Der ausgezeichnete Präsident

„Obama wird „für seine außergewöhnlichen Bemühungen, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen Völkern zu stärken“ ausgezeichnet.Für Bemühungen? Inzwischen wird also dafür, dass man nichts erreicht hat, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet? Dafür, dass man sich selbst und die westliche Welt über die Wirklichkeit hinwegtäuscht? Dafür, dass man einerseits seine Verbündeten massiv vor den Kopf stößt und sich andererseits Diktatoren, Tyranneien und Völkermördern anbiedert, ohne dass die auch nur den Hauch einer glaubwürdigen positiven Gegenreaktion zeigen?“

Heplev

Verteidigungspolitik: Reagan, Obama und das US-Raketenschach – Nachrichten Politik – Ausland – WELT ONLINE

WELT ONLINE: Verteidigungspolitik: Reagan, Obama und das US-Raketenschach.

„Polen und Tschechien haben sich beim Irakkrieg auf Seiten der USA gestellt und Truppen entsandt, nicht, weil sie vom Krieg sonderlich überzeugt waren, sondern weil sie die USA als strategischen Partner gewinnen wollten. Nun erleben sie, dass Dankbarkeit keine politische Kategorie ist. In Zukunft wird es Washington schwerer fallen, andere Staaten dazu zu bewegen, politisches Kapital in Washington zu investieren in der Hoffnung auf strategischen Gewinn in der Zukunft“.

Die Torheit der Polen und Tschechen besteht darin zu glauben, Amerika werde sich 2009 dankbarer zeigen als Frankreich 1938/39. Die Torheit Obamas besteht darin, sich das aufs T-Shirt zu schreiben.

Heute schon gelacht?

Heute schon gelacht?

„Die österreichische Schriftstellerin und Dramatikerin Marlene Streeruwitz hat die Salzburger Festspiele als „faschistoid“ kritisiert. (…) Die Festspiele seien eine elitäre und reaktionäre Einrichtung, die der Selbstdarstellung bestimmter gesellschaftlicher Schichten diene, sagte Streeruwitz dem Deutschlandradio Kultur. Das habe etwas „Faschistoides“, zitierte die APA aus dem Interview.“

Wer um alles in der Welt redet solches Zeug daher? Wer ist denn diese, äh, Streuwitz?

„Die 59-jährige Schriftstellerin sorgte mit ihren provokanten, oft feministisch gefärbten Büchern und Bühnenstücken ab den 1990er Jahren für Aufsehen. Neben Elfriede Jelinek gilt sie als eine der kreativsten Dramatikerinnen Österreichs.“

Ach so.

Die Jusos wollen Deutschland abschaffen

Das hat selbstverständlich nichts mit Deutschfeindlichkeit zu tun, denn die gibt es bekanntlich nicht, und es hat sie auch niemals gegeben.

Außerdem wollen die Jusos ja nicht nur Deutschland abschaffen, sondern gleich eine ganze „Welt ohne Nationen“ errichten. Unter der Weltrevolution tut man’s nicht. Mal gucken, wie viele hundert Millionen Menschen auf dem Altar dieses neuesten linken Götzen geopfert werden – pardon, ich meinte natürlich: für den Humanismus sterben -, bevor die Linken feststellen, dass sie mit ihrer autorassistischen Hasspolitik gegen Deutschland mitnichten eine „Welt ohne Nationen“ errichtet, sondern bloß die eigene vernichtet haben, sofern die sich auf diesen allerneuesten totalitären Wahnwitz einlassen sollte.

Was die Jusos freilich genauso wenig stören wird wie irgendwelche anderen Linken. An Ideen, für die Andere sterben zu lassen sich lohnt, hat es seit den Tagen Robespierres ja noch nie gefehlt, und die Einsicht, dass die Menschheit nicht dazu da ist, als Versuchskaninchen für die pubertären Größenphantasien persönlicheitsgestörter linker Funktionäre herzuhalten – dieser Einsicht werden sie sich schon deshalb mit Erfolg verschließen, weil sie sonst womöglich erwachsen werden müssten.

Christlicher Fundamentalismus

Die Weihnachts- und Neujahrspause ist vorüber, sogar der Schreibtisch ist wieder geordnet, das Arbeitsjahr hat begonnen. Zeit, mich wieder meinem Blog zu widmen. Ach ja: Frohes Neues Jahr allerseits!

Wieder ist es einer meiner Kommentatoren, diesmal Flash, der mich zu einigen grundsätzlichen Überlegungen herausfordert, und zwar durch seine Kommentare zu meinen Beiträgen über die christlichen Wurzeln der Demokratie und über den Untergang des Römischen Reiches.

Flash ist ein fundamentalistischer Christ, und, soweit ich das beurteilen kann, einer der sympathischen, in jedem Fall aber der geistreichen Sorte. Er vertritt eine Reihe von Thesen, die ich unmöglich unkommentiert stehen lassen kann; da aber die Replik jeden Kommentarstrang sprengen würde, mache ich gleich einen Beitrag daraus.

Es gibt einfach keine Höherentwicklung von Lebensstandard und Zivilisation ohne damit einhergehende Degenerationserscheinungen, die am Ende zu heftigen Umwälzungen führen. Wir erleben m.E. zur Zeit wieder genau das: ein Anschwellen des Wohlstandes mit einhergehendem Verlust von ethischen Prinzipien.

(…)

Ein kulturell-religiöses Vakuum, das der Islam mit wachsendem Erfolg ausfüllt, wo er mit Verve hineindrängt. Es wäre schön, wenn es wenigstens christlichen Fundamentalismus gäbe, der diesem Prozeß Widerstand entgegensetzen würde – den gibt es aber nicht. Mir wäre es echt lieber, wenn im Biologieunterricht die Schöpfungsgeschichte behandelt würde und dafür der Islam chancenlos ist…“

Und an anderer Stelle:

Hier liegt eine der Ursachen für den Niedergang des Christentums in Europa: Selbstdemontage der jahrhundertelang unveränderten Schriftgrundlage durch bibelkritische Theologie.

Insofern ist das eine extrem fundamentalistische Position, die aber nicht “schädlich” oder aggresiv ist, aus dem einfachen Grund, weil eben das zugrundeliegende schriftliche Fundament nicht schädlich und aggressiv ist! Das sollte jeder Fundamentalismus-Kritiker dreimal lesen und auch begreifen. Biblischer Fundamentalismus ist ja eben gerade *pazifistisch, *geschlechterneutral, *gewaltablehnend, *legalistisch, *wissenschaftsfreundlich, *tolerant, *demokratieermöglichend, *bildungs- und leistungsfördernd etc. pp.“

Einige Zeilen zuvor:

Es wäre sicherlich lohnend, einmal von dir erklärt zu bekommen, worin das Schädliche und sogar Denkfeindliche der Schöpfungsgeschichte für die moderne Gesellschaft besteht, lieber Manfred. Das dürfte ein lohnendes, weil brandaktuelles Thema sein.“

Das ist es in der Tat, und ich bin der Meinung, dass eine Gesellschaft, die die biblische Schöpfungsgeschichte als gleichrangige und gleichartige Alternative zur Evolutionstheorie behandelt, über kurz oder lang aufhören wird, eine demokratische Gesellschaft zu sein.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich liebe das Buch Genesis. Nur betrachte ich es nicht als naturwissenschaftliches Werk, sondern als Allegorie, die das Verhältnis Gottes zur Welt und zum Menschen in literarischer Verfremdung und Verdichtung beschreibt. Die Wahrheit, die in ihr liegt, hat mit empirischer Wirklichkeit nichts zu tun. Es handelt sich um eine Glaubenswahrheit.

Solche Glaubenswahrheiten, genauer: religiöse Aussagen, unterscheiden sich fundamental von empirischen Aussagen, d.h. solchen über die äußere Wirklichkeit. Letztere können unter Berufung auf Tatsachen in Verbindung mit der formalen Logik angefochten oder bestätigt werden – das Prinzip wissenschaftlicher und überhaupt rationaler Argumentation. Entscheidend ist, dass über die Wahrheit oder Unwahrheit solcher Aussagen nach objektiven, sprich von der Willkür des Einzelnen unabhängigen Kriterien entschieden werden kann.

Es gibt allerdings Dimensionen der menschlichen Existenz – Seele, Ewigkeit, Schöpfung -, über die sich nichts aussagen lässt, was mit empirischen Argumenten gestützt werden könnte, zu denen man sich aber ungeachtet dessen verhalten muss, und denen man sich daher gar nicht anders als durch den Glauben nähern kann – worin auch immer dieser Glaube besteht: Die Grundaussage des Atheismus, Gott existiere nicht, ist ihrem Wesen nach nicht weniger religiös als die, er sei der Schöpfer des Himmels und der Erde. Beweisen oder widerlegen lässt sich weder das eine noch das andere.

Wahrheiten dieser Art haben notwendig einen anarchistischen Zug: Sie sind nicht von objektiven Gegebenheiten abhängig, und für jeden Gläubigen gilt: Was Wahrheit ist, bestimme ich!

Daran ändert sich auch prinzipiell nichts, wenn dieser Glaube von Anderen, und wären es Millionen, geteilt wird. Was sich aber dadurch ändert, ist, dass der Glaube in Gestalt der Religion sozial institutionalisiert wird, und dass das Recht, „Wahrheit“ zu dekretieren, auf ein soziales System übergeht. Dagegen ist so lange nichts einzuwenden, wie das System bereit ist, die sprichwörtliche Kirche im Dorf zu lassen, seinen Wahrheitsanspruch also auf den Bereich zu beschränken, wo Wahrheiten naturgemäß Glaubenswahrheiten sein müssen.

Welche Folgen es aber haben muss, wenn empirische Aussagen auf diesem Wege getroffen, also par ordre du Mufti dekretiert werden, und eben nicht im Wege tatsachenbezogenen rationalen Argumentierens, und welche Implikationen es hat, wenn die Gesellschaft das akzeptiert, wird klar, wenn man nach der Bedeutung des rationalen Diskursmodus für das Funktionieren einer offenen Gesellschaft fragt. Das, was ich den „rationalen Diskursmodus“ nenne, ist ein einfaches System von Spielregeln, mit deren Hilfe Konsens darüber erreicht wird, ob ein System von Aussagen wahr sein kann:

1. Es muss mit bekannten Tatsachen übereinstimmen.

2. Es muss in sich logisch sein.

3. Es muss prinzipiell durch Tatsachen widerlegbar sein.

Man kommt auf diesem Wege nicht etwa zu der Wahrheit schlechthin; mit den bekannten Fakten können durchaus mehrere konkurrierende Aussagesysteme kompatibel sein, die jeweils in sich schlüssig und prinzipiell falsifizierbar sind. Es kann auch sein, dass kein einziges der „auf dem Markt“ befindlichen Aussagesysteme wahr ist (weil noch keiner auf die Wahrheit gekommen ist). Und es ist theoretisch sogar möglich, dass prinzipiell nichtfalsifizierbare Aussagen, die man auf rein spekulativem Wege gewonnen hat (Etwa: Der liebe Gott hat einen langen weißen Bart), trotzdem wahr sind. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber möglich ist es. In einem solchen Fall könnten sie, ungeachtet ihrer inhaltlichen Richtigkeit, wegen ihres Verstoßes gegen Kriterium 3 niemals als potenzielle Wahrheiten sozial anerkannt werden.

Wozu also taugt der rationale Diskursmodus, wenn nicht dazu, zu garantiert wahren Aussagen zu gelangen? Gewiss zur Eliminierung von garantierten Irrtümern – aber dazu würden schon die Kriterien 1 und 2 genügen. Wozu also Kriterium 3? Und zwar nicht im wissenschaftlichen, sondern im allgemeingesellschaftlichen, speziall politischen Kontext, d.h. dort, wo es darum geht, allgemeinverbindliche Entscheidungen zu treffen, die die Freiheit des Einzelnen beschränken? Es dient dazu, zu verhindern, dass solche Entscheidungen auf der Basis von Wahrheitsansprüchen getroffen werden, die einer Überprüfung nicht zugänglich sind, sondern von partikularen Gruppen aus eigener Machtvollkommenheit erhoben werden!

Aussagesysteme, die dem Kriterium 3 nicht entsprechen, sind ihrer Struktur nach, d.h. unabhängig von ihrem Inhalt, Glaubenssysteme; ihre Nichtüberprüfbarkeit ist gleichbedeutend mit Nichtkritisierbarkeit, mit dem Anspruch auf absolute Wahrheit, und ist damit die ideologische Grundlage totalitärer Herrschaft.

Beispiele gefällig?

Der Islamismus beruht auf der Annahme, der Koran sei unmittelbar Gottes Wort; weswegen es geboten sei, jeglichen Widerstand gegen seine sozialen und politischen Forderungen mit Gewalt zu brechen.

Der Marxismus beruht auf der Annahme, das Proletariat habe die historische Mission, den Kommunismus zu errichten, und habe deshalb alle anderen Klassen zu vernichten.

Der Nationalsozialismus beruht auf einer antisemitischen Verschwörungstheorie. (Eine Verschwörungstheorie ist niemals falsifizierbar, weil sie alle ihr widersprechenden Tatsachen als Blendwerk eben der behaupteten Verschwörung abtut, also zirkulär argumentiert.)

(Und wenn man die Political Correctness als totalitäre Ideologie bezeichnet, so liegt dies im Kern daran, dass sie Tatsachenbehauptungen nicht nach dem Kriterium von „wahr“ und „unwahr“, sondern nach dem von „gut“ und „böse“ beurteilt, sich also der tatsachengestützten Kritik durch apriorische willkürliche Setzung entzieht.)

Solche Ideologien kann man nicht dadurch bekämpfen, dass man sie mit ihnen widersprechenden Tatsachen konfrontiert; gegen Tatsachen haben sie sich ja gerade immunisiert. Ich kann die Nichtexistenz der  Verschwörung der Weisen von Zion genausowenig beweisen wie die Nichtinspiration des Korans durch Gott oder die Unrichtigkeit marxistischer Axiome.

Was ich aber beweisen kann, ist die Selbstimmunisierung solcher Ideologien gegen Tatsachen durch systematisch herbeigeführte prinzipielle Nichtfalsifizierbarkeit, also durch Verletzung der Regeln des rationalen Diskurses. Diese an sich schärfste Waffe antitotalitärer Ideologiekritik muss stumpf werden, wenn diese Regeln nicht mehr als allgemein geläufig vorausgesetzt werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sie jedermann explizit bekannt sind: Die Regeln der Grammatik sind es ja auch nicht, trotzdem wenden wir sie richtig an. Diese Fähigkeit ist die Voraussetzung dafür, Glaubenssysteme als solche zu erkennen und von rational begründeten empirischen Aussagesystemen zu unterscheiden. Sie ist gleichbedeutend mit der Fähigkeit, totalitäre von nichttotalitären Ideologien zu unterscheiden, und eine Gesellschaft, die diese Fähigkeit verliert, hat beste Aussichten, irgendeinem Totalitarismus zum Opfer zu fallen.

Womit die Frage beantwortet sein dürfte, warum ich überhaupt nichts davon hielte, wenn der demokratische Staat selbst, noch dazu in seinen Bildungseinrichtungen (!) sich über diesen Unterschied hinwegsetzte und ihn verwischte, indem er den „Kreationismus“ in seine Lehrpläne aufnähme.

Zwei Punkte muss ich allerdings klarstellen:

Erstens: Ich habe nur von empirischen, nicht aber von normativen Aussagen gesagt, dass sie nicht religiös begründet sein dürfen; für moralische Wertentscheidungen gilt dies selbstverständlich nicht; die können als höchst individuelle Entscheidungen sehr wohl religiös begründet sein – wahrscheinlich müssen sie es sogar. Wertvorstellungen, die z.B. direkt aus der Bibel abgeleitet sind, können zwar im Einzelfall mit demokratischen Normen unvereinbar sein (Wer etwa die Todesstrafe für Homosexualität fordert, kollidiert natürlich mit dem Grundgesetz.), aber eben nur aufgrund ihres konkreten Inhalts, nicht etwa schon deshalb, weil sie religiös begründet sind.

Zweitens: Wenn ich sage, dass jede totalitäre Ideologie notwendig ein Glaubenssystem ist, so lässt das bereits aus Gründen der Formallogik nicht den Umkehrschluss zu, jedes Glaubenssystem sei totalitär.

Flash (s.o.) argumentiert so: Da sich aus der Bibel keine politischen Herrschaftsansprüche ableiten ließen, vielmehr Friedfertigkeit, Humanität und Toleranz gepredigt würden, sei gegen ein fundamentalistisches Bibelverständnis nichts einzuwenden, im Gegenteil. Motto: Das schlechthin Gute kann man gar nicht fundamentalistisch genug vertreten!

Tja, wenn es denn so einfach wäre. In mindestens zwei Punkten führt ein wörtliches Schriftverständnis bzw. der Glaube an die Verbalinspiration der Bibel und der Verzicht auf die historisch-kritische Lesart zu äußerst problematischen Konsequenzen:

Da ist zum einen die antijüdische Tendenz des Neuen Testaments. Historisch erklärbar ist sie aus der Notwendigkeit der Profilierung des frühen Christentums und seiner Abgrenzung gegen die jüdische Mutterreligion. Fasse ich die Bibel aber einfach ohne Einschränkung als Gottes Wort auf, so habe ich es mit einer angeblich göttlichen Legitimation des Antisemitismus zu tun. Der Satz „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ ist dann kaum anders zu verstehen denn als Aufruf zum Pogrom  – und genau so wurde er ja auch oft genug verstanden.

Zum anderen enthält das Neue Testament nicht nur die Bergpredigt, sondern auch die Johannesapokalypse (das neutestamentliche Gegenstück zum Buch Daniel), die Vision des Endkampfs zwischen Gut und Böse, nach der das Reich Gottes durch Vernichtung des Bösen, das bis dahin die Welt beherrscht, errichtet wird. Nicht zufällig konnte gerade dieser Text nur gegen härteste innerkirchliche Opposition durchgesetzt werden, wurde er von der Ostkirche jahrhundertelang abgelehnt, und meinte noch Martin Luther, er hätte niemals kanonisiert werden dürfen. Dieses von Anfang an weitverbreitete Unbehagen hat seinen Grund darin, dass die Apokalypse direkt an dunkle Zerstörungs- und Vernichtungstriebe appelliert, das fünfte Gebot zur Disposition stellt und dazu einlädt, Feinde nicht zu lieben, sondern mit dem „Antichristen“ zu identifizieren.

Kein Zufall ist auch, dass gerade totalitäre Ideologien eine apokalyptische Struktur aufweisen: Die Welt wird vom Bösen (den Juden/dem Kapitalismus/den Ungläubigen) beherrscht, dessen Vernichtung, gern auch im Wege des Massenmords, zur Herrschaft des Guten (der Arier/des Kommunismus/des Islam) führt. Ich will damit nicht behaupten, dass das Christentum für den Totalitarismus verantwortlich sei, wohl aber, dass in vielen Menschen eine psychische Disposition schlummert, ihr Leiden und ihre Verzweiflung an der Welt auf einen Feind zu projizieren, dessen Vernichtung die Erlösung herbeiführen soll – und da der Feind weltbeherrschend gedacht wird, vernichtet man diese Welt, das eigentliche Objekt der Furcht und des Hasses, möglichst gleich mit.

Dieser Zusammenhang zwischen Apokalyptik und Totalitarismus ist der Grund dafür, warum ich stets sehr hellhörig werde, wenn ich auf Verschwörungstheorien nach Art der Eurabia-These stoße (die ja nicht weniger behauptet als die Herrschaft des Bösen, also des Islam und der ihm angeblich konspirativ in die Hände arbeitenden europäischen Eliten), und warum ich diese Theorien mit allen Mitteln rationalen Argumentierens bekämpfe – freilich ohne nennenswerten Erfolg: Es handelt sich um ein Glaubenssystem, und wer ihm anhängt, ist, so fürchte ich, nicht nur für die Demokratie verloren, sondern für die säkulare Vernunft überhaupt.

Wenn ich nun sehe, dass sich gerade in fundamentalistischen (evangelikalen, pfingstlerischen, freikirchlichen) Kreisen die johanneische Tradition, und hier wiederum ganz besonders die Apokalypse, größter Beliebtheit erfreut, dann kann ich kaum anders, als dem christlichen Fundamentalismus mit tiefstem Misstrauen gegenüberzustehen, und dies ganz unabhängig davon, dass manche seiner Vertreter mir menschlich sympathisch sind.

Mit alldem ist allerdings nicht die Frage vom Tisch, ob eine glaubenslose Gesellschaft auf die Dauer überlebensfähig ist, und wenn Flash behauptet, dass mit der Höherentwicklung einer Gesellschaft zwangsläufig Degenerationserscheinungen verbunden seien – er verweist unter anderem auf den Zerfall der Familie -, die letztlich zum Niedergang führen müssten, dann hat er starke Argumente auf seiner Seite. Ziemlich starke sogar.

Höherentwicklung, das sagt die historische Erfahrung wie die soziologische Überlegung, geht einher mit Aufklärung und Rationalität – was für mich Grund genug ist, für Aufklärung und Rationalität einzutreten. Sie bedeuten freilich zugleich, dass Alles, auch ethische Normen, unter Begründungszwang gerät, weil sie dem primären Fundament der Ethik, der Religion, seine unhinterfragte Selbstverständlichkeit und soziale Verbindlichkeit nehmen, und Religion zu einer Frage der mehr oder minder willkürlichen individuellen Entscheidung machen – ich selbst habe ja oben gezeigt, dass jede andere Auffassung von Religion mit den Grundlagen einer offenen Gesellschaft unvereinbar ist.

Gesellschaft funktioniert, wenn die Goldene Regel beachtet wird: „Wie Ihr wollt, dass die Leute Euch tun sollen, also tut ihnen auch.“(Lk 6,31). Eine rationale Reformulierung dieser Forderung hat Kant mit seinem kategorischen Imperativ geliefert. Dass diese Regel gelten und wenigstens im Großen und Ganzen befolgt werden muss, weil die Gesellschaft sonst nicht existieren kann, lässt sich rational begründen – nicht aber, dass der Einzelne sie befolgen soll. Der kategorische Imperativ impliziert, dass man unter Umständen erhebliche individuelle Opfer in Kauf nehmen soll, um einen winzigen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten; diese Opfer reichen von der Steuerehrlichkeit bis zum Heldentod fürs Vaterland. Aus der Sicht des Einzelnen ein schlechtes Geschäft: Rationaler ist es für ihn, das von Anderen getragene Gemeinwohl in Anspruch zu nehmen, selbst aber nichts dazu beizutragen. Die Mentalität des Schwarzfahrers.

Zur Aufrechterhaltung allgemeiner sozialer Tugenden wie der Ehrlichkeit, denen man mit relativ geringem persönlichen Aufwand folgen kann, mag der menschliche Hang zum Konformismus noch hinreichen – Nutzenkalkül hin oder her -, zumindest solange der Ehrliche den Eindruck hat, nicht der Dumme zu sein.

Sobald aber dieses Minimum an geforderter sozialer Solidarität überschritten wird, sobald wirkliche Opfer zur Debatte stehen, schrumpft die Bereitschaft dazu dramatisch. Wo Solidarität selbst in der kleinsten denkbaren Gemeinschaft von Menschen, der Ehe, nicht mehr als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden kann und kaum noch ein Problem nichtig genug ist, um nicht einen Scheidungsgrund abzugeben, braucht man nach der Bereitschaft nicht mehr zu fragen, für eine Großgemeinschaft, etwa das eigene Land und dessen Freiheit – oder gar für den „Westen“ – das eigene Leben zu riskieren.

In stabilen Zeiten von Frieden und Prosperität, gleichsam im Normalbetrieb, fällt diese Schwäche kaum auf. Solange von den Bürgern bloß passive Loyalität gefordert wird, ist diese Loyalität in liberalen Demokratien vermutlich größer als anderswo. Wie aber sieht es im Fall einer existenziellen Bedrohung aus, wenn der Staat mit seinen administrativen und militärischen Bordmitteln nicht mehr auskommt und nicht nur den Geldbeutel seiner Bürger strapazieren, sondern sogar deren Leben einsetzen muss, um sich zu verteidigen? Anders gefragt: Wie konfliktfähig sind offene Gesellschaften?

Man sollte meinen, dass diejenige politische Ordnung, die ihren Bürgern das höchste Maß an Freiheit, Sicherheit und Wohlstand beschert, die liberale Demokratie also, auch das größte Maß an Unterstützungs- und Opferbereitschaft zu mobilisieren imstande ist. So ist es aber nicht.

Wenn man beispielsweise die Verlustlisten des Zweiten Weltkriegs anschaut, so fällt auf, dass die totalitären Staaten Deutschland, Sowjetunion und Japan an die zwanzig Millionen eigene Soldaten geopfert haben, die Westmächte dagegen „nur“ einige hunderttausend. Natürlich hängt das auch mit dem Kriegsverlauf zusammen – Frankreich brach früh zusammen, und bis die Westmächte in Europa wieder eingreifen konnten, hatten die Russen die Hauptarbeit bereits erledigt und zogen weiterhin das Gros der deutschen Truppen auf sich. Und selbstverständlich bin ich nicht so zynisch, die Verlustraten einer Armee als Maß ausschließlich für die Opferbereitschaft eines Volkes anzusehen; nicht selten sind sie eher ein Maß für die Brutalität und Inkompetenz ihrer Führer – eigene Soldaten draufgehen zu lassen ist in jedem Fall weder eine politische noch eine militärische Tugend.

Aber selbst wenn man diese Relativierungen berücksichtigt, bleibt der Unterschied doch frappierend, und man sollte nicht nur bedenken, dass am Beginn des Krieges die Frage stand, ob es sich wirklich lohne, für Danzig zu sterben, sondern auch, dass die Verlustquoten, die der Westen in Kauf nahm, im Zweiten Weltkrieg bereits geringer waren als im Ersten, und seitdem kontinuierlich fallen: In Vietnam warfen die USA nach 50.000 Toten das Handtuch, heute im Irak genügen schon 3.000 eigene (amerikanische) Gefallene, um den Krieg zu delegitimieren. Oder nehmen wir Deutschland: Dasselbe Volk, das sich von Hitler noch eine Verlustquote von 25 Prozent bieten ließ, ohne wirklich zu murren, stellt heute bei einer Quote noch unter der Promille(!)-Grenze bereits den Sinn von Militäreinsätzen überhaupt in Frage.

Warum und wie schaffen es totalitäre Systeme, Millionen von Menschen zum Selbstopfer zu bewegen? Durch Terror? Sicher, auch durch Terror. Überschätzen sollte man diesen Faktor aber nicht. In der Praxis des Dritten Reiches zum Beispiel spielte der Terror zwar eine bedeutende Rolle, soweit er sich gegen das Ausland oder gegen vorab ausgegrenzte Minderheiten, speziell Juden, richtete; aber er hatte den Zweck, diese Menschen zu ermorden, nicht ihr Wohlverhalten zu erzwingen. Gegen die eigenen „Volksgenossen“ war das Dritte Reich nicht wesentlich gewalttätiger als irgendeine Militärdiktatur, vermochte aber ein Maß an Begeisterung und Opferbereitschaft zu wecken, von dem etwa ein Pinochet kaum hätte träumen können.

Nein, die Sträke der totalitären Regime lag darin, dass sie in der Lage waren, den Menschen einen das eigene Leben transzendierenden Sinn zu vermitteln – wer am Bau eines „Tausendjährigen Reiches“ oder des welterlösenden Kommunismus mitzubauen glaubt, wird sich der Teilhabe an der Ewigkeit ziemlich nahe fühlen. Ihre Ideologien waren säkulare Religionen, deren gemeinschaftsstiftende und motivierende Kraft den klassischen Religionen mindestens gleichkam. Man versteht das damalige Deutschland, Russland und Japan am besten, wenn man sie als apokalyptische Massensekten auffasst, die eine ungeheure Dynamik und Leistungsfähigkeit zu entfesseln fähig waren.

Was also vom erkenntnistheoretischen oder liberalen politischen Standpunkt eine Kritik an totalitären Ideologien ist – nämlich dass sie Glaubenssysteme sind – und eine Kritik an Glaubenssystemen – nämlich dass sie eine totalitäre Schlagseite haben – ist kein zwingendes Argument gegen die Überlebensfähigkeit der von ihnen geprägten Gesellschaften, schon gar nicht, soweit ihr Überleben von ihrer Konfliktfähigkeit abhängt.

Ich bin nicht überzeugt davon, dass diese Schwäche westlicher Gesellschaften am Ende tödlich sein muss – zu deutlich und gewichtig sind die sie kompensierenden Stärken. Aber eine Schwäche ist es allemal, und insofern geht der Punkt an Flash.

Dessen Argument zielt allerdings tiefer als auf die bloße Konfliktfähigkeit westlicher Gesellschaften. Er behauptet, dass eine säkulare, aufgeklärte, rationale und liberale Gesellschaft auch ganz unabhängig von äußeren Konflikten auf die Dauer nicht existenzfähig sei, weil das von ihr erzeugte Vakuum an Spiritualität und Moral das grundlegende religiöse Bedürfnis der Menschen nach einem transzendenten Sinn vernachlässige, und dass dieses Bedürfnis sich über kurz oder lang Bahn brechen müsse, sodass wir auf die Dauer nur die Wahl zwischen einer Islamisierung und einer Re-Christianisierung hätten. Einem islamischen Fundamentalismus aber sei ein christlicher allemal vorzuziehen.

Dass eine säkulare Gesellschaft auf die Dauer dem Ansturm der Religiosität erliegen müsse, ist eine These, die ich stark anzweifle:

Es ist schon richtig, dass es diese religiösen Bedürfnisse gibt, und dass ein säkularer Rationalismus sie nicht befriedigen kann. Noch in der moralisierenden Ideologie der Political Correctness – deren Verfechter man ja nicht umsonst als „Gutmenschen“ veralbert – drückt sich ein Bedürfnis nach „Heiligkeit“ aus, das bei einem soliden Fundamentalismus zweifellos besser aufgehoben wäre als bei einer linken Ideologie. Allerdings zeigt dieses Beispiel auch, wohin es führt, wenn man religiöse Kategorien – wie verkappt oder pervertiert auch immer – in die Politik einführt.

Ich kann aber überhaupt nicht erkennen, dass eine Rückbesinnung auf den christlichen Glauben – die ich für wünschenswert halte – zwangsläufig dazu führen müsste, dass man in Fundamentalistenmanier mit der Bibel in der Hand in Politik und Wissenschaft herumfuhrwerkt und die Grundlagen der säkularen Demokratie und der rationalen Wissenschaft angreift. Wozu sollte man das tun? Um die Islamisierung zu stoppen? Die beruht nicht darauf, dass der Islam irgendwelche vom Christentum vernachlässigten spirituellen Bedürfnisse erfüllen würde; das tut vielleicht der Buddhismus. Im Hinblich auf Humanität, Spiritualität, erlösende Kraft und theologische Tiefe, d.h. als Religion, ist der Islam selbst einem verwässerten Christentum oder Judentum so hoffnungslos unterlegen, dass er sich ihnen gegenüber nie anders als mit Gewalt durchsetzen konnte und kann. So gefährlich der Islam als politische Ideologie ist, so armselig ist er als Religion.

Das Christentum spielt eine wichtige Rolle beim Kampf gegen die Islamisierung, aber nur, wenn es seine Stärken ausspielt – seine religiöse Tiefe und Kraft -, nicht, wenn es fundamentalistisch versucht, die Bibel zur Basis politischer Programme und wissenschaftlicher Thesen zu machen.

Keine Regel freilich ohne Ausnahme: Wo es darum geht, den Islam frontal anzugreifen, also Muslime zu missionieren, oder, in der Sprache der entsprechenden Kreise: ins 10/40-Fenster einzudringen, können Christen, die sich das vornehmen, gar nicht fundamentalistisch genug sein. Mit ihrem wörtlichen Bibelverständnis, ihrer konservativen Sozial- und Sexualmoral, überhaupt ihrer starken Betonung sozialer Normen und nicht zuletzt ihrem – Pardon! – Fanatismus dürften gerade evangelikale Fundamentalisten unter allen christlichen Glaubensrichtungen am besten für die Mission aufgestellt sein, weil ihre Auffassung von Religion der von Muslimen am nächsten kommt. So gesehen, wäre es doch ein Fortschritt, wenn im Biologieunterricht die biblische Schöpfungsgeschichte behandelt würde.

In Saudi-Arabien.

Political Correctness und Schwarze Magie

Dem deutschen Fußballtrainer Winni Schäfer, der damals die Nationalelf Kameruns betreute, kam eines Tages bei einem Turnier in Mali sein Co-Trainer abhanden: Die Polizei hatte ihn unter der Anschuldigung verhaftet, den Stadionrasen verhext zu haben.

Wir aufgeklärten Mitteleuropäer grinsen natürlich, wenn wir solche Anekdoten hören. Wo wir doch über derlei finsteren Aberglauben turmhoch erhaben sind.

Ach ja?

„Was haben Harvardpräsident Larry Summers, der Taliban John Walker, die Verantwortlichen bei Delta Airlines und die Herausgeber der New York Times mit Frauen vom Stamm der Yanomamo im Dschungel des Amanzonasgebiets gemeinsam?“

So beginnt ein Aufsatz des konservativen amerikanischen Kolumnisten Jack Wheeler, der unter dem Titel „The Secret to the Suicidal Liberal Mind“ die provozierende These vertritt, dem „Liberal Mind“ – zu deutsch: dem Gutmenschentum – liege ein archaischer Glaube an die Macht der Schwarzen Magie zugrunde, der in Gestalt sozialistischer, pazifistischer und kulturrelativistischer Theorien bloß oberflächlich rationalisiert worden sei. Political Correctness sei der Versuch, durch masochistische Selbsterniedrigung den „Bösen Blick“ potenzieller Neider zu vermeiden.

(Die vollständige deutsche Übersetzung von Wheelers Text, von dem ich hier nur Auszüge verwende, ist bei der Acht der Schwerter erschienen und nach dessen Ende von Deep Roots im Counterjihad eingestellt worden; ich empfehle auch die Lektüre der dortigen Kommentare, speziell Nr.5 von Guggelgobbel.)

„(…) Bei den Yanomamo und anderen Stämmen tief in den Regenwäldern des Amozonas, die immer noch den arachaischen Lebensstil der Jäger und Sammler unserer Vorfahren aus der Altsteinzeit pflegen, ist es ein allgemein anerkannter Brauch, dass eine Frau, nachdem sie ein Kind zur Welt gebracht hat, tränenreich verkündet, ihr Kind sei hässlich.

In einer lauten, selbsterniedrigenden Klage, die der ganze Stamm hören kann, fragt sie, warum die Götter sie mit einem so erbärmlich abstoßenden Kind verflucht haben. Sie tut das, um die neidische schwarze Magie des bösen Blicks, des Mal Ojo, zu bannen, die sie und ihre Stammesmitglieder treffen würde, wenn bekannt wäre, dass sie glücklich über ihr wunderschönes Baby ist.

Anthropologen beobachten in den meisten primitiven und traditionellen Kulturen, dass ‚jedes Individuum in der ständigen Angst vor der magischen Aggression anderer lebt … es gibt nur eine Erklärung für unvorhersehbare Ereignisse: die neidische schwarze Magie eines anderen Dorfmitglieds.'“

Wobei man hinzufügen möchte, dass der Glaube an die Schwarze Magie ein Spezialfall des offenbar allgemeinmenschlichen Glaubens an die Kraft des Wünschens, in diesem Fall des bösen Wünschens ist:

Nicht wenige Menschen haben Schuldgefühle, wenn sie einen Angehörigen verlieren, mit dem sie jahrzehntelang in Fehde gelebt haben. Sie können sich hundertmal sagen, dass ihre feindseligen Gefühle mit dem Tod des Betreffenden nichts zu tun haben – die Schuldgefühle bleiben trotzdem.

Ich bin Biathlon-Fan, und jedesmal, wenn ein deutscher Biathlet an den Schießstand tritt, versuche ich, seine Kugel ins Ziel zu bringen, in dem ich vor meinem geistigen Auge das Bild einer hochklappenden weißen Scheibe beschwöre. Natürlich glaube ich üüüüüüberhaupt nicht, dass das irgendeinen Effekt haben könnte; esoterischer Kokolores ist mir selbstredend völlig fremd, ich bin schließlich Rationalist – verteufelt nur, dass mein wirkliches Verhalten so gar nicht dazu passt.

Und ist eine betende Kirchengemeinde wirklich so unähnlich jenen indigenen Völkern, die ein bestimmtes Ereignis auf magische Weise herbeizuführen suchen, indem sie es kollektiv herbeiwünschen? Gewiss würde jede Kirchengemeinde den Verdacht weit von sich weisen, magischen Praktiken zu frönen; das Gebet richtet sich schließlich an Gott, damit der das Ereignis herbeiführt. Nun ja – auch das ist Magie. Magie per Satellit sozusagen.

Der Glaube an die Magie des Wünschens ist also ziemlich universell; damit aber zwangsläufig auch der an den „Bösen Blick“.

 

 

„Denken Sie einen Augenblick über das Ausmaß nach, zu dem Stammesmitglieder in einer “primitiven” Stammeskultur ihr Leben mit Aberglauben, Hexerei, Voodoo, “schwarzer Magie” und dem “bösen Blick” ausfüllen. Für sie besteht die Welt daraus, Dämonen, Kräfte, Geister und Götter zu zähmen, die alle böswillig und gefährlich – in einem Wort: neidisch – sind.

Ein Großteil wenn nicht die Mehrheit der traditionellen Stammeskulturen, sei es am Amazonas, in Afrika oder auf den pazifischen Inseln, kennt das Konzept des natürlichen Todes nicht. Tod ist immer Mord.

(…)

Neid ist die Quelle für den Glauben der traditionellen Kulturen an schwarze Magie, die Furcht vor dem neidischen bösen Blick.

Der grundlegende Ursache dafür, dass gewisse Kulturen statisch bleiben und sich nie weiterentwickeln (zum Beispiel Dörfer in Ägypten und Indien, die über Jahrtausende hinweg bis heute ungefähr gleich geblieben sind) ist das überwältigende Ausmaß, in dem die Menschen dieser Kulturen von Neid und Neidvermeidung beherrscht sind: Anthropologen nennen das die Neidbarriere.

Die Mambwe in Sambia zum Beispiel betrachten ‚erfolgreiche Menschen als düster, übernatürlich und gefährlich.‘ In mexikanischen Dörfern ‚bestimmt die Furcht vor dem Neid anderer Leute jedes Alltagsdetail und jedes Vorhaben.‘

(…)

Es ist die ultimative Ironie moderner Zeiten, dass linke Intellektuelle des marxistischen Typus sich selbst für die progressive Avantgarde des aufgeklärten zeitgenössischen Denkens halten – wobei in Wirklichkeit ihre Denkweise nichts als Atavismus ist, die Rückentwicklung zu einer primitiven Stammesmentalität. Was die Linke ‚Ausbeutung‘ nennt, nennen Anthropologen ’schwarze Magie‘.

Der Soziologe Helmut Schoeck (der auch die oben erwähnten anthropologischen Beobachtungen zusammengetragen hat) fasst in seinem bahnbrechenden Werk ‚Envy: A Theory of Human Behavior‘ zusammen:

Eine selbstmitleidige Neigung, über die Überlegenheit oder Vorteile anderer nachzusinnen, kombiniert mit einem vagen Glauben daran, er sei die Ursache für die eigene Entbehrung, findet sich auch unter gebildeten Mitgliedern unserer modernen Gesellschaften, die es eigentlich besser wissen müssten. Der Glaube der primitiven Völker an schwarze Magie unterscheidet sich nur wenig von modernen Ideen. Während der Sozialist sich vom Arbeitgeber ausgeraubt sieht oder der Politiker in einem Entwicklungsland sich von den Industrieländern ausgeraubt sieht, sieht sich der primitive Mensch von seinem Nachbarn ausgeraubt, und zwar dadurch, dass es dem letzteren geglückt ist, mittels schwarzer Magie einen Teil der Ernte des ersteren auf sein eigenes Feld zu zaubern.

Der primitive Atavismus linker Binsenweisheiten wie “die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer” illustriert am besten das Argument, dass man nur auf Kosten anderer gesund sein kann. Dass man, um eine gute Gesundheit zu haben und vor Energie und Vitalität zu strotzen, jemand anderen krank machen oder zu schwacher Gesundheit bringen muss – gerade so wie man, um reich zu sein, andere arm machen muss.

Die Gesunden sind gesund, weil sie unrechtmäßig die Kranken ausgebeutet und ausgesaugt haben, indem sie den gerechten Gesundheitsanteil des Kranken mit Hilfe von schwarzer Magie an sich gezogen haben. Also sind die Kranken krank, weil die Gesunden gesund sind. Wenn das absurd ist, dann ist es gleichermaßen absurd, dass die Armen arm sind, weil sie von den Reichen ausgebeutet wurden.“

Hier macht Wheeler es sich doch etwas leicht: Die Linken reden wahrlich viel Stuss, wenn der Tag lang ist, aber bisher haben sie noch nicht behauptet, die Gesunden seien schuld, dass die Kranken krank sind. Außerdem kann es im Einzelfall durchaus sein, dass der Reichtum von Wenigen auf der Armut von Vielen beruht. (Wenn Plantagen von Sklaven bewirtschaftet werden oder Drittweltpotentaten knappe Steuermittel und Hilfsgelder auf ihre Privatkonten umleiten, ist der kausale Zusammenhang zwischen Reichtum und Armut kaum von der Hand zu weisen.) Irrational und daher aberglaubeverdächtig – das macht Wheelers Argumentation so spannend – ist aber die Selbstverständlichkeit, mit der das Gutmenschentum auch dort davon ausgeht, dass ein solcher Zusammenhang bestehen müsse, wo das offensichtlich absurd ist:

Der Gutmensch ist fest überzeugt, dass der Westen reich ist, weil er die Dritte Welt ausbeute, an deren Armut er mithin ein Interesse habe. Wenn das richtig wäre, dann dürfte der Westen (das Kapital, die Konzerne) nichts so sehr fürchten wie Drittweltländer, die es zu Wohlstand bringen. Was aber geschieht wirklich in den Chefetagen besagter Konzerne, wenn sich ein armes Land – etwa China – tatsächlich auf den Weg zum Wohlstand macht? Da knallen die Korken! Da pilgern Delegationen von Managern in das neue Gelobte Land und liefern sich einen Wettlauf darum, wer zuerst investieren und den neuen Markt erschließen darf!

Der Gutmensch ist fest überzeugt, dass „wir den Arabern das Öl rauben“, und selbst der Hunderter, den er an der Tankstelle lassen muss, überzeugt ihn nicht davon, dass wir dieses Öl kaufen. Und dass die Araber ein Interesse daran haben, es uns zu verkaufen. (Was sollen sie denn sonst aus ihrem Öl machen? Einen Milchshake?)

Wenn Migranten selbst in der zweiten und dritten Generation es überwiegend nicht schaffen, in kostenfreien öffentlichen Schulen mehr als einen Hauptschulabschluss zu erwerben – und oft nicht einmal den -, dann ist der deutsche Staat schuld. Wenn sie daraufhin arbeitslos sind – wer ist daran schuld? Natürlich die Politik, die „die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht“.

Mit anderen Worten: Der Gutmensch geht davon aus, dass es zwischen Leistung und Erfolg keinen Zusammenhang gibt, wohl aber zwischen dem Erfolg des Einen und dem Misserfolg des Anderen. Für diese Vermutung sprechen keinerlei ökonomischen Argumente, übrigens auch keine marxistischen:

Es ist schon richtig, dass Kapitalismus nicht „gerecht“ ist, auch nicht im Sinne von Chancengleichheit; denn es liegt auf der Hand, dass der, der Kapital einsetzen kann – egal woher er es hat -, größere Chancen hat als der, der das nicht kann. Nichtsdestoweniger ist das Vorhandensein von Kapital die Voraussetzung dafür, dass der Faktor Arbeit produktiv eingesetzt und entsprechend entlohnt werden kann. Dass es sich um ein Positivsummenspiel handelt, bei dem beide gewinnen, wenn auch der Eine mehr, der Andere weniger, ja dass eine Wirtschaft, die auf Tausch beruht, mit logischer Zwangsläufigkeit ein Positivsummenspiel sein muss, ist so offensichtlich, dass die gegenteilige Auffassung unter ernsthaften Menschen keiner Diskussion würdig ist. Wird sie dennoch vertreten, so handelt es sich offenkundig um einen Aberglauben, dessen massenhafte Verbreitung allein schon ein Indiz für seinen voraufklärerischen Ursprung ist.

Und hier beginnt das Spiel von Neid und Neidabwehr:

„Die Angst vor dem Neid

Die Begünstigung der Neidischen und die Einschüchterung derer, die vor ihnen Angst haben, war und ist der Weg zur Macht aller modernen Demagogen, von Lenin und Hitler bis zu Jasir Arafat und Osama bin Laden.

Die drei großen politischen Pathologien des 20. Jahrhunderts sind alles Neidreligionen: Nationalsozialismus, der den Rassenneid gegenüber “den reichen, ausbeuterischen Juden” predigt; Kommunismus, der den Klassenneid gegenüber “der reichen, ausbeuterischen Bourgeoisie” predigt; und Moslemterrorismus, der den Kulturneid gegenüber “dem reichen, ausbeuterischen Westen” predigt.

(…)

Und hier erkennen wir auch die geheime Furcht an der Quelle des selbstmörderischen gutmenschlichen Denkens. Es ist der Neid, der einen Nazi, einen Kommunisten oder einen Terroristen ausmacht. Es ist die Angst vor dem Neid, die einen Gutmenschen ausmacht und die die Quelle seiner “Schuld” ist.

Das kann man am einfachsten an den Kindern wohlhabender Eltern erkennen. Erfolgreiche Geschäftsleute zum Beispiel, die ihren Wohlstand selbst erarbeitet haben, haben normalerweise einen gewissen Respekt für ihre eigenen Anstrengungen und das Wirtschaftssystem, das Erfolg ermöglicht.

Ihre Kinder, die nicht dafür arbeiten mussten, sind einfachere Zielscheiben für die Schuldeinredereien der Neidischen. Somit nehmen sie eine Haltung gutmenschlichen Mitgefühls als Neidabwehrschild ein: “Bitte beneidet mich nicht wegen des Geldes meines Vaters – schaut doch all die linken Anliegen und sozialen Regierungsprogramme an, die ich unterstütze!”

Teddy Kennedy ist der Archetypus dieses Phänomens

Das ist auch der Grund, warum Hollywood so gutmenschlich ist. Die riesigen Geldmassen, die Filmstars verdienen, stehen in einem so groben Missverhältnis zu dem Aufwand, der dafür notwendig ist, dass sie das Gefühl haben, es wäre unverdient. Und deshalb entschuldigen sie sich dafür. Die Strategie der Gutmenschen ist es, sich für ihren Erfolg zu entschuldigen, um die Neidischen zu besänftigen.

Gutmenschentum ist damit keine politische Ideologie oder ein Glaubenskonzept. Es ist ein Neidabwehrschild, eine psychologische Strategie zur Vermeidung, beneidet zu werden.

Ein definitives Charakteristikum sowohl von Neid als auch von Neidangst ist Masochismus. Neid ist nicht nur Hass gegenüber jemanden, der etwas hat, was man selber nicht hat – er ist die Bereitschaft, in masochistischer Weise jegliche Chance darauf, dieses Etwas jemals zu bekommen, aufzugeben, solange es nur die Person, auf die man neidisch ist, auch nicht hat.“

Dass den typisch linken politischen Programmen der Neid und dessen Mobilisierung zugrundeliegt – und nicht etwa das Klasseninteresse von Arbeitern oder gar Arbeitslosen – erkennt man, wenn man sich klarmacht, wie eine rationale Interessenpolitik aussehen müsste: Sie dürfte nicht in Kauf nehmen, dass der zu verteilende Kuchen kleiner wird, weil sie in diesem Fall wenig Aussicht darauf hätte, den Anteil der Arbeiter im gleichen Maße zu vergrößern, wie das Gesamtprodukt sich verkleinerte. Tatsächlich sehen linke Programme aber anders aus: „Verteilungsgerechtigkeit“ ist alles – Wachstum ist nichts. Nach dem Motto: Wenn Alle hungern, ist das wenigstens gerecht.

„Man kann die Leidenschaften der Linken als masochistische Verrücktheiten sehen. Was könnte idiotischer und masochistischer sein als gegen einen Raketenabwehrschild zu sein? Diese Opposition ist unverständlich, wenn man sich nicht von Rhetorik und rationalen Erklärungen frei macht und erkennt, dass dieses Volk in seinem emotionalen Kern nicht möchte, dass das Land verteidigt wird.

Der Irrsinn des Schwindels “Globale Erwärmung” kann nicht anders verstanden werden, als dass seine masochistischen Befürworter nicht wollen, dass ihre Zivilisation floriert [Nun ja, ein paar andere Erklärungen würden mir schon einfallen, M.]. Die kulturzerstörende Einwanderungspolitik, vor der Pat Buchanan warnt, sie würde “den Tod des Westens” bedeuten, wurde von denjenigen eingeführt, die nicht wollen, dass ihre Kultur überlebt.

Die Tödlichkeit gutmenschlichen Neidappeasements ist, dass persönlich empfundene Schuldgefühle auf die verschiedenen Gesellschafts- oder Stammeskollektive projiziert werden, denen der Gutmensch angehört und die Teil seines Selbstbildes sind. Selbsthass wird zu Hass auf die eigene Gesellschaft oder Rasse transformiert.

Weiße männliche Gutmenschen werden zu Autorassisten und Autosexisten: rassistsisch gegen ihre eigene Rasse und sexistisch gegen ihr eigenes Geschlecht. Billige Demagogen wie ökofaschistische Umweltbewegte, Feminazis, Tier- und Homosexuellenrechtler, penetrante Rassenbewegte wie Jesse Jackson und Al Sharpton beziehen all ihre Stärke aus der Angst der Gutmenschen vor dem bösen Blick.

Gerade so wie die Frau aus dem Stamm im Amazonasgebiet sagt, ihr Baby sei hässlich, sagt der weiße männliche Gutmensch, sein Geschlecht, seine Rasse, sein Land, seine Zivilisation oder sogar seine ganze Spezies sei hässlich.

Eine Spielart der Angst vor dem Bösen Blick, die Wheeler nicht behandelt, die aber in denselben Kontext gehört, ist neben der Angst vor dem Neid die Angst vor dem Bösen Blick des Rachsüchtigen, auch diese darstellbar anhand typischer Gutmenschenphrasen, etwa dem von der „Natur“, die „sich rächen wird“. Das dahinterstehende Weltbild ist unschwer als steinzeitlicher Animismus zu dechiffrieren: Als Weltbild von Bärenjägern, die nach erfolgter Jagd umfangreiche Beschwichtigungsrituale vollführen, um die gekränkte Seele des Bären zu versöhnen und von seiner Rache verschont zu bleiben.

In dieselbe Kerbe haut „Gewalt erzeugt nur Gegengewalt“ – wobei dem Gutmenschen gar nicht auffällt, dass dieser Spruch, sofern er richtig ist, nichts weiter besagt als dass Gegengewalt die erwartbare, weil vernünftige Reaktion auf einen Angriff ist, und dass er deshalb gerade kein Argument dafür liefert, auf Gegengewalt zu verzichten, wenn man angegriffen wird. Was gemeint ist, erschließt sich aus der dazugehörigen zweiten Phrase: „Gewalt erzeugt nur Hass.“

Ja, das wird wohl so sein. Na und? Der Hass als solcher schadet doch niemandem, es sei denn…

Es sei denn, man unterstellt, dass bereits dem Hass an sich die Kraft innewohnt, den Gehassten zu schädigen. Das ist aber nichts anderes als der Glaube an den bösen Blick. Was den Gutmenschen also treibt, ist die Furcht davor, gehasst zu werden; was er als „Politik“ ausgibt, ist ein animistisches Beschwörungsritual. Solange der Gutmensch in der Minderheit ist, versucht er den Bösen Blick von sich abzulenken, indem er sich von dem Kollektiv distanziert, dem der Hass gilt.

Haben die Gutmenschen es aber zur Mehrheit gebracht, dann schlägt die Stunde der Political Correctness: Der private Aberglaube mutiert dann zu einer heidnischen Stammesreligion, die auf einem Abwehrzauber basiert: Das Gemeinwesen distanziert sich von sich selbst, beschimpft und schädigt sich, um gleichsam einen magischen Kreis aufzubauen, der vor dem Bösen Blick schützt.

Damit kennen wir auch die Ursache der eigentümlichen exorzistischen Rituale, die stets einsetzen, wenn die Political Correctness verletzt wird: Der Übeltäter wird dann als böse gebrandmarkt und aus dem Kreis der Guten verbannt.

Wenn etwa die Wahlniederlage Roland Kochs voll Erleichterung und Genugtuung mit dem Kommentar quittiert wird, nun sei „die politische Kultur wiederhergestellt“, so bedeutet dies, übertragen aus der Sprache der politischen Kommentatoren in das wesentlich angemessenere Idiom indianischer Medizinmänner, dass der den Stamm vor dem Bösen Blick schützende magische Kreis „wiederhergestellt“ ist, indem der Frevler, der ihn durch seinen blasphemischen Schadenzauber zu beschädigen drohte, aus der Mitte des Stammes verstoßen ist.

„Angst vor dem Neid ist in der menschlichen Psyche sehr tief eingegraben. Sie kann eine Kultur über Tausende von Jahren hinweg von der Weiterentwicklung abhalten. Nur eine jugendliche Kultur voller Elan und Selbstvertrauen kann sie abschütteln, was diese Kultur dann florieren lässt.

(…)

Und doch sind diese Reserven aufgezehrt. Amerikas höchste Eliteuniversitäten sind zu faschistischen Jauchegruben des Neidappeasements degeneriert. Ihr Überleben liegt nur noch an der Trägheit ihres Prestiges. Delta und andere Fluglinien gefährden die Sicherheit ihrer Passagiere, indem sie Zufallskontrollen machen anstatt rassische Rasterkontrollen bei arabischen und anderen moslemischen Männern.

In der Tat ist das ganze Phänomen der political Correctness … nichts weiter als eine großangelegte Übung in Neidappeasement.

(…)

Den Neid zurückweisen ist der Schlüssel dazu, “den Tod des Westens” zu verhindern, der Schlüssel für Amerikas weitergehendes Wohlergehen. Ich schlage vor, dass diese Zurückweisung mit Ihnen anfängt.

Angst vor dem bösen Blick ist das einzige, was dem bösen Blick seine Macht verleiht. Ohne Angst vor ihm ist der böse Blick machtlos. Also: Wenn sich das nächste Mal der böse Blick auf Sie richtet und von Ihnen fordert, sich für Ihre Existenz zu entschuldigen, dann sollten Sie vorschlagen, dass sich die Forderer selbst mit Sadomaso-Spielchen befassen und Sie dabei rauslassen sollten.“

Gelesen: Bryan Ward-Perkins, Der Untergang des Römischen Reiches und das Ende der Zivilisation

…und was das mit uns zu tun hat

Jahrhundertelang haben im Westen nur Wenige bezweifelt, dass das Ende des (west-)römischen Reiches die größte Katastrophe war, die jemals das Abendland heimgesucht hat -und dies auch im Vergleich zu den Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts.

„In Europa gehen die Lichter aus“, sagte der britische Außenminister Sir Edward Grey bei Kriegsausbruch 1914, „und wir werden es nicht mehr erleben, dass sie angezündet werden“. Das stimmte für ihn und seine Generation, aber einige Jahrzehnte später – im Westen nach 1945, im Osten nach 1989 – war Europa so weit, die Lichter wieder anzuknipsen, und musste dafür tatsächlich nicht viel mehr tun, als einen Schalter umzulegen.

Der Untergang Roms dagegen bedeutete, dass es fast tausend Jahre dunkel blieb.

So zumindest lautet seit Renaissance und Aufklärung das vorherrschende Geschichtsbild gebildeter Europäer. Völlig unangefochten war es nie: Christliche, speziell katholische, Historiker hatten schon immer nach Kräften versucht, das „finstere Mittelalter“ zu rehabilitieren – war es doch zugleich die Zeit unangefochtener Herrschaft der Kirche gewesen. Deutschnationale Historiker wiederum schwelgten geradezu in der Kaiserherrlichkeit des Mittelalters, sahen in der Zerstörung der römischen Zivilisation ein Zeichen der Überlegenheit des Germanentums und verklärten als „germanische Lebenskraft“, was vordem zu Recht als Barbarei gegolten hatte.

Ob aus christlicher oder nationalistischer Sicht: Die Verachtung des spätkaiserlichen Rom und die Verklärung des Mittelalters war immer das Geschichtsbild der Reaktion und der Gegenaufklärung gewesen.

Ich selbst bin kein Geschichtswissenschaftler und deshalb über die Debatten unter Althistorikern nicht auf dem Laufenden; daher bin ich erst durch das Buch des Archäologen und Historikers Bryan Ward-Perkins darauf aufmerksam geworden, dass es in den letzten Jahrzehnten Mode geworden zu sein scheint, den Untergang der römischen Zivilisation zu einem freundlichen „Übergang“ zu stilisieren und das enorme Zivilisationsgefälle zwischen Antike und Mittelalter kleinzureden.

Nach diesem – von Ward-Perkins heftig kritisierten – Geschichtsbild waren die Germanen nicht etwa als brutale Eroberer und Plünderer ins Römische Reich eingefallen, sondern friedlich „eingewandert“ und hätten sich „integriert“. Die Verträge, mit denen die Römer die gewaltsame Landnahme bisweilen legalisierten (und die von den Germanen regelmäßig gebrochen wurden), seien nicht etwa die Ausnahme, sondern die Regel gewesen; und Rom habe sie auch keineswegs unter dem Druck militärischer Niederlagen geschlossen (um sich gegenüber den brandschatzenden Horden wenigstens Atempausen zu verschaffen), sondern im Zuge einer wohlüberlegten und vorausschauenden Integrationspolitik (die gleichsam nur versehentlich zum Ende des Reiches geführt habe). Der dramatische Verfall der Baukunst im frühen Mittelalter deute lediglich auf veränderten architektonischen Geschmack hin, das Ende der Geldwirtschaft sei bloß eine gewisse Umstrukturierung gewesen, das antike Geistesleben, Kunst und Philosophie, sei nur christianisiert worden usw.

Ward-Perkins überprüft diese Thesen, indem er eine Reihe von Indikatoren untersucht, die der historischen und archäologischen Forschung zugänglich sind: Von der Verbreitung des Schriftgebrauchs über die Nutzung hochwertiger Güter (insbesondere Keramik), die Größe und Qualität von Bauten, die Nutzung von Münzen bis hin zur Schulterhöhe von Rindern.

Er interpretiert seine Befunde durchaus zurückhaltend, gibt auch zu, wo die Daten eine alternative Interpretation zulassen. Überhaupt bestechen die Fairness der Darstellung ebenso wie ihre Anschaulichkeit und der leichtfüßige Stil – die klassischen Tugenden der angelsächsischen Geschichtsschreibung machen Ward-Perkins‘ Buch zu einer nicht nur informativen, sondern auch ausgesprochen angenehmen Lektüre.

Bei aller Abgewogenheit ist das Ergebnis doch eindeutig: Während des 5. und 6. Jahrhunderts verschwanden auf dem Gebiet des weströmischen Reiches alle Güter, deren Produktion von einem komplexen System gesellschaftlicher Arbeitsteilung abhängt – von hochwertigem Essgeschirr bis zur Philosophie, vom Ziegeldach bis zur Kanalisation, von der Kupfermünze bis zur öffentlichen Sicherheit. Die Wirtschaft zerfiel in kleinräumige Einheiten bis hin zur Subsistenz- und Tauschwirtschaft. Der Lebensstandard gerade armer Menschen fiel auf vorantikes Niveau.

Was da verschwand, war schlicht und einfach: die Zivilisation.

Den Prozess, der zu diesem Ergebnis führte, beschreibt Ward-Perkins als eine Abwärtsspirale nach Art eines Teufelskreises: Das Römische Reich besaß eine Berufsarmee, seine Sicherheit war mithin von Steuereinnahmen abhängig. Steuern konnten nur von Provinzen aufgebracht werden, die nicht verwüstet waren. Diese gegenseitige Abhängigkeit – der Sicherheit von den Einnahmen, der Einnahmen von der Sicherheit – war die Achillesferse des Reiches. Kleinere Einbrüche konnte das System verkraften, nicht aber die immer schnellere Abfolge germanischer Plünderungsfeldzüge, die ab 401 nacheinander mehrmals Italien (gipfelnd in der Plünderung Roms 410), Gallien, Britannien, Spanien und schließlich Afrika heimsuchten:

„Historiker debattieren darüber, wann genau die militärische Stärke der römischen Armee abnahm. Meiner Meinung nach wird das Chaos im ersten Jahrzehnt des 5. Jahrhunderts einen plötzlichen und dramatischen Abfall der Leistungsfähigkeit verursacht haben. Einige der verlorenen Gebiete erlangte man im zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts zeitweise zurück; aber viele (ganz Britannien und ein großer Teil Galliens und Spaniens) wurden niemals mehr wiedergewonnen, und selbst zurückeroberte Provinzen brauchten viele Jahre, um steuerlich wieder vollständig zu gesunden – wie wir gesehen haben, musste die Steuererleichterung [von achtzig Prozent! d.Verf.], die den Provinzen Italiens 413 bewilligt worden war, 418 verlängert werden, obwohl Italien in den Jahren dazwischen von weiteren Angriffen verschont geblieben war. Darüber hinaus war die Erholung des Imperiums nur kurzlebig; im Jahr 429 wurde ihr durch die erfolgreiche Überfahrt der Vandalen nach Afrika und die Verwüstung der letzten verbliebenen sicheren Steuerbasis des Westreiches ein endgültiges Ende gesetzt. Bis 444, als Valentinian III. eine neue Umsatzsteuer einführte, hatte die Situation gewiss ein prekäres Stadium erreicht. In der Präambel zu diesem Gesetz erkannte der Kaiser die dringende Notwendigkeit an, die Stärke der Armee durch Extragelder zu erhöhen, beklagte aber die augenblickliche Lage, in der ‚weder für die neu rekrutierten Truppen noch für die alte Armee genug Mittel von den ausgelaugten Steuerzahlern erhoben werden können, um sie mit Nahrung und Kleidung zu versorgen.'“ (S.52f.)

Wenn der Befund, dass das Ende des Römischen Reiches den Zusammenbruch nicht nur einer Zivilisation, sondern – für Europa – der Zivilisation schlechthin bedeutete, wie kommt es dann, dass in den letzten Jahrzehnten ein Paradigma Raum gewinnen konnte, vielleicht sogar vorherrschend geworden ist, das etwas ganz Anderes nahelegt?

Ward-Perkins führt mehrere Gründe an, die alle etwas mit den politisch-ideologischen Trends der Nachkriegszeit zu tun haben:

Erstens hat das Image der alten Germanen etwas mit der Einstellung zu Deutschland zu tun. Je weiter der Zweite Weltkrieg zurückliegt, desto beliebter wird Deutschland, und je beliebter Deutschland ist, desto besser sehen die Goten aus. Das ist zwar sachlich absurd, aber psychologisch irgendwie nachvollziehbar.

Zweitens benötigt das sich einende Europa so etwas wie einen historischen Mythos, und den liefert eher das nachrömische christliche Abendland (speziell das Frankenreich) als das Imperium Romanum, zu dem weite Teile des heutigen EU-Gebietes gar nicht gehörten, wohl aber Nordafrika und der Nahe Osten.

Drittens ist mit dem Niedergang des Marxismus auch das Interesse an Wirtschaftsgeschichte zurückgegangen, und überhaupt sind für eine „postmoderne“, „postmaterialistische“ Gesellschaft religions- und kulturgeschichtliche Fragen offenbar interessanter als die „harte“ Politik-, Wirtschafts- oder gar Militärgeschichte.

Viertens aber – und hier wird es brisant und hochaktuell – haben wir es hier mit den Auswirkungen einer kulturrelativistischen Political Correctness zu tun (Ward-Perkins selbst benutzt diesen Ausdruck allerdings nicht), die prinzipiell von der Gleichwertigkeit aller Kulturen ausgeht, das Wort „Zivilisation“ auf keinen Fall im wertenden Sinne verwenden will – also wenn überhaupt, dann nur im Plural und auf keinen Fall als Gegensatz zur Barbarei. Barbarei gibt es nicht, es gibt höchstens „andere Kulturen“. Und gar Imperien! Na, die sind doch von vornherein bäbäh.

„Ich denke auch, es liegt eine wirkliche Gefahr für die Gegenwart in einer Vorstellung der Vergangenheit, die sich explizit vornimmt, jede Krise und jeden Niedergang auszuradieren. Das Ende des römischen Westens erlebte Schrecken und Verwerfungen einer Art, von der ich ehrlich hoffe, sie nie durchleben zu müssen; und es zerstörte eine komplexe Zivilisation, wobei die Bewohner des Westens auf einen Lebensstandard, der typisch für prähistorische Zeit war, zurückgeworfen wurden. Die Römer waren vor dem Untergang genauso wie wir heute sicher, dass ihre Welt für immer im Wesentlichen unverändert bleiben würde. Sie lagen falsch. Wir wären gut beraten, nicht so selbstgefällig zu sein.“ (S.190)

Ward-Perkins beschließt sein Buch mit diesen vorsichtigen Andeutungen, ohne sie weiter auszuführen. Das ist sein gutes Recht, schließlich schreibt er als Historiker, nicht als politischer Essayist, erst recht nicht als Agitator.

Es ist ja auch so eine Sache mit den „Lehren aus der Geschichte“ – oft genug lernt man genau das Falsche (wie Ludwig XVI. von Frankreich zu seinem Leidwesen erfahren musste, der auf keinen Fall wie Karl I. von England auf dem Schafott enden wollte, und gerade deshalb eine wankelmütige Politik trieb, die ihn schließlich auf eben dieses Schafott brachte). Das heißt aber nicht, dass es überhaupt nichts aus der Geschichte zu lernen gäbe. Wenn ich auch keinem Historiker unterstelle, die Geschichte direkt fälschen zu wollen, so ist es doch verblüffend, wie passgenau das neue „postmoderne“ Paradigma eines sanften Übergangs von der Antike zum Mittelalter auf die Bedürfnisse einer ganz bestimmten politischen Agenda zugeschnitten zu sein scheint:

Was dem Reich in der letzten Phase seiner Existenz fehlte, war militärische Stärke. Das ist offensichtlich und wird von niemandem bestritten. Bestritten wird, dass es diese Stärke überhaupt benötigte. Die römisch-germanischen Ansiedlungsverträge, z.B. mit den Goten 382 und 419, seien kluges Konfliktmanagement gewesen und hätten militärische Gewalt überflüssig gemacht.

Was es tatsächlich mit diesen Verträgen auf sich hatte, habe ich oben schon beschrieben: Sie waren das Ergebnis militärischer Niederlagen, wurden von den Germanen zuerst mit Gewaltandrohung erzwungen und dann nach Belieben verletzt. Natürlich fehlte es schon damals nicht an Schönrednern, die das militärische Versagen der Kaiser zu humanitären Großtaten umlogen; wenn aber anderthalb Jahrtausende später Historiker derlei groteske Propaganda ernstnehmen, so ist die Vermutung naheliegend, dass hier die Auswirkungen eines ideologisch verinnerlichten Pazifismus zu besichtigen sind, der niemals und unter keinen Umständen konzedieren kann, dass militärische Stärke und die Bereitschaft, von ihr Gebrauch zu machen, jemals etwas Gutes sein könnten.

Wer so denkt, braucht auch keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass es problematisch sein könnte, wenn eine komplexe Gesellschaft so vollständig entmilitarisiert wird wie die römische – und unsere heutige. Das, was wir heute die „postheroische“ Mentalität nennen, existierte unter römischen Zivilisten auch damals schon. Zur Aufstellung größerer Truppenverbände fehlte den Römern nicht nur das Geld – es fehlten Soldaten! Wohl wollte der römische Bürger beschützt werden – aber selber in der Armee dienen? Um Gottes willen! An eine Wehrpflicht, wie sie bis zum Ende des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts existiert hatte, war nicht zu denken, und so mussten die Kaiser teils auf ausländische (wiederum: Germanen!), teils auf minderwertige Truppen zurückgreifen, auf Sklaven zum Beispiel.

Jahrhundertelang hatten die Legionen nur die Grenze zu schützen gehabt, und so lange hatte ihre qualitative Überlegenheit die geringe Mannschaftsstärke kompensiert. Tödlich wurde diese Schwäche erst, als es im späten 4. und im 5. Jahrhundert darum ging, die Fläche zu verteidigen und die staatliche Ordnung als solche aufrechtzuerhalten.

Der moderne Westen ist mit solchen Problemen nur – aber immerhin schon! – insofern konfrontiert, als sie es ihm erschweren, fremdes Territorium zu kontrollieren (Irak, Afghanistan). Die innere Sicherheit können wir noch getrost der Polizei überlassen. Sollte sich dies eines Tages ändern, könnte sich die postheroische Mentalität nicht nur, wie bisher schon, als problematisch, sondern als fatal entpuppen.

Überhaupt bestand das Problem der Römer nicht so sehr darin, dass die Barbaren ihnen die eine oder andere Provinz abgeknöpft hätten, um sie selbst zu beherrschen: Britannien etwa den Angelsachsen zu überlassen hätte schwerlich den Bestand des Reiches gefährdet. Das Problem war vielmehr, dass die Germanen innerhalb des Reiches eine Provinz nach der anderen verwüsteten. Die Germanen waren in erster Linie am Kampf an sich, in zweiter an Beute und erst dann an Herrschaft über ein abgrenzbares Territorium interessiert. Das Reich ähnelte daher in seiner Endphase eher einem heutigen „failed state“ vom Schlage Somalias als einer kriegführenden Macht. Wieder so eine Parallele, die dem postmodernen Gutmenschen übel aufstoßen muss.

Man ist im Westen – durchaus zu Recht – stolz darauf, dass die moderne Demokratie vielfältige Mechanismen entwickelt hat, gesellschaftliche Konflikte und Probleme friedlich und ohne direkte staatliche Gewaltanwendung zu lösen. Vergessen wird oft, dass diese Mechanismen nur deswegen und nur so lange funktionieren, wie der Staat notfalls Gewalt anwenden kann.

Auch dies gehört nämlich zu den Lehren aus der römischen Geschichte, die gewisse Menschen nicht zur Kenntnis nehmen möchten, weil sie jeglichem pazifistischen Illusionismus den Garaus machen würden: Die Ansiedlungsverträge mit den Germanen hätten als freundliches Entgegenkommen durchaus eine Befriedungswirkung haben können – wenn Rom in der Lage gewesen wäre, ihre Einhaltung zu erzwingen; so aber waren sie wertlos.

Nun ist die Auflösung der Staatsgewalt ein Prozess, der durchaus nicht nur Länder wie Somalia betrifft. Speziell die Großstädte – nicht nur der Dritten, sondern auch der Ersten Welt – weisen wachsende weiße Flecken auf, in denen die Staatsgewalt faktisch nicht mehr vertreten ist, und die in vielen Ländern bereits existierenden Reichen-Gettos, wo sich die Wohlhabenden gleichsam auf Inseln der Ordnung im Meer des Chaos verschanzen, haben eine frappierende Ähnlichkeit mit römischen Garnisonsstädten, die von ihren Besatzungen oft jahrelang gehalten wurden, während in dem sie umgebenden Land die Barbaren tobten. Man sollte sich also keineswegs darauf verlassen, dass solche Zustände „bei uns nicht möglich wären“.

Wenn die brutalen Raubzüge der Germanen als „Integration“ und „Immigration“ verniedlicht werden, so erkennt man schon an der Wortwahl, woher der Wind weht. Einer der entscheidenden Fehler der römischen Reichspolitik – der aus ebenso naheliegenden wie höchst aktuellen Gründen nicht als solcher benannt werden darf – war, dass man die Germanen überhaupt in großen Massen auf das eigene Territorium gelassen hat; kleine Gruppen hatte man schon früher aufgenommen und dezentral angesiedelt – was schnell dazu führte, dass sie sich an die vorherrschende „Romanitas“ anpassten und loyale Bürger wurden. Beim Gotenvertrag von 382 ging es aber darum, ein Großkollektiv aufzunehmen – mit eigenen politischen Führern und umfassender – sogar militärischer – Autonomie.

Eine Anpassung an die Romanitas fand unter diesen Umständen nicht statt und konnte auch nicht stattfinden. Vielmehr wurde die Mentalität des germanischen Kriegers konserviert, der Kriegführen und Beutemachen als eine Frage der „Ehre“ ansah und für die unheroische Lebensweise der Römer nur Verachtung übrig hatte. Konserviert wurde sie dadurch, dass es den Germanen erlaubt war, als kompakte Einheit, als Staat im Staate, als Gesellschaft in der Gesellschaft zu existieren. Es gab für sie keinen Grund, sich anzupassen. Im Gegenteil: Als „heroische“, an Begriffen der „Ehre“ orientierte Gesellschaft, in der Gewaltanwendung als Tugend, zumindest aber nicht als Makel galt, konnten sie mit der postheroischen römischen Gesellschaft machen, was sie wollten; und das wussten sie auch.

Kommt uns das irgendwie bekannt vor?

[Siehe zu diesem Thema auch das Interview des Deutschlandfunks mit dem Archäologen Michael Schmauder]

Mohammed Al-Dura

Zu den vielen Lügen, die im Zusammenhang mit der zweiten Intifada zu Lasten Israels verbreitet wurden, gehört die Geschichte von dem palästinensischen Jungen, Mohammed Al-Dura, der angeblich von israelischen Sicherheitskräften erschossen wurde. Die Bilder des französischen Senders France-2 gingen damals um die Welt. Inzwischen steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Junge nicht von einer israelischen, sondern von einer palästinensischen Kugel getötet wurde, und man muss vermuten, dass France-2 das wusste.

Ruth hat in ihrem Blog eine Unterschriftensammlung verlinkt, mit der France-2 aufgefordert wird, alles bisher zurückgehaltene Filmmaterial freizugeben. Ich bitte alle, die sich von den Medien nicht gerne belügen lassen, sie zu unterschreiben.

http://beer7.wordpress.com/2007/09/05/petition-an-france-2/

Der Schaden, den dieser Bericht schon angerichtet hat, ist zwar nicht mehr rückgängig zu machen, aber wenigstens könnte weiterer Schaden verhindert – na, sagen wir: eingedämmt – werden.

Auch wenn man sich nicht täuschen soll: Solche Berichte erscheinen, weil es ein Publikum gibt, das bereit ist, sie zu glauben. Ist doch auch plausibel, da die Juden doch schon immer…

Siehe „Kindermord des Herodes“, siehe mittelalterliche Ritualmordlegenden. Die meisten Christen glauben kaum noch an Christus, aber sie glauben an den Kindermord des Herodes.