Thilo Sarrazin
Felix Menzel hat eine Sarrazin-Lesung in Dresden beschrieben. Der Bericht ist gelungen, wichtig darin ist die Klarstellung, daß man nicht „Experte“ sein muß, um beispielsweise grundsätzlich eine Entscheidung über den ESM-Vertrag treffen zu können. Im Prinzip ist das eine gute Beschreibung des intelligenzgestützten gesunden Menschenverstands. Der Gegner versteckt sich hinter Verschachtelungen und Komplexität, dabei ist das meiste im Prinzip einfach und nur im Detail kompliziert. So weit, so gut.
„Die Idee einer europäischen Nation ist einfach zu verstehen. Wenn man ein Kind fragt, was eine Nation ist, dann wird es wahrscheinlich antworten, daß eine Nation eine Regierung hat. Und das ist in der Tat die richtige Antwort, denn das erste, was einem an einer Nation auffällt, ist die Tatsache, daß sie aus einem Volk mit einer eigenen Regierung besteht.
Die Referate des 19. Berliner Kollegs des Instituts für Staatspolitik fielen recht ernüchternd aus. Zum Thema „Meinungsfreiheit in Deutschland“ sprachen Dr. Karlheinz Weißmann, Dr. Stefan Scheil, Günter Bertram und Manfred Kleine-Hartlage, und sie hatten allesamt keine guten Nachrichten zu überbringen. Meinungsfreiheit, oder präziser: Meinungsäußerungsfreiheit, ist und bleibt wie der sogenannte „herrschaftsfreie Diskurs“ ein schönes, liberales Ideal, das in der Wirklichkeit stets von garstigen Machtfragen und politischen Zwängen überschattet ist.
Im aktuellen Spiegel (44/2011) findet sich ein ebenso lesenswerter wie deprimierender Artikel mit dem Titel „Fremde Heimat“ über die Lage der Einwanderer in Deutschland. Er beginnt mit einer Szene, in der „vier junge Männer und eine Frau“ einen „Schulterklopftermin“ der allseits beliebten Tante Maria „Lebensfreude“ Böhmer vermasseln, indem sie auf die Bühne treten und erklären: „Nichts ist gut in Deutschland.“
Ein Geheimtipp geht um in der Blogosphäre: die Clown-Union und ihre satirischen Youtube-Videos. Beispiel „Die Dysgenik und der Thilo“:
„Der rührende Versuch von Bade und Kollegen, unangenehme Nachrichten von der Integrationsfront zu relativieren, erinnert an die Kriegsberichterstattung im Dritten Reich: Wer BBC hörte, um die Wahrheit über den Frontverlauf zu erfahren, war kein Wahrheitssucher, er machte sich der „Wehrkraftzersetzung“ schuldig. Necla Kelek, Thilo Sarrazin und andere sind in diesem Sinne der „Integrationskraftzersetzung“ anzuklagen. Diese ist, hier zitiere ich Angela Merkel, „nicht hilfreich“. Aber wollen sich, um im Bilde zu bleiben, Klaus Bade und Kollegen wirklich in die Rolle des „Reichsfunks“ begeben, der in kühnen Bildern Probleme kleinredete und die baldige Wende des Kriegsglücks beschwor? Im Übrigen: Auf der kritischen Seite zu irren, ist allemal gesellschaftlich gesünder, als vorhandene Probleme schönfärberisch kleinzureden.“
Nachdem ich bereits für die Druckausgabe der „Sezession“ geschrieben habe, habe ich heute meinen Einstand als Autor im Blog sezession.de gegeben. Unter dem oben genannten Titel analysiere ich den Kuhhandel zwischen Sarrazin und seiner Partei und frage nach den politischen Konsequenzen. Hier klicken.
von Clio
Nachdem aufgrund von Sarrazins Verbleib in der SPD beim linken Flügel der Partei zunehmend Unmut aufkam und einzelne Mitglieder „mit Migrationshintergrund“ sogar ihren Austritt erklärten, fühlt sich die Partei-Führung (hier ist insbesondere Generalsekretärin Andrea Nahles zu nennen) offenbar zum Handeln genötigt:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13320414/SPD-will-sich-eine-Migrantenquote-verordnen.html Weiterlesen
von Clio (dieser Beitrag stammt nicht von Manfred!)
Während des Osterfests wurde bekannt, dass die SPD und Thilo Sarrazin dessen Parteiausschlussverfahren “gütlich” beigelegt haben: Sarrazin gab eine beschwichtigende Erklärung bezüglich seines Buches ab (hier im Wortlaut: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-04/sarrazin-spd-ausschluss-erklaerung ) und darf somit in der Partei verbleiben. Gegen jenen Entschluss regt sich jedoch mittlerweile Widerstand bei den Genossen:
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-04/sarrazin-spd-ausschluss-schmid
Trotzdem scheint es sehr unwahrscheinlich, dass Sarrazin letztlich doch noch aus der Partei ausgeschlossen werden wird. Was sagt uns dieser Ausgang der Sarrazin-Affäre? Weiterlesen
Aus der heutigen Feuilleton-Presseschau von Spiegel.de:
Drei Seiten sind dem radikalen Islamismus gewidmet. Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samed begutachten im Interview die deutsche Angst. Sagt Abdel-Samed: „Die deutsche Angst ist eine Angst vor Veränderung. Hier ist so lange nichts passiert, dass die Menschen die statische Gesellschaft für das Maß aller Dinge halten. Broder: Da geh ich mit. Das ist auch meine einzige Kritik an Thilo Sarrazin, dass er auf dieser Panikwelle mitschwimmt. Deutschland schafft sich ab. Na und? Gesellschaften schaffen sich öfter mal ab und nicht zwangsläufig zu ihrem Nachteil.“
Bisher stammt ist die Information noch nicht bestätigt, aber laut Angaben linker Webseiten ist der Auftritt von Thilo Sarrazin an der TU abgesagt worden. „Auf Druck der Studierenden“. Das heißt – was sonst? – unter dem Eindruck massiver Gewaltandrohung.
Endlich wissen wir, was Uli Hoeneß über Thilo Sarrazin denkt. Nämlich dies:
Ich halte es für ein Unding, dass ein Vorstand der Bundesbank so ein Buch schreibt und damit Geld verdient. Ich unterstelle ihm nämlich, dass es ihm gar nicht darum ging, die Welt zu verbessern, nein, er wollte damit Geld verdienen.
Noch nie habe ich von einem Buch gesagt, man müsse es gelesen haben, aber diesmal tue ich es: Sarrazins Buch ist ein Meilenstein, und die Tatsache, dass es zugleich ein Bestseller ist, lässt hoffen, dass die Deutschen bereit sind, endlich der Wirklichkeit ins Auge zu sehen. Es könnte durchaus sein, dass künftige Historiker dieses Buch als das wichtigste deutschsprachige Werk des frühen 21. Jahrhunderts ansehen werden.