Aus meinem politischen Wörterbuch: „Stammtisch“

Für Linksintellektuelle ist „der Stammtisch“ bekanntlich die Vorhölle zum Rechtsextremismus. Was „der Stammtisch“ sagt, muss geradezu falsch und sogar böse sein. „Der Stammtisch“ ist das Monstrum, vor dem man Ausländer, Frauen, Moslems, Neger – pardon: Schwarze, Sozialhilfeempfgänger und Homosexuelle als Engel mit dem Flammenschwert verteidigen muss.

Wie aber kommt es, dass der Stammtisch, an sich doch eine harmlose Einrichtung der Alltagskultur, in einen so schlechten Ruf geraten konnte? Wer sitzt denn normalerweise am Stammtisch?

An Stammtischen treffen sich Menschen mit Lebenserfahrung und gesundem Menschenverstand, die schon etwas geleistet haben, die Verantwortung tragen, und die sich deswegen keine Traumtänzerei leisten können, wohl aber die Traumtänzereien der Linken ohne weiteres durchschauen. Erwachsene eben, die für die unaufhörliche Pubertät von Papsthassern, Genderschnepfen, dümmlichen TV-Moderatorinnen, grenzdebilen Autonomen, friedensbewegten Kretins, impotenten Sitzpinklern, hysterischen Sozialpädagoginnen, Kulturschicksen, Pazis, Wissenschaftssimulanten, schwadronierenden journalistischen Hohlköpfen, palituchbewehrten Terroristenverstehern, feministischen Schreckschrauben und sonstigen linken Geisterbahnfiguren nichts als die verdiente Verachtung übrig haben.

Genau dafür, und für nichts anderes, wird der Stammtisch gehasst!

„Demokratischer Sozialismus“

In der Diskussion über „Kurt Beck und die Schmuddelkinder“ habe ich gegenüber Emett Grogan die Auffassung vertreten, die Linkspartei sei keinen Deut schlimmer als die SPD selbst, weil ihre Ideologie auch von bedeutenden Teilen der SPD vertreten werde.

Als wollte sie meine Einschätzung illustrieren, hat die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel (zweifellos die zarteste Versuchung, seit es den Sozialismus gibt)

Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel fordert utopischen Sozialismus

dem „Tagesspiegel“ ein denkwürdiges Interview gegeben, das ich hier nur auszugsweise wiedergebe, das aber in Gänze zu lesen ich empfehle:

„Frau Drohsel, seit über 140 Jahren träumt die SPD vom „demokratischen Sozialismus“. Glauben Sie, dass dieser Idealzustand noch zu Ihren Lebzeiten eintritt?

Ob ich ihn wirklich erleben werde, ist nicht die Frage. Für uns Jusos und für die SPD hat der demokratische Sozialismus eine elementare Bedeutung. Er ist das, wofür wir kämpfen. Er ist unsere Vision.

Wodurch würde sich eine Gesellschaft des „demokratischen Sozialismus“ von der heutigen unterscheiden?

Dem SPD-Grundsatzprogramm zufolge leben die Menschen im demokratischen Sozialismus in Freiheit, Gleichheit und Solidarität zusammen.

Und weiter? Für uns Jusos ist im demokratischen Sozialismus das kapitalistische System nicht mehr das vorherrschende.

Die Marktwirtschaft in ihrer jetzigen Form würde abgeschafft?

Grundsätzlich würde das natürlich schon bedeuten, dass man das Marktprinzip als gesellschaftsstrukturierendes Element aufhebt.

Und dann?

Es wäre dann so, dass auch die Wirtschaft nach demokratischen Prinzipien geführt würde, also aufgrund von Mehrheitsentscheidungen. Das heißt ja nicht, dass es keine Konkurrenz um die besten Ideen geben kann.

Sie meinen das ganz ernst, oder?

Natürlich. Wir brauchen eine andere Ordnung. Und ich glaube, dass Gesellschaft anders organisiert werden kann. Dieses System ist von Menschen gemacht und kann auch von Menschen wieder geändert werden. Es ist nicht zwangsläufig so, dass man im Kapitalismus lebt. Dieser Kapitalismus produziert massive Ungerechtigkeit, er schafft Armut und Verelendung in Deutschland und weltweit. Deshalb brauchen wir eine Alternative.

Von der Sie aber nicht so genau sagen können, wie sie aussieht und welchen Preis die Menschen dafür zahlen müssten.

Das Schöne am demokratischen Sozialismus ist doch, dass er kein fester Zustand ist, den irgendeine Organisation definiert, sondern ein Prozess, an dem alle beteiligt sind, eine Vision, für die man kämpfen kann.“

Wir brauchen also eine Alternative zum Kapitalismus, nämlich den Sozialismus, und den haben wir uns als eine Art Wirtschaftsdemokratie vorzustellen.

Ich bekenne freimütig, dass es Zeiten gegeben hat, wo ich auch solches Zeug dahergeredet habe. Aber da war ich siebzehn! Nicht siebenundzwanzig! (Und ich war auch nicht Vorsitzender einer Organisation mit mehreren zehntausend Mitgliedern.) Vielleicht ist es mehr als nur eine Äußerlichkeit, dass Franziska Drohsel mindestens zehn Jahre jünger aussieht, als sie ist.

Mit siebenundzwanzig verstand ich mich zwar auch noch als links, hatte mich aber längst von allen utopischen Sozialismusentwürfen verabschiedet. Ich kam nämlich nicht umhin, aus dem Zusammenbruch des realen Sozialismus die theoretische Konsequenz zu ziehen, dass es so etwas wie einen demokratischen Sozialismus nicht geben kann. Dass eine demokratische Gesellschaft von sich aus nicht den Sozialismus einführt, sollte als empirisch erwiesen gelten. Eine sozialistische Gesellschaft aber, die sich demokratisiert, das wissen wir seit 1989, hört in dem Moment, wo sie das tut, auf, sozialistisch zu sein. Und das kann auch nicht anders sein, weil eine demokratisch verfasste Gesellschaft niemals auf die Schnapsidee verfallen kann, sich einem System zu unterwerfen , in dem man zehn Jahre auf seinen Trabi warten muss. (Dass ich nicht schon vor 1989 auf diesen Gedanken gekommen bin, ist mir hochgradig peinlich, aber ich will meinen Lesern gegenüber ja ehrlich sein.)

Sozialismus, verstanden als „Wirtschaftsdemokratie“, heißt ja nicht etwa „Konsumentendemokratie“ – eine solche gibt es bereits, wenn auch mit nach Kaufkraft gestaffeltem Wahlrecht; man nennt so etwas auch „Marktwirtschaft“. Sondern sie bedeutet, dass man die Gebote von Effizienz und Rentabilität durch die einer wie auch immer gearteten „Demokratie“ der Produzenten ersetzt. Selbst wenn diese „Demokratie“ nicht zur Diktatur einer Planbehörde entarten würde – was sie zwangsläufig müsste, um überhaupt irgendwie zu funktionieren -, wären wir spätestens dann an dem Punkt, wo wir die Trabi-Warteliste einführen müssten.

Wirklich erschütternd ist die Ignoranz, mit der die Linke so tut, als befänden wir uns immer noch im Jahre 1975; als hätte es also den Sozialismus und seinen Zusammenbruch nie gegeben, und als könnte eine Juso-Vorsitzende im Jahre 2008 immer noch mit derselben Naivität zu Werke gehen wie ein Schüler-Revoluzzer der siebziger oder achtziger Jahre. Noch erschütternder ist, dass Drohsel nicht etwa vom allgemeinen Hohngelächter aus der Politik gespült, sondern ernstgenommen wird. Und da sie demokratisch gewählt ist, müssen wir annehmen, dass sie die Mehrheitsmeinung der Jungsozialisten, also der übernächsten Führungsriege der SPD wiedergibt.

Ich werde meine Zeit nicht darauf verschwenden, noch einmal einen Sozialismus zu zerpflücken, der historisch so widerlegt ist wie er es theoretisch immer war. Ich möchte nur auf die Denkweise aufmerksam machen, die hinter solchen Vortellungen steht:

Diesem Denken liegt keine auch nur halbwegs plausible Gesellschaftsanalyse zugrunde, auch keine kritische und erst recht keine marxistische. Hier werden einfach verschwommene Gerechtigkeitsideale in Utopien übersetzt, die Wirklichkeit an diesen Utopien gemessen, und wenn die Wirklichkeit mit ihnen nicht übereinstimmt: Umso schlimmer für die Wirklichkeit. Wir haben es mit einer holzschnittartigen, rigiden und apodiktischen Denkweise zu tun, die man normalerweise nur bei pubertierenden Jugendlichen antrifft. Zugleich mit einer für Teenager verzeihlichen asozialen Verantwortungslosigkeit, mit der man den Rest der Menschheit als eine Population von Versuchskaninchen auffasst, an denen man die eigenen Ideen testet.

Und nicht vergessen: Das sind keine autonomen Kreuzberger Kneipenbesatzungen, die nachts um drei die Weltrevolution planen. Das sind Leute, die in absehbarer Zeit unser Land regieren wollen.