Es lebe die Protestantische Republik!

München (kath.net/idea) Dass Papst Benedikt XVI. vor dem Bundestag in Berlin eine Rede halten will, wird vom EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), kritisiert. (…)Mit diesem Programmpunkt ist Schneider nicht einverstanden. Er habe „Unverständnis“ ausgedrückt, berichtet das Nachrichtenmagazin „Focus“ (München). Schneider betrachte es als störend, dass die römisch-katholische Kirche auch als Staat auftrete. „Die Kirche als staatliches Organ – das geht gegen unser Bekenntnis“, so Schneider laut „Focus“.

via KATH.NET – Katholischer Nachrichtendienst.

Tja, Herr Schneider, der Vatikan ist nun einmal ein Staat, und ob das gegen Ihr Bekenntnis geht, dürfte der Römisch-Katholischen Kirche, die dieses Bekenntnis ja gerade nicht teilt, ziemlich schnuppe sein.

Wenn es Sie aber wurmt, dass der Papst vor dem Bundestag eine Rede halten darf und Sie nicht – warum tun Sie es den Katholiken nicht gleich und gründen eine, nennen wir sie  „Liberalprotestantische Republik“ in Neukölln? Vielleicht mit Margot Käßmann als Präsidentin und Jörg Lau als Regierungssprecher_In? Cem Özdemir könnte als Außenminister_In die Beziehungen zur Hamas pflegen, Maria Böhmer wird zur Selbstgeißelungsbeauftragten ernannt. Für jeden gäbe es einen Job!

Wen man dorthin alles abschieben könnte …

Die Verfasser der „Bibel in gerechter Sprache“ mitsamt ihrer Anhängerschaft, die Redaktionsmannschaften von Zeit, Spiegel, Süddeutscher – ach was, einfach die ganze Journaille, dazu den Schwarzen Block, die Ökopazis, die Feminazis, die Genderweiber, Denglischschreiber, die Deutschenhasser und Terrorversteher, nicht zuletzt auch die Angehörigen des Integrations-, Migrations- und Desinformationsindustriellen Komplexes. Ach ja, und natürlich all die vielen „Ungläubigen“, die man als solche daran erkennt, dass ihr Verhalten grundsätzlich nie etwas mit dem Islam zu tun hat.

Da keiner von denen jemals etwas Produktives geleistet hat und es auch in Zukunft nicht schaffen wird, werden wir einen solchen Staat wohl subventionieren müssen, so wie ehedem West-Berlin. Aber ganz ehrlich: Das wär’s mir wert, wenn wir sie nur loswären. Dafür würde ich sogar in Kauf nehmen, dass Präsidentin Käßmann auf Staatsbesuch kommt und vor dem Bundestag spricht.

Roland Baader: "Geldsozialismus"

Rezension

Die Finanzkrise und nicht zuletzt die diversen billionenschweren „Rettungspakete“ für staatliche und nichtstaatliche Bankrotteure dürften allseits deutlich gemacht haben, dass ökonomische Theorie zu wichtig ist, um sie den Mainstream-Ökonomen keynesianischer oder neoklassischer Ausrichtung zu überlassen. Je mehr sich zudem herausschält, dass die veröffentlichte Meinung in praktisch allen gesellschaftlich relevanten Bereichen buchstäblich nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, desto unwahrscheinlicher erscheint es, dass ausgerechnet die hochgradig interessenkontaminierte wirtschaftswissenschaftliche Theorie von den Manipulationen korrupter Meinungsoligarchen ausgenommen sein soll.

Die meisten, auch gebildeten, Menschen dürften als ökonomische „Theorie“ etwas im Kopf haben, bei dem neoklassische/neoliberale, marxistische und keynesianische Theoreme in jeweils individueller Mischung kunterbunt durcheinanderpurzeln. Es wird Zeit, aufzuräumen, wenn man sich aus der Abhängigkeit von den meinungsbildenden „Eliten“, sprich vom oligarchischen Machtkartell, lösen will.

Ein erstklassiger Kandidat für eine alternative und zugleich erklärungskräftige Theorie ist die der österreichischen Schule, mit der vor allem die Namen von Carl Menger, Ludwig von Mises und Friedrich Augsut von Hayek verbunden sind. Roland Baader gehört zu der kleinen, aber wachsenden Schar von Ökonomen, die seit Jahren unermüdlich daran arbeiten, diesen Ansatz dem breiten Publikum nahezubringen. Mit „Geldsozialismus. Die wirklichen Ursachen der neuen globalen Depression“ hat er nun ein Buch vorgelegt, das in kompakter Form in diese Gedankenwelt einführt:

Historisch ist das Geld überall dort entstanden, wo ein gewisses Kulturniveau überschritten wurde, und zwar als spontane Leistung des Marktes, ohne dass es eines Staates oder einer Zentralbank bedurft hätte. Irgendeine Ware, meist waren es Edelmetalle, setzte sich stets als allgemeiner Wertmaßstab durch. Geld ist im Kern also eine Ware, die getauscht wird wie andere auch.

In dem Moment, wo der Staat, gestützt auf sein Gewaltmonopol, sich des Geldmonopols bemächtigt, und dies ist in der Geschichte immer wieder geschehen, ist er auch der Versuchung ausgesetzt, es zur eigenen Machtausdehnung zu missbrauchen. Dies war in Antike und Mittelalter zum Beispiel der Fall, wenn der Staat Münzverschlechterung betrieb, also Gold- und Silbermünzen minderwertige Metalle beimischte, um seine Finanzen aufzubessern. Das bedeutete, er blähte die Geldmenge künstlich auf. Man nennt dies „Inflation“. (Baader legt Wert auf die Feststellung, dass man unter „Inflation“ nichts anderes als die Aufblähung der Geldmenge versteht. Der populäre Gebrauch des Wortes „Inflation“ im Sinne von „Teuerung“ ist unkorrekt. Teuerung ist die Folge von Inflation und nicht etwa mit ihr identisch.)

Nichts Anderes geschieht in unserem heutigen Geldsystem, nachdem im Zuge des Ersten Weltkriegs praktisch alle Staaten vom Goldstandard abgegangen waren, um den Krieg durch den Druck von Papiergeld zu finanzieren. Es entstand das fiat money, das analog zum göttlichen „fiat lux“ („Es werde Licht!“) durch selbstherrliche Verfügung des allmächtigen Staates respektive der Zentralbank entsteht. Oder aber durch den staatlich legalisierten Betrug der Geschäftsbanken, die von den Einlagen ihrer Kunden nur eine Mindestreserve zurückbehalten (In der EU 2%), den Rest aber wieder und wieder verleihen; auf diese Weise vervielfacht sich die umlaufende Geldmenge sozusagen „von allein“.

Inflation ist nicht etwa eine notwendige Begleiterscheinung von Kapitalismus schlechthin. Systemimmanent ist im Kapitalismus nur der stetige Produktivitätszuwachs: dass also mit immer geringerem Aufwand immer mehr hergestellt werden kann und hergestellt wird. Wer sich jemals darüber gewundert hat, dass es trotzdem nicht auf breiter Front zu ständigen Preissenkungen kommt, sondern stattdessen das Gegenteil stattfindet, bekommt hier die Antwort: Selbst Währungen, die als „stabil“ gelten, sind Inflationswährungen, weil die Aufblähung der Geldmenge den systemimmanenten Preisverfall wettmacht.

Die Geldschöpfung aus dem Nichts, die in allen Ländern stattfindet, läuft ungeachtet der technischen Details darauf hinaus, dass Geld einfach gedruckt wird. Das Ergebnis ist, wie Baader in einem treffenden Vergleich feststellt, dasselbe, als wenn bei einer Versteigerung Falschgelddrucker mitbieten würden. Wer Geld druckt, statt es zu verdienen, enteignet die, die kein Geld drucken können. Die Währungssysteme aller Länder bedeuten die fortlaufende Enteignung der Bürger zugunsten des Staates (und der Banken, aber Baader konzentriert sich vor allem auf den Staat).

Kurz gesagt: Der Staat kidnappt das Geld. Aus dem Gewaltmonopol wird ein Geldmonopol und ein Verschuldungsregime (als Inhaber des Gewaltmonopols ist der Staat ein Schuldner höchster Bonität), mit dem die Bürger ein weiteres Mal enteignet werden. Da der Staat dieses Geld durch sozialistische Umverteilung im Sinne eines panem et circenses wieder unter die Leute bringt, gefährdet dies nicht etwa seine Macht, sondern stärkt sie sogar noch, weil die dadurch „Begünstigten“ eine solche Politik unterstützen und schließlich sogar fordern.

Mit dem grundsätzlich unbegrenzten Zugriff auf das Geld wächst dem Staat eine ungeheure Macht zu. Nicht zufällig wurde der Goldstandard zur Kriegsfinanzierung aufgegeben, und nicht zufällig wurde das System des fiat money nach dem Krieg beibehalten. Durch die so finanzierte Umverteilung wird zugleich die im Kapitalismus an sich eingebaute Koppelung von Leistung und Erfolg außer Kraft gesetzt, der Bürger zum Kostgänger und Klienten des Staates gemacht und das Gefühl für individuelle Verantwortlichkeit zerstört. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses System per se schon die Ursache für Totalitarismus ist, wie Baader suggeriert, aber dass es eine Voraussetzung dafür darstellt, scheint mir offenkundig zu sein.

Freilich sägen sich Volkswirtschaften, die so funktionieren, auf die Dauer den Ast ab, auf dem sie sitzen. Das Problem, so Baader, liegt nämlich nicht nur in der fröhlichen Geldschöpfung aus dem Nichts, sondern auch in der Tatsache, dass die Zentralbank den jeweils gültigen Leitzins festsetzt. Der Zins, als Preis des Geldes, wird also nicht am Markt gebildet, sondern par ordre du mufti dekretiert. Da alle Beteiligten – die Wirtschaft, die Arbeitnehmer, die Konsumenten, die Politiker – ein Interesse an niedrigen Zinsen zu haben glauben, liegt der Leitzins normalerweise unter dem Satz, der sich unter Marktbedingungen einstellen würde. Dies bedeutet, dass auch unrentable Investitionen getätigt werden, dass notwendige Ersparnisse unterbleiben, und dass der so verzerrte und künstlich in den Boom getriebene Markt über kurz oder lang in der Rezession landet. Konjunkturzyklen sind nicht notwendiger Bestandteil kapitalistischen Wirtschaftens, sondern Ergebnis der falschen Signale, die von politisch befohlenen Zinssätzen ausgehen.

Das Problem ist nun, dass praktisch alle Regierungen (und Zentralbanken), ob sie sich nun explizit auf Keynes berufen oder nicht, versuchen, Konjunkturdellen durch Staatsausgaben, höhere Verschuldung und Liquiditätsspritzen auszugleichen und dadurch die notwendige Anpassung des Marktes verhindern. Die inflationsinduzierte Krise wird also mit noch mehr Inflation bekämpft. Kurzfristig kann so etwas funktionieren, freilich nur um den Preis, dass immer höhere Schuldenberge aufgetürmt werden, die ihrerseits immer neue Inflationsschübe erforderlich machen. Am Ende treibt das System in die Hyperinflation, das heißt in die völlige Enteignung aller Geldbesitzer, in den Ruin des Mittelstandes und in die Zerstörung der Grundlagen der Gesellschaft.

Man wird mich nicht verdächtigen, ein unkritischer Anhänger der reinen Marktwirtschaft zu sein. Deren Grenzen sind mir durchaus bewusst, und selbstverständlich habe ich Baaders Argumentation ideologiekritisch beschnuppert:

Sie ist von einer ausgesprochen appetitlichen Sauberkeit; so einleuchtend, dass man sich fragt, wie man jemals etwas Anderes glauben konnte. Auch wenn sie nicht einfach „die Wahrheit“ ist, so ist sie doch eine Wahrheit, und zwar eine, an der man schwer vorbeikommt.

Gewiss bleiben Fragen offen: In dem Maße, wie Baader sich auf den Staat als Übeltäter konzentriert, bleibt die Frage nach der Verantwortung privater oder halbstaatlicher Machtkomplexe eher unterbelichtet. Ich halte es für durchaus wahrscheinlich, dass der Staat, der das Geld kidnappt, seinerseits von privaten Interessengruppen gekidnappt wird (man vergleiche etwa die Argumentation von Krysmanski). Baader deutet auch an, dass er diese Problematik durchaus sieht – sie ist nur nicht sein Thema. Diese Selbstbeschränkung, keine „Theorie für alles“ vorlegen zu wollen, kommt der Stringenz des Buches zugute. (Mancher erinnert sich vielleicht, dass ich Oliver Janichs „Kapitalismus-Komplott“, das dieselbe Geldtheorie entwickelt wie Baaders „Geldsozialismus“, genau wegen seines allzu ehrgeizigen Ansatzes kritisiert habe.)

Baaders Zukunftsausblick fällt leider ziemlich düster aus: Er sieht keinen Weg, wie die westlichen Gesellschaften von der Droge immer rasanterer Inflation und Verschuldung wegkommen sollten, und er prophezeit demgemäß einen dramatischen gesellschaftlichen Kollaps. Eine gewisse Hoffnung scheint er auf die ersten zarten Ansätze eines private banking zu setzen, z.B. in Gestalt kleiner Zahlungsgemeinschaften auf der Basis hinterlegten Goldes, in denen sich möglicherweise eine Zukunft nach dem Schein-Geld vorbereitet. An der pessimistischen Gesamtdiagnose ändert dies freilich nichts.

Oliver Janich: "Das Kapitalismus-Komplott. Die geheimen Zirkel der Macht und ihre Methoden."

Rezension

„Das Kapitalismus-Komplott“ des libertären Wirtschaftsjournalisten Oliver Janich verspricht, uns in „die geheimen Zirkel der Macht und ihre Methoden“ einzuführen. Hält das Buch dieses Versprechen? Ja und nein. Das Buch liest sich spannend, trotzdem bleibt am Ende ein schales Gefühl.

Dabei beginnt es durchaus verheißungsvoll: Janich kritisiert zunächst unser Geldsystem, indem er dessen historische Genese rekonstruiert; vom Tauschhandel zum Handel mit Gold als allgemeinem Zahlungsmittel, von dort zum goldgedeckten Papiergeld, von dort schließlich zum ungedeckten, faktisch wertlosen Inflationspapiergeld, mit dem wir heute zu tun haben.

Papiergeld begann seine Karriere im späten Mittelalter als bloße Quittung für bei Banken hinterlegtes Gold. Gerade im Fernhandel war solches Papier-, schließlich bloßes Buchgeld weitaus praktischer als der physische Transport von Gold. Sehr früh kamen die ersten Wechsler auf die Idee, mehr Quittungen auszustellen, als sie tatsächlich an Gold vorrätig hatten; da die Kunden nie alle auf einmal ihr Gold haben wollten, konnte man dies oft lange Zeit praktizieren, ohne aufzufliegen. Selbstredend war dies glatter Betrug.

Irgendwann übernahm der Staat das Monopol auf die Geldausgabe, also jene Institution, die schon seit der Antike immer wieder bewiesen hatte, dass sie, gestützt auf ihr gleichzeitig existierendes Gewaltmonopol immer wieder durch Münzverschlechterung die Inflation angeheizt, d.h. praktisch die Bürger bestohlen hatte, die in Gestalt von Preissteigerungen die Zeche für real ungedeckte Staatsausgaben zu begleichen hatten.

Unser heutiges System, so Janich, ist eine Kombination aus beiden Formen des Betruges: Da die Banken für bei ihnen geführte Sichtguthaben bloß eine Mindestreserve von zehn Prozent zu hinterlegen brauchen, den Rest aber verleihen können (also ganz offiziell das tun, wofür die mittelalterlichen Wechsler noch gehängt worden wären), wird aus jedem eingezahlten Zehn-Euro-Schein in kürzester Zeit ein Hunderter, der als zusätzliche Liquidität in Umlauf kommt. Die Banken verleihen Geld, das ihnen nicht gehört, und die Zentralbank schöpft Geld aus dem Nichts. (Daher gerät das System auch sofort in Schieflage, wenn zu viele Kunden auf einmal ihr Geld abheben wollen).

Dieses System, ungedecktes Geld in die Wirtschaft zu pumpen, führte dazu, dass selbst eine angebliche Hartwährung wie die DM in den gut fünfzig Jahren ihrer Existenz 95 % ihres Wertes einbüßte. Dies bedeutet nicht, dass die dadurch repräsentierten Werte einfach verschwunden wären – sie wechselten bloß den Besitzer: vom Bürger zu den Banken und zum Staat.

Janich fordert das Ende des staatlichen Geldmonopols und die Einführung privater Währungen, die sich nach seiner Vorstellung ganz von alleine auf Goldbasis entwickeln würden. Er misstraut aufgrund der historischen Erfahrungen mit dem Staat der Idee, bloß die Mindestreserve auf hundert Prozent festzusetzen und die Notenpresse stillzulegen. Am Ende werde der Staat doch nicht der Versuchung widerstehen, sich durch Ausgabe ungedeckten Geldes wieder an seinen Bürgern zu bereichern.

Ich begreife zwar nicht ganz, woher er seinen Optimismus nimmt, dass bei privater Geldausgabe, die es schließlich auch schon gab, die damit verbundenen bekannten Probleme nicht auftreten; dennoch halte ich seinen Ansatz für durchaus diskutabel; er hat zumindest den Charme einer unkonventionellen Idee.

Problematischer, weil es den ganzen Rest seiner Argumentation deformiert, ist sein beinahe abergläubisches Vertrauen in die Marktwirtschaft, natürlich die echte und wahre Marktwirtschaft, also eine ohne staatliches Geldmonopol, ohne betrügerische Banken, und vor allem ohne jeglichen staatlichen Eingriff in die Wirtschaft, abgesehen von einer ganz geringen Mehrwertsteuer zur Bestreitung der notwendigen Ausgaben für Armee, Polizei und Justiz, zur Not (wenn’s denn sein muss) auch Bildung und Straßenbau. Ich komme gleich noch darauf zu sprechen; zunächst beschreibe ich, wie es weitergeht:

Janich zeigt unter Berufung auf das einschlägige Standardwerk von Edward Bernays (im Netz verfügbar) die Mechanismen auf, auf denen Propaganda beruht, und wie man Propaganda so tarnt, als sei sie keine. Er entkräftet auf durchaus nachvollziehbare Weise die Argumente, die prinzipiell gegen Verschwörungstheorien ins Feld geführt werden, z.B. das Argument, bei zu vielen Mitwissern müsse jede Verschwörung auffliegen. Diese Argumentationsschritte sind die logische und notwendige Voraussetzung dafür, dass der Leser die folgenden Abschnitte akzeptiert und nicht von vornherein als Humbug abtut.

Er zeigt an zwei Beispielen, wie und warum offenkundig wahrheitswidrige Behauptungen verbreitet und geglaubt werden. Diese beiden Beispiele sind der 11.September und der angebliche Klimawandel:

Ich gebe zu, dass ich mich lange Zeit schwergetan habe, die offizielle Version der Ereignisse des 11.Septembers 2001 zu verwerfen, und zwar aus Gründen, von denen nicht alle rational sind. Da war das Mitgefühl mit den hart getroffenen Amerikanern, gepaart mit meiner grundsätzlichen Abneigung gegen Verschwörungsthorien: Ich bin Sozialwissenschaftler, kein Kriminalist. Meine Analysen setzen eine solide Faktenbasis voraus. Ich hasse es, mich in hunderten von Indizien zu verzetteln, von denen obendrein etliche ihrerseits gefälscht sein können. Im Falle des 11.September hat mich allerdings ein Indiz, von Janich ausführlich erläutert, überzeugt, dass die offizielle Version nicht stimmen kann:

Dieses Indiz ist die Art, wie die Türme (und dazu WTC 7) zusammengebrochen sind. Es mag ja sein, dass Stahlträger in der Hitze brennenden Kerosins schmelzen können. Wenn sie aber nicht gerade alle gleichzeitig geschmolzen sind, und dies auf die Sekunde genau, dann hätte sich zumindest der obere Teil des jeweiligen Turms zur Seite neigen, wahrscheinlich aber der ganze Turm kippen müssen. Stattdessen sind beide Türme und WTC 7, das von keinem Flugzeug getroffen worden war, senkrecht in sich zusammengesackt, wie bei einer kontrollierten Sprengung. Ein an sich schon völlig unwahrscheinliches Ereignis soll sich also dreimal hintereinander an einem Tag am selben Ort zugetragen haben? Beim besten Willen: Das kann nicht stimmen.

Es bedürfte nicht einmal der von Janich zusätzlich angeführten Indizien – das Auftauchen des unversehrten Passes eines Attentäters in den Trümmern oder des seltsamen Fundes des Testaments von Mohammed Atta (Indizien, die wiederum nur ein kleiner Teil der Merkwürdigkeiten sind, mit denen man es hier zu tun hat), und nicht einmal der Aussagen von Zeugen, die unmittelbar vor dem Zusammenbruch eine Kette von Explosionen gehört haben, die offizielle Version ad absurdum zu führen. Wer sich für Näheres interessiert, wird im Netz leicht fündig, ich empfehle diesen Film. Man kommt nicht daran vorbei: Was aussieht wie eine kontrollierte Sprengung, ist auch eine.

Janichs zweites Beispiel ist die Klimalüge und die Art, wie sie durchgesetzt wird, überhaupt die Ursprünge der Ökologiebewegung, das Märchen von den ausgehenden Ressourcen und so weiter. Auch hier zeigt er auf, wie systematisch seit Jahrzehnten die öffentliche Meinung geimpft wird.

Die entscheidende Frage ist die nach dem Warum.

9/11 und der war on terror, die Klimalüge als Teil der inszenierten Ökopanik, aber auch die Finanzkrise (die man aufgrund der strukturellen Instabilität eines inflationsbasierten Finanzsystems jederzeit ausbrechen lassen konnte), haben eines gemeinsam: Sie legitimieren den Ruf nach supranationaler Steuerung, nach Souveränitätsbeschränkung der Nationalstaaten, nach global governance, mit einem Wort: nach einer Weltregierung.

(Und um den Faden weiterzuspinnen: So wie schon der Erste Weltkrieg diese Forderung hervorbrachte. So wie auch Massenmorde spätestens seit 1945 immer wieder, und in jüngster Zeit immer häufiger, den Ruf nach einer weltweit geltenden Rechtsordnung unter Missachtung staatlicher Souveränität hervorgebracht haben.)

Dies ist der Schlüssel zum Verständnis dafür, warum bestimmte Themen wie von selbst plötzlich wichtig werden und andere nicht. Besonders schön lässt sich das Wechselspiel zwischen (inszenierter) Krise und der Forderung nach ihrer supranationalen „Lösung“ am Beispiel der Griechenlandkrise aufzeigen, die eine „europäische Wirtschaftsregierung“ mit der Perspektive der Integration des europäischen und des amerikanischen Wirtschaftsraumes als eine Forderung der „Vernunft“ erscheinen lässt.

Dass ein solches Ziel tatsächlich angestrebt wird, und zwar schon seit langer Zeit, lässt sich leicht zeigen (siehe zum Beispiel meinen Artikel „NWO – eine Verschwörunstheorie?“). Die spannende Frage ist nun: Wer tut das, und wie geschieht es?

Dies ist nun der Punkt, an dem Janichs Buch verflacht: Er zählt die üblichen Verdächtigen auf, die man als eifriger Netznutzer schon kennt – die Bilderberger, die Trilaterale Kommission, den Council on Foreign Relations und viele mehr. Er nennt viele Namen: Rockefeller, Kissinger, Genscher, Joschka Fischer und und und. Er stellt Bezüge her, deutet vielerlei Machenschaften an, aber den springenden Punkt, auf den er hinauswill, nämlich dass es sich um eine kommunistische Weltverschwörung handele – auch der westliche Geldadel bestehe aus Kommunisten, und die Nazis seien es auch gewesen – belegt er damit bestenfalls unzureichend.

Das klingt dann zum Beispiel so:

Weniger bekannt ist, dass 1981 der in eine Spendenaffäre verwickelte hessische Wirtschaftsminister Heinz Herbert Karry … mit einer Waffe ermordet wurde, die der Terrorist Hans-Joachim Klein 1973 mit Fischers Wagen transportierte. (…) Ja, das ist jener Klein, der 1975 die OPEC-Minister überfiel … 1969 nahm Fischer an einer PLO-Konferenz in Algier teil. (…) Die Unterstützung der PLO für die RAF, sicherte ein gewisser Francois Genoud. Der Chef des Bundeskriminalamts und Interpol, Paul Dickopf, war während der Nazizeit der Führungsoffizier für den V-Mann [Genoud] und auch nach dem Krieg noch eng mit ihm befreundet. Wie der ehemalige BKA-Mitarbeiter Dieter Schenk … enthüllt, war Dickopf nach dem Krieg für die CIA tätig. Er sorgte dafür, dass das BKA eine Versorgungsanstalt für Alt-Nazis wurde. Dickopf soll auch mit dem palästinensischen Terrorführer Wadi Haddad befreundet gewesen sein … Dickopfs Mann Genoud traf Hitler, organisierte die Flucht von Nazigrößen und fungierte als Herausgeber mehrerer Nazi-Werke… . Genoud finanzierte darüber hinaus die Verteidigung von Carlos, dem Schakal! Der damalige Innenminister Hans-Dietrich Genscher verabschiedete Paul Dickopf 1971 mit den Worten aus dem Amt: „Ihnen, Herr Präsident Dickopf, hat die Sicherheit des Staates immer als hoher Wert gegolten…

So entsteht eine Nacht, in der alle Katzen grau sind und alles mit allem irgendwie zusammenhängt: die CIA, die Nazis, die Wall Street, die RAF, Joschka Fischer und Hans-Dietrich Genscher, und an anderer Stelle wiederum die östlichen Geheimdienste, deren Agenten von Kissinger über Genscher bis Merkel die Politik des Westens bestimmen und zusammen mit ihren Freunden vom westlichen Geldadel die kommunistische Weltherrschaft planen. Wenn Euch jetzt der Kopf summt, dann geht es Euch wie mir.

Dabei sind wahrscheinlich achtzig Prozent von Janichs Einzelbehauptungen richtig, aber man weiß nicht genau, welche achtzig Prozent, und der Autor fordert den Leser ein wenig zu oft auf, nachzugugeln. Er versäumt es, seine Thesen in einen überzeugenden analytischen Rahmen zu stellen, stattdessen bombardiert er ihn unter der Überschrift „kommunistische Weltverschwörung“ mit Details, die man auch ganz anders deuten kann.

Nehmen wir als Beispiel die Ökologiebewegung: Janich zeigt, dass die „grünen“ Stiftungen der Rockefeller-Clans ihre geistigen Ursprünge im Eugenik-Gedankengut der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts haben. Die Eugeniker in den angelsächsischen Ländern hatten es damals darauf abgesehen, die Vermehrung sowohl von Schwarzen als auch von armen und daher (wie unterstellt wurde) genetisch minderbemittelten Weißen zu behindern; also ein rassistisches Programm zur Gründung einer Herrenrasse; die Vertreter dieser Idee seien auch gut mit führenden Nazis befreundet gewesen – wen wundert’s? – und hätten nach dem Krieg nur eine andere Tarnung, nämlich die ökologische, benutzt, um die Menschheit um zwei Drittel zu reduzieren. Sie hätten daher auch die Panik vor der Überbevölkerung des Planeten geweckt und zum Beispiel über Rockefellers Stiftung Planned Parenthood einen strategischen Feldzug zur Senkung der Geburtenraten geführt.

Das alles trifft zu, und Janich hätte ruhig noch erwähnen können, dass der deutsche Ableger von Planned Parenthood Pro Familia ist.

Nur stellen sich doch Fragen: Wenn die amerikanischen Eliten ein Rassenzüchtungsprogramm betrieben, warum haben sie dann ausgerechnet die Nazis bekämpft? Wenn sie mit denen so gut Freund waren, warum haben sie dann einen Krieg gegen sie geführt und sie anschließend in Nürnberg gehängt? (Überhaupt stellt sich bei Janichs Hypothese von der Monsterverschwörung zur Durchsetzung der Weltregierung aus sowjetischen Kommunisten, deutschen Nazis, englischem Adel und amerikanischem Geldadel, die es schon in den dreißiger Jahren gegeben haben soll, die Frage, warum diese Kräfte sich nicht einfach 1935 zusammengesetzt und sich gemeinsam zur Weltregierung erklärt haben? Niemand hätte sie daran hindern können.)

Und wenn das Ziel darin bestanden haben soll, genetisch angeblich „minderwertige“ Menschen an der Fortpflanzung zu hindern, nicht aber die genetisch bedingt Leistungsfähigen – wie erklärt sich dann heute der spektakuläre „Misserfolg“ dieses Programms, das in der Tat dazu geführt hat, dass die europäischen Völker auf dem Weg in den demographischen Selbstmord sind; dass sich innerhalb dieser Völker gerade die armen Schichten noch am ehesten vermehren, also diejenigen, die es eigentlich gar nicht sollten; dass die nichtweißen Völker sich stattdessen rasant vermehren (also wiederum die, die es nicht sollten); dass die einzige Ausnahme von der letztgenannten Regel ausgerechnet die Chinesen sind, das Volk mit dem höchsten Durchschnitts-IQ weltweit, das durch die Ein-Kind-Politik zur zahlenmäßigen Reduktion gezwungen wird?

Diese schreienden Widersprüche sieht er nicht, erst recht löst er sie nicht. Er kann sie nicht lösen, weil seine eigenen ideologischen Prämissen ihn hindern, das Spiel zu durchschauen, das hier gespielt wird. Kehren wir also wieder zu seiner radikalliberalen Wirtschaftsauffassung zurück, dann sehen wir, wo der Fehler liegt:

Janichs Grundidee ist, dass eine Wirtschaft, die auf absoluter Vertragsfreiheit beruht, notwendig ein System von Positivsummenspielen darstellen muss, von dem am Ende alle profitieren; ein System, in dem es weder Inflation noch Arbeitslosigkeit gibt; Letzteres, weil der Preismechanismus ganz von alleine dafür sorgt, dass jeder Arbeitsanbieter (Arbeitnehmer) auch seinen Nachfrager, also einen Arbeitgeber findet. Weil das so sei, könne man in westlichen Ländern Sozialausgaben getrost wegfallen lassen. Mit dem eingesparten Geld lasse sich spielend eine private Krankenversicherung und eine private Altersvorsorge aufbauen. So rechnet er vor, dass selbst eine Putzfrau im Alter Millionärin sein könne, jedenfalls bei den gegenwärtigen Löhnen.

Indem der gegenwärtige Sozialstaat viele Menschen der Notwendigkeit enthebe zu arbeiten, und sogar noch ihren Kinderreichtum subventioniere, ziehe er den Fleißigen auf Kosten der Faulen das Geld aus der Tasche. Würde der Sozialstaat wegfallen, so Janich, so könnte man auch die Grenzen öffnen, weil dann nur noch die kämen, die arbeiten wollten statt auf Sozialhilfe zu spekulieren, und sich daher integrieren müssten. Und Kinder würden nur noch die bekommen, die das auch ohne staatliche Unterstützung wollten.

Das alles ist nicht einfach falsch, es ist nur zu kurz gedacht. Beginnen wir, obwohl es nicht das wichtigste Thema ist, bei der privaten Krankenversicherung: Als ehemaliger Versicherungsmakler kann ich nämlich ein Lied davon singen, wie schwer es ist, einen Kunden, der in seinem Leben schon mehr als dreimal gehustet hat, bei einer PKV unterzubringen. Sehr viele Menschen würden bei Abschaffung der gesetzlichen Krankenversicherung schlicht ohne Versicherungsschutz dastehen. Wer etwas anderes behauptet, weiß nicht, wovon er redet. Ein staatlich verordneter Kontrahierungszwang könnte Abhilfe schaffen, aber das ist sicherlich das Letzte, was Janich will.

Überhaupt wertet er jeden staatlichen Eingriff in die Wirtschaft a priori als „Kommunismus“, da er Menschen zwinge oder doch motiviere, sich anders zu entscheiden, als sie es ohne diesen Eingriff getan hätten. Letztlich werde dem einen genommen, um es dem anderen zu geben. Würden nur freiwillige Verträge geschlossen und der Staat sich heraushalten, so könne dergleichen nicht vorkommen, immer vorausgesetzt, dass sie keinem Dritten schadeten.

Gut, spielen wir das mal durch: Ich baue ein Hotel in einer schönen Landschaft, um Geld mit Touristen zu verdienen. Nach einem Jahr entsteht auf dem Grundstück links von mir eine Chemiefabrik und rechts ein Klärwerk, vorne eine (selbstverständlich private) Autobahn, hinten eine private Müllhalde. Alle vier Unternehmen haben die Grundstücke aufgrund Vertragsfreiheit legal erworben, sie mussten mich nicht fragen, und das Ergebnis ist, dass mein Hotel wertlos ist, sie mich also faktisch enteignet haben. Halt, sagt Herr Janich, ich spreche ja nur von Verträgen, die Dritten nicht schaden. Und wer stellt das sicher? Die einschlägigen Gesetze, die Baubehörde, notfalls die Justiz, mit einem Wort: der Staat, der mich hier vor den externen Effekten der Vertragsfreiheit Dritter schützt.

Es stimmt schon, wenn Janich schreibt, dass der Staat oft genug nur die Probleme löst, die es ohne ihn gar nicht gäbe, aber das ist eben nicht die ganze Wahrheit. Viele Eingriffe finden statt, um Rechtspositionen Privater voreinander zu schützen. Ob dies immer mit der wünschenswerten Weisheit geschieht, mag man bezweifeln, aber man kann nicht pauschal behaupten, es sei nicht notwendig.

Es gibt aber auch positive externe Effekte privaten Handelns. Diese kommen oft genug gerade nicht durch Marktbeziehungen zustande; dabei sind gerade sie es, die die Voraussetzungen für eine Marktwirtschaft erst schaffen: Wenn ich mich anständig, friedfertig und ehrlich verhalte (auch dann, wenn kein Polizist danebensteht), dann tue ich das in der Erwartung, dass die meisten anderen es ebenfalls tun werden, dass ich also nicht der einzige Dumme bin, der es tut. Hier liegt kein Vertrag vor. Es handelt sich um abstrakte Solidarität mit der Allgemeinheit, die ich übe, obwohl es im Einzelfall vielleicht lohnender wäre, den Anderen auszurauben oder übers Ohr zu hauen. Sie kostet mich also etwas, nämlich die Brieftasche des Rentners, den ich nicht beraubt oder betrogen habe, und „bereichert“ nicht nur diesen Rentner, sondern auch alle Anderen, deren Vertrauen in den allgemeinen Anstand dadurch aufrechterhalten wird. Da die meisten Anderen sich ebenso verhalten, bekommt jeder von uns Sicherheit als kollektiv hergestelltes und nur kollektiv herstellbares Gut, ohne sich vorher mit irgendjemandem auf einen Vertrag geeinigt zu haben.

Bricht dieses allgemeine Grundvertrauen zusammen, so liegt es nicht in meiner Hand, es durch eigenes ehrliches Verhalten wiederherzustellen – ich wäre dann nur der ehrliche Dumme. Mir bliebe dann nur, mir jene Sicherheit, die die Gesellschaft mir bis dahin kostenlos geliefert hat, in Gestalt von Waffen oder Sicherheitsdienstleistungen am Markt zu kaufen. Vorausgesetzt, ich kann mir das leisten.

Oder nehmen wir das Kinderkriegen, das man durchaus auch lassen kann. Eine Gesellschaft, in der jeder seinen individuellen Nutzen maximiert, wird sich nicht reproduzieren – dies ist keine theoretische Erwartung, sondern ein empirischer Befund. Janich ist der Meinung, dass es jedermanns Privatsache ist zu entscheiden, wieviele Kinder er haben möchte. In dem Sinne, dass dies sein gutes Recht ist, stimmt es ja auch.

Es stimmt aber nicht in dem Sinne, das diese Entscheidung keine externen Effekte hätte. Nehmen wir an (um das Argument herauszuarbeiten), die Menschen würden überhaupt keine Kinder mehr kriegen. Die oben erwähnte Putzfrau, die es in Janichs platonischem Idealkapitalismus (mit Goldstandard und privater Geldausgabe, ohne Staatseingriff) im Alter zur Millionärin gebracht hätte, würde feststellen, dass es in der Janichwelt sehr wohl Inflation gibt – dann nämlich, wenn nicht mehr genug Menschen da sind, um die Güter für die nichtarbeitenden geldbesitzenden Alten zu produzieren. Wer dann noch etwas abbekommen will, wird Mondpreise hinlegen müssen.

Dies gilt freilich nur in einer geschlossenen Volkswirtschaft. Janich würde sagen: Dann lohnt es sich ja schon aufgrund der steigenden Preise, nach Deutschland einzuwandern und die wegfallenden, weil nicht geborenen deutschen Arbeitskräfte zu ersetzen.

Gut, spielen wir das mal durch: Die Polizisten in Kabul stellen also fest, dass sie in Berlin mehr verdienen können. Nach kurzer Zeit werden die Berliner feststellen, dass die Polizei nur noch gegen Bakschisch hilft. Warum? Weil die afghanischen Polizisten ihre kulturellen Wertvorstellungen mitgebracht haben, und da kommt eine abstrakte Loyalität dem Gesetz gegenüber nun einmal nicht vor. In Afghanistan (und den meisten anderen Drittweltländern) ist der Staat eine Institution, die Posten verteilt, aufgrund deren man sich an seinen Mitbürgern bereichern kann. Unter diesen Voraussetzungen würde der Staat in Gestalt solcher Polizisten wiederum in die Wirtschaft eingreifen, diesmal unkalkulierbar und in einer Weise, die es ihm unmöglich macht, auch nur die Funktionen zu erfüllen, die Janich ihm lassen will.

Weiter: Janichs Rechnung, dass jede Putzfrau sich Altersversorgung und Krankenversicherung leisten kann, wenn man sie nur von den Sozialabgaben befreit, stimmt nur beim jetzigen Lohnniveau. Dieses Lohnniveau wird aber durch zwei Maßnahmen hochgehalten, die Janich strikt ablehnt: Erstens werden durch Sozialleistungen und zweitens durch Einwanderungsbeschränkung Millionen von gering oder gar nicht Qualifizierten „künstlich“ vom deutschen Arbeitsmarkt ferngehalten. Bereits die hiesigen Sozialhilfeempfänger würden den Lohn drücken, wenn sie arbeiten müssten. Und es stimmt auch nicht, dass wir Einwanderung nur wegen des Sozialstaats hätten. Für einen Afrikaner, der von einem Euro am Tag leben muss, kann es sehr wohl attraktiv sein, in Europa für einen Euro pro Stunde zu arbeiten. Diese Menschen würden auch ohne Sozialstaat kommen, wenn man sie nicht gewaltsam fernhalten würde. Mitsamt ihren Lebensgewohnheiten, die normalerweise nicht den Vorstellungen eines Mitteleuropäers entsprechen werden.

Wenn Janichs Vorstellungen verwirklicht würden, wäre der geringste zu erwartende Effekt, dass augenblicklich unsere Zivilisation zusammenbräche. Dass er das nicht sieht, liegt einzig und allein an seiner beinahe schon bewundernswert bornierten Ignorierung externer Effekte privaten Handelns und ihrer Bedeutung für die Aufrechterhaltung einer Marktwirtschaft. Es liegt letzten Endes daran, dass ihm das Konzept der Transzendenz fremd ist (siehe auch diesen Aufsatz von Lawrence Auster) – bei Radikalliberalen übrigens ein ziemlich häufig anzutreffender, pardon, geistiger Defekt.

Aufgrund dieser Unfähigkeit, die eigenen ideologischen Prämissen zu hinterfragen, projiziert er seine eigene Vorstellung von „Kommunismus“, die, grob gesagt, jede auf Staatseingriffen beruhende Politik umfasst, umstandslos auf Vertreter ganz verschiedener Ideologien und kommt deshalb zu dem Ergebnis, die Nazis, die eigentlichen Kommunisten und die westlichen Globalisten wollten dasselbe, nämlich einen weltweiten „Kommunismus“. Demgemäß sei die kommunistische Unterwanderung des Westens Teil einer Langfriststrategie, die Lenin schon in den zwanziger Jahren ausgeheckt habe, und die die Kommunisten unter Mitwirkung ihrer „kommunistischen“ Freunde, nämlich der amerikanischen Superreichen, auch umsetzten.

Was Janich übersieht, ist, dass Kommunisten keine Radikalliberalen sind, die bloß zufällig auf der anderen Seite der Barrikade stehen, sondern Marxisten, die von einem völlig anderen Ansatz ausgehen. Für Marxisten bedeutet Sozialismus Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln, letztlich Abschaffung des Reichtums überhaupt. Eine „kommunistische“ Politik, die auf etwas anderes abzielt, ist keine. Und deshalb gibt es auch keine von Lenin initiierte Langfriststrategie, die mit den Interessen des amerikanischen Geldadels konform geht.

Was durchaus möglich und sogar wahrscheinlich ist, ist, dass die Auflösung der Sowjetunion vom KGB inszeniert wurde, ganz wie Janich behauptet. Das KGB war die einzige Institution, die jederzeit über die wirkliche Lage des Landes und darüber hinaus über die tatsächlichen Machtstrukturen im Westen Bescheid wusste. Als das KGB erkannte, dass der Sozialismus den Systemwettlauf verlieren würde – was lag da näher, als die sozialistischen Strukturen aufzulösen, die Wirtschaft zu privatisieren, sich selbst daran zu bereichern und obendrein dafür zu sorgen, dass die „privatisierte“ Wirtschaft zwar im Profitinteresse ihrer Eigentümer, zugleich aber im Machtinteresse des Staates bzw. des KGB arbeitete? Mit Kommunismus im marxistischen Sinne hat dies nichts mehr zu tun, aber es sichert den KGB-Eliten ihren Platz als global player. Ob sie sich wirklich, wie Janich unterstellt, mit den westlichen Funktionseliten zu einem Korps zusammengeschlossen haben in dem Sinne, wie die deutschen Eliten es getan haben, mag man trotzdem bezweifeln. Dafür, dass Russland seine Souveränität zugunsten einer Weltregierung oder einer Neuen Weltordnung aufgeben könnte, sprechen sehr wenige empirische Anzeichen. Dass die Russen ihren westlichen Partnern von Zeit zu Zeit etwas in dieser Art vorspiegeln, heißt nicht, dass sie es wirklich wollen.

Dadurch, dass Janich sich krampfhaft auf den „Kommunismus“ als Feindbild versteift, rückt er seine an sich durchaus richtigen globalismuskritischen Beobachtungen in einen Zusammenhang, in den sie nicht gehören. So sieht er zutreffend, dass die Forderung nach globaler Finanzmarktregulierung die nach einer globalen Finanzregierung impliziert, verwechselt aber Mittel und Zweck: Es geht darum, den Nationalstaaten Kompetenzen zu entziehen, aber gerade nicht darum, die Banken ernsthaft an die Kandare politischer Regelungen zu legen. Die „Regulierung“ dient dazu, den Machttransfer zu legitimieren, nicht aber dazu, den Finanzeliten Fesseln anzulegen; das wäre ja ganz widersinnig, warum sollten diese Eliten das denn wollen? (Janich würde freilich antworten: weil sie Kommunisten sind.) Vergleichbares gilt für das angestrebte globale Umweltmanagement, mit dem unter anderem angeblich die private Nutzung von Grund und Boden eingeschränkt werden soll. Sollen wir also glauben, ein Herr Rockefeller, um bei ihm zu bleiben, werde sich von einer Weltregierung verbieten lassen, seinen eigenen Boden nach Gutdünken zu nutzen? Selbstredend nicht: Auch hier geht es um die Globalisierung, d.h. Entnationalisierung von staatlichen Kompetenzen. Hierfür muss die Notwendigkeit solcher globalen Interventionskompetenzen glaubhaft gemacht werden; dies bedeutet keineswegs, dass sie langfristig tatsächlich zur Beschränkung der freien Verfügung über Eigentum genutzt werden. Weiter: Der europäische Sozialstaat wird nicht deshalb aufrechterhalten, weil die Globalisten ihm noch ein langes Leben prognostizieren oder gar wünschen würden, sondern weil er den Immigrationssog verstärkt, unter dem er am Ende zusammenbrechen wird.

Janich weist auf die quasi-hegelianische Dialektik hin, die von den Globalisten angewandt wird: Sie denken von der Synthese her. Wenn ich will, dass die Menschen der Einschränkung ihrer Bürgerrechte zustimmen, müssen sie Angst haben; damit sie Angst haben, muss ich einen Terroranschlag oder Ähnliches inszenieren. These: Terror. Antithese: Angst. Synthese: Diktatur.

Der Gedanke ist originell und im Prinzip auch richtig, reicht aber tiefer. Um Marx zu persiflieren, besteht die Dialektik der globalistischen Strategie darin, die Ökosteuerung, die Finanzmarktregulierung oder auch den Sozialstaat als Entwicklungsformen der Globaldiktatur zu verwenden, sie aber aufzuheben, sobald sie in Fesseln derselben umzuschlagen drohen.

Die politische Linke ist alles andere als der steuernde Geist, der diesen Prozess im Namen des Weltkommunismus vorantreibt. Sie wird mit ihrer Regulierungswut vor den Karren einer Strategie gespannt, an deren Ende ein System stehen wird, in dem alle – oder zumindest die demokratisch legitimierten – Interventionsmöglichkeiten vernichtet sein werden.

Es ist nicht möglich, diese Strategie angemessen zu verstehen, wenn man sie unter der Voraussetzung analysiert, sie sei „kommunistisch“. Man kommt viel weiter mit dem Begriff des Totalitären:

Angenommen, wir hätten es mit einer Klasse von Superreichen zu tun, die sich, ergänzt um ihre Ideologen und Funktionäre (den „Neuen Adel“), bis zum Sanktnimmerleinstag an der Macht halten wollte, und dies im Weltmaßstab. In den Worten George Orwells:

Aber alle [Totalitarismen] zielten darauf ab, dem Fortschritt Einhalt zu gebieten und die Geschichte in einem entsprechenden Augenblick für immer zum Stillstand zu bringen … Diesmal würden die Oberen durch eine bewußte Strategie imstand sein, ihre Stellung für immer zu behaupten.

(George Orwell, 1984, Taschenbuchausgabe Ullstein Verlag, Ffm 1976, S.187)

Wie müsste diese Klasse es anstellen? Nun, sie müsste Rebellion und Revolution buchstäblich unmöglich machen. Wer kann denn rebellieren? Bauernaufstände geschahen im Namen eines Standes, die Reformation und der Dschihad im Namen eines Glaubens, die Französische Revolution im Namen von la nation, die Pariser Kommune war der Aufstand einer Klasse. Kurz und gut, es muss ein gefühltes Kollektiv vorhanden sein, eines, das Solidarität gegen die Herrschenden stiftet.

Wichtiger noch: Rebellion ist nur dann und nur so weit gefährlich, wie die Rebellen für ihre Sache zu sterben bereit sind. Wofür sind Menschen bereit zu sterben?

Erstens für die eigenen Kinder,

zweitens für das eigene Volk,

drittens für den eigenen Glauben.

Was muss also zerstören, wer als Weltherrscher Rebellion ein für allemal unmöglich machen will? Nun, erstens die Familie, zweitens die Völker, drittens die Religion.

Um es auf einen Nenner zu bringen: Man muss das Bewusstsein der Transzendenz auslöschen. Wer weder in seinen Kindern fortleben will, noch sich als Teil seines Volkes sieht, noch eine Verantwortung vor Gott kennt, ist der ideale Untertan. Janich kann das alles nicht sehen, weil Transzendenz in seiner Ideologie nicht vorkommt.

Deshalb wird eine Ideologie propagiert, wonach es ohnehin zu viele Menschen gebe, deshalb wird die Familie als gesellschaftliches Leitbild demontiert, deshalb ein „Weltethos“ gepredigt als Vorstufe zur Abschaffung von Religion, und deshalb die westlichen Völker langsam aber sicher in die multikulturelle Selbstauflösung getrieben.

Nun wissen wir auch, warum die Politik der Bevölkerungskontrolle am nachhaltigsten und mit dem durchschlagendsten Erfolg im Westen betrieben wird, und nicht etwa in der Dritten Welt. Warum sie also gerade nicht gegen die unteren Segmente der Menschheitspyramide eingesetzt wird, sondern gegen die mittleren. Es geht darum, durch Bevölkerungsschwund einen Immigrationssog zu erzeugen, der diese Völker als Solidargemeinschaften auslöscht. Gewiss wird es auch in hundert Jahren noch Deutsche geben, aber kein deutsches Volk mehr. Entsprechendes gilt für die anderen Völker Europas. Gerade diese Völker sind nämlich kraft ihrer Fähigkeiten und kraft ihrer nationalstaatlichen Machtmittel die einzigen wirklich gefährlichen Opponenten der globalen Ordnung, wie gerade Deutschland zur Genüge bewiesen hat. Sie müssen daher als erste ausgeschaltet werden: Germany first – wie Roosevelt nach Pearl Harbour sagte.

Wer buchstäblich ewig herrschen will, darf aber nicht nur die alten Solidargemeinschaften zerschlagen, er muss auch die Bildung neuer verhindern. Es ist ja keineswegs auszuschließen, dass die systematisch miteinander vermischten Völker sich zu neuen Einheiten formen, so wie sich die Angesachsen und Normannen als englisches Volk rekonstituiert haben. Man muss die Menschen also auf Trab halten. Es genügt nicht, Bevölkerungen einmal zu durchmischen, man muss immer wieder umrühren; man muss Mobilität fordern und durchsetzen. Man muss Chaos organisieren.

Spätestens hier zeigt sich, warum Janichs Prämisse des „Kommunismus“ so absurd falsch ist: Jede starre Struktur, und wäre sie noch so repressiv, schafft Ansatzpunkte für Solidarisierung, und zwar dadurch, dass Menschen einander als Schicksalsgenossen wahrnehmen. Dies wäre bei einer „kommunistischen“, etwa planwirtschaftlichen Ordnung der Fall. In einem Gefängnis kommt es eher zum Aufstand als in einem Slum. Wer auf ewig herrschen will, darf die Gesellschaft gerade nicht verfestigen, er muss sie verflüssigen; nicht kollektivieren, sondern atomisieren.

Ein Herrscher, der Kollektive schafft, setzt sich selbst dem Zwang aus, sie ständig zu beaufsichtigen, um Solidarisierungseffekte zu verhindern. Daher der ungeheure Aufwand an Geheimpolizei in kollektivistischen Systemen. Diesen Aufwand und den damit verbundenen Zwang, d.h. die damit verbundene Einschränkung seiner Macht, kann der Herrscher vermeiden, indem er die Gesellschaft sozusagen nicht einfriert, sondern kocht. Es liegt auf der Hand, dass dergleichen nur auf der Basis eines pulsierenden Kapitalismus möglich ist (wenn auch nicht des Janichschen Idealkapitalismus), in dem Jeder auf sich, und nur auf sich selbst gestellt ist, gleichzeitig aber die drohende Proletarisierung vor Augen hat. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der Import von Drittweltslums nach Europa aus der Sicht der Herrschenden funktional.

Das Einzige, was dann noch gefährlich werden könnte, wäre, dass die globale Mittelklasse sich aus Unzufriedenheit zu einer globalen Opposition zusammenschließt. Wie man dies verhindert, ist wiederum bei Orwell nachzulesen:

Die Betrachtungen, die zu einer skeptischen und auflehnenden Haltung führen könnten, werden im voraus durch seine schon früh erworbene innere Schulung abgetötet. Die erste und einfachste Schulung, die sogar kleinen Kindern beigebracht werden kann, heißt in der Neusprache Verbrechenstop. Verbrechenstop bedeutet die Fähigkeit, gleichsam instinktiv auf der Schwelle jedes gefährlichen Gedankens haltzumachen. Es schließt die Gabe ein, ähnliche Umschreibungen nicht zu verstehen, außerstande zu sein, logische Irrtümer zu erkennen, die einfachsten Argumente mißzuverstehen, wenn sie engsozfeindlich sind, und von jedem Gedankengang gelangweilt oder abgestoßen zu werden, der in eine ketzerische Richtung führen könnte. Verbrechenstop bedeutet, kurz gesagt, schützende Dummheit.

(ebd., S.195)

Das kommt uns bekannt vor, nicht wahr?

Da globale Vernetzung außerdem nur über das Internet möglich ist, wird dessen Kontrolle durch eine globale Behörde das nächste Projekt der Globalisierer sein. Selbstverständlich nur, um Kinderpornographie wirksamer bekämpfen zu können…

Die Umrisse einer durchaus nicht kommunistischen, wohl aber totalitären und, einmal errichtet, nicht mehr zu beseitigenden globalen Diktatur zeichnen sich deutlich ab. Alle zu ihrer Verwirklichung erforderlichen Strategien laufen bereits, zum Teil schon seit vielen Jahrzehnten.

Wenn ich Optimist wäre, würde ich sagen: Es ist eine Minute vor Zwölf.

Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik

Chaim Noll schreibt auf der Achse des Guten über den Neuen Antisemitismus unter anderem dies:

„Im Grunde sind dies die beiden wichtigsten judenfeindlichen Stereotype der europäischen Linken bis heute. Erstens: Judentum als tragende Komponente einer sozial ungerechten kapitalistischen Ordnung – analog der Staat Israel als „Vorposten“ eines westlichen Imperialismus gegen seine zu Opfern stilisierten islamischen Nachbarn. Zweitens: Judentum als reaktionäres, den Forschritt hemmendes Potential, vor allem wegen seiner traditionalistisch-historischen, gesetzesbetonten Orientierung. Die geballte Aversion linker Judengegner gilt daher religiösen Juden, etwa den Siedlern in der Westbank. Sie sind für viele europäische Linke die Schuldigen am Nicht-Zustandekommen eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten, wenn nicht gar des Weltfriedens. Mehr noch: ein Symbol des Reaktionären, Fortschritt und Frieden Hemmenden schlechthin. Religiöse Juden verkörpern am sichtbarsten eine im jüdischen Volk gewachsene Neigung zu spiritueller Introvertiertheit und historisch motiviertem Nationalismus – gleichfalls mit linker Weltsicht unvereinbare Positionen.“

Den ganzen Artikel lesen: Die Achse des Guten: Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik.

Martin Lichtmesz: Biedermänner und Brandstifter (Rückblick auf Dresden)

Die Berichterstattung der Mainstream-Medien über die Demoblockade von Dresden geriet wie erwartet zum diffusen Feelgood-Geschunkel, gepflastert mit dem üblichen abgedroschenen Vokabular, das auf Reflexe und Emotionen, nicht aber auf Erhellung der Situation abzielt.

(…) Während die Medien ständig von „Dresden“ sprachen, das vereint den JLO-Marsch verhindert hätte, sah die konkrete Arbeitsteilung anders aus: Während sich in der Altstadt die Bürgerlichen, die sauber bleiben wollenden Politiker und die eher weich-gutmenschlich Motivierten risikolos an den Händchen hielten und im „Lichterkette“-Rausch schwelgten, erledigte die radikale bis militante Linke in der verbarrikadierten Neustadt die Drecksarbeit. Sie, und nicht etwa die Händchenhalter mit den weißen Blümchen und den demonstrativ weißen Westen („gewaltlos und bunt“), schafften es, den Staat durch eine latente Eskalationsandrohung in ihrem Sinne zu erpressen.

Martin Lichtmesz

Und es lohnt sich, den ganzen brillanten Artikel zu lesen.

Vermummte greifen Hamburger Polizeiwache an

Vermummte greifen Hamburger Polizeiwache an

„Hamburg (dpa) – Etwa zehn Vermummte haben in der Nacht eine Polizeiwache im Hamburger Schanzenviertel angegriffen. Sie warfen mehrere Fensterscheiben ein und zündeten einen Streifenwagen an. Das Fahrzeug brannte nach Angaben eines Polizeisprechers komplett aus; … „

Was für ein Staat ist das eigentlich, der es fertigbringt, in solchen Leuten etwas anderes als seine Feinde zu sehen?

Deutschfeindlichkeit…

… gibt es natürlich nicht und hat es nie gegeben. Nur Leute, die „die Stadt ’schlandfrei bekommen“ wollen:

151903

Dabei ist dieser Mob ja nur das vulgäre Fußvolk. Vornehmer sind natürlich die Dhimmiweiber in den Medien, die es in Ermangelung journalistischen Talents und intellektueller Klasse offenbar gar nicht erwarten können, in eine Burka gesteckt zu werden; die uns deshalb belehren, wie „cool“ Moslems sind (eine gewisse Eva Pfister in der Westdeutschen Zeitung); dass außerdem „die intellektuelle Zukunft des Landes den Migranten gehört“ (eine gewisse Andrea Dernbach im Tagesspiegel); und dass dem deutschen Volk ein begrüßenswerter „Elitenaustausch“ bevorsteht (was unter anderem darauf hinausläuft, dass es aufhören wird, zu existieren).

Ist das der Geburtstagsgruß für die Bundesrepublik? So bekommt wohl jeder Staat die Glückwünsche, die er verdient.

Wenn man liest, was solche Frauen schreiben, ist einem jedenfalls klar, wie in gewissen Kreisen die Wortverbindung „deutsche Schlampen“ zustandekommen konnte.

Versöhnung auf polnisch

Kaum ein Wort ist im Zusammenhang mit dem Rückzug von Erika Steinbach so häufig verwendet worden wie „Versöhnung“. Was man in Polen darunter versteht, darüber sind wir nun ausgiebig belehrt:

Versöhnung ist,

wenn die Interessen der Vertriebenen nicht vertreten werden dürfen, weil ein fremder Staat das nicht will;

wenn eine allseits respektierte Politikerin als Revanchistin und Faschistin verleumdet wird;

wenn sie deswegen genötigt wird, auf ihr gutes Recht zu verzichten;

wenn Warschau über innerdeutsche Angelegenheiten entscheidet; 

wenn Jaroslaw Kaczynski aus all dem den Schluss zieht, es lohne sich, gegenüber Deutschland Härte zu zeigen,

und wenn sozialdemokratische, grüne und sonstige Landesverräter das alles gut finden.

Wenn das die Versöhnung ist, was müssen wir uns dann unter Feindschaft vorstellen?

Morddrohungen

Der Staatsanwalt, der den  Hamburger „Ehrenmörder“ angeklagt und erfolgreich auf „Mord“ und „lebenslang“ plädiert hatte, bekommt jetzt Morddrohungen und steht unter Polizeischutz.

Es gilt als wahrscheinlich, dass die Drohungen von Familienangehörigen des Mörders ausgehen. Von Menschen, denen unsere Nation Schutz gewährt hat. Von Menschen, die sogar die deutsche Staatsangehörigkeit haben und deshalb nicht ausgewiesen werden können.

Der loyale Diener eines demokratischen Rechtsstaates muss um sein Leben fürchten, weil eben dieser Staat seinen Pass Jedem in die Tasche steckt, der bei „drei“ nicht auf dem Baum ist.

Babylon II – Semantische Lügen

„Nationalsozialistische Gewaltherrschaft“: Stammt aus dem kanonischen Vokabular der deutschen Gedenkkultur, wird aber auch von Journalisten immer gerne genommen. Eine semantische Lüge ist es nicht deshalb, weil es die Nazis als gewalttätig beschreibt; natürlich haben die Nazis Gewalt in einem bis dahin in Europa unvorstellbaren Ausmaß angewendet. Die Lüge aber besteht darin, dass der Begriff der „Gewaltherrschaft“ suggeriert, ihre Herrschaft habe im Wesentlichen auf Gewaltanwendung beruht; so kann man sich daran vorbeimogeln, dass Hitler durch Wahlen an die Macht gekommen ist und Neuwahlen, wenn er sie denn zugelassen hätte, noch bis ins Jahr 1945 hinein spielend gewonnen hätte. Die Rede von der „nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ ist die Ausrede einer Gesellschaft, die bis heute nicht wahrhaben will, dass sie selbst den Nationalsozialismus hervorgebracht und Hitler vorbehaltlos unterstützt hat.

„Unrechtsstaat“ (Unrechtssystem, Unrechtsregime) DDR: Sagt nicht einfach aus, dass die DDR kein Rechtsstaat war – das war sie ja in der Tat nicht -, sondern, dass sie von vornherein auf Unrecht basiert und auf die Verwirklichung von Unrecht abgezielt habe. Nun wird das Begriffspaar Recht/Unrecht in zwei Kontexten verwendet: Einmal in einem positivistischen Sinne („Recht ist, was Gesetz ist“) im Hinblick auf die Frage der Legalität. In diesem Kontext von einem „Unrechtsstaat“ zu sprechen, ist blanker Unsinn. Mit der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 war die Souveränität über Deutschland auf die Siegermächte übergegangen, und die übten sie in ihrer jeweiligen Besatzungszone aus. Die Gründung der DDR wie auch ihre innere Struktur als kommunistische Diktatur entsprach dem Willen der Besatzungsmacht und war damit legal. Von „Unrecht“ im Sinne von „Illegalität“ kann daher nur dort gesprochen werden, wo die DDR ihr eigenes Recht verletzte. Der zweite Bezugsrahmen im Gegensatz zur Legalität ist die politisch-moralische Frage nach der Legitimität. Die DDR war ein Staat, dessen bloße Existenz von seiner Bevölkerung abgelehnt wurde, erst recht seine diktatorische Ordnung; vom demokratischen Standpunkt der Volkssouveränität war er damit ein Unrechtsstaat. Schon wahr. Nur ist das Volk, von dessen Souveränität hier die Rede ist, das deutsche Volk. Zum Zeitpunkt der Gründung der DDR war es gerade vier Jahre her, dass das deutsche Volk von seiner Souveränität so verheerenden Gebrauch gemacht hatte, dass ganz Europa in Schutt und Asche lag. War es vor diesem Hintergrund wirklich „Unrecht“, Deutschland zu teilen? Außerhalb Deutschlands sah man das jedenfalls nicht so (sah es selbst 1989 nicht so), und mit dem Kalten Krieg wurde die Aufrechterhaltung dieser Teilung sogar die Voraussetzung für die Stabilität Europas. Und die Voraussetzung für die Teilung war der Fortbestand der Diktatur in der DDR. Kann man da wirklich ohne Einschränkung von einem „Unrecht“ sprechen, zumal wenn man berücksichtigt, dass Instabilität in Europa möglicherweise in einen Atomkrieg geführt hätte? Ja, das kann man, wenn man sich auf den Standpunkt stellt: „Demokratie – um jeden Preis“! Nur sollte man dann nicht beanspruchen, nüchtern und objektiv zu urteilen.

„Irakische Aufständische“: Wer gegen den irakischen Staat und die ihn kontrollierende Besatzungsmacht kämpft, ist im technischen Sinne ein „Aufständischer“. So weit, so gut. Der Ausdruck wird aber auch in Bezug auf Terroristen verwendet, die sich auf Marktplätzen in die Luft jagen. Gegen wen stehen denn die auf? Gegen Marktfrauen und Schuhputzer?

Rechts: Demagogischer Kampfbegriff der Linken, bei dem auf den Zusatz „-radikal“ oder „-extremistisch“ bewusst verzichtet wird, um den Unterschied zwischen Konservativen und Faschisten unter den Tisch fallen zu lassen. Dürfte dafür verantwortlich sein, dass sich nur noch 11 % der deutschen Bevölkerung als „rechts“ bezeichnen; das sind sogar weniger, als nach sozialwissenschaftlichen Analysen rechtsextrem eingestellt sind. Die Mehrheit ordnet sich der „Mitte“ zu, als wenn das irgendetwas aussagen würde. Dass es eine demokratische Rechte geben könnte, scheint niemandem mehr in den Sinn zu kommen. Wieder ein Begriff, der analytisch nicht mehr brauchbar ist, weil er zum politischen Kampfbegriff gemacht wurde. Siehe auch „What’s Left II“.

„Internationale Gemeinschaft“: Sinnentstellende Scheinübersetzung von „international community„, was soviel bedeutet wie „Gesamtheit“ (der Staaten), (internationale) „Allgemeinheit“. Das deutsche Wort „Gemeinschaft“ bezeichnet aber eine Gruppe, deren Mitglieder einander zu einem hohen Maß an Solidarität verpflichtet sind: vom Rechtsbegriff der „Versichertengemeinschaft“ über „verschworene Gemeinschaft“, „Gemeinschaft der Gläubigen“ bis hin zur „Volksgemeinschaft“. Besonders akzentuiert wird der Begriff in der deutschen Geistesgeschichte durch die Gegenüberstellung von „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“, wobei der Begriff der „Gemeinschaft“ einen romantischen Beiklang hat: Der „Gemeinschaft“ zu dienen gilt traditionell als erhabener und edler als bloß in der „Gesellschaft“ seine schnöden Interessen zu verfolgen. Eine „Internationale Gemeinschaft“ in diesem Sinne existiert nicht, der Begriff ist durch und durch verlogen, passt aber natürlich hervorragend zu einer deutschen Außenpolitik, die sich grundsätzlich hinter dieser „Gemeinschaft“ versteckt, und enthält ein unausgesprochenes „Pfui“ gegenüber allen Staaten, die das nicht tun.

„Kriegsgefangenenlager“ Guantanamo: Guantanamo ist ein Gefangenenlager, aber seine Insassen, und daran entzündet sich die Kritik, sind gerade keine Kriegsgefangenen, jedenfalls nicht im rechtlichen Sinne. Rechtlich sind sie „feindliche Kämpfer“ – eine völlig willkürliche Konstruktion, die einzig und allein darauf abzielt, sie rechtlos zu stellen. Was die Verteidiger des amerikanischen Vorgehens aber nicht daran hindert, scheinheilig zu fragen, warum man denn – vor Ende der Kampfhandlungen – die Auflösung dieses „Kriegsgefangenenlagers“ fordere…

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