Die US-Strategie: Umerziehung Europas

Es soll ja immer noch Menschen geben, die Wikileaks für ein überschätztes Unternehmen halten, von dessen Veröffentlichungen viel zu viel Aufhebens gemacht werde. Solche Menschen haben sich bisher schon schwergetan zu erklären, warum die amerikanische Regierung Wikileaks und seinen Gründer mit so viel inbrünstigem Hass verfolgt. Spätestens jetzt aber sollte Jeder endgültig eines Besseren belehrt sein: Die Veröffentlichung des Strategiepapiers der Pariser US-Botschaft, das ich vor einigen Tagen übersetzt und hier eingestellt habe, und in dem es um nicht mehr und nicht weniger geht als um ein amerikanisches Programm zur ideologischen und kulturellen Umpolung und Gleichschaltung Frankreichs, wirft ein Schlaglicht auf die Methoden, mit denen die USA ganze Länder gegen den Willen ihrer Völker und hinter dem Rücken der Öffentlichkeit vor den Karren ihrer ideologischen und machtpolitischen Interessen spannen.

Bisher wurde es nur in den Nischen der NWO-Theoretiker geflüstert und von der veröffentlichten Meinung, sofern sie es überhaupt zur Kenntnis genommen hat, als “Verschwörungstheorie” abgetan. Nun, da wir aus erster Hand einen Einblick in die Propagandaküche der Amerikaner bekommen, sollten wir die Gelegenheit nutzen, die dabei gewonnenen Erkenntnisse systematisch auszuwerten:

Das Papier ist umso aufschlussreicher, als es von einer subalternen Stelle, nämlich einer Botschaft, stammt, die politische Konzepte normalerweise nicht formuliert, sondern umsetzt; und gerade weil der Verfasser es offenkundig nicht für erforderlich hält, die Legitimität der darin umrissenen Ziele und Methoden seinen Vorgesetzten gegenüber zu erläutern, ist offenkundig, dass er deren Konsens bereits voraussetzt. Wir können also davon ausgehen, dass die darin entwickelte Strategie repräsentativ für die US-Außenpolitik ist und dass die USA vergleichbare Strategien auch in anderen Ländern verfolgen.

(In diesem Zusammenhang ist es zum Beispiel interessant, wenn das Papier beklagt:

Die französischen Medien bleiben mit überwältigender Mehrheit weiß, mit nur geringen Steigerungen bei der Repräsentation von Minderheiten vor der Kamera bei den größeren Sendern.

In Deutschland war just dieser Missstand bzw. dessen Behebung Gegenstand des “Integrationspaktes”. Welch ein Zufall.

Interessant ist aber auch, mit welcher Selbstverständlichkeit die einheimischen Franzosen dadurch charakterisiert werden, dass sie “weiß” sind. Für die Amerikaner ist es offenbar ganz selbstverständlich, dass es um ein Rassenthema geht – was den Gegnern dieser Politik, sobald sie dies behaupteten, prompt den Vorwurf des “Rassismus” eintrüge.)

Zunächst geht aus dem Papier hervor, dass die amerikanische Außenpolitik darauf abzielt, Einfluss nicht nur auf die aktuelle Politik ihrer Verbündeten zu nehmen, sondern auch auf die Zusammensetzung ihrer Eliten, mit besonderer Betonung auf künftige Eliten.  Diese künftigen französischen Eliten sollen so rekrutiert und indoktriniert werden, dass ihre Ideologie mit der der amerikanischen Eliten kompatibel ist. Ob sie mit der des französischen Volkes kompatibel ist, ist dabei zweitrangig; wir kommen noch darauf. Mit den normalen Methoden diplomatischer Einflussnahme hat dies wenig zu tun. Eher ist es vergleichbar dem Versuch, einen Menschen nicht dadurch zu beeinflussen, dass man mit ihm spricht, sondern dass man sein Gehirn manipuliert.

Bereits dass dies versucht werden kann, und zwar ohne einen Hauch von schlechtem Gewissen oder auch nur Problembewusstsein, zeigt, dass die Idee nationalstaatlicher Souveränität im Denken der politischen Eliten Amerikas keine Rolle mehr spielt. Was schon immer für den vielzitierten “Hinterhof” Amerikas, also für Lateinamerika galt, gilt jetzt auch für die Staaten Europas.

Wenn wir nun diesen Text im Hinblick auf Ziele, Ideologie und Methoden der amerikanischen Einflussnahme untersuchen, gewinnen wir zumindest eine Teilantwort auf die Frage, warum die Völker Europas offenkundig im Banne einer selbstzerstörerischen Ideologie stehen, und warum diese Ideologie umso entschiedener bejaht wird, je näher wir den Zentren gesellschaftlicher Macht kommen. Es ist nicht Zufall, sondern Ergebnis strategischer Beeinflussung, dass gerade die Eliten, deren Aufgabe traditionell die Erhaltung und Fortentwicklung eines Gemeinwesens ist, das genaue Gegenteil tun.

1. Die Ziele der US-Strategie für Frankreich

Ziel dieser Strategie ist, allgemein gesprochen, die Durchsetzung“amerikanischer Ziele und Werte”. Was sich so banal anhört, dass man es überlesen möchte, enthält tatsächlich brisante politische Implikationen. Wie wenig selbstverständlich eine solche Formulierung ist, kann man daran ermessen, dass die Wortverbindung “Ziele und Werte” ein amerikanisches Spezifikum ist. In den außenpolitischen Denkfabriken anderer Länder mag auch von Werten die Rede sein, wie auch von Zielen bzw. Interessen. Aber beides in eine Formel zu packen, ist nicht nur für dieses Papier, sondern generell für die politische Sprache Amerikas, und nur Amerikas, charakteristisch. Kontinentaleuropäer tendieren dazu, in der (amerikanischen) Rede von den Werten ein bloß rhetorisches Ornament zu sehen, mit dem macht- und wirtschaftspolitische Interessen dekorativ bemäntelt werden. Das mag damit zusammenhängen, dass wir Europäer meist aus einer katholischen oder lutherischen Tradition kommen und uns daher die puritanische Verbindung von Glaube und Geschäft – oder eben von “Zielen und Werten”, von Werten und Interessen – fremd ist. Die Selbstverständlichkeit aber, mit der Amerikaner diese Formel benutzen, ist nicht die, mit der man eine abgedroschene Phrase, sondern die, mit der man eine tief verinnerlichte Ideologie zum Ausdruck bringt.

Wenn in der politischen Sprache anderer Länder von Werten die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit einer inhaltlichen Konkretisierung – demokratische Werte, liberale Werte usw. Dagegen wäre es höchst befremdlich, wenn das etwa das deutsche Auswärtige Amt von “deutschen Werten” spräche und deren Verbreitung zum Ziel der eigenen Politik erklärte. Es handelt sich wiederum um eine amerikanische Besonderheit. Was immer die Werte sein mögen, von denen hier die Rede ist – und wir werden noch darauf kommen, welche das sind: Eines, das steckt bereits in der Formulierung, sind sie nicht: französische Werte.

Andere Völker sich selbst, ihren Werten und Traditionen zu entfremden, gilt also durchaus als legitimes Ziel amerikanischer Außenpolitik. Zwar wird in dem Papier so getan, als gehe es darum, die Franzosen zu ihren eigenen Werten zurückzuführen, oder vielmehr zu dem, was die Amerikaner dafür halten. Tatsächlich zeigt aber bereits die Tatsache, dass man solche Anstrengungen von außen überhaupt für erforderlich hält, dass es hier um Umerziehung geht.

Da man die postulierte universelle Geltung “amerikanischer Werte” in der Wirklichkeit nicht vorfindet, ändert man die Wirklichkeit. Ob die Verbreitung “amerikanischer Werte” dazu dient, amerikanische Interessen zu fördern, oder ob umgekehrt die amerikanische Machtpolitik der Verbreitung dieser Werte dient, ist letztlich ein fruchtloses Henne-Ei-Problem – ähnlich wie es auch bei der Sowjetunion unmöglich war, das Verhältnis von Ideologie und Machtpolitik dadurch zu bestimmen, dass man die eine als Funktion der anderen behandelte. Es handelt sich um einander unterstützende Komponenten derselben Politikauffassung. Genau dies, verinnerlicht als Selbstverständlichkeit, steckt in der Formulierung “amerikanische Werte und Interessen”.

2. Die Ideologie hinter der US-Strategie

Die traditionelle amerikanische Auffassung von Demokratie lautet, dass es Regierungen geben sollte, deriving their just powers from the consent of the governed”. Demokratie ist, wenn das Volk bestimmt, von wem es regiert wird. Der Strategie der USA, wie sie in Rivkins Papier offenbar wird, liegt aber eine ganz andere Ideologie zugrunde: Demokratie ist, wenn alle ethnischen und religiösen Minderheiten in den herrschenden Eliten repräsentiert sind.

Nicht die Tatsache, dass die französischen Eliten sich in ungewöhnlich hohem Maße aus den eigenen Reihen rekrutieren, ist aus amerikanischer Sicht das Problem, jedenfalls nicht per se. Wofür es ja auch diskutable Gründe gibt: Ob man es kritisiert oder rechtfertigt, Tatsache ist, dass in allen westlichen Ländern “Demokratie” im Wesentlichen darin besteht, dass das Volk entscheiden kann, welche von zwei Elitenfraktionen regiert. Umso bemerkenswerter ist, was die US-Botschaft für kritisierenswert hält:

Dass der großen Mehrheit der Franzosen traditionell der Zugang zur aktiven Politik verweigert wird, ist unproblematisch. Problematisch ist, dass er auch Minderheiten verweigert wird. Damit wird die Idee des Volkes, bestehend aus freien Einzelnen mit gleichen Rechten, aufgegeben zugunsten der Idee der “Nation” als eines Arrangements von ethnischenGruppen; wenn es nicht ein Volk gibt, sondern im selben Staat deren mehrere, dann müssen sie alle repräsentiert sein; damit ist aber auch die Idee der Demokratie im klassischen Sinne preisgegeben. Hier entpuppt sich die Verlogenheit der Phrase, es gehe um “die Verwirklichung von Frankreichs eigenen egalitären Idealen” oder darum, “seine geschätzten demokratischen Werte vollständiger zu verwirklichen”. Es geht vielmehr um die Umdeutung von Begriffen wie “egalitär” und “demokratisch” zu etwas, was nicht einmal in den USA selbst konsensfähig wäre, schon gar nicht in Frankreich; ohne dass diese Umdeutung mit einer Silbe erwähnt würde. Umerziehung eben.

Man geht also davon aus, dass Frankreich nicht etwa ein melting-pot wird, wie es die USA selbst – teils zu Unrecht – zu sein beanspruchen, sondern dass speziell Muslime, aber auch Schwarze, auch in Zukunft ihre Loyalität für die jeweils eigene ethnische bzw. religiöse Gruppe reservieren werden. Der Zugang zur Elite soll gerade nicht davon abhängen, dass man diese Einstellung überwindet und sich mit dem französischen Volk identifiziert, sondern wird als ein Recht propagiert, dass sich aus der “Demokratie” herleite.

Hier wird eine in Partikularitäten zersplitterte Gesellschaft zum utopischen Ideal erhoben, und dies ausgerechnet mit dem Anspruch zu verhindern, dass Frankreich “ein … gespalteneres Land sein wird”. Neusprech.

Hier zeigt sich wie im Lehrbuch die Verquickung der ideologischen mit der machtpolitischen Komponente dieser Strategie:

beeinträchtigen unbestreitbare Ungleichheiten Frankreichs Bild in der Welt und schmälern seinen Einfluss im Ausland. (…)

Die geopolitischen Konsequenzen von Frankreichs Schwäche und Zerrissenheit werden US-Interessen beeinträchtigen, da wir starke Partner im Herzen Europas brauchen, um demokratische Werte zu fördern.

Darüberhinaus hat soziale Ausgrenzung innere Konsequenzen für Frankreich selbst, einschließlich der Entfremdung von Teilen der Bevölkerung, die ihrerseits den weltweiten Kampf gegen gewalttätige Extremistennetzwerke beeinträchtigen könnten. Eine starke, integrationsorientierte französische Politik wird uns dagegen helfen, die Demokratie und Stabilität weltweit zu verbreiten.

Das französische Volk muss aufhören, seine eigenen Interessen zu vertreten, weil die Völker der Dritten Welt als Gegenleistung für die Akzeptanz “amerikanischer Werte” (und Stützpunkte) das Recht erwarten, sich ohne Weiteres jedem europäischen Staatsvolk anzuschließen, ohne sich auch nur kulturell assimilieren zu müssen. Was ist schon die Existenz des französischen Volkes, was sind schon seine Rechte, was seine Interessen, verglichen mit der erhebenden Aussicht, “die Demokratie und Stabilität weltweit zu verbreiten”?

Man sieht hier, wie eindimensional es wäre, diese Politik bloß als im engeren Sinne “imperialistisch” aufzufassen: Es geht nicht etwa darum, dass “der Westen”, oder auch nur die USA, den Rest der Welt beherrschenwollen; es geht ebensosehr darum, die europäischen Völker (und das weiße Amerika) mit dieser Welt zu verschmelzen und eine Ordnung zu errichten, die diese Verschmelzung ermöglicht. Es geht, nun ja, um eine Neue Weltordnung (NWO).

Was im Kontext dieser Ordnung unter Demokratie zu verstehen ist, dazu ist oben schon das Nötige gesagt worden. Die Stabilität besteht darin, dass es kein Volk mehr geben soll, das sich als handlungsfähige Einheit dieser Ordnung entziehen oder sie gar in Frage stellen könnte. Da man das menschliche Bedürfnis, sich zu Gruppen zusammenzuschließen, aber nicht ausrotten kann, verlagert man die Gruppenbildung auf die substaatliche Ebene, macht aus der Bürgergesellschaft eine Stämmegesellschaft und stellt diese Stämme ihrerseits dadurch ruhig, dass man ihre Häuptlinge (leaders, was ich meist mit “Führungspersönlichkeiten” übersetzt habe) an die Fleischtöpfe des Systems lässt. Womit wir bei den Methoden wären:

3. Die Methoden der Umvolkung Frankreichs oder: How to Make A Nation Commit Suicide

TAKTIK 1: IN EINEN POSITIVEN DISKURS EINTRETEN

Zunächst werden wir unseren Diskurs auf das Thema der Chancengleichheit konzentrieren.

Dieselbe Masche, mit der linke Ideologien immer durchgesetzt werden. So wie die Geschlechtergleichmacherei (Gender Mainstreaming) also die systematische Verzwitterung der Gesellschaft am Thema der “Gleichberechtigung” aufgehängt wird, mit der sie in Wirklichkeit gar nichts zu tun hat, so knüpft hier eine Strategie der Umerziehung, Unterwanderung und Volksauflösung zur Verwirklichung einer Gesellschaftsutopie am Thema der “Chancengleichheit” an.

Wenn wir uns öffentlich zu den Gemeinsamkeiten der Demokratien äußern, werden wir betonen, dass zu den Qualitäten von Demokratien das Recht auf Verschiedenheit, der Schutz von Minderheiten, der Wert von Chancengleichheit und die Wichtigkeit authentischer politischer Repräsentation gehören.

Propaganda zur Umdeutung von Begriffen, siehe oben.

Bei nichtöffentlichen Begegnungen werden wir hochrangige französische Führungspersönlichkeiten (die nicht einer Minderheit angehören) gezielt nach Chancengleichheit in Frankreich fragen.

Massiver Druck hinter verschlossenen Türen, damit niemand auf die Idee kommt zu nachzufragen, woher bestimmte Veränderungen kommen, die dann so aussehen, als seien sie von selbst eingetreten.

Außerdem werden wir unsere Zusammenarbeit mit französischen Museen, mit Lehrern und Professoren [educators]fortsetzen und intensivieren, um eine Reform des Lehrplans für den französischen Geschichtsunterricht zu erreichen, sodass er auf die Rolle und die Perspektiven von Minderheiten in der französischen Geschichte eingeht.

Es geht um die Manipulation von Geschichtsbildern. Wie ich vor einem Jahr schrieb, gehört dies zum Kern der NWO-Agenda, “weil der Globalismus die Ideologie der Herrschenden ist, und das bedeutet unter anderem, dass es keine divergierenden Geschichtsbilder geben darf! Nicht nur die historischen Fakten müssen unstrittig sein, nein, auch die Deutung dieser Fakten und die Perspektive, aus der man sie betrachtet, müssen übereinstimmen. Gerade das aber können sie nicht, solange die Deutungshoheit über die eigene Geschichte bei den Völkern selbst liegt, für die das jeweils eigene Geschichtsbild identitätsstiftend ist. Geschichte ist für Völker ja ungefähr das, was das Gedächtnis für die Einzelperson ist: also die Voraussetzung dafür, dass diese Person sich als Individuum, als im Zeitverlauf mit sich selbst identisch, begreifen kann.

Ein Volk, das sie Deutungshoheit über die eigene Geschichte preisgibt, hört über kurz oder lang auf zu existieren. Und wie ich an anderer Stelledargelegt habe, sollen die Völker aufhören zu existieren.”

Am Ende dieses Prozesses werden voraussichtlich Geschichtsbücher stehen, wie es sie in Amerika heute schon gibt. Solche nämlich:


TAKTIK 3: AGGRESSIV DIE JUGEND BEARBEITEN

Drittens werden wir unsere Anstrengungen fortsetzen und intensivieren, die Jugend in dem Sinne zu beeinflussen, dass wir mit jungen Franzosen aller soziokulturellen Hintergründe dieselben Werte teilen. Die federführende inter-agency Youth Outreach Initiative der Botschaft zielt darauf ab, unter jungen Franzosen eine positive Dynamik zu erzeugen, die zu einer größeren Unterstützung für amerikanische Ziele und Werte führt.

Eure Werte, dies ist die Botschaft, sind nicht die eurer Vorfahren, sondern die Amerikas. Hoffentlich denken die jungen Franzosen daran, dass “Rotkäppchen” ein französisches Märchen ist, und stellen die Frage, warum diese seltsame Großmutter ein so großes Maul hat, noch rechtzeitig, bevor es zu spät ist.

Um diese Ziele zu erreichen, werden wir auf den expansiven Public-Diplomacy-Programmen aufbauen, die es bereits gibt, und kreative zusätzliche Mittel entwickeln, Frankreichs Jugend zu beeinflussen. (…) Wir werden auch neue Instrumente entwickeln, künftige französische Führungspersönlichkeiten zu identifizieren, von ihnen zu lernen und sie zu beeinflussen. (…) Wir werden auf vorhanden Jugendnetzwerken in Frankreich aufbauen und neue im Internet schaffen; wir verbinden dadurch Frankreichs künftige Führer miteinander in einem Forum, dessen Werte wir zu entwerfen helfen werden – Werte der Inklusion, des gegenseitigen Respekts und des offenen Dialogs.

Man setzt die künftigen Eliten Frankreichs einer subtilen Gehirnwäsche aus, sodass die genannten “Werte” sich wie “von selbst” durchsetzen.

TAKTIK 4: MODERATE STIMMEN ERMUTIGEN

Viertens werden wir moderate Stimmen der Toleranz ermutigen, sich mit Mut und Überzeugung zu äußern. Aufbauend auf unserer Arbeit mit zwei prominenten Websites, die auf junge französischsprechende Muslime abzielen – oumma.fr und saphirnews.com – …

Ob die muslimischen Leser dieser Netzseiten wohl darüber aufgeklärt sind, mit wessen Handlangern sie es da zu tun haben?

… werden wir politische und Medienaktivisten unterstützen, ausbilden und beschäftigen, die unsere Werte teilen.

Man überlässt wirklich nichts dem Zufall. Die künftigen globalistischen Propagandisten werden von Anfang an in die Startlöcher für ihre Medien-Karriere gestellt.

Mit Glaubensgemeinschaften und mit dem französischen Innenministerium werden wir in Frankreich die effektivsten Techniken teilen, Toleranz zu lehren, die derzeit in amerikanischen Moscheen, Synagogen, Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen angewendet werden.

Ob das amerikanische Volk wohl weiß, dass solche Techniken der Massenmanipulation bei ihm zu Hause regierungsamtlich angewendet werden?

Wir werden direkt mit dem Innenministerium in Verbindung bleiben, um amerikanische und französische Ansätze in der Unterstützung von Minderheitenführern zu vergleichen, die Mäßigung und gegenseitiges Verständnis suchen; …

Die Franzosen sollen Nachhilfe in Agitprop bekommen.

zugleich werden wir vergleichen, wie wir jeweils mit denen verfahren, die Hass und Zwietracht zu säen versuchen.

Klingt ziemlich gruselig. Da dies mit dem Innenministerium abgestimmt werden soll, geht es wohl um den Einsatz staatlicher Machtmittel gegen Dissidenten. In Deutschland nennt man dergleichen “Kampf gegen Rechts”, und auch hier beteiligen sich staatliche Stellen und etablierte Politik daran – in trauter Gemeinsamkeit mit Linksextremisten, die einfältig genug sind, sich für Kämpfer gegen den US-Imperialismus zu halten.

TAKTIK 5: BESTE PRAKTIKEN PROPAGIEREN

Fünftens werden wir unser Projekt fortsetzen, die besten Praktiken mit jungen Führungspersönlichkeiten auf allen Gebieten zu teilen, darunter auch Führungsnachwuchs aus allen gemäßigten politischen Parteien, sodass sie über die Werkzeuge und die Unterstützung verfügen, die sie brauchen, um voranzuschreiten.

Was für künftige Journalisten gilt, gilt auch für künftige Politiker. Manche, nämlich die linientreue,n werden unterstützt. Die anderen werden wohl am eigenen Leibe die Ergebnisse des amerikanischen Erfahrungsaustauschs mit dem französischen Innenministerium zu spüren bekommen.

Wir werden Bildungs- und Austauschprogramme schaffen oder unterstützen, die Schulen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, Bloggern, Politikberatern und Kommunalpolitikern den fortdauernden Wert breiter Inklusion vermitteln.

Viele dünne Fäden ergeben einen dicken Galgenstrick.

Das Beste hebt sich der Botschafter für den Schluss auf, die ultimative Hoffnung,

dass [junge Angehörigen französischer Minderheiten] ihr Land eines Tages im In- und Ausland repräsentieren können, und zwar an der Spitze des öffentlichen Lebens, als Präsident der Republik.

Das wäre dann der Schlussstein, der die Entmachtung der Einheimischen dokumentiert, etwa so, wie der Regierungsantritt von Barack Obama das “Ende der Herrschaft des weißen Mannes” dokumentiert hat.

Wikileaks enthüllt: US-Strategie zur Multikulturalisierung Frankreichs

Wikileaks hat ein Strategiepapier veröffentlicht, das der amerikanische Botschafter in Paris, Charles H. Rivkin, am 19. Januar 2010 an das Außenministerium in Washington gekabelt hat. Die darin entwickelte Strategie zielt darauf ab, die französische Öffentlichkeit, und das heißt speziell deren Eliten, für eine Ideologie des Multikulturalismus zu gewinnen und dadurch „amerikanische Ziele und Werte“ zu fördern. Zukünftige Führer der französischen Gesellschaft – sowohl einheimischen wie fremden Ursprungs – sollen schon frühzeitig identifiziert und mit messianischem Sendungsbewusstsein indoktriniert werden. Das Papier enthält nicht mehr und nicht weniger als eine Strategie zur ethnischen Durchmischung und  ideologischen Gleichschaltung Frankreichs. Da etliche ihrer Elemente auch hierzulande zu beobachten sind, muss man davon ausgehen, dass ähnliche Entwürfe auch hierzulande verfolgt werden – zumal die Umerziehung der Deutschen ohnehin schon wesentlich länger im Gange ist als die der Franzosen. Wer immer glaubt, die NWO sei eine Phantasie von Verschwörungstheoretikern, wird hier aus erster Hand eines Besseren belehrt.

Ich werde dieses Papier und seine Bedeutung in den kommenden Tagen noch würdigen. Für heute halte ich es für vordringlich, eine deutsche Übersetzung zu veröffentlichen. Zum Wikileaks-Original hier klicken. Und danke an MCP, der in seinem Blog darauf aufmerksam gemacht hat:

1. ZUSAMMENFASSUNG: Unter Berücksichtigung von Frankreichs einzigartiger Geschichte hat die Botschaft Paris eine Minderheiten-Einbindungsstrategie entwickelt, die unter anderen Gruppen die muslimische französische Bevölkerung einbezieht und sich an den Zielen orientiert, die in Reftel A umrissen sind. Unser Ziel ist es, die französische Bevölkerung auf allen Ebenen dafür zu mobilisieren, dass Frankreich seine Anstrengungen erhöht, seine eigenen egalitären Ideale zu verwirklichen und dadurch nationale Interessen der USA zu fördern. Während Frankreich zu Recht stolz auf seine führende Rolle bei der Verbreitung demokratischer Ideale und der Verwirklichung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit ist, haben sich Frankreichs Institutionen nicht flexibel genug gezeigt, wenn es darum geht, sich an eine zunehmend religiös vielfältige [heterodox] demographische Lage anzupassen. Falls Frankreich nicht langfristig seinen Minderheiten erfolgreich Chancen einräumt und ihnen authentische politische Repräsentation gewährleistet, könnte es, so glauben wir, ein schwächeres, gespalteneres, krisenanfälligeres und introvertierteres Land, und das heißt: ein weniger fähiger Verbündeter werden. Wir werden Frankreichs Anstrengungen in Richtung auf Chancengleichheit für seine Minderheiten dadurch unterstützen, dass wir:

  • einen positiven Diskurs führen;
  • ein starkes Beispiel geben;
  • eine aggressive Strategie zur Beeinflussung der Jugend umsetzen;
  • moderate Stimmen ermutigen;
  • die besten Praktiken propagieren;
  • und unser Verständnis der Ursachen von Ungleichheit in Frankreich vertiefen.

ENDE DER ZUSAMMENFASSUNG

HINTERGRUND: DIE KRISE DER REPRÄSENTATION IN FRANKREICH

2. Frankreich hat sich lange für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eingesetzt, und dies zu Hause wie im Ausland, und es sieht sich zu Recht als eine der historisch führenden demokratischen Nationen. Diese Geschichte und dieses Selbstbild werden uns gute Dienste bei der Umsetzung unserer hier skizzierten Strategie leisten, in der wir Frankreich dazu drängen werden, seine geschätzten demokratischen Werte vollständiger zu verwirklichen. Diese Strategie ist notwendig, weil die französischen Institutionen sich nicht flexibel genug gezeigt haben, wenn es darum geht, sich an eine zunehmend religiös vielfältige [heterodox] demographische Lage anzupassen. Einige wenige sehr kleine Minderheiten besetzen Führungspositionen in Frankreichs öffentlichen Institutionen. Wie Präsident Sarkozys eigener Diversity Czar Yazid Sabeg Botschafter Rivkin im Dezember mitteilte, „spiegelt die Nationalversammlung die Krise der Repräsentation in Frankreich wieder“ (Reftel B). Unter den 577 Mitgliedern der Nationalversammlung gibt es einen einzigen schwarzen Abgeordneten aus dem französischen Kernland (ohne die Inselterritorien) und keinen einzigen Vertreter muslimischer oder arabischer Herkunft, obwohl diese Minderheit allein annähernd 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Der Senat hat zwei muslimische Senatoren (von 343), aber keinen schwarzen, und nur einige wenige Senatoren gehören einer anderen ethnischen oder religiösen Minderheit an. Sabeg sagte auch, dass keiner der fast 180 Botschafter schwarz ist, und nur einer ist nordafrikanischer Abstammung. Obwohl Sarkozy Führungspersönlichkeiten ernannt hat wie Rachida Dati, Fidela Amara und Rama Yade, sind Minderheiten immer noch wie durch Panzerglas von Frankreichs öffentlichen Institutionen getrennt. Die französischen Medien bleiben mit überwältigender Mehrheit weiß, mit nur geringen Steigerungen bei der Repräsentation von Minderheiten vor der Kamera bei den größeren Sendern. Bei Frankreichs Institutionen zur Elitenausbildung sehen wir nur bei der Sciences Po ernsthafte Schritte zur Integration.

Während sie in privaten Organisationen geringfügig besser repräsentiert sind, werden nur wenige Großunternehmen und Stiftungen von Angehörigen von Minderheiten geführt. So dementiert die Wirklichkeit die egalitären Ideale der Nation. Elitäre Politik etablierter Zirkel kennzeichnet nach wie vor Frankreichs öffentliche Institutionen, während rechtsextreme, fremdenfeindliche Politik an eine kleine, doch bisweilen einflussreiche Minderheit appelliert. Wir werden nun weitere Ursachen sozialer, politischer und wirtschaftlicher Barrieren erkunden, die das Vorwärtskommen von Minderheiten in Frankreich behindern. (Siehe Taktik 6, unten).

3. Frankreich wird unter den Folgen leiden, wenn seine führenden Institutionen es nicht schaffen, die Zusammensetzung der Bevölkerung wiederzuspiegeln. Wir glauben, dass Frankreich nicht völlig von der Energie, der Tatkraft und den Ideen seiner Minderheiten profitiert. Obwohl Frankreich beansprucht, als Modell der Assimilation und Leistungsgerechtigkeit zu dienen, beeinträchtigen unbestreitbare Ungleichheiten Frankreichs Bild in der Welt und schmälern seinen Einfluss im Ausland. Unseres Erachtens wird Frankreichs fortgesetztes Versagen bei der Gewährung von Chancen und echter Repräsentation für seine Minderheiten dazu führen, dass es ein schwächeres, gespalteneres Land sein wird. Die geopolitischen Konsequenzen von Frankreichs Schwäche und Zerrissenheit werden US-Interessen beeinträchtigen, da wir starke Partner im Herzen Europas brauchen, um demokratische Werte zu fördern.

Darüberhinaus hat soziale Ausgrenzung innere Konsequenzen für Frankreich selbst, einschließlich der Entfremdung von Teilen der Bevölkerung, die ihrerseits den weltweiten Kampf gegen gewalttätige Extremistennetzwerke beeinträchtigen könnten. Eine starke, integrationsorientierte französische Politik wird uns dagegen helfen, die Demokratie und Stabilität weltweit zu verbreiten.

EINE STRATEGIE FÜR FRANKREICH: UNSERE ZIELE

Der Leitgedanke unserer Minderheitenstrategie ist, die französische Bevölkerung auf allen Ebenen für die Verwirklichung von Frankreichs eigenen egalitären Idealen zu mobilisieren.

Unsere Strategie fasst drei große Zielgruppen ins Auge: (1) die Mehrheit, speziell die Eliten; (2) Minderheiten, mit Konzwentration auf deren Führer; (3) die allgemeine Bevölkerung. Indem wir sieben Taktiken anwenden, die unten beschrieben sind, zielen wir darauf ab

(1) bei Frankreichs Eliten ein Bewusstsein für die Gewinne von Chancenexpansion und die Kosten des Status Quo zu schaffen,

(2) die Fähigkeiten von Minderheitenführern, die ihren Einfluss auszudehnen versuchen, zu verbessern und ihr Vertrauen zu stärken,

(3) und der Gesamtbevölkerung zu vermitteln, dass wir vor allem ihre Diversität und Dynamik bewundern, und dabei zu betonen, welche Vorteile es hat, von diesen Qualitäten zu profitieren, indem man die Chancen für alle verbessert.

TAKTIK 1: IN EINEN POSITIVEN DISKURS EINTRETEN

5. Zunächst werden wir unseren Diskurs auf das Thema der Chancengleichheit konzentrieren. Wenn wir uns öffentlich zu den Gemeinsamkeiten der Demokratien äußern, werden wir betonen, dass zu den Qualitäten von Demokratien das Recht auf Verschiedenheit, der Schutz von Minderheiten, der Wert von Chancengleichheit und die Wichtigkeit authentischer politischer Repräsentation gehören. Bei nichtöffentlichen Begegnungen werden wir hochrangige französische Führungspersönlichkeiten (die nicht einer Minderheit angehören) gezielt nach Chancengleichheit in Frankreich fragen. Statt uns von Diskussionen über die zwei heiligen Kühe Frankreichs – „Säkularismus“ und „Kommunitarismus“ – zurückzuziehen, werden wir diese Personen direkt zur Rolle ihrer Terminologie und ihres ideologischen Rahmens bei der Schaffung (oder Verminderung) von Chancengleichheit in Frankreich befragen. Wir werden uns bemühen, die Kosten aufzuzeigen, die eine Unterrepräsentation von Minderheiten für Frankreich haben muss, und die Vorteile herausstreichen, die wir selbst dadurch erzielt haben, dass wir die vielfältigen Hindernisse beiseite räumten, denen amerikanische Minderheiten sich gegenübersehen. Selbstverständlich werden wir auch weiterhin eine selbstkritische Haltung an den Tag legen, was unsere Situation in den USA betrifft, nichtsdestotrotz werden wir die unzähligen Vorteile betonen, die mit einem vorausschauenden Ansatz zu breiter sozialer Inklusion verbunden sind, und wir werden unsere französischen Partner zu jedem Schritt beglückwünschen, den sie in dieser Richtung unternehmen. Außerdem werden wir unsere Zusammenarbeit mit französischen Museen, mit Lehrern und Professoren [educators] fortsetzen und intensivieren, um eine Reform des Lehrplans für den französischen Geschichtsunterricht zu erreichen, sodass er auf die Rolle und die Perspektiven von Minderheiten in der französischen Geschichte eingeht.

TAKTIK 2: EIN STARKES BEISPIEL GEBEN

6. Zweitens werden wir mit dem Instrument des guten Beispiels arbeiten. Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen und erweitern, Minderheitenführer aus den USA nach Frankreich zu bringen, damit sie ihre Erfahrungen den französischen Minderheiten- wie Nichtminderheitenführern vermitteln. Wenn wir französische Führungspersönlichkeiten nach Amerika schicken, wird ihre Reise so oft wie möglich eine Komponente haben, die mit Chancengleichheit zu tun hat. In der Botschaft werden wir weiterhin ein breites Spektrum der französischen Gesellschaft zu unseren Veranstaltungen einladen, und wir werden es dementsprechend vermeiden, Veranstaltungen nur für Weiße oder nur für Minderheiten zu machen. Wir werden Alle einbeziehen und dadurch Barrieren niederreißen, Kommunikation erleichtern und Beziehungsnetze erweitern. Indem sie Gruppen zusammenbringt, die sonst nichts miteinander zu tun haben würden, wird die Botschaft ihr Prestige einsetzen, um Vernetzungschancen zu schaffen, die die traditionellen kulturellen und sozialen Barrieren in Frankreich durchbrechen.

TAKTIK 3: AGGRESSIV DIE JUGEND BEARBEITEN

7. Drittens werden wir unsere Anstrengungen fortsetzen und intensivieren, die Jugend in dem Sinne zu beeinflussen, dass wir mit jungen Franzosen aller soziokulturellen Hintergründe dieselben Werte teilen. Die federführende inter-agency Youth Outreach Initiative der Botschaft zielt darauf ab, unter jungen Franzosen eine positive Dynamik zu erzeugen, die zu einer größeren Unterstützung für amerikanische Ziele und Werte führt. Einige Elemente dieser Initiative sind speziell für Minderheiten von Bedeutung, einschließlich der folgenden:

  • Unter Rückgriff auf neue Medien zielen wir zunächst darauf, Vertrauen und Verständnis zwischen französischen Jugendlichen verschiedenen Hintergrunds zu schaffen.
  • Indem wir gegenseitiges Vertrauen und Verständigung stärken, suchen wir Frankreichs nächster Generation zu helfen, die Führungskapazitäten innerhalb ihrer Gemeinschaften auszubauen, und ihnen gleichzeitig zu vermitteln, dass es wichtig ist, die Grenzen der eigenen Gemeinschaft zu transzendieren, um eine breitere nationale Wirkung zu erzielen.
  • Um diese Ziele zu erreichen, werden wir auf den expansiven Public-Diplomacy-Programmen aufbauen, die es bereits gibt, und kreative zusätzliche Mittel entwickeln, Frankreichs Jugend zu beeinflussen. Dabei werden wir Instrumente einsetzen wie neue Medien, Firmenpartnerschaften, nationale Wettbewerbe, zielgruppenbezogene Veranstaltungen und speziell eingeladene Gäste aus den USA.
  • Wir werden auch neue Instrumente entwickeln, künftige französische Führungspersönlichkeiten zu identifizieren, von ihnen zu lernen und sie zu beeinflussen.
  • Indem wir Bildungs- und Austauschmöglichkeiten für Frankreichs Jugend verbessern, stellen wir absolut sicher, dass das, was wir an Austausch unterstützen, auf Inklusion angelegt wein wird.
  • Wir werden auf vorhanden Jugendnetzwerken in Frankreich aufbauen und neue im Internet schaffen; wir verbinden dadurch Frankreichs künftige Führer miteinander in einem Forum, dessen Werte wir zu entwerfen helfen werden – Werte der Inklusion, des gegenseitigen Respekts und des offenen Dialogs.

TAKTIK 4: MODERATE STIMMEN ERMUTIGEN

8. Viertens werden wir moderate Stimmen der Toleranz ermutigen, sich mit Mut und Überzeugung zu äußern. Aufbauend auf unserer Arbeit mit zwei prominenten Websites, die auf junge französischsprechende Muslime abzielen – oumma.fr und saphirnews.com – werden wir politische und Medienaktivisten unterstützen, ausbilden und beschäftigen, die unsere Werte teilen. Da wir fortfahren, uns mit moderaten Führern von Minderheitsgruppen zu treffen, werden wir uns auch verstärkt darum bemühen, interreligiöse Basiskontakte zu erleichtern. Mit Glaubensgemeinschaften und mit dem französischen Innenministerium werden wir in Frankreich die effektivsten Techniken teilen, Toleranz zu lehren, die derzeit in amerikanischen Moscheen, Synagogen, Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen angewendet werden. Wir werden direkt mit dem Innenministerium in Verbindung bleiben, um amerikanische und französische Ansätze in der Unterstützung von Minderheitenführern zu vergleichen, die Mäßigung und gegenseitiges Verständnis suchen; zugleich werden wir vergleichen, wie wir jeweils mit denen verfahren, die Hass und Zwietracht zu säen versuchen.

TAKTIK 5: BESTE PRAKTIKEN PROPAGIEREN

9. Fünftens werden wir unser Projekt fortsetzen, die besten Praktiken mit jungen Führungspersönlichkeiten auf allen Gebieten zu teilen, darunter auch Führungsnachwuchs aus allen gemäßigten politischen Parteien, sodass sie über die Werkzeuge und die Unterstützung verfügen, die sie brauchen, um voranzuschreiten. Wir werden Bildungs- und Austauschprogramme schaffen oder unterstützen, die Schulen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, Bloggern, Politikberatern und Kommunalpolitikern den fortdauernden Wert breiter Inklusion vermitteln. Botschaftsangehörige aller Sektionen werden zusammenarbeiten und eben diesen Zielgruppen über unsere besten Methoden informieren, allen Amerikanern Chancengleichheit gewähren. Wir werden auch dem Netzwerk von über 1000 amerikanischen Studenten, die jedes Jahr in französischen Schulen Englisch unterrichten, die Mittel an die Hand geben, Toleranz zu lehren.

TAKTIK 6: UNSER VERSTÄNDNIS DES PROBLEMS VERTIEFEN

10. Sechstens werden wir durch gezielte Kontaktarbeit, Berichte und Analysen der US-Regierung helfen, die Ursachen von Ungleichheit und Diskriminierung in Frankreich zu verstehen. Wir werden Neuland betreten, indem wir untersuchen, wie die Struktur mancher französischen Institutionen die Repräsentation von Minderheiten in Wahlämtern und der hohen Beamtenschaft begrenzt. Indem wir signifikante Entwicklungen in der Tiefe untersuchen, etwa die Debatte um nationale Identität (Reftel B), planen wir, Trends zu verfolgen und idealerweise vorherzusagen, die den Status von Minderheiten in Frankreich betreffen, und dabei abzuschätzen, welche Auswirkungen solcher Wandel auf US-Interessen haben wird. In dem Maße, wie unsere Einsicht wächst und sich vertieft, werden wir die hier skizzierte Minderheitenstrategie entsprechend anpassen

TAKTIK 7: ANSTRENGUNGEN BÜNDELN, AUSRICHTEN UND BEWERTEN

11. Schließlich wird eine Arbeitsgruppe „Minderheiten“ die Diskussionen, Taten und Analysen aller relevanten Abteilungen und Ämter der Botschaft bündeln. Diese Gruppe wird – gemeinsam mit der Youth Outreach Initiative – einflussreiche Führer und Gruppen innerhalb unserer Zielgruppen identifizieren und ins Auge fassen. Sie wird unsere Wirkung übers Jahr hinweg bewerten und dabei harte wie weiche Erfolgsindikatoren untersuchen. Harte Veränderungen umfassen messbares Wachstum des Minderheitenanteils an Teilnahme und Führung öffentlicher und privater Institutionen; verstärkte konstruktive Anstrengungen von Minderheitenführern in der Organisation politischer Unterstützung sowohl innerhalb wie außerhalb ihrer eigenen Minderheit; neue, vorausschauende Politikansätze von politischen Führern aus der Mehrheitsgesellschaft, die darauf abzielen, die soziale Inklusion zu verbessern; Ausweitung von interreligiösen und gemeinschaftsübergreifenden Beziehungen auf der lokalen Ebene; nachlassende öffentliche Unterstützung für fremdenfeindliche politische Parteien und Programme. Wenn wir uns auch nie selbst das Verdienst für solche positiven Entwicklungen zuschreiben können, so werden wir uns doch auf oben beschriebene Taten konzentrieren, die eine Bewegung in die richtige Richtung hervorbringen, anregen und vorwärtsdrängen. Zusätzlich werden wir auch die weichen Erfolgsindikatoren verfolgen – zum Beispiel ein wachsendes Gefühl der Zugehörigkeit unter jungen Angehörigen französischer Minderheiten, und eine keimende Hoffnung, dass auch sie ihr Land eines Tages im In- und Ausland repräsentieren können, und zwar an der Spitze des öffentlichen Lebens, als Präsident der Republik.

RIVKIN

DDR 2.0

War das nicht furchtbar in der DDR, wo man nicht aus dem Haus gehen konnte, ohne mit Propaganda erschlagen zu werden?

Ja, das war furchtbar. Und genauso furchtbar ist es heute:

Und das betrifft nicht nur Staatspropaganda (was einen ja nicht weiter wundern würde: Wo die SED nicht – wie in Berlin – an der Macht ist, sind es ihre Blockflöten). Nein, die Privatwirtschaft treibt es eher noch toller, wie zum Beispiel die „konservative“ (Es darf gelacht werden!) Morgenpost, die uns mit allerplumpester linker Propaganda bombardiert. Wenn man so etwas sieht …

… und erst recht so etwas …

… sehnt man sich beinahe nach dem alten Kommunistenkitsch mit glücklichen Werktätigen unter roten Fahnen. Und ist erleichtert, wenn man in der U-Bahn auf unfreiwilligen Dadaismus wie diesen stößt …

… dessen Botschaft genausogut ihr Gegenteil bedeuten kann, je nachdem, mit welchem Wort man anfängt, und ob man mit oder gegen den Uhrzeigersinn oder von oben nach unten liest: Statt

„Gewalt halt! Mach mit!

könnte es ebenso heißen:

„Halt! Gewalt, mach mit!“

oder

„Mach mit Gewalt Halt!“ (In der U-Bahn also: Zieh die Notbremse!)

oder auch

„Mach’s halt mit Gewalt!“

Das nenne ich doch eine Pluralität der Lesarten. Wirklich erholsam!

Charakterwäsche

Passend zum Thema des vorherigen Artikels möchte ich auf Hans-Joachim von Leesens Essay „Die Umerziehung der Deutschen als Teil der psychologischen Kriegsführung“ aufmerksam machen. Hier ein kurzer Auszug als Appetithäppchen:

Die Deutschen Journalisten standen unter strenger amerikanischer bzw. britischer Aufsicht. Sie hatten umzusetzen, was die Psychologische Kriegführung vorgegeben hatte. Hauptziel war, dass „die Deutschen ihre Kollektivschuld eingestanden und von ihrer Minderwertigkeit überzeugt wurden“, wie Helmuth Mosberg in seiner auch als Buch erschienenen Dissertation „Reeducation – Umerziehung und Lizenzpresse im Nachkriegsdeutschland“ schreibt. Jeder Journalist hatte ein Umerzieher zu sein.

Der deutsche Charakter wird gewaschen

Auf die Dauer konnte man die Deutschen nicht allein mit den Zeitungen und Rundfunksendungen der alliierten Militärbehörden abspeisen. So suchte man Deutsche, die geeignet erschienen, neu gegründete Zeitungen zu verlegen. Darüber hat Caspar von Schrenck-Notzing bereits 1965 in seinem grundlegenden Werk „Charakterwäsche“ berichtet, das in immer neuen Auflagen und kürzlich in einer Neufassung erschien. Die neuen deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sollten das „andere Deutschland“ verkörpern, also Menschen sein, die sich von den bisherigen Deutschen deutlich unterschieden. Bei der Auswahl ging es erst in zweiter Linie um fachliche Eignung, vor allem aber um die charakterlichen Eigenschaften.

Die Siegermächte gingen davon aus, dass die meisten Deutschen einen falsch entwickelten Charakter hatten, da sie durch ihre autoritären Familien geprägt worden waren. Wie die neue Elite in der Medienwelt geartet sein soll, das hatte eine Fachgruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Max Horkheimer erarbeitet (auch er begegnet uns wieder bei den Vordenkern der 68er Revolte) und in einem fünfbändigen Werk „Studies in Prejudice“ vorgelegt, einem Werk, zu dessen Autoren u. a. Theodor W. Adorno, Else Frenkel-Brunswik, Daniel J. Levinson, R. Nevitt Sanford gehörten. Sie wollten die Vorurteile, unter denen die Deutschen angeblich leiden, aufdecken und ausrotten. Wörtlich: „Ausrottung meint Umerziehung, die wissenschaftlich geplant wird.“ Damit sollten „potentiell faschistische Individuen aufgedeckt werden“.

So suchte man Menschen, bei denen die in Deutschland typischen Werte, wie „äußerlich korrektes Benehmen, Fleiß, Tüchtigkeit, physische Sauberkeit, Gesundheit und unkritisches Verhalten“ nicht vorhanden waren, denn diese Eigenschaften verbergen angeblich „eine tiefe Schwäche des eigenen Ichs“.
Man befragte die ins Auge gefassten Persönlichkeiten u. a. danach, wie ihr Verhältnis zu Vater und Mutter war. Bevorzugt wurden Männer, die zu ihren Eltern ein gebrochenes Verhältnis hatten, also nicht durch die autoritäre deutsche Familie geformt waren. Und sie gingen mit gutem Gewissen vor, waren doch, wie sie behaupteten, die Deutschen krank, waren Patienten, die von ihrer Paranoia geheilt werden mussten. Die neuen Zeitungsverleger und Chefredakteure wurden entsprechenden Tests unterzogen, und wenn sich herausstellte, dass sie solche gebrochenen Charaktere hatten, dann kamen sie in die engste Wahl.

Von Schrenck-Notzings Buch

Charakterwäsche. Die Re-education der Deutschen und ihre bleibenden Auswirkungen

habe ich zwar schon gehört, es aber bisher noch nicht gelesen. Allein das Vorwort zur Neuauflage 2005, das dankenswerterweise im Netz verfügbar ist, macht aber Lust auf mehr. Hier ein Auszug:

Die Szene, die sich Mitte der 60er Jahre in einer norddeutschen Buchhandlung abspielte, war bezeichnend. Eine ältere Dame kommt herein, verlangt hinter vorgehaltener Hand flüsternd „das verbotene Buch“, die ratlose Verkäuferin ruft den Buchhändler, und nach einigem Hin und Her verläßt die Kundin wieder den Laden, in der Einkaufstasche das gewünschte Buch mit dem Titel „Charakterwäsche“. Mitte der 60er Jahre waren die alles zudeckenden Werbekampagnen der Großverlage, die Verwertungsketten global operierender Medienkonzerne und der ganze Bestsellerrummel erst im Kommen. In Windeseile hatte sich herumgesprochen, daß erstmals ein Buch über die amerikanische Besatzung in Deutschland und ihre Folgen zu haben sei, einem Thema, von dem relativ viele Leser, wie konnte es auch anders sein, sich existentiell betroffen fühlten. Die „Charakterwäsche“ hatte schon ihren Leserkreis, als nach einem Vierteljahr die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mit einer umfangreichen Rezension (in der Silvesternummer 1965) Aufsehen erregte. Die angesehene Journalistin Margret Boveri verriet, ihr sei dringend geraten worden, „die „Charakterwäsche“ dürfe nicht einmal verrissen, sie müsse totgeschwiegen werden.“ Dieser Rat empörte Margret Boveri so sehr, daß sie schrieb: „Das wäre dieselbe totalitäre Methode, mit der im Dritten Reich eine Figur wie Thomas Mann aus dem Bewußtsein der Deutschen gelöscht werden sollte. Solche Methoden rächen sich früher oder später an denen, die sie anwandten.“

Margret Boveris Rezension ließ in drei Sätzen ebenso viele Katzen aus dem Sack, die am schönen Bild der nach dem Ende der „restaurativen“ Ära Adenauer sich rasch liberalisierenden Bundesrepublik ungebührlich kratzten. Ad 1: Das Totschweigen, amerikanisch „silent treatment“ genannt, war eines unter mehreren Mitteln einer „neuen Zensur“ (J. F. Revel), die sich dem „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (J. Habermas) angepaßt hatte. Das Grundgesetz (Art. 5: „Eine Zensur findet nicht statt“) ahnte noch nichts von der „neuen Zensur“ und ihren technischen und politischen Voraussetzungen, tagte doch der Parlamentarische Rat in der schrecklichen, der fernsehlosen Zeit. Inzwischen haben immer neue Technologien nicht nur die Kommunikationsformen umgewälzt, sondern auch die Politik in ein neues medienbestimmtes Koordinatensystem gestellt. Gleichzeitig breitete sich die „neue Zensur“ fast unbemerkt aus: „Wenn man sich unter Zensur nicht einen fleißigen Beamten vorstellt, der mit dem Rotstift dicke Bände durchgeht, sondern die Technik, mit der eine Seite verhindert, daß die andere zu Wort kommt, dann kann nur unterstrichen werden, daß in der modernen Demokratie die Zensur ihren Höhepunkt erreicht hat. Der größte Erfolg der „neuen Zensur“ ist jedoch, das Publikum überzeugt zu haben, daß es keine Zensur mehr gibt“ (Thomas Molnar).

Ein weiteres Zensurmittel machten die „neuen Zensoren“ in der Zeitschrift „Neue politische Literatur“ publik. Sie fragten sich, ob es dem Verfasser der „Charakterwäsche“ gelungen sei, sich einen Namen zu machen, und befanden, er habe sich eine „kleine Nische in der politischen Publizistik ziseliert“. Dort solle man ihn stehen lassen: „ganz allein und für Vorübergehende deutlich erkennbar.“ Die Nische sei mit abschreckenden Hinweisen auf den schlechten Umgang des Angeprangerten auszuschmücken. Das Zensurmittel der Isolation gegen Gruppen, Parteien und Einzelne, die aus dem „herrschaftsfreien Diskurs“ ausgeschlossen werden sollen, erfreut sich noch heute regen Zuspruchs. Ad 2: Margret Boveri ordnete den Totalitarismus-Begriff nicht mehr ausschließlich dem Kommunismus und dem Faschismus bzw. Nationalsozialismus zu, sondern beging den Tabubruch, totalitäre Tendenzen auch bei liberal-demokratischen Institutionen für möglich zu halten. Ad 3: Margret Boveri warnte, daß ein rücksichtsloser Umgang mit vermeintlich Andersdenkenden auf denjenigen zurückschlägt, der seine Machtstellung mißbraucht. Sie warnte zu einem Zeitpunkt, als die Machtausübung von den Handelnden auf die Meinenden überging und Moralisten das Wort führten. Für diese bestand die Lösung aller Fragen darin, die Mitbürger in Gute und Böse zu unterteilen. Denn ist nicht, wo das Böse unterwegs ist, dem Guten alles erlaubt?

Die Besatzungszeit und ihre Folgen waren für die damaligen Zeitgeschichtler eine terra incognita. Zehn Jahre nach dem formalen Ende der Besatzung wirkte wohl noch nach, daß jede Kritik der Alliierten unter Strafe gestellt worden war. Man hoffte, daß Sachkenntnis eines nicht allzu fernen Tages nachgeliefert werden würde, und behalf sich mit ebenso naheliegenden wie weit hergeholten Argumenten. Die „Frankfurter Rundschau“, die als einzige Lizenzzeitung sich nicht in Schweigen hüllte, nannte den Verfasser eine „zurückgestoßene Kokotte“, eine „gedemütigte, abgewiesene Konkubine“, die einer psychoanalytischen Behandlung bedürfe, denn der Psychoanalytiker würde mehr aus ihm herauskriegen als ihm lieb wäre. Statt des eigentlich zuständigen „Instituts für Zeitgeschichte“, das abgewinkt hatte, da eine Überprüfung des Buches umfangreiche Forschungsarbeiten voraussetze, zu denen es nicht in der Lage sei, saß die „Gesellschaft für Vorurteilsforschung“ in einer Tagung über den Verfasser zu Gericht.

Die „politisch Korrekten“ hatten Mitte der 60er Jahre erst mit dem „langen Marsch“ durch die Institutionen begonnen. So sollte das Presseecho des in der relevanten Öffentlichkeit boykottierten Buches nicht verwundern (100 positive, 13 neutrale, 15 negative Besprechungen). Manche Mitglieder der Kriegsgeneration, die ein neues berufliches Unterkommen gesucht hatten, waren in Fach-, Verbands- und Kulturzeitschriften oder den Lokalzeitungen untergekommen, um so den Gesinnungs-TÜV der Lizenzpresse zu vermeiden. So kam es zu zwei publizistischen Ligen, der ersten der meinungsbildenden Presse, die sich als Sprachrohr der gesamten Öffentlichkeit gerierte, und der zweiten, die zahlenmäßig gar nicht so klein war, aber zunehmend zur „schweigenden Mehrheit“ gerechnet wurde. Diese zweite publizistische Liga ist mittlerweile fast vollständig wegkommerzialisiert worden.

Mitte der 60er Jahre griffen vor allem Angehörige der Kriegsgeneration zur „Charakterwäsche“. Ihnen war es darum zu tun, die eigenen Erlebnisse in einen größeren historischen Zusammenhang einordnen zu können. Es ging ihnen weniger darum, daß die Siegermächte im Lande das Sagen hatten. Denn die Ereignisse hatten sie zu Realisten gemacht. Womit sie nicht fertig wurden, war das Gefühl, daß sie selbst mit ihren Erinnerungen und Erfahrungen im Interpretationsrahmen der fremden Besatzer und der einheimischen „Mit- und Spätsieger“ (Roman Schnur) ungefragt zu beliebig manipulierbaren Objekten sozialwissenschaftlicher, vor allem sozialpsychologischer, Experimente wurden, zu Meerschweinchen im Dienst der Züchtung „demokratischer Charaktere“. Dabei klaffte ein schwer verständlicher Widerspruch zwischen der auf Menschenrechten gegründeten individualistischen Anthropologie des amerikanischen Liberalismus und kollektiven, dem Einzelnen entzogenen Zuordnungen, die später in der Zugehörigkeit zum „Tätervolk“ gipfelten. Die Briefmarke der Bundespost zu Ehren der „großen Rede“ des Bundespräsidenten von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 7./9. Mai 1945 hob sein Wort „Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung“ hervor. Doch das Menschenrecht auf die eigene Erinnerung des Einzelnen war in den Menschenrechtskatalogen anscheinend vergessen worden. Wie persönlich das re-education-Thema genommen wurde, zeigte sich etwa, wenn sich Vater und Sohn die „Charakterwäsche“ signieren ließen, da die gemeinsame Lektüre den auch in ihre engere Familie durch Vergangenheitsbewältigung hineingetragenen Generationenkonflikt beendet hatte.

Zur Wirkungsgeschichte der „Charakterwäsche“ zählt, daß der Verfasser einer anderen Generation angehörte als seine ersten Leser. Die sog. Flakhelfergeneration, wenige Jahrgänge der zwischen 1926 und 1929 Geborenen, war die eigentliche „skeptische Generation“ (Helmut Schelsky). Sie hatte persönlich den Niedergang und den Zusammenbruch des Dritten Reiches in dem ihr zugänglichen kleinen Ausschnitt erlebt, ohne an den kollektiven Hoffnungen und Erwartungen der Zeit vor Stalingrad teilgenommen zu haben, falls sie nicht gerade in einem nationalsozialistischen Elternhaus aufgewachsen waren. Wenn der Leser aus der Kriegsgeneration in der Besatzungszeit eine Kriegsfolge sah, so sah der Verf. in ihr den Vorboten eines Kulturwandels, dessen einschneidende Auswirkungen sich erst mit dem Fernerrücken des Krieges zeigen würden. Der Zufall wollte, daß der Verfasser den Paradigmenwechsel der Jahre von 1958 bis zum Bau der Berliner Mauer, als dieser Kulturwandel sozialverbindlich zu werden begann, intensiv erleben konnte. Zwischen 1957 und 1961 hatte er drei Winter in Indien zugebracht. Im Sommer hatte ihn das Schreiben eines Buches über die neuere indische Geschichte seit der Gründung des indischen Nationalkongresses beschäftigt. In deutsche Zeitungen hatte er kaum geblickt. Als er nach Erscheinen des Indien-Buches 1962 den Duisburger Historikertag besuchte, bemerkte er völlig überrascht, daß an die Stelle der Bonner Bundesrepublik, die er 1957 verlassen hatte, eine – nicht im Detail, aber in der Tendenz – neue Republik, die Frankfurter (aber auch Hamburger) Meinungs- und Medienrepublik, getreten war. Die Einzelheiten können in dem von Clemens Albrecht u. a. herausgegebenen Sammelband „Die intellektuelle Gründung der Bundesrepublik. Eine Wirkungsgeschichte der Frankfurter Schule“ nachgelesen werden.

Der Paradigmenwechsel des Jahres 1960 griff als fortschreitender Wertewandel um sich. In den verschiedensten Lebensbereichen setzte sich die Auffassung fest, daß „nicht Konflikt und Wandel, sondern Stabilität und Ordnung der pathologische Sonderfall des sozialen Lebens“ (Helmut Schelsky) sei. Einsprüche wurden auf einen latenten deutschen Kulturpessimismus zurückgeführt, der einem angelsächsischen Optimismus gegenüberzustellen und „als politische Gefahr“ (Fritz Stern) auszubuhen sei. Paradigmawechsel und Wertewandel kamen unvorhergesehen und überraschend. Sie hatten jedoch ihre Vorgeschichte, zu der die amerikanische Besatzung zählt. Daß just dieser Zeitabschnitt (1945-1955) aus der Betrachtung ausgespart werden sollte, war merkwürdig und weckte die Neugier.

Internierungslager Algenrodt – ein totgeschwiegenes Stück Zeitgeschichte

[Es ist gar nicht leicht, an Informationen über das alliierte Internierungslager Algenrodt in Idar-Oberstein zu kommen, in dem mein Großvater seit dem 26. Mai 1945 rund acht Monate lang eingesperrt war. Nachdem er im Februar 1946 mit seinen Mithäftlingen nach Diez verlegt worden war, gelang ihm im Sommer 1946, also nach über einem Jahr, die Flucht.

Der einzige Hinweis auf das Lager Algenrodt, den ich im Netz finden konnte, bezieht sich auf einen Aufsatz, den der Regierungsschuldirektor Edgar Mais aus Idar-Oberstein im Heimatkalender 1985 des Landkreises Birkenfeld veröffentlicht hat. Wenn es um die Misshandlung von Deutschen geht, hält sich das Interesse deutscher Historiker offenbar in Grenzen.

Dieses Lager war nicht etwa ein Gefängnis, in dem Menschen wegen konkreter Taten festgehalten wurden, sondern ein Sammellager für einfache Mitglieder und untere Funktionäre von NS-Organisationen, die offenbar allein ihrer Gesinnung wegen eingesperrt wurden. Mein Großvater zum Beispiel war einfaches Mitglied der NSDAP und im Zivilberuf Polizeihauptwachtmeister gewesen, der in den zwanziger Jahren in den Polizeidienst eingetreten war; im Krieg hatte er bei der Waffen-SS gedient. Wie wir im Folgenden erfahren werden, waren praktisch alle Inhaftierten kleine Fische dieser Art. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass auch nur einem von ihnen wegen einer konkreten Tat der Prozess gemacht worden wäre.

Da Algenrodt mit seinem regionalen Einzugsgebiet nicht das einzige Lager dieser Art gewesen sein dürfte, das die Alliierten in Deutschland unterhielten, vermute ich, dass wir es mit einem exemplarischen Fall zu tun haben. Ich halte es der Mühe für wert, den gesamten Aufsatz abzutippen, weil ich nicht möchte, dass das Wenige, was überhaupt bekannt ist, in den Tiefen der Archive verschwindet.

Es handelt sich um die Sorte Zeitgeschichte, die ideologisch und geschichtspolitisch unerwünscht ist, und deren wir uns deswegen nicht erinnern sollen: bezeichnend, dass Geschichtsschreibung dieser Art nur an der Peripherie stattfindet und von unbekannten Privatleuten in unbekannten Aufsätzen unbekannter Heimatkalender betrieben werden muss (während Machwerke wie „Das Amt und die Vergangenheit“ mit Steuergeldern unterstützt werden). Diesen Entstehungszusammenhang sollte berücksichtigen, wer da glauben sollte, über die unvermeidlichen Schwächen der Arbeit eines Amateurhistorikers die Nase rümpfen zu dürfen.

Der folgende Text ist die vollständige Abschrift von: Edgar Mais, Internierungslager Algenrodt, in: Landkreis Birkenfeld (Hrsg.), Heimatkalender des Lankreises Birkenfeld 1985, Baumholder 1984, S. 179-185. Zitate im Text sind durch die im Blog üblichen Zitatblöcke kenntlich gemacht. Meine eigenen Anmerkungen erkennt man daran, dass sie kursiv in eckige Klammern gesetzt sind:]

Das Zusammensein amerikanischer Familien und deutscher Gäste ist Ausdruck partnerschaftlichen Zusammenlebens der verbündeten Nationen. Alljährlich finden zu diesem Zweck bescheidene kleine Volksfeste auf dem Gelände statt, auf welchem sich einmal ein Internierungslager befand. Die Insassen, ehemalige Mitglieder der NSDAP oder ihrer Gliederungen, wurden 1945 von den Amerikanern festgenommen und auf dem Gelände der Straßburg-Kaserne im Stadtteil Algenrodt interniert.

Von den damals Inhaftierten leben nur noch wenige. Sie sprechen nicht gern über diese Zeit und halten sich mit Äußerungen zurück. Auf Befragung geben sie jedoch Auskunft, wollen aber nicht mit ihren Erlebnissen und ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit.

[Auch mein längst verstorbener Großvater hat nie über diese Zeit gesprochen. Dass er in Algenrodt interniert war, weiß ich erst seit kurzem – den Namen hatte ich vorher nie gehört. Es war in seiner Generation noch nicht üblich, mit dem eigenen Opferstatus hausieren zu gehen.]

Wenige Tage nach dem Einmarsch der Amerikaner im März 1945 wurden die Ersten verhaftet. Die Amerikaner besaßen vorbereitete Listen, aus denen sie Bedeutung und Rang der NS-Funktionäre kannten. Wurde man der Verdächtigen habhaft, erfolgte sofort die Festsetzung. Wie immer nach einem verlorenen Krieg und dem Zusammenbruch des Regimes, wurden auch Leute denunziert, sei es von den wenigen im 3. Reich Andersdenkenden und den Verfolgten des Regimes oder aus persönlicher Rache heraus.

[Ich glaube nicht, die Verdienste des Autors zu schmälern, wenn ich seine Neigung zur Relativierung und Weichzeichnung kritisiere, die sich hier – nicht zum letzten Mal – zeigt: Es ist keineswegs „immer“ nach einem verlorenen Krieg so, dass der Sieger Jagd auf die Anhänger der alten Regierung macht, was ja die Voraussetzung für solche Denunziationen ist; es ist sogar äußerst ungewöhnlich und weder mit dem Geist noch dem Buchstaben des Kriegsvölkerrechts in Einklang zu bringen.]

Einige NS-Mitglieder bekannten sich aber auch zu ihrer Vergangenheit und wollten möglichst bald in einem Verfahren ihre Angelegenheit geregelt sehen.

Und so sah das für einen Bürger Idar-Obersteins aus:

Er wurde 1934 Mitglied der „Arbeiterfront“ [?] und gehörte damit einer der Gliederungen der NSDAP an [Es ist nicht ganz klar, was der Verfasser hier meint; die Deutsche Arbeitsfront, falls die gemeint sein sollte, war jedenfalls keine Gliederung der NSDAP]. Sein Eintritt in die SA erfolgte verhältnismäßig spät im Jahre 1937. Weit schwerer wog sein Titel als Kreisamtsleiter; diese Bezeichnung beinhaltete die Stellung eines meist ehrenamtlichen Referenten für einen bestimmten Sachbereich, wie z.B. für Kultur oder Sport.

Nach dem Einmarsch der Amerikaner blieb dieser Bürger zunächst unbehelligt. Man kann davon ausgehen, daß er nicht auf der Liste stand, welche die Amerikaner besaßen.

Nach bangem Abwarten und nach dem Versuch, bei antifaschistischen Kräften Hilfe zu erlangen, stellt sich unser Gewährsmann den Amerikanern. Am 26. April 1945 wird er verhaftet, nachdem man ihm am Vortag mitgeteilt hatte, er solle sich bereithalten. Die Verhaftung erfolgt in seinem Wohnhaus, von dort wird er in den „Schützenhof“ gebracht, nach seinen Personalien gefragt, verhört und schließlich mit einem weiteren Festgenommenen in einem Jeep in die Holzbaracken auf der Hohl gebracht. Hier findet eine Leibesvisitation statt, persönliche Dinge werden ihm weggenommen. Am nächsten Tag kann er feststellen, daß sich außer ihm etwa 300 festgenommene Personen, überwiegend aus dem Landkreis Birkenfeld, in den Gebäuden der Hohlkaserne befinden.

Nach diesem Zwischenaufenthalt von etwa 14 Tagen werden die Inhaftierten mit einem Lastwagen nach Trier auf den Petrisberg gebracht. Man schreibt jetzt Ende Mai 1945. Unser Gefangener wird in der Steinbaracke Nr.8 untergebracht. Die Gesamtzahl der Lagerinsassen kennt man nicht. In den Speiseraum wird marschiert, das Essen dauert höchstens 5 Minuten. Der Lagerleitung gehören auch Mitgefangene an, auch sie sind z.T. wie die uniformierten Bewacher bestechlich und korrupt. Diese überall in solchen Notsituationen [Notsituationen???] auftretenden menschlichen Schwächen sprießen erst richtig ins Kraut, als die Gefangenen Verbindung zur Außenwelt aufnehmen dürfen. Ab Juni 1945 ist der Empfang von Paketen erlaubt, jedoch nicht alle erreichen den Empfänger, andere werden teilweise ausgeraubt. Einige wenige Inhaftierte können sich mit deftigen Bestechungen ihre Freiheit erkaufen, in einem Fall z.B. mit 60 Schweizer Uhren.

Der Hunger treibt die Insassen bei allen sich bietenden Möglichkeiten zum Diebstahl (Salz, Brot etc.), die Folgen sind dann Prügel und Bunkerhaft, die Amerikaner haben dazu besondere Käfige bauen lassen.

Im Januar 1946 wird dann endlich der erste Schub entlassen, unser Gewährsmann auch, die anderen Insassen werden nach Diez an der Lahn verlegt.

Nach einem Familienbesuch in Sachsen wird unser Mann erneut denunziert, verhaftet und für ein weiteres Vierteljahr ebenfalls nach Diez gebracht. Dort wird er dann endlich entnazifiziert und entlassen.

Interessant wären sicherlich noch andere Schicksale, vor allem die Gründe für die Verhaftung und die Tatsache, daß der einmal Inhaftierte kein ordentliches Verfahren erhielt, in dem Schuld oder Unschuld hätte ermittelt werden können. So zum Beispiel auch bei einem damals 17jährigen, der dem „Wehrwolf“ [sic] angehört haben sollte. Ein Verdacht bzw. eine Behauptung, die nicht zutraf.

Dem Autor erinnerlich ist eine kurze Bekanntschaft mit einem Wittlicher Kaufmann, dem beim Austreten in der Nähe des Zaunes von einem Wachtposten in den Oberschenkel geschossen wurde. Der Angeschossene mußte deshalb ins Obersteiner Krankenhaus eingewiesen werden.

Aus der Sicht des Historikers ist es bedauerlich, daß keine Aufzeichnungen ehemaliger Inhaftierter vorhanden sind. Auch über das Lager selber wissen wir mit Ausnahme des in diesem Aufsatz benutzten Zeitungsartikels nichts.

Zehn Jahre nach Kriegsende, im Jahre 1955, erschien in der jetzigen Nahe-Zeitung der o.a. Artikel über das Lager Algenrodt, der eigentlich großes Aufsehen hätte erregen müssen. Der Autor ist nicht mehr zu ermitteln, der verantwortliche Redakteur war damals Werner Bohrer. Ihm verdanken wir dieses Zeitdokument.

Die Überschrift war eigentlich schon voller Brisanz:

Über 40 Tote im Konzentrationlager Algenrodt. Mit Eisenstangen und Holzknüppeln zu Tode geprügelt. Gottesdienst über den Prügelszenen. 486 Insassen aus dem Kreis Birkenfeld. 4000 Männer und Frauen in Pferdeställen und Kellerräumen festgehalten.

Am besten läßt man den Schreiber des Zeitungsartikels weiter zu Wort kommen. Man muß dabei bedenken, daß es zwar keine Zensur mehr ab, die Bundesrepublik aber noch nicht ihre volle Souveränität besaß und die Siegermächte durchaus noch „gegenwärtig“ waren. Von daher gesehen, ein mutiger Artikel!

Algenrodt, ein Stadtteil Idar-Obersteins, ist in den Nachkriegsjahren zu einer traurigen Berühmtheit gelangt. Als Konzentrationslager, man nannte es „Anhaltelager“, ging sein Ruf hinaus in alle Teile des westlichen Deutschlands. 4000 überwiegend unbescholtene Männer und Frauen führten in Pferdeställen und Kellerräumen der ehemaligen Artilleriekaserne ein menschenunwürdiges Dasein, weil sie Mitglieder und Funktionäre der NSDAP waren. Sie verdankten zum größten Teil ihre jahrelange Inhaftierung der Denunziation durch eigene Landsleute, die sich persönlicher Dinge wegen im günstigen Augenblick rächen wollten. Wer aber einmal dort eingeliefert war, nach dem krähte kein Hahn mehr – selbst wenn eine Namensverwechslung vorlag, wie es Tatsachen bezeugen.

[Zwischenfrage: Ist es eigentlich zulässig, ein Lager dieser Art ein „Konzentrationslager“ zu nennen? Ja, das ist durchaus zulässig, jedenfalls, wenn man sich den Unterschied zwischen einem Konzentrationslager – wie Dachau – und einem Vernichtungslager – wie Auschwitz – bewusst macht:

Konzentrationslager wurden (und werden!) errichtet, wenn es Machthabern darum geht, politisch missliebige Personengruppen, denen man aber keine Gesetzesverstöße nachweisen und die man deswegen nicht der Justiz überantworten kann und will, im Schwarzen Loch eines rechtsfreien Raumes verschwinden zu lassen und sie dort willkürlicher, brutaler und entwürdigender Behandlung auszusetzen.

Erfunden wurde die Einrichtung wie der Begriff des Konzentrationslagers – im oben genannten Sinne – bekanntlich von den Briten im Burenkrieg. Totalitäre Diktaturen jedweder Couleur haben sich dieses Mittels im innerstaatlichen Machtkampf bedient, aber die westlichen Demokratien haben geradezu eine Tradition daraus gemacht, solche Lager in den von ihnen besetzten Ländern zu errichten. Von den britischen Burenlagern zieht sich eine gerade Linie bis nach Bagram und Guantánamo, und Algenrodt und vergleichbare Lager in Deutschland sind nicht etwa Ausnahmen von der Regel, sondern Glieder einer Kette. Es gehört offenbar zu den immanenten Tendenzen westlicher Demokratien, unter Missachtung des Völkerrechts (dessen Grundlagen gelegt wurden, als die Souveränität von Staaten noch etwas galt) den Feind für vogelfrei zu erklären. Der universelle Geltungsanspruch der liberalen Ideologie schlägt um in einen Totalitarismus, der dem militärischen wie ideologischen Feind nicht einmal die Rechte zugestehen will, die selbst ein verurteilter Verbrecher hat.]

Gleich nach dem Einrücken amerikanischer Truppen in den Märztagen des Jahres 1945 rollte die Verhaftungswelle an. Es war eine denkwürdige Karwoche, als man mit der Aufforderung „Kommen Sie mit!“ in die Familien einbrach und in den meisten Fällen – die im Kreis Birkenfeld bekannten Verhaftungen weisen es heute einwandfrei aus! – unbescholtene Parteimitglieder über das örtliche Gefängnis und das Trierer Russenlager am 26.Mai in das Lager Algenrodt einwies. Frauen wie Männer wurden in Zellen zusammengeworfen und politische Gegner übten Funktionen aus, die ihnen Tür und Tor öffneten. Das persönliche Eigentum galt nichts, und manch einer der Inhaftierten fand nach seiner Rückkehr nur noch einen kärglichen Rest seiner Habe vor. Wie schnell war man damals zum „Kriegsverbrecher“ gestempelt, und wie gerne hätte man in späteren Jahren diese Voreiligkeit wieder rückgängig gemacht.

In verschiedenen Räumen, die untereinander durch Stacheldraht abgeteilt waren, hatte man die Inhaftierten nach dem Grad ihrer „Gefährlichkeit“ untergebracht. Im Bau 13 saßen die sog. Kriegsverbrecher, darunter Bürger Idar-Obersteins, die man kaum mit diesem Titel belegen kann. Im Keller, der sog. „Dunkelkammer“, saßen meist zehn Vernehmungsaspiranten, die sechs Wochen kein Tageslicht sahen, keine Waschmöglichkeit hatten und keine Erlaubnis, eine „Toilette“ aufzusuchen. Dazu war ein Eimer da, den man je nach Laune dem Betroffenen samt Inhalt über den Kopf kippte. Daß sich dabei Schwerkriegsbeschädigte befanden, störte die Bewacher nicht. Die Auswahl für die Dunkelzellen wurde willkürlich getroffen. Sie mußten nur besetzt sein.

Später baute man darüber noch 100 feste Zellen und über ihr [sic], frivolerweise, die Kirche, in der Idar-Obersteiner Geistliche predigten. Bei einem Thema allerdings „Ihr müßt nun ernten, was ihr gesäet habt…“ kam es zu einem stillen Protest, der allerdings für die Gefangenen peinliche Folgen hatte.

Meistens in den Nachtstunden begann das Martyrium der Inhaftierten. Mit Knüppeln schlug man auf sie ein, unvorstellbare Mißhandlungen waren an der Tagesordnung, und über 40 Tote sind die Folge dieser von den Amerikanern als auch von den Franzosen geübten Rache. Selbst über 80 Jahre alte Gefangene schliefen ohne Stroh und Decke auf dem blanken Pferdestallboden.

Die Verpflegung war zum Sterben etwas zuviel, zum Leben jedoch entschieden zu wenig. Morgens, meist zwischen 10 und 11 Uhr, gab es zwei Scheiben Brot und drei Viertel Liter warmes Wasser. Zwischen 15 und 17 Uhr gab es eine Suppe – ebenfalls drei Viertel Liter – mit Haferspreu und Kartoffelschalen. Es war klar, daß sich schon nach wenigen Wochen gesundheitliche Schädigungen einstellten, und Gewichtsabnahmen bis auf 80 Pfund herab waren keine Seltenheit.

Auf militärische Disziplin legte man großen Wert. Betrat ein Offizier das Lager, mußte alles strammstehen (selbst Frauen hatten die Hände anzulegen) und wenn nicht gegrüßt wurde, entzog man eben einmal auf 24 Stunden das warme Wasser. Keiner der Insassen wird die sog. „Filmnacht“ vergessen, eine Blutnacht, die einer Filmvorführung über das Konzentrationslager Dachau auf dem Fuß folgte. Was man dort als abscheulich hingestellt hatte, sollte hier „zum Abgewöhnen“ wiederholt werden. Nachdem man die Bewachungssoldaten betrunken gemacht hatte, wurden 50 Mann in den „Dunkelkammern“ zusammengeschlagen, daß ihre Schreie kilometerweit zu hören waren.

[Es handelte sich also nicht etwa um bedauerliche Ausschreitungen von Einzelpersonen, sondern um gezielte Politik: Die Bewacher wurden „scharf gemacht“ in dem Sinne, wie man Bluthunde scharf macht.]

Mit der Übergabe des Lagers an die Franzosen im Juli 1945 änderte sich zunächst nichts. Erst bekam man 24 Stunden lang nichts zu essen und unter der Leitung des Capitaine Thomas, des Oberleutnants Goldstrich und eines Unteroffiziers namens Corbin, den man als üblen Schläger ewig in Erinnerung halten wird, begann ein Leidensweg, den man sich scheut, in aller Öffentlichkeit zu schildern.  Schießereien waren an der Tagesordnung, und wenn man nachts das Schlägerkommando in den Hallen auftauchen sah, suchte man sofort volle Deckung, um vor Schußverletzungen sicher zu sein. Dieses Leidensmaß konnte ein später hinzugekommener älterer französischer Offizier, den man das „Posthörnchen“ nannte, auch nicht wesentlich mildern. Sein Verständnis und seine menschliche Haltung gaben manchen Inhaftierten den Glauben an die Menschheit zurück. Mit der Aera „Salin“, dem Nachfolger von Capitaine Thomas, hörten die Schlägereien, nicht aber die Schikanen, auf, die noch durch den deutschen Lagerleiter Schmidt, einen Saarländer, unterstützt wurden.

Die Internierten sprechen mit Hochachtung vom Roten Kreuz Idar-Obersteins, von den helfenden Händen der Bevölkerung und dem Verständnis der kath. Geistlichen und des evangel. Pfarrers von Oberstein. Sie haben geholfen, wo es ging, und manch einer gedenkt des tunesischen Berwachungssoldaten, der beide Augen zudrückte mit dem Bemerken „Du Gefangener, ich Gefangener“. Sie sahen sich allerdings außerstande zu helfen, wenn alle Insassen eines Blocks wie Hunde bellen mußten, wenn ihnen das heiße Essen ins Gesicht geschüttet wurde oder wenn das mit Boxhandschuhen ausgestattete „Boxkommando“ kam, um Insassen einzelner Zellen nach Belieben zusammenzuboxen. Wen nimmt es Wunder, wenn man lieber sterben wollte, als noch länger die sadistischen Grausamkeiten dieser Lagerleitung zu ertragen?

Mit der Verlegung nach Diez in den Fastnachtstagen 1946 wurde es dann langsam besser, wenn auch Paketsperren, stundenlanges Antreten und Schikanen noch immer an der Tagesordnung waren. Die körperlichen Mißhandlungen hatten aber ein Ende, und den Angehörigen war es möglich, mit den Inhaftierten in briefliche Verbindung zu treten.

Um einseitiger Schilderung vorzubeugen, soll ein anderer, damals noch jugendlicher Insasse zu Wort kommen, der heute [1984] den Zeitungsbericht kritisch kommentiert:

Der Bericht zeigt die Mehrzahl der Fakten richtig auf. In seiner Tendenz vermittelt er jedoch ein Zerrbild, das dem Alltag in dem Internierungslager Algenrodt nicht gerecht wird.  Die Lebensbedingungen waren hart. Es gab ein strenges Reglement, Schikanen und auch Ausschreitungen des Bewachungspersonals. All dies muß jedoch im Zusammenhang mit dem Schicksal der Deutschen im Jahre 1945 gesehen werden. Damals gab es Millionen von Kriegsgefangenen, Vertriebenen und Flüchtlingen, unsere Städte lagen in Trümmern und überall herrschte Elend und Not. Vor diesem Hintergrund war ein Lagerleben in Algenrodt als „noch erträglich“ und das Verhalten der Besatzungsmächte – amerikanische und später französische Militärverwaltung – als „nicht aus dem Rahmen fallend“ angesehen worden.

[Nach dem Motto: Wenn ohnehin alles in Trümmern liegt, kommt es auf ein KZ auch nicht mehr an. Dass der Kommentator die Zustände verbal zu beschönigen versucht, verursacht leichten Brechreiz; zugleich ist aber gerade dieser Wille zur Schönfärberei, verbunden mit der gleichzeitigen Bestätigung praktisch aller Tatsachenbehauptungen des Zeitungsartikels, der denkbar stärkste Beleg dafür, dass diese Behauptungen tatsächlich der Wahrheit entsprechen.]

Das soll nicht sagen, dass die Menschen im Lager nicht gelitten hätten; unter Hunger, einem ungewissen Schicksal, nicht wenige auch unter den Schikanen des Bewachungspersonals.

Bei einer Bewertung der Lagersituation darf nicht übersehen werden, daß die Bewcher davon ausgingen, sie hätten die „Super-Nazis“, die Terror und Elend über die Welt gebracht hatten, vor sich. Dies war ein Irrtum, …

[Nein, das war gewollte Ignoranz! Einen bloßen Irrtum hätte man ganz leicht aus der Welt schaffen können. Allein die Verhöre, wenn sie denn ernsthaft mit dem Willen zur Wahrheitsfindung geführt worden wären, hätten zu der Einsicht führen müssen, dass wahrscheinlich die meisten Internierten biedere Familienväter waren, die im guten Glauben gehandelt hatten, ihrem Land und dessen legaler Regierung dienen zu müssen. Das herauszufinden war aber gerade nicht der Sinn der Sache!]

… obwohl nicht zu verkennen war, daß die Mehrheit der Internierten zur unteren Führungsschicht des NS-Staates gehörten. Viele waren jedoch auch per Zufall, aufgrund Denunziation oder falscher Einschätzung verhaftet worden.

Das Lager war ein Teil einer ehemaligen Artilleriekaserne, nämlich eine große Reithalle, Pferdeställe und Geräteschuppen. Als Bett dienten Holzgestelle (zum Teil) mit Strohsäcken und einer Decke. Persönliches Eigentum gab es nicht. Jeder trug die Kleidung, die er bei seiner Verhaftung anhatte. Manche hatten nur eine Hose und ein Hemd. Uhren waren, wie überall in Deutschland, ein begehrtes Objekt der Wachsoldaten; sie haben in der Regel bereits beim Eintreffen in das [sic] Lager den Besitzer gewechselt.

Es gab einen Sonderbau für sogenannte Kriegsverbrecher, in dem sich etwa 300 Menschen befanden. Die meisten standen im Verdacht, kriminelle Handlungen begangen zu haben; so etwa Mißhandlungen von Menschen im besetzten Ausland oder an abgeschossenen Flugzeugpiloten, bei Judendeportationen oder bei Tätigkeiten als Mitglied der Geheimen Staatspolizei pp.

Schließlich gab es den in dem Bericht erwähnten Keller, die sogenannte Dunkelkammer (2×2 m). Der normale Internierte kannte diese nur vom Hörensagen. Angeblich waren dort nur „schwere“ Kriegsverbrecher, die auf ihre Aburteilung warteten, untergebracht.

Es waren kleine Zellen, die außer einem Brett zum Liegen keinerlei Einrichtungen enthielten. In diesen „Löchern“ wurden auch Vergehen gegen die Lagerordnung (etwa Kassiber schieben) geahndet. Drei Tage Bunker bedeutete auch drei Tage Prügel. Ohne Zweifel, scheußliche Verletzung der Menschenwürde.

Ich kann nicht bestätigen, daß es 40 Tote, wie die Überschrift angibt, gegeben hat. Jedenfalls nicht infolge von Mißhandlungen. Wahrscheinlich sind insgesamt 40 Menschen verstorben. Das wäre bei dem unterschiedlichen Alter (15-80 Jahre) und den äußeren Lebensbedingungen durchaus denkbar.

[Greise unter solchen Umständen zu inhaftieren, fällt für den Kommentator offenbar nicht unter „Misshandlungen“.]

Ein besonderes Problem war der Hunger (siehe Bericht des DRK). Erwähnt werden muß aber, daß die Franzosen, m.E. seit Herbst 1945, die Zusendung von Lebensmittelpaketen zuließen. Da die meisten Internierten aus der französischen Besatzungszone waren, schleppten die Angehörigen Brot und andere Lebensmittel herbei. So gab es Satte und Hungrige.

Jeder Paketempfänger war gehalten, etwa 1/10 der Lebensmittel an Nicht-Paketempfänger abzugeben. Der französische Kommandant meinte, es brauche eigentlich niemand zu hungern. Dies war übertrieben. In Wirklichkeit verhinderten die Pakete, die überwiegend unter großen Opfern der Angehörigen aufgebracht wurden, die Katastrophe. Wahrscheinlich hat man sie deshalb zugelassen.

Als weiteres Dokument sei ein Bericht des IKRK vom 4.12.1945 angefügt:

Betr.:
Lager Idar-Oberstein (Algenrodt)
Lg.Nr. 51 Ziv.- u. Polit.Int.Lager
Gew.Macht: franz.
(lt. IKRK-Besuch vom 3.12.45)

Belegstärke:
3795 Personen (3618 Männer und 177 Frauen)

Unterkunft:
Holzbaracken und Stengebäude. Fenster ohne Scheiben, Strohsäcke schlecht gefüllt oder leer. Decken nicht ausreichend. Keine Heizung.

Hygiene:
Waschgelegenheit unzureichend.
Latrinen primitiv und nicht genügend desinfiziert.

Ernährung:
550 Kalorien
9,00 Uhr = 100 gr. Brot, 1/2 l Kaffee
15,00 Uhr = 100 gr. Brot, 1 l Suppe

Bekleidung:
Nicht ausreichend.

Disziplin:
Sehr streng. Arrestzellen im Keller, Größe 2×2 mtr.

Gesundheitswesen:
Zur Betreuung der Gefangenen standen 10 Ärzte zur verfügung. Keine Medikamente, sonst kaum Instrumente (2 Thermometer im Revier). Allgemeine Unterernährung.
532 Fälle von Hungerödemen
150 Fälle von Skorbut
leichte Fälle wurden im Revier behandelt = 58 Fälle
Größe des Lager-Reviers war 60 Betten
schwere Fälle kamen in Ziv.-Krankenhäuser = 153 Fälle

Die Delegation des IKRK befürchtet eine Katastrophe bei Fortdauer dieser Lagerzustände.

Dies alles geschah mitten unter uns. Die Folgen der NS-Zeit und des verlorenen Krieges werden in unserem Heimatraum genau so verschwiegen wie die Zeit des 3. Reiches selbst. Die Beteiligten, seien sie führend, nachlaufend duldend oder ablehnend gewesen, halten sich bedeckt.

Offenbar bleibt es der Nachwelt überlassen, das Thema aufzuarbeiten. Dann wird man nach schriftlichen Quellen suchen, die Zeitgenossen aber wird man nicht mehr fragen können.