"Rebuilding America's Defenses"

Das Papier „Rebuilding America’s Defenses. Strategy, Forces, and Resources for a New Century“ wurde im September 2000 von einer Gruppe einflussreicher Strategen aus dem Umfeld der sogenannten Neocons vorgelegt und enthielt einen umfangreichen Forderungskatalog zur amerikanischen Verteidigungspolitik. Diesem Papier kommt eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der sicherheitspolitischen Konzeption der Regierung Bush zu. Gerade im Zusammenhang mit unserer jüngsten Debatte über den 11. September ist es daher der Mühe wert, es unter die Lupe zu nehmen.

Nachdem es den Westen im Kalten Krieg zum Sieg geführt hat, steht Amerika vor einer Chance und einer Herausforderung: Haben die Vereinigten Staaten die Vision, auf den Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte aufzubauen? Haben sie die Entschlossenheit, ein neues Jahrhundert zu gestalten, das amerikanischen Prinzipien und Interessen günstig ist?

Wir fordern ein Militär, das stark und bereit ist, sowohl gegenwärtige als auch künftige Herausforderungen anzunehmen: eine Außenpolitik, die kühn und zielstrebig amerikanische Prinzipien in der Welt fördert; und eine nationale Führung, die die globale Verantwortung der Vereinigten Staaten akzeptiert.

[S.2 der PDF-Datei]

Bereits diese wenigen, aber grundlegenden Sätze aus dem Statement of Principles des Projektes enthalten Leitideen, die so nur von amerikanischen Strategen formuliert werden können:

Erstens den Anspruch, das Jahrhundert zu gestalten, also der Welt ihren Stempel aufzudrücken; zweitens die Verknüpfung von „amerikanischen Interessen und Prinzipien“; drittens die Idee der „globalen Verantwortung“, also die Vorstellung, zur „Gestaltung“ der Welt nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet zu sein.

Man hat sich an die amerikanische Hegemonie schon derart gewöhnt, dass kaum noch einem auffällt, welche Ungeheuerlichkeit hier formuliert wird; denn selbstredend wird die Welt nicht danach gefragt, ob sie von den USA gestaltet werden will.

Interessant ist hier die auch im Folgenden häufig wiederholte Formulierung „amerikanische Interessen und Prinzipien“, die offenbar als miteinander verknüpft und einander bedingend aufgefasst werden. Darin drückt sich die von den politischen Eliten Amerikas verinnerlichte Vorstellung aus, dass dem amerikanischen Interesse am besten gedient ist, wenn auch amerikanische Prinzipien weltweit verbreitet werden, speziell also Marktwirtschaft und Demokratie; dass umgekehrt die Verfolgung amerikanischer Interessen sozusagen automatisch auch zur Verwirklichung dieser Prinzipien beiträgt.

Diese Ideologie – denn um eine solche handelt es sich – ist nicht von den Neocons erfunden worden. Sie lässt sich mindestens bis zu Wilsons Projekt zurückführen, „to make the world safe for democracy“, die den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg legitimierte, und sie stellt seitdem einen Grundzug der amerikanischen Außenpolitik dar, seit dem Zweiten Weltkrieg sogar den unangefochtenen Grundzug. Musste Roosevelt sich in den dreißiger Jahren noch mit einer isolationistischen Opposition herumschlagen, die sich aus der völlig zutreffenden Vorstellung speiste, das amerikanische Volk sei 1917 von einer Koalition aus Utopisten und Geschäftemachern in einen Weltkrieg hineingezogen worden, der mit seinen eigenen Interessen nichts zu tun gehabt habe, so spielt dieser Isolationismus seit Pearl Harbor keine Rolle mehr in der US-Außenpolitik.

Dies ist insofern ein erklärungsbedürftiges Phänomen, als der Isolationismus auch heute noch gerade unter konservativen Amerikanern populär ist. Er ist an sich die natürliche Option eines Volkes, das von seiner Regierung eigentlich nur in Ruhe gelassen werden möchte. Dass er trotzdem keine Rolle in der politischen Entscheidungsfindung spielt, zeigt an, wie stark die politischen Eliten sich gegenüber dem eigenen Volk verselbständigt haben.

Wenn ich von einer „Ideologie“ spreche, dann meine ich damit gerade nicht, dass es sich um ein bloß propagandistisches Deckmäntelchen für schnöde materielle Interessen handele. Das Sendungsbewusstsein, der geradezu weltrevolutionäre Anspruch der USA, ist eine politische Kraft aus eigenem Recht. Die Verbindung von Interessen und Prinzipien ist kein Widerspruch; beide bedingen einander.

Vor dem Hintergrund einer solchen Ideologie ist es dann auch konsequent, dass das Strategiepapier nicht etwa von Krisen- und Gefahrenszenarios ausgeht, amerikanische Sicherheitsinteressen also nicht ex negativo definiert. In anderen Ländern würde man Terrorismus, Piraterie, Rohstoffknappheit, Flüchtlingsströme und ähnliches mehr als Gefahren für die nationale Sicherheit einstufen und davon ausgehend die Sicherheitsstrategie entwicklen. Das Papier der Neocons definiert stattdessen positiv einen Zustand, der amerikanischen Sicherheitsinteressen am besten dient:

Momentan stehen die USA keinem globalen Rivalen gegenüber. Amerikas Gesamtstrategie sollte darauf abzielen, diese vorteilhafte Position zu bewahren und sie so weit wie möglich in die Zukunft zu verlängern. (…) [Dies] erfordert globale militärische Vorherrschaft sowohl jetzt als auch in der Zukunft.

[S.8]

Vier Voraussetzungen werden dafür ausgemacht:

  • die Unverwundbarkeit des eigenen Landes,
  • die Fähigkeit, mehrere (mindestens zwei) größere Kriege gleichzeitig zu führen und zu gewinnen,
  • die Fähigkeit, anschließend polizeiliche („constabulary“) Aufgaben zur Sicherung und Befriedung des Krisengebietes zu erfüllen,
  • die umfassende „Transformation“ der US-Streitkräfte, die sich an die Spitze der technologischen Revolution der Kriegführung stellen und damit einen uneinholbaren qualitativen Vorsprung vor jedem denkbaren Gegner sichern sollen.

Die überwältigende Überlegenheit der amerikanischen Streitkräfte soll dabei nicht nur potenzielle Gegner von vornherein abschrecken, sondern auch den Verbündeten die Sicherheit geben, dass die USA niemals durch Überdehnung ihrer Kräfte gezwungen sind, von ihren Sicherheitsgarantien Abstriche zu machen. Es geht also um die Sicherung von Gefolgschaft. Zu den Fähigkeiten, die die Autoren als essenziell ansehen, gehört ausdrücklich auch die Fähigkeit zum regime change.

Kurz gesagt, wird ein Zustand angestrebt, in dem Amerika in der Lage ist, praktisch jedem Land der Welt seinen Willen aufzuzwingen – von Kolossen wie China und Russland einmal abgesehen, und auch die sollen so weit wie möglich in die Schranken gewiesen werden.

Nach Ansicht der Autoren hat die Regierung Clinton die Verteidigungsfähigkeit des Landes sowohl finanziell als auch qualitativ so weit vernachlässigt, dass es nun, im Jahr 2000, erheblicher vor allem finanzieller Anstrengungen bedarf, den von ihnen gewünschten Zustand herbeizuführen und für die Zukunft zu sichern. Ihr Konzept sieht ein Zwei-Phasen-Modell vor: In der ersten Phase („transition“) geht es vor allem um quantitative Aufrüstung auf der Basis der vorhandenen Technologien, bei sachter Modifizierung der strategischen Konzepte, experimenteller Einführung neuer Ideen und intensiver Forschung an Innovationen, in einer zweiten Phase soll auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse und technischen Fähigkeiten ein qualitativer Sprung („transformation“) erfolgen.

In diesem Zusammenhang nun fällt der berüchtigte Satz

Der Prozess der Transformation wird sich wahrscheinlich lang hinziehen, sofern nicht ein katastrophales und beschleunigendes („catalyzing“) Ereignis stattfindet – wie etwa ein neues Pearl Harbor.

[S.63]

So ominös dieser Satz klingt, wenn man ihn vom 11.September her interpretiert, so wenig gibt doch der Kontext einen Hinweis darauf, das ein solches neues Pearl Harbor in diesem Papier als ein irgendwie hilfreiches oder gar wünschenswertes Ereignis beschrieben würde. Es ist nicht etwa so, dass diese Verzögerung der Transformation als problematisch dargestellt würde; das Papier suggeriert nicht, man befinde sich hier im Wettlauf mit der Zeit, und deshalb müsse die Transformation so weit wie möglich beschleunigt werden. Die lange Dauer der Veränderung wird einfach als ein Faktum konstatiert, das aber die vorgeschlagene Strategie nicht in Frage stellt.

Insofern lässt sich aus dem Papier nicht mehr herauslesen als das, was man ohnehin schon wusste, nämlich dass es innerhalb der Regierung Bush eine mächtige Fraktion gab, die von Anfang an auf eine ausgreifende, imperiale Außenpolitik drängte und zu diesem Zweck eine drastische Ausweitung des Militärbudgets forderte. Dass die Ereignisse des 11. September dieser Fraktion überwältigend starke Argumente lieferten, liegt auf der Hand – aber als smoking gun taugt das Papier nicht.

9 Gedanken zu „"Rebuilding America's Defenses"“

  1. Das Sendungsbewusstsein, der geradezu weltrevolutionäre Anspruch der USA, ist eine politische Kraft aus eigenem Recht.

    Schöne Formulierung. Das versuchte ich auch erst einem in einer Diskussion über den Iraq-Krieg klar zu machen. Allein materielle Erwägungen (Öl) reichen für so ein derart riskantes Unternehmen, das den Staatshaushalt der USA eigentlich überspannt, nicht aus.
     
     

  2. Ich frage mich, was uns als einzelnes Individuum das Verhalten amerikanischer Eliten zu sagen hat. Sie tuen das was jeder tut, der meint in der stärkeren Position zu sein – dem Unterlegenen seinen Stempel aufdrücken. Dies kann sowohl positiv als auch negativ für den Unterlegenen sein. Nur die Prio ist klar. Zuerst muss es den eigenen Eliten und derem Volk gut geht. Erst in zweiter Instanz sind die anderen dran.
    In diesem Sinne halten die m.E. alle Eliten ihre Völker unter ihrer Knute, um ihre Macht zu zementieren. Unsere Eliten sind jedoch dem anschein nach weitestgehend fern jeder Moral. Wenn die jeweiligen nationalen Eliten sich für ihre Völker interessieren würden, dann würden sie sie um sich scharen und darauf einschwören, dass es Feindschaft gibt, und es um Vormachtstellungen in der Welt geht, welche das Überleben des jeweils eigenen Volkes sicherstellt.
    Es geht ihnen jedoch nur um ihre Vormachtstellungen, und nicht um ihre eigenen Völker. Sie würden sonst keine unkontrollierten Völkervermischungen durchführen.
    In dem Buch der Bücher heißt es:
    Sprüche 11,14 Wo es an weiser Führung fehlt, kommt ein Volk zu Fall, wo aber viele Ratgeber sind, da geht es [ihm] gut. (Schlachter-Übetragung)
    Viele Ratgeber und viele Eliten haben wir in Europa, doch Ihnen fehlt ein normatives Koordinatensystem, das an „unserer“ jüdisch-christlichen Ethik geknüpft ist. Es sind zuviele Konstruktivisten darunter, die frei nach Pippi Langstrumpf pfeiffen „ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“
    Ich nehme es den Amerikanern nicht übel, das sie offen um ihre Vormachtstellung ind der Welt kämpfen. Sie sagen es ihren Leuten meist auch. Deshalb fällt es den amerikanisch denkenden Menschen leichter, sich in der Regel hinter ihren Eliten zu stellen. Ungeheuerlich ist es für uns, weil wir die „Europäer“ in diesem Fall die unterlegenen sind, und uns den „Siegern“ (nicht den besseren) unterordnen müssten. Ungeheuerlich ist es aber auch, dass unsere Eliten, um aus dieser Demütigung auszusteigen, sich lieber des indirekten Antiamerikanismus bedienen, indem sie ihre Völkerzusammensetzungen durch Vermischung mit arabisch-türkischen Kulturen vemeintlich zu ihren Gunsten umgestalten. (War das nicht de Gaulle, der diese Idee als erster hatte?)
    Wenn ich mir nun vorstellen müsste, mich hinter Madame Merkel als einer neuen Jean D’Arc zu stellen, dann glaube ich, dass ich mich beim Anblick der ersten feindlichen Schlachtreihen meines Verstandes bedienen, und mich vom Kampffeld schleunigst verabschieden würde.
    Wem sollen wir uns also anschließen, wenn es niemanden gibt der zugleich vertrauenswürdigkeit und potenz zur Durchsetzung unserer Interessen besitzt?
    Mega Dux
     
     

  3. Wem sollen wir uns also anschließen, wenn es niemanden gibt der zugleich vertrauenswürdigkeit und potenz zur Durchsetzung unserer Interessen besitzt?

    Manfred?

    Das war keineswegs nur im Scherz gemeint, auch wenn es nicht Manfred alleine sein sollte – ein paar andere wären schon noch ganz sinnvoll. Der Punkt dabei ist aber: Wir brauchen einen Elitenwechsel! Von einer Kapazität, die der Kapazität des Versagens der bisherigen – und gegenwärtigen – Eliten entspricht: Also einen totalen Elitenwechsel, denn wie die gerade ablaufende (versuchte) Sarrazin-Vernichtung zeigt, gibt es unter der gegenwärtigen ‚Elite‘ buchstäblich niemanden mehr, der auch nur mit dem Gedanken einer ‚Erhaltung des deutschen Volkes‘ irgendetwas anfangen könnte – von einer aufbauenden Förderung ganz zu schweigen.

    ‚Leitfiguren‘ jedweder Bewegung offenbaren sich immer durch die eigene Aktivität, zu der sich andere Personen über ihre Wahrnehmung und Reaktion in Beziehung setzen. Auf diese Weise – soweit ich es verstehen kann – bildet sich ein Kollektiv (im Sinne eines Potentials an Personen), das zum einen eine Sogwirkung auf die zwar Erregten (ob ihrer offensichtlich vorgesehenen Abschaffung durch die, denen sie absolut vertrauten) aber Orientierungslosen des zwischenzeitlich, im Sinne seiner ureigenesten Lebensinteressen, führungslos gewordenen Groß-Kollektivs (hier also: des deutschen Volkes). Und zum anderen weitere ‚Fähige‘ ansaugt und gleichzeitig ihre innere Entwicklung befördert, um im Sinne ihrer Fähigkeiten einmal verantwortlich politisch tätig werden zu können.

    Wenn es soweit ist … wenn die Zeit reif ist, wie man so schön sagt. ‚Unsere Zeit wird kommen‘ sagt Weißmann doch immer – und ich denke, auch dort wird gelesen was hier geschrieben wird, so wie hier wohl auch gelesen wird was dort geschrieben wird. Das ist natürlich alles noch absolut schwammig und ohne irgendwelche festen, politisch tatsächlich tragfähigen Strukturen, aber … es läuft! Denke ich. Und daß innerhalb der gegenwärtigen ‚Elite‘ noch mal eine ‚Umkehr‘ stattfinden würde – also diesen Gedanken denkt doch wohl keiner der hier Lesenden mehr. Oder?

  4. Sieht der amerikanische Hegemon Europa so:
     

    Was die USA angeht, so behandeln sie die Europäische Union mit wohlwollender Gleichgültigkeit. Sie zählen auf die Unterstützung der einzelnen Mitgliedsländer, bemühen sich aber kaum um die Gunst einer europäischen Führung, deren Machtlosigkeit nun für alle erkennbar ist. Dass sich die EU bislang geweigert hat, die Türkei aufzunehmen, nehmen die USA dem Staatenbündnis besonders übel.

     

    Nun beglückwünschen sich die Europäer selbst zu – wie sie mit geradezu absurder Scheinheiligkeit formulieren – ihren „jüdisch-christlichen“ Werten. Damit haben sie sich für die kurzsichtigste aller politischen Taktiken entschieden. Die Türkei ist eine Demokratie mit überwiegend muslimischer Bevölkerung – das Paradebeispiel ebenjenes „modernisierten“ Islam, den der Westen gerade seit 2001 fordert. Man frage sich doch einfach, welche Schlüsse wohl junge Radikale, die den Westen und den Islam für unvereinbar halten, aus dieser Brüskierung der Türkei ziehen.


    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73290126.html
    Was sind „jüdisch-christliche“ Werte in diesem Zusammenhang.

  5. Die „Falken“ sollen ja seit Ende des kalten Krieges auf globale Herrschaft eingeschworen worden sein.
    Wie erklärt sich dann aber das einschlagende Versagen der USA?
    Nach 9/11 dachte ich, die USA würden nun weltweiit losschlagen, ich konnte mir gar vorstellen, dass Bush Atombomben auf den mittleren Osten wirft, flächendeckend, weil er nicht weiß, von wo genau die Gefahr kommt.
    Da habe ich wie viele andere anscheinend entweder den amerikanischen Willen oder die amerikanische Fähigkeit zum „Losschlagen“ überschätzt.
    Das Afghanistaneinsätzchen, das mit so wenig Pathos, Aufwand und Geld wie nur irgend möglich geführt wurde und das peinliche Irakdebakel waren doch nicht Ausdruck einer Supermacht mit dem Anspruch auf globale Dominanz! Entweder können sie nicht – oder sie wollen nicht. Vieles spricht für eine Mischung aus beidem.
    Zum einen sind die USA in einem noch tieferen Schuldenloch als wir, zum anderen fehlt wie bei uns der Rückhalt für die Kriege, die man ohnehin nur führen kann, wenn man sie als „Sozialarbeit“ darstellt (vgl. meine Übersetzung von Steeles Text „warum Amerika so zimperlich mit dem Feind umgeht“ auf dem CJ).
    @ Leser: Ich denke, dass eine „Sarrazin“ Partei mit all den politisch inkorrekten Köpfen der richtige Weg ist. Um zu verhindern, dass es ein Nullsummenspiel wird, die Elite also nicht ausgetauscht wird, müssten wir eben alle massiv dort eintreten.
    Nur über schon bekannte Gesichter erreichen wir Prozentzahlen, mit denen man arbeiten kann. Um Manfred über Nacht zum Kanzler zu machen bräuchten wir schon eine Revolution. Aber vielleicht geht es auch (noch) unblutig?! Ich hoffe irgendeiner aus der Riege kommt möglichst schnell und nicht erst kurz vor der Wahl 2013 (denn es müssen Strukturen aufgebaut werden, Kleinstparteien integriert werden etc.) auf die richtige Idee. Passiert das nicht, dann hat sich das Zeitfenster wahrscheinlich geschlossen. Die Sarrazin. Debatte zeigt ja, dass die Mediokratie immer totalitärer wird. Zudem ist, selbst wenn das Zahlenverhältnis sich bis dahin noch lange nicht umgekehrt hat, die Volksmoral in vier, fünf Jahren völlig am Boden, wenn wir bis dahin nichts tun als uns selbst beim Schrumpfen zuzusehen.
     

  6. Man darf nach dem Sarrazin-Desaster davon ausgehen, dass die „Eliten“ Angst haben und wenn heute 100000 in Berlin demonstrieren würden, und morgen in allen deutschen Großstädten, dann wären die, die sich „Elite“ nennen, alle verschwunden. Man darf davon ausgehen, dass die überwiegende Zahl der „Eliten“ bereits ihre Ausweichquartiere haben.

  7. # Kairos

    Eine ‚Sarrazin-Partei‘ hielte ich für den falschen Weg. Schon allein deshalb, weil es gar kein ‚Weg‘ – und gemeint ist hier natürlich ein gedanklicher und seelischer Entwicklungsweg des DEUTSCHEN Volkes – wäre, der vom Volk gegangen würde. Sondern Ausdruck einer kurzfristig mal überschießenden Verärgerung über einen Mißstand, oder auch ‚einige‘ Mißstände bei im Kern dabei weiter bestehender prinzipieller Zufriedenheit und Übereinstimmung mit dem linken Normengefüge in dem man lebt.

    Konkret: Die Leute glauben dann eben weiter, daß man eigentlich ruhig eine Auswechselung der ‚Bevölkerung‘ vornehmen kann – und ‚das (spezielle) Volk‘ bleibt dennoch dasselbe! Es sollten dann halt vielleicht nur nicht grad ’soviele Migranten‘ auf einmal kommen …. und sie sollen sich halt anpassen. Und dann? Dann ist alles wieder gut.

    Eine ‚Sarrazin-Partei‘ würde also bedeuten, daß ‚die Leute‘ mal kurz aus einem Alptraum aufgewacht sind … aber dann wählen sie halt Sarrazin, drehen sich auf die andere Seite … und schlafen weiter. Mit anderen Worten: Es geht weiter wie bisher, aber jetzt sitzt halt eine ‚Sarrazin-Partei‘ mit 10% im Bundestag. Und dann? Was soll sich dann ändern??

    Nein, Sarrazin ist ein Türöffner, ein Tabusprenger – das ist seine Aufgabe, seine Funktion. Herrgott nochmal … wir erleben einen Völkermord! An uns!! Dieser Völkermord unterscheid sich in der Durchführung fundamental von allen uns bekannten vorangehenden ‚Völkermorden‘, insofern er ‚ohne Blutvergießen‘ (abgesehen von denen, die gemessert wurden), sondern ganz ‚zivilisiert‘ abläuft; nicht in irgendwelchen ‚abgelegenen Lagern im Osten‘ stattfindet, sondern mitten unter uns und vor unseren Augen; und nicht von irgendeiner verrückten Junta, die sich an die Macht geputscht hat, durchgeführt wird, sondern von denen, die wir gewählt haben und die ‚wir‘ (wohl kaum ‚wir‘, die wir hier kommentieren, aber die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes) eben nach wie vor wählen.

    Und das ist es, was ‚das Volk‘ begreifen muß – und entweder reicht das Begreifen aus für eine fundamentale Bewußtseinsänderung – oder es reicht eben nicht aus. Und wenn es nicht ausreicht, dann ist das Kapitel ‚weiße Völker‘ im großen Roman ‚Geschichte der Menschheit‘ damit beendet. Ganz einfach. Und zu dieser fundamentalen Bewußtseinsänderung, einem <b> Anti-68 </b> sozusagen, kann Sarrazin helfen die Tür aufzustoßen. Aber er kann dem Volk weder die Arbeit der Bewußtwerdung abnehmen, noch als Einzelperson einen ‚Elitenwechsel‘ durchführen. Davon abgesehen ist er kein Alpha, sondern eben ein Betamännchen. Ein gutes Betamännchen ist sicher nicht zu verachten und es kann hervorragende Arbeit leisten. Aber es wird eben nie ein Alphamännchen sein oder werden. Er ist Wassermann – Pobereit ist Löwe, insofern hat sie sich gut ergänzt und die Chemie hat einfach gestimmt. Aber hätte man ihn in die Pobereit-Funktion gesetzt, hätte er versagt! Notwendig – weil er eben kein Alpha ist.

    Und wenn ich von ‚Elitenwechsel‘ gesprochen habe … dann ist das selbstverständlich nicht mal eben in 3 Jahren durchzuziehen … weil man das will. Eine ‚Elite‘ – wie ich sie verstehe – bildet sich sozusagen ‚urwüchsig‘ … indem Personen formulieren, was sie im Innersten und am intensivsten bewegt. Und das kommunizieren können, so daß andere Menschen, die nur eine tiefe Unruhe und Unzufriedenheit spüren, aber nicht so richtig formulieren können was sie eigentlich umtreibt, diesen in Texte und Bilder gekleideten Gedanken der möglichen Elite begegnen können. Und dann (hoffentlich) merken: Ach du liebe Zeit … der/die sagt ja genau das was ich schon die ganze Zeit empfinde … ich konnte es nur irgendwie nie in Worte fassen. 

    Und wenn dieser Kontaktschluß stattgefunden hat, dann hat die Wirkung der neuen Elite ins Volk hinein begonnen.  Und das bedeutet konkret, daß die, die nun angesprochen werden von der neuen Elite, sich an anderen Normen und Werten orientieren – aber eben nicht, weil sie ihnen ‚eingeredet‘ wurden, sondern weil sie entdeckt haben, das die Formulierungen der Elite einfach nur Ausdruck ihrer eingenen Erfahrung sind … die sie alleine aus sich selbst heraus aber nicht so formulieren konnten.

    Und dann erst kann eine parteipolitische Konzentration dieser neuen Werte und Normen Aussicht auf Wirkung haben … dann erst wird sie gewählt werden können. Überlegen Sie mal bitte wie lange es von ’68 bis zur Bildung der GRÜNEN dauerte: 12 Jahre! Aber damit waren sie noch keineswegs was sie heute sind: die eigentliche Bürger-Partei der BRD. Und von bundesweiter Machtbeteiligung war da noch keine Rede…

  8. Es geht nicht darum, das Heil in Sarrazin zu suchen, sondern darum, dass das doofe Volk nur bekannte Köpfe akzeptieren wird. Der langjährige Bewusstseinswandel ist nötig, aber das Zeitfenster ist eben so klein, dass wir es vergessen können, wenn 2013-2017 die braune (rot+grün=braun) Soße regiert.
    Ich finde Sarrazin kein bißchen symphatisch, das wenige an Talkshow, das ich mir mit ihm antun konnte, ließ ihn nicht gut aussehen. Aber er hat geschafft, was kein anderer bisher geschafft hat: Ganz Deutschland redet über ein Thema, das bisher verdrängt wurde. Überall trauen sich die Leute aus den Löchern, nach dem Motto „darf ich das doch sagen?“ Deshalb reagieren die Polit- und Medienfutzies ja auch so allergisch, sie haben Angst. dass wir aufwachen.

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