Ist das schon rassistisch?

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) und ihr umstrittener Vorsitzender Christoph Blocher werben mit diesem Plakat um Wählerstimmen:

SVP Plakta Schwarzes Schaf

„…die Art und Weise, wie sie mit dem Schüren von Überfremdungsangst auf Stimmenfang geht, hat dieses Jahr selbst den UN-Berichterstatter für Rassismus, Doudou Diène, auf den Plan gerufen. Er verlangte den Rückzug des SVP-Wahlplakats, auf dem ein schwarzes Schaf aus dem Land ‚befördert‘ wird.“

Sollte bei den Vereinten Nationen nicht bekannt sein, dass der Ausdruck „Schwarzes Schaf“, der hier visualisiert wird, im Deutschen mitnichten einen Menschen schwarzer oder dunkler Hautfarbe bedeutet, sondern eine Metapher für Menschen ist, die sich unlauterer oder krimineller Praktiken bedienen? Und dass dieses Plakat daher – für jeden Menschen deutscher Muttersprache offensichtlich – die Ausweisung von Kriminellen fordert?

Das könnte man meinen – Deutsch gehört bekanntlich nicht zu den Amtssprachen der Vereinten Nationen -, gäbe es nicht auch im Englischen den Ausdruck „Black Sheep“:

  1. A sheep with black fleece.
  2. A member of a family or other group who is considered undesirable or disreputable.

Also wieder keine rassistischen Implikationen. 

Es gehört zur Souveränität eines Staates, darüber entscheiden zu können, wen er auf seinem Territorium duldet und wen nicht. Unter Gesichtspunkten der Rechtsstaatlichkeit ist dagegen nichts einzuwenden, solange die Ausweisung

a) nicht willkürlich, sondern auf der Grundlage von Gesetzen erfolgt; der Gleichheitsgrundsatz steht dem nicht entgegen – er verpflichtet den Gesetzgeber nur, materiell Gleiches gleichzubehandeln, berechtigt ihn aber auch, materiell Ungleiches ungleich zu behandeln. Im Hinblick auf das Aufenthaltsrecht ist die Staatsangehörigkeit ein zulässiges Unterscheidungskriterium. Eine Pflicht zur Duldung von Straftätern gibt es nicht.

b) sich nicht gegen eigene Staatsbürger richtet; es versteht sich von selbst, dass Staatsbürger ein Aufenthaltsrecht im eigenen Land haben. (Wahrscheinlich würde Blocher am liebsten alle Kriminellen ausweisen, auch die mit Schweizer Pass, aber das geht in einem Rechtsstaat nun einmal nicht, und er fordert es auch nicht.)

Von Rassismus kann also nicht die Rede sein, wohl aber von „political correctness“ im verächtlichen Sinne des Wortes: Hier wird eine Forderung, die man richtig oder falsch finden kann, die aber weder rassistisch noch undemokratisch oder illegitim ist, nicht mit Argumenten bekämpft, sondern mit moralischer Verdammung. Es geht offensichtlich nicht darum, Minderheiten zu schützen, sondern missliebige Meinungen mundtot zu machen. Es geht darum, demokratischen Staaten die Verfolgung völlig legitimer Eigeninteressen zu verwehren.

Und es hat ä Gschmäckle, wenn eine Organisation wie die Vereinten Nationen, die überwiegend Staaten vertritt, die die Menschenrechte mit Füßen treten, ausgerechnet auf der Schweiz herumhackt, einer der ältesten und stabilsten Demokratien der Welt. Was hier stattfindet, ist der Versuch, den Westen mit seinen eigenen Waffen zu schlagen: Aus dem Katalog der westlichen Werte, auf den die UNO sich verbal immer noch beruft – Menschenrechte, Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit -, pickt man sich genau diejenigen heraus (Antirassismus), die man gegen den Westen einsetzen zu können glaubt (und wenn man die Anklagen noch so sehr an den Haaren herbeizerren muss), und lässt den Rest unter den Tisch fallen.

Dass die vereinigten Gutmenschen aller westlichen Länder gierig nach der Gelegenheit zur Selbstgeißelung greifen und sich vor den Karren einer antidemokratischen Agenda spannen lassen – nun, wen wundert das noch?

[Zum selben Thema hier noch ein paar Anmerkungen von Roger]

7 Gedanken zu „Ist das schon rassistisch?“

  1. Das Plakat mit dem schwarzen Schaf.

    Also, ein wenig ruppig ist das schon, vielleicht sogar mit einer gehörigen Prise Populismus. Doch wenn schon. Klar, auf den ersten Blick: hier werben nicht die GRÜNEN um der Wähler Gunst.

    Von Monsieur Diène jedoch erwarte ich, dass er sagt: „Die Scharia, das grausame islamische Religionsgesetz muss abgeschafft werden!“, „Die islamische Kultur der rechtlichen und alltagskulturellen Geringerschätzung der Frau muss weltweit beseitigt werden!“ sowie „Wer noch laut von Kalifat, jihadistischem Terror oder der rassistischen Dhimmitude spricht, gehört angeklagt!“.

    Tiefes Schweigen.

    Er lebt gut, in der Schweiz, kein Bürgerkrieg, keine Landminen. Und eine karriereförderliche Hautfarbe. Der Quoten-Schwarze. Ereifert sich über ein schwarzes Schaf.

    Und alle Gutmenschen-Welt entschuldigt sich bei ‚Doudou‘.

    Gruß an Manfred & die Leserschaft von Korrektheiten-Blog

    Jacques Auvergne
    http://saegefisch.wordpress.com/

  2. Wobei ich Doudou Diène als Person so wenig kritisiere wie ich Blocher als Person verteidige.

    Das Plakat ist in der Tat ruppig, und man muss es nicht gut finden. Aber es bleibt absolut im Rahmen dessen, was in einer freien Gesellschaft möglich sein muss, und die UN sollten, wenn sie ihre Charta ernstnähmen, weiß Gott andere Probleme haben als einen Schweizer Rassismus, der keiner ist.

  3. ich kriegs kotzen
    natürlich ist das unterschwellig rassistisch – tut mir leid, aber ich glaube kaum, dass man gewisse assoziationen, die beim betrachten eines solchen plakats wachgerufen werden als ‚ungewollten nebeneffekt‘ oder dergleichen abtun kann.
    Hier liegt m.E. eine äußerst eindeutige Zweideutigkeit vor

  4. Und woran misst Du, welche Nebeneffekte gewollt sind und welche nicht? Wer durchaus will, kann in JEDE Stellungnahme, die sich in irgendeiner Form kritisch mit immigrationsbedingten Problemen befasst, einen rassistischen Subtext hineinlesen. Zu Ende gedacht heißt das: Es kommt gar nicht mehr auf den objektiven Inhalt einer Aussage an, sondern nur noch auf den „gefühlten“ Inhalt. Rassistisch oder beleidigend ist dann alles, was als rassistisch oder beleidigend EMPFUNDEN wird. Das perfekte Mittel, bestimmte politische Haltungen aus dem als seriös und demokratisch geltenden Diskurs auszugrenzen – und zwar auch dann, wenn sie keineswegs unseriös oder undemokratisch sind.

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