Netz gegen Meinungsfreiheit

Ein gewisser Markus Ströhlein – ein Name, den man sich schon deshalb merken sollte, weil sein Träger durchaus einmal Minister werden könnte; als verdienter politischer Denunziant im Krampf gegen Rechts wie als Autor eines linksradikalen antideutschen Blattes erfüllt er jedenfalls alle in diesem Staat geforderten Karrierevoraussetzungen -, dieser Markus Ströhlein also hat zunächst in besagtem Blatt einen Schmähartikel gegen die deutschnationale Musikerin DeeEx veröffentlicht, in der er sie („Ihre Fans rekrutiert sie unter den Anhängern der DVU und den ‚Autonomen Nationalisten’“) in die rechtsextreme Ecke zu schieben versuchte.

Kein Wunder, dass das „Netz gegen Nazis“, gesponsert von der „Zeit“, einem ehemals liberalen Qualitätsblatt und heutigem Zentralorgan des Nadelstreifenstalinismus deutscher Meinungsmacher, diesen Artikel gerne aufgriff.

Erst recht kein Wunder in der BRD des Jahres 2010 ist die beflissene Eilfertigkeit, mit der Netzdienstanbieter wie Youtube und Facebook sich am Kalten Krieg gegen die Meinungsfreiheit beteiligen und auf eine bloße Denunziation hin – die stimmen muss, weil sie ja von den ach so seriösen Medien stammt, die hinter dem „Netz gegen Nazis stehen“ – das Benutzerkonto von DeeEx löschen.
Hoffen wir, dass sich in diesem Falle das Gesetz der unbeabsichtigten Rückwirkungen bewahrheitet, und dass DeeEx nicht nur in der Jungen Freiheit die Publicity bekommt, die sie verdient hat. Ich jedenfalls bin erst durch diesen Vorgang – den man nicht wirklich einen Skandal nennen kann, weil das, was in einem anständigen freiheitlichen Land skandalös wäre, in der heutigen BRD Alltag ist – auf DeeEx und ihre NoHoeArmy (NHA) aufmerksam geworden (was es mit Letzterer auf sich hat, könnt Ihr diesem Interview in der JF entnehmen). Ihr Musikblog und der NHA-Blog sind ab sofort prominent auf meiner Blogroll vertreten – und wie ich hoffe auch auf denen vieler anderer Blogger.

Sollte dies eintreten, hätte Herr Ströhlein der Künstlerin doch noch zu einem größeren Publikum für ihre Musik und ihre Ideen verholfen. So macht sich eben Jeder auf seine Art ums Vaterland verdient.

Das LGF-Syndrom

Man sollte sich ja daran gewöhnt haben, dass die Reihen der Islamkritiker ungefähr so geschlossen sind wie das Hosentürchen von Bill Clinton, und an sich würde mich das auch nicht stören: Meinungsvielfalt ist ja nichts Schlechtes, wenn sie denn als legitim akzeptiert wird. Leider ist das oft genug nicht der Fall, und leider gibt es in der Szene allzu viele Leute, die glauben, sich selbst und ihren eigenen Anliegen eine möglicherweise fehlende gesellschaftliche Akzeptanz dadurch verschaffen zu müssen, dass sie sich von allem distanzieren, was als irgendwie „rechts“ gilt. Was ich davon halte, habe ich schon in einigen Artikeln (z.B. „Linker McCarthyismus„, „Liberale und solche, die sich bloß so nennen„, „An alle, die erwägen, die ‚Piraten‘ zu wählen„) dargelegt.

Es ist auffallend und wurde vor einigen Tagen hier schon diskutiert, dass etliche Medien, die lange Zeit als konservativ galten, ideologisch zu jener Sorte Liberalismus umschwenken, der mit Toleranz nichts schon deshalb nichts zu tun hat, weil er sich als Weltbeglückungsprojekt versteht.  Ich nenne dieses Phänomen „LGF-Syndrom“, weil der ehemals islamkritische amerikanische Blog „Little Green Footballs“ damit den Anfang gemacht hat. Das vollentwickelte LGF-Syndrom ist dann zu diagnostizieren, wenn der Betroffene den manischen Drang hat, konservative Islamkritiker als Rechtsradikale zu verleumden.

Nun hat sich auch der Schweizer Blog Winkelried.info in jene traurige Phalanx eingereiht, die aus linken und liberalen Hexenjägern einerseits, aus vor ihnen zitternden Hosenscheißern andererseits besteht, und sich anlässlich der Schweizer Minarettentscheidung unter dem Titel „Bizarre Kameraden“ jeden Beifall von rechts, speziell aber von „dem deutschen Blog PI, der grössten Anti-Islam-Hetzschleuder Europas“ verbeten. Bizarre Kameraden, in der Tat.

Offenbar haben die Betreiber die Kommentarfunktion nach wenigen Kommentaren gesperrt (warum wohl?), was ich allerdings erst bemerkte, als ich meinen bereits fertigen Kommentar einstellen wollte. Daher gibt es diesen Kommentar jetzt hier statt bei Winkelried:

Man wundert sich ja schon, dass ausgerechnet ein Blog wie Winkelried (der selber keine herumliegende Bananenschale unerwähnt lassen kann, sofern ein Immigrant sie weggeworfen hat), meint, PI als „größte Anti-Islam-Hetzschleuder“ denunzieren zu müssen. Legt man eure Definition zugrunde, so gibt es jedenfalls noch mehr solcher Schleudern in der deutschen Blogosphäre, nicht nur PI. Zum Beispiel meinen eigenen Blog, korrektheiten.com. Nehmt diesen Blog bitte von eurer Blogroll, damit ihr euch nicht mit mir kompromittiert – und ich mich nicht mit euch:

Ich lege nämlich größten Wert darauf, nur in Blogs empfohlen zu werden, die von intelligenten und anständigen Menschen betrieben werden, und ich habe nicht den Eindruck, dass Winkelried.info noch in diese Kategorie gehört: PI mit seiner unzweideutig demokratischen, menschenrechtsorientierten Agenda in die „undemokratische Ecke“ einzuordnen zeugt bestenfalls von einem Mangel an politischem Urteilsvermögen. Nun, das würde ich euch noch verzeihen.

Ich würde euch sogar verzeihen, dass ihr offenbar zu jener Sorte von Einfaltspinseln gehört, die glauben, es gebe einen „Islam per se“, der mit dem Verhalten seiner Anhänger nichts zu tun habe, und gegen den man deshalb „nichts hat“.

Nicht verzeihen kann ich euch aber, dass ihr euch – offenbar aus bleicher Furcht vor der poststalinistischen Denunziationsmaschinerie eines politisch korrekten Medienmainstreams – an der paranoiden Hexenjagd „gegen Rechts“ (einschließlich der ideologisch motivierten Umdeutung zentraler politischer Begriffe, wie etwa „Demokratie“ oder eben „Rechts“) beteiligt. Das ist Appeasement im verächtlichen Sinne des Wortes: Das Krokodil des linken McCarthyismus füttern in der Hoffnung, als Letzter gefressen zu werden.

Und noch etwas: Euer Autor nennt sich „David Frankfurter“. Ich gehe davon aus, dass er nicht wirklich so heißt, sondern sich bloß als Netzpseudonym den Namen des Attentäters ausgeliehen hat, der Anfang 1936 den Schweizer Naziführer Wilhelm Gustloff ermordete. Die Wahl eines solchen Pseudonyms bedeutet in der heutigen politischen Lage nicht mehr und nicht weniger als die programmatische Billigung von Selbstjustiz als Mittel der politischen Auseinandersetzung, speziell wenn es um den „Kampf gegen Rechts“ geht. Ihr entschuldigt schon, aber ich muss es ablehnen, mich von solchen Leuten über Demokratie belehren zu lassen.“

Doktor Schäubles Staatsneurosen

Wenn man wissen möchte, welche Ideologie der hierzulande betriebenen Einwanderungspolitik zugrundeliegt, dann ist es erhellend, die Selbstzeugnisse der Verantwortlichen unter die Lupe zu nehmen. Innenminister Schäuble hat sich jüngst gegenüber der „Welt am Sonntag“ ein Streitgespräch mit dem immigrationskritischen holländischen Soziologen Paul Scheffer geliefert, das eine ausgiebige Würdigung verdient. Ich konzentriere mich auf die (leicht gekürzten) Ausführungen von Herrn Schäuble, empfehle aber nicht zuletzt wegen der zutreffenden und lesenswerten kritischen Einwände von Prof. Scheffer die Lektüre des ganzen Gesprächs:

Welt am Sonntag: Herr Schäuble, seit den 50er-Jahren kamen in großem Umfang Arbeitsmigranten nach Deutschland. Ist diese Einwanderung eine Erfolgsgeschichte?

Wolfgang Schäuble: Überwiegend schon. Man muss sich vergegenwärtigen, wir haben die Leute angeworben. Deutschland ist zudem das Land Europas mit der höchsten Zuwanderungsrate seit dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen wegen der Vertriebenen aus dem Osten und aus den Teilen, in denen Deutsche früher gesiedelt haben. Und dann haben wir viele Flüchtlinge aus Konfliktgebieten aufgenommen, mehr als andere Länder, wofür uns das UN-Flüchtlingswerk lobt. Die Gastarbeiter haben wir angeworben. Ohne sie wäre die wirtschaftliche Entwicklung damals gar nicht gelungen. Die meisten sind gut integriert, aber es gibt ein nicht unerhebliches Defizit in der dritten Generation. Dessen Bekämpfung ist ein Schwerpunkt unserer Politik. Aber insgesamt ist es eine Erfolgsgeschichte.

Paul Scheffer: (…) Es gibt in vielen Ländern einen Konsens, dass die Einwanderung von Gastarbeitern eigentlich keine Erfolgsgeschichte war. Weder für die empfangende Gesellschaft noch für die Gastarbeiter selbst. (…) Auch die Migranten haben sich als Gastarbeiter und eben nicht als Migranten wahrgenommen.

Schäuble: Da muss ich Einspruch einlegen. Wir haben die Gastarbeiter angeworben …

Bereits in diesen kurzen beiden Statements hat Schäuble dreimal betont, „wir“ hätten die Gastarbeiter angeworben. Wir werden noch sehen, dass das vor allem deswegen so wichtig ist, weil damit „wir“ für die Konsequenzen verantwortlich sind.

Des weiteren behauptet er wahrheitswidrig (und wird von Scheffer prompt korrigiert), ohne Gastarbeiter wäre „die wirtschaftliche Entwicklung … nicht gelungen“. Ein wichtiger Baustein der Selbstbeschreibung und des Geschichtsbildes eines künftigen islamischen Deutschland: Unsere wirtschaftliche Entwicklung verdanken wir nicht etwa den technologischen und wissenschaftlichen Spitzenleistungen, die von Deutschen erbracht wurden, auch nicht der in Jahrhunderten gewachsenen Bildungstradition, auch nicht der hohen und bewusst gepflegten Qualifikation auch von Handwerkern, und schon gar nicht dem Schweiß, den die Industrialisierung Deutschlands ab dem 19. Jahrhundert und der Wiederaufbau nach 1945 gekostet haben. Wir verdanken sie den Gastarbeitern, die überdies so „gut integriert“ sind, dass man sich fragt, wieso sie es nicht schafften, diese Integration auch der „dritten Generation“ ans Herz zu legen, und wir es plötzlich mit „nicht unerheblichen Defiziten“ zu tun bekommen.

Die Sorge darüber wird freilich mehr als ausgeglichen dadurch, dass „das UN-Flüchtlingshilfswerk uns lobt“.

Was hat das eigentlich zu bedeuten, dass Schäuble, die erste Generation für „gut integriert“ hält? Das bedeutet, dass zur „Integration“ für ihn jedenfalls nicht gehört, ein positives Verhältnis zu Deutschland und den Deutschen zu haben und seine Kinder in diesem Sinne zu erziehen: Wäre die erste Generation in diesem Sinne gut integriert gewesen, die „Defizite“ der dritten wären kaum erklärbar.

Ich vermute, für Schäuble ist „gut integriert“, wer kein Extremist oder Terrorist wird. Integriert ist, wer der Regierung keinen Ärger macht. Der Ärger, den etliche Migranten, speziell Muslime den einheimischen Bürgern bereiten, interessiert die Regierung nicht, solange sie ihn nicht am Wahltag zu spüren bekommt.

(…)
Schäuble: (…) Wir wissen, dass es heute Probleme gibt, wir kennen die Defizite. Deshalb ist unsere Politik ganz klar: Wir werden erst die Defizite in der Integration beheben und danach gegebenenfalls den Arbeitsmarkt stärker öffnen.

Nun ist schon dreimal das Wort „Defizite“ gefallen. Wir wissen immer noch nicht, welche er eigentlich meint, aber wir wissen schon einmal, dass wenigstens er sie kennt – wie beruhigend -, und dass er sie mit „unserer Politik“ „beheben“ wird: der Größenwahn eines Technokraten, dem nicht in den Sinn kommt, dass Menschen keine Maschinen sind und „Integrationsdefizite“ kein Motorschaden, den man „beheben“ kann. Dass 67 Millionen einheimische Deutsche, vier Millionen Moslems und elf Millionen nichtmuslimische Migranten und Migrantenkinder kein Orchester sind, dass darauf wartet, von Herrn Schäuble dirigiert zu werden, und dass die Gesellschaft kein Automat ist, in den man oben gestanzte Floskeln steckt, damit unten die „Integration“ herauskollert.

Ganz nebenbei erfahren wir aber auch, dass danach, also wenn so etwas wie Integration halbwegs gelungen sein wird, man aus den Fehlern der Vergangenheit nicht etwa lernt, sie in Zukunft zu vermeiden, sondern sie im Gegenteil bei der ersten Gelegenheit zu wiederholen und „den Arbeitsmarkt stärker (zu) öffnen“. Die „Integration“ der einen ist also bloß die Vorstufe zur Immigration der anderen. Der Minister teilt uns offiziell, wenn auch gleichsam zwischen Tür und Angel mit, dass er Masseneinwanderung zum Dauerzustand zu machen gedenkt, und dass er eine Politik verfolgt, die Deutschen im eigenen Land in die Minderheit zu drängen.

Welt am Sonntag: Alle Migrationsprozesse der Geschichte zeigen, dass das zirkuläre Modell nicht funktioniert. Wenn Menschen anderswohin gehen, dann bleiben viele von ihnen. Ist das Problem in Deutschland nicht deshalb entstanden, weil wir zu lange dachten, die Migranten gehen zurück?

(…)

Schäuble: Ich habe in einem Buch eines niederländischen Professors (lacht) ein Verständnis dessen gefunden, was Einwanderungsländer sind, das meinem eigenen entspricht. Das sind Länder, die gezielt Einwanderer gesucht haben. In diesem Sinne ist Deutschland keines. Ich habe das immer gesagt. Das heißt zwar nicht, dass wir nicht viele Einwanderer gehabt hätten. Und deshalb rede ich lieber von Integration, denn die müssen wir gestalten. Wir hatten beispielsweise erhebliche Probleme mit der Integration der Vertriebenen, die Ende der 40er-Jahre kamen. 1949 sagten 96 Prozent der Vertriebenen, dass ihr Verhältnis zu den Einheimischen nicht gut sei. Diese Integration ist heute gelungen. Aber bei den Gastarbeitern haben wir es natürlich versäumt, uns hinreichend Gedanken zu machen.

Verglichen mit der grandiosen Leistung, Deutsche in Deutschland zu integrieren, sollte die Integration von Türken doch ein Kinderspiel sein – vorausgesetzt, man macht sich „hinreichend Gedanken“.

Vor allem aber waren wir nicht gut genug in der Aufgabe, deren Kinder und Enkel vernünftig zu integrieren – da sehe ich die großen Versäumnisse der deutschen Gesellschaft.

Die Integration ist nicht etwa Bringschuld der zu Integrierenden, sondern eine der Aufnahmegesellschaft. Was vermutlich damit zusammenhängt, dass „wir die Gastarbeiter angeworben“ haben und diesen „unsere wirtschaftliche Entwicklung“ verdanken.

Wenn ich aber sage: Die Bilanz ist schlecht, es hat sich nicht gelohnt, dann stärke ich diejenigen, die mir an einem Stammtisch sagen: „Das haben wir schon immer gewusst, raus mit den Ausländern.“

Im Klartext: Er darf nicht zugeben, dass die Bilanz schlecht ist, weil er sonst die am „Stammtisch“ stärkt, also das einfache Volk, das in der Tat schon immer ein Gespür dafür hatte, dass Einwanderung niemanden bereichert, es sei denn die Einwanderer. Diese einfachen Leute dürfen nicht „gestärkt“ werden, und deswegen muss man die von ihnen erkannten Wahrheiten zu Lügen erklären. Man beachte, dass der Minister sich nicht einmal auf seine angeblich überlegene Einsicht beruft (was Herrscher normalerweise tun, wenn es ihre Herrschaft zu rechtfertigen gilt). Er beansprucht also nicht, in der Sache Recht zu haben, er will nur die, die Recht haben, niederhalten.

Welt am Sonntag: Was ist wann falsch gemacht worden?

(…)

Schäuble: … Wir machen in Deutschland seit den 70er-Jahren keine Einwanderungs-, sondern Integrationspolitik. Gute oder schlechte, darüber kann man streiten. Wir hatten eine Debatte übers Asylrecht, aber das ist etwas anderes. Ich meine ja auch, dass wir in Zukunft stärker eine gezielte Politik betreiben müssen. Aber vorher muss ich die Defizite vergangener Jahre beseitigen. Da schiebe ich die Schuld gar nicht von uns weg.

„Wir“ – und man darf vermuten, dass er damit nicht die Politik meint, sondern das deutsche Volk – sind an den hier zum viertenmal erwähnten „Defiziten“ schuld – er spricht wirklich von „Schuld“ – , und deswegen müssen „wir“ sie auch „beseitigen“, ungefähr wie ein Hundebesitzer Hassos Häufchen beseitigt. Dasselbe Volk, auf dessen Meinung man pfeift, soll auslöffeln, was ihm eingebrockt wurde.

Welt am Sonntag: Wo sehen Sie gelungene Beispiele von Einwanderungspolitik?

(…)

Scheffer: Es muss … um das gehen, was Sarkozy „immigration subi“ und „immigration choisi“ nennt, eine bloß ertragene oder eine Einwanderung, für die man sich bewusst entscheidet. Darüber muss man nachdenken.

Schäuble: Natürlich denken wir darüber nach! Aber ich bin gegen wishful thinking. Und bevor wir zu sehr über die selbst gewählte Einwanderung nachdenken, sollten wir uns auf die Behebung der Defizite konzentrieren. (…)

Zum fünftenmal werden „Defizite behoben“.

(…)

Schäuble: (…) Ich als Innenminister muss verhindern – das ist Staatsräson Deutschlands -, dass eine neue Ausländerfeindlichkeit entsteht.

Der Innenminister glaubt, es sei Sache des Staates, seinen Bürgern ihre Gefühle, zum Beispiel Ausländerfeindlichkeit, zu verbieten bzw. vorzuschreiben. Eine solche Einstellung ist nicht etwa vordemokratisch – kein absolutistischer Monarch hätte sich je für einen Volkspädagogen gehalten -, sie ist totalitär. Die Bürger sollen mit allen Mitteln dazu gebracht werden, zu wollen, was sie sollen. Und das ist nicht nur ein Staatsziel – was schlimm genug wäre –, es ist Staatsräson, d.h. der Staat muss, bei Strafe seines Untergangs, „verhinden, dass Ausländerfeindlichkeit entsteht“. Warum?

Ich kann nicht, wie vor einer Woche in Vorarlberg, 25 Prozent für eine rechtsextreme Partei ertragen.

Dem Innenminister einer „konservativen“ Partei ist der Unterschied zwischen rechtskonservativen und rechtsextremen Parteien nicht geläufig. Die FPÖ für rechtsextrem zu halten, ist offensichtlich grotesk. Sie für rechtsextrem zu erklären, kann natürlich gute Taktik sein. Allerdings nicht die Taktik von Demokraten, sondern die von Selbstherrschern, die den Staatsapparat benutzen, Andersdenkende mundtot zu machen.

Jedenfalls sollte man hellhörig werden, wenn ein Innenminister, also jemand, der über einen hochorganisierten bewaffneten Machtapparat verfügt, sagt, er könne ein demokratisch einwandfrei zustandegekommenes Wahlergebnis „nicht … ertragen“.

So hohe Zahlen etwa für Le Pen waren der Ausgangspunkt für Sarkozy, das Thema Einwanderung anzugehen. Ich kann auch die Entwicklung in den Niederlanden nicht ertragen.

Im Klartext lautet die Botschaft an die deutschen Wähler: Bildet euch ja nicht ein, dass ihr wählen könnt und dürft, wen ihr wollt – bestimmte Parteien verstoßen gegen die von mir, Schäuble, definierte „Staatsräson“. Wie kommt er nur darauf, es sei „Staatsräson“, das überwiegend loyale Staatsvolk zugunsten von Migranten zu schwächen, deren Loyalität dem Staat gegenüber nicht selten zweifelhaft ist?

Deutschland würde sofort in den Verdacht geraten, es hätte aus den Erfahrungen der Nazizeit nichts gelernt. Wir sind mehr als jeder andere ein gebranntes Kind.

Wenn ich jetzt nicht gerade unterstellen will, die USA hätten Deutschland für den Fall eines rechtskonservativen Wahlerfolges eine Militärintervention angedroht: Nüchtern betrachtet, ist der von Schäuble befürchtete „Verdacht“, in den Deutschland geraten könnte, nicht mehr als ein Imageproblem. Also nichts, was ernsthaft die „Staatsräson“ tangieren würde, sofern man „Staatsräson“ traditionell versteht.

Schäuble: Wir hatten – darauf bin ich stolz – bei der Europawahl am 7. Juni die geringsten Erfolge von ausländerfeindlichen Gruppen in Europa. Ganz vergeblich sind unsere Bemühungen um verbesserte Integration also nicht.

Man könnte mit besseren Gründen mutmaßen, dass weniger die Bemühungen um verbesserte Integration als vielmehr die um Kriminalisierung und Verleumdung Andersdenkender erfolgreich waren, und dass sie das deshalb waren, weil sehr viele Deutsche jene merkwürdige Ideologie verinnerlicht haben, wonach nicht die Loyalität zur eigenen Nation, sondern die Selbstdressur zugunsten Anderer ein Grund zum „Stolz“ ist.

(…) Wir müssen bei unserer demografischen wie sozialen Entwicklung alle Menschen in Deutschland einbeziehen.

Abgesehen natürlich von den einheimischen Deutschen, namentlich solchen, die sich am „Stammtisch“ äußern.

Sonst werden wir keine stabile, tolerante Entwicklung sichern können. Und wegen der demografischen Entwicklung werden wir wahrscheinlich bald einen höheren Bedarf an Zuwanderung haben.

Ich kann mich nicht erinnern, dass die in der Tat bedrohliche demographische Entwicklung Deutschlands jemals von Politikern zum Thema gemacht worden wäre. Es wurden keine Wahlkämpfe damit bestritten, und es wurde auch nicht um Lösungen gerungen. Dafür ist von der demographischen Entwicklung mit schöner Regelmäßigkeit immer dann die Rede, wenn es Argumente für Masseneinwanderung zu finden gilt. Anders gesagt: Immigration ist eine, wenn auch nur scheinbare, Lösung auf der Suche nach einem passenden Problem.

Rekontruieren wir nun Schäubles Ideologie aus dem, was er hier zwischen den Zeilen gesagt hat:

Es kommt ihm vor allem darauf an, was Andere über Deutschland denken, nicht so sehr darauf, was tatsächlich der Fall ist, und auch nicht darauf, ob die Deutschen selbst sich mit ihrer Politik gut fühlen; dieselbe Orientierung an der Fremdwahrnehmung, die schon aus seiner kindlichen Freude über das Lob des UN-Flüchtlingshilfswerks spricht, lässt sich auch aus seiner Panik ablesen, Deutschland könnte in den „Verdacht“ geraten, aus der Nazizeit nichts gelernt zu haben, und an seinem „Stolz“ über die ausbleibenden Erfolge „ausländerfeindlicher Gruppen“.

Würde eine Einzelperson sich in dieser Weise an der Fremdwahrnehmung orientieren und die eigenen Interessen gegenüber den Forderungen Anderer hintanstellen, so würde man diese Person ohne weiteres für neurotisch gestört halten.

Bedenkt man dann noch,

  • wie häufig er betont, woran die Deutschen alles schuld seien,
  • seine Neigung, der Deutschen eigene Erfolge („unsere wirtschaftliche Entwicklung“) Ausländern gutzuschreiben,
  • seine Auffassung, die politische Urteilsbildung der Deutschen müsse staatlich kontrolliert und gesteuert werden,
  • und schließlich sein Programm, Masseneinwanderung als eine Art permanente Revolution anzustreben, sobald die aktuellen „Defizite behoben“ sind,

so läuft dies in der Zusammenschau auf eine Ideologie hinaus, wonach die Deutschen böse Menschen seien, die, stünden sie auf eigenen Füßen, nur Unheil anrichten könnten, die sich deswegen der Aufsicht durch das Ausland zu unterwerfen hätten, deren politische Willensbekundungen man als Politiker nicht zu respektieren brauche, und die von ihrer Regierung buchstäblich erzogen werden müssten. Jedenfalls für die Übergangszeit bis zu ihrem angestrebten Verschwinden als Volk.

Schäubles „Staatsraison“ entpuppt sich als eine zur Staatsideologie erhobene selbstzerstörerische Neurose, und die Bundesrepublik Deutschland als der vermutlich einzige Staat der Welt, der seine „Räson“ darin sieht, das eigene Staatsvolk abzuwickeln.

Trauma

von Lila

(Erstveröffentlichung in Lilas Blog „Letters from Rungholt“ am 25.09.09, Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Autorin)

[Zum besseren Verständnis für die, die Lila nicht kennen: Die Autorin ist Deutsche und lebt mit ihrer Familie in einem Kibbuz im Norden Israels. Ihr ältester Sohn leistet zur Zeit Wehrdienst in der israelischen Armee.

Sie legt ausdrücklich keinen Wert darauf, den Kommentarstrang zu diesem Artikel in ihrem Blog noch zu verlängern. Wenn Ihr also kommentieren möchtet, dann bitte hier.]

Bei meinen Gesprächen in Deutschland habe ich nicht sehr tief gegraben, und kleine persönliche Eindrücke zählen ja eigentlich nicht. Trotzdem – ich hatte bei meinem letzten Besuch in Deutschland nicht das Gefühl, daß es eine Art von selbstverständlicher Solidarität mit deutschen Soldaten gibt, die in Afghanistan kämpfen. Das sind andere Deutsche, das sind Leute, die man nicht kennt, die sind weit weg, die haben die falsche Wahl getroffen, die hätten verweigern sollen, die müssen schon damit fertigwerden, was Soldatsein bedeutet.

Ich habe es ein paarmal vorsichtig angesprochen, daß nun auch deutsche Soldaten Todesangst haben müssen, schnelle Entscheidungen fällen müssen, die fatal falsch sein können, daß nun auch Deutsche Kriegssituationen erleben. Aber ich verstand schnell, daß sich vielleicht jemand sich mit ihnen identifiziert – aber nicht unter den Leuten, die ich kenne. Diese Probleme gehen wohl niemand anders an als die, die sich mit ihnen rumschlagen müssen.

Wenn ich von meinem Primus erzählte, meinten mehrere Gesprächspartner, „na ja, kein Wunder, bei euch werden die Kinder ja auch indoktriniert“. Darauf habe ich versucht, zu erklären, daß für Kinder, die hier aufwachsen, keine Indoktrination nötig ist, um zu verstehen, daß das Land bedroht ist. Und daß sie selbst bedroht sind.

Primus lag als Baby im Plastikzelt gegen Saddams Raketen (woran ihn nur Bilder erinnern), die Kinder erinnern sich noch gut an die Terrorwelle und mehrere Male, als wir Bus, Einkaufszentrum, deutsche Botschaft und Flughafenhalle schnell räumen mußten, und sie hören Nasrallah und Ahmedinijad in den Nachrichten. Sie haben mitgekriegt, wie viele Soldaten im Laufe der Jahre gefallen sind, traumatisiert nach Hause gekommen sind, sie kennen zwei Männer, die wegen Fehlentscheidungen ins Gefängnis mußten.

Sie wissen, daß sie ruhig schlafen konnten, weil unter anderem die Armee uns beschützt hat. Sie haben alle Männer und Frauen ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft in Uniform gesehen. Da kann man als fairer Mensch schlecht sagen: okay, das war nett von euch, euer Leben für uns in die Schanze zu schlagen, aber ich gehe lieber meinem eigenen Vergnügen nach und gehe in die USA studieren – sucht nicht nach mir, ich bin nicht dabei, paßt schön selbst auf euch auf.

Denn es ist auch eine Art der Indoktrination, Kindern beizubringen, daß außer dem eigenen persönlichen Erfolg, Fortkommen und Vergnügen nichts den Einsatz wert ist. Die Gemeinschaft, die Heimat, eine Art Solidarität mit anderen Deutschen? Man traut sich ja kaum, Volk zu sagen, weil die unsympathischsten, un-empathischsten Egoisten das Wort mit Beschlag gelegt haben. Aber ob man es will oder nicht, man gehört zu einer größeren Einheit, einem Stamm oder Volk oder Staat, bei jedem fächert sich das Gefühl der Zugehörigkeit anders auf. Aber es ist keine Schande, stolz auf sein Land zu sein und bei Fußballspielen die Hymne mitzusingen und die Fahne hochzuhalten und sich zu freuen, wenn die eigene Nationalmannschaft Erfolg hat. Man muß ja deswegen nicht gleich den zweiten Weltkrieg im Stadion noch einmal austragen.

Wenn also große Teile der jungen Deutschen es vorziehen, statt Wehr- oder Zivildienst gar nichts zu tun außer dem eigenen Fortkommen oder Vergnügen oder am besten beiden zu leben, dann ist auch das das Ergebnis einer Art Indoktrination, einer Beeinflussung. Man lebt den Kindern bestimmte Werte vor, und bis zu einem gewissen Grade verhalten sie sich dementsprechend.

Die Kehrseite dieser Werte bekommen nun die Soldaten zu spüren, die traumatisiert und eventuell auch stigmatisiert aus Afghanistan wiederkommen. Keiner weiß, was für tiefe Spuren der Krieg hinterläßt, der ihn nicht selbst erlebt hat. Ich habe ihn nicht erlebt, aber ich lebe seit 20 Jahren mit einem Mann mit Kriegstrauma. So tief er es auch in sich vergräbt, es ist doch da und hat ihn verändert, und manchmal kommt es zum Vorschein. Er hat Glück, es hindert ihn nicht am normalen Leben und er kann ohne Hilfe damit umgehen. Aber ich kann ein bißchen ermessen, wie schwer das Leben mit solchen Erinnerungen ist, die immer wieder hochkommen.

Nicht umsonst sind die drei erfolgreichsten israelischen Filme der letzten drei Jahre, Beaufort, Waltz with Bashir und Lebanon, dem Libanonkrieg von ´82 gewidmet, unter dessen Nachwirkungen mein Mann wie seine ganze Generation leidet.

In Israel gibt es heute mehr Verständnis und Hilfe für Menschen mit posttraumatischen Störungen, ob Terroropfer oder Soldaten oder Zivilisten unter Raketenbeschuß (im Norden und Süden). Es ist keine Schande mehr, halum krav zu sein, shell shocked, und es gibt ein ganzes Netzwerk der Hilfe, damit die Betroffenen in eine Art Normalität zurückkehren können. Israelische Psychologen und Psychiater gelten mit guten Grund als Speerspitze der Traumaforschung. Die Studienteilnehmer gehen ihnen nicht aus. Ja, sie können auch die Auswirkungen von Trauma auf Kinder- und Enkelgenerationen schwerst Traumatisierter erforschen.

In Deutschland sind die Traumatisierungen des Zweiten Weltkriegs noch nicht aufgearbeitet – meine Mutter, die zu Kriegsende ein Kleinkind war, bekommt Panikanfälle beim Heulen der Sirenen, und mein Vater, der den Krieg als kleiner Junge erlebt hat, hat entsetzliche Erlebnisse gehabt, ohne die er ein anderer Mensch geworden wäre, da bin ich sicher.

Ich habe in den letzten Jahren mit den Freunden und Freundinnen meiner Eltern, alle inzwischen so um die Sechzig, Siebzig, sehr interessante Gespräche geführt, bei denen ich ihre Kindheitsschicksale erfahren habe – erstaunliche Geschichten von Menschen, die ich seit meiner Kindheit kenne, und deren Albträume, Verlusterlebnisse, Ängste und Erinnerungen an Hunger, Flucht und Gefahr ich nicht kannte, und meine Mutter auch nicht. Es ist alles noch da – aber keiner hat es wahrgenommen, keiner hat geholfen.

In den 50er und 60er Jahren ging es um wirtschaftlichen Aufbau und Vergessen, um Errichten einer gewissen Normalität, danach um Aufarbeitung von politischer Schuld und gesellschaftlichem Versagen. Alles ehrenwert und wichtig und menschlich verständlich. Doch der persönliche Preis, den damals schuldlose Kinder bis heute in Form von Albträumen zahlen, ist kein Thema und kann es wohl auch nicht mehr werden. Doch ich bin mir sicher, daß jeder meiner deutschen Leser nur ein bißchen zu graben brauchte bei denen, die im Zweiten Weltkrieg Kinder waren, um auf ähnliche Traumata zu stoßen. Verschwiegen, verdrängt oder zu drolligen Anekdoten umfrisiert – „wie der Vater damals aus der Gefangenschaft wiederkam und die Kinder ihn nicht erkannt haben“ – aber die Traumata sind noch da.

Ich möchte mir wünschen, daß das Vergessen und Verdrängen nicht ein zweites Mal geschieht. Ich habe großes Mitgefühl mit den Afghanistan-Veteranen. Ich würde das Entstehen einer marginalisierten, ins Kriminelle abdriftenden Randgruppe von Veteranen in Deutschland nur mit Grausen sehen können. Und das ist eine Aufgabe für alle – egal was man politisch von diesem Einsatz hält, den Menschen darf man die Solidarität nicht verweigern. Die Soldaten zahlen einen Preis für die Entscheidungen von Politikern, auch die, die diese Politiker nicht gewählt haben. Wie schön wäre es, wenn sie in eine Atmosphäre der Solidarität, des Verständnisses und der Hilfe zurückkehren könnten.

Bei meinen Überlegungen zur Solidarität und moralischen Verpflichtung dem Nächsten gegenüber fiel mir ein Kollege ein. Er ist etwas älter als ich, ein besonders netter Mensch, und seine Kinder sind etwas älter als meine. Sein Sohn ist Offizier bei der Marine, und der Vater ist sehr stolz auf ihn. Ich habe nie mit ihm über Politik gesprochen.

Neulich sprachen wir am Telefon, wir wollten uns treffen. Er meinte, er kann bei mir vorbeikommen. „Aber du wohnst doch in Tel Aviv, was machst du denn in den Semesterferien im Norden?“, fragte ich. „Da bin ich einmal die Woche. Ich fahre jeden Dienstag an den Checkpost XY, hole von dort palästinensische chronisch Kranke aus der Gegend um Jenin ab, fahre sie nach Haifa ins Krankenhaus und abends wieder zurück. Wir haben so einen Fahrdienst organisiert, ich und noch ein paar andere Leute“, meinte er.

Auch das ist Solidarität, die sich nicht nur auf die eigenen Leute erstreckt – oder gerade doch. Ihm tun die Palästinenser leid, die wegen israelischer Checkpoints ihre lebenswichtigen Therapien versäumen – auch wenn diese Checkpoints als Reaktion auf terroristische Angriffe entstanden sind und es im Moment noch keine Alternative zu ihnen gibt. Und er möchte auch nicht, daß wir als Israelis das menschliche Antlitz verlieren, das in unserer Situation nur so schwer zu bewahren ist – wie die deutschen Soldaten in Afghanistan als vermutlich einzige Deutsche wirklich nachvollziehen können.

Es gibt immer wieder Menschen, die sich mit tätiger Hilfe dagegen wehren, dieses menschliche Antlitz zu verlieren. Der Sohn dient in seiner Uniform mit Abzeichen und verteidigt das Heimatland, und der Vater leistet Hilfe für Hilfsbedürftige, die unter dieser Verteidigung schuldlos leiden. Beide Verhaltensweisen gehören zur selben Art der „Indoktrination“, für die ich in Deutschland so wenig Verständnis erwarten kann.

Ja, sind wir denn unseres Bruders Hüter? Wir sind es. Und wir sollten „Bruder“ nicht so eng definieren, daß nur noch das Gesicht übrigbleibt, das uns im Spiegel anguckt.

Republikaner antworten auf ZMD-Wahlprüfsteine

Dieser Artikel erschien vorgestern auf PI; ich übernehme ihn mit freundlicher Genehmigung von Stefan Herre.

Zur Bundestagswahl am kommenden Sonntag hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) den Dhimmi-Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne, Linkspartei Fragen gestellt, deren Antworten den muslimischen Wählern bei ihrer Wahlentscheidung helfen sollen. Da es der ZMD versäumt hat, auch islamkritische Parteien anzuschreiben, haben wir dies nachgeholt. Herr Mazyek, Sie dürfen die folgenden Antworten der Republikaner auf Ihre Fragen mit unserer ausdrücklichen Genehmigung für Ihre Internetseite übernehmen.

Antworten der Republikaner auf die ZMD-Fragen:

I. Fragen zur Entwicklung des Islam in Deutschland

ZMD: 1. Setzt sich Ihre Partei für den zügigen Aufbau von islamischen Lehrstühlen an deutschen Hochschulen insbesondere zur Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern ein?

Republikaner: Nein. Da es keine den alteingesessenen christlich-abendländischen Kirchen und dem Judentum gleichgestellte religiöse Institution des Islam gibt und geben kann, ist ein Bedarf hierfür nicht zu erkennen.

2. Unterstützt Ihre Partei gleichermaßen die Errichtung von eigenen Bildungsreinrichtungen der Muslime?

Bildungseinrichtungen, die der Zementierung von Parallelgesellschaften dienen, werden von uns nicht unterstützt.

3. Befürwortet Ihre Partei den Bau von Moscheen auch in deutschen Innenstädten?

Moscheen sind keine Gotteshäuser, sondern soziokulturelle Zentren einer Parallelgesellschaft. Den Bau von Großmoscheen und Minaretten als Triumphzeichen der islamischen Landnahme und „Herrschaftssymbole“ (Necla Kelek) lehnen die Republikaner strikt ab. Kommunalpolitiker der Republikaner haben Bürgerinitiativen gegen geplante Moscheebauten in vielen Städten erfolgreich unterstützt. Für die Ausübung der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit sind schlichte, der architektonischen Umgebung des Abendlandes angepaßte Gebetsräume vollkommen ausreichend.

II. Fragen zur Islampolitik

1. Hat Ihre Partei ein eigenes Konzept für eine in sich schlüssige Islampolitik?

Dieses Konzept lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Konsequent in seinen politischen Implikationen ausgeübter Islam und Grundgesetz sind nicht miteinander vereinbar. Islamistische und potentiell terroristische Bestrebungen sind durch Überwachungsmaßnahmen, gegebenenfalls Verbote von Vereinen, Schließung von radikalen Moscheen und Kulturzentren und Ausweisung erkannter Islamisten und Hassprediger im Ansatz zu bekämpfen. Von Einwanderern muslimischen Glaubens ist, wie von allen anderen Einwanderern auch, Integration durch Assimilation als Vorbedingung für einen dauerhaften Aufenthalt zu fordern.

2. Sollte sich der Staat in Bund und Ländern seine muslimischen Ansprechpartner selbst zusammenstellen oder soll er mit dem legitimierten Koordinationsrat der Muslime (KRM), der bis zu 85 Prozent der islamischen Gemeinden in Deutschland vertritt (eine andere Spitzenvertretung gibt es nicht), verhandeln?

Grundlage des Zusammenlebens in Deutschland ist die bestehende Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes und der deutschen Gesetzbücher, der sich auch alle hier lebenden Muslime unterordnen müssen. Es gibt also nichts zu verhandeln.

3. Bevorzugt oder privilegiert Ihre Partei einen der vier im KRM vertretenden Verbände?

Wir beurteilen die Rolle aller vier Verbände, die teilweise bedenkliche Schnittmengen mit islamistischen und offen verfassungsfeindlichen Organisationen aufweisen, sehr kritisch.

4. Sind Sie angesichts der Meinungsumfragen, der Ausschreitungen gegen Muslime und ihre Einrichtungen und nicht zuletzt nach dem islamfeindlich begründeten Mord an einer Muslima in Dresden der Ansicht, dass die Islamfeindlichkeit bzw. Islamphobie in die politische Agenda der neuen Bundesrepublik aufgenommen werden soll?

Wir sehen in der deutschfeindlichen und antisemitischen Haltung vieler muslimischer Einwanderer das weit dringendere Problem, dem sich auch die in Deutschland lebenden Muslime und ihre Organisationen endlich stellen müssen. Deutschfeindliche Übergriffe und Gewalttaten muslimischer Einwanderer sind eine ernste Bedrohung des inneren Friedens und werden leider weit weniger intensiv thematisiert als die Gewalttat von Dresden, die von den Islam-Verbänden in nicht hinnehmbarer Weise politisch instrumentalisiert wurde.

III. Fragen zur Diskriminierung

1. Was tut Ihre Partei gegen die Diskriminierung von Muslimen in Gesellschaft und Beruf?

Abgesehen von der – durch viele Islam-Verbände bedauerlicherweise noch geförderten – Selbstausgrenzung zahlreicher Muslime, die sich weigern, ihre Parallelgesellschaften zu verlassen und in der Realität des demokratischen Rechts- und Wertesystems Deutschlands zu leben, können wir eine solche unterstellte „Diskriminierung“ nicht ausmachen.

2. Was tut Ihre Partei gegen die Diskriminierung insbesondere der Kopftuch tragenden Musliminnen in Gesellschaft und Beruf (auch im Öffentlichen Dienst)?

Das Kopftuch als Symbol des sich abgrenzenden politischen Islams ist integrationsfeindlich und eine bewusste Provokation unserer Rechts- und Werteordnung. Die Republikaner treten deshalb für ein generelles Kopftuch- und Burkaverbot an öffentlichen Einrichtungen nach französischem und bis vor kurzem auch türkischem Vorbild ein. Mit Diskriminierung hat das nichts zu tun; die Unterstellung ist billig und falsch.

3. Könnte das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst auch ein Signal für die Diskriminierung Kopftuch tragender Muslimas in anderen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft sein?

Das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ist in Baden-Württemberg maßgeblich durch politischen Druck der Landtagsfraktion der Republikaner zustande gekommen und hat in anderen Ländern Schule gemacht. Die Republikaner würden daher begrüßen, wenn das Kopftuchverbot im öffentlichen Raum generell Anwendung finden würde, also zum Beispiel auch für Schülerinnen und Studentinnen. Eine Vorbildfunktion des Kopftuchverbots für Privatwirtschaft und Gesellschaft halten die Republikaner für wünschenswert.

IV. Fragen zur DIK

1. Ist Ihre Partei für Fortführung der Deutschen Islamkonferenz (DIK)?

Die Islamkonferenz schadet der Integration. Sie wertet die islamischen Verbände, denen vor allem an Sonderrechten und institutionalisierter Abschottung ihrer Klientel gelegen ist, unnötig auf. Die Republikaner lehnen eine Fortführung der Islamkonferenz in der von Innenminister Schäuble eingeführten Form deshalb ab.

2. Welche Ziele soll die Islamkonferenz verfolgen?

Eine Antwort erübrigt sich durch unserer Stellungnahme zu Frage IV-1.

Der Dolchstoß

Noch ist nicht ganz klar, was sich in der vergangenen Nacht in der afghanischen Provinz Kundus zugetragen hat, aber grob sieht das Bild wie folgt aus:

Zwei Tanklastzüge, beladen mit Treibstoff für die Bundeswehr, wurden von Taliban gekapert. Die Taliban ermordeten die Fahrer und versuchten, mit den Lastzügen zu entkommen. Bei dem Versuch, den Fluss Kundus zu überqueren, blieben sie stecken. Die Bundeswehr forderte zur Bekämpfung der Taliban Luftunterstützung an, und die Lastzüge wurden aus der Luft vernichtet. Durch die Explosionen starben fünfzig, nach anderen Angaben neunzig Personen, die meisten davon anscheinend Taliban. Augenzeugen sprechen davon, dass einige der Toten Zivilisten gewesen seien, die versucht hätten, Treibstoff für sich selbst abzuzweigen.

Halten wir zunächst fest, dass die Bundeswehr in Afghanistan ist, um das Land zu befrieden; dass dies die Bekämpfung der Taliban voraussetzt; und dass „Bekämpfen“ nichts anderes heißt als „Töten“. Was denn sonst?

Halten wir des weiteren fest, dass Zivilisten, die sich in die Nähe von – noch dazu irregulären – Kombattanten begeben, damit ein lebensgefährliches Risiko eingehen (und in einem Land wie Afghanistan weiß das auch jeder) und für die daraus resultierenden Folgen selbst verantwortlich sind.

Ich kann den örtlichen Kommandeur nur beglückwünschen zu dem Erfolg, fünfzig Taliban auf einen Schlag außer Gefecht gesetzt zu haben! Es wäre verantwortungsloser Wahnsinn gewesen, auf diesen Schlag zu verzichten, nur um irgendwelche Spritdiebe zu schonen, die sich schließlich auf eigene Faust in Gefahr begeben haben.

(Es handelt sich hier nicht um eine der vielen Hochzeitsgesellschaften, die angeblich von der amerikanischen Luftwaffe bombardiert wurden, weil von ihnen aus Freudenschüsse abgegeben wurden. A propos: Die einschlägigen Berichte des Musters „Air Force bombardiert Hochzeitsgesellschaft“ halte ich zu neunzig Prozent für typisch muselmanische Ammenmärchen.)

Wenn die NATO schon nicht bereit ist, ob dieses Erfolgs die Korken knallen zu lassen, so müsste sie ihn wenigstens nicht in einen Misserfolg verwandeln. Genau das tut sie aber, wenn sie jetzt mit viel Brimborium eine Untersuchung anberaumt, weil sie doch befohlen habe, Zivilisten zu schonen.

Wer solches tut, sendet dem Feind das Signal, dass es sich für ihn lohnt, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen, unterstützt seine Propaganda durch eine ganz und gar unangemessene Zerknirschtheit und verunsichert die eigenen Soldaten. Was lehrt man die denn, wenn man ihnen aus lauter Angst vor dem landesverräterisch kriminellen „Soldaten-sind-Mörder“-Geschmeiß Untersuchungskommissionen auf den Hals hetzt?

Man lehrt sie, dass der engagierte, der tapfere, der siegeswillige Soldat nicht nur ein Trottel ist, der für einen Arschtritt sein Leben riskiert, sondern obendrein ein halber Krimineller.

Unerwünschte Wissenschaft: Wie ganze Völker verdrängt werden

Der Anthropologe, Bevölkerungs- und Sozialwissenschaftler Volkmar Weiss gehört zu denjenigen Wissenschaftlern, die kein Problem damit haben, sich unbeliebt zu machen. Wie unbeliebt er ist, und vor allem, warum er es ist, ergibt sich aus dem Wikipedia-Eintrag über diesen Mann. Im zweiten Absatz – dort, wo die Pflichtangaben zu finden sind – steht:

Ab 1963 studierte Weiss Germanistik, Geographie und Biologie in Leipzig. Ab 1968 erhielt er eine Spezialausbildung in Anthropologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1969 begann er mit der Erforschung des sozialen Hintergrunds der Mathematik-Hochbegabten der DDR, und er wurde in der Abteilung Soziologie der Akademie der Wissenschaften eingestellt. 1970 erhielt er von der Humboldt-Universität das Diplom für Biologie und wurde 1972 zum Dr. rer. nat. promoviert. 1974 fand ein Wechsel nach Leipzig an die Deutsche Hochschule für Körperkultur statt. Ab 1977 war er in der Abteilung Bildungssoziologie im Zentralinstitut für Jugendforschung tätig. 1984 wurde er Mitarbeiter der Forschungsstelle für Regionalgeschichte des Zentralinstituts für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin. Als Ergebnis dieser Tätigkeit verteidigte er 1993 eine Habilitationsarbeit zur Sozialgeschichte Sachsens (Dr. phil. habil.). 1990 wurde er Leiter der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig, die 1995 dem Sächsischen Staatsarchiv Leipzig als Abteilung unterstellt wurde.

Offensichtlich ein hochkarätiger Experte auf mehr als einem Gebiet, der, frei vom sonst üblichen Fakultätschauvinismus über den Tellerrand zu blicken weiß und dehalb auch zu Recht vom Freistaat Sachsen mit einer wichtigen Aufgabe betraut wurde – etwas anderes lässt sich nun wirklich nicht aus einem solchen Absatz herauslesen.

Offenbar, damit man es so nicht versteht hat der Wikipedia-Schreiber folgenden Einleitungsabsatz geschrieben:

Volkmar Weiss (* 23. Mai 1944 in Zwickau) ist ein deutscher Genealoge. Der im rechtsradikalen politischen Spektrum aktive Weiss vertritt die These, dass Intelligenz ein vererbbares Merkmal sei, dessen Ausprägung je nach Ethnie und sozialer Klasse unterschiedlich hoch sei. Seine Thesen werden wissenschaftlich nicht rezipiert.

Man fragt sich, was nacheinander die DDR und den Freistaat Sachsen dazu gebracht haben könnte, einen Wissenschaftler zu beschäftigen, dessen Thesen „wissenschaftlich nicht rezipiert werden“

An dem von Weiss vertretenen erbbiologischen Ansatz und an seiner Methodik kritisierte Stephen Jay Gould, Weiss schließe unsauber von statistischen Korrelationen auf Ursachen. Es werden ihm Rassismus, Gegnerschaft zum grundlegenden Wert sozialer und politischer Gleichberechtigung und ein verstiegenes Elitetum vorgeworfen.

Über Weiss‘ Thesen zur „Hochbegabung“ urteilt der Psychologe Jürgen vom Scheidt, Weiss liege „quer zu den heute gängigen Lehrmeinungen.“ Er überbetone die Bedeutung genetischer Faktoren. Weiss setze sich über die grundlegende Definition von Hochbegabung hinweg. Er sehe beispielsweise die Grenze zur Hochbegabung nicht bei etwa zwei Prozent der Bevölkerung, sondern ziehe diese, im Gegensatz zur psychologischen Lehrmeinung, willkürlich bei 5 Prozent. Weiss vertrete einen sehr eingeschränkten Intelligenzbegriff.

Sieh mal einer an: Da wird er ja doch rezipiert, wenn auch kritisch, wobei ein wichtiges Argument darin gesehen wird, dass er „quer zu den heute gängigen Lehrmeinungen liegt“ – was man auch über Kepler und Galilei hätte sagen können. Der hier ist auch gut:

Eine gewisse Rezeption erfährt er auch im nationalkonservativen Übergangsfeld nach Rechtsaußen. (…) Weiss wird ausschließlich in Rechtsradikalen Kreisen positiv wahrgenommen.

[Orthographie im Original, M.]

Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob hier bei Wikipedia viele Köche den Brei verdorben haben. Jedenfalls könnten die einzelnen Aussagen des Textes einander nicht grotesker widersprechen. Vielleicht handelt es sich ja auch um einen einzelnen Verfasser. Womöglich um einen, der ein eigenes Interesse an einem nicht allzu „eingeschränkten Intelligenzbegriff“ haben könnte.

Jedenfalls lässt er keinen Zweifel daran, dass hier (bis zu seiner Pensionierung) ein schlimmer Verfassungsfeind am Werke war, und stellt sich damit in offenbar liebgewordene Traditionen der deutschen Linken. Ich zitiere aus der „Welt“ vom 23.Juli 2005:

Probleme bekam Weiss bei seiner Arbeit im SED-Staat pikanterweise, als nach 68 westdeutsche Professoren und ihre studentischen Helfer mit wachsendem Druck die Ost-Kollegen und die SED darauf aufmerksam machten, daß da ein DDR-Forscher quasi den Rahmen des sozialistischen Menschenbildes zersäge und ihre Glaubwürdigkeit gefährde. Ab Anfang der achtziger Jahre wurde Weiss zurückgepfiffen.

Man sollte es zweimal lesen: Zu einer Zeit, als alle linken Professoren und Studenten gegen die sogenannten Berufsverbote gegen Kommunisten in Westdeutschland Sturm liefen, setzten sie von eben diesem Westdeutschland aus, ja, praktisch die Stasi auf einen Kollegen an, den es zum Schweigen zu bringen galt. Die linke Unkultur der politischen Denunziation, die den öffentlichen Dskurs in unserem Land abzuwürgen droht, hat eine Geschichte.

Die sozialistische Biologie war ja schon von dem größten Biologen aller Zeiten, dem Genossen Stalin, auf die Lehre festgelegt worden, dass sogar erworbene Eigenschaften vererbbar seien. Dies zu behaupten, traut man sich auf der Linken heute nicht mehr (oder auch: noch nicht), aber eine Ideologie, die auf der Vorstellung aufbaut, der Mensch sei dazu bestimmt, von ihren Verfechtern geformt zu werden, kann verständlicherweise unmöglich zugeben, dass der Mensch bereits von Gott – oder, für die, denen das lieber ist: von der Natur – geformt wurde. Für die Funktionäre einer künftigen Idealgesellschaft bleibt da nicht mehr viel zu formen, allenfalls mundtot zu machen, wegzusperren, zu liquidieren. In den Kampagnen gegen rechte Wissenschaftler läuft die Linke sich schon einmal warm.

Noch freilich leben wir in einer nicht totalitären Gesellschaft, und wenn auch die systematisch vorangetriebene Begriffsverwirrung um sich greift, so gilt doch immer noch, dass man wissenschaftliche Hypothesen nicht dadurch widerlegen kann, dass man ihre Urheber politisch verdächtigt. Ob ein Wissenschaftler „rechtsradikal“ ist – was immer das sein mag -, kann in einer offenen Gesellschaft und im Kontext eines rationalen Diskurses keine Rolle spielen. (Und wenn Weiss als Rechtsradikaler verdächtigt wird, weil er mit der Gesellschaft für freie Publizistik e.V. zusammenarbeitet, so zeigt bereits diese Verdächtigung, wie notwendig eine Gesellschaft für freie Publizistik ist.)

Zu den Texten von Weiss, deren Inhalt den Linken hochnotpeinlich sein muss, gehört zweifellos auch derjenige, den Judith vor ein paar Tagen vorgestellt hat („Bevölkerungspolitik als Grundlage von Staat und Volk“), und in dem es um den demographischen Schwund hochentwickelter Völker und um ihre Verdrängung geht. Ich zitiere nur kurze Auszüge, empfehle aber dringend die Lektüre des ganzen Textes:

(…) Unsere Vorfahren haben genau darauf geachtet, daß pro Generation nur die Personenzahl in der Stadt als Bürger aufgenommen worden ist, deren Gewerbe und Arbeit in der Stadt gebraucht wurde. Wer Bürger wurde, mußte bereit sein, sich an Art und Sprache der Stadt anzupassen. Diejenigen, die in der Stadt keine Arbeit hatten, mußten die Stadt wieder verlassen. Ein Heer von Proletariern, das auf Staatskosten gefüttert wurde, wie es in der Endphase Roms der Fall war – solche Zustände konnte und wollte sich keine Stadt leisten. Heute versucht die Einwanderungspolitik einiger Länder, wie z.B. Neuseelands, genau das zustandezubringen, was früher die Grundlage jeder wirtschaftlich blühenden Stadt war.

Damit sind wir schon an einem wichtigen Punkt angelangt: Hat uns bei der Bevölkerung nur die Zahl und die altersmäßige Zusammensetzung zu interessieren? Vielleicht sind auch noch die Qualifikation, die Sprache und die Religion wichtig? Machen wir einmal ein Gedankenexperiment: 1948 kamen auf die Insel Taiwan mehr als 2 Millionen Chinesen, die vor Maos Kommunisten geflohen waren. Diese Flüchtlinge, ihre Kinder und Enkel verwandelten Taiwan in einen der führenden Industriestaaten dieser Welt. Können Sie sich vorstellen, wie Taiwan heute wirtschaftlich dastünde, wenn anstelle der Chinesen die gleiche Anzahl von Einwohnern von Haiti oder von osteuropäischen Zigeunern (politisch korrekt „Roma“ genannt) oder 2 Millionen Juden nach Taiwan umgesiedelt wären. Sie vermuten insgeheim, mit dieser Zahl Juden wäre Taiwan … heute auch eine Wirtschaftsmacht geworden. Seltsam, wie sie darauf kommen, sind denn nicht alle Menschen gleich? Woran mag es denn bloß liegen, daß nicht nur die Zahl der Menschen entscheidend ist, sondern daß es auch so etwas wie „Bevölkerungsqualität“ zu geben scheint. In der Sprache der modernen Ökonomie sagt man nicht „Bevölkerungsqualität“, sondern spricht von „Humankapital“.

Eigentlich lauter Selbstverständlichkeiten, aber heute gehört Mut dazu, dergleichen auszusprechen. So weit ist es gekommen.

Daß eine Bevölkerung in Raum und Zeit auch eine Struktur hat und nicht nur eine Quantität, sondern auch eine Qualität, war auch in Deutschland noch in den Fünfziger Jahren eine Selbstverständlichkeit. Etwa um 1970 jedoch kam es in der westlichen Welt zu einem grundlegenden Umschwung des herrschenden Zeitgeistes. (…) Zu Narren wurden diejenigen erklärt, die – wie man heute im Rückblick von 30 Jahren feststellen muß – in der Sache recht hatten, und politisch wurden sie in die rechte Ecke gedrängt. (…)

Er weiß, wovon er redet.

Kann man langfristige Entwicklungen und Risikofaktoren, aus denen geschichtliche Brüche folgen, vorhersagen? 1865 erschien der Bericht des Engländers Charles Boner, der Siebenbürgen bereist hatte, und man konnte lesen: „Allein, wie kommt es, dass diese deutschen Ansiedler, … so dahinschwinden, anstatt das Land mit ihrer Nachkommenschaft zu bevölkern? … Es gibt Dörfer, in welchen die Bevölkerung seit hundert und mehr Jahren stationär geblieben ist. In anderen, die ursprünglich von lauter Deutschen bewohnt waren, … findet man heutzutage kaum noch einen Sachsen; die ganze Einwohnerschaft ist rumänisch. … Dieser Wechsel hat sich seit der Kindheit noch jetzt lebender Leute bis heute vollständig vollzogen. … Selbst von der Kanzel herab wurde das an sich schwierige und heikle Thema sehr eindringlich und mit grosser Beredsamkeit behandelt. … Überall im ganzen Lande werden die Sachsen, welche früher den ersten Rang einnahmen, allmählig in den zweiten zurückgedrängt.“

(…)

Hat eine Bevölkerung einmal eine kritische Größe unterschritten, kommt es dann, nach einem sehr langen Niedergang, in kurzer Zeit zu einem völligen Zusammenbruch, im Falle Siebenbürgens zur Auswanderung der deutschen Restbevölkerung, im Falle des Kosovo zur Massenflucht der Serben.

Gleiches stellt er für Südafrika fest, wo die Marginalisierung der Weißen bereits 1921 (!) vorhergesagt wurde und sich jetzt vollendet. Wer kann, sucht seine Zukunft in Europa oder Amerika; ob es in zwanzig Jahren am Kap noch Weiße in nennenswerter Zahl geben wird, ist eine durchaus offene Frage.

Weiss beandelt die Geschichte Böhmens, das bis weit ins 19. Jahrhundert hinein selbstverständlich als deutsch betrachtet worden war:

1848 wurde die tschechische Sprache Pflichtgegenstand an den Gymnasien Böhmens, das Jahr 1882 kennzeichnet den wichtigsten Wendepunkt, von dem ab die demographische Krise in eine offene nationale Existenzkrise überging: Die Teilung der Prager Universität in eine deutsche und eine tschechische. In einem Buch mit dem Titel „Der Völkerstreit im Habsburgerstaat“ aus dem Jahre 1910 kann man lesen: „Der Unterschied von einst und jetzt besteht eben darin, daß die Tschechen … heute das ganze deutsche Sprachgebiet (in Böhmen und Mähren) als geeignetes Objekt der nationalen Eroberung sehen. … Nun wendet sich das Blatt; die Massen …. sind tschechisch, und wer sich ihrer annimmt, hat Aussicht auf Ehrenstellen und Erwerb. … Geschäftliche Interessen bewirkten den Abfall, und der Boykott setzten ein. War die Eroberung der Mehrheit im Gemeinderat erreicht, dann wurde sie von den Tschechen rücksichtslos ausgenützt; die deutschen Beamten wurden entlassen, wo dies nicht ohne weiteres ging, auf alle mögliche Weise schikaniert, auf jeden Fall immer durch Tschechen ersetzt. … Dann konnten kleinere Städte einer deutschen Minderheit häufig die wirtschaftlichen Lebensbedingungen nicht mehr bieten; so wanderten denn die Unabhängigen aus; der Rest beugte sich und wurde tschechisiert.“ Vergleiche mit anderen Gebieten, wie z.B. dem Kosovo zeigen, daß tatsächlich oft weniger als ein Jahrhundert ausreicht, daß aus einer dominanten Bevölkerung, die zu wenig eigene Kinder großzieht, Heimatvertriebene werden.

Die entscheidende Phase im Existenzkampf der Völker ist stets der Kampf um die Sprache, die in der Schule gelehrt und gesprochen wird. Ob es nun Tschechisch in Böhmen, Spanisch in Kalifornien oder die Sprache der indischen Einwanderer auf den Fidschi-Inseln ist, auf die Anerkennung als Schulsprache und als gleichberechte Landessprache folgt die Forderung nach Quoten bei den Anstellungen in allen öffentlichen Beschäftigungen, bei der Zulassung zum Hochschulstudium und schließlich sogar in der Privatwirtschaft. Begründet werden diese Forderungen, nun auch vertreten durch mindestens eine eigene Volkspartei, stets mit dem Ruf nach ausgleichender Gerechtigkeit, dem sich auf die Dauer, wenn die Zahl der Rufer von Jahr zu Jahr größer wird, keine demokratische Regierung verschließen kann.

Das klingt nicht nur beklemmend realistisch und aktuell, man kann sich sogar überhaupt nicht vorstellen, wie es anders sein könnte. Eine stetig wachsende Minderheit kann sozusagen gar nicht anders, als das Land zunächst kulturell, dann auch wirtschaftlich und politisch in Besitz zu nehmen. Die Forderung nach „Gleichberechtigung“ erhebt nur der, der in der schwächeren Position ist – um sie flugs zu vergessen, sobald er mittels genau dieser Gleichberechtigung an den längeren Hebel geraten ist. Ich habe das ausführlich zitiert, weil die Angehörigen der Mehrheit sich oft kaum vorstellen können, dass sie in die Minderheit geraten oder gar unterdrückt werden könnten.

Der schon zitierte Gewährsmann aus Böhmen schrieb 1912: „Es war ein Fehler, die nationale Bedeutung des Reichtums zu überschätzen. … Wir haben … zu viele Leute mit höheren Ansprüchen an die Lebensführung, daher an höheren Löhnen, kürzerer Arbeitszeit, Leute mit größerem Selbstbewußtsein und geringerer Fügsamkeit. … Für niedrige Arbeit sowie für persönliche Dienste mußte man nach tschechischen Arbeitskräften greifen.“ Im Frühjahr 1914 schauten gebildete und wohlhabende deutsche Bürger in Prag, Riga, in Laibach und Preßburg auf ihre ungebildeten Mitbürger herab, ebenso wie der serbische Staatsangestellte 1970 in Pristina auf die Albaner und der US-Amerikaner in Los Angeles im Jahre 2000 auf die eingewanderten Mexikaner herabschaut. Und wie wir auf die Türken in Berlin, Hamburg und Düsseldorf herabschauen. Oder tun wir es nicht? Die PISA-Studie hat zweifelsfrei belegt, daß die bei uns eingewanderten Türken nicht nur weniger qualifiziert sind, sondern auch einen durchschnittlichen IQ von nicht höher als 85 haben.

Das heißt aber nicht, dass sie den Laden nicht übernehmen könnten, sobald sie rein quantitativ hinreichend stark vertreten sind; ein paar Höherbegabte finden sich immer. Überhaupt muss man sich klarmachen, dass ethnische Kriegführung nicht unbedingt mit Feuer und Schwert (oder auch mit geschwungenem Krummsäbel) stattfinden muss, obwohl dies in der Geschichte oft genug der Fall war. Der Sog, der von einem sich ausdünnenden Volk ausgeht, das gleichzeitig großen Bedarf am Import gering qualifizierter Arbeit hat, reicht vollkommen aus, die demographische Balance kippen zu lassen, und wenn sie erst einmal gekippt ist, dann gibt es kein zurück mehr.

Die Erwartung, dass der Durchschnitts-IQ von 85 nicht wesentlich ansteigen wird, hat übrigens nichts damit zu tun, ob man Intelligenz für primär erworben oder primär ererbt hält: Selbst wenn Intelligenz ausschließlich von Umweltfaktoren abhinge und das dramatische Intelligenzgefälle etwa zwischen der Bevölkerung Deutschlands und der der Türkei (IQ 107 zu IQ 90) ausschließlich auf das jeweilige Lebensumfeld zurückzuführen wäre, so würde dies ja nichts daran ändern, dass Türken in Deutschland dazu tendieren, genau dieses ihr heimisches Lebensumfeld in Deutschland wiederaufzubauen, und dies um so mehr, je länger sie hier sind, und vor allem: je zahlreicher sie sind.

Das vergleichsweise hohe Maß an Intelligenz und Bildung unter Deutschen ist das Ergebnis eines jahrhundertelangen Prozesses, der eine hochentwickelte Bildungskultur hervorgebracht hat. Einen solchen Prozess kann man weder per schlichtem Willensakt noch par ordre du mufti in Gang setzen. Der Typus des lesenden Arbeiters war im Deutschland des 19. und 20. Jahrhunderts sehr weit verbreitet – die Arbeiterschaft orientierte sich an dem Standard, den das Bürgertum setzte. Übertragen auf die türkische Minderheit in Deutschland (oder überhaupt auf muslimische Minderheiten) hieße das, sie hätte sich an den Deutschen zu orientieren, also sich zu assimilieren. Nicht nur der türkische Ministerpräsident hält eine solche Forderung für ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ – auch deutsche Politiker wagen nicht, irgendetwas in dieser Richtung zu fordern. Das bereits aus Gründen der vorbeugenden Häresiebekämpfung traditionell und von Grund auf geistfeindliche islamische Milieu wird auf diese Weise konserviert – und mit ihm der durchschnittliche IQ von 85.

Der entscheidende Punkt im Kampf um die nationale Existenz ist dann erreicht, wenn die Elite der Einwanderer oder einer zahlenmäßig wachsenden Bevölkerungsgruppe es nicht mehr als gewinnbringend ansieht, sich der Mehrheit anzupassen und ihre Sprache zu sprechen, sondern ihre eigenen politischen Ziele verfolgt und mit eigenen politischen Organisationen den Kampf um die Macht aufnimmt. Für diesen Punkt läßt sich kein bestimmtes Jahr festmachen. Im Rückblick auf ein Jahrhundert hat es der Historiker relativ leicht, nachträglich bestimmte Eckzahlen zu erkennen. Wer aber, wie wir, mittendrin in diesem Ablauf ist, kann nur beobachten, daß z.B. bereits eine selbständige türkische Presse entstanden ist, es aber noch keine eigene politische Partei für die Türken in Deutschland gibt, die aber bald entstünde, wenn ihnen bei Kommunalwahlen das Stimmrecht auch ohne gute deutsche Sprachkenntnisse gewährt würde.

Und erst recht, wenn man die Idee von Frau Zypries (oder ganz allgemein der politischen Linken) durchsetzte, Migranten praktisch voraussetzungslos einen deutschen Pass in die Tasche zu stopfen, womit sie nicht nur bei Kommunal- sondern auch bei Landtags- und Bundestagswahlen wahlberechtigt wären. Ob sie freilich eine eigene Partei gründen müssten, ist fraglich. Die etablierten Parteien üben sich jetzt bereits im vorauseilenden Gehorsam, und diese Neigung wird mit wachsendem muslimischem Bevölkerungsanteil zunehmen.

An diesem Beispiel lässt sich wunderbar die Richtigkeit eines Theorems demonstrieren, das in der Politischen Wissenschaft nahezu unstrittig ist, freilich selten im Zusammenhang mit ethnischen Minderheiten zitiert wird. Es handelt sich um den Sachverhalt, dass die hochorganisierten Partikularinteressen homogener Minderheiten in Demokratien regelmäßig deutlich wirksamer vertreten werden als die von Mehrheiten – an sich ein Kuriosum, da Demokratie doch die Herrschaft der Mehrheit zu favorisieren scheint. Konkret besichtigen lässt sich die Wirkung dieses Umstandes jedes Jahr beim Grand Prix d’Eurovision de la Chanson: Die zwölf Punkte aus Deutschland gehen regelmäßig an die Türkei. Warum? Weil die Türken in Deutschland en bloc abstimmen, die Deutschen aber nicht .

In der Politik zeichnen sich jetzt schon deutlich die Tendenzen ab, die wir beim Grand Prix beobachten: Der türkische Stimmblock ist für alle Parteien interessant, und alle Parteien wissen, dass sie ihn nur für sich gewinnen können, wenn sie Einwanderung und Einbürgerung von Türken so weit wie möglich erleichtern und ihnen auch sonst keine Anpassungsanstrengungen abverlangen. Für die Deutschen wiederum, also (immer noch) die große Mehrheit, die durch diese Politik massiv geschädigt wird, ist die Integrationsfrage vielleicht eine wichtige, aber eben nur eine von vielen, während sie für die Türken entscheidend ist.

Deshalb richten sich die Parteien nach der Minderheit, nicht etwa der Mehrheit. Und deshalb wird es auch keine türkische Partei geben, sie wäre widersinnig. Das Spiel mit dem Parteienegoismus funktioniert aus türkischer Sicht ja nur so lange, wie alle Parteien die Chance haben, den Stimmblock für sich zu gewinnen oder ihn wenigstens nicht völlig an den politischen Gegner zu verlieren. Durch Omnipräsenz stets an der Macht sein – das haben die Gewerkschaften vorgemacht, und genau das haben türkische Interessenvertreter von ihnen gelernt.

Frau Zypries verhält sich also durchaus rational – freilich nur in dem Sinne, in dem es auch eine Prostituierte tut.

Seit 1850 dürfte der Raum, in dem Deutsch Verwaltungs- und Verkehrssprache gewesen ist, bis heute auf ungefähr die Hälfte geschrumpft sein. Die Existenzkrise droht nun in den folgenden Jahrzehnten auch für die Kerngebiete.

Man macht sich das heute gar nicht mehr so bewusst (es kommt im offiziösen Geschichtsbild ja auch nicht vor), wie weit die deutsche Sprache und Kultur Ostmitteleuropa geprägt haben. Wenn Weiss deren Zurückdrängung auch in Deutschland selbst in einer Kontinuität zu entsprechenden Prozessen im Osten (lange vor dem Zweiten Weltkrieg) sieht, so ist mir dieser Ansatz zwar neu, aber er hat einiges an Plausibilität für sich.

Während es 1910 mit den polnisch sprechenden Preußen im Ruhrgebiet eine Menge Probleme gab, spricht heute keiner mehr davon, und ihre Nachkommen prügeln sich als echte Deutsche in den Jugenddiskotheken mit Türken und Rußlanddeutschen.

Eine große Chance besteht für unsere nationale und europäische Existenz darin, daß die bei uns schon vorhandenen Einwanderer und weiter Hinzukommenden keine national geschlossene Einheit bilden, sondern sich auf viele Herkunftsländer verteilen. Gelingt es, die Vielfalt aufrechtzuerhalten, dann sollten wir optimistisch sein.

So schreibt jemand, der nach dem Urteil linker Gutmenschen „rechtsradikal“ ist.

Die einzige Nation, die in Mitteleuropa zahlenmäßig schon so stark ist, daß die Assimilation der schon Anwesenden Vorrang vor jedem weiteren Zuzug haben sollte, sind die Türken.

Hier ist von Assimilation die Rede; in einem rassistischen Text könnte dieses Wort nicht vorkommen. Dies nur zur Erinnerung.

Wie sagte doch Spengler 1917: „Das kulturfähige Menschentum wird von der Spitze her abgebaut, zuerst die Weltstädte, dann die Provinzstädte, endlich das Land, das durch die über alles Maß anwachsende Landflucht seiner besten Bevölkerung eine Zeitlang das Leerwerden der Städte verzögert.“ In der Phase, die wir jetzt erleben, stimmt das aber noch nicht: Die großen Städte werden nicht einfach leer, sondern füllen sich zuvor mit anderssprachigen Flüchtlingen aus den Notstandsgebieten aller Weltteile und aller Hautfarben, die – wenn sie so unqualifiziert sind wie die Türken in Berlin – die Städte wirtschaftlich ruinieren, allein schon durch die notwendigen Ausgaben für Sozialhilfe. Der Verfasser der vierbändigen „Deutschen Gesellschaftsgeschichte“, Professor Hans-Ulrich Wehler brachte es in einem Interview der taz am 10.9.2002 auf den Punkt: „Die Bundesrepublik hat kein Ausländerproblem, sie hat ein Türkenproblem. Diese muslimische Diaspora ist im Prinzip nicht integrierbar. Man soll sich nicht freiwillig Sprengstoff ins Land holen.“

Für alle weiteren Schlussfolgerungen, und da kommen noch einige, übrigens auch vorsichtig optimistische, verweise ich auf Weiss‘ Originaltext.

Der Selbstmord der Völker Europas

Ich habe hier schon mehrfach den Selbsthass des Westens, speziell der europäischen Völker (und hier wiederum besonders meines eigenen) thematisiert. Er äußert sich explizit  in einer Political Correctness, die dem jeweils eigenen Volk, der eigenen Kultur, der eigenen Religion (so man noch eine hat), der eigenen Rasse die Schuld an praktisch allen Übeln dieser Welt zuschreibt, aber äußerst wohlwollend mit dem jeweils „Anderen“ umgeht. Er äußert sich aber auch implizit in der schleichenden Selbstauslöschung der Völker Europas.

Für beide Phänomene lassen sich eine Reihe von Ursachen bzw. Motiven identifizieren: ideologische, politische, soziologische, ökonomische, und einige von denen habe ich auch hier im Blog schon behandelt.

Mit der psychologischen Seite habe ich mich bisher nur en passant befasst, obwohl allein das Wort „Selbsthass“ auf die Bedeutung psychologischer Motive verweist.

Ruth hat mich vor einiger Zeit auf einen Aufsatz des Psychoanalytikers und Bloggerkollegen Shrinkwrapped hingewiesen, den BeforeDawn netterweise ins Deutsche übersetzt und im Counterdjihad-Blog eingestellt hat. Leider findet dieser Blog nicht die verdiente Aufmerksamkeit – bisher hat es gerade einmal 79 Zugriffe auf Shrinkwrappeds Essay gegeben (Ich muss mir für diesen Blog wohl etwas einfallen lassen.), und deshalb stelle ich ihn hier mit einigen Raffungen und Kürzungen und unterbrochen von meinen eigenen Kommentaren noch einmal ein. Natürlich bin ich kein Psychologe und weiß über Psychologie nur so viel, wie man als belesener Zeitgenosse eben weiß; aber auch auf dieser Basis lässt sich ja trefflich spekulieren:

„Scham, Aggression und demographischer Selbstmord

von Shrinkwrapped

Übersetzung: BeforeDawn

Teil I

(28. März 2006)

Am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit kam eine Frau zu mir, die ich Gudrun nennen möchte, um sich therapieren zu lassen, und zwar gezwungenermaßen. Sie hatte eine ausgezeichnete berufliche Tätigkeit, die sehr zu ihr passte, aber ihr Chef hatte ihr gesagt, er würde sie entlassen, wenn sie sich nicht einer psychiatrischen Behandlung unterzöge. Es war ihr klar, dass sie nicht gut mit Menschen zurechtkam: in den meisten ihrer Beziehungen hatte sie am Ende das Gefühl, misshandelt zu werden, und so war es wohl auch wirklich. Es gab einiges Beeindruckende an dieser Frau, nicht zuletzt ihre Schönheit und ihre Intelligenz. Sie war Deutsche und war in die USA gekommen, um ihr Studium abzuschließen; sie hatte sich dann entschieden, in New York zu bleiben, weil sie sich eine Zukunft in Deutschland eigentlich nicht vorstellen konnte.

Mein anfänglicher Eindruck war, dass diese Frau sehr sympathisch war, nicht nur wegen ihres offensichtlichen Charmes und ihrer Intelligenz. Sie war warmherzig und einnehmend, sie ließ sich ohne erkennbare Schwierigkeiten auf eine relativ intensive Psychotherapie ein, was emotionale Intimität und Offenheit angeht, und ich wunderte mich darüber, warum es ihr nie möglich gewesen war, eine langfristige Beziehung einzugehen, und warum sie bei ihrem Chef und ihren Mitarbeitern einen so starken Zorn auf sich auslöste. Im Laufe der Zeit merkte ich, dass sie zentrale Teile ihrer Lebensgeschichte nicht thematisierte.

Sie war etwas mehr als zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren. Ihr Vater war in der Wehrmacht gewesen, und nach dem Krieg war er mehrere Jahre Gefangener in Stalins Gulag, bevor er entlassen wurde und nach Hause zurückkehren konnte. Ihre Mutter war während des Krieges noch ein Teenager gewesen und hatte in Berlin gelebt. Ihre Eltern hatten geheiratet, nachdem der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war. Sie war ein Einzelkind. Sie, wie auch ich, brauchte mehrere Monate, um zu erkennen, was in ihrer Lebensgeschichte fehlte: sie hatte keine Vorstellung davon, was ihre Eltern während des Krieges erlebt hatten.

Dies hatte Ähnlichkeit mit den „Löchern“ in der Lebensgeschichte von Patienten, die Kinder von Überlebenden der Konzentrationslager waren. Die Eltern sprachen nicht nur nicht über ihre Erfahrungen, sondern sie vermittelten ihren Kindern die Botschaft, dass bestimmte Fragen nicht denkbar waren und schon gar nicht gefragt werden durften. Bei Kindern von KZ-Überlebenden konnte man ein solches Fehlen von Teilen der Lebensgeschichte erwarten und man konnte damit therapeutisch arbeiten; ich hatte jedoch bis dahin keine Erfahrung mit Überlebenden auf der Seite der Täter und erwartete nicht dieselbe Art von biographischen Lücken.

Eine Anzahl von disparaten Teilen im Puzzle meiner Patientin kam allmählich in den Blick. Sie verriet mir, dass sie ein Jahr in Israel gelebt hatte, als sie 18 war, und dass sie zu der Zeit erwogen hatte, zum jüdischen Glauben überzutreten. Das erschien rätselhaft, denn als sie zu mir kam, war sie eine kosmopolitische unreligiöse Europäerin mit beträchtlicher Lebenserfahrung. Ein weiterer verwirrender Aspekt ihres Falles war, dass ich von Zeit zu Zeit den Wunsch verspürte, ihr gegenüber verletzende Bemerkungen zu machen, die in ihrer Therapie unangebracht schienen. Ich mochte sie wirklich, und ich war mir keines negativen Gefühls ihr als Deutscher gegenüber bewusst (Wie hätte sie denn für den Holokaust auch nur im geringsten verantwortlich sein können?), noch konnte ich irgendein Stück Gegenübertragung bei mir identifizieren, das mich hätte dazu bringen können, sie zu verletzen.

Erst nachdem mir klar geworden war, dass ich mit meiner Patientin in Hinsicht auf einen Verzicht, die Verwicklung der Eltern in die historischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs zu erkunden, kollaborierte, gewann ihre Therapie einen klareren Fokus und war es uns möglich zu verstehen, was die Gründe für ihre Probleme waren.“

Als ich das las, war ich überzeugt, dieselbe Krankengeschichte vor Jahren schon einmal gelesen zu haben, und zwar in diesem Buch:

71DSGF7XD4L._SL500_AA240_Der darin enthaltene Aufsatz „Kind von Verfolgern“ von M. David Coleman – auch er der Bericht eines jüdischen amerikanischen Analytikers, der eine deutsche Patientin behandelt -, ähnelt Shrinkwrappeds Bericht nicht in jedem Detail, aber doch genug, dass ich zunächst glaubte, es mit ein- und demselben Text zu tun zu haben: Auch dort eine attraktive, scheinbar gut angepasste Person, die ständig die Aggressionen ihrer Mitmenschen herausforderte; die den Übertritt zum jüdischen Glauben in Erwägung gezogen hatte; deren Mutter über die Vergangenheit niemals sprach; beide aus Deutschland emigriert, Gudrun von sich aus als Erwachsene, Frieda (die Patientin von Herrn Coleman) als Kind. Beide schufen Distanz zu Deutschland, Gudrun durch die Emigration, Frieda, indem sie Kopfschmerzen bekam, wenn sie die deutsche Sprache hörte.

„Wir fanden heraus, dass ihr Vater zwar in die Wehrmacht eingetreten war, aber sich geweigert hatte, irgendetwas mit der SS oder der Gestapo zu tun zu haben; er hatte regelmäßig erkennen lassen, dass er gegen die Nazis war.  Nach dem Krieg hatten die Russen ihn mit vielen anderen deutschen Soldaten verladen und nach Sibirien in den Gulag geschickt, wo er fast zehn Jahre leiden musste, bis die Russen ihn schließlich repatriierten.

Interessant war, dass sie über die Geschichte ihrer Mutter lediglich wusste, dass die Familie am Ende des Krieges mit beträchtlichen Entbehrungen fertig werden musste, und dass sie sich daran erinnern konnte, Hunger gehabt zu haben. Besonders auffällig war, dass Kenntnisse über Erlebnisse ihrer Mutter aus der Zeit vor dem Krieg und während des Krieges völlig fehlten, obwohl sie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte und viel über ihre Nachkriegserlebnisse wusste. Wenn sie ihre Mutter gefragt hatte, wie ihr Leben vor dem Krieg gewesen war, hatte sie es immer abgelehnt zu antworten oder das Thema gewechselt.

Zu der Zeit, als wir anfingen, den Hintergrund ihrer Mutter zu erkunden, offenbarte sie – und es fiel ihr bezeichnenderweise schwer -, dass sie seit langem relativ weitgehende sadomasochistische Sexualphantasien hatte. Sie hatte diese Phantasien nie ausagiert, aber sie fand sie sehr erregend und zugleich in hohem Maße beschämend, was sie in einen inneren Konflikt versetzte. Was ich bemerkenswert fand, war, dass ihre Phantasien – im Gegensatz zu denen anderer Patienten mit sadomasochistischen Neigungen – ganz offensichtlich außerordentlich fließend waren, in dem Sinne, dass es ihr oft unmöglich war, festzulegen, ob sie in ihrer Phantasie das masochistische Opfer oder der sadistische Täter war.

Im dritten Jahr ihrer Therapie machte Gudrun eine vierwöchige Reise nach Deutschland, um ihre Eltern zu besuchen. Ihr Vater war zu der Zeit schwer erkrankt, und es sollte ein Abschiedsbesuch sein.

Nach ihrer Rückkehr hatte sie mir viel zu erzählen. Sie hatte Gelegenheit gefunden, sich mit ihren Eltern zusammenzusetzen und lange Gespräche zu führen; sie hatte schließlich ihre Mutter mit den Lücken in ihrer Lebensgeschichte konfrontiert. Was sie dabei entdeckt hatte, ließ sie ihre eigenen Erfahrungen aus einer veränderten Perspektive sehen.

Ihre Mutter hatte, als sie in Berlin aufwuchs, als beste Freundin ein jüdisches Mädchen gehabt, das im Haus nebenan lebte. Ihre eigenen Eltern hatten ein sehr enges Verhältnis zu den Eltern ihrer Freundin. Die beiden Mädchen waren unzertrennlich. Als die Nazis an die Macht kamen, wurde diese beste Freundin ihrer Mutter, weil sie Jüdin war, in der Schule gemieden und gehänselt; ihre Mutter distanzierte sich von ihrer Freundin. Eines Tages war die Familie von nebenan verschwunden. Es war nicht nur, dass sie sie nie wieder sahen, es wurde auch nie wieder von ihnen gesprochen. Der Name des Mädchens war Giselle.

Meine Patientin brach in Tränen aus und zeigte ihr Entsetzen, als sie mir diese Dinge erzählte. Es war für sie unfassbar, dass ihre Mutter und ihre Großeltern so gefühllos gewesen waren. Wie konnte eine solche Schlechtigkeit in ihrer Familie sein? Andere Deutsche hatten ihr Leben riskiert, um jüdische Kinder und jüdische Familien zu retten; wie konnte ihre Familie sich angesichts solcher Grausamkeit sich so passiv verhalten?

Ihre Scham über ihre eigene Geschichte war tief.“

Dabei waren ihre Eltern nicht einmal Nazis gewesen, anders als die der Patientin Frieda, deren Stiefvater bei der SS gewesen war, deren Mutter noch in den sechziger Jahren pronazistisch eingestellt war, und die selber als Kind (sie war kurz vor dem Krieg geboren worden) eine Version des Cowboy-und-Indianer-Spiels gespielt hatte, bei dem die Juden die Indianer waren. Ihre Schuldgefühle basierten bei ihr auf dem Gefühl, dass sie ohne die Niederlage Deutschlands und ohne die Emigration ganz selbstverständlich ebenfalls ein Nazi geworden wäre.

„Jetzt erst konnte sie ihre unbewusste Identifikation mit den Juden besser verstehen. Sie selbst war nach einem verschwundenen jüdischen Mädchen benannt worden. Ihre sadomasochistischen Phantasien kamen jetzt klarer in den Blick. Sie begriff, dass sie unbewusst alle ihre Beziehungen durch eine Nazi-Juden-Linse gesehen hatte. Sie konnte es nicht ertragen, auf der Seite der Nazis zu sein, und war so gezwungen, ihre eigenen aggressiven Gefühle zu verstecken und zu leugnen, während sie andererseits das Opfer sein konnte, indem sie in ihren Phantasien sich Aggression von anderen vorstellte; dies war aber auch keine Position, die stabil und aushaltbar war. Die Unmöglichkeit, mit sich selbst einen Pfad durch diese beiden Extreme auszuhandeln, führte zu einer Art von fixierter psychischer Kreisbewegung, die sie dazu zwang, beständig ein Nazi-Juden-Szenario zu inszenieren, abwechselnd als unbewusster Täter und dann als bewusstes Opfer.

Zur selben Zeit, als wir die Dynamik dieses Aspekts ihres Charakters herausarbeiteten, konnte ich auch selbst meine Ambivalenz hinsichtlich ihres deutschen Hintergrunds besser erkennen und damit auch, dass die Fragen, die ich mir verboten hatte zu stellen (´Was haben Ihre Eltern und deren Eltern während des Krieges gemacht?´), mich dazu gebracht hatten, die Art und Weise, in der sie mich provozierte, zu übersehen. (Sie war sehr geschickt in der subtilen Kunst der unbewussten Provokation.) Als ich nun zu sehen begann, wie sie mich provozierte, konnte ich auch besser meine eigenen Impulse, ihr gegenüber grausam zu sein, als das begreifen, was sie waren, nämlich Teil der Inszenierung ihrer aus der Familiengeschichte hergeleiteten unbewussten Phantasien.

Gudrun war eine lebenserfahrene, schöne, intelligente Frau, sprach fünf Sprachen fließend, ein talentiertes und bezauberndes Beispiel einer aufgeklärten Nachkriegseuropäerin, sie spürte jedoch, dass sie einen ernsthaft kranken Kern hatte. Gudrun hatte versucht, Europa zu entkommen, indem sie nach Amerika ging, und war damit teilweise erfolgreich, nachdem sie die Krankheit in ihr identifizieren konnte.

Wie es ihr gelang, diese aus ihrer Familiengeschichte resultierenden lang andauernden Konflikte zu lösen, und was die möglichen Implikationen daraus für Europa sind, wird in einem kommenden Posting erkundet werden.

Teil II :

(29. März 2006)

Gestern habe ich angefangen, die Geschichte von Gudrun zu erzählen, die Mitte zwanzig war, als sie wegen ihrer chronischen Schwierigkeiten, mit ihren Mitmenschen auszukommen, zu mir zur Behandlung kam. Sie war eine begabte attraktive Deutsche, die oft einen jüdischen Stern am Hals trug, als sie achtzehn war, ein Jahr in Israel gelebt hatte, und einen nicht unbeträchtlichen Teil der Zeit damit verbrachte, den Übertritt zum Judentum in Betracht zu ziehen. Sie fand in ihrer Therapie heraus, dass sie nach der besten Freundin ihrer Mutter in deren Kindheit benannt worden war, einem jüdischen Mädchen namens Giselle, die in den Konzentrationslagern Nazideutschlands in den späten Dreißigern verschwunden war, um nie wieder gesehen oder erwähnt zu werden.
[In meinem vorigen Posting hatte ich vergessen, darauf hinzuweisen, dass Gudruns Namensgebung durch die Mutter entsprechend der Tradition der aschkenasischen (osteuropäischen) Juden erfolgt war, die Verbundenheit mit einem geliebten Verstorbenen durch den Gebrauch des gleichen Anfangsbuchstabens auszudrücken.]

Ungeachtet dessen, was Gudrun an Wissen über sich selbst gelernt hatte, was ihr eine große Hilfe war, die Art und Weise zu verstehen, in der sie unbewusst andere dazu provozierte, sie anzugreifen, war sie nicht in der Lage, eine passende Dauerbeziehung zu finden oder aufrechtzuerhalten. Dies war verwirrend, denn wir beide dachten, wir verstünden im wesentlichen, was ihre Beziehungen in der Vergangenheit gestört hatte, und häufig machten ihr Männer den Hof, die, soweit zu erkennen war, durchaus zu ihr zu passen schienen.

Schließlich aber fanden wir heraus, dass es einen unlösbaren Konflikt gab, der es Gudrun verwehrte, jemals die dauerhafte Beziehung zu finden, nach der sie sich sehnte.

Sogar nach mehreren Jahren therapeutischer Arbeit konnte Gudrun die Enormität dessen, was ihre Eltern durchgemacht hatten und wie sie mit ihrer eigenen Rolle in den mit dem Holokaust verbundenen Ereignissen umgegangen war, nicht gänzlich einschätzen. Obwohl sie nicht religiös war und nur ein Minimum an religiöser Unterweisung (in einem protestantischen Bekenntnis) erhalten hatte, hatte sie das Gefühl, dass der Makel des Holokaust, der auf ihrer Familie lastete, eine Ursünde sei, für die es ihr niemals möglich sein werde, völlige Wiedergutmachung zu leisten. Während Christen fühlen, dass sie von ihrer „Ursünde“ durch das Opfer Jesu Christi erlöst sind, gab es in der säkularen Welt der Europäer nach dem Krieg und dem Holokaust keine gleichartige Erlösung. Es dauerte eine sehr lange Zeit, bis es Gudrun möglich war, ihr tief empfundenes Gefühl in Worte zu fassen, dass der beschämende Makel in ihrem Kern niemals ausgelöscht werden könne.

Gudruns Empfindung war, dass sie wegen der Mittäterschaft ihrer Familie an den Schrecken des Holokaust es nicht verdient habe, von einem anständigen Menschen geliebt zu werden; sie wusste zwar, dass sie eine Person war, die von anderen gemocht wurde, und konnte sich sogar dazu überreden, dass sie liebenswert sei, aber in ihrem tiefsten Inneren fühlte sie, dass sie nicht liebenswert sei. Die Kluft zwischen dem, was ihr intellektueller Verstand ihr sagte (dass sie für das, was geschehen war, nicht verantwortlich sei) und dem, was ihr Gefühl ihr sagte (dass sie ein Abkömmling des Bösen sei), war unüberbrückbar. Wir haben dies eine sehr lange Zeit bearbeitet. In dieser Zeit gründete sie ihre eigene Firma, kaufte ein Haus und engagierte sich gesellschaftlich, aber sie konnte nie die Art von Zuneigung eines Mannes ertragen, nach der sie sich mehr als nach allem anderen sehnte. Darüber hinaus war die Vorstellung, ein Kind in die Welt zu setzen, in dem möglicherweise dasselbe Übel wie in ihr steckte und auf der Lauer lag, um eines Tages wiederum Gestalt anzunehmen, eine Quelle unvorstellbaren Schreckens für sie. Es war ihr nicht möglich, das Gefühl ins Wanken zu bringen, dass, was an Gutem sie auch immer in der Welt tat, sie doch von Menschen abstammte, die zu den schrecklichsten Dingen in der Lage gewesen waren, und so konnte sie es nicht riskieren, auch nur im geringsten Maße dafür verantwortlich zu sein, dass dieses Böse wiederum auf die Welt losgelassen würde. Es ist kaum möglich zu beschreiben, wie tief sie diesen Schrecken empfand und wie stark er war.

Ich kann nicht genug betonen, dass diese Frau die empfindsamste aller Seelen war; schon der Gedanke, dass sie eine andere Person verletzen könnte, machte sie physisch krank. Dennoch konnte sie nie das Gefühl ins Wanken bringen, dass in ihrem Kern sich etwas Schreckliches befinde. Letztendlich traf sie die bewusste Entscheidung, ihre Gene nicht weiterzugeben. Sie entsagte ihrer eigenen Zukunft und der Möglichkeit, geliebt zu werden. Nichtsdestoweniger hatte sie das Gefühl, dass die Therapie äußerst hilfreich war und dass sie die disparaten Gefühle, von denen sie den größten Teil ihres Lebens geplagt worden war, geklärt hatte. Sie hatte es nicht länger nötig, andere so wie in der Vergangenheit zu provozieren und konnte jetzt gut mit anderen zusammenarbeiten. Die Menschen wurden nicht mehr von ihr vor den Kopf gestoßen und waren nicht mehr wütend auf sie, sondern sie wurde von ihnen aufrichtig gemocht. Sie konnte ihren Freunden und Kollegen zwar nicht erklären, warum sie die ganze Zeit allein blieb, aber sie wusste, warum sie sich für ihren Lebensweg entschieden hatte.“

Da sie ihren Selbsthass ihrer Zugehörigkeit zu einem Kollektiv verdankt – nämlich zum deutschen Volk, sind ihre Emigration, überhaupt ihr betonter Kosmopolitismus Mittel, dieser Zugehörigkeit zu entkommen. Für die, die im Lande bleiben, ist diese Nichtidentifikation schwerer zu demonstrieren; aber auch für sie gibt es Wege, den Hass auf das eigene Volk auszuleben. Mit der Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, bestrafen sie sich nicht nur selbst, für ihre empfundene „Schuld“, sondern auch das Volk, dem sie diese „Schuld“ verdanken. Der Wunsch, dass das eigene Volk nicht existieren möge, schlägt sich sowohl im Reproduktionsverhalten nieder als auch in Ideologien, die diese Existenz in Abrede stellen („dekonstruieren“), als auch in sozialen und politischen Leitbildern, die ihm auf dem schnellsten Wege zum Exitus verhelfen.

(Eines sollte ich klarstellen: Wenn ich politische Ideen unter psychologischen Gesichtspunkten betrachte, dann treffe ich keine Aussage darüber, ob man nicht auch auf rationalem Wege zu diesen Ideologien gelangen kann. Anders gesagt: ich erkläre ihre Anhänger nicht für verrückt – obwohl ich bisweilen durchaus glaube, dass sie das sind; nur ist das eben keine Diskussionbasis. Politische Ideologien – welche auch immer – psychologisch zu interpretieren heißt vielmehr die Frage beantworten: Angenommen, diese Ideologien wären aus unbewussten Motiven entstanden, welche Motive müssten das dann sein? Während eine ideologiekritische Argumentation auf die entgegengesetzte Frage antworten würde: Angenommen, diese Ideologien hätten keinen psychologischen Hintergrund, sondern wären rational entwickelt worden, welche Logik stünde dahinter? Man muss die psychologische von der ideologiekritischen Ebene trennen, um auf jeder Ebene sauber zu argumentieren; Aussagen über die Vernunft oder Unvernunft von Ideologien lassen sich auf der Basis solcher Annahmen selbstverständlich nicht begründen.)

„Obwohl immer Vorsicht angebracht ist, wenn man vom Einzelfall auf das Generelle schließt,  frage ich mich doch, ob das, was ich in Gudrun gesehen habe, nicht eine unbewusste Dynamik repräsentiert, die insgesamt im heutigen Europa am Werk ist. Das schmutzige Geheimnis, zu dem sich Europa nie bekannt hat, ist das große Ausmaß an Mittäterschaft am Holokaust, nicht nur der Mehrheit der Deutschen, sondern auch der Franzosen, der Polen, der Bulgaren, Ungarn und anderer. Die osteuropäischen Länder haben in einer gewissen Weise dafür Buße getan, dadurch dass ihre Nachkriegsgenerationen von den totalitären Kommunisten gefangen gehalten wurden: die Kommunisten versuchten bewusst, alle Zeichen der Mittäterschaft ihrer Völker am faschistischen Holokaust, der vor allem gegen die Juden gerichtet war, zu beseitigen. Sogar in Westeuropa ist die Mittäterschaft versteckt worden, wenn auch nicht völlig beseitigt. Weil man dies nicht direkt angepackt hat, hat das schändliche Geheimnis im Inneren Europas wie ein Geschwür weiter geeitert, wie alle schändlichen Geheimnisse.“

Ich hatte mich schon immer gewundert, warum die Erscheinungen des kollektiven Selbsthasses, die wir in Deutschland mit den Nachwirkungen des Dritten Reiches erklären, in vielen anderen westlichen Ländern ebenfalls zu beobachten sind.

Wenn ich allerdings bedenke, dass zumindest der ideologische Selbsthass auch und sogar besonders ausgeprägt in den angelsächsischen Ländern zu beobachten ist, die gegen Deutschland gekämpft haben, dann frage ich mich, ob Shrinkwrappeds Erklärung ausreicht. Gewiss haben auch England und Amerika sich mitschuldig gemacht, z.B. durch ihr Verhalten bei der Konferenz von Evian 1938, als sie die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge explizit ablehnten bzw. nur unter großen Einschränkungen akzeptierten; durch ihre Neutralitäts- bzw. Appeasementpolitik; nicht zuletzt durch ihre Weigerung, ihre Militärmacht direkt zur Behinderung des Holocausts einzusetzen (z.B. durch Bombardierung der Bahnstrecken zu den Vernichtungslagern). Trotzdem sind solche Unterlassungssünden doch weit entfernt von dem Ausmaß an Verstrickung der Völker im besetzten Europa, geschweige denn des deutschen.

Allem Anschein aber nach identifizieren sich praktisch alle westlichen Völker mit dem deutschen, und zwar gerade im Hinblick auf den Holocaust! Sie sehen sich als potenzielle Täter (nicht anders als die beiden Patientinnen), nicht als potenzielle Opfer. Dazu passt auch die latente – oder gar nicht so latente – Deutschfeindlichkeit in vielen westlichen Ländern, die mir weit über das hinauszugehen scheint, was man zwischen ehemaligen Kriegsgegnern normal finden wird. Womöglich ist diese Deutschfeindlichkeit deshalb so intensiv, weil die mit ihrer Hilfe verdrängte Täteridentifizierung so stark ist.

Warum aber identifiziern sie sich mit den Deutschen, nicht etwa mit den Juden? Weil sie keine Juden sind, wohl aber mit den Deutschen einen Antisemitismus teilen, der in wesentlichen Zügen zu den Grundannahmen des kollektiven Weltbildes in christlich geprägten Gesellschaften gehört. In muslimisch geprägten natürlich auch, aber heute schreibe ich (ausnahmsweise mal 😀 ) nicht über den Islam.

Bleiben wir bei der Psychologie: Das Verhältnis des Christentums zum Judentum ist nicht unähnlich dem von nominell erwachsenen Kindern, bei denen die Ablösung vom Elternhaus nicht geklappt hat, zu ihren Eltern. Das Volk Israel ist zugleich die „Wir“-Gruppe des Alten Testaments und die Feindgruppe des Neuen.  Der christliche Antisemitismus entspricht dem Hass auf Eltern, von denen man nicht loskommt, weil man es nicht geschafft hat, ein von ihnen unabhängiges Selbst aufzubauen. Und die Völker, die diesen Hass teilen, fühlen sich mitschuldig am Holocaust – ganz unabhängig vom Maß der tatsächlichen eigenen Beteiligung. Das scheint mir einleuchtend. Es würde auch erklären, warum der Massenmord an den Zigeunern nicht dieselben Schuldgefühle auslöst: Die Zigeuner sind im Gegensatz zu den Juden die völlig Anderen, sie spielen keine Rolle für die kollektive Selbstdefinition.

„Scham ist das unerträglichste aller Gefühle, weil es das Selbst betrifft. Dr. Sanity hat sehr Erhellendes über Scham und ihre Wirkungen im öffentlichen Raum geschrieben:

Übermäßige oder unangemessene Scham ist etwas völlig anderes, sie sagt dem Individuum mit großer Eindringlichkeit, dass er oder sie wertlos ist. Scham kann eine außerordentlich zerstörerische und schmerzhafte Erfahrung sein. Kinder, die beständiger Feindseligkeit und Kritik ausgesetzt sind, lernen, sich gegen die schlechten Gefühle und die Scham in ihrem Inneren zu wehren und nach außen hin anderen den Grund dafür vorzuwerfen. Projektion und Paranoia, die beide Schuldzuschreibungen nach außen sind, sind psychische Verteidigungsmechanismen gegen die Scham. Oft wird versucht der Betreffende, mit dieser übermäßigen Scham umzugehen, indem er jemanden, den er als schwächer oder noch wertloser wahrnimmt, demütigt (z. B. ein Haustier, eine Frau, Schwule oder Außenseiter erfüllen diese Funktion sowohl für einzelne als auch für kulturelle Gruppen).

Ein Schuldgefühl entsteht nach einem Verstoß gegen die persönlichen Werte oder die der eigenen kulturellen Gruppe. Das Gefühl der Schuld bezieht sich auf Handlungen, auf das Verhalten, während das Gefühl der Scham sich auf das Ich bezieht. Wenn jemandem gesagt wird, sein Verhalten sei schlecht, ist das in seiner psychologischen Wirkung etwas deutlich anderes als wenn man jemandem sagt, er sei schlecht. Jenes führt zu einem Gefühl der Schuld, dieses zu einem Gefühl der Scham.

Zu Scham und Erniedrigung gehört aber auch, dass sie oft zu Wut führen. Wenn die Wut nicht nach außen abreagiert wird, wird sie oft gegen das Ich gerichtet und kann Verzweiflung bis hin zum Suizid bewirken (von dieser Verzweiflung ist Gudruns Lebensentwurf eine weniger schlimme Variante); wenn die Wut nach außen gerichtet ist, kann sie für eine andere Person tödlich sein. Oft stehen beide Formen auch im Zusammenhang. Der Selbstmordbomber vernichtet sich selbst und den verhassten (meistens auch beneideten) anderen, der als die Ursache der Scham gesehen wird.

In der Kultur der europäischen Eliten zeigt sich ein beträchtliches Maß an Pathologie. Sie versuchen, ihr Gefühl der Scham dadurch zu verarbeiten, dass sie das attackieren, was sie als ihren Ausgangspunkt ansehen. Wenn die Juden nur verschwinden würden, könnte die Erinnerung an den Holokaust der Vergangenheit anheim gegeben und für immer vergessen werden. Dies hat nicht für Gudrun funktioniert und es kann auch nicht für Europa als Ganzes funktionieren. Mit ihrem Bemühen, ihre Mittäterschaft vergessen zu machen, drohen sie die Verbrechen der Vergangenheit zu wiederholen. Die schändlichen Angriffe auf die Legitimität Israels sind nichts weiter als kaum verhüllter Antisemitismus, das zentrale Übel, das Gudrun niemals völlig verarbeiten konnte.

(…)“

Das eigene Volk ist nur  eines von zwei Völkern, denen man seinen Selbsthass zu verdanken glaubt, und die man deshalb aus der Welt schaffen will. Das andere sind die Juden. Das makabre Bonmot, dass die Deutschen den Juden Auschwitz nicht verzeihen werden, ist nicht nur zutreffend; es gilt sogar, wenn auch abgestuft, für alle westlichen Völker.

Nehmen wir an, das Verhältnis zum eigenen Volk und das zu den Juden respektive Israel sei die Grundlage politischer Weltbilder in westlichen Ländern, dann gibt es vier mögliche Grundeinstellungen:

(Ich beziehe mich konkret auf Deutschland.)

  • projüdisch-prodeutsch: Teile des konservativen Spektrums (mainstream- und rechtskonservativ)
  • projüdisch-antideutsch: die antideutschen Linken
  • antijüdisch-prodeutsch: traditionell Deutschnational-Rechtskonservative, außerdem Rechtsextremisten
  • antideutsch-antijüdisch: die Mehrheit, und zwar im Zentrum wie auf der Linken

Der Hass auf das eigene wie auf das jüdische Volk, der aufgrund von Shrinkwrappeds Argumentation als Mehrheitseinstellung zu erwarten ist, ist tatsächlich die Einstellung der Mehrheit. Die drei Alternativen werden von Leuten gewählt, die sich mit dem eigenen Volk identifizieren – das gilt auf vertrackte Weise auch für die Antideutschen, für deren Deutschfeindlichkeit das gelten dürfte, was ich oben über die der westlichen Völker gesagt habe: dass sie nämlich Ausdruck einer mit großem psychischem Aufwand verdrängten Identifikation ist.

„Antisemitismus ist eine Krankheit, die einen Menschen und eine Kultur von innen zerstören kann (siehe auch Pity the Poor Anti-Semite); sie kann natürlich ihren ausersehenen Opfern, den gefürchteten, beneideten und idealisierten Juden, schrecklichen Schaden zufügen, aber sie höhlt eben auch den Kern desjenigen aus, der an dieser Krankheit leidet. Vielleicht hat Gudrun ein Beispiel für die Wege aufgezeigt, auf denen diese Krankheit ihre Wirkungen durch die Generationen hindurch zeitigt.

Teil III:

(30. März 2006)

(…)

Meine Patientin wuchs im Nachkriegsdeutschland auf, in einer Umgebung, in der die gesamte Bevölkerung sich verabredet hatte, alle Erinnerungen an ihre Mittäterschaft am Holokaust (bei vielen eine aktive, aber bei den meisten eine passive) zu begraben. Die beste Kindheitsfreundin ihrer Mutter war ein jüdisches Mädchen von nebenan; eines Tages war sie mitsamt ihrer Familie verschwunden und wurde nie wieder gesehen oder auch nur erwähnt. Gudruns Mutter behielt fast 40 Jahre lang dieses Geheimnis bei sich selbst, d. h. der Mutter war es nicht wirklich bewusst gewesen, dass es ein Geheimnis war, sie hatte einfach nie daran gedacht, es ihrer Tochter gegenüber zu erwähnen, bis Gudrun sie direkt damit konfrontierte, als sie – nun schon fast dreißig – bei ihr zu Besuch war.

Die Analogie zwischen Europas allgemeiner Leugnung und der der Einzelperson liegt in der Verdrängung.

Eine von Freuds großen Einsichten war, dass, wenn traumatische Erinnerungen „vergessen“ oder „verdrängt“ und so dem Gedächtnis entzogen werden, sie dennoch beständig danach drängen, an die Bewusstseinsoberfläche zurückzukehren. Die Kräfte, die das „Vergessen“ bedingen, kämpfen darum, das Trauma nicht bewusst werden zu lassen, und aus diesem Kampf resultieren Krankheitssymptome und Charakterdeformationen. Das klassische Beispiel hierfür, das wir in der jetzigen komplexeren Gesellschaft nicht mehr sehen, wäre die hysterische Konversionssymptomatik. Bei einem Patienten, der sich in einer Konfliktsituation wegen seiner Aggression (er hat Angst, sich oder andere zu verletzen) befindet, könnte sich z. B. eine hysterische Lähmung seines Armes entwickeln. Mit seinem gelähmten Arm wäre er nicht mehr in der Gefahr, irgendjemanden zu verletzen, allerdings sind die resultierenden Symptome der hysterischen Konversion oft schlimmer als die Impulse, die sie auslösen. Freud nannte eine solche Symptombildung eine „Rückkehr des Verdrängten“.

[Unser heutiges Verständnis einer solchen Symptombildung ist ein gutes Stück differenzierter und komplexer, aber der grundlegende Rahmen für das Verständnis hat den Test der Zeit bestanden.]

In der gleichen Weise nun haben die europäischen Eliten sich vorgestellt, sie könnten die Verwicklung Europas in die Grausamkeiten des Holokausts vergessen, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Jedoch zahlt Europa einen sehr hohen Preis dafür, und es könnte sein, dass es im Begriff ist, die Bühne für eine „Rückkehr des Verdrängten“ zu bereiten.

Der Mann mit dem gelähmten Arm, den ich mir gerade vorgestellt habe, ist Europa. Seit dem Zweiten Weltkrieg, als das ganze Ausmaß des Schreckens des Holokaust zutage trat, haben die Europäer versucht, ihre aggressiven Impulse zu leugnen. Sie sind friedliebender geworden als die blutdürstigen Amerikaner und haben sich deswegen selbst entwaffnet, sie sind moralischer als der Cowboy aus Crawford, viel gescheiter und differenzierter im Denken als die Tölpel von der anderen Seite des großen Teichs. Aber während dieser ganzen Zeit, in der sie den Anschein verfeinerter Urbanität aufrechterhielten, gab es in ihrem Kern eine Krankheit.

Meine Patientin löste ihre auf Aggression, Scham und Schuld basierenden Konflikte durch Selbstbestrafung, Zerstörung ihrer Zukunft und durch die Selbstverpflichtung, niemals Mittäterin bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sein. Man ist versucht, im demographischen Versagen der hochzivilisierten Europäer eine ähnliche Selbstverpflichtung zu sehen. Ich möchte jedoch behaupten, dass es in diesem Fall nicht so leicht ist, das Verdrängte im Unbewussten unter sicherem Verschluss zu halten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Europäer, außer Lippenbekenntnissen, nichts getan, um neue Völkermorde zu verhindern oder zu stoppen, jetzt in Darfur, vorher in Bosnien, in Kurdistan (durch Saddam Hussein) und unter den Schiiten im Irak. Durch ihre Angst vor Aggression und ihre Unfähigkeit zu moralischen Differenzierungen haben sie sich im Angesicht wirklicher Brutalität selbst entwaffnet. Sie haben sich sogar vehement bemüht, jene zu entwaffnen, die sie als ihr böses Spiegelbild sehen, die Israelis. (Dies wäre ein Beispiel für den „Narzissmus der kleinen Unterschiede“, der eigentlich einen gesonderten Beitrag verdient; man beachte, dass die deutschen Juden vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus die erfolgreichsten und am stärksten assimilierten Juden in ganz Europa waren. Dazu hat jemand gesagt, dass die Deutschen den Juden den Holokaust niemals verzeihen werden. Und auch nicht die Franzosen.)

Die ganze Kultur der Political Correctness und des Multikulturalismus beruht auf der Marxschen Dialektik der Unterdrücker und der Unterdrückten… In der politisch-korrekten Welt können nur Weiße und ihre Handlanger die bösen Unterdrücker sein. Saddam Hussein kann Millionen von muslimischen Glaubensgenossen töten, und dies regt niemanden auf; Hafis el-Assad kann Hama zerstören und 20.000 Menschen töten [Bombardement der Stadt Hama, um eine Zentrale der Muslimbrüder auszuschalten, Febr. 1982; Anm. des Ü.], und das ohne ein Wort der Missbilligung vonseiten der Europäer; die saudische Königsfamilie kann Sklaverei praktizieren und mittelalterliche Strafen für Apostasie verhängen, ohne ein Wort der Missbilligung (bedauerlicherweise auch nicht von unserer Regierung); der Iran ermordet Vergewaltigungsopfer und arbeitet fieberhaft daran, Nuklearwaffen herzustellen, um sie gegen ihre Feinde, einschließlich der Juden, einzusetzen, und die Europäer jammern und ringen die Hände, weil sie sich vor ihrer eigenen Aggression derartig fürchten, dass die Anwendung von Gewalt zur Entwaffnung des Irans für sie unvorstellbar ist. Dies ermöglicht es den Europäern, die Welt einzuteilen in jene, die die Freiheit zur Aggression haben, und in jene, denen Aggression verwehrt werden muss. Dies ist die Erklärung dafür, dass die Amerikaner und die Israelis immer im Unrecht sind, und die Moslems nie. Zugleich fühlen sie sich immer sicher, die Amerikaner und die Israelis verbal zu attackieren, aber nicht ganz so sicher, wenn es darum geht, Moslems verbal anzugreifen.“

Es ist zugleich die Erklärung dafür, dass man glaubt, den Menschen vorschreiben zu dürfen und zu müssen, was sie zu denken und sogar zu empfinden haben. Das gefährliche Monstrum „Volk“, das sich in Deutschland an so schrecklichen Orten zeigt wie „dem Stammtisch“ (oder dem Kommentarbereich von PI), dessen barbarische Mordlust nur durch die strenge Zucht von Verhaltens-, Sprach- und Denkregeln gezügelt werden kann, dieses groteske Zerrbild des wirklichen Volkes ist das getreue Spiegelbild dessen, was die Sprachregler in ihrem eigenen Inneren vermuten. Es ist eine weitere Form, den Selbsthass zur politischen Ideologie zu erheben und gesellschaftlich verbindlich zu machen.

„Diesen Konflikt haben sie nun zunehmend in ihren eigenen Hinterhof importiert, und es ist kein Zufall, dass die Europäer angesichts der Aggressivität vonseiten der unter ihnen lebenden Muslime sich gelähmt wiederfinden. Ihre anfängliche Reaktion darauf, abgesichert durch ihre reflexhafte Politische Korrektheit, war, diese Aggression in ihren eigenen Ländern zu leugnen; dies jedoch funktioniert nicht sonderlich gut.

Gateway Pundit hat Fotos von den französischen Unruhen in dieser Woche; dies sind keine Unruhen wegen Karikaturen, sondern Proteste von französischen Studenten und Gewerkschaften gegen Pläne der Regierung, die marode Wirtschaft durch die Schaffung von nicht ganz so abgesicherten Jobs in Schwung zu bringen. Diese Proteste waren wieder einmal der Grund für die muslimischen Jugendlichen, deren ethnische und religiöse Zugehörigkeit in der französischen Presse niemals erwähnt wird, gegen die privilegierten Franzosen zu randalieren, die sie als Dhimmis ansehen. Aber die Moslems, in der törichten Überschätzung ihrer eigenen Macht, laufen wiederum Gefahr, sich zu übernehmen. Wenn sie zu früh auf die Barrikaden gehen, könnten die Moslems im Herzen Europas jenen von so vielen gefürchteten und von so vielen herbeigewünschten Zusammenstoß der Zivilisationen auslösen, bevor die Europäer ihren demographischen Selbstmord vollendet haben.“

So weit die Diagnose. Ich finde sie hochgradig bestürzend und beunruhigend, weil mir keine rechte Therapie dazu einfällt. Wie erhält man Völker am Leben, die nicht mehr existieren wollen?

Drei Blinde und ein Elefant

Monalisa hat in einem Kommentar zu „Viele Arten zu töten“ im Zusammenhang mit der fortschreitenden Auflösung der deutschen Nation und der schleichenden Islamisierung unseres Landes einige Fragen aufgeworfen:

Wo ist denn die bürgerliche Mitte, die sich gegen sowas wehren sollte? Ist sie bereits so zerrieben?

Das islamkritische Spektrum scheint sich, auch in meinen Augen, zu radikalisieren und in feindliche Lager zu zerfallen. (…)

Was tun, wen wählen? Diese Fragen stellen sich immer drängender.

Die endgültige Antwort und Lösung für Alles habe ich natürlich auch nicht. Aber einige Gesichtspunkte sind mir wichtig:

Was die bürgerliche Mitte angeht, so tendiere ich zu der Auffassung, dass es die nicht mehr gibt. Was sich „bürgerliche Mitte“ nennt, hat die wesentlichen Grundlagen der linken Theorie einfach geschluckt. Das ist insofern kein Wunder, als die Medien und die Universitäten, also genau die Institutionen, deren Personal früher „Bildungsbürgertum“ hieß, von den Achtundsechzigern als erstes und mit durchschlagendem Erfolg angegriffen wurden. Genau die Orte, wo das gesellschaftliche Selbstverständnis definiert, also sozusagen die Mitte erst gemacht wird, sind in der Hand der Linken.

Im Rückblick würde ich sagen, dass das Bürgertum die Ära Kohl als eine Art Kollektivkohl völlig verpennt hat:

Erstens war die CDU so ängstlich darauf bedacht, die „Mitte“ zu sein und nicht als „konservativ“ oder gar „rechts“ wahrgenommen zu werden, dass es der Linken überlassen blieb, den Begriff „rechts“ nach Belieben umzudeuten. Das Ergebnis konnte in jener Umfrage der „Zeit“ besichtigt werden, in der sich nur 11 Prozent als „rechts“ einstuften (aber 34 Prozent als „links“). Die demokratische Rechte hat mit der ängstlichen Behauptung der „Mitte“ ein Eigentor geschossen, von dem sie sich lange nicht erholen wird.

Zweitens war man die ganzen achtziger und neunziger Jahre hindurch damit zufrieden, eine Meinungsführerschaft gegen den Sozialismus als Wirtschafts-System zu behaupten. Dass das Programm der Linken nicht der Sozialismus ist – das ist bloß eine der vielen Fahnen, die sie nach Bedarf wechselt -, sondern die Verflüssigung gesellschaftlicher Strukturen, die Auflösung von Bindungen, die Einebnung von Unterschieden und Unterscheidungen aller Art, das hätte den Konservativen schon in den neunziger Jahren auffallen müssen. Die meisten „Bürgerlichen“ haben es bis heute nicht begriffen.

Deswegen bin ich auch etwas ungeduldig mit Leuten, die heute noch den Liberalismus predigen und darunter vor allem die Verteidigung der Marktwirtschaft verstehen. Im Sinne der Strukturauflösung ist Marktwirtschaft, noch dazu globalisierte Marktwirtschaft etwas, das die Linken nur anstreben können; sie können sich dabei sogar auf Marx berufen, der die progressive Rolle des Kapitalismus (eben wegen der damit verbundenen Strukturauflösung) immer betont hat.

Nein, es gibt keine bürgerliche Mitte. Es gibt einen riesigen linken Brei, zu dem auch ein erheblicher Teil der Unionsparteien zählt. Es gibt am Rande der Gesellschaft eine Subkultur von Neonazis. Und es gibt dazwischen eine demokratische Rechte, die so klein ist, dass sie – nun, ich will nicht sagen in einer Telefonzelle, aber doch in einem mittleren Ballsaal Platz hätte. Was es sonst an konservativem Potenzial gibt, ist so verunsichert wie jene katholischen Bischöfe, die sich in der Piusaffäre nicht etwa hinter den Papst gestellt, sondern sich geradezu für ihn entschuldigt haben. (Auf sämtlichen Hühnerhöfen der Republik zusammen gibt es nicht so viele Hähne, wie für diesen jämmerlichen Haufen von winselnden Schweinepriestern hätten krähen müssen!)

Was das islamkritische Spektrum angeht, so teile ich Monalisas Diagnose, dass es in feindliche Lager zerfällt. Das Problem besteht im Kern darin, dass Islamkritiker dem Djihad so gegenüberstehen wie jene drei Blinden, die einen Elefanten beschreiben sollten:

Der erste kriegt den Rüssel zu fassen und sagt: „Eine Schlange“.

Der zweite ertastet den Rumpf und sagt: „Ein Berg“.

Der dritte greift nach dem Schwanz und sagt: „Ein Pinsel.“

Und jeder hält die anderen beiden für Idioten. Auf den Djihad bezogen heißt das: Der eine hält ihn für einen religiösen Glaubensartikel, der zweite für eine politische Ideologie, der dritte für ein kulturelles Phänomen (und ein vierter für ein psychologisches Problem; wieder andere sehen die ethnische , die kriminalistische oder sonst eine Dimension, glauben, damit das Gesamtproblem erfasst zu haben und gucken nicht mehr nach links oder rechts.)

Da gibt es zum Beispiel Leute, die gegen den Islam sind, weil sie überhaupt gegen jede Religion sind (z.B. „Brights“), und die nicht auf die Idee kommen, dass es ein grundlegender Unterschied sein könnte, ob eine Religion gebietet, Religionskritikern den Kopf abzuschneiden oder nicht.

Es gibt Kräfte, die FPÖ oder die Pro-Parteien zum Beispiel, die den Islam hier bekämpfen, aber finden, er solle in islamischen Ländern ruhig blühen und gedeihen (und wenn Israel dabei draufgeht, sei das ja nicht unser Problem…).

Es gibt Menschen, die den Islam bloß in Gestalt des Islamismus bekämpfen, und zwar dadurch, dass sie die Demokratie im Nahen Osten verbreiten wollen (dass sie bei uns vor die Hunde geht, merken sie nicht, weil sie ja „radikal zwischen Islam und Islamismus unterscheiden“ und den Vormarsch des Islam daher nicht als Bedrohung ernstnehmen).

Es gibt Freunde Israels, die den Kampf gegen die muslimische Einwanderung nach Europa für ein faschistisches Anliegen halten. (Preisfrage: Wie lange hält sich Israel, wenn Europa den Moslems in die Hände gefallen ist?).

Es gibt Riesenstaatsmänner wie unseren Innenminister, die den Terrorismus bekämpfen wollen, aber um Gottes willen nicht den Islam, weil der ja „zur europäischen Kultur gehört“, und die sich dann überhaupt nicht erklären können, warum Moscheen sich als Kaderschmieden für Terroristen entpuppen. Und so weiter.

Zwar ist den meisten durchaus klar, dass der Islam nicht eine Religion jener Sorte ist, die man ohne weiteres als Privatsache behandeln könnte; es hat sich doch herumgesprochen, dass der Islam beansprucht, ein alle Lebensbereiche umfassendes und durchdringendes System zu sein. Welchen Konsequenzen sich aber aus diesem theoretischen Wissen ergeben, ist von den Wenigsten durchdekliniert worden.

Praktisch alle Islamkritiker konzentrieren sich auf ihr jeweiliges Steckenpferd, und bekämpfen den Djihad, weil und sofern er dieses jeweilige Steckenpferd gefährdet: von links nach rechts in unvollständiger Aufzählung Frauenrechte, Schwulenrechte, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Demokratie, innere Sicherheit, äußere Sicherheit, Souveränität des Nationalstaats, ethnische Integrität der Völker Europas.

Dass ein und derselbe Angreifer aufgrund ein und derselben Ideologie ein und denselben Kampf gegen all das führt – nun, vielleicht weiß man das abstrakt. Viele wissen es nicht. Und noch mehr wissen nicht, dass diese Werte, die da angegriffen werden, miteinander zusammenhängen.

Allzu viele im Westen glauben, den Demos der Demokratie von der Nation des Nationalstaats trennen zu können; die Nation als der Gesamtheit der Staatsbürger vom Volk als der Gesamtheit der (- wirklichen, gedachten oder eingebildeten – kulturellen, sprachlichen, historischen, genetischen, wertbezogenen) Gemeinsamkeiten, die das konstituieren, was man ein Volk nennt; das Volk wiederum von den einzelnen Menschen, aus denen es besteht. Politische Aktivisten sind in aller Regel Menschen, die ein oder zwei dieser Begriffe künstlich von den anderen trennen.

Überhaupt gibt es eine Tendenz des westlichen Denkens, die nur die Analyse, aber nicht die Synthese zulässt. Wir unterscheiden zum Beispiel selbstverständlich zwischen einer Gemeinschaft von Menschen einerseits und den Prinzipien, auf denen sie basiert andererseits. Wir unterscheiden „islamisch“ als Bezeichnung religiöser Prinzipien von „muslimisch“ als Bezugnahme auf eine Gruppe von Menschen. Die Türkei ist ein muslimischer Staat, aber ob ihres Säkularismus kein islamischer, wie es etwa der Iran ist. Das ist eine sehr sinnvolle und fruchtbare Unterscheidung, aber man muss sich bewusst sein, dass man sie trifft! Es handelt sich um eine Besonderheit westlichen Denkens, die der islamischen Kultur völlig fremd ist.

Es gibt zum Beispiel keine abstrakte islamische Ethik (die man also als Nichtmuslim ebensogut befolgen könnte), weil der zentrale Punkt dieser Ethik die Solidarität der Muslime untereinander und die Verbreitung des Islam ist (siehe „Der medinensische Koran“). Und wenn der Einfluss von Muslimen in der Gesellschaft steigt, dann wächst automatisch auch der Einfluss des Islam (nicht weil ich das sage, sondern weil die Djihadstrategen selber es sagen: Ich verweise auf meinen Artikel „Ein aufschlussreiches Interview“).

Das sind Gedanken, die für uns schwer zu begreifen sind, weil wir das Leben in einer funktional differenzierten Gesellschaft gewöhnt sind und unsere Begriffswelt daran angepasst haben:

Da haben Ehrenmorde nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Kultur“. Terrorismus hat auch nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Politik“. Die allmählich stattfindende Vertreibung von Deutschen aus wachsenden Teilen unserer Großstädte hat nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit „ethnischen Konflikten“. Dass Musliminnen keine „Ungläubigen“ heiraten dürfen, hat nichts mit der „Religion“ zu tun, sondern mit der „Moral“.

Der Punkt ist aber der, dass in islamischen Ländern die funktionale Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilsysteme bestenfalls in den Kinderschuhen steckt. Der Islam ist dort, auch in den „säkularistischen“ Ländern ganz selbstverständlich der Maßstab, an dem Politik, Kultur, Moral, ethnische Zugehörigkeit sich messen lassen müssen, selbstverständlich auch Recht, Wissenschaft, Bildung.

Weil der Islam als Klammer wirksam ist, kann er sich Binnendifferenzierungen leisten. Das beliebte Argument „Mein Dönerverkäufer geht nie in die Moschee, was hat der mit dem Islam zu tun?“ zeugt nur von der völligen Ignoranz gegenüber dem Funktionieren islamischer Gemeinschaften. Muslime müssen nicht fromm sein, sie müssen die Sache des Islam voranbringen! Dann kann auch ein Atheist und Verbrecher wie Saddam Hussein zum Kalifen der Muslime ausgerufen werden, und muslimische Afrikaner, die aus ganz unreligiösen Gründen nach Europa wollen und auf dem Weg dorthin im Mittelmeer ertrinken, als Märtyrer für den Islam gefeiert werden.

Jeder Schachspieler weiß, dass eine Stellung ein dynamisches Ganzes ist, das von jeder Figur auf jedem Feld beeinflusst wird. Den Djihad versteht man am besten, wenn man ihn sich als eine hochkomplexe (weil auf einem Brett mit mehr als zwei Dimensionen ausgetragene) Schachpartie vorstellt, wobei wir Westler wie Dummköpfe aussehen, die ein bloß zweidimensionales Brett sehen und uns wundern, wenn plötzlich gegnerische Figuren wie aus dem Nichts auftauchen.

Wenn wir uns das Brett dreidimensional vorstellen, bestehend aus mehreren zweidimensionalen Brettern übereinander, zwischen denen die Figuren wechseln können (nur unsere natürlich nicht, weil wir keine Ahnung davon haben, dass auf den verschiedenen Ebenen ein und dieselbe Partie gespielt wird), dann kann es zum Beipiel sein, dass wir auf den Ebenen „Terrorismus“, „Rechtsstaat“, „Publizistik“, „politische Machtpositionen“ kräftig dagegengehalten und der Gegner dort nicht vorwärtskommt, wohl aber auf den Ebenen „Demographie“ und „Alltagskultur“. Die dort erzielten Positionsvorteile kann er dann auf den anderen Ebenen in taktische Gewinne ummünzen, die dort zu einer Positionsverbesserung führen und so weiter.

Keiner von uns kann, muss oder sollte auf allen Brettebenen zu spielen versuchen, das tut die Gegenseite nämlich auch nicht: Bin Laden trägt nicht zur demographischen Unterwanderung bei, ein türkischer Jung-Schläger nicht zur islamischen Frömmigkeit, ein Hassprediger nichts zur „Täuschung der Ungläubigen“, ein scheinintegrierter Vorzeigetürke nicht zum Terrorismus. Das ist auch nicht erforderlich, damit sie für den Djihad nützlich sind. (Sie müssen im Einzelfall nicht einmal wissen, dass sie das sind.)

Die spucken einander aber auch nicht in die Suppe. Natürlich gibt es auch dort Meinungsverschiedenheiten, aber die innerislamische Solidarität (die natürlich nur so lange hält, wie es gegen die „Ungläubigen“ geht) verhindert allemal, dass man vor lauter Sektiererei dem Anderen das Auge aushackt.

Dasselbe kann die islamkritische Szene weiß Gott nicht von sich behaupten. Es gibt nur eine einzige Ausnahme, jedenfalls bei den wichtigeren Instanzen: Das ist der vielgescholtene Blog „Politically incorrect“, der sich von dem grassierenden Distanzierungswahnsinn weitgehend fernhält und von dem Prinzip „Im Zweifel für die Toleranz“ ausgeht. Mag ja sein, dass dabei auch manches toleriert wird, was man vielleicht nicht tolerieren sollte, aber der dadurch angerichtete Schaden ist allemal geringer als wenn jeder auf seiner ideologischen Reiheit beharrt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wir stehen vor der Wahl, ob wir uns wie die besagten Blinden so lange um die Deutungshoheit prügeln wollen, bis der Elefant uns zertrampelt, oder ob wir versuchen, unsere Erfahrungen zusammenzufügen, um ein realistisches Bild von der Lage zu bekommen und entsprechend zu handeln.

Wer in der gegebenen Lage nicht bereit ist, heilige Kühe zu schlachten, verdient nichts Besseres, als am Ende selber geschlachtet zu werden!

Linker McCarthyismus

Bernd Dahlenburg hat im Kommentarstrang zu „Viele Arten zu töten“ (Kommentar Nr.3) auf einen seiner eigenen Artikel verwiesen, in dem er sich unter dem Titel „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ mit angeblichen rechtsradikalen Tendenzen der islamkritischen Blogosphäre auseinandersetzt. Da ich dieses Thema unlängst selber behandelt habe, war ich natürlich neugierig:

„Rechtsdeutsche ‚Islamkritiker'“

Schon die Anführungszeichen in dieserm Untertitel machen deutlich, dass es sich nach Dahlenburgs Meinung mitnichten um Islamkritiker handelt, sondern um Leute, die etwas ganz anderes im Sinn haben. Weil sie in ganz besonderer Weise finster, nämlich „rechtsdeutsch“ sind. Ich bin Politikwissenschaftler, aber dieses Wort habe ich noch nie gehört. Offenbar sollen die Worte „rechts“ und „deutsch“ eine irgendwie anrüchige Haltung umschreiben.

Noch vor zwanzig Jahren war man als Konservativer „rechts“ in demselben Sinne, wie man als Sozialdemokrat „links“ war – also im Sinne ganz konventioneller Gesäßgeographie. In den neunziger Jahren wurde es üblich, „rechts“ mit „rechtsextrem“ gleichzusetzen. Der Sinn dieser „politisch korrekten“ Begriffsverwirrung war niemals, die extreme Rechte zu bekämpfen, sondern die konservative. Wenn Dahlenburg, nach eigenen Angaben CSU-Mitglied, das Wort „rechts“ in einem abwertenden Sinne gebraucht, dann übernimmt er als Konservativer – der er zu sein beansprucht – die Sprache linker Demagogen. Es setzt nur das Tüpfelchen aufs i, dass er ganz im Sinne der von mir heftig kritisierten Antideutschen auch das Wort „deutsch“ als Bezeichnung einer offenbar moralisch minderwertigen politischen Haltung verwendet.

„Wenn man als Blogger mit halbwegs geöffneten Augen durch die (t)deutsche Welt geht und sich die Szene der so genannten Islamkritiker ansieht…“

– man wüsste doch zu gerne, welches die Szene der wirklichen Islamkritiker und welches die der bloß „so genannten“ ist –

„…kommt man nicht umhin, eine Bewegung auszumachen, die sich im Windschatten der öffentlichen Diskussion eine neue Nische schafft – die neue Rechte, oder besser gesagt, die neuen ‚Stolznationalen‘.“

„Stolznationale“. Noch so ein Neologismus. Soll wohl Menschen bezeichnen, die so etwas wie Nationalstolz empfinden, und die deswegen als moralisch und politisch disqualifiziert zu gelten haben.

Wen immer er damit meinen mag – eines hat er uns schon verraten: dass Nationalstolz in seinen Augen ein Makel ist. Dass es viele Menschen gibt, die so denken, wussten wir. Wenn solch linker Ideologiemüll aber bis in die CSU hinein Akzeptanz fände, wäre dies niederschmetternd.

„Bar jeglicher Vernunft versuchen sie uns einzureden, dass Deutschland und Europa von zig-Millionen Muslimen ‚überrannt‘ oder ‚überschwemmt‘ werden würde…“

Sie stützen sich dabei auf einschlägige Statistiken, die vier Grundrechenarten, die fünf Sinne und den gesunden Menschenverstand, aber ansonsten sind sie bar jeder Vernunft.

„…(bekannte Termini, kennen wir doch, oder?)…“

– die Naziplatte –

„neuerdings sind generell Ausländer gemeint, weil das Islam-Sujet für holzschnittartige Beschreibungen ausgereizt zu sein scheint.“

Eine verblüffende Behauptung. Bisher herrscht nämlich Konsens in der Wahrnehmung, dass die Reihenfolge genau umgekehrt war: dass das Thema „Immigration“ in den siebziger Jahren unter dem Stichwort „Gastarbeiter“, in den neunzigern unter der Überschrift „Ausländer“ und erst in letzter Zeit unter „Islam/Muslime“ behandelt wird. Es handelt sich um einige der wenigen Fragen, in der Islamapologeten und -kritiker (z.B. Seyran Ates) sich einig sind.

Nur passt es Dahlenburg nicht in den Kram. Eine öffentliche Kritik, die sich auf den Islam einschießt, lässt sich auch nicht so richtig plausibel als rassistisch oder rechtsradikal diffamieren. Ergo muss – nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf – eine Bewegung weg von der Islamkritik, hin zur Ausländerfeindlichkeit suggestiv fingiert werden.

„…und sie berufen sich auf Auguren, die uns weismachen wollen, wie Europa doch endlich zu einem „rechten“ Kontinent mutieren soll, statt sich auf demokratische Werte und deren innewohnende Kräfte zu besinnen.Sie…“

Von wem spricht er eigentlich? Wir erfahren es nicht.

„…(und ihre Leser und etliche Blogger im Schlepptau oft hilflos nachplappernd) reden pausenlos von Risiken statt von Chancen. Sie machen alles schlecht, was auch nur im Entferntesten an ein Miteinander zwischen Kulturen denken ließe…“

Vielleicht haben sie mit dem „Miteinander der Kulturen“ eigene Erfahrungen gesammelt?

„… Sie sind borniert, blind und von Hass getrieben.“

Woher weiß er das? Nach meiner Erfahrung ist es nahezu unmöglich, den Charakter und die Gefühle von Menschen aufgrund ihrer Äußerungen im Weltnetz zu beurteilen.  Weswegen ich mich auch hüten werde, darüber zu spekulieren, ob Dahlenburg womöglich selber borniert, blind und von Hass getrieben ist.

„Sie verweigern alle (positiven kulturellen) Erfahrungen, die in den letzten Jahrhunderten zwischen West- und Osteuropa und den Menschen ausgetauscht worden sind.“

Der Konflikt zwischen West- und Osteuropa ist natürlich das aktuelle Hauptproblem.

„Sie machen den Islam zum Türken, …“

Keineswegs; die Araber kann erst recht keiner leiden.

„…den Türkischstämmigen und sonst wen zum Ausländer…“

Die meisten Türkischstämmigen in Deutschland – genauer 68,1 Prozent braucht man nicht zu Ausländern zu „machen“, weil sie es nach wie vor sind und auch zu bleiben gedenken. Sie jubeln Erdogan zu, wenn er sagt, Assimilation sei ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und trotzen hartnäckig allen Versuchen deutscher Politiker, ihnen einen deutschen Pass in die Tasche zu stopfen.

„… und den Ausländer zu einem „Geziefer“, den es auszurotten gilt. Sie deklarieren linke und liberale Islamkritiker als „Berufsjuden“ (sic!), und so geht’s weiter in der nach unten offenen – bisher noch verbalen – Schwachsinns- und Gewaltspirale.Manche Blogbetreiber formulieren es etwas vornehmer: Sie raunen von ethnischen und genetischen Defiziten der Afrikaner und dem Rest der Welt, um so die (t)eutsche Überlegenheit herauszukehren. Sie fordern in fast unüberbietbarer Scheinheiligkeit die Hassprediger in den Foren zur „Zurückhaltung“ auf, indem sie ihnen versprechen, dass ein gesellschaftlicher Wandel eintritt, der ihre Mordgelüste irgendwann befriedigen wird, wenn alles „treudeutsch“ abgewickelt sein wird.

Wozu diese hysterische Klimax an Beschuldigungen gut sein soll, dazu komme ich noch. In jedem Fall sind das ungeheuerliche Vorwürfe, zumal wenn sie sich gegen die Blogbetreiber richten, nicht etwa gegen die Kommentatoren.

(Dass es in diversen Kommentarsträngen, etwa von PI, von zornigen Bürgern nur so wimmelt, die einmal Dampf ablassen und auf den Tisch hauen wollen, ist bekannt. Dort wird genau das geschrieben, was an dem vielzitierten „Stammtisch“ des Normalbürgers, nicht etwa des Extremisten, gesagt wird – nur dass es eben nachlesbar ist und bei sensibleren Gemütern zu Ohnmachtsanfällen führt, die sie am Tresen jeder Dorfkneipe aber genauso erleiden würden. Politisch ernstnehmen kann man diese Kommentare allenfalls als Stimmungsbild, nicht als Bekundung irgendeiner Handlungsabsicht. )

Gewisse Leute müssten Kommentarstränge wie den von PI allerdings erfinden, wenn es ihn nicht schon gäbe, weil er die einzige greifbare Möglichkeit darstellt, Islamkritiker zu verleumden. Was Dahlenburg aber über die angebliche Politik von Blogbetreibern schreibt, würde, wenn es zutreffen sollte, mindestens den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Da kann es nicht zu viel verlangt sein, wenn man von ihm erwartet, dass er einen Beleg liefert. Er liefert aber keinen, auch nicht auf meine ausdrückliche Nachfrage. Dasselbe gilt für die folgenden Abschnitte, die ich bloß der Vollständigkeit halber zitiere:

„Sie sprechen niederste Instinkte an, wenn sie in den Foren politische Gegner sophisticated zum ‚physischen Abschuss‘ freigeben und sie lehnen sich genüsslich zurück, wenn die Klicks auf ihrer Webseite zunehmen, obwohl sie genau wissen, dass sie ein ‚Mord(s)geschäft‘ betreiben, das sich über kurz oder lang (vielleicht für sie) auszahlen wird. Sie betreiben Blogs, die sich ‚israelfreundlich‘ gerieren (Hahaha!), aber jeder halbwegs schlaue Mensch erkennt, dass hinter diesen Blogs Antisemiten stecken, die nur so lange still halten, bis ihrer ‚rechten Sache‘ zum Durchbruch verholfen ist.Diese ‚Stolzdeutschen‘ wissen was sie tun und sie spielen damit; sie sind auch noch stolz darauf, wenn sie Menschen gegen Menschen hetzen können, wie es die politische Wetterlage eben hergibt. Im Zweifelsfall – wenn die öffentliche Diskussion zu ihrer Agenda passt, oder die Argumente ausgehen – ist ihr Axiom immer genauso faszinierend blöd wie einfach: ‚Ausländer raus‘, und alle Probleme sind beseitigt.Man könnte fast meinen, dass die alle einen an der Waffel haben.“

Und? Haben sie?

„Sieht man sich jedoch die Klientel, Impressi oder Buchtipps etlicher Blogger dieser Gattung an, vergeht einem schnell das Lachen. Hier tummeln sich Ex-NPD-ler, Schwulenhasser, Antisemiten und Ausländerhasser in einem Pool, der sich jetzt „Pro Köln, pro X-Stadt oder sonst was“ nennt. Diese „Pro’s“ sind nichts Positives für unsere Gesellschaft.“

Ach, daher weht der Wind! Nachdem die Unionsparteien zu Verrätern an allem geworden sind, wofür sie einmal standen, muss um jeden Preis verhindert werden, dass sich rechts von ihnen demokratisch legitimierte Parteien bilden. Und da man die Bildung von Parteien als solchen nicht unauffällig genug unterbinden kann, muss man ihnen wenigstens die demokratische Legitimität streitig machen.

Wenn man bedenkt, dass die sogenannte CSU noch nie Probleme damit hatte, falsch Zeugnis wider ihren Nächsten zu reden, wenn es darum ging, kleine Konkurrenzparteien aus dem Geschäft zu drängen – die Bayernpartei kann bis heute ein Lied davon singen -, dann stellt Dahlenburg sich in eine alte, wenn auch nicht gerade ehrwürdige Tradition dieser Partei.

Ich bin alles andere als ein Experte für die Pro-Parteien. Was ich aber unter anderem weiß, ist, dass dem Hamburger Verfassungsschutz gerichtlich untersagt wurde, die Mutterorganisation „Pro Deutschland“ als rechtsextremistisch zu bezeichnen, und zwar nicht zuletzt mit der bemerkenswerten Begründung, dass etliche der als „extremistisch“ eingestuften Forderungen in Wahrheit Forderungen nach der Durchsetzung geltenden Rechts sind; dass ihr Programm keinerlei verfassungsfeindliche Forderungen enthält, auch nicht verklausuliert, dass sich wirkliche Rechtsextremisten, speziell die NPD, von ihr distanzieren; dass sie ihren Anteil an der Verhinderung eines Moscheebauprojekts in Berlin-Charlottenburg hatte; und dass der von ihr organisierte Anti-Islam-Kongress in Köln im September 2008 mit kriminellen Mitteln und unter kollusiver rechtswidriger Mitwirkung des Staates verhindert wurde.

Viel Aufhebens wird um die Tätigkeit von ehemaligen NPD-Mitgliedern gemacht. Trotz verzweifelter Bemühungen konnten freilich selbst eingefleischte Gegner der Pro-Parteien nur sehr wenige frühere NPD-Mitglieder ausmachen und mussten sich daher mit ehemaligen „Republikanern“ begnügen. Was entschieden weniger sexy ist. Bleiben wir aber bei den Ex-NPD_Leuten: Ich kann nicht erkennen, dass die Tätigkeit von Ex-NPD-Mitgliedern in einer Splitterpartei so viel gefährlicher sein soll als die Tätigkeit von Ex-K-Gruppen-Funktionären und Ex-linksradikalen Gewalttätern in den höchsten Ämtern unseres Staates; ich kann nicht erkennen, warum deren demokratische Wandlung so viel glaubhafter sein soll als die von Ex-NPDlern.

Wenn ich meinen Gesamteindruck aus den Publikationen dieser Partei (bzw. der Pro-Parteiengruppe) zusammenfassen soll, so lautet er, dass es sich um eine deutschnationale Partei mit traditionellen Wertorienterungen handelt, die sich schlimmstenfalls im Sinne meines gleichnamigen Artikels in einer Grauzone bewegt. Dass es sich aber um eine Partei mit rechtsextremistischer, verfassungsfeindlicher Agenda handeln soll, dafür sehe ich nicht die geringsten belastbaren Indizien!

Wer aber behauptet, eine legale Partei sei verfassungsfeindlich, muss es beweisen, mindestens aber belegen können! Dahlenburg kommt über die bloße Behauptung nicht hinaus.

„Sie sind etwas pervers Negatives und zerstören jegliche seriöse Bemühung, sich mit dem Islam ernsthaft auseinanderzusetzen.“

Ich persönlich setze mich sehr ernsthaft mit dem Islam auseinander und kann nicht bestätigen, dass die Pro-Parteien mich dabei schon einmal gestört hätten. Wenn man freilich unter „seriösen“ Bemühungen, „sich mit dem Islam auseinanderzusetzen“ bloß solche versteht, bei denen die eigene Kultur und Nation umgotteswillen nicht als positiver Wert erscheinen und der Islam als solcher als Ursache von Integrationsdefiziten nicht benannt werden darf – ja, dann, aber eben nur dann, sind solche Parteien sicherlich ein Hindernis.

„Sie sind primitiv und von gestern.Ignoriert diese Leute endlich und gebt ihnen die rote Karte.“

Es wird Dahlenburgs Geheimnis bleiben, wie man jemanden gleichzeitig ignorieren und ihm die rote Karte zeigen kann, und wie man einer Partei die rote Karte zeigt, die noch gar nicht auf dem Platz (weil in keinem Parlament vertreten) ist.

Ich kommentierte dann Dahlenburgs Artikel wie folgt:

„Ross und Reiter zu nennen und die eigenen Behauptungen mit Argumenten zu belegen hätte der Glaubwürdigkeit dieses Beitrags bestimmt nicht geschadet. Nein, Dahlenburg, Sie sind nicht antideutsch. Sie haben ein Problem mit der Meinungsfreiheit.“

Ich erhielt die denkwürdige Antwort:

„Erstens: Ich habe mich bewusst mit der Nennung Einzelner zurückgehalten, weil ich auf eine weithin verbreitete Tendenz aufmerksam machen wollte. Ist Ihnen das beim Lesen entgangen?“

Keineswegs, im Gegenteil: Gerade eine weit verbreitete Tendenz müsste sich doch spielend mit Beispielen belegen lassen, wenigstens auf Anfrage.

„Außerdem liegt mir nichts dran, ellenlange Listen auszuhängen.“

Eine kurze Liste hätte vollauf genügt. Im übrigen wird es schwierig sein, die quantitative Verbreitung dieser oder jener politischen Richtung in der Blogosphäre zu ermitteln. Eine qualitative Analyse aber, das heißt eine klare Benennung der in seinen Augen rechtsextremen Denkfiguren und Argumentationsstrategien, damit der Leser prüfen kann, ob das, was Dahlenburg für rechtsradikal – pardon: für „rechtsdeutsch“ und „stolznational“ – hält, wirklich verfassungsfeindlich ist –, und die belegt mit konkreten Beispielen, das wäre das Allermindeste gewesen.

„Zweitens brauche ich nicht den Beweis dafür zu erbringen, dass meine Thesen stimmen, weil ein Blick in diverse Foren und die Analyse von vielen Beiträgen genügt.“

Was ist denn das für eine Logik? Wenn der Blick in „diverse“ (nochmal: welche?) Foren und die Analyse von vielen (welchen?) Beiträgen genügt, dann ist das ein Argument dafür, dass es ganz einfach sein müsste, den Beweis zu erbringen, aber doch nicht dafür, dass es nicht erforderlich wäre.

Ich habe für meine Blogroll sehr viele Blogs und Foren unter die Lupe genommen, und kann nicht bestätigen, dass die Überschneidungszonen zwischen Islamkritik und Rechtsextremismus sehr breit wären. Die sehr wenigen Ausnahmen – etwa das Patriotische Forum Süddeutschland – bestätigen nur die Regel. Die deutlich proisraelische und antisemitismusfeindliche Gesamttendenz der islamkritischen Blogosphäre wirkt offenbar als wirksamer Filter, der Nazis draußenhält.

Womit klar sein dürfte, warum Dahlenburg unter gar keinen Umständen zugeben kann, dass „Blogs, die sich ‚israelfreundlich‘ gerieren (Hahaha!)“ genau das sein könnten: israelfreundlich.

Die Unterstellung, dass „hinter diesen Blogs Antisemiten stecken, die nur so lange still halten, bis ihrer ‚rechten Sache‘ zum Durchbruch verholfen ist“, ist als rhetorisches Mittel umso praktischer, als niemand, am wenigsten die Betroffenen selbst – und wir wissen immer noch nicht, um wen es sich eigentlich handeln soll – sie widerlegen kann. Folgerichtig lautet sein Verständnis eines rationalen Diskurses:

„Die Beweisführung muss aber umgekehrt werden: Zeigen Sie mir mal, dass das von mir beschriebene Phänomen nicht(!) existiert.“

Wenn ich Bernd Dahlenburg einen Kinderschänder nennen würde und von ihm verlangte, mir zu beweisen, dass er das nicht ist, so würde man ein solches Vorgehen zu Recht hochgradig unfair nennen. Genau dieses Vorgehen, nämlich die demagogische, verleumderische, völlig aus der Luft gegriffene Unterstellung, ist Dahlenburgs Methode der politischen Auseinandersetzung.

„Ich meine nicht Ihren Blog, keine Sorge.“

Oh, diese Sorge hatte ich schon deshalb nicht, weil Dahlenburg es generell und mit Methode vermeidet, konkrete Personen zu bezichtigen. Außerdem bereitet es mir keine Sorgen, wenn er sich lächerlich macht.

Er sagt nicht konkret, wen er eigentlich meint, aber er konkretisiert doch hinreichend, wen wir verdächtigen sollen: Nämlich jeden Islamkritiker, der „rechtsdeutsch“ und „stolznational“ ist. Indem er auf diese Weise mithilfe bloßer Spekulationen einen Verdacht streut, für den er genausowenig geradezustehen gedenkt wie ein anonymer Denunziant, zieht er die Verfassungstreue einer ganzen politischen Richtung in Zweifel. Mehr noch: Da er sie geradezu als eine Bewegung von Massenmördern im Wartestand darstellt, muss sich jedem Leser, der dies glaubt, der Gedanke aufdrängen, gegenüber Islamkritikern, sofern sie obendrein Patrioten sind, dürfe es keine Toleranz geben. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, dass solche Unterstellungen, noch dazu wenn sie mit einem solchen Maß an demagogischer Tücke unter die Leute gebracht werden, etwas anderes bezwecken können, als das Recht auf freie Meinungsäußerung zur Disposition zu stellen.

Die Wirkungsweise gerade dieser Strategie, einer besonders miesen Variante linken Herrschaftsdiskurses, zielt vor allem auf einen Distanzierungseffekt ab: Unter der Herrschaft des Gerüchts und des Verdachts gilt die Beweislastumkehr, die Dahlenburg uns soeben vorgeführt hat:

Wer der Denunziation als Rechtsextremist entgehen will, muss sich von allem distanzieren, was die Priesterschaft der Political Correctness als „rechtsextrem“ gebrandmarkt hat, und zwar nach Kriterien, die sie willkürlich und nach Maßgabe der politischen Opportunität wechselt. Es handelt sich um linken McCarthyismus.

In „Der kalte Staatsstreich“ habe ich anhand des Verlaufs des Kölner Anti-Islamisierungs-Kongresses dargestellt, wie die politische Linke und ihre Vertreter in Politik, Medien und Verwaltungen systematisch die rechtsstaatlichen Sicherungen bürgerlicher Freiheitsrechte umgehen, um das Grundgesetz nach und nach zu entkernen, bis nicht mehr als eine Potjomkinsche Verfassungsfassade übrigbleibt.

Hier sehen wir nun denselben Vorgang auf der Ebene des politischen Diskurses: Die Regeln und Gesetze, die hier umgangen werden, sind die des rationalen Argumentierens. Es geht nicht um Überzeugung – wozu man sich auf Argumente, Tatsachen, Beweise, Logik stützen müsste. Es geht um Einschüchterung und Erpressung. Es geht um Verleumdung. Es geht darum, den Andersdenkenden zum Schweigen zu bringen. Es geht, mit einem Wort: um Herrschaft.

Mit Freiheit, Demokratie und Toleranz hat all dies selbstredend nichts zu tun, jedenfalls nicht im Sinne unserer verfassungsmäßigen Ordnung. Diese ist ein System, in dem die bürgerlichen Freiheiten gelten, die vom Staat geschützt werden, in die auch nur er selbst eingreifen kann, und zwar nach Maßgabe von materiellen und Verfahrensnormen, einen Missbrauch dieser Eingriffsbefugnisse durch rechtliche Kontrolle verhindern.

Die politisch korrekte Linke dagegen versteht darunter ein System von Selbstermächtigungen „guter“ Menschen – in Wahrheit natürlich solcher, die sich bloß dafür halten -, „böses“ Gedankengut zu bekämpfen, und die sich dabei höchstens selber kontrollieren. Nochmal Dahlenburg:

„Drittens: Das ‚Argument‘, ich hätte etwas gegen Meinungsfreiheit, ist geradezu haarsträubend,…“

Es darf gelacht werden.

„…wenn Sie ein paar Proben von dem lesen, was ich schreibe. Ich kenne diese ‚Argumente‘, weiß, wie sie motiviert sind und kann sie richtig bewerten. (…)“

Mit anderen Worten: Es kommt nicht darauf an, ob Argumente richtig oder falsch sind, es kommt darauf an, „wie sie motiviert sind“, also von den politischen Werten und Zielen dessen, der sie vorbringt. Aber sonst hat er nichts gegen die Meinungsfreiheit.

Es liegt auf der Hand, dass ein solches linkes „Demokratieverständnis“ mit verfassungmäßigen Normen kollidieren muss. Genau deswegen muss die Verfassung ja auch unterlaufen und umgangen werden. So wie in Köln geschehen:

„Wenn Sie allerdings meine Haltung gegenüber Pro Kön als Angriff auf die Meinungsfreiheit deuten sollten, bräuchten wir nicht weiter miteinander zu reden.“

In der Tat: Ich sehe nicht ein, warum ich mit Leuten reden sollte, die sich an der Zerstörung der freiheitlichen Demokratie beteiligen.

Man sollte sich nicht von Dahlenburgs Behauptung irritieren lassen, er sei CSU-Mitglied. Sollte er das wirklich nominell sein, dürfte er jedenfalls wenig Rückhalt in der Partei haben.

Selbst wenn die CSU längst aufgehört hat, eine glaubwürdige Sachwalterin abendländischer Werte zu sein, so bleiben doch parteitypische Milieus über lange Zeit erhalten. Es gibt in jeder Partei bestimmte Mentalitäten, bestimmte Arten, sich zu geben, eine bestimmten Habitus, eine bestimmte Sprache. Da ich aus Bayern stamme, kenne ich die Mentalität von CSU-Leuten ganz gut. Und da ich außerdem von der politischen Linken stamme, kenne ich auch die dort vorherrschenden Mentalitäten. Lassen wir mal ein paar Dahlenburg-Sprüche Revue passieren:

„Rechtsdeutsch … Stolznationale … (t)deutsche Welt…wie Europa doch endlich zu einem ‚rechten‘ Kontinent mutieren soll… an ein Miteinander zwischen Kulturen denken … wenn alles ‚treudeutsch‘ abgewickelt sein wird … ihr Axiom immer genauso faszinierend blöd wie einfach: ‚Ausländer raus’…“

Das ist doch nie und nimmer die Sprache eines CSU-Mannes! Es ist auch nicht die Sprache eines ex-linken Konvertiten zum Konservatismus, wie ich einer bin. (So einer würde konservatives Gedankengut vielleicht kritisieren, aber nicht verleumden.). Nein, das ist eindeutig linke Sprache und linkes Denken, durch keinerlei selbstkritischen Zweifel gemildert.

Allein die Häufigkeit, mit der das Wort „deutsch“ als abwertende Bezeichnung für alles Mögliche verwendet wird, zeigt, dass der Verfasser solcher Zeilen mit dem CSU-Milieu denkbar wenig zu tun haben kann. Einer christlichen Partei, deren Vorsitzender uneheliche Kinder in die Welt setzt, muss man zwar allerhand zutrauen, aber nicht, dass sie akzeptiert, wenn eine Nationalitätsbezeichnung, noch dazu die des eigenen Volkes, offenbar gewohnheitsmäßig in der Manier von Rassisten als Schimpfwort gebraucht wird.

Nein, wer so redet, ist politisch im antideutschen Milieu zu verorten. Dass Dahlenburg gerade dies vehement abstreitet (und zwar bevor es ihm überhaupt einer unterstellen konnte!), kann man getrost als Lüge abtun.

Viele Arten zu töten

Da ich häufig pro-israelische Artikel schreibe und Antisemitismus vehement kritisiere, bleiben inhaltliche Übereinstimmungen mit jenem Spektrum nicht aus, das sich selbst „antideutsch“ nennt.

In meinen Ohren ist diese Bezeichnung freilich eine Selbstbezichtigung: Ich halte Patriotismus für eine ganz selbstverständliche Tugend und befinde mich damit in Übereinstimmung mit den Wertvorstellungen aller Zeiten, Völker und Kulturen seit Adam und Eva. Ausgenommen natürlich diejenigen Völker und Kulturen, die wegen ihres Selbsthasses untergegangen sind. Ausgenommen auch diejenigen Milieus linker Akademiker, die ihrem eigenen Volk dasselbe Schicksal bereiten wollen.

Daher klingt für mich kaum etwas abwegiger, ja abartiger, als wenn ein Deutscher seinen eigenen politischen Standort mit dem Wort „antideutsch“ umschreibt – das ist für mich so, als würde er sich als begeisterter und ideologisch gefestigter Kinderschänder offenbaren.

Ist aber der Wunsch, das eigene Volk möge nicht existieren, schon als solcher bizarr genug – und eine darauf gerichtete Politik eine solche des Völkermordes -, so möchte man seinen Anhängern doch wenigstens mehr Intelligenz wünschen. Es wäre jedenfalls intelligent, wenn sie diejenigen ihrer Anliegen, die per se nicht verwerflich sind (insbesondere ihre Solidarität mit dem Judentum im Allgemeinen und dem Staat Israel im Besonderen), nicht dadurch kompromittieren würden, dass sie den Eindruck erwecken, es gebe einen notwendigen inneren Zusammenhang zwischen einer projüdischen und einer antideutschen Einstellung, und wer mit dem Judentum sympathisiere, müsse zwangsläufig ein Feind Deutschlands sein.

Diese Denkfigur nämlich war und ist die Grundlage von deutschvölkischem Antisemitismus. Man kann den moralischen Konsequenzen dieser verbrecherischen Völkermordideologie nicht dadurch entgehen, dass man als Deutscher einfach die Seiten wechselt. Wenn Patriotismus überall auf der Welt in Ordnung sein soll, nur in Deutschland nicht, dann läuft dies darauf hinaus, das deutsche Volk für lebensunwert zu erklären, mindestens aber für ein Volk minderen Rechts. Statt an der Vernichtung des jüdischen an der des eigenen Volkes zu arbeiten ist aber keinen Deut moralischer oder weniger menschenverachtend. Der geistige Landesverrat, der darin liegt, Deutschfeindlichkeit als positiven Wert darzustellen, ist nicht einfach eine private Marotte, sondern bedeutet, eine genozidale Ideologie zu propagieren.

Der Begriff Völkermord ist nämlich nicht etwa eine quantitative Steigerung von Massenmord – auch wenn beides oft Hand in Hand geht -, sondern bezieht sich auf die Zerstörung des sozialen und kulturellen Zusammenhangs, der ein Volk konstituiert. Die direkte Tötung von Menschen ist daher nur eine von vielen Arten, ein Volk zu töten. Es gibt aber wirksamere Methoden, und zu diesen Methoden gehört, durch autorassistische Propaganda sein Selbstwertgefühl und seinen Selbstbehauptungswillen zu unterminieren.

„Antideutsch“ sind aber selbstverständlich nicht nur die, die sich ausdrücklich so nennen – das sind höchstens die ehrlicheren. Antideutsch sind auch die politischen und Medieneliten, die die übrigen Formen von ethnischer Kriegführung gegen die eigene Nation propagieren oder praktizieren. Die Liste ist unvollständig: Man kann das Volk ethnisch ausdünnen (lassen), man kann „Antidiskriminierung“ (also Diskriminierung von Einheimischen) betreiben, man kann Kriminelle, Extremisten und religiöse Fanatiker ins Land holen, man kann zusehen, wie der soziale Zusammenhalt in immer neuen Wellen von deren Kriminalität weggespült wird, man kann die Souveränität des Nationalstaats nach außen und des Rechtsstaats nach innen unterminieren, man kann die Institution der Familie erst verunglimpfen und dann zerstören, und man kann diejenigen, die sich gegen all das wehren, als Rechtsradikale verleumden und sie an den Rand der Gesellschaft drängen, und sogar über diesen Rand hinaus.

Nur weniges davon, um es mit Brecht zu sagen, ist in unserem Lande verboten.

Seyran Ateş: „Der Multikulti-Irrtum“

(Rezension)

  

Die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateş ist bekannt als engagierte Kritikerin der Zustände in türkischen und kurdischen Parallelgesellschaften in Deutschland; als Kritikerin von Ehrenmorden, Zwangsverheiratungen, ehelichen Vergewaltigungen, Verschleppungen von Frauen und Kindern und der schier allgegenwärtigen körperlichen Gewalt innerhalb muslimischer Zuwanderungsfamilien. Sie hat vor Gericht unzählige Opfer solcher Praktiken, meist Frauen, vertreten.

Entsprechend oft bekommt sie Morddrohungen aus dem Milieu, hat körperliche Angriffe, darunter einen Mordanschlag, überlebt, sah sich massiven Hetzkampagnen der türkischen Presse (speziell „Hürriyet“) ausgesetzt und wird von sogenannten Migrationsforschern verleumdet, die die Ursachen für migrationsbedingte Probleme überall suchen, nur nicht bei den Migranten selbst.

In ihrem Buch „Der Multikulti-Irrtum“ setzt sie sich mit den genannten Missständen auseinander, wobei die Situation muslimischer Frauen im Mittelpunkt steht. Sie führt die Probleme zurück auf

– patriarchalisch-autoritäre Familienstrukturen die vom Herrschaftsanspruch des Patriarchen ausgehen, den dieser auch mit Gewalt durchsetzen darf, ja beinahe muss,

– den sozialen Druck, der von der Großfamilie, aber auch vom türkischen Milieu insgesamt ausgeht und die Einhaltung traditioneller Normen erzwingt,

– einen ihrer Meinung nach falsch verstandenen, in jedem Falle aber unzeitgemäßen Islam,

– den geringen Bildungsstand der meisten Türken in Deutschland,

– einen mittelalterlich anmutenden Jungfräulichkeitskult, der muslimische Männer geradezu verpflichtet, ihre Frauen, Töchter und Schwestern wegzusperren, zu kontrollieren oder ihnen zumindest das Kopftuch aufzuzwingen und

– eine auf die Spitze getriebene „Mannesehre“, die von der Unterdrückung der Frau abhängt und sich in ihr äußert.

Sie behauptet natürlich nicht, dass es in allen Familien so zugeht; genaue Zahlen sind schwer zu bekommen, nicht zuletzt wegen der segensreichen Tätigkeit besagter „Migrationsforscher“; immerhin lassen die vorhandenen Daten den Schluss zu, dass die obige Beschreibung auf mindestens ein Drittel des Milieus zutrifft, und das ist noch optimistisch geschätzt.

Dabei zeigt sich eine deutliche Tendenz zur Verfestigung dieser Parallelgesellschaften. Ateş kritisiert vehement die Bereitschaft der deutschen Gesellschaft, insbesondere der Behörden und Gerichte, solche Missstände hinzunehmen oder aus falsch verstandener kulturrelativistischer Toleranz zu verharmlosen. (Multikulti-Ideologen sind ihre Lieblingsfeinde, daher der Titel des Buches).

Sie behauptet allerdings auch, der Rückzug in die Parallelgesellschaft sei nicht nur der Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft anzulasten, sondern auch ihrem Mangel an Bereitschaft, Menschen ausländischer Herkunft, speziell Moslems, überhaupt als Teil der deutschen Gesellschaft zu akzeptieren („Wann kehren Sie in ihre Heimat zurück?“).

Sie plädiert dafür, dass Migranten sich an dem orientieren, was sie die „europäische Leitkultur“ nennt – sprich an Menschenrechten, Demokratie, Toleranz, Gleichberechtigung der Geschlechter, Trennung von Politik und Religion. Und dafür, dass der deutsche Staat alle Register zieht, um sowohl mit gesetzlichem Zwang (einschließlich des Kopftuchverbotes) als auch mit umfassenden Hilfsangeboten von Lehrern, Sozialarbeitern, Beratungsstellen usw. die Respektierung dieser Normen zu erzwingen.

Von muslimischen Migranten sei zu verlangen, ihren Islam zu reformieren, ihn zeitgemäß in einem rein spirituellen Sinne zu leben und speziell diejenigen islamischen Normen über Bord zu werfen, die mit der Demokratie unvereinbar seien. Es komme für sie darauf an, eine „transkulturelle Identität“ zu entwickeln – also gleichermaßen Europäer wie türkische Muslime zu sein, wobei von der islamischen Identität eben die illiberalen und gewalttätigen Züge abzuziehen seien, wohingegen es gelte, die türkische bzw. kurdische Muttersprache zu pflegen.

Der aufmerksame Leser, der meine sonstigen Texte kennt, wird schon an diesem lustlosen Referat gemerkt haben, dass ich von Ateşs Thesen nicht gerade erbaut bin.

Natürlich hat sie mit vielem Recht: mit ihrer Polemik gegen Multikulti-Ideologen, ihrer Kritik an der Unterdrückung muslimischer Frauen, ihrem Plädoyer für die Auflösung der Parallelgesellschaften, ihrem Insistieren darauf, dass ein demokratischer Staat die Menschenrechte zu verteidigen hat, auch die von muslimischen Frauen, und dass er nicht die Einführung der Scharia durch die Hintertür dulden darf. Auch die Vielzahl der von ihr angeführten Beispiele macht das Buch allemal lesenswert, und manch einer fragt sich vielleicht, was ausgerechnet ich gegen eine so profilierte Islamkritikerin einzuwenden habe.

Im Unrecht ist sie nicht mit ihrer Kritik, sondern mit dem, was ihr positiv vorschwebt. Das beginnt mit ihrem Selbstverständnis:

„‚Deutschländer‘, so werden … die in Deutschland lebenden Türken in der Türkei genannt. Der Begriff war in erster Linie negativ gemeint, ich finde ihn allerdings sehr zutreffend für Menschen, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, ohne auf eine lange Familiengeschichte in Deutschland zurückzublicken. Man könnte ja anfangen, ihn positiv zu besetzen. ‚Deutschländer‘ gefällt mit jedenfalls um einiges besser als alle anderen Varianten. Ich persönlich kann mich recht gut mit ihm identifizieren – auch wenn es eine Würstchensorte gibt, die so heißt. In dem Begriff ‚Deutschländer‘ ist Deutschland enthalten, das Land, in dem wir leben, und er betont die Zugehörigkeit zu diesem Land, zu seiner Gesellschaft.“ (S.26 f.)

Zum Land ja. Zur Gesellschaft ja. Zur Nation – nein!

Deutschland, das sagt sie oft genug, ist ihre Heimat, aber die Deutschen, das sagt sie, indem sie es nicht sagt, sind nicht ihre Nation. Sie wird lieber mit einem Würstchen verwechselt als für eine Deutsche gehalten. (Meinetwegen auch für eine türkischstämmige Deutsche – in Zusammenhängen, in denen es darauf ankommt.)

Seyran Ateş leistet rühmenswerte Arbeit, und das seit Jahrzehnten. Sie kämpft für die Menschenrechte und für die Werte „unseres Grundgesetzes“ (Ja, sie sagt „unser Grundgesetz“). Sie riskiert sogar ihr Leben dafür. Ohne Zweifel gereicht sie unserer Gesellschaft zur Zierde. Wenn so eine partout keine Deutsche sein will – wer eigentlich dann?

(Komplementär dazu verwendet sie den Begriff „Urdeutsche“ für

„die Deutschen, die vor der Gastarbeiteranwerbung in den 60er Jahren bereits seit mehreren Generationen in Deutschland lebten“ (Anm. 2, S.277)

Ungeachtet der präzisen Definition finde ich dies sprachlich reichlich verunglückt. Unter einem „Urdeutschen“ stelle ich mir eine pittoreske, knorrig-romantische Figur vor, mit der man Grimms Märchen verfilmen könnte, und fühle mich leicht veralbert, wenn man mich so tituliert.)

Ähnliche Bauchschmerzen bereitet mir der Begriff der „europäischen Leitkultur“. So etwas gibt es zwar, aber die kulturelle Sprache Europas kennt mindestens ebenso viele Dialekte, wie es europäische Nationen gibt, und sie existiert auch nur in Gestalt dieser Dialekte, nicht etwa als Hochsprache. Mehr noch: Zur europäischen Leitkultur gehört unabweisbar der Gedanke der Nation! Unsere Staaten sind Nationalstaaten und nicht bessere Verwaltungseinheiten, deren Grenzen man ebensogut auch anders hätte ziehen können.

Eine Nation aber ist nicht etwa die Summe ihrer Staatsbürger, sondern die zwischen ihnen bestehende Solidarität, die – zumindest als Idee und als Norm – der Demokratie im europäischen Sinne zugrundeliegt. Die Nation ist ein politischer Solidarverband. Sie ist ein Wir.

Da hilft es auch nicht, sich nach „Europa“ zu flüchten: Selbst ein europäischer Bundesstaat, wenn er denn von den Völkern gewollt würde, könnte nur die Solidarität zwischen den europäischen Nationen organisieren und institutionalisieren, nicht aber die innerhalb der Nation ersetzen. (Und die Europäische Union wird keine Zukunft haben, wenn sie die Nationen weiterhin als lästiges Relikt aus der Vergangenheit behandelt; Nationalismuskritik war nach den Exzessen des zwanzigsten Jahrhunderts weiß Gott angebracht, aber sie darf einen nicht dazu verleiten, das Kind mit dem Bade auszuschütten.)

Mit „Kultur“ hat die Zugehörigkeit zu einer Nation zunächst nicht viel zu tun: Die Alemannen dies- und jenseits des Bodensees unterscheiden sich kulturell so gut wie gar nicht, gehören aber verschiedenen Nationen an. Umgekehrt gibt es allein schon aufgrund der Ausdifferenzierung unterschiedlicher Lebensstile große kulturelle Unterschiede innerhalb einer Nation, ohne dass deren Charakter als Wir-Gruppe dadurch in Frage gestellt würde.

So gesehen wäre auch gegen Ateşs Konzept der „transkulturellen Identität“ – also gegen das Zuhausesein in verschiedenen Kulturen – nichts einzuwenden, wenn sie nicht ihren türkischen Identitätsanteil gegen die Zugehörigkeit zur deutschen Nation ins Feld führte, und dies nicht als private Einstellung, sondern als gesellschaftliches Leitbild. Und wenn – ja, wenn die ihrer Meinung nach zu pflegende Herkunftskultur nicht ausgerechnet eine islamische wäre:

Seyran Ateş beschreibt ebenso anschaulich wie eindrucksvoll, dass viele Muslime unter dem Diktat der öffentlichen Meinung ihrer Gesellschaft bzw. Parallelgesellschaft leben; da muss schon mal die Frau weggesperrt werden, weil der Clan oder der Nachbar sonst denken könnte, man sei kein „richtiger Mann“. Und tragikomisch ist, wenn sie schreibt, wie auf Seiten ihrer Mandanten wie auch der Prozessgegner ganze Großfamilien, Freunde, Nachbarn in den jeweiligen Fall hineinreden.

Was sie nicht wahrzunehmen scheint, ist die Verankerung solchen Verhaltens in der islamischen Ethik, die – juristisch formuliert – ein objektivrechtliches Normensystem ist: Verwerflich ist nicht, was einem Anderen schadet – so würden wir das sehen -, sondern was gegen objektive Normen, letztlich gegen den Willen Allahs, verstößt.

Ein solcher Verstoß geht dann in der Tat Jeden etwas an, und Jeder muss sich auch zuvörderst Gedanken darüber machen, „was die Leute sagen“. Ateş argumentiert wortreich, dass man den Koran in vieler Hinsicht – etwa bei der Verschleierung oder beim Alkoholverbot – auch liberaler auslegen könnte, als es traditionell geschieht. Das ist richtig, ist aber nicht der springende Punkt. Kulturell entscheidend ist, dass nicht die ethische Einsicht des Einzelnen, sondern die gesellschaftlich vorherrschende Interpretation des Islam – und sei sie noch so liberal – den Maßstab dafür abgibt, was verwerflich ist und was nicht.

Daran wird m.E. auch ihre Forderung scheitern, den Islam auf seine rein spirituellen Dimensionen zurückzustutzen. Jeder Einzelne für sich kann das natürlich tun – sofern er eine starke Persönlichkeit wie Seyran Ateş ist. Kann man sich aber ernsthaft vorstellen, dass eine solche Interpretation, die den Koran als Richtschnur des Handelns zur Disposition stellt und deshalb von neunzig Prozent aller Muslime weltweit als Kufr abgelehnt werden dürfte, von der Mehrheit der hiesigen Muslime als Leitbild akzeptiert wird?

Wenn es dafür überhaupt eine Chance geben soll, dann ist die Identifikation mit der deutschen Nation und das Ende der Identifikation mit der Herkunftskultur geradezu die Voraussetzung dafür: Wer sich – und sei es nur „unter anderem“ – als Angehöriger der türkischen Kultur fühlt, schaut immer mit einem Auge in den Rückspiegel. Einem muslimischen Deutschen kann es völlig egal sein, ob man ihn in Anatolien für einen „Ungläubigen“ hält, einem „Deutschländer“ aber nicht.

Die meisten Menschen haben ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einem Großkollektiv. Und wer seine Identität nicht in der Zugehörigkeit zur Nation sucht und findet, der sucht und findet sie eben anderswo, notfalls in der Umma.

Dabei ist kaum zu erkennen, was von der türkisch-islamischen Kultur eigentlich übrigbleibt, wenn man alles abzieht, was Ateş gerne abgezogen sehen möchte, nämlich die Dominanz der Familie über den Einzelnen, den türkischen Nationalismus, die Verbindlichkeit islamischer Normen, den Machismo, die Bereitschaft zur privaten Gewaltanwendung.

Was bleibt da übrig?

Orientalische Musik, Lammhaxe statt Schweinshaxe, Interesse an türkischer Literatur und Geschichte, ein wenig Folklore. Nichts, was nicht auch einem aufgeschlossenen Deutschen einfallen könnte. Nichts, was man nicht als Privatsache behandeln könnte. Und vor allem nichts, was die Verrenkungen rechtfertigen würde, die Ateş aufführt, um nur ja keine Deutsche zu sein.

Selbstverständlich erwartet kein Mensch von eingebürgerten Ausländern, vom Moment der Einbürgerung an deutsch zu tümeln, oder rund um die Uhr „dessen eingedenk zu sein, dass sie Deutsche sind“ – das tun wir doch Alle nicht. Dass sie sich aber als Teil der Nation verstehen, sprich als Deutsche, und nicht als Gruppe mit Sonderstatus in der Nation, sprich als „Deutschländer“: Das ist – zumindest als Norm – eine Selbstverständlichkeit. Es ist so selbstverständlich, dass es einem kaum noch bewusst ist. Ateş aber, die sonst den gesamten Katalog westlicher Werte akzeptiert, lässt ausgerechnet das Konzept „Nation“ unter den Tisch fallen.

Das gibt zu denken. Möglicherweise haben die Islamisten wieder einmal auf ihre Art Recht, wenn sie den säkularen Nationalismus als unislamisches Importgut ablehnen. Zwar hat der Nationalismus auch in der islamischen Welt Fuß gefasst – wir kennen ihn etwa als türkischen, persischen, pakistanischen und (pan-)arabischen Nationalismus.

Dies alles sind aber Völker mit überwältigender muslimischer Mehrheit. Dagegen ist mir kein einziger Fall bekannt, wo Muslime als Minderheit sich mit der Nation als primärer politischer Gemeinschaft identifizieren. Ich vermute, dass die Prägung durch islamische Wertvorstellungen, insbesondere durch das Gebot der innermuslimischen Solidarität, so dominant ist, dass es selbst für säkulare und liberale Muslime wie Ateş buchstäblich undenkbar ist, einer nichtmuslimischen politischen Wir-Gruppe anzugehören und diese Zugehörigkeit als Teil der eigenen Identität aufzufassen.

Bezeichnend ist auch, dass sie es nicht für erforderlich hält, uns „Urdeutsche“ mit Argumenten davon zu überzeugen, dass wir ein Interesse haben sollen, den „Deutschländern“ die politische Gleichberechtigung zuzuerkennen, wenn deren Loyalität unserer Nation gegenüber bestenfalls zweifelhaft ist, sie einer Religion angehören, die man nur unter erheblicher Geistesakrobatik halbwegs verfassungskonform zurechtbiegen kann, aus deren Mitte daher immer wieder Extremisten und Verfassungsfeinde hervorgehen werden, und von denen zu erwarten ist, dass sie vor allem untereinander solidarisch sind – gegebenenfalls in Form einer Solidarität der „Transkulturellen“ – gegen die Mehrheitsgesellschaft.

Dies auch dann, wenn der von Ateş favorisierte Euro-Islam tatsächlich die dominierende Option unter hiesigen Muslimen wäre.

Ohne uns „Urdeutsche“ also davon zu überzeugen, dass wir daran ein Interesse haben, fordert sie, Deutschland solle sich nicht nur als „Zuwanderungsgesellschaft“, sondern als „Einwanderungsgesellschaft“ definieren, so wie die USA und Kanada, damit auch Muslime sich willkommen fühlen und nicht die Hürde nehmen müssen, sich als Deutsche zu verstehen.

Wenn sie die nordamerikanischen Länder als Vorbild heranzieht, dann übersieht sie einen wesentlichen Punkt: Deren Selbstverständnis als Einwanderungsgesellschaft ist Teil ihrer nationalen Identität (weil diese Nationen ohne Einwanderung gar nicht existieren würden). Wer aber von den Deutschen (oder irgendeiner anderen europäischen Nation) fordert, ihr nationales Selbstverständnis zu korrigieren und sich als „Einwanderungsgesellschaft“ zu verstehen, sollte sich darüber im Klaren sein (und so ehrlich sein zuzugeben), dass die Änderung einer Kollektividentität kaum anders zu bewerkstelligen ist als durch die ideologisch motivierte und politisch oktroyierte Vergewaltigung der Mehrheitsgesellschaft.

Das Ergebnis dieser Vergewaltigung – das hat gerade Ateşs Argumentation deutlich genug gezeigt – wäre nicht eine neue nationale Identität, sondern eine nichtnationale Identität der Nation, also ein Widerspruch in sich. Die deutsche Nation, darauf läuft es hinaus, soll als solche aufhören zu existieren.

 

Tote Hosen

Campino, der Sänger der Toten Hosen, hat sich meine bleibende Antipathie dadurch gesichert, dass er sich während der Fußball-WM 2006 als England-Fan offenbart hat.

England! Nur Oranje wäre noch perverser gewesen.

Halten wir ihm zugute, dass er einer Gesellschaft entstammt, in der man sich eher mit bedrohten Fledermäusen als mit bedrohten Mitmenschen solidarisiert. In einer Gesellschaft, in der die Kleine Hufeisennase ein Bauprojekt zu Fall bringen kann, der dafür zuständige Bürgermeister aber nicht und die UNESCO schon gar nicht, ist die Solidarisierung mit der englischen Nationalmannschaft eine Verschrobenheit der harmloseren Art. Immerhin beweist Campino damit, dass er ein Herz für Verlierer hat, deren einziger Titel älter ist als ihre ältesten aktiven Nationalspieler und zudem durch die Blindheit respektive Deutschfeindlichkeit eines sowjetischen Linienrichters zustandegekommen ist.

Zumindest diese Eigenschaften haben die Toten Hosen mit besagtem Linienrichter gemein. Ihr neuester Hit hat den Refrain:

„Es gibt 1000 gute Gründe,
auf dieses Land stolz zu sein.
Warum fällt uns jetzt auf einmal
kein einziger mehr ein?“

Tja. Wenn ich es mir recht überlege, habe auch ich erhebliche Zweifel, ob man auf Deutschland wirklich stolz sein kann. Ob man wirklich stolz darauf sein sollte, einer Gesellschaft anzugehören, zu deren prominentesten Künstlern Leute wie die Hosen gehören, die gegen das eigene Land Stimmung machen, oder wie Herbert Grönemeyer, der uns vorschnulzt, es gebe keinen Feind (und schon gar keinen Sieg), und der sich „Kinder an die Macht“ wünscht. Oder wie die Prinzen, die im Gegensatz zu Grölemeyer zwar singen können, dieses Talent aber zu Liedern wie diesem missbrauchen:

…Wir sind besonders gut im auf die Fresse hauen/Auch im Feuer legen kann man uns vertrauen./Wir stehen auf Ordnung und Sauberkeit./Wir sind jederzeit für ’nen Krieg bereit./Schönen Gruß an die Welt — seht es endlich ein:/Wir können stolz auf Deutschland sein./Schwein, Schwein, Schwein …/Das alles ist Deutschland…

Merken diese Leute eigentlich noch, was für einen Stuss sie von sich geben? „Jederzeit für ’nen Krieg bereit“? Ach, wenn es doch nur so wäre! Die afghanischen Zivilisten, deren Zukunft davon abhängt, dass die Taliban geschlagen werden, würden es uns sicherlich danken, und auch um das eigene Land müsste man sich weniger Sorgen machen als jetzt, wo es sich in der eigenen Wehrlosigkeit suhlt.

Interessant – und für den Zustand unserer Gesellschaft aufschlussreich – ist, dass solch mutwillig und gehässig gegen das eigene Land gerichtete Lieder anstandslos im Radio gespielt werden, ohne dass irgendeiner meckert (was allein schon die Texte ad absurdum führt), während vermutlich Zigtausende auf die Straße gingen, wenn es einem Radiosender einfiele, die Böhsen Onkelz oder sonst eine rechte Rockgruppe zu spielen.

Es geht mir nicht darum, ob man dies oder jenes zulassen oder verbieten sollte. Es geht mir um die Wertematrix, die hinter der Akzeptanz des einen bei gleichzeitiger Ablehnung des anderen steht, also um die kuriose Prioritätensetzung, die offenbar so tief verinnerlicht ist, dass kaum noch einer sie irgendwie merkwürdig findet.

Was gilt denn im politischen Bereich als moralisch gut? Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber folgende Dinge dürften dazugehören:

Entwicklungshilfe, Internationalismus, Gewaltlosigkeit, Respekt vor fremden Kulturen und Religionen, verbunden mit Kritik gegenüber der eigenen.

Und was gilt als böse?

Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Diskriminierung, Imperialismus, Nationalismus, kulturelle Arroganz.

Als „gut“ gilt, was Anderen nützt, als „böse“, was Anderen schadet. Die Verfolgung der Interessen des eigenen Gemeinwesens kommt in diesem Tugendkatalog gar nicht oder mit negativer Wertung vor.

Der ideologische Code unserer Gesellschaft basiert also auf einer ausschließlich altruistischen Wertematrix. Man erkennt darin unschwer die aufs Kollektiv projizierte christliche Individualethik, die vor der Selbstgerechtigkeit warnt („Richtet nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet“) und der Liebe zum Feind einen höheren ethischen Rang zuweist als der zum Freund („Und wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank habt ihr davon? Denn auch die Sünder lieben ihre Freunde“ (Lk 6,32))

Es scheint niemandem (mehr) aufzufallen, dass eine solche Bevorzugung der fremden Gruppe gegenüber der eigenen Allem ins Gesicht schlägt, was seit Anbeginn der Menschheit als ethisch wertvolles Verhalten gilt, und zwar auch in den christlichen Gesellschaften der ersten beiden Jahrtausende.

Noch vor einem halben Jahrhundert galten auch in westlichen Gesellschaften sowohl Familiensinn als auch Patriotismus ganz selbstverständlich als hohe Tugenden; allgemein gesprochen galt die Solidarität mit der je eigenen Gruppe – auch und gerade im Konflikt mit Fremdgruppen – von jeher als zentrale Sozialnorm. Zentral deshalb, weil eine Gesellschaft, in der sie nicht gegolten hätte, als nicht überlebensfähig eingeschätzt worden wäre.

Warum das so gesehen wurde? Nun, vielleicht bestanden die zehntausenden von Generationen, die uns vorangingen, aus xenophoben Chauvinisten respektive unaufgeklärten Dummbeuteln, und erst in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts fand die Menschheit, zumindest aber deren weißer, westlicher und christlicher Teil, zu einer wahrhaft humanen und aufgeklärten Ethik. Plausibel ist das nicht, aber als zumindest hypothetische Möglichkeit sei es in Betracht gezogen.

Welche ethischen Normen müssen eigentlich gelten, damit so etwas wie „Gesellschaft“ möglich wird?

Beginnen wir, de Einfachheit halber, mit der Grundnorm unseres eigenen Kulturkreises, der sogenannten Goldenen Regel:

„Wie Ihr wollt, dass die Leute Euch tun sollen, also tut Ihnen auch.“ (Lk 6,31)

Die säkulare Variante ist als Kategorischer Imperative bekannt und lautet:

„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Diese Normen beinhalten zunächst die Aufforderung, nicht einfach egoistisch seine persönlichen Interessen durchzusetzen, sondern sich an bestimmte Regeln zu halten, geschriebene wie ungeschriebene. Und da wir empirisch keine Gesellschaften beobachten können, die auf die Dauer auf der Basis des schieren Individualegoismus existieren, vielmehr feststellen müssen, dass in allen Gesellschaften (die nicht gerade in Auflösung begriffen sind) bestimmte Regeln gelten und vom Einzelnen verinnerlicht werden (sollen), können wir die oben genannten Prinzipien als universell gültig unterstellen.

Machen wir uns nun an ein paar einfachen Beispielen klar, dass Ethik für den Einzelnen eine Zumutung darstellt: Ein Wahlbürger verzichtet darauf, den Sonntagnachmittag auf dem Sofa zu verbringen und marschiert hunderte von Metern zum Wahllokal, womöglich bei strömendem Regen, obwohl er genau weiß, dass seine Stimme nicht die Wahl entscheidet. Ein U-Bahn-Fahrgast bezahlt sein Ticket, obwohl er weiß, dass die Gefahr, beim Schwarzfahren erwischt zu werden, denkbar gering ist, und dass die U-Bahn auch fährt, wenn er nicht bezahlt. Ein Soldat riskiert sein Leben für sein Land, wohl wissend, dass sich am Kriegsausgang nichts ändern würde, wenn er einfach nach Hause ginge und das Siegen Anderen überließe.

Ethisches Verhalten ist also geprägt durch ein deutliches, im Falle des Soldaten sogar extremes Missverhältnis zwischen den Kosten, die der Einzelne auf sich nimmt, und dem Gewinn, den er individuell überhaupt nicht und als Teil der Gesellschaft auch dann hätte, wenn er die Kosten nicht auf sich nähme. Ökonomisch gesehen bedeutet Ethik also Privatisierung der Kosten und Sozialisierung der Gewinne.

Es ist leicht zu zeigen, dass keine Gesellschaft ohne solche ethischen Normen existieren kann, und doch gibt es keinen Weg, den Einzelnen rational davon zu überzeugen, dass er sich ihnen unterwerfen sollte. Ethisches Verhalten muss, so gesehen, als außerordentlich unwahrscheinlich gelten, trotzdem ist es die Regel, nicht die Ausnahme. Wie ist dieses täglich stattfindende Wunder zu erklären?

Fragen wir kontrafaktisch: Würde der Fahrgast seine Karte auch dann bezahlen, wenn er wüsste, dass die Anderen es nicht tun? Würde der Soldat kämpfen, wenn er wüsste, dass seine Kameraden lieber davonlaufen? Die Fragen stellen heißt sie beantworten: Natürlich nicht! (Beim Wähler liegt der Fall etwas anders, denn dessen Stimme würde ja die Wahl entscheiden, wenn er als einziger zur Abstimmung ginge.)

Niemand will der Dumme sein, der als Einziger die Regeln befolgt. Werden sie befolgt, so ist dies offensichtlich auf die Erwartung des Einzelnen zurückzuführen, dass alle (oder doch die meisten) Anderen sich ebenfalls ethisch verhalten. Diese Gegenseitigkeit der Erwartung also bringt ethisches Verhalten hervor. Ethik – und damit die Existenz von Gesellschaft schlechthin – beruht auf Solidarität.

(Ein denkbarer Einwand lautet, ethisches Verhalten sei vor allem durch die Angst vor Strafe motiviert. Dieser Einwand gilt, wenn wir bei unseren Beispielen bleiben, für den Wähler gar nicht; die Strafdrohung gegen den Schwarzfahrer ist wegen der geringen Sanktionswahrscheinlichkeit wenig zwingend; und den Soldaten kann man mit Drohungen allenfalls vom Desertieren abhalten, aber nicht zur Tapferkeit zwingen. Tatsächlich spielen Sanktionsdrohungen eine wichtige Rolle; sie wirken aber auf zweierlei Weise: einmal direkt durch Abschreckung, aber wir haben gesehen, dass sie in dieser Hinsicht häufig ein stumpfes Schwert sind. Die Hauptwirkung ist indirekter Natur: Das Wissen um die Existenz der Sanktionsdrohung bestärkt jeden Einzelnen in seiner Erwartung, die Anderen würden sich an die Regeln halten, und motiviert ihn damit, es selbst ebenfalls zu tun.)

Solidarität – so viel dürfte klar geworden sein – hat nichts mit Altruismus zu tun (mit dem sie oft verwechselt wird), also mit dem Handeln zugunsten Anderer. Sie ist als Geschäft auf Gegenseitigkeit vielmehr ein erweiterter und reflektierter Egoismus. Wie kommt Solidarität zustande? Durch altruistisches Handeln? Rein theoretisch könnte man sich das vorstellen: Ich verhalte mich altruistisch, rege dadurch einen Zweiten an, es mir gleichzutun, was wiederum einen Dritten und Vierten veranlasst, sich ebenfalls altruistisch zu verhalten und so fort, bis am Ende eine Solidargemeinschaft entstanden ist, in der man realistischerweise solidarisches Handeln Aller unterstellen kann. Ich spare mir an dieser Stelle die Mühe zu beweisen, etwa mithilfe spieltheoretischer Modelle, dass dies blankes Wunschdenken wäre; ich ziehe es vor, mich auf die Lebenserfahrung und den gesunden Menschenverstand zu berufen.

Dabei gehört kaum ein Mensch bloß einer Solidargemeinschaft, bloß einem System gegenseitiger Solidaritätserwartungen an. Diese Systeme bauen vielmehr aufeinander auf, erfüllen je spezifische Funktionen und entlasten einander, wobei die Intensität der Solidaritätserwartungen mit zunehmender Größe des Systems tendenziell abnimmt:

Meiner Familie bin ich stärker verpflichtet als meinem Land, meinem Land stärker als meinem Kulturkreis und diesem wiederum stärker als der Menschheit insgesamt. Salopp gesagt ist mir auf jeder Ebene das Hemd näher als der Rock.

Dabei können diese Systeme einander nicht substituieren: Die Familie kann nicht die Aufgaben der Nation übernehmen und die Nation nicht die der Familie; die Menschheit wiederum kennt zwar auch Solidarität – wir spenden für Flutopfer in Bangladesh – aber die ist nur schwach ausgeprägt – wir spenden vielleicht 20 Millionen, aber eben nicht 20 Milliarden -, weswegen die Menschheit nicht die Nation ersetzen kann.

Es ist wichtig zu sehen, dass die Solidarität innerhalb eines solchen Systems ihre notwendige Kehrseite im Ausschluss aller nicht dazu gehörenden Menschen von der Sorte Solidarität hat, die für das betreffende System konstitutiv ist: Wer seinem Nachbarn beim Tapezieren hilft, weil er davon ausgeht, dass dieser Nachbar sich irgendwann revanchieren wird, ist noch lange nicht bereit, Jedermann beim Tapezieren zu helfen. Oder, ins Politische gewendet: Die Westdeutschen, die – nicht ohne Murren, aber letztlich doch anstandslos – eine Billionensumme aufbrachten, um Ostdeutschland auf die Beine zu helfen, hätten es zu Recht als absurde Zumutung zurückgewiesen, dasselbe für Polen oder Russland zu tun.

Ein altruistisches Verhalten – also: Jedem beim Tapezieren zu helfen oder alle Völker zu subventionieren – wäre für den Einzelnen eine unmenschliche Überforderung und für ein Kollektiv das Ende: Es wäre nicht nur ruiniert, es würde buchstäblich aufhören, als Solidargemeinschaft zu existieren, weil der Einzelne ja wüsste, dass seine solidarisch erbrachte Leistung, in diesem Fall also seine Steuergelder, in keiner Form an ihn zurückfließen, auch nicht langfristig oder in der verwandelten Gestalt von Stabilität oder Sicherheit; sie würden einfach über die Welt verstreut – eine Welt, die eben keine Solidargemeinschaft ist.

Wir können nunmehr die oben gestellte Frage beantworten, ob unsere Vorfahren bis zurück zu Adam und Eva etwa Faschisten oder Hinterwäldler waren, weil sie den Dienst an und die Loyalität gegenüber der je eigenen Solidargemeinschaft unter Indifferenz, notfalls auch Feindseligkeit gegen alle fremden, als höchste Tugend angesehen haben: Nein, das waren sie keineswegs. Sie haben einfach instinktiv erkannt, dass menschliche Gesellschaft auf der Existenz einander ausschließender Solidargemeinschaften basiert und dass die genannten Tugenden daher zwingende Notwendigkeiten darstellen. Bezeichnend für den geistigen Zustand unserer Gesellschaft ist aber, dass ich hier und heute umständlich beweisen muss, was zu allen Zeiten zu Recht als Selbstverständlichkeit galt.

Als ob nicht Jedem, der die Geschichte kennt, klar sein müsste, dass schon unzählige Gesellschaften an ihrem Mangel an innerer Solidarität zerbrochen sind, aber noch keine einzige an so etwas wie „Fremdenfeindlichkeit“.

Die Daumenschraube wird weitergedreht

Nun schreibe ich schon einen ellenlangen Artikel über Sport, um mir mal eine Islam- und Türkenpause zu gönnen. Leider ist dieses Thema ungefähr so leicht zu ignorieren wie ein knatternder Presslufthammer nachts unter dem Schlafzimmerfenster. (Ein solcher fiele in der Diktion der Political Correctness vermutlich auch unter das Stichwort „Kulturelle Bereicherung“ – sofern er von einem Muslim gehandhabt würde.) Also schön – das Wort hat die Türkische Gemeinde in Deutschland:

NACH DEN BRANDANSCHLÄGEN MUSS ES EINE NEUAUSRICHTUNG DER POLITIK GEBEN Nach einer Reihe von Brandanschlägen, brachte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, die ernsthaften Sorgen der türkeistämmigen Bewohner/innen Deutschlands zum Ausdruck und verlangte eine Neuausrichtung der Integrationspolitik. Kolat stellte folgende Grundsätze für einen neuen Ansatz in der Integrationspolitik vor: 1) Die Sicherheitskräfte müssen intensiver vorbeugend tätig werden. Die Sicherheitskräfte in der Bundesrepublik müssen ihre vorbeugende Tätigkeit intensivieren. Zur Stärkung des Vertrauens der türkeistämmigen Bevölkerung muss die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit Organisationen der türkischstämmigen Community ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang müssen mehr Menschen mit Migrationshintergrund ausgebildet und eine 10-%- Einstellungsquote umgehend eingeführt werden. 2) Es muss gegenseitiges Vertrauen hergestellt werden. Die Führungspersönlichkeiten der deutschen und der türkischstämmigen Gesellschaft müssen ihre Beziehungen intensivieren und Zeichen für ein friedliches Zusammenleben gemeinsam setzen. Der von Menschen mit Migrationshintergrund für diese Gesellschaft geleistete und zu leistende Beitrag muss hervorgehoben werden. Um diesen Beitrag zu steigern müssen öffentliche Institutionen die notwendige Unterstützung leisten. 3) Anstelle einer sog. Integration müssen gleiche Rechte und Partizipation im Vordergrund stehen. Wo es keine Partizipation gibt, fühlen sich die Menschen ausgegrenzt. Wenn das System die Menschen nicht einbezieht, nehmen diese das System nicht an. Deshalb ist die politische Partizipation von herausragender Bedeutung. In diesem Kontext sind den Menschen mit Migrationshintergrund das kommunale Wahlrecht und die Mehrstaatigkeit unbedingt zu gewähren. Kulturelle Partizipation wird die Menschen in die Lage versetzen, ihre kulturellen Werte in eine positive Richtung weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die türkische Sprache an den Schulen gelehrt und Türkisch als 2. Fremdsprache bis zum Abitur angeboten wird; es muss auf jegliches Sprachverbot an Schulen verzichtet werden. Auch ist Islam-Unterricht an Schulen Teil der kulturellen Partizipation. Bildungspartizipation ist unverzichtbar. Leider lässt der Bildungserfolg türkischstämmiger Kinder und Jugendlicher viel zu wünschen übrig. Das hat verschiedene Ursachen. Das Bildungssystem in seiner heutigen Form verhindert den Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund. Auch die Partizipation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren rückläufig. Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert eine 10-%-Quote am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. 4) Es muss ein politischer Ehrenkodex verabschiedet werden Es muss Schluss sein mit der Instrumentalisierung von Migrant/innen in Wahlkämpfen. Um dies zu gewährleisten sollten alle Parteien und Organisationen sich auf einen „politischen Ehrenkodex“ einigen und diesen abzeichnen. Verstöße dagegen müssen öffentlich gemacht werden. 5) Programme zur Bekämpfung von Rassismus müssen weiterentwickelt werden. Die öffentlich geförderten Programme zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen ausgeweitet, ihre Resultate öffentlich diskutiert werden. Darüberhinaus müssen die Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden werden und an Schulen interkulturelles Leben als Pflichtfach eingeführt sowie internationale Austauschprogramme zum gegenseitigen Kennenlernen entwickelt werden.

Das Ganze beginnt bereits mit einer Lüge, nämlich mit der Behauptung, es habe „eine Reihe von Brandanschlägen“ gegeben. In Wahrheit waren es höchstens zwei, von denen einer – der von Ludwigshafen – erwiesenermaßen keiner war. Und der andere, der von Marburg? Sagen wir es so: Wenn jemand es darauf angelegt hätte, einen fremdenfeindlich motivierten Brandanschlag vorzutäuschen, so wäre er genau so vorgegangen wie die Täter von Marburg. Mit dieser Lüge werden fünf Gruppen von Forderungen legitimiert, von denen vier mit dem Schutz vor rechtsextremer Gewalt nichts zu tun haben, und die fünfte, bei Licht besehen, auch nicht. Der Hinweis auf die „Reihe von Brandanschlägen“ dient also nicht etwa als Argument, sondern dazu, sich als „Opfer“ zu stilisieren, dessen Forderungen abzulehnen mithin unmoralisch wäre. Wenn es um Sprache geht, bin ich ein wenig Etepetete: Ich achte nicht nur darauf, was einer sagt, sondern auch, wie er es sagt. Wie einer redet, so denkt er, und wie er denkt, so ist er: Der Forderungsteil besteht aus 30 Hauptsätzen (zuzüglich einigen Nebensätzen), davon 21 Forderungen, aber nur neun Tatsachenbehauptungen; anscheinend hält man es nicht für nötig, sich lange mit Argumenten aufzuhalten. Von diesen 21 Forderungen werden nicht weniger als sechzehn (!) mit dem Wort „müssen“ erhoben, und nur einmal steht der konziliante Konjunktiv „sollte“. Ich glaube nicht, dass es übertrieben sensibel ist, wenn ich feststelle, dass dies nicht die Sprache von Konsens oder Kompromiss ist. Sondern die Sprache des Ultimatums. „Zur Stärkung des Vertrauens der türkeistämmigen Bevölkerung [in die Sicherheitskräfte]…“ In Deutschland ist es nicht üblich sich auszusuchen, ob man zur Polizei „Vertrauen“ hat. Man befolgt ihre Anweisungen. Wer dies nicht will, weil es ihm am Vertrauen gebricht, muss hier nicht leben. Die türkische Polizei, die für ihre skrupulöse Beachtung der Menschenrechte weltberühmt ist, soll ja auch viel vertrauenswürdiger sein. „…muss die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit Organisationen der türkischstämmigen Community ausgebaut werden.“ Heißt: Die Türkische Gemeinde in Deutschland und vergleichbare Verbände sollen in die Arbeit der Polizei hineinreden dürfen. „In diesem Zusammenhang müssen mehr Menschen mit Migrationshintergrund ausgebildet und eine 10-%- Einstellungsquote umgehend eingeführt werden“ Heißt zweierlei: Einmal, dass gegebenenfalls besser qualifizierte deutsche Bewerber abgelehnt werden sollen, damit die Quote erfüllt wird – also eine Vorzugsbehandlung; die davon Profitierenden dürfen sich dann als Quotentürken fühlen und wissen, wem sie ihren Job zu verdanken haben. Zweitens, und in Zusammenhang mit der oben zitierten Forderung nach „Zusammenarbeit“, dass die türkischen Verbände eine Art Patenschaft für „ihre“ Polizisten bekommen. „Die Führungspersönlichkeiten der deutschen und der türkischstämmigen Gesellschaft müssen ihre Beziehungen intensivieren“ Aha! Wir haben also zwei Gesellschaften, eine deutsche und eine türkische, und beide haben „Führungspersönlichkeiten“. Herr Kolat sieht sich auf Augenhöhe mit der Bundeskanzlerin. „Der von Menschen mit Migrationshintergrund für diese Gesellschaft geleistete … Beitrag muss hervorgehoben werden.“ Das kann ich mir so gar nicht vorstellen, dass die Türken wirklich ein Interesse daran haben sollten, den türkischen Beitrag zum PISA-Ergebnis, zur Kriminalstatistik, zur Länge des Verfassungsschutzberichtes und zur Höhe der Sozialausgaben auch noch „hervorgehoben“ zu sehen. Aber bitte, wenn sie meinen… Beinahe stimmt es hoffnungsfroh, dass auch vom „zu leistenden Beitrag“ die Rede ist. Sie sind also der Meinung, sie hätten einen Beitrag zu leisten. Und wie soll das geschehen? „Um diesen Beitrag zu steigern müssen öffentliche Institutionen die notwendige Unterstützung leisten.“ Ach so. Gebt uns Staatsknete, dann seht ihr vielleicht einen Teil davon in Gestalt unseres „Beitrages“ wieder. „Anstelle einer sog. Integration…“ – Im Klartext: Schlagt Euch Euren Integrationsklimbim aus dem Kopf! – „… müssen gleiche Rechte und Partizipation im Vordergrund stehen Wo es keine Partizipation gibt, fühlen sich die Menschen ausgegrenzt.“ Für deutsche Staatsbürger gibt es gleiche Rechte und Partizipation – und es wird ja niemandem schwer gemacht, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, eher zu leicht. Dass Nicht-Staatsbürger nicht die gleichen Rechte haben, ist keine „Ausgrenzung“, sondern eine Selbstverständlichkeit. „Wenn das System die Menschen nicht einbezieht, nehmen diese das System nicht an.“ Das muss man sich richtig auf der Zunge zergehen lassen: Sie „nehmen das System nicht an“. Wohlgemerkt: Hier ist von Nicht-Staatsbürgern die Rede, nicht etwa von Deutschen türkischer Herkunft. Wenn die also nicht die gleichen Rechte wie Staatsbürger bekommen, dann… „Deshalb ist die politische Partizipation von herausragender Bedeutung. In diesem Kontext sind den Menschen mit Migrationshintergrund das kommunale Wahlrecht und die Mehrstaatigkeit unbedingt zu gewähren.“ Rechte wie die Deutschen, aber Pflichten gegenüber der Türkei, der türkischen Community, der Umma, dem Djihad. „Kulturelle Partizipation wird die Menschen in die Lage versetzen, ihre kulturellen Werte in eine positive Richtung weiterzuentwickeln.“ Ihre kulturellen Werte. Davon bin ich allerdings überzeugt. Man versucht nicht einmal, uns davon zu überzeugen, dass wir daran ein Interesse haben könnten. „In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die türkische Sprache an den Schulen gelehrt und Türkisch als 2. Fremdsprache bis zum Abitur angeboten wird“ Notwendig? Wieso? „…es muss auf jegliches Sprachverbot an Schulen verzichtet werden.“ Die deutsche Sprache darf nicht die verbindliche Umgangssprache sein. „Auch ist Islam-Unterricht an Schulen Teil der kulturellen Partizipation.“ Das genau ist er nicht. Partizipation heißt „Teilhabe“ und „kulturelle Partizipation daher „Teilhabe an der deutschen Kultur“. Der Islam gehört dazu nicht. „Leider lässt der Bildungserfolg türkischstämmiger Kinder und Jugendlicher viel zu wünschen übrig. Das hat verschiedene Ursachen.“ Nanu: „Verschiedene Ursachen“ – ein Ansatz zur Selbstkritik? I wo: „Das Bildungssystem in seiner heutigen Form verhindert den Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund.“ Ob das wirklich keine Satire ist? Das deutsche Bildungssystem steht allen offen, und zwar kostenlos. Ich möchte irgendwann einmal ein einziges Argument hören, warum das deutsche Bildungssystem daran schuld sein soll, dass Dummheit, Frechheit, Faulheit und Gewalttätigkeit unter türkischen Schülern so viel verbreiteter sind als unter anderen. „Auch die Partizipation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren rückläufig. Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert eine 10-%-Quote am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.“ … damit man ohne solche deutschen Kleinkariertheiten wie einen Schulabschluss oder gar gute Noten auskommt und obendrein einen Arbeitgeber verklagen kann, der sich weigert, unqualifiziertes Personal einzustellen. Aber das Filetstück kommt erst jetzt: „Es muss Schluss sein mit der Instrumentalisierung von Migrant/innen in Wahlkämpfen. Um dies zu gewährleisten sollten alle Parteien und Organisationen sich auf einen „politischen Ehrenkodex“ einigen und diesen abzeichnen. Verstöße dagegen müssen öffentlich gemacht werden.“ Migranten, gemeint sind: Muslime, speziell Türken, dürfen nicht kritisiert werden. Wer es doch tut, kommt an den Pranger. Die deutschen Parteien haben auf die Meinungsfreiheit zu verzichten. Sarkastisch könnte man sagen, dass das bereits der Fall ist. Ungewöhnlich nur, selbst für islamische Verhältnisse, die Dreistigkeit und Offenheit, mit der dies gefordert wird. Aber nicht wirklich erstaunlich: Wir haben es mit den ersten Auswirkungen der Hessenwahl zu tun. Eine Gesellschaft, die ihre Bereitschaft zur Unterwerfung so deutlich kundtut wie die deutsche, darf sich nicht wundern, wenn diese Unterwerfung schließlich auch als Recht gefordert wird. „Die öffentlich geförderten Programme zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen ausgeweitet, ihre Resultate öffentlich diskutiert werden. Darüberhinaus müssen die Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden werden…“ …damit nicht solche lästigen ungläubigen Dinge wie religiöse Toleranz oder der Kampf gegen Antisemitismus gelehrt werden, „…sowie internationale Austauschprogramme zum gegenseitigen Kennenlernen entwickelt werden.“ Endlich eine gute Idee! Ich schlage vor, umgehend auch türkische und arabische Schüler in den Jugendaustausch mit dem Staat Israel einzubinden und sie in Kibbuzim in Reichweite von Katjuschas und Kassam-Raketen arbeiten zu lassen. Aber das scheitert wahrscheinlich daran, dass „Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden“ werden. Was fordert die TGD? Erstens Geld. Zweitens Nicht-Integration. Drittens eine Vorzugsbehandlung von Türken. Viertens die Gleichberechtigung türkischer Organisationen mit dem deutschen Staat. Fünftens Zugriff auf die deutsche Polizei. Was bietet sie? Nichts. Nur die Selbstverständlichkeit, dass ihre Mitglieder „das System annehmen“ – zu deutsch: Sich nicht der Qaida anschließen und nicht unsere Städte anzünden. Im islamischen Recht nennt man das: „Dhimma“ – ein Schutzvertrag, bei dem die „Ungläubigen“ dafür bezahlen, dass die Muslime keinen Djihad gegen sie führen. Wir dürfen Dhimmis werden.

Erdogan und die Integration

Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu den Lesern der „Korrektheiten“ gehört, aber wenn es ihm darum gegangen wäre, meine Einschätzung der türkischen Politik zu bestätigen, dann hätte er dies kaum eindrucksvoller tun können als mit seinen Auftritten am Freitag im Bundeskanzleramt und am Sonntag in der Köln-Arena.

Wenn wir Deutschen von „Integration“ sprechen, dann meinen wir damit, dass Einwanderer, z.B. aus der Türkei, und ihre Kinder in die deutsche Nation  aufgenommen werden. Das heißt im Klartext: Wenn sie unseren Pass annehmen, wechseln sie ihre Nationalität und werden Deutsche.

Dazu gehört nicht, dass man Schweinshaxen essen oder samstags den Rasen mähen oder vor seinem Haus Gartenzwerge aufstellen muss. Wohl aber gehört dazu, dass man die deutsche Nation als seine eigene annimmt, dass man die deutsche Sprache spricht, dass man die demokratische Rechtsordnung und die ihr zugrundeliegenden Wertentscheidungen akzeptiert, und zwar einschließlich der religiösen Toleranz, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, des Verzichts auf private Gewaltanwendung. (Und, da das zum nationalen Grundkonsens gehört: dass man nicht am Existenzrecht Israels herumsägt.)

Wenn dagegen Erdogan von Integration spricht, tut er es mit den Worten:

„Ja zur Integration – nein zur Assimilation!“

Und macht unmissverständlich klar, dass mit „Nein zur Assimilation“ nicht etwa die Ablehnung besagter Schweinshaxen und Gartenzwerge gemeint ist, sondern die Ablehnung der Zugehörigkeit zur deutschen Nation: Wenn er sagt, die Deutsch-Türken sollten ihre türkische Identität bewahren und sich

„mit ihren Werten integrieren“,

(FAZ, 09.02.08, „Unser gemeinsames Land“, online nicht kostenlos verfügbar)

dann sagt er damit zugleich, welche Identität sie nicht annehmen – eine deutsche nämlich – und welche Werte sie nicht akzeptieren sollen – die der deutschen Gesellschaft. Sogar dort, wo er seine Landsleute aufruft, die deutsche Sprache zu erlernen, verknüpft er diesen Appell mit der Forderung nach türkischen Schulen und Universitäten in Deutschland, denn ein Deutsch-Türke müsse

„zuerst die eigene Sprache beherrschen, bevor er die zweite, also Deutsch, erlernen kann.“ (FAZ, a.a.O.)

Deutsch als Zweitsprache! Es geht also mitnichten um Traditionspflege etwa nach Art der Hugenotten, die bis heute ihr französisches Erbe hochhalten, ansonsten aber stets preußische, später deutsche Patrioten waren, sondern es geht um die bewusste, sogar institutionalisierte Ablehnung des Deutschen als Muttersprache, und zwar in alle Zukunft.

Und damit wir Deutschen nicht auf dumme Gedanken kommen, fügt er an seine Forderung nach türkischen Bildungseinrichtungen in Deutschland den denkwürdigen Satz:

„Wenn Sie versuchen, das zu verhindern, dann machen Sie einen Fehler.“

Der Manfreds-politische-Korrektheiten-Sonderpreis für politische Phantasie geht an Denjenigen, der mir plausibel macht, dass dieser Satz nicht als Drohung zu verstehen ist.

Dabei belässt er es nicht einfach dabei, „Assimilation“ abzulehnen, nein, er verteufelt sie als

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

Was denkt er sich eigentlich dabei, die Aufnahme von Türken in die deutsche Nation mit einem Begriff zu belegen, der zur juristischen Kennzeichnung der nationalsozialistischen Massenmorde entwickelt wurde?

Vielleicht denkt er sich gar nichts, das wäre die freundliche Interpretation. Im Zusammenhang mit der Serie unterschwelliger Drohungen, die er während seines Besuchs ausgesprochen hat, halte ich aber für plausibel, dass die unverschlüsselte Botschaft lautet: Versucht nicht, uns zu assimilieren, sonst verpetzen wir Euch vor aller Welt als Nazis, die einen „Völkermord“ begehen!

(Ein primitives Kalkül, das aber seine Wirkung vor allem auf denjenigen Teil der deutschen Öffentlichkeit nicht verfehlen dürfte, dem die Sorge um „das Ansehen Deutschlands in der Welt“ regelmäßig den Schlaf raubt, und der schon vorsorglich auf die Knie fällt, wenn man uns mit der bloßen Drohung konfrontiert, uns mit unserer braunen Vergangenheit in Verbindung zu bringen. Diese Marotte mutiert spätestens in dem Moment zum handfesten politischen Problem, wo wir es mit einem Spieler zu tun bekommen, der wie Erdogan zynisch genug ist, diese Schwäche auszubeuten. Dabei ist sie völlig unnötig: Für uns kann es doch lediglich darauf ankommen, keine Nazis zu sein, nicht aber darauf, ob Andere denken, wir könnten das sein. Im Übrigen kann es der präventiven Abschreckung potenzieller Feinde unseres Landes bloß dienlich sein, wenn sie uns zumindest zutrauen, wir könnten mit ihnen nach Nazimanier verfahren; mit demonstrativem Pazifismus erzielt man diesen Effekt jedenfalls nicht.)

Was Erdogan uns also als „Integration“ verkaufen will, ist die Stabilisierung der deutsch-türkischen Minderheit als Gesellschaft in der Gesellschaft, als Nation in der Nation, als Staat im Staate. (Und die Integration besteht lediglich darin, dass es sich um einen Staat eben im Staate handeln soll.)

Eine Unverschämtheit wäre diese Forderung in jedem Fall. Aus dem Munde speziell eines türkischen Regierungschefs ist sie jedoch weitaus mehr als das:

Stellen wir uns, um Erdogans Verhalten angemessen zu interpretieren, einen Moment lang vor, der armenische Ministerpräsident würde auf Staatsbesuch in die Türkei reisen, in Istanbul eine Massenversammlung mit zwanzigtausend türkischen Armeniern abhalten und diese auffordern, sich auf keinen Fall an die türkische Gesellschaft zu assimilieren, weil das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei. Der sofortige Abbruch der diplomatischen Beziehungen wäre noch die geringste Folge.

Das türkische Verständnis von Nation und Nationalstaatlichkeit basiert nämlich auf der Vorstellung der vollständigen ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Homogenität der Nation! Von der Toleranz der Türken gegenüber Minderheiten können etwa Kurden und Armenier ein Lied singen. (Die kleinasiatischen Griechen können es nicht mehr, weil ihre dreitausendjährige Kultur nach sechshundert Jahren Türkenherrschaft restlos verschwunden ist – mitsamt den Griechen selbst.) Die Forderung nach Minderheitenrechten stellt nach türkischem Verständnis einen Anschlag auf die Einheit der Nation dar und gilt als staatsfeindlicher Akt. (Dass Erdogans Islamisten mit Rücksicht auf die EU, d.h. aus taktischen Gründen, das Prinzip etwas flexibler handhaben als ihre kemalistischen Vorgänger, bedeutet keineswegs, dass sie es zur Disposition stellen würden.)

Wenn der Regierungschef eines solchen Landes an Deutschland eine Forderung stellt, die er, wäre sie an ihn selbst gerichtet, als Kriegserklärung auffassen würde, so ist dies – zumindest der Absicht nach – ein feindseliger Akt, da sie darauf abzielt, Deutschland politisch zu schwächen, und zwar im Interesse sowohl des Islam im Allgemeinen als auch der Türkei im Besonderen:

Kurzfristig geht es ihm darum, die Deutsch-Türken als Fünfte Kolonne aufzubauen, die als Pressure-Group den EU-Beitritt der Türkei unterstützt:

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gehört die strukturelle Mehrheit des „bürgerlichen Lagers“ der Vergangenheit an – Links und Rechts sind jetzt ungefähr gleich stark. In einer solchen Situation wächst einer Wählergruppe, die sich jenseits des Links-Rechts-Gegensatzes über ethnische Gruppenidentität definiert, die Rolle eines Züngleins an der Waage zu, sofern sie es schafft, sich als nahezu geschlossener Stimmblock zu etablieren; eine solche Gruppe verfügt kraft ihrer strategischen Position über einen Einfluss, der ihr zahlenmäßiges Gewicht bei weitem übertrifft. Orientiert sie sich an den politischen Vorgaben eines fremden Staates, so ist eine verstärkte Abhängigkeit Deutschlands von dessen Interessen die zwangsläufige Folge.

Dabei können wir uns noch nicht einmal darauf verlassen, dass die demokratischen Spielregeln wenigstens formal eingehalten werden: Mit ihrem Spiel, den Zorn der Deutsch-Türken auf den deutschen Staat und „die“ Deutschen zuerst anzuheizen, um ihn dann mit staatsmännischem Gestus wieder zu dämpfen (siehe meinen Beitrag „Brandstiftung“), hat die türkische Regierung klargemacht, auf welcher Klaviatur sie in Zukunft zu spielen gedenkt.

Normalerweise könnte man es als das dumme Gerede unreifer Hitzköpfe abtun, wenn junge Türken in die Reportermikrofone rufen: „Wenn das so weitergeht, gibt es Bürgerkrieg: Türken gegen Deutsche!“ (Nicht etwa: „Deutsche gegen Türken“ – offenbar ist man sich in diesen Kreisen wohlbewusst, von wem die Aggression ausgeht.) Wenn aber die türkische Regierung offen ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur Schau stellt, solche Stimmungen nach Bedarf zu manipulieren, und die Deutsch-Türken sich darauf einlassen, so ist dies die unzweideutige Ansage, dass die türkische Seite bereit ist, zur Durchsetzung ihrer Partikularinteressen Gewalt anzudrohen und – sonst hinge die Drohung ja in der Luft – auch anzuwenden.

Und diese Interessen enden nicht mit dem EU-Beitritt der Türkei – da beginnen sie erst. Haben sich die Türken erst einmal als zweite Nation auf deutschem Boden etabliert, so wird der nächste völlig logische Schritt die Forderung nach „Gleichberechtigung“ sein, gestützt immer auch auf latente Drohungen.

Falls hier einer jener linken Pawlowschen Dackel mitliest, die bei dem Wort „Gleichberechtigung“ reflexartig mit dem Schwanz zu wedeln beginnen: Es ist ein grundlegender Unterschied, ob ich Individuen als gleichberechtigt behandle oder ein Kollektiv! Die Gleichbehandlung eines Kollektivs bedeutet, dass dessen Wertvorstellungen, Sozialnormen, Geschichtsbilder und Vorurteile denselben Anspruch auf gesellschaftliche Legitimität haben wie die der Mehrheitsgesellschaft. Im Falle eines islamischen Kollektivs also Frauenfeindlichkeit, autoritäre Erziehung, Antisemitismus, Christenhass, Intoleranz, Gruppennarzissmus und Gewaltkult. Und nicht zuletzt die Geltung der Scharia. (Wer immer noch nicht glauben will, dass es darauf irgendwann hinauslaufen wird, werfe einen Blick nach Großbritannien und lasse sich vom Erzbischof von Canterbury belehren.) Wohin schließlich die „Gleichberechtigung“ zweier Kollektive führt, von denen das eine zur Gewaltanwendung bereit ist, das andere aber nicht, mag sich Jeder selbst ausmalen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Erdogan ist mindestens ebensosehr Islamist, wie er Nationalist ist. Wenn er das Aufgehen der türkischen Gemeinde in der deutschen Nation um jeden Preis verhindern will, dann geht es nicht einfach um die Durchsetzung türkischer Staatsinteressen. Es geht um die Durchsetzung des islamischen Gesellschaftsmodells, um zunächst die Verdrängung, dann Zerstörung der säkularen europäischen Zivilisation.

Eines muss man Erdogan lassen: Taqqiyya – Täuschung der Ungläubigen – ist das nicht. Er ist ehrlich. Er hat seine Karten auf den Tisch gelegt.

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