Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu den Lesern der „Korrektheiten“ gehört, aber wenn es ihm darum gegangen wäre, meine Einschätzung der türkischen Politik zu bestätigen, dann hätte er dies kaum eindrucksvoller tun können als mit seinen Auftritten am Freitag im Bundeskanzleramt und am Sonntag in der Köln-Arena.
Wenn wir Deutschen von „Integration“ sprechen, dann meinen wir damit, dass Einwanderer, z.B. aus der Türkei, und ihre Kinder in die deutsche Nation aufgenommen werden. Das heißt im Klartext: Wenn sie unseren Pass annehmen, wechseln sie ihre Nationalität und werden Deutsche.
Dazu gehört nicht, dass man Schweinshaxen essen oder samstags den Rasen mähen oder vor seinem Haus Gartenzwerge aufstellen muss. Wohl aber gehört dazu, dass man die deutsche Nation als seine eigene annimmt, dass man die deutsche Sprache spricht, dass man die demokratische Rechtsordnung und die ihr zugrundeliegenden Wertentscheidungen akzeptiert, und zwar einschließlich der religiösen Toleranz, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, des Verzichts auf private Gewaltanwendung. (Und, da das zum nationalen Grundkonsens gehört: dass man nicht am Existenzrecht Israels herumsägt.)
Wenn dagegen Erdogan von Integration spricht, tut er es mit den Worten:
„Ja zur Integration – nein zur Assimilation!“
Und macht unmissverständlich klar, dass mit „Nein zur Assimilation“ nicht etwa die Ablehnung besagter Schweinshaxen und Gartenzwerge gemeint ist, sondern die Ablehnung der Zugehörigkeit zur deutschen Nation: Wenn er sagt, die Deutsch-Türken sollten ihre türkische Identität bewahren und sich
„mit ihren Werten integrieren“,
(FAZ, 09.02.08, „Unser gemeinsames Land“, online nicht kostenlos verfügbar)
dann sagt er damit zugleich, welche Identität sie nicht annehmen – eine deutsche nämlich – und welche Werte sie nicht akzeptieren sollen – die der deutschen Gesellschaft. Sogar dort, wo er seine Landsleute aufruft, die deutsche Sprache zu erlernen, verknüpft er diesen Appell mit der Forderung nach türkischen Schulen und Universitäten in Deutschland, denn ein Deutsch-Türke müsse
„zuerst die eigene Sprache beherrschen, bevor er die zweite, also Deutsch, erlernen kann.“ (FAZ, a.a.O.)
Deutsch als Zweitsprache! Es geht also mitnichten um Traditionspflege etwa nach Art der Hugenotten, die bis heute ihr französisches Erbe hochhalten, ansonsten aber stets preußische, später deutsche Patrioten waren, sondern es geht um die bewusste, sogar institutionalisierte Ablehnung des Deutschen als Muttersprache, und zwar in alle Zukunft.
Und damit wir Deutschen nicht auf dumme Gedanken kommen, fügt er an seine Forderung nach türkischen Bildungseinrichtungen in Deutschland den denkwürdigen Satz:
„Wenn Sie versuchen, das zu verhindern, dann machen Sie einen Fehler.“
Der Manfreds-politische-Korrektheiten-Sonderpreis für politische Phantasie geht an Denjenigen, der mir plausibel macht, dass dieser Satz nicht als Drohung zu verstehen ist.
Dabei belässt er es nicht einfach dabei, „Assimilation“ abzulehnen, nein, er verteufelt sie als
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Was denkt er sich eigentlich dabei, die Aufnahme von Türken in die deutsche Nation mit einem Begriff zu belegen, der zur juristischen Kennzeichnung der nationalsozialistischen Massenmorde entwickelt wurde?
Vielleicht denkt er sich gar nichts, das wäre die freundliche Interpretation. Im Zusammenhang mit der Serie unterschwelliger Drohungen, die er während seines Besuchs ausgesprochen hat, halte ich aber für plausibel, dass die unverschlüsselte Botschaft lautet: Versucht nicht, uns zu assimilieren, sonst verpetzen wir Euch vor aller Welt als Nazis, die einen „Völkermord“ begehen!
(Ein primitives Kalkül, das aber seine Wirkung vor allem auf denjenigen Teil der deutschen Öffentlichkeit nicht verfehlen dürfte, dem die Sorge um „das Ansehen Deutschlands in der Welt“ regelmäßig den Schlaf raubt, und der schon vorsorglich auf die Knie fällt, wenn man uns mit der bloßen Drohung konfrontiert, uns mit unserer braunen Vergangenheit in Verbindung zu bringen. Diese Marotte mutiert spätestens in dem Moment zum handfesten politischen Problem, wo wir es mit einem Spieler zu tun bekommen, der wie Erdogan zynisch genug ist, diese Schwäche auszubeuten. Dabei ist sie völlig unnötig: Für uns kann es doch lediglich darauf ankommen, keine Nazis zu sein, nicht aber darauf, ob Andere denken, wir könnten das sein. Im Übrigen kann es der präventiven Abschreckung potenzieller Feinde unseres Landes bloß dienlich sein, wenn sie uns zumindest zutrauen, wir könnten mit ihnen nach Nazimanier verfahren; mit demonstrativem Pazifismus erzielt man diesen Effekt jedenfalls nicht.)
Was Erdogan uns also als „Integration“ verkaufen will, ist die Stabilisierung der deutsch-türkischen Minderheit als Gesellschaft in der Gesellschaft, als Nation in der Nation, als Staat im Staate. (Und die Integration besteht lediglich darin, dass es sich um einen Staat eben im Staate handeln soll.)
Eine Unverschämtheit wäre diese Forderung in jedem Fall. Aus dem Munde speziell eines türkischen Regierungschefs ist sie jedoch weitaus mehr als das:
Stellen wir uns, um Erdogans Verhalten angemessen zu interpretieren, einen Moment lang vor, der armenische Ministerpräsident würde auf Staatsbesuch in die Türkei reisen, in Istanbul eine Massenversammlung mit zwanzigtausend türkischen Armeniern abhalten und diese auffordern, sich auf keinen Fall an die türkische Gesellschaft zu assimilieren, weil das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei. Der sofortige Abbruch der diplomatischen Beziehungen wäre noch die geringste Folge.
Das türkische Verständnis von Nation und Nationalstaatlichkeit basiert nämlich auf der Vorstellung der vollständigen ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Homogenität der Nation! Von der Toleranz der Türken gegenüber Minderheiten können etwa Kurden und Armenier ein Lied singen. (Die kleinasiatischen Griechen können es nicht mehr, weil ihre dreitausendjährige Kultur nach sechshundert Jahren Türkenherrschaft restlos verschwunden ist – mitsamt den Griechen selbst.) Die Forderung nach Minderheitenrechten stellt nach türkischem Verständnis einen Anschlag auf die Einheit der Nation dar und gilt als staatsfeindlicher Akt. (Dass Erdogans Islamisten mit Rücksicht auf die EU, d.h. aus taktischen Gründen, das Prinzip etwas flexibler handhaben als ihre kemalistischen Vorgänger, bedeutet keineswegs, dass sie es zur Disposition stellen würden.)
Wenn der Regierungschef eines solchen Landes an Deutschland eine Forderung stellt, die er, wäre sie an ihn selbst gerichtet, als Kriegserklärung auffassen würde, so ist dies – zumindest der Absicht nach – ein feindseliger Akt, da sie darauf abzielt, Deutschland politisch zu schwächen, und zwar im Interesse sowohl des Islam im Allgemeinen als auch der Türkei im Besonderen:
Kurzfristig geht es ihm darum, die Deutsch-Türken als Fünfte Kolonne aufzubauen, die als Pressure-Group den EU-Beitritt der Türkei unterstützt:
Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gehört die strukturelle Mehrheit des „bürgerlichen Lagers“ der Vergangenheit an – Links und Rechts sind jetzt ungefähr gleich stark. In einer solchen Situation wächst einer Wählergruppe, die sich jenseits des Links-Rechts-Gegensatzes über ethnische Gruppenidentität definiert, die Rolle eines Züngleins an der Waage zu, sofern sie es schafft, sich als nahezu geschlossener Stimmblock zu etablieren; eine solche Gruppe verfügt kraft ihrer strategischen Position über einen Einfluss, der ihr zahlenmäßiges Gewicht bei weitem übertrifft. Orientiert sie sich an den politischen Vorgaben eines fremden Staates, so ist eine verstärkte Abhängigkeit Deutschlands von dessen Interessen die zwangsläufige Folge.
Dabei können wir uns noch nicht einmal darauf verlassen, dass die demokratischen Spielregeln wenigstens formal eingehalten werden: Mit ihrem Spiel, den Zorn der Deutsch-Türken auf den deutschen Staat und „die“ Deutschen zuerst anzuheizen, um ihn dann mit staatsmännischem Gestus wieder zu dämpfen (siehe meinen Beitrag „Brandstiftung“), hat die türkische Regierung klargemacht, auf welcher Klaviatur sie in Zukunft zu spielen gedenkt.
Normalerweise könnte man es als das dumme Gerede unreifer Hitzköpfe abtun, wenn junge Türken in die Reportermikrofone rufen: „Wenn das so weitergeht, gibt es Bürgerkrieg: Türken gegen Deutsche!“ (Nicht etwa: „Deutsche gegen Türken“ – offenbar ist man sich in diesen Kreisen wohlbewusst, von wem die Aggression ausgeht.) Wenn aber die türkische Regierung offen ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur Schau stellt, solche Stimmungen nach Bedarf zu manipulieren, und die Deutsch-Türken sich darauf einlassen, so ist dies die unzweideutige Ansage, dass die türkische Seite bereit ist, zur Durchsetzung ihrer Partikularinteressen Gewalt anzudrohen und – sonst hinge die Drohung ja in der Luft – auch anzuwenden.
Und diese Interessen enden nicht mit dem EU-Beitritt der Türkei – da beginnen sie erst. Haben sich die Türken erst einmal als zweite Nation auf deutschem Boden etabliert, so wird der nächste völlig logische Schritt die Forderung nach „Gleichberechtigung“ sein, gestützt immer auch auf latente Drohungen.
Falls hier einer jener linken Pawlowschen Dackel mitliest, die bei dem Wort „Gleichberechtigung“ reflexartig mit dem Schwanz zu wedeln beginnen: Es ist ein grundlegender Unterschied, ob ich Individuen als gleichberechtigt behandle oder ein Kollektiv! Die Gleichbehandlung eines Kollektivs bedeutet, dass dessen Wertvorstellungen, Sozialnormen, Geschichtsbilder und Vorurteile denselben Anspruch auf gesellschaftliche Legitimität haben wie die der Mehrheitsgesellschaft. Im Falle eines islamischen Kollektivs also Frauenfeindlichkeit, autoritäre Erziehung, Antisemitismus, Christenhass, Intoleranz, Gruppennarzissmus und Gewaltkult. Und nicht zuletzt die Geltung der Scharia. (Wer immer noch nicht glauben will, dass es darauf irgendwann hinauslaufen wird, werfe einen Blick nach Großbritannien und lasse sich vom Erzbischof von Canterbury belehren.) Wohin schließlich die „Gleichberechtigung“ zweier Kollektive führt, von denen das eine zur Gewaltanwendung bereit ist, das andere aber nicht, mag sich Jeder selbst ausmalen.
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Erdogan ist mindestens ebensosehr Islamist, wie er Nationalist ist. Wenn er das Aufgehen der türkischen Gemeinde in der deutschen Nation um jeden Preis verhindern will, dann geht es nicht einfach um die Durchsetzung türkischer Staatsinteressen. Es geht um die Durchsetzung des islamischen Gesellschaftsmodells, um zunächst die Verdrängung, dann Zerstörung der säkularen europäischen Zivilisation.
Eines muss man Erdogan lassen: Taqqiyya – Täuschung der Ungläubigen – ist das nicht. Er ist ehrlich. Er hat seine Karten auf den Tisch gelegt.
Aktuelle Literatur zum Thema „Islam“
Aktuelle Literatur zum Stichwort „Türkei“
Aktuelle Literatur zum Stichwort „Djihad“
Die Bücher von Hans-Peter Raddatz, von Oriana Fallaci, von Udo Ulfkotte, von Henryk M. Broder
….fundierte Analyse, der unbedingt die Antwort der Deutschen als Kollektiv folgen muss, dass die Bundesrepublik Deutschland keinen Nährboden für Ankaras 5. Kolonne bieten wird!
Die Reaktion aller deutschen Medien und aller deutschen Politiker auf Erdogans unglaubliche Provokationen sind absolut zu schwach. Entweder sind die maßgeblichen Leute nicht fähig, zu erfassen, was vorgeht, oder aber sie können mit dieser Herausforderung nicht umgehen und handeln rein angstgesteuert.
Du schriebst von „latenten Gewalt-Drohungen“, leider, leider ist das der Realität einen Tick hinterher. Es ist nichts mehr latent! Die jetzt peu a peu bekanntwerdenden Zustände in den Städten, daß Feuerwehr und Rettungsdienstpersonal verbal und tätlich bei der Ausübung ihres Berufes angegriffen werden und polzileilich geschützt werden müssen – das ist doch nur noch pervers.
Ein Haßvideo bei YouTube über den Brand erhält jede Menge absolut haßerfüllter Kommentare. Die jungen Türken werden in ihrer eigenen Sprache und von ihren eigenen Medien (also unter weitgehendem Ausschluß der dt. Öffentlichkeit) auf fatalste Weise indoktriniert und zum Haß erzogen. Die Politik müßte hier längst konsequenteste und wirksamste Gegenmaßnahmen ergriffen haben, zaudert und zögert aber nur.
Es ist ziemlich beunruhigend, gelinde gesagt.
Ich bemühe mich, bei aller Klarheit in der Sache, um Zurückhaltung in der Ausdrucksweise, weil ich mir nicht nachsagen lassen will, durch hysterische Übertreibungen mutwillig Hass zu schüren; Du hast aber Recht: Das Wort „latent“ hätte ich weglassen können.
Die mindeste Reaktion auf Erdogans Provokationen wäre die sofortige Beendung der EU-Beitrittsverhandlungen gewesen, und zwar wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Wenn die SPD das nicht mitmachen will, dann kann sie es ja darauf ankommen lassen, ob sie wirklich Neuwahlen unter der Parole „Türkei in die EU“ riskieren will. Zugleich hätte man erklären müssen, dass Integration und Assimilation ein und dasselbe sind.
Ich habe vergeblich nach deutschsprachigen türkischen Blogs gesucht, in denen über den Brand diskutiert wird, habe aber nur die linken deutschen Gutmenschenblogs gefunden. Diskutieren die eigentlich nur auf Türkisch?
Du schreibst, dass es Erdogan, indem er das Wort „Integration“ eher im Sinne von „Kolonisierung“ als, wie bei uns, „Eingliederung unter Wahrung der Identität“ verwendet, um die Etablierung eines zweiten, türkischen und islamischen, Kollektivs auf deutschem Boden geht. Das sehe ich auch so, und es erfordert eine deutlich massivere Zurückweisung seitens aller deutschen Politiker, als sie bisher erfolgt ist (und wohl auch je erfolgen wird).
Durch diese „Waschlappigkeit“ wird Herrn Erdogan signalisiert, dass er mit seiner Absicht bereits weitgehenden Erfolg gehabt hat.
Mag sein, dass bis jetzt 3 Millionen Türken (im Sinne von Menschen, deren erste Loyalität dem türkischen statt einer anderen wie der deutschen Interesse gilt) im Gegensatz zu 79 Millionen Deutschen (Definition: dito) auf deutschem Staatsgebiet leben, doch bin ich mir längst nicht mehr sicher, ob die faktische Machtverteilung sich diesem Verhältnis nicht längst konträr gegenüber verhält.
Mit anderen Worten: Die Türken sind, dank ihrer intakten Identität, ihrer Mobilisierbarkeit für die Interessen der türkischen Staatsführung und ihrer Geschlossenheit, in der Bundesrepublik längst einflussreicher als die Deutschen geworden. Denn an allem, was die Türken in den sich nunmehr deutlich abzeichnenden Konflikt einbringen können, mangelt es uns: erstens existiert in keinem Sinne irgendein Konsens über „deutsches Interesse“, sondern höchstens die verschiedenen Parteiinteressen, und das ist nicht erst seit ’68 so, sondern eine deutsche Krankheit seit Jahrhunderten. Zweitens sind die politischen Präferenzen so systematisch austariert, dass kaum noch in einem Bundesland, geschweige denn im Bund selbst, irgendein „Volkswille“ eine tragfähige Mehrheit für irgendein politisches Lager hervorbringen und damit der Regierung die Richtung vorgeben könnte. Und selbst wenn das Wahlvolk noch dazu in der Lage wäre, dann hieße das noch lange nicht, dass die politische Führung auch diesen geäußerten Willen exekutieren würde, statt wie üblich Parteiinteressen über das Gemeinwohl zu stellen.
Die Deutschen sind zwar schon noch ein Volk, und dieses hat auch einen Staat, aber darüberhinaus gibt es etwas, dessen Existenz ich für Deutschland inzwischen leider bezweifeln muss: eine Nation. Damit meine ich die Verbindung zwischen beidem; die Sicherheit, dass Exekutive, Legislative und Judikative im Sinne des wohlverstandenen Volkswillens und -interesses agieren und der Politik eine klar erkennbare Richtung geben. Bei den Türken gibt es so etwas: ihren Nationalismus, ihren Expansionsdrang, ihr Bewusstsein, ein Herrenvolk zu sein, das alle anderen dominiert, wo immer es auch hinkommt.
Opposition von Türken gegen die imperialen Absichten der türkischen Nation sehe ich keine.
Bei uns Deutschen herrscht, was die vielzitierten „Richtlinien der Politik“ betrifft, eine träge Beliebigkeit vor, die außer inhaltslosem „Vorantreiben der europäischen Integration“ (deren konkrete Konsequenzen oftmals sogar in krassem Gegensatz zum Interesse Deutschlands stehen) und konfliktscheuem Maximalkonsens in Sachen Multikulturalismus und „Integration“ (wie auch immer verstanden) kaum noch etwas enthält. Das ist überdies einer der Gründe, warum ein türkisch- oder sonst fremdstämmiger Mensch selbst bei vorhandenem Willen Schwierigkeiten hätte, sich zu assimilieren: er kann hier nicht erkennen, was es bedeuten soll, „Deutscher“ zu sein, da er höchstens widerstreitende Parteiinteressen wird wahrnehmen können.
„Nation“ in diesem Sinne bedeutet nicht zwingend das Ausgeschaltetsein der Opposition oder das Verschwinden von Pluralismus, sondern ihre anderweitig begründete Schwäche bzw. ihr Fehlen. In Deutschland gab es dies nur in drei Phasen: die Zeit der Reichseinigungskriege 1866 – 1871, als alles Handeln auf die Schaffung des Reiches gerichtet war; kurz vor dem Ausbruch und während des Ersten Weltkrieges im Wilhelminismus, als der Kaiser „keine Parteien, sondern nur noch Deutsche“ erkannte und die Sozialdemokraten die Kriegskredite mittrugen; sowie – leider – unter Hitler, der zwar ganz klar nicht das Gemeinwohl der Deutschen im Sinne hatte, aber es zumindest schaffte, den notorischen Parteienstreit und Bruderhass aus Deutschland fernzuhalten („Volksgemeinschaft“) und er die Deutschen glauben machte, für den Erhalt ihrer Nation bis zum bitteren Ende weiterkämpfen zu müssen.
Seit 1945 ist das Nationalbewusstsein aus Deutschland vollständig verschwunden. Es ist müßig, dafür jetzt noch Verantwortliche, etwa in der US-amerikanisch unterstützten Kulturpolitik oder unter den Freudomarxisten der Frankfurter Schule und ihren ’68er Fußtruppen zu suchen – der Antinationalismus wird heute von sämtlichen Bevölkerungsschichten bis hin zum rechten Rand der CSU mitgetragen; er ist inzwischen zu einem Selbstläufer geworden, der nicht nur läuft, sondern galoppiert.
Wenn sich Deutschland aus der selbstgeschaffenen Falle noch befreien soll, dann brauchen wir dringend einen neuen, darauf gerichteten nationalen Konsens. Wer gegen diesen opponiert, vertritt dann nicht einfach eine andere Meinung, sondern hat als Kollaborateur fremder, deutschfeindlicher Mächte angesehen zu werden, was, wie wir ja jetzt wissen, kein „dumpfes rechtsextremes Feindbild“ ist. Deutschland muss endlich wieder als politische Einheit handlungsfähig sein, statt zum Spielball der alles bestimmenden Parteiinteressen zu werden. Der Diskordianismus ist als Staatsreligion durch einen unbedingten Willen zu „Einigkeit und Recht und Freiheit“ zu ersetzen.
Flash Says: „Die Reaktion aller deutschen Medien und aller deutschen Politiker auf Erdogans unglaubliche Provokationen sind absolut zu schwach. Entweder sind die maßgeblichen Leute nicht fähig, zu erfassen, was vorgeht, oder aber sie können mit dieser Herausforderung nicht umgehen und handeln rein angstgesteuert.“
ich befürchte das Letzteres der Fall ist. Würde man Tacheles reden, so würde es der politische Gegner wahltaktisch ausschlachten. Man sieht ja im Fall des „Fremdenhassers“ Roland Koch zu welchen Geschacklosigkeiten der politisch korrekte Gegner fähig ist. Erdogan weiss auch, dass die deutsche nation tief gespalten ist. Daher seine dreiste Rede. Hätte er es mir einer selbstbewusst auftretenden homogenen Gruppe zu tun, hätte er etwas ganz anderes gesagt. Dumm ist er nämlich nicht, der Erdogan.
Manfred. Die Formulierung „Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gehört die strukturelle Mehrheit des “bürgerlichen Lagers” der Vergangenheit an“ finde ich angemessener als die 2002 angesichts des überraschenden Wahlerfolgs von Rotgrün heftig gefeierte Rede von der strukturellen Mehrheit der Linken. Die SPD durchleidet ja in Zeiten angeblicher struktureller Mehrheit der Linken eine weitere, existenzbedrohende Aufsplitterung. Mehr dazu: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E4B1E91E9EF914F339CE061951B4B62F8~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Aus Sicht von Rotgrün ist das überraschend hohe sozialistische Potenzial der ehemaligen DDR übrigens das entscheidende Zünglein an der Waage. Seit den Montagsdemonstrationen tun SPD und Grüne einiges, um Stimmen aus diem staatsfixierten Lager zurückzubekommen. Das die BRD seitdem in der Sozialfalle (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,531429-2,00.html) steckt, hat m.E. viel damit zu tun. Bisher jedoch verhallen die rotgrünen Lockrufe anscheinend noch ungehört. Demokratisch sind diese kollektivistischen Wähler nun einmal überhaupt nicht eingestellt. Deren Wahlverhalten unterscheidet sich drastisch von dem der Westdeutschen. Die öffentliche Thematisierung findet erstaunlicherweise jedoch ebenfalls nicht statt.
Zurück zu Erdogan. Die Rolle eines Züngleins an der Waage ist sehr problematisch, selbst wenn wir gar nicht so weit gehen wollen, diesem Wählerpotenzial die Orientierung an den politischen Vorgaben eines fremden Staates zu unterstellen. Zum Konflikt kommt es, wenn sich das Wahlverhalten der Gruppe von dem der Geburtsdeutschen drastisch unterscheidet und wenn es derart zu einer Regierungsbildung kommen sollte, die ohne das Mitwirken der Gruppe nicht vorstellbar wäre. Die Konstellation würde dann von vielen der Geburtsdeutschen als Fremdbestimmung gedeutet werden. So weit ich weiss, unterscheidet sich das Wahlverhalten der Gruppe von dem der Geburtsdeutschen drastisch. Erdogans Leute wählen meines Wissens primär die SPD und damit eine Partei, die von den Geburtsdeutschen immer weniger gewählt wird.
@ Thatcher:
Mir scheint, Du stellst die Demokratie allzu leichtfertig zur Disposition. An sich funktioniert sie genau dadurch, dass Parteien ihre Interessen verfolgen, wie überhaupt das westliche Gesellschaftsmodell seine Errungenschaften auf allen Gebieten der Konkurrenz verdankt, und das heißt: der Orientierung am jeweiligen Eigeninteresse und gerade nicht am Geminwohl: In der Wirtschaft konkurrieren Unternehmen, in der Wissenschaft Wahrheiten, in den Medien Informationen und eben in der Politik Parteien. Da die ein Interesse haben, an der Macht zu bleiben, so zumindest die Theorie, müssen sie sich an den Interessen des Volkes orientieren… na, seien wir bescheidener: dürfen sie die zumindest nicht offensichtlich vernachlässigen. Wie gesagt, das ist die Theorie, und die kann bekanntlich ziemlich grau sein.
Das Ganze funktioniert ja nur, wenn das Volk seine eigenen Interessen überhaupt im Auge hat. Unser Volk aber hat sich eine Denkweise angewöhnt, wonach es irgendwie anstößig sei, eigene nationale Interessen zu verfolgen, und edel, das nicht zu tun. Es kann durchaus sein, dass Du Recht hast, wenn Du sagst, dass es so etwas wie eine deutsche Nation gar nicht gibt, es sei denn als Idee in den Köpfen einer Minderheit von Patrioten. Und es ist tatsächlich die Frage, wie ein eingebürgerter Ausländer Patriot werden soll (was er in Amerika ganz selbstverständlich wird), wenn er sich einem Volk anschließt, das Patriotismus für bäbäh hält. Eigentlich ziemlich viel verlangt.
Eine Nation, die keine sein WILL, ist in der Tat so wenig zu retten wie das Österreich der Zwischenkriegszeit, das sich ja auch ohne Hitler über kurz oder lang an Deutschland angeschlossen hätte; allerdings kann man sie dann auch nicht mit dem Mittel der Diktatur retten: Das Dollfuß-Schuschnigg-Regime hätte Österreich auch dann nicht erhalten können, wenn das Deutsche Reich keine Gewalt angewendet hätte. (Mir scheint sogar, dass solche Diktaturen, die darauf abzielen, „Nationen“ zu stabilisieren, die keinen Selbsterhaltungswillen haben, überhaupt nur als Satellitenregime von Großmächten existieren können; im Falle Österreichs war das Mussolinis Italien, im Falle der DDR die Sowjetunion.)
Ich glaube allerdings, dass unsere Lage weniger mit dem Österreich als vielmehr mit dem England der dreißiger Jahre vergleichbar ist: Es ist derselbe Geist des Appeasements, der Selbstaufgabe, der Selbstanklage, des Selbstbetrugs, der heimlichen oder gar nicht so heimlichen Bewunderung von Gewalt und Skrupellosigkeit eines Feindes, mit dem man gleichwohl einen „Dialog“ pflegen und „peace for our time“ aushandeln zu können glaubt, derselbe Mangel an Glaube in die Stärke der eigenen Ideale, dieselbe Dekadenz.
(Hinzuzufügen wäre, dass England SELBST dem damaligen England sogar noch stärker ähnelt als wir. Der Erzbischof von Canterbury, der die Einführung der Scharia empfiehlt, ist ein Wiedergänger all der Kollaborateure, die sich schon geistig darauf vorbereiteten, Gauleiter in England zu werden. Und die linken Schwachmaten, die heute noch den Imperialismus für das größte Problem der Welt halten, sind die geistigen und oft sogar körperlichen Enkel der damaligen Linken, die es ablehnten, England zu verteidigen mit der Begründung, es sei ja genauso faschistisch wie Nazideutschland.)
Wenn man es so sieht, dann sollte man sich aber auch daran erinnern, dass England im März 1939 eine 180-Grad-Kehre gemacht hat, und zwar wegen Hitlers Einmarsch in der Tschechoslowakei. So plötzlich es kam, es hatte sich die gesamten dreißiger Jahre hindurch vorbereitet, in wachsenden Zweifeln, wachsender Unzufriedenheit und wachsender Sorge um die Zukunft des eigenen Landes. Von einem bestimmten Punkt an reicht ein einziges Ereignis, und die Stimmung kippt komplett. Mir scheint, dass dieser Punkt nicht mehr weit entfernt ist, und dass wir uns, um im Bilde zu bleiben, im Jahr 1938 befinden – freilich mit dem Unterschied, dass WIR noch immer weitaus stärker sind als die Gegenseite, was England 1938 nicht war. Ich treffe ziemlich viel mit wildfremden Menschen zusammen, und mir fällt auf, wieviele Menschen, durchaus nicht nur konservative, wenn sie einmal Vertrauen gefasst haben, die ganze PC über Bord werfen und Tacheles reden. Lila hat neulich erwähnt, dass sie den Kern der Nation für weitaus härter hält als es momentan noch aussieht, und ich glaube, dass sie Recht hat.
@ emmettgrogan:
„Zum Konflikt kommt es, wenn sich das Wahlverhalten der Gruppe von dem der Geburtsdeutschen drastisch unterscheidet und wenn es derart zu einer Regierungsbildung kommen sollte, die ohne das Mitwirken der Gruppe nicht vorstellbar wäre. “ – Interessanter Gedanke. Überhaupt scheinen sich unsere islamischen Freunde nicht darüber im Klaren zu sein, dass man sich nicht als Gruppe definieren und als solche gegen den Rest der Gesellschaft stellen kann, ohne die Gesellschaft, sprich die Deutschen, dazu zu bringen, sich ebenfalls als Gruppe zu definieren. Nationalbewusstsein entsteht durch Konflikt. Sagten die nicht was von Bürgerkrieg?
Ich wollte das Konzept der Nation, bzw. des nationalen Konsenses, ja eben nicht als Aushebelung der demokratischen Grundordnung verstanden wissen, Manfred. Das Beispiel der Türkei, aber durchaus auch anderer Länder wie etwa Israel, der USA, Japan oder Indien zeigt ja gerade, dass es ein gemeinsames Ziel nationaler Politik durchaus auch geben kann, ohne dass die jeweils herrschende Partei deshalb gleich die Opposition ausschalten müsste.
Die deutsche Neigung, alles bis zum bitteren Ende ausdiskutieren zu wollen und überall, auch dort, wo es ganz und gar unsinnig ist, Streitpunkte zu finden und Dissens zu konstruieren, ist zwar in einer Demokratie mit Diskussionskultur und Pluralismus möglich und staatlicherseits nicht zu unterbinden. Dennoch findet dergleichen anderswo nicht in dieser exzessiven Weise statt. Man könnte diese Punkte Konsens, Tabu oder einfach Selbstverständlichkeiten nennen, sie stehen nur Leuten im Weg, deren Steckenpferd das Zerstören jedes nationalen Konsenses ist. Zufälligerweise sind es gerade dieselben, sich der Demokratie bedienenden Kräfte, die an deren Stelle andere Tabus, wie derjenigen des umfassenden PC-Kataloges, des Gutmenschentums und der Islamansiedlung, aufrichten wollen.
Jedes Gemeinwesen, auch ein Staat, braucht einen gewissen Minimalkonsens, um als politische Einheit funktionieren zu können, ansonsten kann keine politische Einheit, keine politische Leitlinie gefolgt werden. Und wenn der Souverän, also das Volk, seine Interessen nicht so umfassend, wie es zu wünschen wäre, zu erkennen vermag, dann ist das eigentlich nichts Neues. In früheren Zeiten waren es mangelnde Bildung und Unterversorgung mit Informationen, die dem Bürger die Partizipation am politischen Prozess erschwerte. Heutzutage ist zwar der Bürger mit Allgemeinbildung und mit medialer Information gegenüber vor 100 Jahren besser versorgt, doch wird er dadurch auch automatisch kompetenter in den öffentlichen Dingen? Sind es nicht vielmehr die Überfrachtung mit inadäquatem Wissen und die mediale Überversorgung bei gleichzeitiger Schieflage des präsentierten Meinungsspektrums, die den Bürger gezielt desinformieren?
An dieser Stelle hätte eine verantwortungsvoll agierende Exekutive ihren Ort. Man mag das Paternalismus oder Monarchismus nennen, doch es funktioniert – man sehe sich die Beispiele der USA oder der Türkei an. Man kann Herrn Erdogan sicher vieles vorwerfen, aber aus türkischer Sicht wäre der Vorwurf, er verhielte sich wie ein Erzieher und Oberlehrer, sicher verfehlt. Erdogan vertritt die Interessen der türkischen Nation, so wie sie der einfache Anatole versteht und gutheißt. Dass Frau Merkel in ebendiesem Sinne das Interesse des einfachen Deutschen vertritt, muss dagegen bezweifelt werden, und die Lage wäre nicht wirklich besser in Deutschland, wenn der Bundeskanzler Koch, Beck oder sogar Beckstein hieße.
Die Demokratie ist bekanntlich die beste aller schlechtesten Staatsformen. Ohne eine gezielte Anreicherung mit monarchistischen – oder sogar diktatorischen – Mitteln würde sie sich in endlosen, sinnlosen Debatten totlaufen und die einzelnen Parteien würden jeden Konsens im Keim ersticken. Deshalb liegt in der von den ’68ern angestrebte, inzwischen erreichte und hoch gepriesenen „umfassenden Demokratisierung der Gesellschaft“ nicht nur Segen, sondern auch Fluch. Wenn man den dem Gemeinwesen zugrundeliegenden, über Generationen etablierten Konsens über Werte und Normen hinterfragt, ihn zum Gegenstand heftigster Debatten macht und die Menschen darüber entzweit, dann hat das wenig mit Demokratie, dafür umso mehr mit Eristik und Diskordianismus zu tun.
Nun gut, das ist aber auch nicht wirklich das Ziel. Streiten und Recht behalten könnte man sonst auf der anderen Seite auch. Doch gerade diejenigen, die jeden nationalen Konsens in den Schmutz ziehen und des Protofaschismus verdächtigen zu dürfen für sich beanspruchen, richten zugleich einen gigantischen Pranger auf, an dem jeder landet, der IHRE Tabus nicht akzeptieren, der gegen IHRE krummen Wertvorstellungen Einspruch erheben und der Fehlbildung und Medienmanipulation die Wahrheit entgegensetzen will. Die Wahrheit selbst wird zur rassistischen Hetze und das ideologische Wolkenkuckucksheim zur Richtlinie. Was ist das bitte, wenn nicht eine totalitäre, Orwellsche Herrschaftsform?
Man wird mich schwer von der Überzeugung abbringen können, dass eine solche pseudodemokratische Vorgehensweise die Abwehrkräfte eines Volkes gegen einen perfiden Unterwanderungsversuch islamischer Lobbies schwächt. Insofern sind wir von der Möglichkeit, wie England 1939 eine plötzliche Kehrtwende einleiten zu können, weit entfernt. Hinzu kommt, dass die Ausgangslage für die Briten eine militärische war – der Feind saß, abgesehen von einigen Dutzend Agenten, geschlossen auf dem Festland. Heutzutage haben wir es dagegen mit einer islamischen Fünften Kolonne in Hunderttausend-Mann-Stärke zu tun, die für ihr Zerstörungswerk schon reichlich 30 Jahre Zeit hatte. Während dieser Zeit wäre genug Gelegenheit für demokratische Lösungen gewesen, die nun leider nicht mehr bestehen. Und je länger man sich noch Zeit lässt, bis man endlich diesen Ausnahmezustand feststellt und sich wirksam zu wehren beginnt, desto auswegloser wird unsere Situation. Woher soll ich in dieser Situation irgendeinen realistischen Optimismus beziehen?
Es ist doch nicht so, dass unsere Politiker naiv oder gutgläubig oder uninformiert oder einfach begriffsstutzig sind. Nein, der Herr Minister Schäuble weiß alles, ist blitzgescheit – und auch ihm fällt nichts anderes ein, als ALLE Bürger unter Generalverdacht zu stellen, statt ein schärferes Profiling einzuführen, wie es Israel seit mindestens 20 Jahren praktiziert, und Zuwanderungsbeschränkung und konsequente Ausweisung von Extremisten und Gefährdern zu betreiben. Ich vermute leider, weil er weiß, was passieren wird, wenn er es anders macht.
Das Bemerkenswerte gerade an Israel und den USA ist ja, dass sie eine ganz ausgeprägte Streitkultur haben und die PC-Ideologie zwar existiert, aber ihre wortgewaltigen Gegner hat und weit davon entfernt ist, den Diskurs so zu beherrschen, wie das bei uns der Fall ist. (Wo sie allerdings dominiert, wie an vielen US-Universitäten, bringt sie noch viel schlimmere Blüten hervor als bei uns.)
Die Ursache ist, dass diese Länder sich die Realitätsblindheit nicht leisten können, die mit der PC verbunden ist, weil sie militante Feinde haben. Selbstmordanschläge und Qassam-Raketen kann niemand ignorieren, der noch ganz bei Trost ist. Der nationale Konsens wird da nicht von der Exekutive erzeugt (Deine Vorstellung von Demokratie erinnert mich, mit Verlaub, auch mehr an Russland als an Amerika), sondern von den Verhältnissen erzwungen.
Deutschland dagegen war 40 Jahre lang weltpolitisch aus dem Verkehr gezogen, ist jetzt von Freunden umzingelt, findet das höchst bequem und will in seiner Ruhe nicht gestört werden. Und da die Muslime bei uns den Wolf im Schafspelz geben, also nicht mit Qassam- oder sonstigen Raketen angreifen, will der deutsche Michel gar nicht so genau wissen, was unter dem Pelz steckt. (Und damit steht er gar nicht so allein; sogar unsere israelischen Freunde neigen ja bisweilen dazu, unsere hiesigen Debatten leicht hysterisch zu finden.)
Insofern muss ich Dir widersprechen, wenn Du sagst, es gebe keinen nationalen (im Sinne von: einen Großteil der Nation umfassenden) Konsens; es gibt ihn. Seinem Inhalt nach ist er freilich eher antinational. Es geht gerade darum, diesen 68er-Konsens aufzubrechen; und dafür stehen die Voraussetzungen schon aus biologischen Gründen nicht schlecht, jedenfalls geht diese Generation dem Rentenalter entgegen. Wenn ich mir anhöre, was meine zwanzigjährige Tochter und deren Freunde von PC halten, und wenn ich davon ausgehe, dass das einen Trend anzeigt, dann kann ich dieser Ideologie ein sozialverträgliches Frühableben prophezeien. Und ich glaube, es zeigt tatsächlich einen Trend an: Heute ist, anders als früher, den meisten jungen Menschen klar, dass ihnen ihr Platz im Leben nicht zufallen wird, sondern dass sie ihn sich erobern müssen. Die infantile Mentalität, die mit PC untrennbar verbunden ist, hat da auf die Dauer keine Chance.
Und das ist entscheidend, weil es sich um eine Frage des politischen Willens handelt, nicht des Handlungsspielraums. Ich bin nicht der Meinung, dass demokratische Lösungsmöglichkeiten nicht mehr bestünden, sondern dass es am politischen Willen fehlt, sie zu nutzen. Die Demokratie im Sinne des Grundgesetzes ist eine militante Demokratie, die über eine ganze Reihe von Waffen verfügt, ihre Feinde zu bekämpfen, ohne sich gleich selber mit in die Luft zu sprengen.
Ja ja, nicht nur das, sondern auch der etwas sehr merkwürdige Hinweis, daß von ca 2,5 Mio. Türken in Deutschland bereits 800.000 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Und das solle die Türken mal beschäftigen. Diese 800.000 Verräter meint der Erdogan wohl damit. So verstehe ich es zumindest.
Ich auch, und es lohnt sich, Erdogans Rede genauer zu lesen. In der FAZ war sie abgedruckt, leider habe ich sie unter faz.net nicht gefunden (was durchaus an mir selber gelegen haben kann; ich bin in der ganzen Computerei nicht sehr kompetent); dafür finden sich wichtige Teile davon als Kommentar Nr. 106 unter:
Der Wortlaut bestätigt meine Annahme, dass hier eine Fünfte Kolonne aufgebaut werden soll.
Eine fünfte Kolonne? Wie soll das denn gehen? Ich glaube eher, daß Erdogan mit bestimmten Ängsten herumspielt. So Sachen wie z.B. Wer in Deutschland leben will, muß seine Religion aufgeben und Eisbein essen etc.. Und nachdem ja offensichtlich viele Türken solche Aussagen für wahr halten, stimmen sie mit Papa Erdogan überein. Der Papa freut sich dann und kann weiter seine Devisen einstreichen und immer schön auf ideologisierte Auslandstürken zugreifen.
Ausserdem finde ich, werden diese ganzen Integrations- und Problemdebatten in Deutschland sehr unintelligent geführt. Wenn ich doch nur einmal die Gelegenheit bekäme mit irgendwelchen hochwichtigen Vorsitzenden irgendwelcher Türken- und Islamverbände zu debattieren, dann würden diese ganz sicher völlig alt aussehen, he he… Nun ja… schauen wir mal was passieren wird und wie es weitergehen wird.
Die Rede von Erdogan kann man hier lesen:
http://www.welt.de/meinung/article1660510/Das_sagte_Ministerpraesident_Erdogan_in_Koeln.html
Und das allerschönste daran ist, daß die meißten der in Deutschland lebenden Türken (meine Altersklasse 30-40 jährigen), die immer wieder mal in die Türkei reisen und sich evtl. auch überlegen für immer zurückzukehren – in der Türkei plötzlich völlig schockiert feststellen, daß sie sich schon längst der türkischen Kultur entfremdet haben. Was das bedeutet muß ich ja nicht besonders erwähnen, vielleicht nur so viel:
Die Integration in Deutschland ist im vollen Gange, ob das nun die betroffenen wahrhaben wollen oder nicht.
Was wir machen bzw. wie solche Typen wie ich da unterstützend tätig werden können ist:
1. Wir machen es vor
2. Wir klären auf und versuchen die Hintergründe eines Erdogan aufzudecken
3. Auch der Islam muß soweit reformiert werden, daß unsinnige Traditionen aufgehoben werden
und was mir noch besonders wichtig ist:
Es kann ja wohl nicht sein, daß Türken in Deutschland, sich ihre eigene Lebensart und weise von irgendwelchen türkischen Politikern bestimmen und definieren lassen.
@ Christian:
Vielen Dank für den Link!
@ Oz:
Die Integration ist im Gang, die Frage ist nur: Wieviele machen es denn? Mir scheint, es gibt zwei Grundtendenzen: Die einen, denen es so geht, wie Du beschrieben hast – die anderen, die sich erst recht abschotten, hierzulande Türkei spielen und die deutsche Gesellschaft als Feind betrachten. (Dass eszwischen beiden Fraktionen gleitende Übergänge gibt und keinen scharfen Bruch, ist mir auch klar; es geht nur darum, Tendenzen zu verdeutlichen) Ich fürchte nur, das Kräfteverhältnis beträgt Zwei zu Eins zugunsten der Letzteren (frei Schnauze geschätzt).
„Es kann ja wohl nicht sein, daß Türken in Deutschland, sich ihre eigene Lebensart und weise von irgendwelchen türkischen Politikern bestimmen und definieren lassen.“
Tja, aber was macht man, wenn es genau so ist?
„Auch der Islam muß soweit reformiert werden, daß unsinnige Traditionen aufgehoben werden“ – Kann der Islam überhaupt reformiert werden? Haben wir es wirklich mit „unsinnigen Traditionen“ zu tun, oder geben die nicht genau das Wesen des Islam wieder? Gewiss kann jeder einzelne Muslim seinen Glauben so interpretieren, wie er möchte – zumindest, sofern er im Westen, also in einer nichtislamischen Gesellschaft lebt, die ihm diese Freiheit lässt. Aber kann man wirklich Toleranz und Gewaltverzicht mit dem Islam vereinbaren? Ich bin skeptisch. Siehe dazu auch:
http://korrektheiten.wordpress.com/2007/10/19/warum-das-christentum-zur-demokratie-passt-der-islam-aber-nicht-teil-i-christentum/
http://korrektheiten.wordpress.com/2007/10/24/warum-das-christentum-zur-demokratie-passt-der-islam-aber-nicht-teil-ii-islam/
@Manfred
Ich glaube, dass die größere Gruppe aus Leuten besteht, die sich noch unsicher sind. Bestimmt nicht umsonst kommt ein türkischer Ministerpräsident auf die Idee in Deutschland so eine Rede zu halten, wie er es bekanntlich gehalten hat. Ich denke, wenn wir jetzt zu arg auf die Unwilligen eindreschen, stärken wir nur ihre Position und den Unsichereren wird es dadurch schwieriger.
Ich meine auch, daß es genug unter den Türken gibt, die obwohl in Deutschland, eine feindliche Haltung zur deutschen Gesellschaft einnehmen, weshalb meine Frage lautet: Wie kann man denen das Wasser abgraben? Vielleicht bin ich aber auch ein wenig zu optismitisch, wer weiß.
Eine gute Frage ist, ob der Islam reformiert werden kann? Ich versuche nun schon seit einigen Jahren, den Koran soweit zu analysieren um den wesentlichen Kern der Botschaft herauszustellen. Und da fällt mir auf, das Themen wie Kopftuch, die Rolle der Frau, und viele andere Regeln nicht zur Kernbotschaft gehören und daher meiner Meinung nach veränderbar bzw. der Zeit anpaßbar sind. So viele Spielräume kann ich jetzt schon finden,kann aber noch kein abschliessendes Urteil sprechen, da noch nicht ganz fertig.
Dass es eine große Gruppe von Unsicheren gibt, kann ich mir gut vorstellen. Wenn ich Dich richtig verstehe, glaubst Du, dass das „Eindreschen auf die Unwilligen“ – also auf Kriminelle, Islamisten, türkische Nationalisten, Antisemiten, Terroristenversteher und Frauenhasser – zu deren Gunsten einen Solidarisierungseffekt bei den Unsicheren auslösen könnte. Auch das ist durchaus möglich.
Nur ist genau die Frage: Warum solidarisiert sich jemand ausgerechnet mit solchen Leuten? Ich glaube, dass es ein schwerer Fehler ist, so wie bisher den Unsicheren eine ambivalente Haltung zuzugestehen; bisher hat die deutsche Gesellschaft sich nicht getraut, an die türkische Gemeinde klare Erwartungen zu formulieren, also deutlich zu sagen, dass Integration und Assimilation ein und dasselbe sind, und dass Leute, die um keinen Preis Deutsche sein wollen, allenfalls Türken mit deutschem Pass, auf die Dauer hier nichts verloren haben. Das Eindreschen auf die Unwilligen scheint mir dabei das geeignete Mittel zu sein, eine Entscheidung zu erzwingen.
Der Kern des Islam ist sicher nicht das Verhüllungsgebot; dass es da Spielraum geben kann, glaube ich durchaus. Der Kern des Islam ist die absolute Geltung des Koran. (Beim Verhüllungsgebot heißt das, dass man den Koran zwar liberaler oder reaktionärer interpretieren kann – nur ignorieren kann man ihn eben nicht, und schon dies ist ein grundlegender Gegensatz zum westlichen Denken). Der Kern des Koran aber ist die Unterscheidung von Gläubigen und Ungläubigen, von Wir und Sie, von Freund und Feind, kurzum: der Djihad. Dadurch bekommt die Botschaft eine rekursive Logik: Der Islam besteht darin, den Islam zu verbreiten.
Ich weiß nicht, ob es möglich ist, einen „Islam light“ zu konstruieren, oder, wie Bassam Tibi das nennen würde, einen „Euro-Islam“, der Toleranz als einen positiven Wert auffasst, die Menschheit nicht in Wir und Sie teilt und von der Gleichberechtigung aller Menschen und der Legitimität nichtislamischer Wahrheitsansprüche ausgeht. Wahrscheinlich kann man ihn konstruieren, aber eben nicht aus den islamischen Quellen selbst heraus, und da liegt das Problem. Ein solcher Islam light würde von der überwältigenden Mehrheit aller Muslime auf der Welt abgelehnt werden; er würde zudem, da der traditionelle Islam die Kollektividentität seiner Anhänger konstituiert, eine Änderung eben dieser Gruppenidentität und -mentalität erforderlich machen. Pardon, aber ich kann mir das nicht vorstellen.
Allenfalls ist denkbar, dass Muslime individuell, jeweils für sich, ihre Religion anders definieren, zum Beispiel unter dem Einfluss des Lebens in westlichen Gesellschaften. Das setzt aber eben Assimilation voraus. Ich verweise nochmal auf die im vorigen Kommentar genannten Texte, einschließlich deren Kommentare.
Hallo Manfred,
auf die Frage, warum sich jemand mit den unwilligen solidarisieren könnte, kann ich nur mit einer Vermutung und meinen eigenen Erfahrungen antworten: Jede(r) in Deutschland aufgewachsene oder Lebende Ausländer (besonders aus Ostländern, Orient etc.) ist in irgendeiner Form schonmal diskriminiert bzw. aufgrund seiner Herkunft negativ angemacht worden und wenn es auch nur vordergründig harmlose Bemerkungen waren. Solche Faktoren spielen da vermutlich eine Rolle. Sicher spielt bei Türken auch die nationale Erziehung eine Rolle.
Zur Assimilation: Ich persönlich halte Assimilation in einem Staat wie die BRD einer ist, für nichts negatives – in meinem Fall war es nur positiv, da ich vieles durch assimilieren erlernt habe, also Verhaltensnormen, Denke etc.. In diesem Sinne verstehe ich unter assimilieren, vormachen – annehemn – nachmachen – verinnerlichen.
Meiner Meinung nach, spielt Deutschland unter den Nationalstaaten eine positive Sonderrolle und dies aufgrund seiner jüngeren Vergangenheit. Da hat sich hier echt was getan, sehr fortschrittlich. Wenn ich da an Länder wie Frankreich, Italien, USA oder Polen denke, dann unterscheiden sich diese vom Nationalempfinden bzw. dem Nationalen nicht sehr von Ländern wie der Türkei.
Zum Islam: Ich finde nicht, dass der Kern des Islam der absolute Koran ist, sondern das Erkennen des Absoluten und einzigen Gottes und als nächsten Schritt sich Ihm hinzugeben. Hört sich jetzt sehr krass an, ist aber nicht so. Mohammed hatte nur die Aufgabe darauf hinzuweisen und diese Botschaft zu verkünden. Ob diese Kunde dann vom Idividuum angenommen wird oder nicht, liegt in seiner eigenen Verantwortung bzw. Ermessen. Das aber der Islam danach ins Ortodoxe etc. hin entwickelt hat ist wieder ein anderes Thema und hat mit seinem Kern, meiner Meinung nach nichts zu tun. Wahrscheinlich würden viele Muslime nicht akzeptieren was ich hier schreibe, weshalb man dennoch nicht den Islam an sich verantwortlich machen sollte für die Verantwortungslosigkeit einiger Extrem-Gruppierungen.
Indien z.B. hat auch ein gewaltiges Problem, nämlich seine fanatischen Hindu-Gruppierung und so denke ich wird es in jeder Religion sein.
@Oz
Dieses „Diskriminieren“ ist zwar nicht unbedingt angenehm für einen Fremden, doch es erfüllt genau die gesellschaftliche Funktion, die es braucht, damit sich ein Zuwanderer in die hiesige Lebenswelt einfügt. Die Diskrimination sollte nicht Sache des Staates sein, aber die Bevölkerung darf das schon. Es vermittelt Normen, Sitten und Wertvorstellungen, die essentiell sind und die man, wenn man „Eingeborener“ ist, als Kind lernt – wie soll man sonst lernen, worauf es im fremden Land ankommt? Ich habe geäußert, dass es genau daran in Deutschland fehlt – ein Zuwanderer kann gar nicht erkennen, was es heißt, „deutsch“ zu sein, da niemand sich noch traut, die entsprechenden Forderungen an ihn heranzutragen. Wie würde es unsereinem wohl ergehen, wenn er sich in der Türkei, oder auch nur in den USA, ansiedelte? Würde man da über „Diskriminierung“ jammern können, ohne dass sich die Einheimischen vor Lachen krümmen würden? Der Mangel besteht hier klar auf unserer Seite. Und dass das so ist, liegt auch daran, dass Leute wie Jens Jessen, die in jedem „Diskriminierer“ (da klingt jetzt schon fast wie „Krimineller“) einen verkappten Nazi sehen, so großen medialen Einfluss haben. Wer gesellschaftliche Diskriminierung kriminalisiert, der raubt uns Deutschen die Identität – dass Zuwanderer dann lieber ihre überkommene Identität bewahren wollen, statt gar keine mehr zu haben, ist kein Wunder. Aus diesem Grund finde ich die Wandlung, die Deutschland nach dem Krieg durchgemacht hat, gar nicht so fortschrittlich – bis in die ’60er Jahre vielleicht, aber danach klappte leider gar nichts mehr. Das hat mit der Zerstörung des nationalen Selbstbewusstseins, die die ’68er betrieben und betreiben, ganz unmittelbar zu tun.
Diese Art der Wertevermittlung kann aber nur klappen, wenn der Zuwanderer ihr permanent ausgesetzt ist. Jede Häufung von Zuwanderersiedlungen verhindert aber genau dies und gibt dem Einzelnen die falsche Sicherheit, die Assimilation ließe sich vermeiden. Deshalb sind die „Ghettos“, die Chinatowns und Little Italys in den USA genau wie die Türkenviertel in Wilhelmsburg und Neukölln, so fatal attraktiv und stabil. Dieses Problem geht überall mit großen Migrationsströmen einher und erfordert Maßnahmen, die es gestatten, solche Ghettos kleinzuhalten, ihre Hermetizität zu durchbrechen und nach Möglichkeit aufzulösen.
Es ist durchaus möglich, die traditionellen Werte, den Glauben und Ähnliches zu bewahren, ohne dass es zu Ghettoisierung und Selbstisolation kommt. Man denke an die früheren assimilierten Juden Europas, die einerseits an ihre Umgebung sprachlich, wertmäßig und bildungsmäßig völlig angepasst waren, andererseits unbezweifelbar jüdisch geblieben waren. Oder man denke an portugiesische oder italienische Zuwanderer der 50er und 60er Jahre, die durchaus an Kontakten mit den Einheimischen interessiert waren und deren dritte Generation nur noch dem Namen nach von den Ureinwohnern unterschieden werden kann. Ob man sich seiner neuen Lebenswelt anpasst oder nicht, ist auf Seiten der Einwanderer eine Willensfrage, auf Seiten der aufnehmenden Gesellschaft eine Frage der eigenen Identität und des Mutes, sich dazu zu bekennen, was man ist. Insofern ist „Integration keine Einbahnstraße“, aber die größere Leistung muss schon vom Einwanderer erbracht werden.
Und zum Islam: Es wäre dringend geboten, sich mit den grundlegenden Schriften des Islam und seiner Tradition auseinanderzusetzen, damit die hartnäckigen – und mit viel medialer Begleitmusik am Leben nerhaltenen – falschen Klischees über die Kultur gewordene islamische Ideologie auseinanderzusetzen. Jede gute Buchhandlung hat den Koran vorrätig; man muss nur hingehen, einen kaufen (kostet nur €15,-) und die Suren 2,3,4,5,8,9 lesen. Dies sind grundlegende Schriften des Islam, nicht dessen, was man zwecks Verschleierung „Islamismus“ oder „politischer/fanatischer/extremistischer“ Islam nennt. Das, was sich da wie die Indoktrinierung eines wahnsinnig gewordenen Piratenhauptmanns liest, ist für jeden Muslim das unbezweifelbare Wort Gottes. Die islamische Tradition hat dieses Niederträchtige, Kämpferische und Verlogene immer bewahrt und für sich instrumentalisiert; Dissidenten wurden zu Freiwild, ganz genau, wie man es heute im Irak täglich! beobachten kann. Dieses ethikfreie Regelsystem fördert entgrenzte Gewalt, Anarchie und Räubermentalität; auf der Basis eines solchen Systems kann kein Dialog stattfinden, der die Bewahrung unserer westlichen, pluralistischen, freiheitlichen und offenen Kultur gewährleisten könnte.
Insofern ist die Unterscheidung zwischen „moderaten“ und „extremistischen“ Moslems hinfällig und gefährlich. Hingegen gibt es, vielleicht sogar mehr als im Christentum, islamisch kulturierte Menschen, die von diesen islamischen Lehren etwa soviel Ahnung haben, wie ein Deutscher, der zuletzt zur Konfirmation eine Kirche von innen gesehen hat, über die verschiedenen Auslegungen des Deuterojesaja weiß. Nur bei solchen „lauen“ Leuten, die im übrigen trotzdem zumeist islamisch kulturiert sind, besteht eine gewisse Chance, sie in nichtislamische Lebenswelten zu integrieren; wenn jemand aber einmal mit diesem herrenmenschlichen Kram infiziert worden ist, ist aus meiner Sicht Hopfen und Malz verloren. Dann hilft nur noch die Kugel oder schnellstmögliche Ausweisung.
@ Oz:
Thatcher hat es etwas drastisch ausgedrückt, aber im Prinzip ist es genau das, was ich auch geschrieben hätte, wenn er mir nicht zuvorgekommen wäre. Ich kann mich daher auf ein paar Anmerkungen beschränken:
„Ich finde nicht, dass der Kern des Islam der absolute Koran ist, sondern das Erkennen des Absoluten und einzigen Gottes und als nächsten Schritt sich Ihm hinzugeben.“ – Die Schahada besagt, dass es keinen Gott außer Allah gebe UND dass Mohammed sein Prophet sei. Mohammeds Prophetentum bestand aber genau darin, den Koran zu verkünden; der wiederum beglaubigt sich selbst als das absolute Wort Gottes, und zwar als sein letztes Wort. Es ist m.E. nicht möglich, den Islam auf den nackten Monotheismus zu reduzieren – eben weil der nächste Schritt darin besteht, wie Du schreibst, „sich Ihm hinzugeben“ (weniger freundlich ausgedrückt: sich Ihm zu unterwerfen). Da stellt sich doch sofort die Frage: Worin besteht die Hingabe, welchen Geboten soll man sich unterwerfen? Und spätestens an diesem Punkt kommt der Koran ins Spiel. Ein Islam ohne koranische Basis ist einfach undenkbar; ein solcher Islam wäre für nahezu jeden Muslim auf diesem Planeten ganz einfach „Kufr“. Wenn ich den Koran aber erst einmal als Basis akzeptiert habe, bin ich in der Interpretation nicht mehr frei.
Ich verstehe gut, dass Du versuchst, den „Islam an sich“ von seinen Schattenseiten zu trennen, aber – mit Verlaub -, Du argumentierst ein wenig wie ein Trotzkist, der glaubt, den „Sozialismus an sich“ vom Stalinismus trennen zu können. Historisch hat es noch nie einen Sozialismus ohne totalitäre Diktatur gegeben, und historisch hat es noch nie einen toleranten Islam gegeben.
Was es gab, war zum einen die diskriminierende Duldung von Dhimmis, die systematisch unter Druck gesetzt wurden, zum Islam zu konvertieren, und deren Gemeinden deshalb in den arabischen Ländern, in der Türkei, im Iran und in Pakistan bis auf kümmerliche Reste verschwunden sind – und selbst die werden noch terrorisiert. Zum anderen gab es im Mittelalter einen islamischen Rationalismus – Ibn Sina, Ibn Ruschd, Al Farabi usw. -, der in den islamischen Ländern der Verfolgung durch die Orthodoxie zum Opfer gefallen ist, während sie in Europa von den Intellektuellen mit Begeisterung rezipiert worden sind; und das ist kein Zufall:
Diese Philosophen hatten ja gerade nicht aus islamischen Quellen geschöpft, sondern aus der griechischen Philosophie, und sie versuchten, diese Philosophie mit dem Islam zu versöhnen – ungefähr so, wie Du jetzt versuchst, westliches, demokratisches Gedankengut mit dem Islam zu versöhnen. Für Dich persönlich mag Dir das gelingen, aber Du wirst nicht erleben, dass ein solcher „Islam light“ große Verbreitung findet. Die Islamgelehrten werden keine Mühe haben, Dir argumentativ zu beweisen, und die Massen werden instinktiv erfassen, dass ein solcher Islam light nichts mit dem zu tun hat, was 1400 Jahre lang als islamisch galt. Anders als die christlichen Reformatoren hast Du nämlich nicht die Schrift auf Deiner Seite, den Hadith auch nicht und die Auslegungstradition schon überhaupt nicht.
Das islamische Regelwerk ist ganz wesentlich darauf angelegt, die Muslime zur Unterwerfung der „Ungläubigen“ zu befähigen. Die frühen Muslime kamen als Eroberer in nichtislamische Länder, und das Regelwerk zielt auf deren Islamisierung. Daher das Gebot, sich keine Freunde unter den „Ungläubigen“ zu suchen (damit die Muslime nicht in der Mehrheitsgesellschaft aufgehen, sondern umgekehrt); daher das Verbot, muslimische Mädchen an „Ungläubige“ zu verheiraten, während es durchaus statthaft und sogar erwünscht ist, Christinnen oder Jüdinnen zu heiraten (weil die dann kleine Muslime, und eben nicht kleine Christen zur Welt bringen); daher das Verbot, vom Islam abzufallen (Wenn Christen zum Islam konvertieren dürfen, Muslime aber nicht zum Christentum, dann hört das Christentum in vom Islam beherrschten Ländern über kruz oder lang auf zu existieren; so war es dann ja auch).
(Und weil ich gerade dabei bin: Wenn Du schreibst „Ob diese Kunde dann vom Idividuum angenommen wird oder nicht, liegt in seiner eigenen Verantwortung bzw. Ermessen“, dann frage ich mich schon, ob Du das wirklich glaubst, oder ob Du mich veralbern willst: Der Abfall vom Islam ist nach islamischem Recht ein todeswürdiges Verbrechen und wird in islamischen Ländern entsprechend geahndet; wenn nicht vom Staat, dann von selbsternannten Glaubenswächtern, und der Staat pflegt beide Augen zuzudrücken. Leider ist das nicht nur in islamischen Ländern so. Wie der „Tagesspiegel“ neulich schrieb, halten zum Christentum konvertierte Ex-Muslime in Berlin ihre Gottesdienste konspirativ und unter Auschluss der Öffentlichkeit ab, weil sie um ihr Leben fürchten.)
Solche koranischen Regeln sind Djihad-Gebote, die die ethnisch-religiöse Kriegführung zum Gegenstand und Ziel haben. Und die stehen nicht nur auf dem Papier, sie werden befolgt, und nicht nur von besonders frommen Muslimen: Auf Berliner Straßen kannst Du oft deutsch-türkische Pärchen sehen, aber NIEMALS eines, bei dem ER Deutscher und SIE Türkin ist; es ist immer umgekehrt. Warum wohl?
Ich gestehe Dir zu, dass es in Deutschland Menschen gibt, die grundsätzlich Jeden ablehnen, der irgendwie „anders“ ist (Ausländer, schwarz, behindert, homsexuell, was auch immer); ich gestehe auch zu, dass das für jeden Südländer, nicht nur für Türken, auch für Spanier, Italiener, Griechen, ein Hindernis sein kann, sich wirklich zugehörig zu fühlen; trotzdem haben die Kinder und Enkel von eingewanderten Spaniern, Italienern und Griechen sich integriert, die von Türken und Arabern aber – mehrheitlich – nicht. Leute wie Du dürften eine Minderheit sein, und keine große. Und ich vermute, dass wir es hier mit den Wirkungen eines religiösen Regelwerks zu tun haben, das genau darauf abzielt, Assimilation zu verhindern. Ein Aufgehen in der Mehrheitsgesellschaft und eine Übernahme von deren Werten ist eben nicht nur ein Wechsel der Nationalität, sondern auch de facto ein Abfall vom Islam, selbst wenn der pro forma beibehalten wird.
Pardon, aber für diese These hast Du sogar selbst die Bestätigung geliefert, indem Dein Versuch, den Islam von seinen totalitären Implikationen zu reinigen, zu der unhistorischen Idee eines „Islam an sich“ führt, die allem ins Gesicht schlägt, was traditionell als Islam gilt.
(Die „paar Anmerkungen“ sind jetzt doch etwas lang geworden.)
@Thatcher @Manfred
Grundsätzlich liegen wir nicht weit auseinander mit unseren Meinungen. Ich will nicht ungerecht werden und mit „Kollektivschuld“ hab ich da auch ein wenig meine Probleme.
Assimilierte Juden als Beispiel anzubringen ist nicht sehr gelungen, denke ich.
Mit einem fortschrittlichen Deutschland meine ich, dass wir hier gelernt haben nicht mit unserem Nationalismus prahlen zu gehen und das finde ich gut, weil es zu mehr Verständnis und Horizont geführt hat. Andererseits bin ich deutsch, daran besteht kein Zweifel und meine Loyalität gilt meinem Vaterland, dem Land das mich adoptiert hat. So viel Nationalismus reicht jetzt aber auch.
Mich beschäftigen diese Themen auch und ich bringe nur meine Meinung mit ein – was dann damit geschieht ist ne andere Geschichte. Ich habe Zugang zu beiden Kulturen und mache so meine Erfahrungen.
Ich hoffe, Du hast Dich jetzt nicht persönlich angegriffen gefühlt; das täte mir sehr leid. Es ging überhaupt nicht darum zu bezweifeln, dass Du Deutscher bist, sondern darum zu erklären, warum Andere sich so schwer damit tun, eine positive Einstellung zu unserem Land zu finden.
Nein, ich fühle mich nicht persönlich angegriffen.
Warum Andere sich schwer tun, könnte vielleicht aufhören, wenn wir eine Vorschulpflicht einführen könnten, letztendlich sollte jede(r) eine deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, der auch in Deutschland geboren, aufgewachsen, oder seine kpl. Ausbildung hier erhalten hat. Also, Einbindung von Anfang an! Die Leut sollen erst gar nicht auf die Idee kommen, einer anderen Nation (Deutschland definiert sich inzwischen über Europa – da gibt es auch noch viel zu tun) anzugehören – oder ein Gefühl des Aussgegrenzt seins erfahren. In den Unterrichten sollte Ethik eingeführt werden. Selbstverständlich gehören zu so einer Erziehung auch, das Entwickeln eines Verantwortungsbewußtseins für sich und für das Ganze. Auch diese ganzen angeblichen Differenzen, bezüglich der Religionen. Vielleicht sollten wir endlich begreifen, dass Christen, Juden und Muslime zusammengehören. Zeit wird es dafür in einer globalisierten Welt, meine ich.
Sicher, gibt es so etwas wie einen Entwicklungsstandunterschied (ich meine jetzt nicht den technischen Stand)zwischen Christen/Juden einerseits und Muslimen andererseits, ohne jetzt irgendjemandem auf die Füsse treten zu wollen. Dieser Rückstand sollte dann, durch die eingegliederten Muslime in Europa, aufgrund z.B. familiärer oder geschäftlicher Verhältnisse in den Ursprungsregionen ausgeglichen werden. Das ist halt eine langfristige Strategie und sollte auch dementsprechend ausgerichtet werden. Oh Mann, Ararber sind doch keine Krieger, sondern eher Händler he he…
Respekt und Rücksicht sind in Ordnung, aber Mißstände werden wir wohl ansprechen dürfen und Muslime behaupten von sich immer, offen für Dialoge zu sein. Mit der Zeit sollten wir dann fanatischen Muslimen das Wasser abgraben und diese in der heutigen Welt ankommen lassen.
Deine Argumentation ist sehr „modernistisch“ und verwendet viele gängige Phrasen. Daher muss sie zwingend Misstrauen auslösen.
Du dekretierst:
„Vielleicht sollten wir endlich begreifen, dass Christen, Juden und Muslime zusammengehören. Zeit wird es dafür in einer globalisierten Welt, meine ich.“
Das hast Du so sicher nicht selbst formuliert; es ist eine gängige Formulierung, an der so einiges faul ist.
1. Wer soll hier etwas begreifen? Nur die Nichtmuslime, wie bisher üblich, oder sollen sich auch endlich mal Muslime mit den Religionen Christentum und Judentum auseinandersetzen? Die Illusion, es handele sich um eine Aufforderung an beide Seiten, ist ein Kern des Dialogbetriebes; tatsächlich wird sie aber als einseitige Aufforderung an die nichtmuslimische Seite eingesetzt, sich „anzupassen“, während der Islam seine anti-nichtislamischen Prinzipien bewahrt.
2. Die außerislamische Welt, und damit die Angesprochenen, sind nicht nur Juden und Christen. Mindestens seit der Säkularisation definieren sich unsere Gesellschaften nicht mehr über die Religion, sondern über den Begriff des Bürgers und deren Beziehungen untereinander und zum Staat. Muslime haben das anscheinend immer noch nicht begriffen, bzw. ordnen ihre Wahrnehmung zwanghaft der Schari’a unter, derzufolge nur „Schriftbesitzer“ überhaupt Subjekt islamischer „Toleranz“ (=Dominanz) sein können, alle anderen Menschen hingegen zum Islam zu bekehren oder zu bekämpfen sind.
3. Inwiefern lässt sich durch einen inhaltlichen Vergleich von koranischen Suren, den klassischen Hadithensammlungen (z.B. nach Sahih Muslim) oder der 1400jährigen islamischen Tradition mit entsprechenden jüdischen (Tora, Talmud, Halacha) bzw. christlichen (Bibel, Konzilien, päpstliche Enzykliken bzw. protestantische Bekenntnisse) Dokumenten belegen, ob, und falls ja, inwiefern „Judentum, Christentum und Islam zusammengehören“? So gängig diese Behauptung im Dialog und so verbreitet diese Annahme auch inzwischen ist, so ist sie wohl zu bezweifeln, wenn selbst Atheisten aus einem solchen Vergleich den Schluss ziehen, dass diese Konstrukte absolut nicht gleichwertig sind. Vieles an der islamischen Substanz wurde aus Judentum, Christentum und arabischem Heidenkult übernommen (z.B. Wallfahrt nach Mekka), und als originär islamisch bleiben nur die Teilung der Menschheit in gläubig/ungläubig, die Legalisierung von Betrug, Mord, Raub und Versklavung sowie der Djihad zur Ausbreitung der Schari’a über die ganze Welt. All das sind aber keine Kennzeichen einer Religion, sondern die eines politischen Totalitarismus mit imperialer Zielrichtung.
4. Der drohende Unterton in der Forderung ist sehr störend, doch auch dies ist eine Konstante in den islamischen Beiträgen zum Dialogbetrieb. An und für sich sollten Formulierungen mit drohendem Unterton stante pede zurückgewisesn werden.
Aus all diesen Aspekten spricht muslimischerseits eben nicht die behauptete Offenheit für Dialoge. Was behauptet wird, muss nicht automatisch schon vorhanden sein. Und wo jede Selbstkritik Fehlanzeige ist, sollte es sich von selbst verbieten, der Gegenseite“Missstände“ unter die Nase zu halten. Was passiert denn, wenn unsererseits die Missstände der islamischen Seite angesprochen werden? Richtig, Einschüchterungen bis hin zur Morddrohung. So kann man aber keinen Dialog führen, so sät man nur Feindschaft.
Du behauptest, es wäre durch einen Dialog (der aber zumindest anders laufen müsste als bisher üblich) möglich, fanatischen Muslimen das Wasser abzugraben, um so die nichtfanatische Mehrheit der Muslime in unserer westlichen Lebenswelt „ankommen zu lassen“. Abgesehen davon, dass sie dazu schon reichlich 30 Jahre Zeit hatten, stellt sich mir die Frage, wie „nichtfanatisch“ oder „moderat“ eigentlich Muslime sind, die sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit in ihrer „Ehre“ gekränkt fühlen, die zu Tausenden mobilisierbar sind und mit deren notorischer Gewaltbereitschaft die Elite immer wieder drohen kann, wenn ihren Forderungen nicht nachgekommen wird. Ich glaube nicht, dass die Missstände ausschließlich auf Seiten der „Mehrheitsgesellschaft“ zu suchen und folglich abzustellen sind, die schließlich bereits alle möglichen Sorten von Migranten aufgenommen und absorbiert hat – abgesehen von denen aus der islamischen Kultur.
@ Thatcher:
Ich habe in Ozs Kommentar keinen drohenden Unterton wahrnehmen können, ich halte ihn auch nicht für einen verkappten Djihadisten. Die Strategie, sich mit den Gemäßigten zu verständigen, um den Radikalen das Wasser abzugraben, hat anderswo (z.B. Nordirland) durchaus funktioniert. Speziell in Bezug auf den Islam halte ich sie aber für falsch.
@ Oz:
Ich habe in diesem Blog schon ziemlich viel darüber geschrieben, warum die Unterscheidung zwischen radikalen und gemäßigten Muslimen irreführend ist. Ich glaube Dir, dass Du Dir einen demokratischen Islam wünschst. Ich kann auch verstehen, dass Du im Kern am Islam festhalten willst.
Wie könnte ich nicht? – Ich selber habe jahrelang die Vorstellung gehabt, es könne so etwas wie einen demokratischen Sozialismus geben, und die SPD klammert sich bis heute an diese Formulierung; demokratisch ist sie dabei aber nur, weil und soweit sie nicht sozialistisch ist, das Wort „Sozialismus“ ist dabei nicht mehr als Traditionsgut. In demselben Sinne ist ein demokratischer Islam kein Islam, sondern ebenfalls Traditionsgut.
„…letztendlich sollte jede(r) eine deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, der auch in Deutschland geboren, aufgewachsen, oder seine kpl. Ausbildung hier erhalten hat.“
Da bin ich völlig anderer Auffassung. Ob jemand, der hier aufgewachsen ist, sich als Teil der deutschen Nation betrachtet und sich ihren Werten verpflichtet fühlt, hängt nicht von seiner Staatsbürgerschaft ab, sondern von der Einstellung seiner Eltern. Wenn die ihm vermitteln, er sei eigentlich Türke/Muslim, dann wird das seine Mentalität prägen, und wenn man ihm dann trotzdem einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft zuerkennt, dann bedeutet dies nichts anderes als zu akzeptieren, dass er der Nation gegenüber nur Rechte, aber keine Pflichten habe.
Selbstverständlich gibt es viele gebürtige Deutsche, die selber genau diese Einstellung haben; nur sind solche Leute für jedes Geweinwesen eine Belastung. Man kann sie nur deshalb nicht ausbürgern, weil ein Rechtsstaat, der das auch bleiben will, seine Bürger nun einmal nicht ausbürgern DARF. Das kann aber kein Grund sein, sehenden Auges Menschen zu Staatsbürgern zu machen, von denen im Normalfall Illoyalität zu erwarten ist. Es muss einfach klar sein, dass mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft ein ERWARTUNG an den Eingebürgerten verbunden ist, und damit ist ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung nun einmal unvereinbar.
@ Manfred
Ich unterstelle Oz auch keineswegs, ein verkappter Djihadist zu sein, sondern nur, dass er sich unkritisch einiger Phrasen und Formulierungen des Dialogbetriebes bedient. Und dass, wenn man diesen Phrasen mit Sachkenntnis zu Leibe rückt, ihr zersetzerischer Charakter zu Tage tritt, habe ich exemplarisch gezeigt. Man sei wachsam, was man so alles ungeprüft nachplappert, denn wer die Sprachregelung vorgibt, gibt das Denken vor.
Was Deine Ansicht zu Einbürgerungen angeht, sehe ich das alles genauso. Volle staatsbürgerliche Rechte sollten immer an Pflichten gebunden sein, so die Steuerpflicht, aber auch die Wehrpflicht oder die Dienstpflicht im Konfliktfall. Leider wird der Anteil derer, die bereit sind, diesen Pflichten nachzukommen, seit 40 Jahren immer kleiner.
Andererseits muss man dazu erwähnen, dass der Staat seinerseits seine Pflichten verletzt, wenn er den Bürgern 70% ihres Einkommens abknöpft und dennoch nicht willens oder in der Lage ist, für elementare Dinge wie rechtliche (nicht soziale!) Gleichbehandlung, Geltung des Rechts, inneren Frieden und Sicherheit zu sorgen. Dass da die Loyalität selbst bei den Eliten schwindet, kann nicht verwundern.
@Thatcher
Ich hatte nicht vor, nur einseitig den Islam zu verteidigen. Ich selber bin Muslim, obwohl viele meiner muslimischen Zeitgenossen, mir diesen Status nicht zuerkennen wollen, da ich Pflichtgebete ablehne, die Pilgerfahrt ablehne, in der Öffentlichkeit zu beten ablehne, und auch mal gerne ein Glässchen Wein oder aber ein leckeres, frisches, fränkisches dunkles Bier trinke etc. …
Mit Sicherheit bin ich auch kein Djihadist oder dergleichen. Ich dachte mir nur, ich könnte durch meine vorhandenen Kenntnisse meinen Beitrag zur Integration leisten.
@Manfred
Selbstverständlich übernehme ich durch meine deutsche Staatsbürgerschaft nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Bei der ganzen Wertedebatte aber fehlt mir die genauere Definition der Werte. Welche Werte?
Auch habe ich mir jetzt nochmal intensiv Gedanken zum Thema Integration gemacht und es sieht tatsächlich so aus, als ob viele eingebürgerte Türken, ihr Türkentum nicht wirklich ablegen wollen und Erdogan hat genau da, mit seiner Rede angesetzt. Andererseits ist die Türkei ein verbündeter Staat und hat eine gewisse strategische Bedeutung für uns. Na egal, wir werden sehen.
Mir ist es wichtig, nicht zu pauschalisieren, auch innerhalb des ISlam gibt es viele Strömungen und nicht jeder ist ein Terrorist
@ oz
„Welche Werte?“
Ich zitiere mich selbst (s. Text):
„Dazu gehört nicht, dass man Schweinshaxen essen oder samstags den Rasen mähen oder vor seinem Haus Gartenzwerge aufstellen muss. Wohl aber gehört dazu, dass man die deutsche Nation als seine eigene annimmt, dass man die deutsche Sprache spricht, dass man die demokratische Rechtsordnung und die ihr zugrundeliegenden Wertentscheidungen akzeptiert, und zwar einschließlich der religiösen Toleranz, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, des Verzichts auf private Gewaltanwendung. (Und, da das zum nationalen Grundkonsens gehört: dass man nicht am Existenzrecht Israels herumsägt.)“
@Manfred
Die deutsche Nation als seine eigene anzunehmen, darf man in jedem Fall von einem deutschen Staatsbürger erwarten. Die deutsche Sprache zu sprechen ist doch sehr sinnvoll, aber wichtiger ist doch auch, die deutsche Sprache zu verstehen. Das Grundgesetz nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu verteidigen ist doch eine Grundbedingung für das funktionieren unserer Gesellschaft.
Präambel GG:
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.
–> Das ist doch super!!! Wir haben sogar Grundrechte 😉
Und selbstverständlich ist es wohl so, dass wenn ich als Bürger ein Recht gegenüber meinem Staat habe, dann hat ja wohl auch der Staat ein Recht mir gegenüber. Also, dann noch von Pflichten zu reden ist doch im Prinzip schon überflüssig.
Meine Frage dazu:
Wenn ich ein Recht, gegenüber wem auch immer habe, hat dann mein Gegenüber automatisch auch ein Recht mir gegenüber? Was macht man, wenn aber beide Recht haben und ein Konflikt entsteht? Muß dann Gerechtigkeit geschaffen werden und falls ja, dann wie? Mein Vorschlag dazu lautet, beide können nur gewinnen, indem beide Geben.
Zum Existenzrecht Israels konnte ich auf den Seiten des AA folgendes finden:
„Die einzigartigen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind ein Grundpfeiler der deutschen Außenpolitik. Deutschland steht ein für das Existenzrecht des Staates Israel. Es fördert als aktiver Partner in der EU die Friedensbemühungen im Nahen Osten. In den Vereinten Nationen setzt sich Deutschland für einen fairen Umgang mit den Konfliktparteien im Nahen Osten ein. In der EU unterstützt Deutschland die Einbindung Israels im Rahmen der der Assoziationspolitik. In internationalen Gremien bekämpft Deutschland alle Formen des Anti-Semitismus, des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit.“
Das akzeptiere ich.
OK.
Nur am Rande, weil das Thema Appeasment aufkam: ich denke, man muß das etwas differenziert betrachten.
Schon Mitte der 30er Jahre, also vor Churchill, rüstete England auf (sonst hätte es auch 1939 nicht in den Krieg eintreten können).
Weiterhin hat Churchill selber zwar Deutschland mit aller Konsequenz bekämpft, aber als Kriegsfolge das Erstarken der Sowjetunion billigend in Kauf genommen und das Empire verspielt. Gemessen an den nationalen britischen Interessen war das keine wirklich kluge Politik.