Warum Papst Benedikt XVI. im Recht ist, wenn er die öffentliche Empörung ignoriert und die Piusbrüder, einschließlich des Bischofs Williamson, in die katholische Kirche zurückholt.
„Tu es Petrus
et super hanc petram
aedificabo ecclesiam meam“ (Mt 16, 18b-19)
Wenn es etwas gibt, das den Papst mit dem Fußball-Bundestrainer verbindet, so ist es die Vielzahl der heimlichen Kollegen, die so viel besser wissen, wer in die rechte Innenverteidigung respektive auf einen Bischofsstuhl gehört, und wer aus dem Kader fliegen beziehungsweise exkommuniziert werden sollte.
Die Aufgabe des Papstes ist dabei um einiges schwerer als die des Bundestrainers:
Nicht nur, weil die Schar der verhinderten Bundestrainer mit einigen Millionen doch überschaubar ist, die der verhinderten Päpste mit einigen Milliarden aber nicht. Sondern vor allem, weil die verhinderten Bundestrainer in der Mehrzahl wenigstens noch irgendeinen Bezug zum Fußball haben, und sei es den Bezug dessen, der im Unterhemd mit der Bierflasche in der Hand vor dem Fernseher sitzt und grölt: „Lauf schon, fauler Sack!“ Was ja oft genug eine treffende Analyse ist.
Diejenigen aber, die so genau wissen, was der Papst tun oder lassen sollte, würden sich in aller Regel den päpstlichen Segen nicht einmal am Fernseher spenden lassen, geschweige denn an einem katholischen Gottesdienst teilnehmen. Offensichtlich ist niemand besser qualifiziert, über die katholische Kirche zu schwadronieren, als Protestanten, Atheisten, Moslems, und Juden. Ganz zu schweigen von den Anhängern des Jesusmosesmohammedbuddhabaghwan-Synkretismus, der sich auch unter Protestanten, Atheisten und Juden, wahrscheinlich auch unter katholischen Laien, wachsenden Zulaufs erfreut – unter Moslems allerdings eher nicht.
Und so hält es auch niemand für erforderlich zu referieren, warum die Kirche es für notwendig hält, die Piusbrüder und Lefèbvre-Anhänger, die bekanntlich das Zweite Vatikanum ablehnen, wieder einzufangen. Womöglich bedeutet es, dass Benedikt die Ergebnisse des Konzils beerdigen will.
Na, und wenn?
Wie immer man zu den inhaltlichen Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils steht: Der Eindruck, den das Konzil langfristig hinterließ, war der, dass Glaubenswahrheiten Gegenstand mehr oder minder demokratischer Abstimmungsprozesse sein könnten. Ließe die Kirche diesen Eindruck unwidersprochen stehen, so würde sie ihre Existenzberechtigung verlieren.
Die Sorte Christentum, wo theologische Standpunkte politisch ausgehandelt werden, die gibt es bereits: Sie heißt Protestantismus und besteht zur Zeit aus circa dreißigtausend Denominationen. Bei dem Tempo, mit dem die Sektiererei dort voranschreitet, hat Benedikt XVI. gute Chancen, die Gründung der einhunderttausendsten evangelischen Kirche noch selbst zu erleben und ihrem Gründer eine handsignierte Jubiläumsbibel zu überreichen.
Allerdings sorgt bereits die schiere Existenz der katholischen Kirche als der Kirche dafür, dass auch weiterhin die Protestanten darauf angewiesen sind, von der katholischen Kirche wenigstens als christlich, wenn auch nicht als Kirche anerkannt zu werden, umgekehrt aber nicht. Die katholische Kirche hat zwar nicht das Monopol zu definieren, was christlich, wohl aber, was nicht christlich ist. Ihre Existenz stellt sicher, dass nicht jede Schnapsidee synkretistischer Weltumarmer unter den evangelischen Theologen die Chance bekommt, offizielle Theologie zu werden.
Woher aber nimmt die Kirche diese scheinbar magische Fähigkeit, ihre Autorität sogar ihren protestantischen Gegnern aufzuzwingen? Eben aus ihrem Selbstverständnis, Glaubenswahrheiten als Wahrheiten zu behandeln, über die sich nicht abstimmen lässt. Mit diesem Verständnis, Kirche nicht vom – subjektiven und veränderlichen – Glauben her zu denken, sondern von einer überzeitlichen, ewigen Wahrheit her, steht und fällt die Kirche.
Es wäre für das Christentum insgesamt, einschließlich des Protestantismus, eine Katastrophe, wenn die römische Kirche sich ein protestantisches Selbstverständnis zulegte. Ein langes Leben hätte es dann nicht mehr, weil mit dem Katholizismus in seiner hergebrachten Form jenes Gegengewicht wegfiele, das bisher verhindert hat, dass die Christenheit zu einem konturlosen Brei zerfließt, in dem das „Anything goes“ gilt.
Das Konzil hat dieses katholische Selbstverständnis aber nach zwei Seiten hin in Frage gestellt:
Der liberalen Öffentlichkeit wurde suggeriert, die Kirche sei ab jetzt eine Organisation, die sich der Welt in dem Sinne öffne, dass von nun an ihre Botschaft manipuliert werden dürfe, und zwar nach außertheologischen Kriterien: vom Feelgood-Faktor für die Gläubigen über die „Toleranz“ im Sinne einer Akzeptanz der Legitimität von allem und jedem, bis hin zur Ökumene, zum jüdisch-christlichen Dialog und zum „Dialog mit dem Islam“. Es ist eine Sache, dergleichen zu befürworten, und eine völlig andere, die theologische Integrität des Katholizismus hinter all dem unter „Ferner liefen“ einzuordnen.
Genau dies, nämlich das Recht, der Kirche eine Agenda aufzuzwingen, fordern die politisch-medialen Meinungseliten mit wachsender Selbstverständlichkeit für sich ein, und wahrscheinlich sind sie ganz aufrichtig verblüfft darüber, dass die Kirche sich nicht darauf einlässt – sofern sie es nicht als Bestätigung ihrer Vorurteile auffassen.
Mit ihrer Masche, päpstliche Entscheidungen zu skandalisieren, und sich auf ihren Begründungszusammenhang nicht einmal so weit einzulassen, dass sie ihn kompetent kritisieren könnten, entlarven sich die Träger der veröffentlichten Meinung wieder einmal als die Ideologieproduzenten, die sie sind. (Und es macht – um auch dies zu erwähnen – die Dinge nicht besser, wenn der eine oder andere verblendete Kardinal meint, genau dieser veröffentlichten Meinung hinterherlaufen und ins selbe Horn stoßen zu müssen.)
Wie ich schon im Zusammenhang mit der Sprache des Kindergartens ausgeführt habe, ist – wenn nicht die Absicht, so doch in jedem Fall – das Ergebnis, dass dem Medienkonsumenten die entscheidenden Fragen vorenthalten werden. So wie der Gazakrieg auf eine Art behandelt wurde, als würden dort uneinsichtige Kinder miteinander raufen, so wird im Zusammenhang mit der Re-Integration der Piusbruderschaft der Papst – nicht weniger als einer der brillantesten Köpfe des Abendlandes – als starrsinniger alter Knacker abgestempelt, der mit den Piusbrüdern bloß seinesgleichen in der Kirche haben wolle.
Ich habe oben gesagt, das Konzil habe nach zwei Seiten hin falsche Signale gesandt: einmal zur liberalen Öffentlichkeit, zum anderen zu den konservativen Katholiken, die, und zwar völlig zu Recht, der Auffassung sind, eine katholische Kirche, die sich nicht als Hüterin des ewig Wahren verstehe, sei keine Kirche im katholischen Sinne mehr. Die Lefèbvre-Anhänger waren die gefährlichste Häresie, mit der es die Kirche in jüngerer Zeit zu tun bekommen hat. Wenn die atheistischen oder agnostischen Redakteure von Hamburger Wochenzeitungen glauben, die Kirche habe sich mit dem Konzil verpflichtet, dem Zeitgeist zu huldigen, dann kann die Kirche das ignorieren.
Eine Opposition von rechts dagegen, die plausibel machen könnte, dass die Kirche dies tatsächlich tue und damit ihren Auftrag verrate, und die damit den Wahrheitsanspruch der Kirche im Kern anfechten kann, ist eine tödliche Bedrohung. Nicht für die Kirche als Organisation (einen Verein mit einer Milliarde Mitgliedern kriegt man nicht so schnell kaputt), wohl aber für die Strahlkraft und Glaubwürdigkeit ihrer Botschaft.
Deswegen – und nicht wegen irgendwelcher reaktionären Anwandlungen der Kurie! – musste man die Piusbrüder wieder einfangen!
(Natürlich gehören in diesen Zusammenhang auch solche Maßnahmen wie die Aufwertung der lateinischen Messe, das in neuer Form wieder eingeführte Gebet für die Bekehrung der Juden und die schroffe Ansage, die protestantischen Kirchen seien „keine Kirchen im eigentlichen Sinne des Wortes“: Das ist nicht Arroganz, das ist die ehrliche Feststellung, dass man zwei grundsätzlich einander entgegengesetzte Begriffe von „Kirche“ nicht mit ein und demselben Wort belegen darf.)
Unserer ideologisch konditionierten Öffentlichkeit kommt es natürlich nicht in den Sinn, dass die theologische Integrität des Christentums wichtiger sein könnte als die Ausgrenzung dieses oder jenes Holocaustleugners.
Ebenso, wie es ihr auch nicht in den Sinn kommt, dass Ausgrenzung, Ächtung, Exkommunikation von Antisemiten kein Beitrag zum Kampf gegen Antisemitismus sind. Eine Gesellschaft, in deren religiösem wie politischem Selbstverständnis der Antisemitismus seit Jahrhunderten eingebrannt ist (Ich verweise auf meine Artikel „Noch ein paar Gedanken zu: Christentum, ‚Islamophobie‘, Antisemitismus“ und „Deutsche und Nazis“), die möchte sich das natürlich gerne ersparen, sich mit diesem Sachverhalt auseinanderzusetzen. Gottlob gibt es die Williamsons und Hohmanns, von denen man sich in einer Art von kollektivem Exorzismus distanzieren kann. Was ist leichter, als sich der eigenen moralischen Vortrefflichkeit dadurch zu versichern, dass man den Antisemitismus in der Gestalt irgendwelcher Holocaustleugner dingfest macht und ihn dadurch entsorgt, dass man diese ausgrenzt? Bis zum nächsten Skandal.
Einer der alten Kirchenväter schrieb: „Christus hat sich die Wahrheit genannt, nicht die Gewohnheit!“. Man möchte paraphrasieren: Er hat sich die Wahrheit genannt, nicht die Political Correctness!
Ich beglückwünschte Sie zu diesem hervorragenden Aufsatz. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr Sie mir aus der Seele gesprochen haben.
ein mutiges Essay.
Respekt.Besser als fast alles das ich von „professionellen“ Journalisten lesen musste.
Ich empfehle auch die hervorragende dreiteilige Artikelserie von André Lichtschlag in „ef“, veröffentlicht unter anderem auch bei Kewil. Eine Kostprobe aus Teil III:
„(…)
Inzwischen ahnt auch der Letzte, dass hier ein Religionskrieg ohne Erbarmen geführt wird. Medien und Politik als Hohepriester der säkularen Religion der Politischen Korrektheit verlangen nicht weniger als die Unterwerfung ihres letzten Widersachers. Der Papst „muss“, so fordern sie es offen wie von einem angeklagten Verbrecher, ihrer Anweisung Folge leisten und das in Deutschland strafbewährte „Leugnen des Holocausts“ (gemeint ist konkret ein Infragestellen der sakrosankten Millionenziffer) vom Zivilrecht ins Kirchenrecht übertragen.
(…)
Jede der jüngsten Medienkampagnen vergrößerte den Graben zwischen der veröffentlichten Meinung und dem Volk. Mit jeder neuen Kampagne verlieren Politik und Medien abermals an letzten Vertrauensresten. Die „Welt“ ließ eine Online-Umfrage zu: „Papst Benedikt XVI. hat mit seinen jüngsten Entscheidungen viel Kritik hervorgerufen. Wie beurteilen Sie seine Arbeit?“, fragt die „Welt“. Die überwältigende Mehrheit von 64 Prozent der bis heute etwa 25.000 Teilnehmer der Abstimmung antwortet: „Sehr gut, er zieht seine Linie durch und macht alles richtig.“ Kommentatoren in Online-Foren werden wie in den vorangegangenen Medien-Kampagnen in Massen zensiert und gelöscht oder in dieser Frage gar nicht erst zugelassen. Die ob der Medien-Hatz empörten Leserbriefe, so sickert aus den Redaktionen durch, gehen erneut in jedem Zeitungshaus in die Tausende.
Und doch herrscht ein geradezu gespenstisches sowjetisches Medien-Einheitsbild. Wie in den besten Zeiten der DDR werden immer neue „klassenbewusste“ Zeugen der Anklage vorgeführt. Darunter auch papst-kritische deutsche katholische Bischöfe. Kann es irgendwen verwundern, dass die vom deutschen Sonderrecht der Kirchensteuer wohlgenährten Vertreter der Amtskirche Vater Staat und dessen Glaubensdoktrinen im Zweifel eher Gefolgschaft leisten als dem heiligen Vater in Rom?
(…)
Uns wird nun fortlaufend erzählt, dass auch viele Katholiken über den Papst entsetzt seien. Das ist richtig. Es sind aber vornehmlich die Seichten, die der Ersatzreligion der politischen Korrektheit bereits mehr ergeben sind als ihrer katholischen Kirche. Wahr ist aber auch: Für noch mehr Anders- und sogar Ungläubige ist der Papst dieser Tage der letzte Hoffnungsträger der Abwehr einer ins Totalitäre gehenden Politischen Korrektheit, die keinerlei Anstand und Erbarmen mehr kennt.“
Die FAZ hat eine Hypothese über die Urheberschaft der Skandalisierung aufgestellt. Dass es sich um eine abgeschmackte Sache handelt, ergibt sich m.M.n schon aus der Tatsache, dass das Interview just an dem Tag öffentlich gemacht wurde, an dem auch die Re-Inkommunikation der FSSPX-Bischöfe verkündet wurde. Irgendein Insider im Vatikan muss im Vorfeld seinen Kompagnons bei den deutschen Medien sinngemäß gesteckt haben: „Der Papst will die vier Brüder rehabilitieren, und einer von denen hat letzten November im schwedischen Fernsehen ein Interview gegeben, in dem er den Holocaust (partiell; in puncto Gaskammern oder nicht) leugnet. Macht doch mal ’nen schönen Skandal draus, der den Alten ordentlich beschädigt.“
Außerhalb Deutschlands blieb die Wellenhöhe durchweg überschaubar, und daraus kann man schon ersehen, dass hier ausschließlich die deutschen Medien – wie immer höchst selbstreferentiell – die Gehirnwaschmaschine hochdrehen lassen.
Hier der FAZ-Bericht, für den es keinen Online-Link gibt; danke, Heta, fürs Abschreiben:
„Als der Skandal über den Negationisten-Bischof, den der Papst wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen hatte, seinem Höhepunkt entgegensteuerte, veröffentlichte “Le Monde” einen Artikel über “Petrus und die schwarzen Schafe”. Die Autorin berichtete von den Umtrieben der Traditionalisten, die regelmäßig Messen für den faschistischen und negationistischen Schriftsteller Maurice Bardèche lesen. Die nach Auschwitz pilgern, um ehrfürchtig eines Genozids zu gedenken – aber nicht desjenigen an den Juden. Sondern an den “abgetriebenen Föten”. In diesen Kreisen, weiß “Le Monde”, sei der neue Papst stets sehr beliebt gewesen. Als Verfasserin des Artikels zeichnet Caroline Fourest. Sie schreibt als freie Mitarbeiterin regelmäßig über Religionsfragen für “Le Monde”.
Dass sie über die bevorstehende Rehabilitierung der ausgeschlossenen Bischöfe bestens informiert war, zeigen ihre Publikationen in den Wochen zuvor. Die Ultratraditionalisten sind eines ihrer Spezialgebiete. Caroline Fourest schreibt nicht nur für “Le Monde”. Sie ist Mitarbeiterin beim öffentlichen Rundfunk France-Culture, publiziert in zahlreichen Publikationen und ist hauptberuflich Redakteurin bei “Charlie Hebdo”, dem satirischen, antiklerikalen Wochenmagazin, das kürzlich Schlagzeilen machte, weil es seinen Karikaturisten Siné wegen Antisemitismus ausschloss. Auch in den Talkshows ist Caroline Fourest ob ihrer Streitlust gern gesehen.
Mit Fiammetta Venner zusammen hat Caroline Fourest ein Buch geschrieben, in dem alle Fundamentalisten – die jüdischen, islamischen, christlichen – heftig angegriffen werden. Fourest, noch nicht älter als dreißig Jahre, ist eine militante Laizistin. In der Öffentlichkeit wurde sie wegen ihrer kompetenten Kritik am Genfer Intellektuellen Tariq Ramadan bekannt. Ihm wirft sie Doppelzüngigkeit vor. Ihr Buch über ihn trägt den Titel “Bruder Tariq”. Caroline Fourest kämpft für die Rechte der Homosexuellen, ist Präsidentin ihrer Vereinigung in Frankreich und tritt im Fernsehen mit Fiammetta Venner unverkrampft als Paar auf. Als solches lassen sich beide auch fotografieren und porträtieren – im “Nouvel Observateur” wie in “Libération”. Fiammetta Venner, Tochter einer bekannten Judokämpferin, ist eine hervorragende Politologin. Caroline Fourest bekam letztes Jahr den angesehenen Raymond-Aron-Preis für Demokratie.
Als “kirchenfeindliche französische Journalistinnen” werden Venner und Fourest nun offenbar vom Vatikan bezeichnet. Die “Neue Zürcher Zeitung” berichtet von einer Dokumentation, in der suggeriert wird, sie hätten das Interview mit Richard Williamson im schwedischen Fernsehen eingefädelt. Für den Vatikan sei das alles kein Zufall und der Papst Opfer eines Komplotts geworden.
Verschwörungstheorien muss man misstrauen. Die Frage, ob Fourest und Venner tatsächlich einen Coup landen wollten, darf allerdings sehr wohl gestellt werden. Ein Skandal an sich wäre das nicht. Sie kennen den Negationisten-Sumpf ausgezeichnet. Und der Umweg über das schwedische Fernsehen erweist sich auch als äußerst geschickt. Vielleicht war Williamson selbst bestens informiert und machte mit. Das Timing war perfekt. So funktionieren Politik und Medien: ein zynisches Lehrstück. Nicht die allfällige Rolle von Caroline Fourest als Anstifterin und Vermittlerin wäre skandalös. Sondern ihre publizistischen Auftritte als Kommentatorin einer Inszenierung, bei der sie an zentraler Stelle beteiligt gewesen wäre – worüber der Leser nichts erfährt.
Das war ihr bisher tollster Streich. Aber er stellt die Glaubwürdigkeit der unerbittlich schreibenden, gnadenlos argumentierenden französischen Journalistinnen, die man nicht als kirchenfeindlich bezeichnen sollte, in Frage. In Frankreich, wo Fourest und Venner sehr bekannt sind, hat noch kaum jemand realisiert, wer hinter dem ominösen Interview steckt. Und weil letztlich zumindest indirekt die einflussreichsten und renommiertesten Medien involviert sind, werden diese Zusammenhänge möglicherweise auch nicht öffentlich gemacht. Für den Vatikan und den Papst ist das alles keine Entschuldigung. Die “Komplott-theorie”, mit der sie den “Fall Williamson” schließen möchten, zeugt nochmals von Hilflosigkeit: So tolpatschig der Papst in die Falle zweier Frauen getappt sein mag – er hat mehr als ein Kommunikationsproblem.“
Vielen Dank auch von mir für das Abtippen. Ja, das klingt ziemlich plausibel.
Danke für den guten Artikel.
Vor allem der Satz „Unserer ideologisch konditionierten Öffentlichkeit kommt es natürlich nicht in den Sinn, dass die theologische Integrität des Christentums wichtiger sein könnte als die Ausgrenzung dieses oder jenes Holocaustleugners.“ hat es mir angetan.
Als evangelikaler (eine passendere Benennung fällt mir z.Zt nicht ein) Christ, der der katholischen Kirche als Institution eher ablehnend gegenüber steht, kann ich nicht verschweigen, dass ich den „pappa“ verstehe. Ich wünschte mir dies, um somehr von unserem weichgespültem evangelikaloprotestantismus. Zwar halten viele Gläubige die Glaubenswahrheiten aufrecht (noch), doch nur innerhalb ihrer Gemeindegemäuer. Zu groß ist die Angst bei vielen, zu klein das Vertrauen in Christus, als dass sie Ihre Überzeugungen fest in den Wind stellen würden.
Was sagt uns das? Die katholische Kirche ist bei allem was an ich an ihr an Verrat an der biblischen Wahrheit entdecke, die einzige „geistige“ Institution die scheinbar dem Islam, dem vereinnahmenden Zeitgeist und der Gleichmacherei etwas entgegenzusetzen hat. Von daher schaue ich etwas neidisch auf den Papst. Er hat Chuzpe, denn er trifft Entscheidungen, ohne ständig in die Zeitung zu schauen und zu fragen, was die Welt wohl denke. Anders als mancher opportunistischer Pastor, Pfaffe und sonstinge linker Kirchenführer.
Auch wenn manche jetzt austreten, ich glaube es sind die richtigen, denn die haben aber dann sowieso nichts mit Christus am Hut, sondern waren reine Namenschristen.
Als Fundi-Christ bleibt mir wohl nur mit St. Paul (dem biblischen) zu sagen
„εἴ τις οὐ φιλεῖ τὸν κύριον, ἤτω ἀνάθεμα. Μαραναθα“ (1.Kor 16,22)
Ich glaube, dass Vieles, was man als Protestant für „Verrat“ an der biblischen Wahrheit hält, eine Folge von Notwendigkeiten ist, die sich einstellen, wenn eine Institution darauf ausgerichtet ist, Hüterin von Glaubenswahrheiten zu sein. Das objektive, institutionelle Moment von Religion bekommt dann ein starkes Eigengewicht. Nur ist genau dies offenbar die Voraussetzung dafür, dass die Christenheit nicht auseinanderläuft.
Protestantismus und Katholizismus haben beide ihr historisches Recht, insofern sie füreinander Gegengewichte darstellen. Ich bin aber nach reiflicher Überlegung zu der Auffassung gelangt, dass die Grundentscheidung des Protestantismus, Kirche als religiösen Verein aufzufassen, dessen Theologie sich nach politischen Aushandlungsprozessen richtet, eine Fehlentscheidung war. Ein solches Kirchenverständnis wird zwangsläufig (und nicht weil irgendjemand etwas falsch gemacht hätte) zu einer Aufspreizung des Christentums führen, wobei „Fundamentalisten“ – also glaubensstarke Christen – den einen, Synkretisten – also Religionspanscher – den anderen Flügel bilden. Dazwischen ein riesiger Sumpf.
Ein solches Christentum wäre kaum mehr als eine Religion erkennbar. Vor allem hätte es fatale Ähnlichkeit mit dem Christentum auf der arabischen Halbinsel zu Beginn des 7. Jahrhunderts.
Vor ein paar Wochen habe ich noch geschrieben, dass ich den Übertritt zum Katholizismus erwäge. Jetzt ist es beschlossene Sache. Der Zeitpunkt hängt nur noch von organisatorischen Fragen ab. Wenn der Kirche jetzt die Gewohnheitskatholiken davonlaufen, die ohnehin verkappte Protestanten waren, dann hat sie jetzt die Chance, Quantität gegen Qualität zu tauschen.
„Vor ein paar Wochen habe ich noch geschrieben, dass ich den Übertritt zum Katholizismus erwäge. Jetzt ist es beschlossene Sache.“
Ich wollte schon vor ein paar Stunden zu diesem Artikel gratulieren. Jetzt tu ich’s gleich noch zu dieser Entscheidung. Da will ich doch mal das „Herzlich willkommen“ dem offiziellen Akt vorwegnehmen… 😀
Oh, vielen Dank, Penelope, da fühlt man sich ja nicht nur willkommen, sondern richtig sehnlich erwartet!
🙂
Klar erfaßt, worum es geht.
Guter Artikel!
Aus dieser FSSPX-Presseerklärung
geht übrigens klar hervor, daß der Vatikan die Gespräche mit der Piusbruderschaft als „notwendig“ bezeichnet hatte.
Die Aufforderungen die Kontakte wegen der an sich verbotenen Fortführung sakramentaler Handlungen durch die inkommunizierten Bischöfe sofort wieder abzubrechen, können also kaum anders denn als Ausweis für Leseschwäche gedeutet werden 😆
„Offensichtlich ist niemand besser qualifiziert, über die katholische Kirche zu schwadronieren, als Protestanten, Atheisten, Moslems, und Juden.“
Tja, es ist ja auch ein Haufen zölibatärer alter Männer bestens dazu qualifiziert, en Detail das Sexualleben andererer Leute (v.a. wenn diese weiblich sind) zu reglementieren, gelle?
Die katholische Kirche gibt gerne ihren Senf zu allen möglichen und unmöglichen Themen des politischen und sozialen Lebens ab. Da wird sie sich das auch umgekehrt gefallen lassen müssen.
Die nachfolgende, versehentliche Auslassung müßte in diesem hervorragenden Text bitte korrigiert werden:
(Und es macht – um auch dies zu erwähnen – die Dinge nicht besser, wenn der **** oder andere verblendete Kardinal meint, genau dieser veröffentlichten Meinung hinterherlaufen und ins selbe Horn stoßen zu müssen.)
„Die Deutschen wenden sich vom Papst ab“ dekretiert die Zeitung, die hier vor mir liegt (Neue Westfälische, SPD). Wenn die wüssten . . . !
Wer sich eh mit dem Gedanken getragen hat, zum Katholizismus überzutreten, für den ist jetzt sicherlich der richtige Moment, diesen Schritt zu tun!
In Deinem Aufsatz und Deinen Kommentaren ist auch nicht zu übersehen, dass Du hier bereits als Katholik sprichst und von der Richtigkeit Deines Schrittes überzeugt bist, und auch ein bisschen Stolz wird sichtbar. Es ist ja auch ein grundlegender Schritt, dem einiges an Selbstprüfung vorausgegangen ist.
Was Du über die Definitionsmacht des Katholizismus über den Protestantismus schreibst, lässt mich als gelernten Lutheraner allerdings erstmal tief Luft holen, aber es ist (leider) völlig richtig, was Du schreibst. Eine Theologie, die immer jeweils ein Kompromiss mit dem Zeitgeist ist, ist ein Widerspruch in sich selbst. Aber andererseits: Ist nicht doch auch richtig, dass die katholische Kirche nicht nah genug an den Menschen ist, wie Geissler vorige Tage gesagt hat (er nannte Sexualmoral, Zölibat, Frauen in der Kirche, aber auch Armut, Beschneidung, etc.)? Sich hier an die gesellschaftliche Realität heranzubewegen, ohne die theologische Substanz aufzugeben, dafür ist aus meiner Sicht noch einiges an Raum. Leugnet nicht der Vatikan in seiner gegenwärtigen Praxis auch die Natur des Menschen, wie die Linken, nur in umgekehrter Weise, indem er ihre natürliche Dispositionen als sündige unterdrückt, ihre Existenz damit aber immerhin anerkennt, während die Linke die Natur des Menschen überhaupt leugnet, alles als „falsches Bewusstsein“ deklariert und ihn somit zum Umerziehungsobjekt macht? Wie man auf diesem Wege „zu der Realität der Menschen“ die Traditionalisten mitnehmen könnte, ist mir allerdings schleierhaft. Ich hab dies Interview mit dem Schmidbauer gesehen: das erinnert einen schon an den überheblichen Starrsinn der Moslems, allerdings mit dem Unterschied der Gewaltlosigkeit. Auf der anderen Seite des K. gibt es aber auch einige, die den Dialog mit dem Islam auf dem Programm haben, wie z. B. pax Christi (waren auch im September in Köln vertreten). Die Einheit des Katholizismus zu bewahren, dürfte auf längere Sicht auch sehr schwierig werden. Aber unbestritten: er ist ein Fels in der Brandung des Zeitgeistes!
So sag ich mal von meinem Standpunkt: Gut für die katholische Kirche, dass Du dort eintrittst!
(Du wirst Dich sicher auch dort zu Wort melden.)
. . . und doch auch ein kleiner Schritt zur Integration einer konservativen Bewegung gegen die unheilige rot-grüne Allianz!
Ganz großes Kompliment an Sie für diesen hervorragenden Aufsatz. Eine seltene Perle ! Es gibt in den Medien mittlerweile vereinzelte Artikel, die einen Überblick über diesen komplexen Sachverhalt zu geben versuchen, ohne einer sich inquisitorisch gebenden säkularen Toleranzreligion zu huldigen, Ihrer aber besticht wirklich durch gedankliche Klarheit. Und knüpft im übrigen an eine zwar verschüttete, aber gute, alte Aquin´sche
Tradition an, einen Standpunkt erst einmal in aller Breite darzulegen, bevor man ihn kritisiert. „Politische Korrektheiten“ dagegen arbeiten durchgehend mit Vermutungen, Unterstellungen, Empörungen, Verallgemeinerungen, groben Schlussfolgerungen, worunter leider nicht zuletzt die Logik leidet.
Nun aber wirklich genug gelobt. Nur weiter so !
„Ich glaube, dass Vieles, was man als Protestant für “Verrat” an der biblischen Wahrheit hält, eine Folge von Notwendigkeiten ist, die sich einstellen, wenn eine Institution darauf ausgerichtet ist, Hüterin von Glaubenswahrheiten zu sein. Das objektive, institutionelle Moment von Religion bekommt dann ein starkes Eigengewicht. Nur ist genau dies offenbar die Voraussetzung dafür, dass die Christenheit nicht auseinanderläuft. „
Da muss nicht gezwungenermaßen so sein, dass man die biblische Wahrheit den „Notwendigkeiten“ opfert. Die Kirche hätte die Kraft und die Macht die Christenheit zu einen, aber sie versteht sich mehr als ein Sammelbecken in dem jeder glauben kann, was er will, solange er nicht selbst in Wort und Tag offen gegen die „Heilige römisch-katholische Kirche“ opponiert. Solange die Autorität des Papstes anerkannt wird, ist alles O.K. dann kann man auch an die heilige Maria als Mutter Gottes, und anzubetende Person glauben. Oder an die sich oft der Bibel widersprechenden Schriften der „Kirchenväter“, die bei den Katholiken als gleichrangig gesehen werden. Die römisch-katholische Kirche ist eine reine Macht-Institution, die zwar die Wahrheit enthält, diese durch tausende andere nichtbiblisch-synkretischtische Inhalte verdeckt und zudeckt.
„Ich bin aber nach reiflicher Überlegung zu der Auffassung gelangt, dass die Grundentscheidung des Protestantismus, Kirche als religiösen Verein aufzufassen, dessen Theologie sich nach politischen Aushandlungsprozessen richtet, eine Fehlentscheidung war.“
Die Grundentscheidung des „Protestantismus“ war es nicht Kirche als religiösen Verein aufzufassen, sondern es im Zuge der Aufklärung zuzulassen, Gott als Objekt der Wissenschaft zu sehen, und die sog. „Historisch-Kritische Methode“ als einziges legitimes Werkzeug die Bibel zu verstehen, zugelassen hat. Von da an, verlor die evangelische Kirche immer mehr an Kraft. Die Prämisse, die von da an in der Schriftauslegung galt, war dass Gott nicht mehr als Urheber hinter der Bibel gesehen werden durfte. Normalerweise war das biblische Mittel die christliche Gemeinschaft zu schützen der rechtzeitige Ausschluss von Apostaten aus der selbigen. Doch diesem ehernen Grundsatz, hat die katholische Kirche immer mehr umgekehrt. Alles in sich vereinen, wurde ihr Credo. Vor diesem Hintergrund verstehe ich auch das Bemühen der katholischen Kirche den Islam in sich zu integrieren. Ich bin überzeugt, auch dafür wäre sie bereit Glaubenswahrheiten zu opfern – ja zu verraten -, sofern es eine Möglichkeit gäbe.
„Ein solches Christentum wäre kaum mehr als eine Religion erkennbar. Vor allem hätte es fatale Ähnlichkeit mit dem Christentum auf der arabischen Halbinsel zu Beginn des 7. Jahrhunderts.“
Das orthodoxe Christentum damals hatte durch die Vermischung von Staat und Kirche schon viel kraft verloren. Dort, wo Bischöfe und andere Würdenträger von staatlichen Stellen ernannt werden konnten, war es mit der Korruption nicht mehr weit.
Aber trotzdem kann ich Deinen Schritt irgendwie nachvollziehen, auch wenn ich denke. „Schade, dass er sich der katholischen Kirche gebeugt hat“. Ich wünsche Dir viel Kraft, und Segen von oben. Denn ohne Christus wird es keine Veränderung in der Kirche geben. Punkt.
willkommen im Club, Manfred.
Ab jetzt darf Dich jeder Dorf-Atheisten-Lümmel unter dem Beifall der anderen Schafe straflos beleidigen.
Aber dagegen entwickelt man ein dickes Fell.
Trotzdem: diese sektiererische Pius-Bruderschaft gefällt mir nicht. Die antisemitisch durchtränkten Theorien dürfen innerhalb der katholischen Kirche nicht unwidersprochen stehen bleiben.
Die kath.Kirche und der Papst haben selbstverständlich das Recht, ihre Theologie zu vertreten, solange sie mir den Kram nicht aufzwingen (wollen).
Ich würde doch bitte mal eines gerne wissen wollen: welche Existenzberechtigung hat eine Kirche noch, die keine Mitglieder mehr findet ? Wenn langfristig die Anything goes-Basis sich abwendet, was dann ?
Die Kirche hat doch heute, insbes. bei der Jugend, ein Identifikationsproblem. Auch wegen völlig weltfremder Aussagen über Sexualmoral udgl.
Das könnte das Ende der katholischen Theologie bedeuten. Ein Verein ohne Mitglieder stirbt aus. Nicht dass ich das sonderlich bedauern würde, ich frage mich nur ob die Strategie der ideologischen Reinheit dies der Kirche selbst wert sein kann.
achja, immerhin mehren sich im Internet die Stimmen, die die Kath. Kirche verteidigen.
Sogar der eher linke Blog Lizaswelt hat einen, wie ich finde, sehr fairen Artikel über die Affaire veröffentlicht.
CK: die Kirchen (auch die ev.) haben hauptsächlich ein Problem in West-Europa.
Das hat hauptsächlich etwas mit der Zerstörung sämtlicher Werte in unseren Gesellschaften zu tun.
Weltweit steigt die Zahl der Christen an, besonders stark in Ost-Asien. Gerade ca. 1 Milliarde Katholiken sind nicht ganz zu unterschätzen.
@apokryphe:
Das Gerede vom Werteverfall, der Konservativen liebstes Thema, halte ich für sehr ambivalent.
In der Tat sehe auch ich meine Werte unter Beschuss, aber da sehe ich den Papst und die katholische Kirche leider kaum als Bündnispartner.
Wobei eins muss man der Religion ja lassen: sie kann auch durchaus dazu dienen den Einfluss des Staates/der Politik zurückzudrängen, wenn sie denn sich nicht mit demselben zusammentut, sondern gar opponiert, was der Machtteilung und Machtminimierung dient 😉
Werte sind zudem m.E. nicht auf eine Religion angewiesen. Gesunder Menschenverstand reicht auch.
Aber schön für die Christen, wenn sie Zulauf aus Asien bekommen. Ich persönlich kenne nur einen Theologen, der mich ansprechen würde: Bultmann. Alle Anderen sind mir nicht radikal logisch genug 😉
@ apokryphe
Stimmt. Fairer Kommentar des Autors. Man muß nicht in der RKK sein, um zu begreifen, daß bei dieser Berichterstattung vielerlei Dinge gewaltig schief hängen.
Donnerwetter, ich staune und freue mich darüber, was dieser Artikel für Wellen schlägt.
@ alonso:
Vielen Dank für den Hinweis; ich habe es gleich korrigiert.
@ Netzklempnerin:
„Tja, es ist ja auch ein Haufen zölibatärer alter Männer bestens dazu qualifiziert, en Detail das Sexualleben andererer Leute (v.a. wenn diese weiblich sind) zu reglementieren, gelle?“ – Touché. Nur ziehe ich es vor, in einer Gesellschaft zu leben, in der die moralischen Standards notfalls durch einen Haufen zölibatärer alter Männer ohne praktische eigene Erfahrung aufrechterhalten werden, als in einer, in der sich Jeder seine Standards selber macht und sie gegebenenfalls auch auf Kosten Anderer auslebt.
@ BeforeDawn:
Deswegen lege ich auch keinen großen Wert darauf, dass die Kirche „nahe bei den Menschen“ ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es von Institutionen nur so wimmelt, die nahe bei den Menschen sein wollen – von der Polizei, dem „Freund und Helfer“, über „die Bank an ihrer Seite“ bis zu jenen politischen Parteien, die angeblich „mitten im Leben“ stehen. Das mag ja auch alles ganz in Ordnung sein, solange es um Polizei, Banken und Parteien geht, aber ich schätze es, dass es in Form der Kirche wenigstens eine Institution gibt, die ihren Kunden nicht hinterherläuft und sich deshalb auch nicht kompromittiert. Wobei ich natürlich verstehe, dass meine Perspektive sehr speziell ist. Wenn einer wie Geißler in ein katholisches Milieu hineingeboren ist und deshalb den Volkskatholizismus als Norm im Kopf hat, dann verstehe ich, dass er sich darüber nicht so leicht hinwegsetzen kann. Nur muss der Volkskatholizismus vom Volk praktiziert werden, nicht vom Klerus. Wenn das Volk mit dem Katholizismus nichts mehr anfangen kann, dann wird die Kirche es nicht dadurch ändern können, dass sie ihm hinterherläuft. Da gilt die alte Weisheit: „Nur ein schlechter Verkäufer geht mit dem Preis runter.“
@ Mega Dux:
„ein Sammelbecken in dem jeder glauben kann, was er will, solange er nicht selbst in Wort und Tag offen gegen die „Heilige römisch-katholische Kirche“ opponiert. Solange die Autorität des Papstes anerkannt wird, ist alles O.K“ – Da ist allerdings etwas dran, aber genau diese Gefahr, dass die Substanz des Glaubens der Autorität der schieren Institution geopfert wird, ist der Grund, warum ich von der historische Notwendigkeit des Protestantismus gesprochen habe. Solange diese Herausforderung besteht, ist der Gefahr der Vermachtung ein Riegel vorgeschoben – so wie sich eben auch umgekehrt der Protestantismus vom katholischen Standpunkt herausfordern lassen muss.
Insofern bin ich gar nicht so sicher, ob die Einheit der Christenheit wirklich wünschenswert ist. Vielleicht lässt sich die im Christentum angelegte Spannung zwischen dem Glauben als dem spontanen und individuellen Aspekt der Religion und der Religion als dem objektiven und sozialen Moment des Glaubens gar nicht anders leben und aushalten als in der Spannung zweier aufeinander bezogener Konfessionen.
Die Gefahr des Synkretismus sehe ich, anders als Du, eher beim Protestantismus, eben weil er die demokratischere Konfession ist, in der sich alle Zeitgeistströmungen nur schwach gefiltert niederschlagen. Deswegen kann ich – pardon – im Protestantismus beim besten Willen keine Gegenkraft zu den Erscheinungen gesellschaftlichen Verfalls mehr erkennen. Ich achte es nicht gering, dass es dort auch Leute wie Dich gibt, nur bringt ihr einfach zu wenig auf die Waage und seid obendrein noch mit der Gegenseite in denselben Kirchen zwangsvereinigt.
Übrigens: Ich beuge mich niemandem. Was ich tue, tue ich aus Überzeugung, und ich bei Bedarf kritisiere ich die katholische Kirche wie jede andere Institution auch; ich verspreche allen Lesern, dass mein Blog keine Filiale von Radio Vatikan wird. 😀
@ ck, apokryphe, ts:
Wir haben gleichzeitig geschrieben, deswegen kommt meine Antwort mit etwas Verspätung:
@ apokryphe:
„diese sektiererische Pius-Bruderschaft gefällt mir nicht. Die antisemitisch durchtränkten Theorien dürfen innerhalb der katholischen Kirche nicht unwidersprochen stehen bleiben.“ – Da bin ich ganz Deiner Meinung. Allerdings bleiben sie auch nicht unwidersprochen: Sowohl der jetzige Papst als auch sein Vorgänger haben sich völlig unzweideutig vom Antisemitismus distanziert, und dies nicht nur verbal und oberflächlich, sondern auch in ihren theologischen Aussagen.
Das Christentum hat sich jetzt zweitausend Jahre lang gegenüber der jüdischen Mutterreligion benommen wie ein pubertierender Lackel, der die Ablösung vom Elternhaus nicht anders bewerkstelligen kann als dadurch, dass er sich von seinen Eltern ein Feindbild malt; und ich bin entschieden der Meinung, dass zweitausend Jahre Pubertät genug sind. Man vergibt sich nichts, und man treibt auch keine Religionsvermischung, wenn man anerkennt, dass der jüdische Glaube den innersten Kern des christlichen ausmacht. Man sollte sich aber keine Illusionen darüber machen, dass es noch lange dauern wird, bis auch der letzte Nachzügler seine antisemitischen Vorbehalte abgestreift hat. Etwas anderes zu erwarten ist schlicht unrealistisch.
@ CK:
„Ich würde doch bitte mal eines gerne wissen wollen: welche Existenzberechtigung hat eine Kirche noch, die keine Mitglieder mehr findet ?“ – Also, erstens halte ich diese Frage bei einer Milliarde Katholiken für reichlich akademisch, zweitens hängt die Existenzberechtigung einer Religion nicht von der Zahl ihrer Mitglieder ab; die Religionsfreiheit gilt auch für Ein-Mann-Sekten, drittens bestreite ich ganz entschieden Deine These, Werte seien „nicht auf eine Religion angewiesen“, gesunder Menschenverstand reiche auch, und zwar deswegen, weil Du mit dem gesunden Menschenverstand problemlos beweisen kannst, dass es völlig verrückt ist, sich an irgendwelche moralischen Gebote zu halten, weswegen viertens die Frage nach der Existenzfähigkeit einer gänzlich irreligiösen Gesellschaft m.E. weitaus dringlicher ist als die nach der Existenzberechtigung einer Religion.
Übrigens: Falls Du einen Theologen suchst, der niemals die Intelligenz seiner Leser beleidigt, sondern im Gegenteil „radikal logisch“ argumentiert, empfehle ich die Bücher eines gewissen Professor Ratzinger.
@Manfred: Du schreibst: „Nur ziehe ich es vor, in einer Gesellschaft zu leben, in der die moralischen Standards notfalls durch einen Haufen zölibatärer alter Männer ohne praktische eigene Erfahrung aufrechterhalten werden, als in einer, in der sich Jeder seine Standards selber macht und sie gegebenenfalls auch auf Kosten Anderer auslebt.“ – Schön, dass ein Haufen alter Herren nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle Anderen gleich mitdefiniert was moralisch ist und was nicht.
Ich ziehe eine freiheitliche Gesellschaft in der jeder nach seinem Gusto leben darf- solange dies nicht auf Kosten Anderer geht natürlich (hier sehe ich in der Tat heute Defizite)- dann doch einer religiösen Gesellschaft vor (und ich habe sicher nichts gegen religiöse Menschen, Pluralität ist etwas Tolles, aber ich brauche selber halt keine Religion oder Sekte zum Leben). Das ist halt der Unterschied zwischen Liberalen und Konservativen.
Selbstverständlich ist es völlig verrückt in meinen persönlichen Augen sich an manche sog. moralischen Standards zu halten. So bin ich bspw. der Meinung, dass jeder Mensch die freie Wahl zwischen Polygamie und Monogamie haben sollte 😉
Mir ist jedoch klar, dass die meisten Menschen eine Religion anscheinend brauchen und wer keine hat, wählt stattdessen einen u.U. noch schlimmeren Ersatz aus (bspw. Kommunismus.) Brauche ich jedoch nicht.
Moralisch ist für mich ganz einfach, was freiwillig und einvernehmlich passiert, unmoralisch was durch Zwang und Gewalt durchgesetzt wird. Der Staat als Zwang- und Gewaltmonopolist hat Leben, Freiheit und Eigentum seiner Bürger zu schützen, nicht mehr, nicht weniger. Der Rest ist ganz einfach Selbstorganisation und spontane Ordnung. Die Konservativen trauen den Menschen aber oft dies nicht zu und meinen daher, externe Autoritäten und Institutionen wie die RKK müssen allgemeingültige Standards vorgeben statt sich das selbst entwickeln zu lassen.
Das bedeutet nicht, dass ich nicht auch solidarisch und sozial denke und handle (so wie das Christentum es verlangt), aber ich tue das eben aus freien Stücken dann, aber nicht weil es eine moralische Pflicht sein soll, mit Anderen zu teilen, schon gar nicht mit jedermann-anonym, ich suche mir diejenigen aus, die meine Hilfe verdient haben. Eine Pflicht jedermann zu helfen gibt es nämlich m.E. nicht und die ganzen netten, emotionalen, altruistischen Argumente rechtfertigen auch keinen Zwang dazu. Aber es darf ja jeder predigen was er will.
Nur wenn die Kirche schon so tapfer eisern sich nicht Kunden anbiedern will (was man vlt. tatsächlich bewundern kann), sollte sie wenigstens so konsequent sein und auf Zwangseinnahmen durch Steuern verzichten. Ich sehe nicht ein wieso ich das Gehalt von Priestern mitbezahlen sollte, die sind bei uns sogar Staatsbeamte, grässlich …
@CK
Kurzsichtig wie von einem Radikalliberalen nicht anders zu erwarten. Man bekommt immer Schwierigkeiten, irgendeine moralische Ordnung, und sei es eine, die lediglich darüber wacht, dass die den Liberalen wichtigen Eigentumsgesetze Geltung bekommen, ohne eine allgemeinverbindliche Religion zu etablieren. Nur zwischen Menschen, die gemeinsam von der Existenz einer Entität ausgehen, die weitaus mächtiger ist als irgendeine menschliche Hervorbringung (Staaten, Parteien, Lobbies etc.), die zur selbstkritischen Gewissensprüfung drängt, ob man den moralischen Vorgaben auch genügt (vulgo: einer Gottheit), läßt sich Sicherheit gewinnen, dass sich beide dauerhaft kooperativ verhalten, auch wenn sie das nicht unbedingt müssten. Setzen sich Überzeugungen der Art, dass eine solche Entität nicht existiert (Atheismus) oder nur als „God of the Gaps“, als nicht näher bestimmbares „philosophisches Omega“ oder als demiurgischer, aber moralisch unverbindlicher „Allmächtiger Baumeister aller Welten“ (Masonismus) existiert, so ist die Konsequenz, dass sich der jeweils Stärkste und Mächtigste nicht mehr an irgendwelche Moralen, Konventionen oder Regeln gebunden fühlen muss und daher im zwischenmenschlichen Umgang das Recht des Stärkeren herrscht. Der Islam zeigt und, wie es geht, auch obwohl dort ständig auf einen „Allah“ verwiesen wird, der aber niemals den Starken behindert hätte, sondern immer nur den Schwachen nahelegt, sich in ihr Schicksal, nämlich der Herrschaft des momentan Stärksten, zu ergeben. Die EU und das kommende NWO-System werden nach demselben Prinzip funktionieren, daher erklärt sich auch m.M.n. die Islam-Affinität der One-Worlder jeglicher Couleur.
Und wenn man auch denkt, dass alle Heiligen Schriften und alles prunkvolle Brimborium nur eine – wenngleich perfekt gemachte – Verschwörung darstelle, die den Zweck hat, möglichst allen Menschen die Existenz einer solchen Entität zu plausibilisieren, dann sprechen die Erfahrungen, die wir gemacht haben, seitdem sich der „Tod Gottes“ allgemein herumgesprochen hat, eher dafür, die großartigen Illusionen aufrecht zu erhalten, die die bisherigen Hochkulturen der Menschheit seit 5000 Jahren gepflegt haben, als das pseudoaufklärerische Projekt „Stürzt Gott vom Thron, und setzt an seine Stelle den Menschen“ weiterzubetreiben.
Das hier ist eher als ein Plädoyer für den institutionellen Vatikan-Apparat zu verstehen als als eines für das Christentum. Dieser Apparat muss m.E. als getrennt von den Glaubensinhalten der konkreten Religion „Christentum“ gedacht werden, so sehr er sich zur Selbstlegitimierung auch genau darauf berufen muss. Inhaltlich ist das Christentum als Religion nämlich höchst problematisch für die Bestandssicherung einer Hochkultur, das historisch bereits mehrfach katastrophal versagt hat – und immer gegen denselben Gegner, mit dem es das Abendland jetzt wieder zu tun bekommt. Das Christentum lehrt nicht nur Nächsten-, sondern auch Feindesliebe, und da letztere das christliche Alleinstellungsmerkmal ist, gilt es den Christen als die höhere Tugend („Wenn Ihr nur die liebt, die auch Euch lieben – tun das nicht auch die Heuchler?“; Mt 5,46; Lk 6,33) was in der Praxis des heutigen Christentums zu Sympathie für die heuchlerischen moslemischen Opferdarsteller und ihre kulturrevolutionär motivierten Türöffner und Festung-Europa-von-innen-Knacker führt. Genauso verhält es sich mit der jesuanischen Anweisung, „dem Bösen, das Euch angreift, keinen Widerstand zu leisten“ (Mt 5,39) bzw. der Prophezeiung Jesajas, dass die Völker dereinst „den Krieg nicht mehr lernen“ würden (Jes 2,4) – die Konsequenz ist eine ewig misstrauische Haltung gegenüber den eigenen Militärapparaten und eine Tendenz zum Verrat der eigenen Völker. Das Byzantinische Reich hatte in dem Moment alle Chancen auf Selbstbehauptung gegen die mit koranischer Legitimation und djihadistischem Eifer kämpfenden Osmanen verloren, als ein Konzil von Bischöfen eine Anpassung der Lehre dahingehend, dass der ins Feld ziehende Soldat angesichts des eigenen Todes keine Verdammnis wegen der unzweifelhaft auszuführenden Tötungen mehr zu befürchten habe, ablehnte. Die katholische Kirche gab dagegen Bibeln für Feldgeistliche heraus, in denen beim Fünften Gebot der Zusatz stand, dass es im Kriege nicht gelte. Solche „Verbiegungen“ der allzu fromm en reinen biblischen Doktrin sind einfach zur Selbstbehauptung von Völkern notwendig, und wenn sich der Vatikan aus protestantischer Sicht zu diesem höheren Zweck einer „Vergewaltigung der Bibel und des reinen Christentums“ schuldig gemacht haben sollte, so sei es ihm vielfach gedankt, dass er es nicht versäumte.
Daher sehe ich die Gefahr, dass die katholische Kirche infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils den protestantischen, demokratischen und dem Zeitgeist folgenden Auffassungen nicht nur äußerlich, sondern auch nach Lehre und Praxis annäherte und vorher unaufgebbare Traditionen aufgab, „zu christlich“ werden könnte, was angesichts eines skrupellos angreifenden Islam den westlichen Kulturraum genau in die Rolle drängt, den die Feinde in ihm ohnehin sehen: nämlich die des Masochisten, der sich der Gewalt des Sadisten willig beugt und sich widerstandslos erobern und ausbeuten läßt. Die Organisation der Kreuzzüge im Hochmittelalter, die kein einzelnes Königreich der damalighen Zeit so hinbekommen hätte und die daher über die einzige Institution laufen musste, die alle europäischen Nationen unter einem Dach vereinigte, war das Meisterstück der katholischen Kirche, auch wenn wir diesen Teil der Geschichte aus der heutigen, hypermoralisierenden Weltsicht als einen düsteren wahrnehmen (sollen). Es war aber auf jeden Fall keine christliche Meisterleistung. Und insofern uns die EU, die zumindest die Machtposition der damaligen Kirche geerbt hat, gegen den erneuten Ansturm der dank unserer Petrodollars wiedererstarkten Mohammedaner nach Kräften wehrlos machen will, so geschieht dies weit eher aus christlichem Geist als damals die Rückeroberung der Heiligen Stätten.
Irgendeine machtvolle und gleichzeitig für alle Angehörigen ihres Kulturkreises verbindliche Organisation, die sich, um dauerhaft sein zu können, per Rekurs auf eine göttliche Entität legitimiert (vulgo: eine katholische Kirche), muss es wohl oder übel geben. Wenn aber diese Organisation einer wie auch immer geregelten Selbstkontrolle folgt und ihre Machtfülle verantwortlich, im Sinne „ewiger, göttlicher“ Gesetze einsetzt, dann ist das gegenüber einer bloßen Institutionalisierung des Rechts des Stärkeren, wie sie die EU und der Islam gemeinsam praktizieren, eindeutig die Alternative, die man bevorzugen sollte.
Durch einen Zufallslink über PI bin ich auf Ihre Seite gestossen. Mein Kompliment: hier wird mit grosser Ernsthaftigkeit und fundiertem Hintergrundwissen ein politischer und ethischer Standpunkt vertreten, der meinem zu 95 % entspricht. Auch die Kommentare im Blog sind mehr wert als die gesamte Informationsflut der öffentlich-rechtlichen Indoktrinationsanstalten und der gleichförmigen Tages- und Wochenzeitungen mit ihren selektiven Leserbriefen.
@Thatcher
Klasse Kommentar! Weitestgehende Zustimmung!
@CK
Zum „gesunden Menschenverstand“: Das ist ein völlig inhaltsleerer, wertfreier Begriff, der für eine Gesellschaft, eine Gemeinschaft von Menschen, keinerlei Richtschnur für die Gestaltung des Gemeinwesens hergibt, sondern nur im täglichen Lebensvollzug von Individuen als eine pragmatische Anleitung, was als Nächstes sinnvollerweise zu tun wäre, als wirksam vorstellbar ist. Es ist ja wohl kaum zu bezweifeln, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Rückzug der Religion und dem Anwachsen an Quantität und Einfluss der utopistischen Heilslehren und Ersatzreligionen, die den Konsens, den es ja gibt, über die Unzulänglichkeit der menschlichen Verhältnisse zum Ausgangspunkt nehmen, um uns eine bessere Welt als machbar zu versprechen, aber alle an der Natur des Menschen vorbeigehen, teils wohl ehrlich gemeinte idealistische Konstrukte sind, teils aber eher von ihren Konstrukteuren ausgedacht erscheinen, um ihrem eigenen Ego und Machtstreben zu dienen, wozu sie als Weltrettungssysteme und dem daraus resultierenden totalitären Charakter auch hervorragend geeignet sind. Und in dem Maße, wie diese Lehren immer mehr werden, wird die allgemeine Verwirrung in den Köpfen immer größer. Dieses bis zum Anbruch der Moderne eingedämmt zu haben, ist die Funktion der allgemein verbindlichen christlichen Religion gewesen, die kein Weltrettungssystem ist, sondern den einzelnen Menschen (und seine Seele) anspricht und der zudem ein ziemlich realistisches Menschenbild zu eigen ist. Dass das Christentum zur Gewaltlosigkeit erziehen will, dagegen ist ja prinzipiell nichts einzuwenden, solange aber eine andere gewalttätige Religion als Feind daherkommt, natürlich sehr problematisch. Diese Gewaltlosigkeit, zusammen mit der diffusen Vorstellung, man müsse irgendwie was Gutes tun, ist nun das, was in unserer dekadenten(?), alle Einengung und Zwänge vermeidenden Kultur noch einzig und allein vom Christentum übrig zu bleiben droht.
Religionen sind unbequem (und der Katholizismus ist unbequemer als der Protestantismus)!
Die zwei wichtigsten Fragen in unserem Jahrhundert sind, und da stimme ich mit Manfred und Thatcher überein: Kann eine völlig säkularisierte (westliche) Zivilisation Bestand haben? Und: Welche letzten Pflöcke dürfen nicht ausgerissen werden, wenn etwas, das den Namen „Zivilisation“ verdient, weiter bestehen soll? Der „gesunde Menschenverstand“, weil inhaltsleer, liefert hierauf überhaupt keine Antwort, die Ersatzreligionen nur eine Scheinantwort, die Holokaust-Religion, die uns Deutsche vor erneutem Unheil bewahren will, ist nur ein Unterwerfungsinstrument der anti-nationalen Linken, wohl aber tut es der christliche Glaube. Ob das „antik-christliche kulturelle Erbe in säkularisierter Form“ es auch tun könnte? Zu dessen Zertrümmerung setzen die Dekonstruktivisten seit längerem erfolgreich an, und in den Köpfen der meisten, die nach ´68 zur Schule gegangen sind, ist nicht mehr viel davon zu finden; bei den Linken ist dieser Wissenskomplex als „Narrativ des weißen Mannes“ diffamiert und zum Vergessen freigegeben (weshalb ich es für sinnvoll halte, Fjordman-Essays zu übersetzen).
Wäre der gesunde Menschenverstand etwas, das menschliche Kollektive zum richtigen politischen Handeln und Gestalten anleitete, wären ja die momentanen Verhältnisse nicht zu erklären, wären unsere Blogs überflüssig, wäre das Phänomen der Hitler- und Göbbelsanbeter im 3. Reich (und das Dritte Reich überhaupt), wären Kommunismus und Sozialismus usw. usf. nicht zu erklären. Es ist doch wohl eine verbindlichere (religio = Rückbindung!) Anleitungsinstanz vonnöten.
Und das führt zur Frage nach der Freiheit . . .
Aufschlussreicher Kommentar von Spengler:
http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/KB10Ak02.html
Benedict XVI horrifies the Catholic left. As I reported in June 2008 in The pope, the president and politics of faith, a leading Jesuit Islamologist denounced the Pope in the Order’s Italian-language monthly Popoli for receiving into the Church the Italian journalist Magdi Allam at the Easter Vigil last year. The Curia was aghast at the Pope’s September 2006 criticisms of Islam at Regensburg. But the issue that separates the sheep and the goats inside the Curia is the Jewish issue.
Most of the Curia looks at the State of Israel as a gross inconvenience at best, and as a stumbling-block at worst. The leftist sentiments of the Curia play out in theology: the Catholic left and right never accepted the affirmation of John Paul II and Benedict XVI that God’s covenant with the Jewish people never was revoked. Benedict XVI is the most prominent opponent of substitution theology in the Church, and his nuanced and sympathetic understanding of Jewish theology is evident in his 2007 book Jesus of Nazareth.
As Sandro Magister reports, „In the Catholic camp, not everyone accepts the road marked out by Ratzinger in dialogue with Judaism. It is opposed by the so-called ‚theology of substitution‘, both in its ‚left-wing‘ pro-Palestinian versions, and in its traditionalist ‚right-wing‘ versions. According to this theology, the covenant with Israel has been revoked by God, and only the Church is the new chosen people. For some, this view amounts to a substantial rejection of the Old Testament.“ The misnomered „traditionalist“right does not want a People of God, that is, a congregation, but rather the restoration of Catholic theocracy; the left wants a multicultural stew rather than a unified People of God. In a perverse sort of coincidentia oppositorum, the two extremes join in their hatred of the Jews.
[…]
Although John Paul II and Benedict XVI hold this position, it never has been incorporated into the Catechism of the Catholic Church, the ultimate authority on Catholic doctrine. The Italian rabbis should embrace the prayer, and embrace every opportunity for dialogue, and nag the Church until it amends the Catechism – to the eternal discomfiture of the „substitutionist“ theologians of right and left.
Not just obtuseness, but fear prompted the Italian rabbis to step away from dialogue with the Church, as three of Italy’s Jewish leaders explained in a letter to Italy’s leading daily, Corriere della Sera, last December 4, under the title, „The Dialogue Should Not Be Anti-Islamic.“ The authors write [my translation],
The Jewish-Christian dialogue, particularly the dialogue with the Catholic Church, is certainly a most important thing … it is unique and special given and the connection and the long common history of the two faiths; but this, nonetheless, never has been and should not be used as an instrument of the West against Islam … certainly it is necessary to oppose fanatics, but not just ones of Islamic origin! Such an instrumental concept of the dialogue is therefore unacceptable, intellectually, morally and religiously. It should be remembered that relations between Judaism and Islam generally have been more productive and serene than have been relations between Judaism and Christianity … but that’s another story.“
It is true that Jewish relations with Islam in 1492 were better than relations with Christianity, for Spain (and shortly after Portugal) expelled those Jews who refused to convert, and Muslim countries took many of them in. That was a long time ago, and Jews well might ask what the Muslims have done for them lately. One of the three signers of the December 4 letter was Amos Luzzato, a distinguished physician and Jewish scholar, and the scion of one of the great rabbinic families.
Amos Luzzato is not remotely stupid; he has published learned translations and commentaries on The Book of Job and Song of Songs. He is frightened. I wonder how he would render into Italian, „God of mercy, choose another people!“? Alone among the leaders of the Western world, Benedict XVI drew a bright line between Israel – which he understands to be the Catholic Church as well as the physical descendants of Abraham, in some mystical way – and Islam. His Regensburg speech in September 2006 frightened the European Jews more than anyone; after all, the Jews of Europe live in a continent whose Muslim population may become a majority in a hundred years. The Italian Jews have lived there comfortably for centuries; the Luzzato family’s roots in Venice go back to the first half of the 16th century. They do not want to stand with Benedict for the West; they want a deal with the Muslims.
@Thatcher
Protestanten sind nicht automatisch die Peaceniks unter den Christen und das Recht auf Selbstverteidigung lässt sich durchaus ohne Vergewaltigung der biblischen Grundlagen behaupten.
Vgl.
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P86.HTM#92
oder:
http://www.iwoe.at/inc/nav.php3?id=231&cat1=IW%C3%96+Service&cat2=Fakten+-+Berichte&cat3=Fachartikel&cat4=&mehr=
Gruß, Ml
Kurzsichtig wie von einem Radikalliberalen nicht anders zu erwarten. Man bekommt immer Schwierigkeiten, irgendeine moralische Ordnung, und sei es eine, die lediglich darüber wacht, dass die den Liberalen wichtigen Eigentumsgesetze Geltung bekommen, ohne eine allgemeinverbindliche Religion zu etablieren.
Wie nett mal gleich Andersdenkende als kurzsichtig zu bezeichnen.
Richtig ist: Eine moralische Ordnung braucht allgemeinverbindliche Regeln, Normen und Werte, damit die Gesellschaft nicht auseinanderbricht. Jene müssen notfalls mit Zwang und Gewalt durchgesetzt werden, was die Aufgabe eines Staates ist (hier grenze ich mich von Anarchisten ab mit der gleichen Argumentation wie Ludwig von Mises).
Dazu braucht es ein starkes, philosophisches Fundament. Nicht jedoch eine Religion, Religion ist m.E. Privatsache.
Wichtig ist zu begreifen, dass jedes Individuum unveräußerliche Rechte hat, die niemand Anderes, auch der Staat nicht, grundlos verletzen darf. Das sind die sog. Vernunft- oder auch Naturrechte. Man kann diese aus der eigennützigen Natur des Menschen und aus seiner Vernunft ableiten oder von mir aus- wenn man unbedingt mag- auch von Gott. (Den reinen Glauben an (einen) Gott würde ich übrigens sowieso von Kirche und Religion trennen.) Dieser Rechtekatalog nun stellt einen sehr strengen ethischen Kodex dar, der schon sehr viele Handlungen von selbst verbietet und aus dem sich allerhand Regeln und Konventionen, auch des respektvollen Zusammenlebens, ableiten lassen. Das alles steht nicht mal im Widerspruch zum Christentum, denn der Begriff Vernunftrechte wurde u.a. von Thomas von Aquin geprägt und es gibt ja auch heute jede Menge christliche Liberale (Roland Baader bspw.)
Selbstkritik ist selbstverständlich sehr wichtig, keine Frage. Ein Mensch sollte sich stets bewusst sein, dass er kein allwissender Gott ist und daher auch nicht wie ein solcher urteilen und handeln darf. Es soll auch keineswegs das Recht des Stärkeren herrschen, sondern möglichst objektives, neutrales Recht.
Es stimmt, dass teilweise eine negative Werteerosion stattfand/-findet, die wir Liberale auch kritisieren. Ein teilweise völlig falsches Freiheitsverständnis macht sich mancherorts breit. Freiheit auf Kosten Anderer (was im Grunde nur triebgeleitete Despotie und Tyrannei ist, keine Freiheit jedoch), Freiheit ohne Verantwortung bzw. mit Verantwortungsabwälzung auf den Staat, Reduktion auf Materialismus, Werterelativismus unter dem Deckmantel eines falschen Toleranz und Multikulti-Verständnisses (was einer gesunden, multikulturellen Gesellschaft eher abträglich ist), extremer Subjektivismus bis hin zu normativer Indifferenz und Nihilismus (teilweise auch bei sog. Libertären leider ein Problem). Inwiefern daran die 68er Schuld sein, sei mal dahingestellt. Nicht alles an 68 war m.E. falsch (genauso wie nicht alles vorher Gold war, was glänzte, zu keiner Zeit gab es eine perfekte Gesellschaft), aber vieles hat in der Tat leider zu Problemen geführt. Wie aber soll man auch Respekt vor seinem Gegenüber haben, wenn man bspw. lernt, dass man einen Anspruch auf dessen Eigentum hat und irgendein kollektives, gutgemeintes Ziel schnell dazu legitimiert die Rechte des Anderen in Frage zu stellen ?
Ich sehe mich selber immer noch als Wertelinker, sehe aber die heutige sog. Linke in der Tat als gefährlich an. Viele ursprünglich begrüssenswerte Ideen wurden komplett pervertiert.
Die rechtliche Gleichstellung und Emanzipation der Frau wurde erkämpft um heute zu erleben wie GM-IdeologInnen irgendwelche kruden, egalitaristischen Agendaziele anstreben. Aus Umweltschutz wurde Ökologismus, aus der Liebe zur Natur Esoterik, aus Weltoffenheit teilweise Verrat am Westen und falsches Verständnis für Diktaturen.
Die Idee eines gemeinsamen Europas finde ich auch immer noch toll, aber leider wurde die EU zu einem bürokratischen Monster, was immer mehr Umverteilung, Gleichmacherei und Zentralismus anstrebt.
Antifaschismus und Antirassismus werden offiziell hochgehalten um dann zum Rassismus und Faschismus der Islamisten zu schweigen.
Krieg wurde für immer geächtet und Frieden zum Ziel erkoren um heute Appeasement zu propagieren und in Gaza Israel zum imperialistischen Agressor zu deklarieren.
Eine solche Linke gehört bekämpft, ohne Wenn und Aber, hier kann eine Zweckallianz mit Konservativen durchaus Sinn machen um dieser Sozialklempnerei Einhalt zu gebieten. Ich denke sogar dass in einer spontanen Ordnung sehr vieles, was den Konservativen lieb ist (bspw. Familien und deren natürliche Bindungen) sich von selbst durchsetzen würden.
Jedoch ist es nicht hilfreich wenn die Konservativen dann selber teilweise eine freiheitsfeindliche Agenda vertreten indem sie dem Individuum religiöse Normen aufzwingen wollen, die eine freiheitliche Gesellschaft nunmal m.E. nicht braucht. Achtung und Respekt vor dem Individuum, dem Einzelnen, seiner Freiheit und und seinem Eigentum, sollte doch genügen um ein friedliches Zusammenleben auch mit Gegnern in einer radikalpluralistischen, offenen Gesellschaft zu gewährleisten.
Das schliesst ja nicht aus, dass man persönlich moralisch abscheulich findet was Andere machen und sich von ihnen fernhält, vlt. auch gegen ihr Tun anredet (so dürft ihr in Publikationen von mir aus gerne die Pornoindustrie kritisieren, ihr habt aber kein Recht per Staatsapparat dieselbe zu verbieten.)
Ad Feindesliebe) Genau diese komplett irrationale, masochistische Opferethik kritisiere ich eben auch.
Zur “Vergewaltigung der Bibel und des reinen Christentums”: wenn die RKK, wenn es politisch opportun ist, ohnehin Kompromisse eingeht, wo bleibt dann eure ideologische Reinheit? 😉
„Irgendeine machtvolle und gleichzeitig für alle Angehörigen ihres Kulturkreises verbindliche Organisation, die sich, um dauerhaft sein zu können, per Rekurs auf eine göttliche Entität legitimiert (vulgo: eine katholische Kirche), muss es wohl oder übel geben.“
Ein gemeinsamer, strenger Wertekanon reicht m.E. eben komplett aus.
Und noch etwas für euch sehr Provokatives: anscheinend haben Christen und Moslems manchmal auch durchaus einiges gemeinsam:
http://objektivismus.blogspot.com/2007/09/das-infame-buch-eines-konservativen.html
(Zugleich eine Antwort an BeforeDawn, dem ich hierbei vollkommen zustimme: „Es ist ja wohl kaum zu bezweifeln, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Rückzug der Religion und dem Anwachsen an Quantität und Einfluss der utopistischen Heilslehren und Ersatzreligionen.“ JA, LEIDER !!! )
Und Hitler und Goebbels hatten übrigens soviel mit Vernunft und gesundem Eigennutz zu tun wie ein Vegetarier mit Fleischverzehr.
Soviel dazu. Allerdings weiss ich nicht ob diese Diskussion hier noch im Interesse Manfreds ist, da sie doch sehr offtopic mittlerweile ist …
@ Thatcher:
Ich glaube gar nicht, dass man das Christentum so sehr „verbiegen“ muss, um es quasi wetterfest zu machen. Ich glaube, das Christus den Menschen nicht gesagt hat, was sie zu tun, sondern wie sie zu sein haben. Die christliche Ethik beschreibt eine innere Haltung, und ist allenfalls in zweiter Linie eine Handlungsethik. Drastisch formuliert: Den Feind zu lieben heißt nicht, dass man ihm nicht den Schädel einhauen könnte.
Wollte man die Bergpredigt als Handlungsanweisung verstehen und ernsthaft danach leben, so würde man damit tatsächlich nur Unheil anrichten; wollte man sie sogar zur Grundlage der öffentlichen Moral machen, so würde die Gesellschaft, die auf einem solchen Christentum basierte, in der Tat schnell verschwinden, mitsamt dem Christentum selbst. Das, was die Theologie auf den Begriff der „Erbsünde“ gebracht hat, umschreibt den paradoxen Sachverhalt, dass der, der im christlichen Sinne „Gutes“ tun will, damit oft Böses bewirkt, und dass das Gute, das tatsächlich bewirkt wird, oft genug mit Blut und Gewalt, sprich: dem Bösen kontaminiert ist.
@ K.Schweiger:
Diesen Satz von Ihnen möchte ich noch einmal hinschreiben, und zwar fett und mit vielen Ausrufezeichen:
„Auch die Kommentare im Blog sind mehr wert als die gesamte Informationsflut der öffentlich-rechtlichen Indoktrinationsanstalten und der gleichförmigen Tages- und Wochenzeitungen mit ihren selektiven Leserbriefen.“!!!!!
So ist es, und deshalb nochmal vielen Dank an die Kommentatoren, die an diesem Blog mitschreiben, und ohne die er nur halb so gut wäre! Ich weiß, was ich an Euch habe!
@ Mona Lisa:
Dieser Artikel ist sehr aufschlussreich. Ich habe ihn gleich in die Sammlung „Interessantes…“ aufgenommen. Ich war immer der Meinung gewesen, dass der Fortbestand des Alten Bundes nicht nur die theologische Meinung zweier Päpste darstellt, sondern damit auch die Position der Kirche wiedergibt.
@Manfred
Solange die Theologie des doppelten oder zweifachen Bundes noch nicht im Katechismus verankert ist, könnte sich die Haltung innerhalb der RKK mit dem nächsten Papst wieder ändern.
Der Artikel von Spengler legt ja nahe, dass es eine nicht zu unterschätzende Opposition von einerseits „One-worldern/Linken“ gibt, die prinzipiell jede Besondernheit und damit schon die Idee eines Bundes an sich ablehnen und Konservativen, bishin zu durchgeknallen Antisemiten wie den Piusbrüdern, die sich gegen die Verankerung der Anerkennung Israels als dem Volk Gottes im Fleisch wehren werden.
@CK
Nochmal zur „irrationalen Opferethik“. Bevor man zu dieser Einschätzung kommt, sollte man christliche Standpunkte zunächst wahrnehmen:
2264 Die Liebe zu sich selbst bleibt ein Grundprinzip der Sittenlehre. Somit darf man sein eigenes Recht auf das Leben geltend machen. Wer sein Leben verteidigt, macht sich keines Mordes schuldig, selbst wenn er gezwungen ist, seinem Angreifer einen tödlichen Schlag zu versetzen:
„Wenn jemand zur Verteidigung des eigenen Lebens größere Gewalt anwendet als nötig, ist das unerlaubt. Wenn er die Gewalt aber mit Maß zurückstößt, ist die Verteidigung erlaubt … Es ist zum Heil nicht notwendig, auf den Akt des maßvollen Schutzes zu verzichten, um die Tötung des anderen zu vermeiden; denn der Mensch ist mehr gehalten, für das eigene Leben als für das fremde Leben zu sorgen“ (Thomas v. A., s. th. 2-2, 64, 7).
2265 Die Notwehr kann für den, der für das Leben anderer oder für das Wohl seiner Familie oder de Gemeinwesens verantwortlich ist, nicht nur ein Recht, sondern eine schwerwiegende Verpflichtung sein.
2266 Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, daß der Angreifer außerstande gesetzt wird schaden. Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen. Aus analogen Gründen haben die Verantwortungsträger das Recht, diejenigen, die das Gemeinwesen, für das sie verantwortlich sind, angreifen, mit Waffengewalt abzuwehren.
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P86.HTM#92
Und nun eine reformierte Stimme:
Nun ist die Frage: Darf sich der Christ in so einer Situation zur Wehr setzen? Darf er eine Waffe gebrauchen, um den Angreifer unschädlich zu machen oder zu vernichten? Oder soll er Gewaltlosigkeit vertreten bis zum äußersten; das heißt, lieber den Angriff erdulden und sich gewissermaßen in Gottes Hand begeben?
Genau um diese zentrale Frage geht’s uns. Wie steht die Kirche dazu?
Da muß ich vorausschicken, daß es keine theologische Einheitslehre gibt, die man hier präsentieren könnte. Es gibt sehr verschiedene Ansichten. Da ist die katholische Lehre, die das Notwehrrecht im sogenannten Naturrecht begründet. Diese „Lex naturae“ erlaubt es dem Menschen, sich in einem solchen Fall zu wehren, selbst bis zur Tötung des Angreifers. Diese naturrechtliche Begründung ist in der Theologie immer wieder vorgebracht worden, auch auf protestantischer Seite. Ich möchte aber das Notwehrrecht noch etwas tiefer begründen als bloß mit einem sogenannten Naturrecht. Und damit komme ich auf die Frage der betreffenden biblischen Stellen zu sprechen.
Und die lauten?
Erstens ist da natürlich das berühmte Gebot: „Du sollst nicht töten“, 2. Mose 20. Zweitens die Stelle in der Bergpredigt: „Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen“ und das Gebot der Feindesliebe: „So dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so reiche ihm auch die linke dar“, Matthäus 5.
Das letzte wird mit Vorliebe von den „Gewaltlosen“ zitiert!
Als drittes findet man, ebenfalls im Matthäus-Evangelium und in Parallelstellen, die Aufforderung an Petrus, der im Garten Gethsemane das Schwert zieht und Malchus, dem Knecht des Hohepriesters, das Ohr abschlägt; da sagt Jesus: „Stecke dein Schwert in die Scheide, denn wer das Schwert zieht, der wird durch das Schwert umkommen!“
Ja, das ist deutlich.
Dann gibt’s aber noch eine weitere Stelle. Vielleicht die wichtigste von allen – Römer 13, also im Römerbrief des Paulus, die ganzen Ausführungen über die Schwertgewalt des Staates. Da wird gesagt: Der Staat ist die Ordinatio Dei – die Ordnung Gottes -, die eingesetzt ist auf dieser Welt zur Eindämmung des jederzeit lauernden und Macht an sich reißenden Bösen: „Sie trägt das Schwert nicht umsonst,“ (die Obrigkeit) „… sondern zur Bestrafung der Bösen und zur Belohnung der Guten.“ Das heißt, es ist die primäre Aufgabe des Staates, dem Bösen in dieser Welt Widerstand zu leisten, und Paulus sagt in diesem Zusammenhang: Es ist Pflicht des Christen, den Staat in dieser Funktion zu unterstützen.
Natürlich müsste man nun jede einzelne dieser Stellen untersuchen.
Ja. „Du sollst nicht töten“ im Alten Testament heißt ganz eindeutig: „Du sollst nicht MORDEN“. Also nicht einfach ein absolutes Tötungsverbot, so daß man keine Fliege und kein Kaninchen töten dürfte. Es ist damit auch kein absolutes Tötungsverbot in Bezug auf das menschliche Leben gemeint. Das kennt nämlich das Alte Testament nicht. Das Alte Testament kennt ja auch die Todesstrafe, und so weiter, und damit ist sicher auch die Notwehr inbegriffen. Wenn aus diesem alttestamentlichen Gebot eine Verneinung der Notwehr abgeleitet würde, wäre das nicht textgernäß.
Gut, aber die Stellen im Neuen Testament?
Anders verhält es sich bei der Stelle aus der Bergpredigt: „Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen“, und dem Zitat wegen der Ohrfeige. Ich glaube aber, daß Jesus dort gar keinen Angriff auf das Leben im Auge hat. Er hat die Feindesliebe im Auge. Das heißt, meine Liebe soll so stark sein, daß sie auch den Feind einschließt und durch das Gute zu überwinden und zu gewinnen versucht, statt durch Gewalt. Damit ist aber nicht so sehr der Feind gemeint, der mein Leben bedroht, als einfach der Feind, der mich beleidigt. Das geht ja aus der Stelle mit der Ohrfeige hervor: Es ist der Beleidiger, dem ich nicht mit der selben Waffe heimzahlen soll.
Eben, es handelt sich eher um Rache und Hass …
Es geht um den Beleidiger. Den soll ich entwaffnen durch die stärkere Kraft meiner Liebesfähigkeit. Daß die Vertreter der Gewaltlosigkeit sich auf diese Stelle in der Bergpredigt berufen, halte ich zwar nicht für einen Irrtum, aber für eine viel zu weitgehende Folgerung aus dem, was Jesus dort meint: den persönlichen Feind, der mir Schaden zufügen will und der mich haßt. Deshalb ist diese Aufforderung nicht übertragbar auf das Problem der Notwehr.
Und die Stelle von Petrus und dem Schwert?
Dort sagt Jesus ja zu Petrus, der mit dem Schwert losschlägt: „Stecke dein Schwert in die Scheide … “ Das könnte man natürlich so verstehen, als ob die Schwertgewalt oder überhaupt die Verteidigung abgelehnt würde.
Ja. Schließlich folgt die allgemeine Feststellung: „Wer zum Schwert greift, der wird durch das Schwert umkommen“.
Nun stellt sich die Frage: Ist Petrus in diesem Moment der Angreifer, oder ist er derjenige, der sich zur Wehr setzt? Das ist das Kernproblem. Petrus ist hier nämlich der Angreifer. Er zieht das Schwert, und Jesus verbietet ihm, anzugreifen. Es ist also der Angreifer, der durch das Schwert vernichtet werden soll.
Das heißt, man könnte den Spieß umdrehen?
Ja, genau, in dem Sinne, daß Jesus sagt: Die göttliche Ordnung will, daß der Angreifer vernichtet wird durch Schwertgewalt. Diese Stelle ist zumindest ambivalent.
Wenn man spitzfindig sein wollte, könnte man gerade mit ihr die Schwertgewalt des Staates, aber auch das individuelle Recht auf Notwehr begründen. Die Stelle von Römer 13 eignet sich dazu natürlich besser. Dort ist es ganz klar: Der Staat hat dafür zu sorgen, daß das Böse in jeder Gestalt eingedärnmt wird, und zu diesem Zweck ist ihm die Schwertgewalt – das heißt, die Polizei- und Armeegewalt – anvertraut. Das ist die eigentliche Funktion des Staates, und wenn er die ausübt – also die Verteidigung des Guten, der Ordnung, des Lebens, gegenüber dem Angriff des Bösen – dann ist der Staat wirklich eine „Ordinatio Dei“, dann ist es in seinen göttlichen Grenzen.
Aber zurück zur Frage der Notwehr …
Wie gesagt, die Berufung auf das Naturrecht, die in der katholischen Theologie, aber auch in einem gewissen juristischen Denken üblich ist, genügt mir nicht, sondern ich muß sie vertiefen durch die Berufung auf das Liebesgebot.
Was bedeutet das konkret?
Liebe heiß im eigentlichen Sinne des Neuen Testaments, unter Absehung von allen sentimentalen Mißverständnissen: Schutz und Bewahrung allen Lebens, soweit dies in meinem Verantwortungsbereich liegt. Man könnte als Christ vielleicht sagen: Ich will lieber leiden, will lieber den Angriff erdulden, als daß ich Gewalt ausübe, als daß ich den Gegner vernichte, Ich könnte die Bergpredigt so auffassen. Also: Ich dulde den Angriff und nehme halt unter Umständen das Martyrium oder den Tod auf mich und habe mir damit reine Hände bewahrt.
Das wäre die buchstäbliche Erfüllung der Bergpredigt, nicht?
Diese Auffassung scheint mir aber ganz falsch. Ich verteidige ja nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das Leben meiner Nächsten. Man kann noch weitergehen und sagen: Indem ich mich wehre gegenüber dem eindeutig bösartigen Angreifer, tue ich zweierlei: Erstens verteidige ich mein eigenes Leben deshalb, weil dieses Leben ja nicht nur mir gehört, so daß ich es wegwerfen könnte, wenn ich angegriffen werde. Zum Beispiel als Pfarrer gehöre ich ja nicht nur mir selber, ich gehöre auch der Gemeinde, die mir zur Seelsorge anvertraut ist. Als Arzt gehöre ich meinen Patienten, als Lehrer meinen Schülern; ich bin nicht nur Individualperson, sondern ich bin immer irgendwie Mensch in der Gemeinschaft, und indem ich mein eigenes Leben verteidige, bewahre ich auch ein Leben vor der Vernichtung, das einen Schutz und einen Wert für andere darstellt.
Das ist ein interessanter Standpunkt!
Das Zweite ist ein Gedanke, den Luther stark betont hat. Luther hat sich meines Wissens mit dem Problem der Notwehr mehrfach auseinandergesetzt. Und er hat gesagt, natürlich, in einer extremen Haltung kann man sich sagen: Ich will lieber Unrecht leiden und dabei untergehen, als anderen Gewalt zuzufügen. Aber das ist völlig falsch gedacht. Ich handle in dem Moment, da ich mich gegen den bösartigen Angreifer wehre, als Vertreter der Staatsgewalt, die ja in dem Moment nicht da ist, indem ich dem räuberischen Chaos entgegentrete. Es ist die Aufgabe der Staatsgewalt, das räuberische Chaos zu verhindern, sonst wird ja das ganze Leben zur Beute des Starken, und der Schwache geht dabei unter.
Indem ich dem Anspruch des Gewalttätigen, des skrupellosen Kriminellen, entgegentrete, verteidige ich eine ganz bestimmte göttliche Ordnung dieses Lebens. Ich bin der Repräsentant dieser göttlichen Ordnung.
Notwehr ist also erlaubt.
Wenn ich nun die Konsequenz aus alledem ziehe, muß ich sagen: Jawohl, Notwehr ist dem Christen nicht nur erlaubt, auf Grund einer Lex naturae, sondern die Notwehr ist dem Christen sogar geboten, weil er bei Verzicht darauf die ganze Ordnung des menschlichen Zusammenlebens in Frage stellt.
http://www.iwoe.at/inc/nav.php3?id=231&cat1=IW%C3%96+Service&cat2=Fakten+-+Berichte&cat3=Fachartikel&cat4=&mehr=
Gruß, Ml
@ CK:
Danke für die Rücksicht, aber ich finde die Debatte keineswegs OT.
„Dazu braucht es ein starkes, philosophisches Fundament. Nicht jedoch eine Religion, Religion ist m.E. Privatsache.“
Die Philosophie würde ich gerne einmal sehen, aus der nicht nur hervorgeht, dass die Beachtung des Kategorischen Imperatives bzw. der Goldenen Regel wünschenswert ist, weil die Gesellschaft sonst nicht existieren kann (Das zu beweisen ist natürlich ganz leicht.), sondern die den Nachweis erbringt, dass es für den Einzelnen rational ist, diese ethischen Regeln zu befolgen. Das zu beweisen ist unmöglich, jedenfalls solange man intellektuell redlich bleibt und das eigene Denken nicht durch pädagogisch gutgemeinte Taschenspielertricks kompromittiert – und wir reden hier ja von Philosophie, nicht von Pädagogik.
Ich vermute, Du meinst im folgenden Zitat mit „Ihr“ die Konservativen schlechthin:
„Jedoch ist es nicht hilfreich wenn die Konservativen dann selber teilweise eine freiheitsfeindliche Agenda vertreten indem sie dem Individuum religiöse Normen aufzwingen wollen, die eine freiheitliche Gesellschaft nunmal m.E. nicht braucht. (…)
Das schließt ja nicht aus, dass man persönlich moralisch abscheulich findet was Andere machen und sich von ihnen fernhält, vlt. auch gegen ihr Tun anredet (so dürft ihr in Publikationen von mir aus gerne die Pornoindustrie kritisieren, ihr habt aber kein Recht per Staatsapparat dieselbe zu verbieten.“
Also zunächst: Ich kann nicht erkennen, dass die Einschränkung von Freiheitsrechten heutzutage primär von Konservativen ausgeht. Gerade diejenigen Freiheitsrechte, deren Beseitigung identisch ist mit der Beseitigung der freiheitsverbürgenden demokratischen Ordnung überhaupt, also die im weitesten Sinne politischen Rechte Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit geraten unter den Druck linkstotalitärer Ideologen, die dabei in einem rechtsfreien Raum agieren und dabei zwar auf die Nutzung des Staatsapparates verzichten, damit aber auch dessen rechtliche Kontrollen umgehen. Der Staatsapparat, solange er rechtlich effektiv kontrolliert ist, kann niemals so repressiv sein wie ein von allen Kontrollen befreiter Mob.
Zweitens: Was die Gesellschaft braucht, wieviel Freiheit möglich, wieviel Zwang notwendig ist, entscheidet in demokratischen Ländern der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung. Es ist nicht einmal von einem liberalen Standpunkt zulässig, einem demokratischen Gemeinwesen dieses Recht abzusprechen.
Drittens: Mein Anliegen ist es, die gegenseitige Autonomie von Religion und Politik zu verteidigen. „Autonomie“ heißt aber nicht, dass diese Bereiche nichts miteinander zu tun haben dürften, sondern dass ihre Eigenlogik nicht kompromittiert werden darf:
Als zum Beispiel die Kirche im US-Präsidentschaftswahlkampf 2004 dem Kandidaten Kerry aus Protest gegen dessen Politik die Sakramente verweigerte, war das ein durch nichts zu rechtfertigender theokratischer Übergriff in die politische Sphäre; es war die religiöse Erpressung eines Politikers. (Bezeichnenderweise gab es damals keinen Aufschrei der Öffentlichkeit. Natürlich nicht. Man hätte sich damit ja zugleich das Recht abgesprochen, die Kirche unter politischen Druck zu setzen, wie es jetzt geschieht.)
Etwas völlig anderes ist es, wenn die Kirche bei ihren eigenen Entscheidungen auch politische Gesichtspunkte berücksichtigt. Das ist legitim. Und legitim ist es genauso, wenn die Politik in ihren Entscheidungen Rücksicht auf religiöse Wervorstellungen nimmt, ebenso wie sie auch rechtliche Vorgaben, wissenschaftliche Erkenntnisse, wirtschaftliche Interessen usw. berücksichtigt.
Diese Eigenlogik nichtpolitischer Lebensbereiche ist die Voraussetzung von Freiheit überhaupt. Die Freiheit stirbt nicht, wenn meintwegen Nacktbaden verboten wird, sie stirbt aber, wenn die gesamte Sphäre des Sozialen von politischer Ideologie durchtränkt wird. Nicht zufällig erkennt man totalitäre Ideologien zuverlässig genau daran, dass politische Wertvorstellungen maßgeblich werden für die Kunst („sozialistischer Realismus“, „deutsche Kunst“), die Religion („arischer Christus“), die Wissenschaft („deutsche Physik“, „sozialistische Biologie“), das Familienleben („dem Führer einen Sohn schenken“).
Man vergleiche nun damit Phrasen wie „Das Private ist politisch“, „feministische Theologie“, „engagierte Kunst“ oder wissenschaftliche Konstrukte vom Kaliber der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“, dann erkennt man, dass die gesamte PC-Ideologie, eben weil sie die Autonomie nichtpolitischer Lebensbereiche nicht respektiert, totalitär ist. Und dies keineswegs nur in der Theorie: Was wir zur Zeit erleben, ist, dass die wissenschafts-, medien- und religionseigenen Standards, die bezeichnenderweise auf ihre je eigene Weise alle etwas mit „Wahrheit“ zu tun haben, einer politischen Ideologie unterworfen werden, und dass Widerspruch dagegen mit wachsendem Erfolg mundtot gemacht wird – nur eben nicht mit den Mitteln des Staates, sondern durch das kollusive Zusammenwirken von Funktionseliten, die dieser ideologie verpflichtet sind, aber keiner Kontrolle unterliegen. Wenn wir dulden, dass dieser Prozess andauert, dann werden wir am Ende mit einer Verfassung dastehen, die auf Papier so freiheitlich ist wie die Stalin-Verfassung von 1936. Und in der Praxis eben auch.
Die katholische Kirche gehört zu den letzten Institutionen – wenn sie nicht überhaupt die letzte ist, die sich dem Zugriff linker Ideologie entziehen. Genau deswegen wird sie in so hasserfüllter Weise angegriffen. Und weil das so ist, würde ich diese Kirche – ganz unabhängig von meinem eigenen religiösen Standpunkt, denn ich spreche jetzt als Liberaler, nicht als christ – selbst dann verteidigen, wenn sie tatsächlich so verscroben und rückständig wäre, wie ihre Feinde behaupten. Mit der Sturheit, mit der sie ihre eigene Autonomie verteidigt, verteidigt sie nämlich die Freiheit von uns allen!
@Manfred: Ich finde Meinungsfreiheit bspw. rational, weil Meinungsfreiheit etwas Eigennütziges ist. Zum einen weil man natürlich selber seine Meinung sagen will und daher dieses positive Recht haben möchte, zum Anderen, weil man durchaus Vorteile von hat, wenn andere Menschen, gerade welche mit gegenteiliger Meinung, dies auch dürfen. Da jeder von uns sicher schon mal seine Meinung geändert hat nachdem man sich Argumente der Gegenseite angehört hat und einsehen musste dass man falsch lag, sollte man ja wohl Pluralismus zu schätzen wissen. Zudem entsteht so eben ein Wettbewerb von Ideen, wo sich hoffentlich die Beste auf Dauer durchsetzt und das ist wiederum auch in meinem eigenen Interesse. Wenn Dir das nicht stark genug ist, würde ich gerne wissen inwiefern Religion das anzustrebende Ziel besser erreichen soll. Funktioniert das nur weil man Angst vorm Jenseits bzw. vor einem göttlichen, strafenden Wesen hat ?
„Ich kann nicht erkennen, dass die Einschränkung von Freiheitsrechten heutzutage primär von Konservativen ausgeht.“
Sehe ich ja auch nicht so. Wie geschrieben, die heutige sog. Linke und ihre selbst in weiten Teilen der bürgerlichen Parteien übernommene Ideologie betreibt massiv Sozialklempnerei und dem muss man sich entgegenstellen. Sind wir absolut einer Meinung.
Was verstehst Du unter Konservativen ? (Da gibt es ja vor allem zwischen den Ländern große Unterschiede, die amerikanischen Urkonservativen bspw. stehen direkt neben mir als Erzliberale :D) In punkto Überwachungsstaat und Bürgerrechte wie bspw. Bankgeheimnis (CDU, Schäuble) oder auch Drogenpolitik richtet sich meine Kritik jedoch durchaus auch (!) an deutsche Konservative.
Die linkstotalitären Ideologen (gemeint sind vermutlich krawallmachende Autonome, Milli-Görus-Steinewerfer oder pro-Köln-Gegendemonstranten udgl.) kritisiere ich ebenso massiv wie Du, weil sie- ungeachtet ihrer persönlichen Meinung- einfach keine demokratische Kultur kennen und die Fundamente des Rechtsstaates unterhöhlen. Allerdings widerspreche ich Dir bei der Aussage der Nicht-Nutzung des Staatsapparates. Frauenquoten, Antidiskriminierungsgesetze, HC-Paragraphen, anyone?
„Der Staatsapparat, solange er rechtlich effektiv kontrolliert ist, kann niemals so repressiv sein wie ein von allen Kontrollen befreiter Mob.“
Das ist richtig, jedoch kann er schlimm genug werden, wenn er zu ideologisch wird. Selbst in der sanften, demokratischen Form.
„Es ist nicht einmal von einem liberalen Standpunkt zulässig, einem demokratischen Gemeinwesen dieses Recht abzusprechen.“
Schwierig. Realpolitisch hast Du schon recht, daher versuche ich ja auch Leute für meine Ideen zu gewinnen und schreie nicht nach einer Diktatur, einem monarchistischen Minimalstaat à la Hoppe odgl. Dennoch wäre eben das Verbot von Pornographie Zensur. Du würdest doch sicher genauso massiv eine demokratische Mehrheit kritisieren, die die Junge Freiheit verbietet. Natürlich machen einzelne solcher Verbote noch
keinen gefährlichen Staat aus. Da ich jedoch meine ideologische Reinheit bewahren möchte, werde ich dennoch sagen, dass alle opferlosen Straftaten legalisiert gehören ;-)))
Bzgl. Autonomie von Kirche und Staat/Politik sind wir uns wohl vollkommen einig.
Aber ich sehe nicht, wo Du totalitäre Strukturen ausgemacht sehen willst. Über Familienstrukturen, Religion und Glauben, Kunst und Wissenschaftsthemen wird doch enorm kontrovers immer noch diskutiert und das ist auch gut so.
Vor allem dank Internet sind die Möglichkeiten heute doch quasi grenzenlos, sich und seine Ideen in die öffentlichen Debatten einzubringen. Klar, gibt es totalitäre Anwandlungen, die bekämpft gehören, aber das System an sich ist eben bei weitem noch nicht totalitär. Gottseidank ! Wobei vieles jetzt schon schlimm genug ist.
Innerhalb des Feminismus gibt es auch verschiedenste Strömungen und eine feministische Theologie wird auch sicher nicht die dominante Theologie werden 😉
Deine Kritik in Ehren, vieles teile ich ja sogar auch, aber ist das nicht alles ein wenig zu hysterisch den Teufel an die Wand gemalt ? Ich habe kaum Probleme mit bösen PC-Wächtern (naja vom Thema Islamophobie vlt. mal abgesehen) und Du wirst ja wohl sicher nicht behaupten, ich sei komplett PC 😉
@Mona Lisa: Danke für die sehr aufschlussreichen Zitate inklusive Erläuterung ! In der Tat scheinen viele Menschen, inklusive meiner Wenigkeit, das falsch verstanden zu haben, auch sicher genug, die sich im Gegensatz zu mir immer noch stolz Christen nennen.
Mir kam es stets so vor, als würden übermenschliche Fähigkeiten von einem verlangt oder einem zumindest als anzustrebendes Ideal angeraten werden. Das Wangen-Zitat ist da ein Musterbeispiel für. Auch das ständige Beharren auf Verzeihung. Wobei es sich natürlich auch da nur um einen guten Rat bzgl. eigenem Seelenheil handeln mag, weil Hass einen auf Dauer selbst zerstört. Oder dass man den Armen helfen soll. Sprich: erst die Armen, dann erst Du selbst. Selbstopferung für Andere als Ziel also. Das lehne ich massiv ab.
Vlt. sollte ich mich wirklich mal mehr in christliche Religion (oder überhaupt Religion) einlesen.
@ MonaLisa:
So systematisch entwickelt habe ich das noch gar nicht gelesen. Das ist sehr nachdenkenswert, vielen Dank!
@ CK:
Es ist schon spät, deshalb nur kurz: Wenn Du Meinungsfreiheit über den Eigennutz rechtfertigst, weil sie Dir erlaubt dazuzulernen, dann wird dieses Argument zumindest denjenigen nicht von Toleranz überzeugen, der gar nichts dazulernen will. Und auch sonst wäre der denkbare Lern-Nutzen nur ein Posten in einer komplizierten Kosten-Nutzen-Analyse, und nicht unbedingt der wichtigste. Und in den meisten Fällen bedeutet ethisches Verhalten: Sozialisierung der Gewinne, Privatisierung der Kosten. (Zur näheren Begründung verweise ich auf meinen Artikel „Tote Hosen“).
Zu Deiner Frage, was ich unter Konservativen verstehe. Darunter verstehe ich Menschen, die die Notwendigkeit von Strukturen erkennen, und die deshalb nicht bereit sind, vorhandene Strkturen zu opfern, ohne etwas Besseres vorweisen zu können. Das ist genau der Unterschied zum linken Denken, das Strukturen,wenn mit ihnen ein soziales Macht-Unglecihgewicht verbunden ist (und das ist fast immer der Fall) als etwas „Böses“ ansieht, das zu bekämpfen sei. Strukturen sind aber auch auf der kognitiven Ebene notwendig, im Sinne von Unterscheidungen. Zum Beispiel zwischen Normen und Tatsachen, oder zwischen Freund und Feind, oder zwischen Recht und Moral. Das sind Unterscheidungen, die die Linke normalerweise gar nicht treffen kann, weil sie unweigerlich mit den normativen Vor-Annahmen kollidieren würden.
„Die linkstotalitären Ideologen (gemeint sind vermutlich krawallmachende Autonome, Milli-Görus-Steinewerfer oder pro-Köln-Gegendemonstranten)“. Die auch. Vor allem aber sind Politiker und Beamte gemeint, die das Recht aus politischen Gründen beugen, Journalisten, die die Wahrheit ideologisch verdrehen, Wissenschaftler, die Ideologie produzieren usw. Wenn es die nicht gäbe, hätten die Steinewerfer keine Chance.
Was Frauenquoten, Antidiskriminierungsgesetze, HC-Paragraphen etc. angeht, gebe ich Dir Recht.
„Aber ich sehe nicht, wo Du totalitäre Strukturen ausgemacht sehen willst. Über Familienstrukturen, Religion und Glauben, Kunst und Wissenschaftsthemen wird doch enorm kontrovers immer noch diskutiert und das ist auch gut so.“
Dazu zwei Anmerkungen:
Erstens: Das Totalitäre liegt nicht in den Strukturen, sondern im Gegenteil in der Entstrukturierung, dh. darin, dass die Strukturen zerstört,umfunktioniert, umgangen oder lahmgelegt werden, die der Verwirklichung der Ideologie im Wege stehen. Als Beispiel verweise ich auf „Der kalte Staatsstreich“. Im Grunde kannst Du aber auch meine medien- und wissenschaftskritischen Artikel unter dem Gesichtspunkt der Entstrukturierung lesen. In jüngerer Zeit z.B. „Phrasenschweine“, „Islamisierung: Die Herrschaft des grünen Pöbels“, „Wir werden dekonstruiert“. Ich empfehle auch – besonders wichtig – meinen Artikel über „Wolfgang Wippermann: Autobahn zum Mutterkreuz“. Entschuldige, dass ich sie jetzt nicht alle verlinke.
Zweitens: Bestimmte Grundannahmen werden nicht mehr diskutiert, nämlich alle, mit denen gesellschaftliche Machtungleichgewichte (Männer/Frauen, Klerus/Laien, Inländer/Ausdländer) verteufelt werden. Das fällt Dir nur deshalb nicht auf, weil Du die ideologischen Grundannahmen im Grunde teilst. Solange man denen nicht widerspricht, kommt man auch nicht auf die Idee, dass der sogenannte öffentliche Diskurs in einem ideologischen Korsett stattfindet. Wer sich nicht bewegt, spürt keine Fesseln. Richtig ist, dass das Internet eine Gegenmacht darstellt. Aber lies meinen Artikel über Wippermann bitte auch in diesem Zusammenhang.
(Bei dieser Gelegenheit: Pardon, dass die Suchfunktion in dem neuen Layout nur die Volltexte auswirft; das macht die Suche nicht gerade übersichtlich. Sollte ich es nicht hinkriegen, das zu ändern, werde ich noch eine benutzerdefiniert Google-Suchmaschine ausschließlich für diesen Blog einstellen.)
Gute Nacht.
Wenn Du Meinungsfreiheit über den Eigennutz rechtfertigst, weil sie Dir erlaubt dazuzulernen, dann wird dieses Argument zumindest denjenigen nicht von Toleranz überzeugen, der gar nichts dazulernen will.
Das ist richtig, aber solche Leute handeln eben unvernünftig und somit zutiefst amoralisch. Gerade wenn ihre Meinung so stark ist, sollten sie mit Widerspruch von Anderen leben können, da sie denselben eh in Windeseile zerlegen könnten (so wie ich die meisten Marxisten argumentativ im Halbschlaf fertigmachen kann und dies auch oft genug tue.) Wer andere Meinungen verbietet, offenbart Schwäche. In Diskussionen kann man zumindest lernen, wie man Gegnern Paroli bieten kann, Übung macht den Meister.
Und auch sonst wäre der denkbare Lern-Nutzen nur ein Posten in einer komplizierten Kosten-Nutzen-Analyse, und nicht unbedingt der wichtigste.
Die Freiheit ist das Wichtigste. Wer sie verleugnet, tut dies entweder bei allen Menschen und begeht damit geistig-philosophisch Selbstmord (man knechtet sich ja dann selbst ebenfalls, unterwirft sich irgendeiner fixen Idee und macht sich somit zum erbärmlichen Opfertier) oder nur bei Anderen und damit wird man intellektuell unredlich, denn wieso sollten die weniger Rechte haben als man selbst, wenn wir alle nur Menschen sind ? Sicherlich kann man sich da ideologisch irgendwas zusammenbasteln (bspw. Rassenunterschiede), was aber wohl nur hinken kann und somit macht man sich der Dummheit schuldig. Jemand, der so argumentiert, hat verdient, dass Andere es genau gleich handhaben und erstmal ihn über den Haufen ballern oder einsperren.
Freiheitseinschränkungen können nur dort rechtens und moralisch sind, wo sie notwendig zum Schutz der Freiheit Anderer und somit zum Freiheitsschutz selbst sind.
Von dekonstruktivistischer Zerstörung halte ich gar nichts (wobei kritisch hinterfragen darf man schon alles), auch nichts von konstruktivistischer Gesellschaftsklempnerei. Wenn überhaupt, sollte jeder Mensch nur an sich selbst arbeiten und in seinem eigenen Umfeld friedlich Einfluß nehmen.
Machtungleichgewichte lehne ich auch nicht ab, sofern sie sich natürlich und ohne Einfluss von psychischer oder physischer Gewalt (diese zu unterbinden ist Staatsaufgabe) ergeben.
Das sind Unterscheidungen, die die Linke normalerweise gar nicht treffen kann, weil sie unweigerlich mit den normativen Vor-Annahmen kollidieren würden.
Bin ich Deiner Definiton nach (noch) ein Linker ? Ich glaube nicht.
Vor allem aber sind Politiker und Beamte gemeint, die das Recht aus politischen Gründen beugen, Journalisten, die die Wahrheit ideologisch verdrehen, Wissenschaftler, die Ideologie produzieren usw. Wenn es die nicht gäbe, hätten die Steinewerfer keine Chance.
Hach, Politiker und Beamte. Also DOCH Staatsvertreter. Das ist eben genau meine Kritik. Der Staat soll objektiv und neutral handeln, quasi wie eine Institution von Robotern (gut, Menschen sind nunmal Menschen, aber das sollte das anzustrebende Ideal sein) und wenn er das nicht mehr tut, weil er bzw. seine Repräsentanten zu ideologisch werden, wird er zum Problem und grössten Freiheitsbedroher. Alle anderen Dinge mögen auch problematisch sein, man kann ihnen aber in einem Wettbewerb mit mehr oder weniger Erfolg entgegentreten (auch wenn zu allen Zeiten es einen sog. Zeitgeist gab/gibt, gegen den eine opponierende Minderheit sich manchmal wehrlos fühlen wird), wenn jedoch der Gewaltmonopolist diesen Wettbewerb verfälscht …
Ich strebe auch sicher keine komplette Entstrukturierung an, ich bin durchaus zu nem großen Teil konservativ, wie der Liberalismus überhaupt zurecht system-konservativ wurde, nachdem die freiheitliche Demokratie entstand. Damit meine ich, dass er ab da nicht mehr revolutionär-subversiv sein durfte, sondern nun einzelne Veränderungen auf systemkonformen Weg anstreben sollte.
Zur Affäre Eva Herman habe ich damals selber etwas geschrieben, der depperte Wippermann hat entweder absichtlich nichts verstanden oder der Mann hat Logik und Vernunft gegen Pawlosche Reflexe komplett ausgetauscht und wittert überall, wo man Konservativismus findet, gleich Faschismus (das ist jedoch nicht mehr ernstzunehmen, egal was man von konservativen Ideen persönlich hält).
Bestimmte Grundannahmen werden nicht mehr diskutiert, nämlich alle, mit denen gesellschaftliche Machtungleichgewichte (Männer/Frauen, Klerus/Laien, Inländer/Ausländer) verteufelt werden.
Konkrete Beispiele ? Also bzgl. Mann-Frau oder Ausländer/Inländer kannst an jedem x-beliebigen Stammtisch sogar reaktionäres Gedankengut finden.
Das fällt Dir nur deshalb nicht auf, weil Du die ideologischen Grundannahmen im Grunde teilst.
Echt ?
Solange man denen nicht widerspricht, kommt man auch nicht auf die Idee, dass der sogenannte öffentliche Diskurs in einem ideologischen Korsett stattfindet.
Meinst damit nur den Diskurs in Elfenbeintürmen oder evtl. noch in Talkshows ?
Für mich gibt es kein ideologisches Korsett, da ich sowas immer und überall ablehne, daher sitze ich auch immer zwischen allen, möglichen Stühlen als Querdenker.
Deine Texte habe ich problemlos alle gefunden und gelesen, wobei ich die Meisten bereits kannte. Vieles davon kann ich nur unterschreiben.
Gute Nacht.
„Bin ich Deiner Definiton nach (noch) ein Linker ? Ich glaube nicht.“
Ich schon. Und ich finde Deinen Denkstil sogar ausgesprochen dogmatisch. Das, was ich die Verwechselung von Normen und Tatsachen genannt habe, das heißt von Aussagen darüber, wie die Welt ist mit solchen darüber, wie sie sein soll, zieht sich bei Dir durch jeden Satz.
Was mich aber wirklich vom Stuhl gehauen hat, war das hier:
„Sicherlich kann man sich da ideologisch irgendwas zusammenbasteln (bspw. Rassenunterschiede), was aber wohl nur hinken kann und somit macht man sich der Dummheit schuldig. Jemand, der so argumentiert, hat verdient, dass Andere es genau gleich handhaben und erstmal ihn über den Haufen ballern oder einsperren.“
Wenn Du diesen Satz so gemeint hast, wie er hier steht, dann bringst Du darin genau die linkstotalitäre Ideologie zum Ausdruck – und zwar einschließlich ihrer mörderischen Konsequenzen -, von der Du behauptest, es gebe sie nicht, die aber unsere offene Gesellschaft zerstören wird!
Ich muss nochmal fragen: Hast Du das wirklich und wahrhaftig so gemeint, wie es hier steht? Du bist der Meinung, man dürfe einen Menschen umbringen, wenn er „so argumentiert“, also seiner politischen Auffassungen wegen? Und Du bist der Meinung, die Thematisierung von Rassenunterschieden und ihrer politischen Bedeutung sei verbrecherisch???? Und nicht nur verbrecherisch (in dem Sinne, dass man den Betreffenden dafür bestrafen müsse), sondern in solchem Maße verwerflich, dass der Betreffende für vogelfrei zu erklären, also aus der menschlichen Gesellschaft auszuschließen sei???
Habe ich Dich da richtig verstanden???
@ Dox:
Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht!
Kommentar gelöscht – und tschüss!
@Manfred: Ich glaub hier liegt ein ähnliches, grobes Mißverständnis vor wie die Tage mit Dox. Mea culpa maxima jedoch, da der betreffende Satz in der Tat mehr als unglücklich ist und werde in der Folge versuchen, meine Gedankengänge besser zu erklären.
Eins vorweg: ich bewundere Deine Konsequenz. Da lobe ich Deine Texte, gebe Dir in sovielem recht, haue auf die heutige Linke drauf (kann jeder oben nachlesen), zeige Dir auf, dass ich nicht das anstrebe, was Du Linken vorwirfst, stelle mich klar auf die Seite Hermans gegen Wippermann und statt dass Du- wie es wohl 80% meiner Mitbürger täten- mich in die rechte Ecke stellst, lässt Du Dich von alldem nicht beirren und wirfst mir sogar Linkstotalitarismus vor, zu geil ! Dennoch behaupte ich mal, dass Du mich einfach missverstanden hast, ansonsten verstehe ich Dich nämlich nicht mehr.
<i> Ich finde Deinen Denkstil sogar ausgesprochen dogmatisch. </i>
Die Natur-/Grundrechte jedes Individuums sind meine moralischen Fixpunkte, ohne die eben gerade eine Werte-Erosion droht. Insofern sind das schon Dogmen für mich, wobei das Recht auf Freiheit (gestern in der Eile als das wichtigste Recht bezeichnet) sich wohl erst aus dem noch wichtigeren Recht auf Leben ableitet. Aber befinde ich mich da nicht in bester Gesellschaft mit der RKK, die ja auch das Recht auf Leben zum Dogma erklärt hat und daraus u.a. ihre konsequente Abtreibungs- wie Sterbehilfegegnerschaft ableitet?
Wenn es um Fragen des Miteinanderlebens geht, bin ich jedoch keineswegs dogmatisch, sondern zu allerhand Kompromissen bereit. Ich will ja eben gerade radikalen Pluralismus, ich will eine offene Gesellschaft und keine totalitäre. Genau deshalb gibt es aber keine neutrale Position bei Freiheit gegen Totalitarismus, genauso wie es bei Israel vs. Hamas keine neutrale Position geben kann, jedenfalls keine, die dem entgegenwirkt, was wir beide bedenklich finden (Werterelativismus).
Ich kenne übrigens auch sehr wohl den Unterschied zwischen Ist und Soll. Du kritisierst doch auch das heutige Ist und meinst damit implizit, dass anders gehandelt werden sollte.
<i> Du bist der Meinung, man dürfe einen Menschen umbringen, wenn er “so argumentiert”, also seiner politischen Auffassungen wegen? </i>
Nein, kein Mensch darf wegen seiner politischen Meinung umgebracht werden. Ich bin ja gerade für Meinungsfreiheit. Selbst die Meinung, dass es eine solche Freiheit nicht geben sollte, sollte nicht verfolgt werden, nur friedlich aber vehement widersprochen. Dem Meinungsäußerer darf kein Haar gekrümmt werden, von Mitbürgern ohnehin nicht und vom Rechtsstaat auch nicht, SOLANGE er sich an die Gesetze hält.
<i> Und Du bist der Meinung, die Thematisierung von Rassenunterschieden und ihrer politischen Bedeutung sei verbrecherisch???? </i>
Ich bin der Meinung, dass Rassismus ein vollkommen irrationales „Verbrechen“ gegen den Intellekt ist, ja 😉
Jeder Mensch hat als Individuum ungeachtet seiner Hautfarbe und anderer Unterschiede Grundrechte, die man ihm nicht absprechen darf. Zu sagen, dass ein Schwarzer nur ein Tier sei, daß man töten dürfe oder zumindest weniger Rechte als ein Weißer haben sollte (in meinem Beispiel also: Meinungsfreiheit für Weiße, Maulhalten für „Nigger“), ist kompletter Irrsinn. Wenn man daraus dann noch gewalttätige Handlungen gegen Schwarze ableitet, begeht man ein Verbrechen auch im strafrechtlichen Sinne.
<i> Und nicht nur verbrecherisch (in dem Sinne, dass man den Betreffenden dafür bestrafen müsse), sondern in solchem Maße verwerflich, dass der Betreffende für vogelfrei zu erklären, also aus der menschlichen Gesellschaft auszuschließen sei??? </i>
Für vogelfrei sollte niemand erklärt werden. Auch kein Terrorist, Kinderschänder, Amokläufer, Massenmörder. Also dann schon gar keiner, der „nur“ eine falsche/bescheuerte Meinung hat. Über soziale Isolation bräuchte sich ein Rassist aber m.E. nicht zu beschweren. Niemand gibt sich mit Leuten ab, die andauernd das eigene Rechtsempfinden, die eigene Vernunft oder Moral beleidigen. Es gibt kein Recht auf Freunde, kein Recht drauf gemocht zu werden, kein Recht auf die Gesellschaft Anderer usw usw. Es gibt nur die Rechte und Pflichten, die in den Gesetzen festgehalten sind. Oder lädst Du alle und jeden wahllos in Dein Haus rein, trinkst mit jedem x-beliebigen Deppen ein Bier usw.? Eben nicht. Zu Recht nicht.
Nun zu meinem gestrigen Satz, der sehr unglücklich rüberkam:
<i> Jemand, der so argumentiert, hat verdient, dass Andere es genau gleich handhaben und erstmal ihn über den Haufen ballern oder einsperren. </i>
Das war eine ähnliche Aussage wie wenn jemand sagt: „Wer besoffen Auto fährt, hat es verdient den Baum zu erwischen“. Das war allerdings nicht wirklich wortwörtlich von mir gemeint, sondern im Eifer so dahingesagt. Selbstverständlich habe weder ich noch sonst wer das Recht, Selbstverteidigung mal ausgenommen (und selbst die muss verhältnismäßig sein!), einen Rassisten zu erschießen oder ihm überhaupt nur ein Haar zu krümmen.
Es war mehr als intellektuelle Bloßstellung der Argumentation des Freiheitsfeindes gedacht. Wenn man der Meinung ist, dass andere/gewisse Menschen per se kein Recht auf Leben haben, kann man sich doch nicht darüber wundern, dass es noch andere Menschen gibt, die genauso denken (strenggenommen müsste man sich ja darüber sogar freuen, so wie ich mich darüber freue dass andere Menschen ebenfalls freiheitlich denken), darunter auch welche, für die man selber kein Recht auf Leben hat. Entweder sieht man also ein, dass man falsch liegt mit so einer Meinung oder muss akzeptieren, dass man dann auch keine Forderungen auf eigenes Leben stellen kann und die Logik des Recht des Stärkeren akzeptieren muss.
D.h. aberNICHT dass wir einen solchen Menschen ohne Prozess einsperren oder gar foltern oder töten dürfen. Vorfälle wie in Guantanamo oder Abu Ghreib sind deswegen nicht tolerierbar, weil wir unsere eigenen Werte damit verraten und wir die Rechte des Inhaftierten verletzten, die er unserer eigenen Meinung nach ja hat. Der Gefangene selbst kann sich jedoch nicht beklagen ohne unredlich zu argumentieren und sich als dumme Nuss zu outen.
Da sein Denken selbst zu solchen Taten führt, ja sie geradezu hervorruft, ist eben dieses Denken massiv zu bekämpfen. Es ist also kein Totalitarismus so radikal zu denken wie ich es tue, sondern ganz im Gegenteil: eine radikal logische Ethik um einen Totalitarismus, egal welcher politischer Richtung, zu verhindern. Es ist schon hanebüchen mir nur wegen einer zugegeben oft sehr radikalen Sprache totalitäres Gedankengut vorzuwerfen.
Eins ist klar: wir führen hier eine Diskussion, die so packend ist wie schon lange keine mehr, zumal Dein Vorwurf, gerade zur Zeit, völlig unerwartet kam.
Ich hoffe, ich konnte ihn jedoch entkräften. Bin kein totalitärer (Links-)Extremist. Jeder Linke, vor allem so manche deutsche Hanswurst, ist entsetzt, wenn er meine Beiträge liest, so jedenfalls meine Erfahrung in anderen Blogs oder Foren, wenn ich mich denn mal äussere.
Wenn ich wegen meiner manchmal radikalen Art jedoch lieber den Blog verpassten sollte, nur sagen, ist auch kein Problem, will nicht wie Dox gelöscht werden. Dafür ist mir meine Zeit zu kostbar. Nicht bös gemeint, nur mal klargestellt.
<blockquote>Und Du bist der Meinung, die Thematisierung von Rassenunterschieden und ihrer politischen Bedeutung sei verbrecherisch?</blockquote>
Sicher als nicht verbrecherisch, allenfalls als etwas verschroben, gilt es, wenn man behauptet, daß Chinesen oder Japaner einen höheren IQ-Durchschnitt aufweisen als Europäer. Da ist es unbedenklich.
In privatis habe ich keinerlei Probleme mit solchen Fragestellungen, aber in publico frage ich mich schon: cui bono?
Nein, ich fände es auch in publico sicher nicht „verbrecherisch“, aber zumindest sehr unklug.
@ CK:
Also, zunächst zur Klarstellung: Ich habe Dox nicht wegen seiner faschistischen Ansichten
rausgeschmissen, sondern weil er trotz wiederholter eindringlicher Warnungen seiner Neigung zum persönlichen Tiefschlag wieder einmal nicht widerstehen konnte. In einem solchen Fall
gilt, was ich auf der Seite „Über mich und diesen Blog“ geschrieben habe:
„Wer aber meint, meine Argumente dadurch anfechten zu müssen, dass er mir meine Integrität,
meine Redlichkeit, meine seelische Gesundheit oder meine Kompetenz abspricht, kurz: mich als
Person angreift, hat hier nichts zu suchen und wird als Kommentator nicht geduldet. Und wen
ich einmal ausgeschlossen habe, der bleibt draußen!“
Nun zu Deinen Argumenten:
„Die Natur-/Grundrechte jedes Individuums sind meine moralischen Fixpunkte, ohne die eben
gerade eine Werte-Erosion droht. Insofern sind das schon Dogmen für mich,…“
Genau. Du gehst nicht von der Frage aus, unter welchen Voraussetzungen menschliche Gesellschaft
überhaupt existieren kann; insbesondere fragst Du nicht, welcher Bindungen und Ein-Bindungen des Einzelnen in Staat, Recht, Familie, Religion, Nation (die Liste ist unvollständig) es bedarf, damit eine Ordnung, die in der Lage ist, Freiheitsrechte zu garantieren, überhaupt existieren kann. Dass solche Freiheitsrechte und ihre effektive Gewährleistung sogar
historisch, erst recht menschheitsgeschichtlich, außerordentlich jungen Datums sind, zeigt, dass sie alles andere als selbstverständlich sind.
Daher sollte am Beginn jeder seriösen Überlegung die Frage nach den sozialen Voraussetzungen von Freiheit stehen. Diese Frage nicht zu stellen, sondern gleich mit den Rechten anzufangen, ist typisch linkes Denken.
(Nebenbei gesagt ist der Liberalismus, verstanden als politische Idologie, dem linken und nicht dem rechten Denken zuzurechnen, erst recht nicht der vielzitierten Mitte. Der linke Standpunkt lautet, der Mensch sei gut, alles Böse gehe von den gesellschaftlichen Strukturen aus, und die verschiedenen linken Richtungen unterscheiden allenfalls, welche Strukturen es im Einzelfall sind. Die Liberalen konzentrieren sich auf Staat und Kirche, die Sozialisten auf Kapitalismus und Kirche. Trotzdem ist es erkennbar ein und dieselbe Grundauffassung.)
Wenn der archimedische Punkt meines Denkens eine als im moralischen Sinne „gut“ geltende Norm ist, dann komme ich gar nicht darum herum, Tatsachen, die der Verwirklichung oder gesellschaftlichen Geltung dieser Norm entgegenstehen würden, zu ignorieren. Ich mache mich also selber dumm.
Was bloß das Problem dessen wäre, der es tut, wenn die fatale Folge nicht die wäre, dass seine Dummheit ans Tageslicht käme, wenn Wahrheiten ohne weiteres ausgesprochen werden dürften, und zwar in Zusammenhängen, in denen nach allgemeiner Ansicht „Wahrheit“ produziert wird – also in Wissenschaft, Medien und Religion. Den belächelten Irren darf jeder machen, unter Umständen auch so etwas wie das offzielle Enfant terrible sein (Broder z.B.), aber der Anspruch auf Seriosität, den darf man nur Leuten zugestehen, die denselben normativ bestimmten fixen Ideen anhängen wie man selber. Und gegen den, der das nicht tut, wird der „Aufstand der Anständigen“ geprobt. Wie jetzt gegen den Papst. Dies ist die strukturelle Intoleranz der Linken. Sie ist keine Frage des persönlichen Charakters, sondern die zwangsläufige Folge der Prämissen linken Denkens.
Deswegen beeindruckt es mich nicht besonders, wenn Du schreibst:
„Ich kenne übrigens auch sehr wohl den Unterschied zwischen Ist und Soll.“
Theoretisch bestimmt, praktisch spielt er in deiner Argumentation insofern keine Rolle, als Du durchweg von normativen Aprioris ausgehst (Recht auf Freiheit, Recht auf Leben usw., überhaupt lese ich bei Dir immer nur von Rechten und ein bisschen von Pflichten, in jedem Fall aber von normativen nicht von empirischen Aussagen), und deswegen gezwungen bist, Ansichten, die nicht von diesen Aprioris ausgehen, nicht einfach als vermeintlich unrichtig zu kritisieren, sondern als verwerflich zu verdammen.
„Ich bin der Meinung, dass Rassismus ein vollkommen irrationales “Verbrechen” gegen den Intellekt ist, ja“. – Nein, mein Bester, das einzige Verbrechen, das man gegen den Intellekt begehen kann, ist, sich und Anderen das Denken zu verbieten!
Dass Du persönlich toleranter bist als ein Stalinist und deswegen manche Auswüchse der Political Correctness für übertrieben hältst (und mir insofern, aber eben nur insofern, zustimmst), ändert überhaupt nichts daran, dass Du ganz offensichtlich bereit bist Tatsachenbehauptungen als böse abzustempeln – und eben nicht einfach als unwahr zu kritisieren. Die Frage, ob man die „Bösen“ dann töten darf, schrumpft unter diesen Voraussetzungen zu einer Frage des bloß pragmatischen, machtpolitischen Kalküls.
Ich will Dir ja gerne glauben, dass Deine Formulierung, man solle Anhänger bestimmter Auffassungen „über den Haufen ballern“, nicht wörtlich zu verstehen ist, aber frage Dich doch bitte mal selber, wie Du überhaupt auf eine solche Formulierung kommst. Ich selber habe, um einen Vergleich anzustellen, bestimmt viele, viele Seiten geschrieben, aus denen hervorgeht, dass der Islam ein totalitäres Wahnsystem ist, das unsere Gesellschaft bedroht, aber ich wäre nie, auch nicht im Scherz, auf die Idee gekommen zu fordern, man solle die hier lebenden Moslems „über den Haufen ballern“. Auf eine solche Formulierung kann eigentlich nur kommen, wer den Andersdenkenden für „böse“ hält.
Da nützt es auch nichts, dass Du den Andersdenkenden „bloß“ sozial isolieren willst – was in einem politischen Kontext ja nichts anderes bedeuten kann als den oben beschriebenen Ausschluss aus dem „seriösen“ Diskurs. Und das dann mit dem Satz zu rechtfertigen
„Oder lädst Du alle und jeden wahllos in Dein Haus rein, trinkst mit jedem x-beliebigen Deppen ein Bier usw.?“
beruht, sofern es nicht einfach eine Beleidigung meiner Intelligenz sein soll, auf der geradezu mutwilligen Verwechslung von öffentlich und privat. Im privaten Bereich kann ich mir nämlich aussuchen, was ich mir bieten lasse und was nicht, aber eben nicht im öffentlichen. Dort gelten Grundrechte und Toleranzpflichten. Du aber rechtfertigst genau den Ausschluss missliebiger Tatsachenbehauptungen aus dem öffentlichen Diskurs. Du rechtfertigst nicht mehr und nicht weniger als den ideologisch motivierten Kalten Krieg gegen die Meinungsfreiheit, den die Linke seit Jahrzehnten führt, und den sie – um den Preis der Zerstörung unserer Gesellschaft und unserer Demokratie – auch gewinnen wird, wenn der bisherige Trend nur noch wenige Jahre anhält.
@Manfred: Ich hatte nicht mitbekommen wofür Dox ausgeschlossen wurde, der Kommentar wurde ja gelöscht. Insofern: danke für die Erklärung !
Ich erlaube mir ein paar Deiner Fragen zu beantworten.
Unter welchen Voraussetzungen
kann menschliche Gesellschaft
überhaupt existieren ?
Gemeint ist ja sicher eine Gesellschaft, in der die- wie Du richtig festgestellt hast- leider keineswegs selbstverständlichen- Freiheitsrechte des Einzelnen geschützt sind. (Denn eine x-beliebige Gesellschaft gibt es immer, im Dritten Reich gab es auch eine Gesellschaft.)
Also: Respekt und Achtung vor seinen Mitmenschen, die Anerkennung des Einzelnen als wertvolles Individuum, gegenseitige Toleranz, gemeinsamer Wertekanon, der friedliche Vielfalt ermöglicht, ein funktionierendes Rechtssystem, einen möglichst neutralen, objektiven Staat und gewisse Ordnungsstrukturen, Solidarität in geeigneten persönlichen Bindungen.
Ich vertraue halt nur mehr als Du darauf, dass sich von selbst die geeigneten Bindungen durchsetzen.
Die den Konservativen so heilige, bürgerliche Familie weiß ich sehr zu schätzen, weil ich sie selber sehr positiv erlebt habe, aber wieso sollte dieses Modell, was es auch nicht seit Anfang der Menschheitsgeschichte schon gibt, für alle Zeit das „natürliche“ sein ? Wieso den Menschen nicht die Wahl lassen, welche Bindungen sie eingehen wollen und welche nicht ?
Der klassische Liberalismus fängt in der Tat mit a-priori-Rechten an, da stehe ich ganz in Lockescher Tradition. Dass der Liberalismus „links“ vom Konservativismus anzusiedeln ist, ist auch klar, insofern einigen wir uns mal darauf dass ich „werte-links“, „progressiv“ etc. bin. Allerdings sehe ich den Menschen nicht als gut an, sondern traue ihm alles zu, auch das abgrundtief Böseste, was er ja oft genug unter Beweis gestellt hat. Die Frage ist, wie man ausgehend von dieser Natur des Menschen, ein dem Menschen Freiheit gebendes, aber seine Natur doch auch kontrollierendes System schaffen kann, was das Böse möglichst minimiert und das Gute schafft.
Kein Freiheitlicher (jedenfalls kein Liberaler, Libertäre und Anarchisten sehen das natürlich ganz anders) sieht den Staat übrigens als ne böse Struktur an. Der Staat ist genauso wenig inhärent böse wie ein Messer dies sein kann, es ist ein reines Werkzeug. Ich kann mit dem Messer Brot schneiden oder auch Leute umbringen, der Staat kann Menschenleben retten, schützen, Freiheit gewährleisten, aber auch Menschen töten, verletzen und versklaven.
Genauso wenig sehe ich die Kirche als eine böse Institution an. Sie ist eine Institution von Menschen, fähig zu allem Guten und allem Schlechten, je nachdem wie die Menschen darin handeln (wollen) und welche inneren Strukturen gegeben sind (die bestimmen was für ein Verhalten gefördert wird und was nicht). Zudem respektiere ich den Papst als Person des öffentlichen Lebens und gebildeten Menschen, mit dessen Ideen man sich- wie mit denen jedes anderen Menschen- kontrovers auseinandersetzen kann und wohl auch sollte.
Einen Kulturkampf wie ihn Bismarck führte oder gar erst die spanischen Anarchosyndikalisten, halte ich in der Tat für grundfalsch. Ich sehe nicht wo ich ein Feindbild Kirche an die Wand gemalt haben soll. Nur weil ich mich ihr selber nicht anschliesse ? Und selbst die, die es tun: wer hat angefangen ? Wenn ein Schwuler die RKK angreift, werde ich ihm das sicher nicht vorwerfen, wenn die RKK ihn genauso angreift. Als Liberaler plädiere ich jedoch für friedliche Koexistenz. Auch durchaus mit Moslems, solange es keine Islamisten sind und sie auf dem Boden des GG stehen. Wieso sollte das so schwierig sein ? Und wenn ihr meint, man müsste nach konservativen Richtlinien leben, ist das nicht eine noch viel strengere PC bzw. CC (=Conservative Correctness)?
Womit ich also dem Zeitgeist entsprechend dann eben ein linkstotalitärer, Post-PC-Geist bin 😉
Auch die Wahl zwischen kapitalistischer AG und sozialistischer Genossenschaft sollte auf dem freien Markt entschieden werden.
Und Rassismus ist ein Verbrechen gegen den Intellekt, weil er eben gerade, freies Denken unterbindet/verbietet.
Du schreibst: „Wenn der archimedische Punkt meines Denkens eine als im moralischen Sinne “gut” geltende Norm ist, dann komme ich gar nicht darum herum, Tatsachen, die der Verwirklichung oder gesellschaftlichen Geltung dieser Norm entgegenstehen würden, zu ignorieren. Ich mache mich also selber dumm.“
Hmm, Tatsachen, sofern es denn wirklich welche sind, kann in der Tat niemand ignorieren ohne zu erblinden und/oder zu verdummen.
Welche Wahrheiten aber willst Du denn aussprechen, die nicht ausgesprochen werden dürfen ? Beispiele ?
Du schreibst: „Dies ist die strukturelle Intoleranz der Linken.“
Ich empfinde ganz oft Linke wie Konservative in vielem intolerant. Und auch bigott. Wenn ein Moslem den Holocaust leugnen würde, würde sicher gleich der ganze Islam unter diesem Aufhänger wieder zum Todfeind deklariert werden, das ist genauso falsch wie umgekehrt jetzt gegen die Piusbrüder zu wettern und ansonsten neben Muslimbrüdern auf sog. Friedensdemos zu laufen.
Ist das „Recht auf Leben“ für die Kirche keine a-priori-Norm ? Und da jedem Recht auch immer eine Pflicht gegenübersteht, rede ich auch genug von Pflichten 😉
Du schreibst: „Nein, mein Bester, das einzige Verbrechen, das man gegen den Intellekt begehen kann, ist, sich und Anderen das Denken zu verbieten!“
Du schreibst: „Das ändert überhaupt nichts daran, dass Du ganz offensichtlich bereit bist Tatsachenbehauptungen als böse abzustempeln.“
Wie kommst Du denn darauf ? Das kommt darauf an, um was es geht. Wenn ich der Meinung bin, dass eine Tatsachenbehauptung richtig, also wirklich Tatsache ist, werde ich das auch sagen, wenn mich dafür 99% der Menschen hassen. Wenn ich der Meinung bin, dass die Behauptung unwahr ist, werde ich das ebenfalls sagen. Dass ich Dich auf keinen Fall dafür töten darf, ist ebenfalls klar.
Du schreibst: „Frage Dich doch bitte mal selber, wie Du überhaupt auf eine solche Formulierung kommst. “
Ach herrje, ich rede umgangssprachlich halt öfters mal so. Ausserdem wollte ich ja vor allem sagen, dass so ein Denken ja leider gerade dazu führt, dass man sich über den Haufen schiesst bzw. solche Schießhandlungen legitim werden, was ich ja gerade eben nicht will.
Du schreibst: „Ich wäre nie, auch nicht im Scherz, auf die Idee gekommen zu fordern, man solle die hier lebenden Moslems “über den Haufen ballern”. “
Aber Du schreibst (zurecht !!!), dass man die Hamas wegbomben sollte und warnst sogar vor zu großer Güte der Israelis.
Du schreibst: „Auf eine solche Formulierung kann eigentlich nur kommen, wer den Andersdenkenden für “böse” hält.“
Es ist böse und falsch so zu denken wie ein Islamist, ein Nazi, ein Stalinist odgl. Wobei ich sagen würde, dass die Ideologie eben böse ist und daraus abgeleitete Handlungen böse sein können, nicht jedoch kann man wohl sagen, dass der Mensch als solcher rein böse ist.
Sind ja in der Tat alles Menschen oder im christlichen Sinne Gottes Kinder.
Was meinst Du schon wieder mit Ausschluß aus dem seriösen Diskurs? Es gibt kein Recht zu irgendeiner Veranstaltung eingeladen zu werden, wenn der Veranstalter Dich nicht dort haben möchte. Ja, TV-Anstalten dürfen Dich aus Debatten ausschliessen, Zeitungen Dich ignorieren, Verlage Deinen Roman ablehnen usw. Mit Ausnahme des Staates kann Dich aber niemand komplett ausschliessen. Das ist es ja eben. Allein dieser Blog hier ist Beweis dafür.
Ich rechtfertige zudem auch selber keinen Ausschluss, wenngleich er rechtens sein mag. Wenn ich nen eigenen Fernsehsender, eine eigene Zeitung, ein eigenes, wissenschaftliches Forschungszentrum oder oder … hätte, würde dort niemand per se ausgeschlossen werden von Debatten. Man merkt dass Du mich nicht in real kennst, sonst würdest Du sowas niemals schreiben. Ich teile hart aus, kann aber auch einstecken. Nur stimmen die Vorwürfe hier gegen mich nicht. Links okay (ich liebe Robert Nozick !), aber totalitär, njet !
We agree to disagree – halt.
@Manfred: „Auf eine solche Formulierung kann eigentlich nur kommen, wer den Andersdenkenden für “böse” hält.“
Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? (Matthäus 7,3)
CK ist ein Radikalliberaler durch und durch. Ihn in die Nähe von Stalinisten und anderen Massenmördern zu rücken ist unredlich und zeugt nicht gerade von respektvollem Umgang mit Andersdenkenden. Nicht alle Leute die anderer Meinung sind als Du sind gleich eine Bedrohung für die Demokratie. Pluralismus heißt auch, andere Ansichten zulassen zu können. In pluralistischen Demokratien hat keiner ein Monopol auf die Wahrheit.
[I]“Die katholische Kirche hat zwar nicht das Monopol zu definieren, was christlich, wohl aber, was nicht christlich ist. Ihre Existenz stellt sicher, dass nicht jede Schnapsidee synkretistischer Weltumarmer unter den evangelischen Theologen die Chance bekommt, offizielle Theologie zu werden.“[/I]
Das scheint mir eine sehr starke neuzeitliche binneneuropäische geprägte Sicht zu sein. Haben Sie sich mal (heute) in Lateinamerika oder Afrika umgesehen, was es dort in der katholischen Kirche an sykretistischen Kulten gibt (Ahenkult + Christus …)?
Und ein Blick in die Kirchengeschichte lehrt, daß weder Papstamt noch röm.-kath. Kirchenauffassung vor Irrtum schützt. PC und auch „was nützt“ gab’s auch damals und wurde durchaus auch von der Kathol. Kirche praktiziert. (Von protestant. Seite auch.) Mich überzeugt die Argumentation in diesem Punkt nicht.
Für mich hat die kathol. Kirche nicht das Monopol, zu erklären, was nicht christlich sei. Dieses „Monopol“ ist m.E. eher ein Medienphänomen. Da spricht einer und man ist dafür oder dagegen. Und man (Presse …) kann sich daran wunderbar reiben und daraus Schlagzeilen formen, Stimmungen aufnehmen, aufbauen. Positiv („Wir sind Papst“ … wir Protestanten sind das schon seit 1517 😉 ) oder negativ. Die Auseinandersetzung mit den protestanten ergibt nie eine so griffige Schlagzeile, erfordert aber eine Auseinandersetzung mit der (theol., pol., ethischen, …) Sache. … und gerade diese Vielstimmigkeit fordert zu einer Auseinanderseztzung mit den Themen auf. … und nicht zu einer Unterordnung oder Gewöhnung. Denn: Christus hat sich die Wahrheit genannt, nicht die Gewohnheit!“.
Christian
@ Netzklempnerin:
Vielleicht kennst Du CK persönlich; ich aber kenne ihn nicht, ich kann nur seine Texte beurteilen. Mag sein, dass er ein Radikalliberaler ist. Mag auch sein, dass man seine Texte als radikalliberal bezeichnen kann. Das wäre dann allerdings eine Form „liberal“ zu sein, die mit „Liberalismus“ im Sinne einer erkenntnisverzerrenden Ideologie allerhand, mit Liberalität dagegen ziemlich wenig zu tun hat.
Im Übrigen frage ich mich ganz ernsthaft, was Dich daran hindert, auf meine weiß Gott ausführlich genug dargelegten Argumente einzugehen. Wenn ich bedenke, wie lange und wie sorgfältig ich meine Position begründet habe, finde ich deine Frage „Warum siehst Du den Splitter…“ ziemlich dämlich und die Unterstellung der Unredlichkeit ausgesprochen frech!
She jetzt erst, daß noch jemand unter dem Kürzel CK geshrieben hat. Der letzte Beitrag ist von mir (CK2), die anderen nicht.
Christian
Tut mir leid, CK, das beantworte ich jetzt nicht mehr.
Wow, was für eine Debatte!
Manfred, ich finde es gut, wenn Du Dicha ausschläfst bevor Du antwortest. Mir scheint die letzten Nächte waren sehr lang, währen CK doch recht frisch in seiner Argumentation wirkt.
passt gerade nicht zur hier geführten Diskussion, ich wollte diesen Artikel aber mal verlinken – viel Spaß beim Lesen:
http://freiheitundoptimismus.wordpress.com/2009/02/07/die-legitimationskrise-von-politik-und-medien/#comment-40
@ Mega Dux:
Das war Dein letzter Kommentar hier. Einem Familienvater, dessen Arbeitstag tatsächlich oft genug bis spät in die Nacht reicht, zu sagen, er solle sich erst einmal ausschlafen, bevor er antwortet – das schreibt man mir einmal in den Kommentarstrang, aber bestimmt nicht zweimal.
Wenn wir aber schon persönlich werden, dann darf ich wohl meine Vermutung äußern, dass es Dir nicht darum geht, CKs Aneinanderreihung von linken Platitüden zu loben, die Dir noch fremder sein sollten als mir, sondern allenfalls darum, Deinen Ärger an mir auszulassen, weil Du es nicht verträgst, dass es konservative Christen gibt, die lieber katholisch werden, als sich einer von euren evangelikalen Fundamentalistensekten mit ihrer selbstgestrickten Vulgärtheologie anzuschließen.
In CKs Argumenten kann ich jedenfalls nichts finden, was mir besonders „frisch“ vorkäme. Ich werfe ihm die Verwechslung von Normen und Tatsachen vor, und er antwortet mir mit Argumenten („Ist das “Recht auf Leben” für die Kirche keine a-priori-Norm ?“), die nur angemessen wären, wenn ich Normensysteme schlechthin und als solche angelehnt hätte. Ich schreibe, bestimmte Ansichten würden aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen, und er fragt mich, welche nicht geäußert werden dürfen, also nach etwa ganz anderem. Ich sage (durch ausdrücklichen Verweis auf meinen Wippermann-Text), dass die Blogosphäre eine sich entwickelnde Gegenmacht zum MeinungsKartell linker Eliten ist, und er behandelt meinen Blog als Beweis dafür, dass es dieses Kartell gar nicht gebe. Ich sage, man müsse Andersdenkende tolerieren, und er fragt mich, warum ich dann eine Kriegspartei (nämlich die Palis im Gazastreifen) auch als solche behandelt sehen will. Und so weiter.
Ich finde, ich habe das Recht, und zwar ohne mir dusslige Sprüche von beleidigten Evangelikalen oder zickigen Feministinnen einzufangen, eine Debatte zu beenden, die mir die Zeit für wirklich Wichtiges stiehlt, bei der ich aber ständig gegen eine Wand rede. Ich habe alles, was ich hier ausgeführt habe, in den letzten anderthalb Jahren in diesem Blog bis zum Erbrechen durchgekaut. Wenn einer diese Langfassung meiner Thesen nicht versteht, dann wird er die Kurzfassung erst recht nicht verstehen.
„Die den Konservativen so heilige, bürgerliche Familie weiß ich sehr zu schätzen, weil ich sie selber sehr positiv erlebt habe, aber wieso sollte dieses Modell, was es auch nicht seit Anfang der Menschheitsgeschichte schon gibt, für alle Zeit das “natürliche” sein ? Wieso den Menschen nicht die Wahl lassen, welche Bindungen sie eingehen wollen und welche nicht ?“
Wenn ich sowas schon höre! Ein Satz, in dem die ganze Menschenverachtung linker Ideologen, diese Bereitschaft, auf Kosten Anderer Vabanque zu spielen, sich geradezu zusammenballt:
Ich habe die Familie weder als „heilig“ noch als „natürlich“ bezeichnet, und ich habe auch nicht behauptet, sie müsse „für alle Zeit“ in ihren traditionellen Formen existieren. Ich bin nur das, was ich oben als „konservativ“ definiert habe, nämlich einer jener Menschen, die „nicht bereit sind, vorhandene Strkturen zu opfern, ohne etwas Besseres vorweisen zu können.“ Wenn jemand wie CK selber als Kind die Familie als etwas Positives erlebt hat, es dann aber für richtig hält, künftige Kinder zum Gegenstand alternativer Experimente zu machen, dann drückt sich darin genau derselbe Geist von verantwortungslosem Menschheitsbeglückungswahnsinn aus, den uns schon die Jakobiner und die Kommunisten vorgeführt haben und der jetzt, wo der Sozialismus endgültig gescheitert ist, seine Auferstehung feiert, und zwar auch bei Leuten, die nach herkömmlicher Gesäßgeographie nicht links sind, ihrem Menschenbild nach, und ihrer Vorstellung vom angemessenen Verhältnis von Freiheit und Ordnung nach aber sehr wohl.
Das gilt zum Beispiel für jene Neotrotzkisten, die sich fälschlich „Neokonservative“ nennen und die Interessen des eigenen Landes hinter ihrem weltrevolutionären Ehrgeiz hintanstehen lassen, die Demokratie im Irak oder sonstwo zu verbreiten. Es gilt auch für Radikalliberale, die Kinder als Versuchskaninchen betrachten und dann scheinheilig fragen:
„Wieso den Menschen nicht die Wahl lassen, welche Bindungen sie eingehen wollen und welche nicht?“ –
Weil die Betroffenen, nämlich die Kinder, sich gegen die Folgen der Selbstverwirklichung von Erwachsenen nicht wehren können! Darum nicht!
Was allen Spielarten der Linken gemeinsam ist, ist dieses „wird schon gutgehen“ (oder, wie CK sagt „Ich vertraue halt nur mehr als Du darauf, dass sich von selbst die geeigneten Bindungen durchsetzen“), dieses völlige Unverständnis dafür, dass Gesellschaft fragil ist, und dass man sie deshalb zwar planmäßig zerstören oder zersetzen, aber nicht planmäßig wiederaufbauen kann. Und wenn wieder einmal einer dieser Menschenversuche schiefgegangen ist, dann stehen sie mit großen Augen da, sagen „Das haben wir nicht gewollt“ und überlegen sich, wie sie den nächsten Irrsinn inszenieren können, der diesmal aber gaaaanz bestimmt funktionieren wird.
Ach ja, noch ein Nachtrag zu:
„Und wenn ihr meint, man müsste nach konservativen Richtlinien leben, ist das nicht eine noch viel strengere PC bzw. CC (=Conservative Correctness)?“
Noch so eine Sophistenfrage! Der Unterschied ist, dass der, der Strukturen zu erhalten versucht, dadurch niemanden zwingen kann und will, sich ihrer individuell zu bedienen, dass aber der, der sie zerstört, das Allen unmöglich macht.
Wenn ich die Familie als Institution und gesellschaftlichen Normalfall zu erhalten versuche, zwinge ich damit niemanden individuell zur Ehe, wenn ich die Nation und den Nationalstaat verteidige, zwinge ich niemanden zum Patriotismus, wenn ich auf der Autorität des Rechtsstaates bestehe, zwinge ich damit kein Verbrechensopfer, die Polizei zu rufen.
Wenn das alles aber nicht existiert, dann verschwindet das Grundvertrauen in die Stabilität von Familien bei allen Beteiligten, steht der Schutz, den die Zugehörigkeit zur Nation bietet, niemandem zur Verfügung, und kann ich nicht die Polizei rufen, wenn ich bedroht werde.
Mega Dux hat mir glaubwürdig versichert, dass sein letzter Kommentar nicht so gemeint war, wie er bei mir angekommen ist. Er kann also getrost weiter kommentieren.
Ach ja, Mega Dux: Pardon wegen meiner Ruppigkeit gegenüber den Evangelikalen.
Thx.. Manfred… 🙂
@Manfred: Die Debatte zwischen dir und CK scheiterte wohl auch daran, das CK wenig Erfahrung mit konservativen Positionen hat. Wenn noch Interesse an einer Auseinandersetung mit dem Liberalismus besteht, schau doch bei mir vorbei. Ich hoffe das wir eine Disskussion auf der Basis der Prämissen unserer Weltanschauungen führen können und nicht bei Nebenaspekten verharren.
@ Michel:
„Die Debatte zwischen dir und CK scheiterte wohl auch daran, das CK wenig Erfahrung mit konservativen Positionen hat“.
Keineswegs. Sie ist daran gescheitert, dass ich zuviel& Erfahrung mit linken Positionen habe. Ein in der Wolle gefärbter Konservativer hätte wahrscheinlich viel mehr Geduld gehabt als ich, einfach auf die Möglichkeit hin, etwas dazuzulernen.
Einer wie ich dagegen, der von der Linken kommt, alle ihre Argumente in- und auswendig kennt, sie alle aus guten Gründen verworfen hat, weil er nach Jahren ständiger Verärgerung zu der Erkenntnis gelangt ist, dass die Widersprüche linker Ideologie sich nicht mit Ad-hoc-Theorien wegdefinieren oder glattbügeln lassen, sondern eine Generalrevision des gesamten linken Gedankensystems erzwingen – so einer kann sich in Diskussionen mit linken Gesprächspartnern bestenfalls langweilen. Mir kann ein Linker oder Liberaler schlicht und einfach nichts Neues mehr sagen, jedenfalls nicht im Hinblick auf weltanschauliche Prinzipienfragen (was nicht ausschließt, dass man in pragmatisch zu lösenden konkreten Fragen durchaus einer Meinung sein kann). Er kann höchstens noch auf irgendwelche Minen treten.
„Ich hoffe das wir eine Diskussion auf der Basis der Prämissen unserer Weltanschauungen führen können“. Bitte alles, nur das nicht. „Wenn noch Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem Liberalismus besteht…“ – Dieses Interesse hat nie bestanden, ich habe die Debatte als mir aufgezwungen empfunden. Ich bin aus den oben genannten Gründen überhaupt kein Freund ideologischer Grundsatzdebatten, und ich kann Dir versichern, dass Du keine Freude daran hättest, mit mir zu diskutieren.
(Übrigens: Ich habe den Text gelesen, auf den das Pingback verweist. Ich finde es ja schmeichelhaft, dass Du mich zu einer Art Sprecher des deutschen Konservatismus beförderst, aber das ist eine Rolle, die mir nicht steht und nicht zusteht. Wenn Du es aber schon tust, dann muss ich Deine Behauptung, der Konservative würde „weitgehend auf Theoriebildung verzichten“, wohl auf mich beziehen, und auf mich bezogen ist sie grotesk.)
Schöner Artikel! Vale!
@Manfred: Deine Gleichsetzung von linken mit liberalen Denken ist nicht stichhaltig. Das liberale Programm, freie Wirtschaft und das Begrenzen der politischen Macht, war ein voller Erfolg, das konservative behaupten es wäre gescheitert, muss ich wohl auf die angesprochene Blindheit zurückführen.
Ein Sprecher des Konservativismus im konventionellen Sinne bist du nicht, aber du bist eine der profiliertesten konservativen Stimmen im Internet und mit der Rolle must du dich abfinden.
Bei dem Fehlen der Theorie berufe ich mich auf Karlheinz Weissmann: „Es hat auf Seiten der Konservativen (…) manchen gegeben, der das Fehlen einer konservativen Theorie bemängelte.“ (Das konservative Minimum, S.32). Auch du entwickelst keine konservative Theorie, sondern Analysiert aus konservativer Perspektive die Gegner.
„Auch du entwickelst keine konservative Theorie, sondern Analysiert aus konservativer Perspektive die Gegner.“
Aber gewiss doch, und meine konservative Gegneranalyse lautet, dass Liberale Leute sind, die kein Gespür dafür haben, wann sie überflüssig sind; die glauben, Jeder sei wild darauf, sich ihr Evangelium anzuhören; die dieses Evangelium mit einer Hartnäckigkeit verbreiten, den Zeugen Jehovas Ehre machen würde; und die außerdem kein Deutsch können und sich schon deshalb nicht mit Argumenten auseinandersetzen.
Du hast doch selber ein Blog, oder? Dann schreib Deine Weisheiten dort auf!
Meinet wegen wenn es keinen Sinn hat, die Debatte weiter zu führen, füge ich mich dem und hoffe das meine Meinung wenigstens bei anderen Punkten gefragt ist.
Nein, ist sie nicht. Verpiss Dich, und lass Dein oberflächliches doktrinäres Geschwätz anderswo ab!
Hier die Antwort des Herrn Edathy auf AbgeordnetenWatch auf die Frage, warum er die Beobachtung der Pius-Bruderschaft durch den VerfSch fordere, nicht aber eine Beobachtung der islamischen Organisationen:
Sehr geehrter Herr ,
Ihre Frage vom 16. Februar 2009 habe ich gelesen.
Unklar bleibt mir, was Ihr Anliegen ist.
Die islamischen Organisationen in Deutschland sind ebenso wie die christlichen Organisationen sehr vielschichtig. Daher ist Ihre Aussage, dass die von mir vorgebrachten Argumente, die für eine Beobachtung der Pius-Bruderschaft durch den Verfassungsschutz sprechen, auf „fast alle islamischen Organisationen“ passen würden, schlichtweg falsch. Der weit überwiegende Teil der islamischen Organisationen vertritt keine antidemokratischen Einstellungen. Das gilt auch für die breite Mehrheit christlicher Organisationen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB
Dazu fällt einem doch wirklich nichts mehr ein.
Hallo Manfred,
ein wie immer brillianter Aufsatz von Dir, kein Wunder, dass er einen ausführlichen und tiefschürfenden Kommentarstrang hervorgerufen hat. Meine Anmerkungen mache ich daher weniger, um etwas wirklich Neues beizusteuern, sondern vielmehr deshalb, um meine Position darzustellen.
„Offensichtlich ist niemand besser qualifiziert, über die katholische Kirche zu schwadronieren“ als Nicht-Katholiken, meinst Du. Völlig richtige Beobachtung mE., dieser „Beißreflex“, der „chic“ sein soll, ödet mich auch an. Andererseits ist aber die Wahrnehmung sicher nicht falsch, dass die Kirche (und im besonderen die katholische) Wertungen bzw. Richtlinien zu allen Aspekten menschlichen Seins äußert (s. Netzklempnerin). Das wird in einer aufgeklärten Gesellschaft im Allgemeinen natürlich nicht mehr unwidersprochen hingenommen, weil hier NICHTS mehr unwidersprochen hingenommen wird.
Aus dem distanzierten Blickwinkel eines keuschen Menschen können zB. sicher bedenkenswerte Urteile über Ehe, Familie usw. gefällt werden, aber die wahren Kenner der Szene sind eben (zumindest AUCH, hihi) langjährige Eheleute und Eltern. Anders als früher ist der Anspruch auf ewige und einzige Wahrhaftigkeit für die meisten Bürger, die intelligent und hoch gebildet sind, nurmehr skuril.
Sicher sollte über theologische Grundlagen nicht „abgestimmt“ werden, gleichwohl ist auch die Zeit der reinen Verkündigung von oben vorbei. Freie Menschen führen Diskurse und schließen Kompromisse. Grade die Bibel ist ob ihrer Vielschichtigkeit in besonderem Maße als einzigartige Gesprächsgrundlage, nicht jedoch als Gesetz- oder Zauberbuch geeignet.
Du schreibst: „Allerdings sorgt bereits die schiere Existenz der katholischen Kirche als der Kirche dafür, dass auch weiterhin die Protestanten darauf angewiesen sind, von der katholischen Kirche wenigstens als christlich, wenn auch nicht als Kirche anerkannt zu werden, umgekehrt aber nicht.“
Ich meine, es ist richtig beobachtet, das das Anerkennungsinteresse eher von der protestantischen Seite ausgeht. Dies hat aber mE. auch damit zu tun, das die evangelische Kirche der katholischen nicht ihr Kirche-sein abspricht, dies aber umgekehrt – wie Du anzeigst – schon der Fall ist. Das ist der schwere Vorwurf der Usurpation. „Angewiesen“, nein, das stimmt sicher nicht, die nordamerikanischen und nordeuropäischen Christen wären auch dann Christen, wenn die RKK untergehen würde. Der Protestantismus/Reformation ist doch grade ein Projekt VORBEI an der RKK direkt zurück auf JESUS!
„Das ist nicht Arroganz, das ist die ehrliche Feststellung, dass man zwei grundsätzlich einander entgegengesetzte Begriffe von ‚Kirche‘ nicht mit ein und demselben Wort belegen darf.“ Ich meine, die evangelische Kirche darf sich durchaus Kirche nennen, nur sollte sie die Unterschiede zu den anderen deutlich machen, was ja auch geschieht, weshalb sie sich „Evangelische Kirche“ nennt“. ALLE christlichen Kirchen beziehen sich auf die EINE Bibel mit ihren beiden Testamenten, von denen das Neue Zeugnis ablegt über JESUS, und DIESES Zeugnis ist für ALLE Christen verbindlich (Ganz anders liegt der Fall beim Mohammedanismus, der BEHAUPTET, eine Religion zu sein, der sich der Namen und heiligen Orte des Juden- und Christentums bedient, um dort seine schaurige Blutorgie zu zelebrieren: Das ist in der Tat Usurpation).
Wiki: „Die gemeinsamen Grundgedanken der evangelischen Kirchen lassen sich durch die „vier Soli“ zusammenfassen:
– ’solus Christus‘: Allein die Person, das Wirken und die Lehre Jesu ist Grundlage des Glaubens.
– ’sola scriptura‘: Allein die Bibel ist Regel und Richtschnur des Glaubens (‚regula fidei‘).
– ’sola gratia‘: Allein die Gnade Gottes bringt Erlösung.
– ’sola fide‘: Allein der Glaube rechtfertigt vor Gott.“
Da hast Du dann eben auch die Idee, dass „die Kirche“ dort ist, wo der einzelne Christ mit der Bibel in der Hand (und durchaus auch dem Schwert, wie Monalisa darlegt) steht. Ich bin an der RKK sehr interessiert, aber es ist für mich letztendlich nicht entscheidend, wer mich als Christ anerkennt oder nicht. Ich habe für mich eine Entscheidung getroffen und werde mit ihr begraben werden, egal was irgendwer sagt. Es ist letztlich eine Beziehung zwischen mir und Jesus, die durch die Bibel ermöglicht wird, dazwischen steht kein anderer und keine Institution.
„Es wäre für das Christentum insgesamt, einschließlich des Protestantismus, eine Katastrophe, wenn die römische Kirche sich ein protestantisches Selbstverständnis zulegte.“
Ja, das mag gut sein. Obwohl ich Evangele bin, freut es mich, dass es die starke RKK gibt, gleichwohl sind auch die Evangelen zahlreich und tüchtig, und sie besiedeln vor allem den reichen Norden der Welt. Es ist gut, dass Du die Freiheit hast, zum Katholizismus zu konvertieren, und es ist gut, dass wir uns freundschaftlich darüber austauschen können.
Ich hatte mich in Bezug auf die Äußerungen der Kanzlerin in dieser Angelegenheit – wie zu erwarten, hihihi – auf ihre Seite geschlagen. Am Sonntag las ich jedoch in der FAZ (10.5.) in einem 3/4-seitigen Interview mit Andrea („Ich-will-nach-oben-ganz-egal-wie“) Nahles von der Schariapartei Deutschlands (SPD), die nach dem Dirndl nun auch ihre (kath.) Religiosität (Hälfte des Interviews) entdeckt hat, folgende Passage: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundeskanzlerin nicht nach ihrer öffentlichen Kritik am Papst, sondern vorher zum Telefonhörer gegriffen und mit dem Papst gesprochen hätte. Stellen Sie sich vor, sie hätte öffentlich gesagt: ‚Ich habe heute mit Papst Benedikt telefoniert, und wir sind uns einig gewesen, dass…‘ das wäre ein anderer Ton gewesen.“ Hier hat Frau Nahles mE. mal Recht, aber es ist eben so, dass wir alle sterben müssen, um klug zu werden. Wir alle machen Fehler, weil wir Menschen sind, sogar der Papst, aber das ist doch gar nicht so schlimm, denn unser Gott ist der EINE, der LIEBENDE, der GÜTIGE Gott.
Manfred, ich grüße Dich herzlich,
Time
„denn unser Gott ist der EINE, der LIEBENDE, der GÜTIGE Gott.“
Nicht ganz, lieber Time,
Gott fordert auch. Er fordert, dass man seine zehn (nur zehn) Gebote befolgt, sich wenigstens bemüht.
Gott straft auch. Mit Recht.
Aber, Gott lässt aber seine Geschöpfe niemals fallen. Gott fängt den, der ihn sucht, auf. Immer. Verlässlich. Sicher und ohne jeden Zweifel.
@ Manfred, danke für den vorzüglichen Artikel. Aber die Antworten auf die Kommentare gefallen mir auch sehr gut. 😉
@ Time:
„Meine Anmerkungen mache ich daher weniger, um etwas wirklich Neues beizusteuern, sondern vielmehr deshalb, um meine Position darzustellen.“ – Dann will ich Dein flammendes protestantisches Bekenntnis auch nicht mit Genöle kontern 😀 und grüße Dich auch sehr herzlich.
„Artikel grade erst entdeckt. Mensch Meier.“
„Na und ?“
„Begeistert. Begeistert.“
Muahaha! Kannst Du mir das in schön ausdrucken und mit Autogramm versehen zusenden? 🙂
Super geschrieben, hab was gelernt.
Templer