preußischer Beamter, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten einen ähnlichen Fragebogen ausfüllen, und konnte die Erniedrigung für den kurzen Rest seines Lebens nicht verwinden.

Überhaupt schienen die alliierten Besatzungsmächte sich bei ihrer Revolution von oben – es ging ja um nicht weniger als die Umerziehung eines ganzen Volkes, möglichst unter Ausschaltung der Führungsschichten – die Politik der Nationalsozialisten ab 1933 zum Vorbild genommen zu haben. Die von Salomon geschilderten Zustände in den amerikanischen Konzentrationslagern, die man deshalb auch so nennen darf, unterschieden sich bis in die Einzelheiten hinein nicht wesentlich von denen, die aus Dachau und Buchenwald geschildert (und den dort hinbeorderten Schülergruppen stets als Beweis für den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus präsentiert) wurden und werden. (Sie entsprechen auch dem, was wir über das französische KZ Algenrodt erfahren haben, über das ich Anfang dieses Jahres schrieb.) Um es kurz zu machen, bestand der Lageralltag aus Hunger, Prügeln und Erniedrigung. Halt – einen Unterschied gab es schon: Die Nazis hatten wenigstens darauf geachtet, ihre wirklichen Gegner zu inhaftieren; wer aber in das Räderwerk der amerikanischen Menschenjagd geriet, ob Nazi oder nicht, der verblieb dort erst einmal. Von Salomon zum Beispiel wurde nach über einem Jahr (!) als „irrtümlich Verhafteter“ entlassen.

Ich war einfach in die Maschinerie hineingeraten, und nun war ich drin. Das ging mir nicht allein so. Eines Tages fuhren Lastwagen vor, und es wurden Internierte abgeladen, etwa zweihundert Mann. Wir fragten sie, sie waren alle aus Landshut und Umgebung. Sie sagten, sie wüßten den Grund ihrer Verhaftung nicht. Wir fragten sie, ob sie in der Partei waren, sie sagten nein, wir fragten, jeden einzeln, was sie von Beruf wären, ob sie in der Wehrmacht waren, – der eine war Arzt, der andere Apotheker, der dritte Zahlmeister, einer war nichts, gar nichts, beim Militär war er Stabsgefreiter. Kodak fand des Rätsels Lösung. (…) Just war von der Anklage in Nürnberg die Forderung erhoben worden, den deutschen Generalstab als Verbrecherorganisation zu erklären. Daraufhin hatte der Landshuter Resident-Officer sich die Fragebogen vorgenommen und alles, was die Bezeichnung „Stab“ vor seinem Range führte, verhaften lassen: Stabsärzte, Stabsapotheker, Stabszahlmeister, Stabsintendanten, Stabsgefreite! (…) Nach fünf Tagen stellte sich der kleine Irrtum heraus, aber sie saßen nun einmal, und sie blieben sitzen.

Warum schreibt Manfred das, wird jetzt vielleicht manch einer fragen. Will er krampfhaft einen Phantomschmerz herbeireden, indem er in dieser längst vergessenen Geschichte wühlt? Will er die unsägliche Phrase vom „Tätervolk“ mit einer ebenso haarsträubenden vom „Opfervolk“ kontern? Geht es ihm darum, die Amerikaner schlechtzumachen, die doch, nehmt alles nur in allem, mit dem geschlagenen Deutschland relativ glimpflich umgegangen sind?

Auch wenn man über die Frage, wie „glimpflich“ dieser Umgang wirklich war, trefflich debattieren könnte, und auch wenn die USA bis heute in Abu Ghreib, Guantanamo und anderswo genau die Politik praktizieren, die sie auch schon in Deutschland praktiziert haben, die Frage also durchaus aktuell ist – das ist nicht der Punkt, um den es mir geht.

Es geht darum, dass diese „längst vergessene Geschichte“ unsere Geschichte ist, und dass an die Stelle der vergessenen – oder vielmehr zu vergessenden und daher totgeschwiegenen – Geschichte eine andere getreten ist, die vielleicht nicht in jedem Punkt gelogen sein mag, aber aus einer Perspektive und von einem Interessenstandpunkt erzählt wird, der mit dem deutschen wenig zu tun hat. Übertragen auf eine Einzelperson ist es ungefähr so, als wäre der Inhalt ihres Gedächtnisses gelöscht und durch eine Fremderzählung ersetzt worden, die der arme solchermaßen manipulierte Mensch nunmehr für seine eigene zu halten gezwungen ist, um überhaupt noch so etwas wie ein „Gedächtnis“ zu haben.

Gerade deshalb ist Salomons Buch so wichtig. Es handelt nicht etwa nur von den amerikanischen Lagern, es ist ein Geschichtsbuch der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre, in dem allerhand zur Sprache kommt, was in der offiziösen Geschichtsschreibung weggelassen oder als Fußnote behandelt wird, zum Beispiel die Geschichte der Landvolkbewegung, jener Selbstverteidigungsbewegung schleswig-holsteinischer Bauern Anfang der dreißiger Jahre. Ein Geschichtsbuch freilich – und das macht es so angenehm zu lesen -, das uns keine Antworten liefert, schon gar nicht ideologisch vorgestanzte Antworten im Stil des etablierten Geschichtskatechismus; es liefert Material, das es überhaupt erst ermöglicht, sinnvolle Fragen zu formulieren, und das ist schon weitaus mehr, als der etablierte Diskurs zu liefern vermag. Wer kennt nicht jenes merkwürdige Gefühl von geistiger Leere, das sich einstellt, wenn man das Phänomen „Nationalsozialismus“ auf der Basis der etablierten Prämissen zu erklären versucht? Ich selbst habe es in Jahrzehnten nicht geschafft, und heute weiß ich auch, warum: weil man auf der Basis von Ideologien, die im Grunde gar nicht erst beanspruchen, die Welt zu erklären, sondern ihr vorschreiben wollen, wie sie zu sein hat, naturgemäß nichts erklären kann. Die Ideologien, auf denen die BRD basiert, und die sie deshalb für sakrosankt erklärt, gehören zu denen, an denen die Weimarer Republik gescheitert ist.

Von Salomon, der 1922 an der Ermordung Walter Rathenaus beteiligt gewesen war und deshalb mehrere Jahre im Zuchthaus verbracht hatte, gehörte damals zum Umfeld der konservativen Revolution; sozusagen der ideale Standort für einen, der über diese Zeit berichtet: kein Nazi, kein Kommunist, nicht in der Reichswehr, aber nahe genug an allen dran, um sinnvoll davon erzählen zu können.

Am faszinierendsten finde ich, wie er den Zeitgeist der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre einfängt. Dass die Republik gescheitert war, gescheitert an der Unfähigkeit ihrer Eliten, lag damals schon vor aller Augen, und die intellektuelle Berliner Szene sprudelte nur so von Ideen, was ihr nachfolgen sollte. Die Nationalsozialisten waren in allen diesen Debatten die großen Abwesenden. Sie interessierten sich nicht dafür, sie versuchten niemanden zu überzeugen. Wovon auch? So etwas wie eine politische Philosophie, ein „System“, ein Ordnungsideal hatten sie nicht, auch wenn sie bisweilen so taten, als hätten sie eins. Als sie tatsächlich an die Macht kamen, war ihr System eines der permanenten Improvisation, bei dem oft mehrere nationalsozialistische Dienststellen in einer Art bürokratischem Darwinismus miteinander um Kompetenzen und die Gunst des Führers konkurrierten. Die Nazis nannten sich „Bewegung“, und eines ihrer Lieblingswörter war „Dynamik“; sofern der Nationalsozialismus überhaupt einen definierbaren Inhalt hatte, lag er in der Entfesselung aller Kräfte der Nation, und in der Beseitigung aller hemmenden Strukturen, notfalls auch derjenigen, die die Nazis selbst erst geschaffen hatten. Es ging ihnen darum, die Dinge in Fluss zu bringen, und wie das bei Flüssigkeiten so ist: Ihnen fehlt die Struktur.

Es ist dieser Aspekt, der für Konservative wie Salomon, aber auch Ernst Jünger und Andere, so abstoßend war und sie in eine Art politischer splendid isolation trieb. Von einem konservativen Standpunkt sind die Skrupellosigkeit und die Verbrechen der Nationalsozialisten leicht zu erklären, nämlich als logische Folge der „linken “ Züge des Nationalsozialismus: der Mobilisierung großer Volksmassen, der systematischen Zerstörung hergebrachter Strukturen, der Unterordnung staatlicher Autorität unter die Imperative einer Volksbewegung, der Auflösung von Staatlichkeit in einem Kompetenzenbrei. Die Auflösung der Strukturen, die immer auch ein Moment von Machtbegrenzung in sich getragen hatten, musste zwangsläufig totalitär wirken. Der totalitäre Staat ist, wie Salomon richtig feststellt, nicht die etwas radikalere Variante eines autoritären Staates, sondern dessen Gegenteil. Man glaubt dem Autor deshalb auch ohne Weiteres, dass er nie in Versuchung war, Nationalsozialist zu werden.

An diesem Punkt stellt sich aber auch eine der beunruhigenden Fragen, die das Buch aufwirft:

Warum hat Hitler sich durchgesetzt, und warum sind die Konservativen, die seiner Herr zu werden versuchten, allesamt gescheitert? Schleicher, der ihn verhindern, Papen, der ihn „einrahmen“, Schmitt, der ihn auf Ordnungsgefüge festlegen, Stauffenberg, der ihn umbringen wollte?

Die banalste Antwort (die aber deswegen nicht falsch ist), lautet, dass Hitler eine Massenbewegung hinter sich hatte, während Konservative bereits das Wort „Masse“ kaum anders als mit aristokratischem Naserümpfen auszusprechen vermögen. Die subtilere Antwort lautet, dass Konservatismus grundsätzlich und vom Ansatz her ungeeignet ist, so etwas wie eine Zukunftsvision (womöglich gar eine Utopie – igitt!!!) hervorzubringen. Genuiner Konservatismus verteidigt, was die Geschichte hervorgebracht hat; er greift dem Wirken Gottes nicht vor. Das gibt ihm seine Stärke und Würde, macht ihn aber etwas hilflos in einer Situation, in der die Szene von Revolutionären beherrscht wird, die Fakten schaffen, ohne zu diskutieren.

Die Frage ist keineswegs nur von historischem Interesse. Es geht um die höchst drängende und aktuelle Frage, wie man als Konservativer mit einer Republik ohne Republikaner umgeht. Die Weimarer Republik war eine solche, die heutige ist es auch. Die freiheitliche Demokratie ist ein sehr anspruchsvolles politisches Konzept: Sie lebt davon, dass die Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts scharf genug ist, eine wirkliche Wahl zwischen Alternativen zu bieten; zugleich aber darf diese Auseinandersetzung nicht so scharf sein, dass der Konsens über die Spielregeln dabei verlorengeht.

Eben dies beobachten wir aber in dieser späten BRD. Es gibt zwischen den nennenswerten politischen Kräften zwar einen Konsens, aber gerade nicht einen Konsens, die Grundlagen des Gemeinwesens zu bewahren, sondern sie zu untergraben; es gibt einen Konsens über die Auflösung von Strukturen, einschließlich der Staatlichkeit, und es gibt einen Konsens, das auf diesem Wege selbstgeschaffene Chaos durch einen schleichenden Totalitarismus zu bändigen. Unter diesen Umständen sind die bestenfalls ein paar hundert konservativen Intellektuellen, die auf die Bewahrung machtbegrenzender Strukturen pochen, die letzten Republikaner, die es in dieser Republik noch gibt.

So beunruhigend die Diagnose sein mag, sie sei wenigstens zur Diskussion gestellt: Kann es sein, dass die liberale Demokratie spätestens in dem Moment, wo ihr inneres Gleichgewicht zerstört ist, ganz von selbst und mit schicksalhafter Zwangsläufigkeit zum Totalitarismus tendiert, und dass die möglichen Alternativen, die sie auf den Plan ruft, ihrerseits totalitär sein müssen? Dass Hitler sich deshalb durchsetzt, weil sein totalitäres, „linkes“ Politikkonzept das modernere war? Dass die Moderne selbst die Dinge über kurz oder lang zwangsläufig so in Bewegung bringt, dass ein im strengen Sinne konservatives Konzept gar keine realistische Option ist? Dass uns am Ende also nur die Wahl zwischen verschiedenen Totalitarismen bleibt, wenn überhaupt eine?

Deutschenfeindlichkeit – Teil 2: Deutscher Selbsthass und linke Ideologie

[In Teil 1 meines Vortrags zum Thema „Deutschenfeindlichkeit – eine Bestandsaufnahme“ ging es um die Ideologie, die das westliche antideutsche Narrativ hervorgebracht hat. Ich habe aufgezeigt, dass und warum diese Ideologie zu Deutschland nicht passen konnte und nicht passt. Im folgenden Abschnitt behandle ich die Konsequenzen, die es haben musste, dass dieses Narrativ von den Deutschen selbst übernommen wurde, und anschließend die Rolle spezifisch linker Ideologie im Gesamtkomplex der Deutschenfeindlichkeit.]

Übernahme des westlichen Narrativs durch Deutsche

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es unter kräftiger Einwirkung verschiedenster amerikanischer Propagandakanäle zu einer grundlegenden Umwälzung des politischen Denkens in Deutschland, und zwar in Richtung auf die angelsächsische Ideologie des revolutionären Liberalismus, später auch des Marxismus, in jedem Fall aber zur Übernahme der Basisannahmen der revolutionären Metaideologie. Dies implizierte unter anderem, dass eine Wir-Sie-Unterscheidung auf ideologischer statt auf ethnischer oder staatlich-politischer Basis als selbstverständliche Norm akzeptiert wurde. „Wir“, das waren nicht mehr „die Deutschen“, und nicht einmal „die Europäer“, jedenfalls nicht im Sinne einer Völkergemeinschaft. „Wir“ – das war eine Partei im globalen ideologischen Bürgerkrieg; der „Westen“, die „westliche Wertegemeinschaft“, die „Freie Welt“. „Wir“ war, wer die utopisch-revolutionären Ideale teilte, und nach dem Untergang der Sowjetunion stießen auch große Teile der Linken zu diesem „Wir“, wie sich nicht zuletzt an den Karrieren ehemaliger Achtundsechziger unschwer ablesen lässt.

Eine solche Definition der Wir-Gruppe nach dem Kriterium ideologischer Zugehörigkeit bedeutete schon für die Völker der Siegermächte einen latenten Widerspruch zu ihrem Selbstverständnis als Völker. Nicht nur für die Russen, die mehr für Mütterchen Russland als für den Kommunismus gekämpft hatten (deren Sieg aber dem Kommunismus mehr nutzte als Russland), auch für Amerikaner und Briten war „Right or wrong – my country“ mit dem Projekt „to make the world safe for democracy“ nicht bruchlos unter einen Hut zu bringen. Nur blieb bei diesen Völker, wie gesagt, der Widerspruch latent, weil sie in beiden Weltkriegen gleichermaßen als Völker wie als Bannerträger bestimmter Ideen gekämpft hatten.

Bei den besiegten Deutschen hingegen musste der Widerspruch in dem Moment schreiend werden, wo sie das Narrativ der Sieger und deren utopische Ideologie(n) übernahmen, wie dies nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall war. Ein Volk als Wir-Gruppe ist eine generationenübergreifende Gemeinschaft, zu der die verstorbenen Vorfahren ebenso gehören wie die noch ungeborenen Nachkommen. Die Logik dagegen, aufgrund deren deutsche Bundeskanzler in Paris, Moskau und der Normandie an Siegesfeiern der Alliierten teilnehmen, lautet dass die beiden Weltkriege Schlachten des europäischen und Weltbürgerkrieges waren, den die „westliche Wertegemeinschaft“ oder schlicht „die Demokratie“ (im Falle der Russen die utopische Ideologie schlechthin) gegen die Mächte der Finsternis gewonnen habe, und da „wir“ zur westlichen Wertegemeinschaft gehören, haben „wir“ den Zweiten Weltkrieg mitgewonnen, während „die Deutschen“ ihn als Verkörperung des „Bösen“ verloren haben.

Die Übernahme der westlichen Ideologie, und ganz allgemein der utopischen Metaideologie durch Deutsche impliziert daher die Nichtidentifikation mit dem eigenen Volk. Sie zwingt dazu, das deutsche, also das eigene Volk als Feind anzusehen, sich selbst als einen Spross des Bösen zu verabscheuen und die eigenen Vorfahren zu hassen. Deutschland dürfte das einzige Land der Welt sein, das Deserteuren Denkmäler setzt, und das einzige Land, in dem es als Tugend gilt, auf das Grab der eigenen Großeltern zu spucken. Dem Geschichtsnarrativ der Sieger, moralisch aufgeladene und überhöhte utopische Weltsicht, die universalistische, globalistische Politikauffassung, die für Deutsche, die das auch bleiben wollen, naturgemäß nicht die eigene sein kann, kann das deutsche Volk nur nur um den Preis der Selbstauslöschung folgen. Und dieser Widerspruch ist unüberbrückbar. Die verkrampften Versuche, in Formelkompromissen wie „Verfassungspatriotismus“ zusammenzuzwingen, was nicht zusammengehört, unterstreichen das Problem eher, als es zu lösen.

Dass diese Feindschaft gegen das eigene Volk wiederum etwas spezifisch Deutsches ist, lässt sich übrigens an keinem Beispiel besser illustrieren als daran, dass ausgerechnet die sogenannten (und sich selbst so nennenden) „Antideutschen“ die einzige halbwegs nennenswerte politische Kraft sind, die das Wort „deutsch“ im Namen bzw. der Selbstbeschreibung führt. Das tun sonst nicht einmal die Neonazis; die nennen sich „national“ und unterstreichen damit, dass sie Nationalismus schlechthin für etwas Gutes halten, nicht nur für Deutschland, sondern auch für alle anderen Völker. Den (entgegengesetzten) Wunsch, gerade das deutsche Volk auszulöschen, äußern nur die Antideutschen, und interessanterweise tun sie das, sofern sie ihn ideologisch rationalisieren, genau mit der Begründung, die ich in Teil 1 als Grundlage der westlichen Feindschaft gegen Deutschland identifiziert habe, die aber normalerweise unausgesprochen bleibt, außer eben bei den Antideutschen: nämlich das Deutschland die anti-utopische, antiglobalistische, konterrevolutionäre Macht schlechthin war. In der Sache ist meine Analyse von der der Antideutschen gar nicht so weit entfernt; nur die wertenden Vorzeichen sind entgegengesetzt.

Linke Ideologie

Es hat seine innere Logik, dass Gesellschaften, die die Grundannahmen des liberalen Utopismus bejahen, es sehr schnell mit dessen feindlichem Zwilling, dem Sozialismus, dem Marxismus, oder sagen wir allgemeiner: der linken Ideologie, zu tun bekommen. Wer gesellschaftliche Machtungleichgewichte, sofern sie nicht rational begründet sind, als etwas Böses und Auszumerzendes verdammt, darf sich nicht wundern, wenn auch das Machtungleichgewicht zwischen Reichen und Armen ins Fadenkreuz der Kritik gerät, und wer Freiheit und Gleichheit als Prinzipien bejaht, und dies als letzte und universell gültige Werte, handelt sich naturgemäß die Sorte Opposition ein, die die Freiheit im Namen der Gleichheit bekämpft.

Der Marxist, der gegen die Macht des Kapitals zu Felde zieht, weil diese nicht rational legitimiert ist, sondern aus dem bloßen Selbstlauf der kapitalistischen Wirtschaft resultiert, und der die Dialektik aufzeigt, nach der der freie Austausch unter Gleichen nicht zufällig, sondern notwendig zur Herrschaft einer Klasse über die andere führt, und der diese Herrschaft als bekämpfenswert ansieht, beruft sich auf dieselbe Logik wie der Liberale, der gegen Kirche und König polemisiert. In gewisser Hinsicht sind die Marxisten die konsequenteren Liberalen, insofern sie buchstäblich alle gesellschaftlichen Machtungleichgewichte verdammen: zum Beispiel zwischen Reich und Arm, zwischen Erwerbstätigen und Arbeitslosen, zwischen Staat und Bürger, zwischen Eltern und Kindern zwischen Mehrheit und (z.B. ethnischer oder religiöser) Minderheit.

Aus der Sicht der linken Ideologie ist die stärkere Partei bereits dadurch im Unrecht, dass sie eben die stärkere ist, und dies impliziert, dass sie nicht auf der Basis einer („bloß formalen“) Rechtsgleichheit mit den Schwächeren verkehren soll, sondern aktiv benachteiligt werden muss: Es ist demgemäß aus dieser Sicht kein Unrecht, etwa die Reichen zugunsten der Armen und die Arbeitenden zugunsten der Nichtarbeitenden auszuplündern. Staat und Recht stehen unter Repressionsverdacht, weil sie Ungleiches nach gleichem Maßstab messen statt es gleich zu machen. Und selbstredend gibt es keine Rechte, die die Mehrheit gegenüber der Minderheit geltend machen kann: Götz Kubitschek und Michael Paulwitz zitieren in „Deutsche Opfer, fremde Täter“ (S.28) eine typisch linke Stellungnahme, wonach es so etwas wie „Rassismus gegen Deutsche“ gar nicht geben könne, weil Rassismus naturgemäß ein Repressionsmittel sei, das von einer Minderheit aufgrund ihrer geringeren gesellschaftlichen Durchsetzungsmacht nicht gegen die Mehrheit eingesetzt werden könne.

Auf Deutsch heißt das: Der „Schwächere“, also zum Beispiel die ethnische Minderheit, darf alles, der „Stärkere“ ,also zum Beispiel in Deutschland die ethnischen Deutschen, darf nichts und muss sich alles gefallen lassen. Der „Stärkere“, und sei es nur der vermeintlich Stärkere, ist automatisch der Böse, weil er von angeblichen gesellschaftlichen Repressionverhältnissen profitiert, die er zugleich zementiert.

Mehr noch: Da bereits die bloße Existenz von Machtungleichgewichten das zu bekämpfende „Böse“ ist, genügt eine nachträglich „ausgleichende“ Ungerechtigkeit nicht. Wenn irgend möglich, muss die Basis des Machtungleichgewichts selbst beseitigt werden, also zum Beispiel der Reichtum schlechthin, oder, für unser Thema besonders wichtig, die ethnische Mehrheit. Mehrheitsvölker haben aus linker Sicht kein Lebensrecht.

Es geht den Linken nicht darum, die Interessen der Schwachen zu vertreten, sondern die der „Starken“ zu delegitimieren, hierzulande also die Interessen von Deutschen, Christen, Männern und nichtfeministischen bzw. nichtlesbischen Frauen, Weißen, Heterosexuellen und Erwerbstätigen, d.h. die Interessen der Mehrheit und diese Mehrheiten nach Möglichkeit in die Minderheit zu drängen oder gleich ganz zu vernichten. Dies ist die Logik hinter der Politik der Entchristlichung, Verschwulung, Feminisierung, Enteuropäisierung, Entdeutschung. (Nur die Erwerbstätigen kann man nicht abschaffen, aber es ist erlaubt, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen, weil sie sich allein schon dadurch ins Unrecht setzen, dass sie von ihrer eigenen Arbeit leben (können)).

Dass eine solche Politik, die sich systematisch gegen Mehrheiten richtet, gar nicht demokratisch sein kann, liegt auf der Hand. Die linke Ideologie resultiert naturgemäß in der Propagierung von Demophobie, in Entdemokratisierung und kaltem Staatsstreich. Und naturgemäß findet sie in Minderheiten aller Art ihre Verbündeten.

Das hat übrigens auch etwas mit der Psychologie von Minderheiten schlechthin zu tun, die von einem tiefen Ressentiment geprägt ist: Die Lebenswelt der Mehrheit, an der man selbst nicht teilhaben kann und will, soll dieser Mehrheit wenigstens verleidet werden. Das treffende Bild für das Minderheitenressentiment ist der Penner, der nachts in den Vorraum einer Bank pinkelt. Rassismus gegen Deutsche ist nur eine Spielart dieser Sorte Resentiment, allerdings eine wichtige. Linke Ideologie zielt auf die Mobilisierung solcher Destruktivität.

Deutschenfeindlichkeit – Teil 1: Das westliche antideutsche Narrativ

[Am 16. Juli hielt ich im Rahmen des 18. Berliner Kollegs des Instituts für Staatspolitik in Berlin einen Vortrag zum Thema „Deutschenfeindlichkeit – eine Bestandsaufnahme“. Leider gibt es von der auch im Übrigen hochinteressanten Veranstaltung keine Bild- oder Tonaufzeichnungen. Aufgrund vielfacher Nachfrage habe ich mich entschlossen, meine Rede auf der Grundlage meiner Redenotizen zu rekonstruieren und hier zu dokumentieren. Da der Vortrag für einen einzelnen Blogartikel zu lang war, veröffentliche ich ihn als Serie. Ich beginne mit dem Abschnitt über das westliche antideutsche Narrativ]

Deutschenfeindlichkeit ist ein ausgesprochen vielschichtiges Phänomen. Es gibt das traditionelle Ressentiment vieler Völker – Polen, Franzosen, Briten, Juden – aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Kriege davor. Es gibt eine intellektuelle Form der Deutschfeindlichkeit, die weniger mit der Abneigung gegen die Deutschen als Menschen zu tun hat, als mit der Abneigung gegen und die Furcht vor dem deutschen Staat, dem man jederzeit zutraut, zu mächtig zu werden. Es gibt Misstrauen gegen den deutschen Volkscharakter. Es gibt die Deutschfeindlichkeit hier lebender Migranten. Es gibt die Deutschfeindlichkeit der Deutschen selbst. Und es gibt eine Ideologie, zu deren zentralen Bestandteilen Deutschfeindlichkeit gehört. [Das Thema des Vortrages war Deutschenfeindlichkeit. Wenn ich im Folgenden meist das Wort Deutschfeindlichkeit verwende, dann um deutlich zu machen, dass es nicht einfach um Ressentiment gegen Deutsche, sondern in einem umfassenderen Sinn um verschiedene Arten von Feindseligkeit gegen das Deutsche schlechthin geht: das Volk, den Staat, die Menschen usw.]

Die verschiedenen Facetten und Ebenen des Gesamtkomplexes „Deutschfeindlichkeit“ stehen nicht unverbunden nebeneinander. Sie durchdringen und verstärken einander und wachsen sich zusammen zu einer Gefahr für das deutsche Volk aus. Die Deutschfeindlichkeit von Migranten, die Götz Kubitschek und Michael Paulwitz in ihrem Buch „Deutsche Opfer – fremde Täter“ thematisiert haben ist nur die eine Seite der Medaille, und darauf komme ich noch zu sprechen. Die andere Seite ist die Deutschfeindlichkeit im eigenen Lager, die es überhaupt erst möglich macht, dass wir durch Massenmigration Gefahr laufen, zu Minderheit im eigenen Land zu werden, und dass die Deutschfeindlichkeit von Migranten zu einem Problem der inneren Sicherheit werden konnte.

Zu diesem „eigenen Lager“, dessen Deutschfeindlichkeit zu Problem wird, gehören in diesem Zusammenhang die Deutschen selbst, speziell deren Funktionseliten; in einem größeren Zusammenhang aber auch der westliche Kulturkreis, in den Deutschland eingebunden ist, und dessen Eliten für ihre Deutschfeindlichkeit Gründe haben, die weniger mit eigentlichem Ressentiment als mit Ideologie zu tun haben.

Das westliche antideutsche Narrativ

Die allgemeinste und verbreitetste Grundlage von Deutschfeindlichkeit ist das, was ich das westliche antideutsche Narrativ nennen möchte. „Narrativ“ ist ein neudeutscher Ausdruck; man kann auch sehr gut von einer Geschichtsideologie sprechen. Einer Ideologie, die über Filme, Literatur, populäre Geschichtsdarstellungen verbreitet wird, und derzufolge Deutschland eine Gefahr für seine Nachbarn gewesen (und potenziell auch heute noch) sei und daher gefesselt, entmachtet und verdünnt werden müsse, weil der deutsche Volkscharakter antidemokratisch, obrigkeitshörig, kollektivistisch, gewalttätig, kriegslüstern, genozidal usw. sei. Zwar sind sich die heutigen Historiker meistens zu fein dazu, eine direkte Linie Luther-Friedrich-Bismarck-Hitler zu ziehen, aber die Nachwirkungen dieser Art von propagandistischer Geschichtsschreibung sind noch heute deutlich spürbar und äußern sich nicht zuletzt in der Neigung, die gesamte deutsche Geschichte als Vorgeschichte des Dritten Reiches zu behandeln.

Man begreift dieses Geschichtsbild nicht, wenn man den historischen Kontext außer Acht lässt, und dieser Kontext ist der europäische Bürgerkrieg, der seit 1789 tobt. [Noch immer lesenswert in diesem Zusammenhang ist Hanno Kestings 1959 erschienenes Werk „Geschichtsphilosophie und Weltbürgerkrieg. Deutungen der Geschichte von der Französischen Revolution bis zum Ost-West-Konflikt“. Zur Zeit ist es anscheinend nicht einmal antiquarisch verfügbar, aber gut sortierte Bibliotheken sollten es haben; die Berliner Staatsbibliothek jedenfalls hat es.] Dieser Bürgerkrieg wird von den Anhängern dreier Ideologien ausgefochten, die immer mal wieder ihre Namen, Parolen und Programme ändern, aber doch eine erkennbare Identität und Kontinuität aufweisen. Es handelt sich um zwei utopische und eine nichtutopische Weltanschauung, also um Liberalismus und Sozialismus auf der einen Seite; auf der anderen Seite um, wie auch immer man das nennen will, die konservative Weltanschauung, die Reaktion oder auch einfach die politische Rechte.

Die beiden utopischen, revolutionären Ideologien, worin auch immer sie sich sonst unterscheiden, haben benennbare Gemeinsamkeiten, durch die sie sich so fundamental von der Rechten unterscheiden, dass es zulässig ist, sie auf eine gemeinsame Metaideologie zurückzuführen. Dies betrifft vor allem den utopischen Ansatz als solchen. Der utopische Ansatz geht davon aus, dass die Möglichkeit des friedlichen und zivilisierten Zusammenlebens von Menschen nicht ein erklärungsbedürftiges Wunder, sondern eine Selbstverständlichkeit sei, weswegen man den Grundlagen der Existenz von Gesellschaft schlechthin auch keine Beachtung schenken müsse und sich gleich – durch schrittweise Reformen oder per revolutionärem Parforceritt – der Verwirklichung des Paradieses auf Erden widmen könne.

Die utopischen Ideologien implizieren eine Reihe von Annahmen:

Erstens, der Mensch sei von Natur aus gut, nur die gesellschaftlichen Verhältnisse, kurz gesagt Unfreiheit und Ungleichheit seien für das Böse verantwortlich, weswegen sie beseitigt werden müssten. Der rechte Ansatz geht dagegen davon aus, dass der Mensch unvollkommen und schwach und in die Erbsünde verstrickt und deshalb auf die Existenz einer ihn stützenden sozialen Ordnung angewiesen ist, wobei ein gewisses Maß an Unfreiheit und Ungleichheit notwendig in Kauf genommen werden muss, weil die Alternative nicht Freiheit und Gleichheit, sondern Chaos, Gewalt und Barbarei sind.

Zweitens, dass Gesellschaft rational geplant werden könne und ihre Gestaltung eine Frage der Vernunft sei. Die Rechte dagegen geht davon aus, dass die Gesellschaft auf die Geltung des Vorgefundenen und Nichthinterfragten angewiesen ist, das durch Kritik zwar zerstört, aber nicht auf rationalem Wege durch etwas Besseres ersetzt werden kann: etwa auf Familie, Glaube, Tradition, Vaterland.

Drittens, das „Gute“, also Freiheit und Gleichheit sei rational ableitbar, müsse mithin auch kulturunabhängig und universell gültig sein, weswegen man die gesamte Menschheit zum Heil führen könne, wenn man die aus den Prinzipien der Aufklärung folgenden Utopien global verwirkliche. Für Konservative dagegen ist jede Kultur eine einzigartige, nicht planbare und unwiederholbare Antwort auf die elementare Frage, wie Gesellschaft möglich ist. Sie betonen daher das Recht des Partikularen gegenüber den Geltungsansprüchen universalistischer Ideologie.

Viertens, dass man Gesellschaft von der Utopie her deuten und analysieren müsse, dass heißt von Normen statt von Fakten, vom Sollen statt vom Sein, von den Rechten statt von den Pflichten her.

Von diesem utopischen Gesellschaftsverständnis her, das sich selbst schon deshalb mit „der Vernunft“ verwechselt, weil es auf wirklichkeitslosen Kopfgeburten statt auf krummer Wirklichkeit aufbaut, und das sich selbst mit dem „Guten“ verwechselt, weil es von dem Axiom ausgeht, dass der Mensch schlechthin gut sei, weswegen das „Böse“ in den gesellschaftlichen Strukturen (einschließlich Traditionen, Glaubenswahrheiten etc.) stecken müsse, deren Verteidiger folgerichtig ebenfalls „böse“ sein müssen – von einem solchen Gesellschaftsverständnis her ist Toleranz nicht begründbar (und sie wird demgemäß auch umso weniger geübt, je weniger seine Anhänger es nötig haben). Aus dem utopischen Gesellschaftsverständnis resultiert folgerichtig ein apokalyptisches Politikverständnis, wonach Politik ein Kampf zwischen den Mächten des Lichts und denen der Finsternis sei. Krieg etwa ist kein tragisches, letztlich unentrinnbares Verhängnis. Er ist gerechtfertigt, wenn er für revolutionäre Ziele geführt wird (und dann ist auch jedes Verbechen erlaubt), und von vornherein verbrecherisch, wenn er für konterrevolutionäre Ziele geführt wird (und dann kommt es auf die Mittel, mit denen er geführt wird, nicht mehr an).

Was hat all dies mit Deutschfeindlichkeit zu tun?

Nun, wenn wir die Kriege des 20. Jahrhunderts als Teile des ideologischen Weltbürgerkrieges auffassen, dann verkörperte Deutschland offensichtlich die rechte Partei. Die Vorstellung, dass Kriege zur globalen Verwirklichung einer schlechthin guten Ordnung geführt werden müssten, wie sie dem utopischen Politikverständnis entsprach und als liberale Weltordnung von den westlichen Mächten, als kommunistische Weltordnung später von der Sowjetunion angestrebt wurde, musste Deutschland fremd sein. Der schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhobene Vorwurf, Deutschland strebe nach der Weltherrschaft, wäre auch dann absurd gewesen, wenn er nicht ausgerechnet von den angelsächsischen Mächte erhoben worden wäre, die zu jedem Zeitpunkt im 19., 20. und 21. Jahrhundert der Weltherrschaft näher waren und sind, als Deutschland es jemals gewesen ist.

Ein Denken, das auf die Verwirklichung einer Weltordnung – welcher auch immer – abzielte, lag Nationen nahe, die im Schutz ihrer Insellage kühnen Idealen nachhängen konnten und durch denselben Umstand in der Lage waren, globale Politik zu machen. Die liberale Neue Weltordnung, die sich als Idee schon vor dem Ersten Weltkrieg deutlich abzeichnete, war ebenso die passende Ideologie für einen globalen Imperialismus, wie imperialistische Machtpolitik so etwas wie der bewaffnete Arm der Utopie war. Es ist nicht etwa so, dass das eine nur eine Funktion des anderen gewesen wäre. Beide Aspekte angelsächsischer, besonders amerikanischer Politik waren Aspekte ein und desselben Politikverständnisses.

Deutschland dagegen war geradezu die institutionalisierte Konterrevolution. Ein Denken in globalen Utopien musste seinen Eliten bereits deshalb fremd sein, weil sie in dem Bewusstsein lebten, ein von innen und außen stets hochgradig gefährdetes Staatswesen zu regieren, und ihr politischer Horizont war strikt kontinental und auf die Konsolidierung des Bestehenden gerichtet. Das Kaiserreich übernahm durchaus liberale, demokratische und sogar sozialistische Ideen, man denke nur an die Bismarcksche Sozialgesetzgebung, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie die bestehende Ordnung konsolidieren, auch fortentwickeln, aber keinesfalls sprengen sollten. Dieses Politikverständnis, also die Absage an revolutionäre, utopische Entwürfe, prägte in Deutschland nicht nur die Politik der Konservativen, sondern auch die der Liberalen und auf die Dauer auch die der Sozialdemokraten. Das ganze Denken in abstrakten Idealen war Deutschland einfach fremd.

Deutschland war also einerseits zu schwach und gefährdet, um selbst Weltordnungs- oder gar Weltherrschaftsgelüsten zu folgen oder auch nur in solchen Kategorien zu denken. Es war aber – zumindest potenziell – stark genug, Europa in seinen Machtbereich zu ziehen und damit die Verwirklichung einer Weltordnung zu verhindern, zu der ja, wenn sie ihren Namen verdienen sollte, Europa in jedem Fall gehören musste. In dem Krieg gegen Deutschland, der nach Winston Churchills zutreffenden Worten von 1914 bis 1945 dauerte, der also keineswegs wegen irgendwelcher Verbrechen der Nationalsozialisten geführt wurde, ging es nicht darum, Europa vor dem deutschen Joch zu schützen, sondern darum, dieses Europa in die liberale Weltordnung und damit zugleich in den angelsächsischen Machtbereich zu zwingen.

Deutschland verkörperte also kein universell zu verwirklichendes Prinzip, sondern eine konkret verortete Nation, die ihre Ordnung und ihre Ziele nicht aus utopischen Entwürfen, sondern aus praktischen Notwendigkeiten ableitete. Es kannte keine abstrakte Loyalität gegenüber liberalen und demokratischen Idealen; das trug den Deutschen den Vorwurf der „Obrigkeitshörigkeit“ ein. Es strebte nicht nach Menschheitsbeglückung und musste die Interessen eines nicht ideologisch, sondern ethnisch bzw. staatlich definierten „Wir“ gegen die Außenwelt verteidigen, was als „Nationalismus“ gedeutet wurde. Es musste auf der Geltung von Gemeinschaftswerten beharren statt auf individualistischen Rechtsansprüchen (nicht zufällig war die Gegenüberstellung von „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“ ein Thema gerade der deutschen Soziologie); dies machte den „Kollektivismus“ aus, der den Deutschen unterstellt wurde. Solche Gemeinschaftsideale funktionieren nur, wenn sie gefühlsmäßig verankert sind; daher das Klischee vom „Romantizismus“ und „Irrationalismus“ der Deutschen.

Kurz und gut, die Tatsache, dass die Deutschen anders waren und anders dachten als die Angelsachsen, dass sie insbesondere keinen Sinn für die Utopie hatten, dass sie aber zugleich eine Gefahr für die globale Verwirklichung dieser Utopien waren, machte sie zum Gegen- und Feindbild des westlichen revolutionär-utopischen Denkens. Die Klischees über den deutschen Nationalcharakter stellen die demagogisch verzerrte Beschreibung von Dispositionen dar, die in diesem Nationalcharakter tatsächlich vorhanden waren (und sind), und die auch vorhanden sein mussten (und müssen), weil ein Land wie Deustchland sich den liberalen Globalismus und Utopismus nicht leisten konnte, und wie wir heute sehen, nicht kann. (Ob die Angelsachsen, und damit meine ich die Völker, selber ihn sich leisten können, sei fürs erste dahingestellt.)

[In Teil II wird es um die Übernahmen des westlichen antideutschen Narrativs durch die Deutschen selbst und die Konsequenzen daraus gehen. Dieser zweite Teil erscheint Mittwoch oder Donnerstag.]

Vor siebzig Jahren: Unternehmen „Barbarossa“

Rezension zu: Stefan Scheil, „Präventivkrieg Barbarossa. Fragen, Fakten, Antworten „, Edition Antaios

Die gängige Sicht auf den Zweiten Weltkrieg wirft einige Fragen auf, die von der etablierten Geschichtswissenschaft bisher nicht wirklich überzeugend beantwortet werden. Insbesondere der Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, also vor ziemlich genau siebzig Jahren, der üblicherweise als mutwilliger und unprovozierter Überfall interpretiert wird, wird — ganz unabhängig von der moralischen Bewertung — nahezu einhellig als einer der schwersten strategischen Fehler Hitlers angesehen, der die Niederlage Deutschlands unausweichlich gemacht habe.

Damit stellt sich die Frage, warum Hitler, der bis dahin in taktischen und strategischen Fragen ja nicht durch Dummheit aufgefallen war, einen solch kapitalen Bock geschossen haben soll. Die Standarderklärung lautet, dass er nie die Einschätzung korrigiert habe, die er 1924 in „Mein Kampf“ niedergelegt habe, nämlich dass „das Riesenreich im Osten reif für den Zusammenbruch“ sei, und dass er insbesondere mit dogmatischem Starrsinn an der fixen Idee festgehalten habe, das deutsche Volk müsse sich gerade dort „Lebensraum“ verschaffen, um dadurch die Ausgangsbasis für den Kampf um die Weltherrschaft zu erlangen. Dieses Dogma, also seine ideologische Verblendung, habe ihn dazu verleitet, ohne Rücksicht auf den fortdauernden Kriegszustand mit Großbritannien den Krieg mutwillig zum Zweifrontenkrieg auszuweiten.

Merkwürdig an einer solchen Interpretation ist, dass gerade die Angst vor dem Zweifrontenkrieg die Urangst aller deutschen Strategen war, und dass Hitler es bis dahin sorgfältig vermieden hatte, in eine Situation zu geraten, die der des Jahres 1914 entsprochen hätte.

Die von der etablierten Geschichtswissenschaft angebotene Deutung, die letztlich darauf hinausläuft, Hitler sei ein von fixen Ideen besessener Irrer und daher durchaus in der Lage gewesen, Entscheidungen gegen seine eigenen Interessen und die Deutschlands zu treffen, passt wenig zum Hitler der dreißiger Jahre, dem man die Fähigkeit zum politischen Kalkül wahrlich nicht absprechen kann. Im Grunde ist diese Deutung eine Passepartout-Erklärung: Wo man Hitlers Handlungen als Ergebnis politisch-militärischen Kalküls erklären kann, liefert dieses Kalkül die Erklärung. Und wo man das nicht kann, war er eben verrückt. Auf diese Weise schließt man die Erklärungslücken des gängigen Geschichtsbildes. Man schließt sie mithilfe eines Zirkelschlusses: Man setzt Hitlers Verrücktheit (bzw. ideologische Verblendung, Mordlust etc.) voraus, um seine Fehler (wenn es denn welche waren) zu erklären, und „beweist“ mithilfe dieser Fehler, dass er verrückt war. So richtig wissenschaftlich erscheint ein solches Vorgehen nicht.

Der zweite irritierende Faktor ist, dass es innerhalb der deutschen Generalität kaum Widerstand gegen „Barbarossa“ gab; was üblicherweise damit begründet wird, das Offizierskorps habe sich das nationalsozialistische Gedankengut, insbesondere eine Vernichtungs- und Lebensraum-Ideologie bereits zu Eigen gemacht, habe die militärischen Fähigkeiten Russlands sträflich unterschätzt und sei zudem nach den politischen und militärischen Erfolgen Hitlers kleinlaut geworden; da diese Erfolge allesamt auf Unternehmungen beruht hatten, von denen die Generäle abgeraten hatten.

Auch diese Erklärung ist merkwürdig: Abgesehen vielleicht von der Luftwaffe war das Offizierskorps nie so stramm nationalsozialistisch, wie Hitler es gerne gehabt hätte; aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, kann doch niemand ernsthaft glauben, dass deutsche Generäle bereit gewesen wären, aus ideologischem Fanatismus ihren militärischen Sachverstand auszuschalten. Eine solche Hypothese widerspricht allem, was Freund und Feind je über die Wehrmacht geschrieben haben. Dass ideologische Vorurteile des Kalibers „Das Riesenreich ist reif für den Zusammenbruch“ sie zur Unterschätzung der feindlichen Möglichkeiten verleitet haben sollen — nein wirklich, das passt doch beim besten Willen nicht zu dem, was wir sonst über sie wissen. Und schließlich passt auch die Erklärung, Hitlers Erfolge hätten der Generalität das Maul gestopft, denkbar schlecht zu der Tatsache, dass diese Generalität vorher und nachher und bis 1945 Hitlers militärische Entscheidungen stets sehr freimütig zu kritisieren pflegte, wenn sie vom militärfachlichen Standpunkt Anlass dazu sah. Bei Barbarossa hat sie nicht widersprochen. Warum?

Sahen die deutschen Militärs (und Hitler) womöglich keine Alternative? Und weiter: Sahen sie diese Alternative womöglich deshalb nicht, weil es sie nicht gab?

Aus der Perspektive des etablierten Geschichtsbildes freilich ist eine solche Frage nicht nur Ketzerei, sie ist auch ganz einfach gegenstandslos. Aus dieser Sicht kann das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Alternativen schon deshalb keinen Erklärungswert besitzen, weil Hitler ja ohnehin den Lebensraum- und Vernichtungskrieg gegen Russland geplant habe und dafür allenfalls noch rationalisierende Argumente brauchte. Hitlers vorgefasster Entschluss, für Deutschland auf Kosten Russlands die Weltherrschaft zu erringen, verbunden mit seiner ideologisch motivierten Unterschätzung des Feindes, sei Erklärung genug für seine Handlungen und liefere das Interpretationsschema, in das die bekannten Fakten einzuordnen seien.

Dass ein solches Interpretationsschema, wenn es einmal als Vorgabe akzeptiert ist, zu hochgradig irreführenden Schlussfolgerungen verleiten kann, habe ich schon einmal in meiner Rezension von Schultze-Rhonhof gezeigt, und zwar im Hinblick auf das Hoßbach-Protokoll:

Das Bestechende an diesem [etablierten] Geschichtsbild ist – noch bevor es um Quellen und Fakten geht – seine narrative Struktur: Es gibt eine klare Verteilung von Gut und Böse, es gibt einen Spannungsbogen: Das Böse baut sich auf, bis es fast, aber eben nur fast, übermächtig wird, von einem einen kleinen gallischen Dorf – Großbritannien – in die Schranken gewiesen und schließlich von einem unerschrockenen weißen Ritter – Amerika – vernichtet wird. Und es gibt eine Moral von der Geschicht.

Diese Struktur ist doppelt vertraut: Sie entspricht zum einen der eines Märchens, zum anderen – mit dem Motiv des Endkampfs zwischen Gut und Böse – der der Apokalypse. Das heißt selbstverständlich nicht, dass es nicht stimmen kann. Man muss sich nur bewusst sein, in welchem Maße dieses etablierte Geschichtsbild den Erwartungen an schöne Literatur entspricht, und in welchem Maße es religiöse Bedürfnisse bedient.

Vor vielen Jahren wurden in „Versteckte Kamera“ die Versuchspersonen aufs Glatteis gelockt, indem ein Passant, scheinbar mit einem Stadtplan in der Hand, sie nach dem Weg zum Bahnhof fragte und sich diesen Weg auf dem „Stadtplan“ erklären ließ, der in Wirklichkeit ein Schnittmuster aus „Burda Moden“ war. Da entspannen sich dann Dialoge wie:

„Also, sie müssen jetzt hier geradeaus“
„Bei ‚Fadenlauf‘?“
„Ja genau, und dann hier rechts…“
„Richtung ‚Tasche‘?“
„Ja, ja. Und dann links“
„An ‚Knopfloch‘ vorbei?“
„Ganz recht.“

Die Bereitschaft, eine angebotene Situationsdefinition (hier also das Schnittmuster als „Stadtplan“) als „wahr“ zu übernehmen, kann so stark sein, dass auch offenkundige Widersprüche in oder zu dieser Definition nicht wahrgenommen werden. Und man glaube nicht, dass diese Bereitschaft sich auf die überraschten Versuchspersonen bei „Versteckte Kamera“ beschränkt.

Ich zum Beispiel war jahrelang der Überzeugung gewesen, das Hoßbach-Protokoll vom 5. November 1937 enthalte Hitlers Ankündigung, einen Weltkrieg führen zu wollen, mithin den Beweis für die Richtigkeit des oben zitierten Geschichtsbildes. Dabei hatte ich das Protokoll schon mehrfach gelesen: Es enthält Hitlers Ankündigung, die Tschechoslowakei und Österreich anzugreifen, dazu Überlegungen, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schlag geführt werden könne, und wie sich die anderen Mächte dann verhalten würden. Schwerwiegend genug und für die Anklage im Nürnberger Prozess, in dem es ja um den Anklagepunkt „Angriffskrieg“ ging, zweifellos ein wichtiges Beweisstück, aber eben nicht ein Beweis für einen Masterplan zur Weltherrschaft. Obwohl ich es also besser hätte wissen müssen, bin ich erst durch Schultze-Rhonhofs Analyse darauf gestoßen worden, dass ich genauer hätte lesen müssen. Dies nur als Beispiel dafür, wie stark der Einfluss einer scheinbar selbstverständlichen Deutung und wie hilfreich es bisweilen sein kann, Dinge „neu zu betrachten“.

Es gibt eine weitere Quelle, die kaum weniger häufig als das Hoßbach-Protokoll zitiert wird, um Hitlers wahnwitzige Weltherrschaftspläne zu „beweisen“, nämlich seine Denkschrift zum Vierjahresplan von 1936. Diese Denkschrift ist besonders bedeutsam, weil sie streng geheim und nur für den engsten Führungszirkel vorgesehen war.

Hitler selbst hielt sie für so fundamental, dass er noch 1944 (!) Albert Speer eine Abschrift davon übergab, wie Stefan Scheil in „Präventivkrieg Barbarossa. Fragen, Fakten, Antworten“ darlegt, dem Buch, um das es im Folgenden gehen soll. (Man verzeihe mir den langen Anlauf, aber bei einem derart tabubewehrten Thema kann man seine Zweifel am etablierten Geschichtsbild gar nicht ausführlich genug begründen).

Üblicherweise, d.h. in allen mir bekannten Werken, die für ein breites Publikum bestimmt sind, werden aus dieser Denkschrift genau zwei Sätze zitiert, und zwar immer dieselben:

Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein.

Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.

Na bitte, da haben wir ihn doch, den unwiderlegbaren Beweis, dass Hitler um jeden Preis den Krieg wollte! Oder?

Dies ist in der Tat die Interpretation, die die offizielle Geschichtsschreibung uns anbietet. Dabei fällt freilich der Zusammenhang unter den Tisch:

Der Marxismus (hat) durch seinen Sieg … eines der größten Reiche der Welt als Ausgangsbasis für seine weiteren Operationen geschaffen … Einer in sich selbst weltanschaulich zerrissenen demokratischen Welt tritt ein geschlossener autoritärer weltanschaulich fundierter Angriffswille gegenüber.

Die militärischen Machtmittel dieses Angriffswillens steigern sich dabei in rapider Schnelligkeit von Jahr zu Jahr. Man vergleiche mit der heute tatsächlich geschaffenen Roten Armee die Annahmen des Militärs vor 10 oder 15 Jahren, um die gefährlichen Ausmaße dieser Entwicklung ermessen zu können. Man überlege sich aber die Ergebnisse einer weiteren Entwicklung in 10, 15 oder 20 Jahren, um sich ein Bild der dann eintretenden Verhältnisse zu machen …

Gegenüber der Notwendigkeit der Abwehr dieser Gefahr haben alle anderen Erwägungen als gänzlich belanglos in den Hintergrund zu treten!

[Quelle: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936, zitiert nach Scheil, S. 46]

Nichts da von „reif zum Zusammenbruch“. Die Überlegungen, die er 1924 in „Mein Kampf“ dargelegt hatte, als Russland vom Bürgerkrieg völlig zerrüttet war, gelten 1936 offensichtlich nicht mehr. Im Grunde schätzt Hitler die Sowjetunion nicht anders ein, als es nach dem Krieg die Strategen der NATO taten: als eine hochgerüstete Macht von ideologisch motiviertem Expansionsdrang. Und er hatte Grund zu dieser Einschätzung: Russland hatte mit dem ersten Fünfjahresplan 1928 zugleich ein massives Aufrüstungsprogramm in die Wege geleitet, war 1936 quantitativ und qualitativ die stärkste Militärmacht der Welt und baute die Rote Armee fortlaufend aus. Dabei ließ sie keinen Zweifel daran, dass der von Stalin propagierte „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ nur eine Atempause darstellen sollte, in der Sowjetunion Kräfte für den finalen Schlag gegen den Kapitalismus sammeln würde.

Allerdings neigt die Geschichtsschreibung dazu, für die Zwischenkriegszeit nicht nur die objektive Bedrohung herunterzuspielen, die von Russland ausging, sondern auch das Bedrohungsgefühl zu unterschätzen, das viele Europäer, und ganz besonders die politische Rechte, gegenüber dem Bolschewismus hegte. Man musste schon ein wirklicher Ignorant oder Idiot sein, um in den zwanziger und dreißiger Jahren angesichts der Greuel der Bolschewisten, der langfristig überwältigenden Stärke ihres Staates und der Existenz starker kommunistischer Parteien (die von eben diesem Staat gesteuert wurden) die Gefahr der Bolschewisierung Europas abzustreiten. Ohne diese Bedrohung hätte es so etwas wie die NSDAP vermutlich nie gegeben, und wenn, wäre sie kaum zur Macht gelangt und wäre insbesondere ihre Methode des Bürgerkrieges von oben schwerlich von so vielen Menschen akzeptiert worden.

Hitlers Denkschrift lässt seine Außenpolitik der dreißiger Jahre in einem anderen als dem üblichen Licht erscheinen, und auch seine Äußerung von 1939, alles, was er tue sei gegen Russland gerichtet, klingt in einem solchen Kontext weniger nach maßlosem Eroberungswillen, eher nach dem Bewusstsein, dass der Kampf gegen diesen Feind nicht zu vermeiden sein werde, weil der Feind dies nicht zulasse.

Dies alles macht den Angriff vom Juni 1941 freilich per se noch nicht zu einem Präventivkrieg, jedenfalls nicht im Sinne des auch damals geltenden Völkerrechts. Stefan Scheil weist allerdings nicht ohne Süffisanz darauf hin, dass es eine Definition von „Präventivkrieg“ gab, unter die jeder Krieg Deutschlands gegen Russland damals gefallen wäre, nämlich — die angelsächsische.

Großbritannien hatte mit seiner Politik der „Balance of Power“ stets die Doktrin verbunden, dass Machtverschiebungen zugunsten einer Macht auch dann mit Gewalt zu bekämpfen seien, wenn sie auf friedlichem Wege, etwa durch wirtschaftliche und demographische Expansion zustandegekommen seien. Auf eine eventuelle Angriffsabsicht der betreffenden Macht kommt es nach dieser Doktrin nicht an, sondern lediglich auf die potenzielle Fähigkeit zum Angriff. Nach britischer Doktrin reicht dies für einen „Präventivkrieg“ vollkommen aus, und eben diese Doktrin stand hinter der britischen Wendung gegen Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die USA wiederum, als Erben der britischen Weltmacht, hielten und halten es für ausgemachte Sache, das die Bewahrung ihrer eigenen Unangreifbarkeit (und das heißt der Angreifbarkeit aller anderen Staaten durch die USA) jederzeit einen „Präventivkrieg“ rechtfertigt. Scheil stellt zutreffend fest:

Die Frage, ob das Unternehmen Barbarossa nach diesem Präventivkriegsbegriff … ein Präventivkrieg war, ist angesichts der eben skizzierten beliebigen Dehnungsfähigkeit dieses Begriffs so offensichtlich zu bejahen, daß es beinahe nicht interessant ist. [S.21]

Scheil selbst freilich hält sich an den strengen Präventivkriegsbegriff, also an den, der sich auf das geltende Völkerrecht stützt, nicht auf die Schlachtflotten und Marschflugkörper angelsächsischer Weltmächte. Damit man einen Angriff als einen präventiven bezeichnen kann, sind demnach vier Voraussetzungen erforderlich:

1. Langfristige Angriffsdrohungen durch den später Angegriffenen

2. Kenntnis solcher langfristigen Angriffsdrohungen durch den späteren Angreifer

3. Militärisch-politische Vorbereitungen des Angegriffenen

4. Kenntnis dieser Vorbereitungen durch den Angreifer, in diesem Fall das Deutsche Reich

Scheil führt überzeugend den Nachweis, dass alle vier Voraussetzungen tatsächlich gegeben waren, ohne dass ich hier in die Einzelheiten gehen möchte. Ganz nebenbei beantwortet er damit die von mir (nicht von ihm) oben aufgeworfenen Fragen. Das Bestechende an seiner Analyse ist, dass man weder an die Verrücktheit Hitlers noch an die Verblendung oder Zivilfeigheit deutscher Generäle glauben muss, um zu sehen, warum das Unternehmen Barbarossa gestartet wurde, und dass dem Entschluss hierzu sehr wohl ein rationales, ja zwingendes und sogar legitimes Kalkül zugrunde lag.

Dabei stellt Scheil klar, dass die unbestreitbaren Planungen zur Ausschaltung Russlands als Machtfaktor keineswegs die These vom Präventivkrieg in Frage stellen. Im Gegenteil wäre ein Präventivkrieg ganz sinnlos, wenn danach der Status quo ante wiederhergestellt würde. Und er macht deutlich, dass die Frage nach dem präventiven Charakter eines Krieges nicht das geringste mit der  rechtlichen und moralischen Beurteilung von Kriegsverbrechen zu tun hat. Das jus ad bello, also das Recht zum Kriege, hat nichts mit dem jus in bello, dem Recht im Kriege zu tun. An letzteres sind beide Kriegsparteien gebunden, unabhängig davon, wie gerecht oder ungerecht ihre Sache ist, unabhängig, davon, wer Angreifer und wer Verteidiger ist, und unabhängig davon, ob ein Angriff präventiv stattfand oder nicht.

Scheil argumentiert klar, logisch, präzise und faktengesättigt. Wer immer über den Zweiten Weltkrieg spricht (und vor allem schreibt), sollte sich mit seinen Argumenten auseinandersetzen.

Schand-Blatt: BZ verhöhnt Meinungsfreiheit

Wenn ehemalige NVA-Generäle ein Buch unter dem Titel „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“ unter die Leute bringen, dann erwartet niemand eine Sternstunde der Geschichtsschreibung. Man müsste schon sehr durch die kommunistische Brille sehen, um diese These der Herren Keßler und Streletz ohne kritische Einwände zu schlucken.

Es stimmt zwar, dass der Kalte Friede zwischen den Supermächten jahrzehntelang auf der gegenseitigen Anerkennung der jeweiligen Einflusssphären beruhte. Hart ausgedrückt: Er beruhte auf der Teilung Europas. Und es stimmt, dass die Instabilität der DDR gleichbedeutend war mit der Instabilität des gesamten internationalen Systems. Richtig ist aber eben auch, dass die DDR nur deshalb instabil war, weil sie ihren eigenen Bürgern nichts zu bieten hatte (jedenfalls nichts Positives), deshalb von ihnen abgelehnt wurde und zusammengebrochen wäre, wenn sie sie nicht eingesperrt hätte. Es gehört schon Einiges an selbstgerechter Borniertheit dazu, wenn führende DDR-Militärs es fertigbringen, diesen Sachverhalt noch 2011 auszublenden und die Mauer als Friedenswerk anzupreisen.

Ich hätte diese kuriose Mischung aus Stalinismus und Altersstarrsinn nicht weiter erwähnenswert gefunden, wenn nicht das Springer-Blatt BZ zu dem Vorgang die Schlagzeile gedichtet hätte:

Schand-Buch: Neues Buch verhöhnt Mauer-Opfer

Da werde ich nämlich empfindlich. Es ist eine Sache, die Thesen der Autoren mit den oben genannten (oder auch anderen) Argumenten abzulehnen. Eine ganz andere Sache ist es, sie als unmoralisch zu brandmarken. Was bedeutet denn das, zu schreiben, dass hier ein „Schand-Buch“ die „Opfer verhöhnt“? Das bedeutet, dass man den Verantwortlichen des Regimes, die schließlich öffentlich massiv kritisiert werden, geradezu einen Strick daraus dreht, dass sie es überhaupt wagen, sich öffentlich zu rechtfertigen und ihre Sicht der Dinge zu erläutern. Das ist aber ihr gutes Recht!

Es bedeutet sogar noch mehr: nämlich zu propagieren, dass die Meinungsfreiheit nur noch für Positionen gilt, durch die sich niemand „verhöhnt“ fühlen kann, schon gar kein „Opfer“; dass es nicht darauf ankommt, ob eine Meinung richtig oder falsch ist (was man durch den Gebrauch von Argumenten dokumentieren könnte), sondern ob sie aus der Sicht von (womöglich nur indirekt) Betroffenen überhaupt geäußert werden darf; dass der öffentliche Diskurs von Gefühlen gesteuert werden soll (die ihrerseits leicht steuerbar sind); dass bestimmte Positionen nicht toleriert werden sollen.

Solcher Journalismus sieht im Leser ein zu manipulierendes Opfer, und dies ist – in der Tat – eine Verhöhnung.

Klammheimlich: Hannah-Arendt-Institut verlagert Schwerpunkt von SED- auf NS-Diktatur

Thorsten Hinz weist in der JF unter dem Titel „Ein Institut wird umgekrempelt“ auf den Schwenk des Hannah-Arendt-Instituts hin:

Das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden wurde 1993 gegründet. Die Erinnerung an die DDR war damals noch frisch und das Pathos der Umbruchzeit lebendig. Das erlaubte es, die Doppelerfahrung von Nationalsozialismus und Kommunismus, dieses bittere Privileg der DDR-Bürger, zum Ausgangspunkt der historischen Forschung zu machen. Zur Geschichts- und Wissenschaftspolitik der Bundesrepublik, die neben Hitler keine anderen Götter duldet, stand das Institut von Anfang an schräg, wenn nicht quer.

Da es in der gleichgeschalteten deutschen Bewältigungslandschaft nichts geben darf, was schräg oder gar quer steht, wird jetzt nach Loriots Motto „Das Bild hängt schief“ die Geschichte geradegerückt:

Dresden. Das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT) verordnet sich einen neuen wissenschaftlichen Schwerpunkt. „Ich habe einen Richtungswechsel veranlasst – hin zur NS-Geschichte“, sagte Direktor Günther Heydemann der Wochenzeitung „Die Zeit“. Bislang erforschte das 1993 gegründete Institut vor allem die SED-Herrschaft in der DDR. Auf dem Gebiet habe sich aber eine gewisse Sättigung eingestellt. „Die Strukturen der SED-Herrschaft liegen weitgehend offen, und auch in der Alltags- und Sozialgeschichte sehe ich kaum noch Lücken“, sagte Heydemann. Der Schwerpunkt liege deswegen künftig auf dem „Nationalsozialismus in Sachsen“, mithin auf regionaler NS-Geschichte.

Sächsische Zeitung [online] – Sachsen: Hannah-Arendt-Institut verlagert Schwerpunkt von SED- auf NS-Diktatur.

Ist man beim Hannah-Arendt-Institut allen Ernstes der Meinung, beim Thema „NS-Geschichte“ habe sich nicht „eine gewisse Sättigung eingestellt“? Glaubt man dort wirklich, das Thema „DDR“ sei schon erschöpfend bearbeitet?

„Eine gewisse Sättigung“ – was wäre dies für ein schöner Euphemismus für den Brechreiz, der sich angesichts der allgegenwärtigen klischeegesättigten Geschichtspropaganda einstellt.

Was wäre denn die Folge, wenn die DDR-Vergangenheit, wenn das SED-Regime in ähnlicher Weise vergegenwärtigt würde wie das NS-Regime?

Die Folge wäre, dass die Sensibilität für totalitäre Ideologien und Strukturen geschärft würde. Die Folge wäre, dass man hellhörig würde, wenn Journalisten einen „Erziehungsauftrag der Partei(en)“ postulieren; dass man sich fragen würde, wie es um die Liberalität eines Staates bestellt ist, der seine Bürger mit erzieherischer Propaganda überschwemmt; dass man stutzig würde, wenn Nonkonformisten als Phobiker, sprich als Geisteskranke und ihre Meinungen als Gedankenverbrechen abgestempelt werden; dass die Menschen sich womöglich über einen Staat wundern würden, dessen Armee im Dienste der Ewigen Waffenbrüderschaft mit einer Supermacht steht statt im Dienste der nationalen Sicherheit; dass man sich verbitten würde, die eigene Souveränität nebst vielen Milliarden Euro einer „Union“ aus Bruderstaaten zu schenken; dass man darüber nachdenken würde, warum angeblich demokratische Organisationen mit Anhängern just der Ideologie zusammenarbeiten, auf der die DDR gegründet war, und sogar mit der SED selbst; dass man auf die Idee kommen könnte, Sozialismus habe etwas mit Totalitarismus zu tun; dass Dutzende von Phrasen und Schlagwörtern – von der „Diversity“ bis zu „Wertegemeinschaft“ – womöglich kritisch hinterfragt würden. Dass auf dem Weg in die Selbstzerstörung plötzlich Hindernisse auftauchen würden.

Damit dies nicht geschieht, wird ein Hannah-Arendt-Institut bei Nacht und Nebel umgedreht.

Beschäftigen wir uns also mit den Problemen der dreißiger Jahre, damit wir die heutigen erst wahrnehmen, wenn es zu spät ist. „Erforschen“ wir die bis zum Erbrechen durchgekaute Geschichte des Nationalsozialismus noch ein bisschen genauer (Thorsten Hinz: „Was ist zum Beispiel dran an dem Gerücht, daß die Frisuren für den Hund der Hitler-Geliebten Eva Braun in einem Dresdner Haarstudio kreiert wurden? Das Hannah-Arendt-Institut wird uns bald darüber aufklären.“), damit wir auch weiterhin das am wenigsten rassistische Land der Welt mit Propagandaplakaten „gegen Rassismus“ zukleben können; damit in einem Land, dessen Armee sich vor einem Parlament von hysterischen Kindergärtnerinnen für jeden abgefeuerten Schuss entschuldigen muss, der „Militarismus“ bekämpft wird; damit den verachteten und getretenen „deutschen Kartoffeln“ ihre „Fremdenfeindlichkeit“ ausgetrieben wird.

Der Aufstieg Angela Merkels …

… von der politischen Quereinsteigerin aus der ehemaligen DDR zur Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland wirft noch immer viele Fragen auf …

… schreibt Hinrich Rohbohm (der wegen seiner Tätigkeit für die Junge Freiheit aus der CDU gemobbt wurde)  in der aktuellen Ausgabe des Blattes. Die Fakten, die er über Merkels DDR-Biographie zusammenträgt, sind zwar teilweise schon bekannt, in dieser Dichte aber brisanter als das meiste, was ich bisher darüber gelesen habe (dass die vielzitierte „IM Erika“ mehr sein könnte als eine Romanfigur, ist bis jetzt nicht schlüssig bewiesen worden).

Mit dem Artikel „Die schwarze Genossin“ beginnt die Junge Freiheit eine mehrteilige Serie „Angela Merkel – Porträt einer Machtpolitikerin“. Darin heißt es unter anderem:

Der 16.000-Seelen-Ort Templin ist seit 2005 „Kanzlerinstadt“. Viele wissen das hier. Viele wissen auch, dass Merkels Eltern hier leben. Horst und Herlind Kasner (…)

Ganz ungezwungen reden die Templiner über Horst Kasner. „Ein bodenständiger, umgänglicher Typ“, beschreibt ihn einer der Nachbarn. Doch in Bezug auf die Vergangenheit der Kanzlerin reagieren Bekannte und Weggefährten nahezu panisch. Nur wenige wagen sich aus der Deckung. „Sie waren schon linientreu“, erinnert sich ein … Rentner an die Kasners, der ein paar Straßen weiter wohnt.

(…)

Vor allem einer wirkte weitaus politischer als gemeinhin bekannt: Horst Kasner. Der Vater der Kanzlerin hatte seine Tochter entscheidend geprägt. Nur wenige Wochen nach Merkels Geburt ging er mit seiner Familie 1954 freiwillig als Pfarrer von Hamburg in die DDR. Als Leiter des Pastoralkollegs, einer kirchlichen Weiterbildungsstelle, betrieb der in der DDR als „Roter Kasner“ bekannte Mann nicht nur die Ausbildung angehender Pastoren, sondern auch eine äußerst SED-konforme Kirchenpolitik. Gemeinsam mit dem ehemaligen Stasi-Mitarbeiter und einflußreichen Funktionär in der DDR-CDU, Clemens de Maizière hatte er die Spaltung der evangelischen Kirche betrieben. Clemens de Maizière ist der Vater des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière, der laut Spiegel als IM Czerny ebenfalls für die Stasi tätig gewesen war. Auch zu Lothar de Maizière selbst pflegte Kasner Kontakte.

Zudem war er in leitender Funktion Mitglied im Stasi-gelenkten Weißenseer Arbeitskreis, einem Zusammenschluß linker Theologen, der als verlängerter Arm der SED in der Kirchensynode galt.

Darüber hinaus gehörte der heute 84jährige der Christlichen Friedenskonferenz an, einer aus Moskau gesteuerten kommunistischen Tarnorganisation, der auch sein Förderer Albrecht Schönherr angehörte, der ihm den Posten des Pastoralkolleg-Leiters verschafft hatte. Nach Angaben des Merkel-Biographen Gerd Langguth lehnte Kasner neben der Wiedervereinigung  auch die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland und die westdeutsche CDU ab.

Die Kasners genießen zu DDR-Zeiten Privilegien. Zwei Autos stehen ihnen zur Verfügung, ein Privatfahrzeug, ein Dienstwagen. Westreisen sind der Familie gestattet. Mehrmals darf Merkel in die Bundesrepublik reisen. Ihr Vater hatte 1974 und 1975 Italien besucht. Bei einem Diavortrag in Templin hatte er angemerkt, daß nur die Kommunistische Partei Italiens (KPI) gemeinsam mit anderen fortschrittlichen Kräften das Land aus dem Elend retten könne.

Die Freundin einer Mitschülerin an der Erweiterten Oberschule von Templin hat die heutige CDU-Chefin noch als „linientreue Marxistin“ in Erinnerung, die innerhalb ihrer Klasse eine führende Position innehatte. Eine Studentin, die Merkel von der Karl-Marx-Universität in Leipzig kannte, erinnert sich an „eine überzeugte Kommunistin, die ihre Klassenkameraden auf Linie gebracht“ haben soll. Und eine ehemalige Nachbarin der Kasners deutete auf einem KLassentreffen ihrem Schulfreund an, Merkel habe in der DDR „die Fahne hoch getragen“.

Für ihre Promotionsarbeit mußte Merkel – wie in der DDR üblich – auch eine Abschlußarbeit zur kommunistischen Ideologie anfertigen. Merkel hatte ihre Promotionsnoten zunächst geheimhalten wollen. Doch der Spiegel hatte mit Erfolg auf Aktenauskunft geklagt. Resultat: Die Kanzlerin soll in Marxismus-Leninismus lediglich ein „genügend“ erhalten haben, während ihre Physik-Leistung sehr gut war. Überprüfbar ist das nicht. Die Arbeit gilt als verschollen. Eine Kopie habe sie nicht, sagt Merkel selbst dazu.

Ein Akademie-Mitarbeiter hingegen hat anderes in Erinnerung. Demnach habe Merkel ein reges Interesse am Marxismus-Leninismus gezeigt. Wegbegleiter halten ihr eine Nähe zum SED-Regime vor. Hinzu kommt, daß die Kanzlerin an der Akademie der Wissenschaften zum Leitungskreis der FDJ gehörte und als Sekretärin für Agitation und Propaganda gewirkt hatte. Ihre Zuständigkeiten: Politische Bildung und die Vermittlung von Marxismus-Leninismus.

Merkel selbst sagt, sie habe in der FDJ lediglich Kulturarbeit betrieben, Theaterkarten besorgt. Bei ihrem damaligen Gruppenleiter Hans-Jörg Osten hört sich das anders an. Demnach sei sie an der Akademie als FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda tätig gewesen. Zwar könne er sich nicht mehr an die genaue  Bezeichnung erinnern. Dem Sinn nach sei es jedoch genau diese Tätigkeit gewesen. Überprüfbar ist auch das nicht. Die FDJ-Unterlagen sind ebenfalls verschwunden.

In der Wendezeit schließt sich Merkel, die ursprünglich mit der SPD sympathisierte, dem Demokratischen Aufbruch an. Sie wird Pressesprecherin des Vorsitzenden Wolfgang Schnur. Ein Mann, der zu DDR-Zeiten eng mit Horst Kasner zusammenarbeitete. Und der als Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit enttarnt werden sollte.

Als … die CDU als Sieger aus der ersten freien DDR-Volkskammerwahl hervorgeht, wendet sich Merkel der Union zu. Sie wird stellvertretende Regierungssprecherin. Berufen von jenem Mann, dessen Vater zu DDR-Zeiten ebenfalls eng mit Horst Kasner zusammenarbeitete: Lothar de Maizière. Heute betreibt de Maizière eine Anwaltskanzlei gegenüber vom Pergamon-Museum in Berlin. Die Bewohnerin im Stockwerk über ihm ist heute Bundeskanzlerin.

Auf die Fortsetzung darf man wohl gespannt sein.

 

Sachsen-Anhalt bereitet neuen NPD-Verbotsantrag vor

JF-online berichtet:

MAGDEBURG. Sachsen-Anhalts neuer Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat angekündigt, ein neues Verfahren zum Verbot der NPD zu starten. „Wir werden andere Länder einladen, dabei mitzumachen“, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. Das Problem des Rechtsradikalismus werde damit jedoch nicht verschwinden, warnte er.

Wie sollte es auch? Der Staat tut doch sein Möglichstes, eben jenen Rechtsradikalismus zu züchten, den er dann nicht laut genug beklagen kann. Und da es trotzdem immer noch nicht genug Rechtsradikale gibt, um die Hysterie zu begründen, mit der man sie bekämpft, wird der Kreis der „Rechtsradikalen“ durch Änderung der Definition immer weiter gezogen – so weit, dass die Ideologen des Kampfes gegen Rechts nun schon den „Extremismus der Mitte“ erfunden haben, ohne zu merken, was sie damit über ihre eigene Volksferne und -feindlichkeit aussagen.

Es gäbe zwar auch Linksextremisten, die einen anderen Staat wollen, dennoch müsse der Rechtsextremismus stärker beobachtet und bekämpft werden: „In der rechten Szene gibt es eine hohe Gewaltbereitschaft, die Akteure sind stark vernetzt, das läßt sich nicht wegdiskutieren.“

Sagt ein deutscher Innenminister vier Tage vor dem 1.Mai, an dem die Linken wieder bürgerkriegsähnliche Zustände entfesseln werden (Man muss fürwahr kein Prophet sein, um dies vorherzusehen.), während die extreme Rechte schon froh sein kann, wenn es ihr möglich ist, ganz normal zu demonstrieren.

Stahlknecht sprach sich deshalb dafür aus, die Präventionsarbeit an Schulen deutlich zu verbessern. Allen Schülern sollte klar gemacht werden, welche „geschichtliche Verantwortung Deutschland“ trage. „Da muß man auch Bilder aus Konzentrationslagern zeigen und deutlich machen, daß zwischen 1933 und 1945 Menschen planmäßig ermordet worden sind“, forderte der frisch gewählte Innenminister.

Allen Schülern muss klargemacht werden, dass sie kraft ihrer Nationalität auf Ewigkeit verdammt sind. Und dann wundert man sich über Rechtsradikalismus!

Und was die Bilder aus den Konzentrationslagern angeht, so hätte man in denselben Konzentrationslagern auch nach 1945 schockierende Bilder machen können, wenn die sowjetischen Aufseher das erlaubt hätten. Und nicht nur dort: Auch im Gulag, in den chinesischen Umerziehungslagern, bei den türkischen Armeniermassakern usw. Trotzdem kommt in Russland, China und der Türkei verständlicherweise niemand auf die Idee, „allen Schülern klarzumachen, welche geschichtliche Verantwortung Russland (China, die Türkei) trägt“.

Na klar, die haben alle nicht das richtige Bewusstsein, und lassen historische Sensibilität vermissen. Nur dass es diese Völker in hundert Jahren noch geben wird, während wir mitsamt unserer Sensibilität im Orkus der Geschichte verschwunden sein werden.

Bereits am vergangenen Freitag hatte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ein NPD-Verbot gefordert. Die Politik müsse ihre Pflichten ernster nehmen und sich vor allem um ein NPD-Verbot bemühen, „statt sich übervorsichtig hinter juristischen Spitzfindigkeiten zu verbarrikadieren und die Auseinandersetzung zu scheuen“, sagte er nach einem Bericht des Focus.

Was waren das noch einmal für „juristische Spitzfindigkeiten“?

Ein erstes Verfahren zum Verbot der NPD war 2003 vom Bundesverfassungsgericht aus Verfahrensgründen eingestellt worden. Die Richter hatten damals bemängelt, daß viele Zitate, die eine Verfassungsfeindlichkeit der NPD nachweisen sollten, von in die Partei eingeschleusten Mitarbeitern des Verfassungsschutzes getätigt worden sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat damals nicht mehr als die Selbstverständlichkeit gefordert, dass ein Rechtsstaat nicht selbst die Verbotsgründe schaffen darf. Aber wenn es gegen „Rechts“ geht, dann muss man es mit der Rechtsstaatlichkeit nicht so genau nehmen, nicht wahr, Herr Graumann?

Wann kapiert man es endlich? In einem Staat, in dem die Regierung darüber entscheidet, für wen die Bürgerrechte gelten und für wen nicht, gelten sie für niemanden!

Quelle der Zitate: JUNGE FREIHEIT – Wochenzeitung aus Berlin: Sachsen-Anhalt bereitet neuen NPD-Verbotsantrag vor.