Ein Brief nach Rungholt

Lila („Letters from Rungholt“) war vor einigen Tagen mit einer Gruppe israelischer Studenten in Berlin und schreibt in ihrem Blog über ihre Erlebnisse unter anderem dies:

Es war wunderbar, und Berlin ist eine Stadt, die selbst auf den widerstrebendsten Besucher sehr stark wirkt. Ich habe vieles neu entdeckt, auch durch die Augen der Studenten, die sehr beeindruckt waren von der Vielfalt der Erinnerungskultur. Das war ja unser Thema.

Ich weiß, daß Broder meint, mit dem Mahnmal an der Ebertstraße kauft das offizielle Deutschland sich frei, und kann jetzt nach Löschung der Sündenkartei getrost weiter sündigen. Das klingt zwar schön zynisch und einleuchtend, erklärt aber nicht, warum weiterhin viele kleine, eindringliche und punktgenaue Gedenkstätten entstehen. Und es erklärt auch nicht, warum junge und ältere Besucher auf eigene Faust (also ohne Gruppe oder Klasse) ins Dokumentationszentrum kommen, sich dort ernsthaft in das Material versenken und sehr, sehr nachdenkliche Gesichter haben. Mein geschätzter Kollege, dessen Familie von der Shoah schwer gezeichnet ist, war jedenfalls von den Gesichtern der jungen Deutschen an diversen Gedenkstätten positiv berührt und meinte, das hätte er nicht erwartet.

Ich kann nicht anders: Auf mich wirkt inzwischen diese Art von Lob, gerade weil es so aufrichtig ist, deprimierender als die schärfste Kritik: nicht nur, weil wir heutzutage andere Probleme haben als die Frage, ob wir den Nationalsozialismus auch ja richtig „aufgearbeitet“ und „bewältigt“ haben, sondern weil gerade die inflationäre „Aufarbeitung“ und „Bewältigung“ ganz erheblich zu unseren Problemen beiträgt.

Von außen ist das wahrscheinlich nicht ohne Weiteres erkennbar, und Lilas Blick, obwohl sie Deutsche ist, ist nach über zwanzig Jahren in Israel eben doch einer von außen. Ich habe ihr deshalb mit einem langen Kommentar geantwortet, den ich seiner grundsätzlichen Bedeutung wegen auch hier in meinem eigenen Blog einstelle:

„Liebe Lila, ich hoffe, ich schockiere Dich nicht zu sehr, wenn ich sage, dass ich Deine Begeisterung über die „Vielfalt der Erinnerungskultur“, darüber, dass „weiterhin viele kleine, eindringliche und punktgenaue Gedenkstätten entstehen“ und über die „sehr, sehr nachdenkliche(n) Gesichter“ der Besucher des Holocaust-Dokumentationszentrums nicht nur nicht zu teilen vermag, sondern die beiden entsprechenden Absätze auch mit einiger Beklemmung gelesen habe.

Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich mit dieser „Erinnerungskultur“ täglich konfrontiert und von ihr entsprechend genervt bin. Du gehst zum KaDeWe und wirst mit den Namen von einem Dutzend Konzentrationslager erschlagen („Orte des Schreckens, die wir nie vergessen dürfen“); du gehst in Spandau am Lindenufer spazieren und erfährst, dass hier bis 1938 eine Synagoge stand; du gehst irgendwo und siehst Messingklötze ins Pflaster eingelassen, auf denen steht, dass hier der und der deportiert worden ist; Gedenktafeln, Mahnmale, Denkmäler an allen Ecken und Enden; du schaltest den Fernseher ein, und wenn du keine Daily Soap sehen willst, landest du auf Phoenix und damit nicht selten bei Guido Knopp und seiner Endlosschleife von Geschichtsklischees.

Wäre das alles nur nervig, man könnte es ertragen. Es ist aber weitaus mehr als das.

Es ist schon etwas dran an dem Spruch, wer sich der Geschichte nicht erinnern wolle, sei gezwungen, sie zu wiederholen. Nähme man ihn ernst, so würde man sich bemühen, blinde Flecken im eigenen Geschichtsbild nicht zuzulassen. Was bei uns aber als „Erinnerung“ zelebriert wird, ist im höchsten Maße selektiv:

Nicht nur, dass „Geschichte“ auf zwölf Jahre Nazizeit und alles andere zur bloßen Vorgeschichte schrumpft; selbst diese Geschichte und Vorgeschichte beschränkt sich auf den Krieg und den Holocaust, und für diese beiden werden rein ideologische Faktoren verantwortlich gemacht, speziell ein angeblich spezifisch deutscher Hang zu Militarismus, Nationalismus und Rassismus.

Würde man der breiten Öffentlichkeit ein etwas komplexeres Bild der Zusammenhänge vermitteln, dann würde eine Rolle spielen, dass die Demokratie von Weimar an der Unfähigkeit einer politischen Klasse scheiterte, Probleme zu sehen und in Angriff zu nehmen, die in der jeweiligen Parteiideologie nicht vorgesehen waren und deshalb nicht existieren durften. (Die Millionen, die NSDAP wählten, taten es nicht zuletzt deshalb, weil die Inkompetenz aller anderen Kräfte bereits offen zutage lag.) Man könnte sonst Parallelen zur heutigen politischen Klasse ziehen, wo der einzige Unterschied zu Weimar darin besteht, dass sie alle dieselbe realitätsblinde Ideologie vertreten.

Es würde eine Rolle spielen, dass mit den permanenten Umwälzungen und Katastrophen von 1914 an Millionen von Menschen der Boden, auf dem sie gestanden hatten, unter den Füßen weggezogen und eine politische, ökonomische, aber auch sittliche und kulturelle Orientierungslosigkeit erzeugt wurde, die eine Umwertung aller Werte, wie sie von den Nationalsozialisten propagiert wurde (und die im Kaiserreich undenkbar gewesen wäre) erst möglich machte. Würde man sich daran erinnern, so wäre man womöglich zurückhaltender mit Sozialexperimenten wie der Zersetzung der Familie, der Banalisierung des Christentums und der multikulturellen Entdeutschung des eigenen Landes.

Man würde sich daran erinnern, dass diese Katastrophen allesamt in dem seit der Jahrhundertwende betriebenen Politik der Westmächte wurzelten, Deutschland kleinzukriegen. (Selbst wenn man diese These, die ich selbst für richtig halte, nicht teilt – entscheidend ist, dass sie von den damaligen Deutschen aus guten Gründen geglaubt wurde.) Und eine Öffentlichkeit, die sich dessen bewusst wäre, würde wohl kaum hinnehmen, dass eine – pardon – völlig verblödete Kanzlertrutsche nach Paris fährt, um dort den Waffenstillstand von 1918 zu feiern.

Es würde eine Rolle spielen, dass die Unterstützung für Hitlers Aufrüstungsprogramm nicht etwa aus irgendeinem „Militarismus“ resultierte, sondern aus der Erfahrung, dass Wehrlosigkeit ausgenutzt wird, und womöglich würde sich an eine solche Erkenntnis die Frage knüpfen, ob es eine gute Idee ist, die eigenen Streitkräfte so umzubauen, dass sie noch als internationale Polizeitruppe, aber kaum mehr zur Verteidigung des eigenen Landes taugen. Man würde sich auch fragen, welcher Teufel eine politische Klasse reitet, die die Souveränität und Verteidigungsfähigkeit des eigenen Landes zur Disposition eines Westens stellt, dessen Deutschfeindlichkeit schon vor 1933 evident war.

Und wenn man die Dinge in einem größeren europäischen Zusammenhang sieht, würde einem auffallen, dass die Demokratie zwar nicht in Deutschland, wohl aber in etlichen anderen europäischen Ländern an der Unmöglichkeit gescheitert ist, ethnisch heterogene „Bevölkerungen“ zu staatstragenden Nationen zu formen – was zu der Frage führen würde, ob Demokratie mit solcher Heterogenität überhaupt vereinbar ist.

Vor allem aber würde eine solche Sichtweise dazu führen, dass man begänne zu verstehen, worauf der Erfolg der Nationalsozialisten beruhte, und dass dies nicht einfach die Dummheit oder Bösartigkeit unserer Großeltern war, und speziell nicht einfach eine angeborene, mindestens aber kulturell verinnerlichte ideologische Verblendung. Dann wäre auch der neurotischen Selbstverdächtigung der Deutschen der Boden entzogen, auf dem jetzt der Kampf gegen Rechts geführt wird, dessen psychologische Grundlage eben diese Selbstverdächtigung ist. Wer sich nämlich selbst verdächtigt, qua Nationalität vom „Ungeist“ des Nationalismus und verwandter Ideologien infiziert zu sein, wird alles tun zu beweisen, dass er zu den nichtinfizierten „Guten“ gehört. Und genau dies ist auch der Sinn der Sache.

Es wird keine historische Aufklärung betrieben. Stattdessen konfrontiert man Kinder und Jugendliche mit Bildern von Auschwitz und Bergen-Belsen, die ob ihrer Schock- und Horrorwirkung auf dem Index der jugendgefährdenden Schriften stünden, wenn sie in irgendeinem andern Zusammenhang entstanden wären. Man erklärt Auschwitz zum „Gründungsmythos der Bundesrepublik“ und kommt nicht auf die Idee, dass bereits an der Formulierung irgendetwas krank sein könnte. Das Monstrum von einem Mahnmal, das man nicht zufällig direkt ans Brandenburger Tor geklotzt hat, enthält just diese Ideologie, buchstäblich in Stein gehauen. Man baut eine ganze Staatsideologie auf einem „Nie wieder“ auf, so als ob es für ein Volk und ein Staatswesen andere Gefahren nicht geben könnte, und verdächtigt als rechtsextrem, wer auf solche Gefahren hinweist.

Wenn man sich die Politik der deutschen – aber weiß Gott nicht nur der deutschen – Eliten ansieht, dann ahnt man auch, warum das geschieht. Da werden die Schleusen für Einwanderer geöffnet, deren Kultur mit unserer unvereinbar ist und die selbst bei engstirnigster ökonomischer Betrachtung alles andere als eine Bereicherung darstellen. Angeblich brauchen wir sie aus demographischen Gründen, sprich weil wir nicht genügend Kinder bekommen. Letzteres trifft zu.

Wenn aber dieselben Eliten, die dies feststellen (und damit die „Notwendigkeit“ von Immigration begründen) eine Politik treiben und eine Ideologie verbreiten (um nur zwei Beispiele zu nennen), wonach Frauen unbedingt Karriere machen müssten, weil sie sonst „benachteiligt“ seien, und wonach Homosexualität eine in jeder Hinsicht gleichberechtigte Lebensform sein müsse (obwohl sie das für ein Volk, das auch in Zukunft existieren möchte, erst recht für eines, das sich in einer demographischen Krise befindet, schlicht und einfach nicht sein kann), dann wird deutlich, dass die demographische Krise nicht gelöst, sondern benutzt werden soll, um die einheimischen Völker Europas in ihren eigenen Ländern in die Minderheit zu drängen.

(Es geht an dieser Stelle nicht um die Selbstverständlichkeit, dass Frauen, die Karriere machen wollen und können, daran nicht durch ihr Geschlecht gehindert werden sollen, sondern dass man mit massivster Propaganda und Quotenregelungen einen Sog erzeugt, der Frauen vom Familienleben fernhält. Im Einzelfall mag Familie und Karriere vereinbar sein, in der Masse ist sie es garantiert nicht. Es geht auch nicht um die Selbstverständlichkeit, dass ein freiheitlicher Staat sich nicht in das Intimleben seiner Bürger einmischt, sondern darum, dass man Jugendliche systematisch zur Homosexualität ermutigt und sie als attraktive Lebensform propagiert.)

Dieselben Eliten arbeiten daran, die Souveränität des Nationalstaats auf supranationale Organisationen zu übertragen, deren Daseinszweck darin besteht, alle Staaten, die ihnen angehören, einem einheitlichen Regelwerk zu unterwerfen, das damit zwangsläufig der demokratischen Kontrolle entzogen ist. Der Anwendungsbereich solcher Regeln, die angeblich auf internationaler Ebene notwendig sind, wird dabei zielstrebig immer mehr erweitert.

Nimmt man das alles zusammen: die systematische Verschärfung der demographischen Krise, die „Lösung“ durch forcierte Masseneinwanderung und die Selbstentmündigung der demokratischen Nationalstaaten, so lautet die Quintessenz, dass Völker als soziale Gegebenheiten wie als politische Einheiten aufhören sollen zu existieren – und das ist keine durchgeknallte rechte Verschwörungstheorie, das ist offizielle Politik: Man muss nur die wohlklingenden Phrasen von der „europäischen Integration“, der „Weltinnenpolitk“, von der „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, von der „kulturellen Bereicherung“, den Segnungen der „Diversität“ und von der „Offenheit“ (eines Scheunentors) auf ihren rationalen Kern hin befragen und sich die Implikationen und Konsequenzen vor Augen halten, die es haben muss, wenn die westlichen Staaten einer solchen Ideologie folgen, dann liegt auf der Hand, dass hier die Utopie eines Weltsystems verfolgt wird, in dem Völker so wenig existieren werden wie Demokratie.

Nun steht einer solchen Politik die natürliche Neigung des Menschen entgegen, sich in Völkern zu organisieren (oder, abstrakter gesprochen: in Gruppen, die größer sind als die Familie, aber kleiner als die Menschheit), und deren Erhaltung und Entfaltung als hohen Wert zu empfinden. Da man dieses Empfinden nicht totkriegen kann, muss man es mit einem negativen Vorzeichen versehen. Da die Identifikation mit dem eigenen Volk eine anthropologische Konstante ist, sollen die Menschen wenigstens ein schlechtes Gewissen dabei haben und ihre eigenen, als „böse“ markierten Gefühle umso eifriger auf Andersdenkende projizieren, die ihres Patriotismus wegen als angebliche „Rechtsextremisten“ zur inquisitorischen Hexenjagd freigegeben sind.

Damit sie dieses schlechte Gewissen haben, sollen sie die unauslöschliche Schlechtigkeit und unvergebbare Schuld des eigenen Volkes als Ideologie verinnerlichen. Hier in Deutschland geschieht dies mithilfe der „Erinnerungskultur“, die sich auf den Holocaust bezieht, die Völker der ehemaligen Kolonialmächte sollen glauben, dass es nie etwas Schlimmeres gegeben habe als den Kolonialismus, die Amerikaner sollen sich für Sklaverei und Indianerausrottung schuldig fühlen, die Australier für das Schicksal der Aborigines usw., und das ganze wird zum Gedankenkomplex der „white guilt“ zusammengerührt, nach der sich auch Deutsche für den Kolonialismus, Engländer für den Holocaust, Franzosen für die Sklaverei irgendwie mitverantwortlich fühlen sollen. Das alles soll sich nun ein- für allemal nicht wiederholen, und dieses „Nie wieder“ soll jeden anderen Gesichtspunkt verdrängen.

Wer eine solche Ideologie verinnerlicht, kann die Existenz des eigenen Volkes nicht als etwas ansehen, das zu verteidigen sich lohnte. Er wird, ganz im Gegenteil, mit unausgesprochener Selbstverständlichkeit davon ausgehen, dass das eigene Volk sein Existenzrecht verwirkt habe, dass es also, wie die Nazis das genannt hätten, lebensunwert sei. Der Schuldkult soll die Gegner des liberal-globalistischen Paradigmas nicht nur ideologisch mattsetzen, sondern den Völkern des Westens die für ihre Fortexistenz notwendigen psychologischen Voraussetzungen entziehen. Völker, die nicht existieren wollen, die können und werden auf die Dauer nicht überleben.

Der Schuldkult ist also Teil eines Völkermordes mit anderen Mitteln. Die Nazis mit ihren Einsatzgruppen und Gaskammern waren in jeder Hinsicht blutige Amateure des Genozids, verglichen mit Ideologen, die ganze Völker dazu bringen, den Autogenozid zu wollen.

Versteh mich bitte richtig: Ich werfe weder Dir noch den Angehörigen Deiner Reisegruppe vor, dass Ihr diese Gesichtspunkte nicht gesehen habt. Ich kann nachvollziehen, dass man sich aus einer jüdischen Perspektive, die als solche auch völlig legitim ist, dafür interessiert, wie die Deutschen mit der Holocaust-Vergangenheit umgehen, und sie daran misst, dass sie ihn wenigstens nicht rechtfertigen oder beschönigen. Ich verstehe auch, dass man von diesem Standpunkt nicht auf die Frage kommt, ob die Deutschen mit ihrem masochistischen Übereifer womöglich nicht alle Tassen im Schrank haben?

Ich weise aber doch darauf hin, dass dieser Schuldkult von einem israelischen Standpunkt im höchsten Maße bedenklich sein sollte: Ihr beschwert Euch zu Recht, dass die Deutschen, und erst recht andere europäische Völker, zu wenig Verständnis für Eure Situation aufbringen und Euch mit Ratschlägen traktieren, deren Verwirklichung für Israel auf den nationalen Selbstmrod hinausliefe. Nun frage ich Dich: Wie soll eigentlich ein Volk, das wie besessen an der Selbstauflösung und am eigenen Untergang arbeitet, Verständnis für ein anderes haben, das um seine Existenz kämpft? Wie soll ein Volk, das den deutschen Charakter Deutschlands nicht für erhaltenswert hält (und dies sogar als Ausdruck einer besonders hohen politischen Moral betrachtet), eine Politik unterstützen, die darauf abzielt, den jüdischen Charakter Israels zu bewahren? Und was sollen Völker, die ihre eigenen Länder der muslimischen Masseneinwanderung öffnen, davon halten, dass Ihr den Palästinensern das „Rückkehrrecht“ verweigert, statt sie ans Herz zu drücken, um mit ihnen Multikulti zu spielen?“

Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik

Chaim Noll schreibt auf der Achse des Guten über den Neuen Antisemitismus unter anderem dies:

„Im Grunde sind dies die beiden wichtigsten judenfeindlichen Stereotype der europäischen Linken bis heute. Erstens: Judentum als tragende Komponente einer sozial ungerechten kapitalistischen Ordnung – analog der Staat Israel als „Vorposten“ eines westlichen Imperialismus gegen seine zu Opfern stilisierten islamischen Nachbarn. Zweitens: Judentum als reaktionäres, den Forschritt hemmendes Potential, vor allem wegen seiner traditionalistisch-historischen, gesetzesbetonten Orientierung. Die geballte Aversion linker Judengegner gilt daher religiösen Juden, etwa den Siedlern in der Westbank. Sie sind für viele europäische Linke die Schuldigen am Nicht-Zustandekommen eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten, wenn nicht gar des Weltfriedens. Mehr noch: ein Symbol des Reaktionären, Fortschritt und Frieden Hemmenden schlechthin. Religiöse Juden verkörpern am sichtbarsten eine im jüdischen Volk gewachsene Neigung zu spiritueller Introvertiertheit und historisch motiviertem Nationalismus – gleichfalls mit linker Weltsicht unvereinbare Positionen.“

Den ganzen Artikel lesen: Die Achse des Guten: Nicht-Wissen-Wollen als Grundlage verbreiteter Israel-Kritik.

Lesebefehl!

Tom Buhrow tut etwas, was man von einem GEZ-Journalisten niemals erwartet hätte: Er redet Klartext. Lest die Übersetzung von Chripa bei Kewil (hier klicken!).  Hier nur ein Kostpröbchen:

Die meisten europäischen Regierungen wollten auf zwei Hochzeiten tanzen.- Nationalstaaten bleiben während sie wirtschaftliche Solidarität erwarteten. Das ist so, als würde jemand ein eigenes Bankkonto haben wollen und von seinem Nachbarn erwarten, ihn vor einer Überziehung des Kredits zu schützen.

Heute werden die Deutschen des Egoismus und des Nationalismus beschuldigt, weil sie zögern, anderen Ländern aus der Patsche zu helfen. Alte Anschuldigungen machen die Runde. Ist es das, was das europäische Projekt ausmacht, entweder Deutschland zahlt die Rechnung oder unsere Vergangenheit wird gegen uns in Stellung gebracht?

Fact – Fiction » Blog Archive » Buhrow, Buhrow, Buhrow – Übersetzung 2.

Israel und der Globalismus

Mega Dux hat neulich in einem Kommentar zu „NWO – Eine Verschwörungstheorie?“ die Frage aufgeworfen, woher es nur komme, dass er bei „NWO“ immer an den Antichristen denken müsse. Aus seiner Sicht eine rhetorische Frage, aber da der Zusammenhang nicht Jedem so klar vor Augen stehen dürfte wie ihm, und weil das Thema einige vielleicht überraschende Bezüge enthält, möchte ich es ein wenig vertiefen:

Die Gestalt des Antichristen als Verkörperung des Bösen wird normalerweise mit dem „Tier“ aus der Apokalypse (der Offenbarung des Johannes, des letzten Buches des Neuen Testaments) identifiziert. Die Apokalypse lehnt sich dabei inhaltlich und stilistisch an die jüdische apokalyptische Tradition an, insbesondere an das Buch Daniel (Kap. 7-11).

Es geht mir hier nicht um die im engeren Sinne theologischen Bezüge, sondern um den historischen Hintergrund: Die Endzeitvisionen des Buches Daniel gehören in den Kontext des Makkabäeraufstandes gegen das Seleukidenreich, in einem erweiterten Sinne also gegen die Hellenisierung des jüdischen Volkes und seiner Religion. Der Kampf gegen sein Auflösung in seiner heidnischen hellenistischen Umgebung und der Kampf gegen seine religiöse „Hellenisierung“ gehören zusammen. Im Seleukidenreich hatten die Juden einen Feind, der beides angriff, das jüdische Volk und seinen Gott.

In diesem Text taucht erstmals das Motiv vom Reich Gottes auf, das als das Reich des Guten den irdischen Reichen des Bösen gegenübergestellt wird, zunächst also dem Seleukiden-, später dem Römerreich. „Böse“ waren diese Reiche im doppelten Sinne: einmal, indem sie das jüdische Volk unter Druck setzten, in einer größeren Einheit aufzugehen, zum anderen durch ihre kompromisslose Diesseitigkeit. Bleiben wir beim Römischen Reich mit seinen Gladiatorenspielen, seiner Sklaverei, seiner schamlosen Sinnlichkeit, mit einem Wort: seiner offenkundigen Gottlosigkeit. Dieses Reich kannte Religion nur in zweierlei Formen: einmal als Staatskult mit rein politischen Funktionen, zum anderen als privaten fröhlichen Aberglauben, der einem durchs Leben half; da wechselte man schon einmal die Götter.

Tolerant war diese Art von „Religiosität“ durchaus: Für antike Großreiche und ihre Herrscher wäre nichts sinnloser gewesen als ein Religionskrieg. Was war denn schon dabei, die Götter unterworfener Völker anzuerkennen, wenn man sich dadurch deren wenigstens passive Loyalität sichern konnte? Und was war, aus der Sicht dieser Völker, schon dabei, dem römischen Staatskult Lippendienste zu leisten, wenn die Obrigkeit dieses Zeichen der Ergebenheit nun einmal haben wollte? Dass die tiefe Gottesfurcht der Juden („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, 2. Mose 20,3), später auch der Christen mit solcher „Religiosität“ kollidieren musste, versteht sich.

Dabei ist schwer zu erkennen, wie ein Großreich anders hätte funktionieren sollen; kaum vorstellbar, wie ein solches Gebilde nicht auf zuerst die Entschärfung und dann Einebnung und Verschmelzung völkischer, kultureller und religiöser Identitäten hätte hinarbeiten sollen; deren Betonung, erst recht ihre politische Aufladung hätte ja geradezu seinen Bestand gefährdet.

Fatalerweise waren die Juden außerstande, sich den Forderungen dieses Systems zu unterwerfen, so sehr sie auch versuchten, zu einem Modus vivendi mit dem Imperium zu gelangen. Die Anpassung an dessen Erwartungen musste ihren Bestand als Volk in Frage stellen. Das Imperium sog ja viele Völker in sich auf, ebnete die Unterschiede zwischen ihnen ein und machte aus Etruskern, Lydiern, Phöniziern, Griechen etc. – Römer.

Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Völker aus der Geschichte verschwinden, wenn sie von größeren Einheiten geschluckt werden. Unweit von dem Ort, wo ich schreibe, ist das sorbische Volk in Auflösung begriffen, und ist dadurch ein Prozess in seine Endphase getreten, der seit einigen Jahrhunderten andauert, und in dem das sorbische Volk im deutschen aufgeht. Eine solche Selbstauflösung wäre aber für die Juden, deren Religion auf dem Gedanken des Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel beruht, gleichbedeutend mit dem Verrat an Gott gewesen – sie war unmöglich und undenkbar.

In dieser Hinsicht, also in der unauflöslichen Verbindung religiöser und völkischer Identität und der damit verbundenen Resistenz ist das Judentum in der Tat einzigartig. Es ist sozusagen die institutionalisierte Partikularität. (Freilich sollte man nicht übersehen, in welchem Maße die jüdische Verbindung von politischer und religiöser Identität, wie sie bereits im Alten Testament vorgezeichnet ist, von den christlichen Völkern als attraktives Rollenmodell aufgefasst wurde: Wenn Amerika sich zum Neuen Jerusalem, Russland zum Dritten Rom, Deutschland zum Heiligen Römischen oder gar Tausendjährigen Reich stilisierte, dann drückte sich darin der Gedanke aus, das eigene Volk stehe mit Gott im Bunde. Der gleichartige, aber konkurrierende und vor allem viel ältere Anspruch der Juden musste als ärgerlich empfunden werden. Antisemitismus ist nicht nur, aber auch nicht zuletzt Eifersüchtelei um die Gunst Gottes.)

Die Juden also widersetzten sich – wie gesagt: Sie konnten nicht anders! – ihrer Auflösung als Volk. Kein Wunder, dass dieses Volk den Vertretern jeder vereinheitlichenden und nivellierenden Ideologie ein Dorn im Auge war: sowohl den beiden universalistischen Religionen Christentum und Islam als auch dem modernen Nationalismus. Letzterer postuliert im Grunde die Einheit von Volk und (Staats-)Nation und tendiert deswegen zur sanften oder unsanften Eliminierung subnationaler Kollektividentitäten; nicht etwa aus Fanatismus, sondern wegen seiner Verschwisterung mit der Demokratie, die nun einmal einen Demos, also ein Kollektivsubjekt voraussetzt, das aus Bürgern besteht, nicht aus Völkern.

Heute, wo der Nationalstaat seinerseits partikular wird und unter den Druck des Globalismus gerät, erinnern wir Rechten uns nicht mehr so gerne daran, aber der Nationalstaat war ein linkes Projekt und verhielt sich bei seiner Entstehung den ihm unterworfenen Partikularitäten gegenüber so feindlich und nivellierend wie heute der Globalismus ihm selbst gegenüber.

Der Zionismus, also der Versuch, das jüdische Volk als Nation unter Nationen zu konstituieren, war nichts anderes als der Versuch des Judentums, sich anzupassen, ohne sich aufzugeben. Seine unverkennbare Herkunft aus dem europäischen Gedanken der Nation und der nationalen Selbstbestimmung verschaffte ihm in Europa für kurze Zeit Popularität, nämlich in der Phase, in der der Staat Israel bereits gegründet, das nationalstaatliche Paradigma in Europa aber noch vorherrschend war, also von Ende der vierziger bis Ende der sechziegr Jahre. Es war zugleich die einzige Phase der europäischen Geschichte, in der Antisemitismus nicht zum guten Ton gehörte.

Heute aber hat die Linke – einschließlich ihres liberalen Flügels – das globalistische Konzept verinnerlicht: Das Beharren auf hergebrachten Kollektividentitäten, auf der Souveränität von Nationalstaaten, auf der theologischen Integrität der traditionellen Religionen – das alles gilt heute als „rechts“. Der linke Antisemitismus (den man deswegen auch so nennen darf) richtet sich gegen Israel aus demselben Grund, aus dem Judenhasser zu allen Zeiten Juden gehasst haben: weil sie sich als Volk und Religion nicht auflösen, einschmelzen und nivellieren lassen.

Heutige Linke halten schon den Begriff „Volk“ für eine „Konstruktion“ (im Sinne von „Illusion“, womit sie beweisen, dass sie den Begriff „Konstruktion“ nicht verstanden haben), die man abwickeln müsse, und zwar mitsamt dem gemeinten Sachverhalt, nämlich der Existenz von Völkern, am besten durch Massenmigration; Religionen wollen aus ihrer Sicht „im Grunde alle dasselbe“ – und soweit dies offensichtlich nicht der Fall ist, handelt es sich um „Fundamentalismen“, die man selbstredend bekämpfen muss; Staaten sind für sie nicht Sicherheitsstrukturen, sondern große Kassen, aus denen man sich bedient, und ihre Armeen sind bestenfalls überflüssig:

Was könnte einer solchen Ideologie mehr missfallen als ein Staat, der sich explizit als jüdisch definiert und damit die Integrität eines Volkes wie auch die von dessen Religion schützt; der sich weigert, sich für ethnische Unterwanderung zu öffnen; der die gegenwärtig vermutlich kampfstärkste Armee der Welt unterhält (gemessen an ihrer Größe); und der nicht bereit ist, für pazifistische Illusionen Selbstmord zu begehen?

Der antike jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus hat in seinen „Jüdischen Altertümern“ eine Szene überliefert, in der ein römischer Besatzungssoldat in Jerusalem einen Volksaufstand auslöste, indem er den Pilgern, die zum Tempel eilten, seinen nackten Hintern zeigte. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich dieselbe Szene im heutigen Nadschaf oder Kerbela vorzustellen – mit Amerikanern in der Rolle der Römer und Schiiten in der Rolle der damaligen Juden. Der heutige Globalismus mit seiner Tendenz zur Verschmelzung der Völker, zur Entkernung der Religionen, zur Banalisierung des vormals Heiligen zeigt frappierende Parallelen zu dem, was man den „Globalismus“ des antiken Rom nennen könnte, des „Tieres“ der Apokalypse.

Seyran Ateş: „Der Multikulti-Irrtum“

(Rezension)

  

Die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateş ist bekannt als engagierte Kritikerin der Zustände in türkischen und kurdischen Parallelgesellschaften in Deutschland; als Kritikerin von Ehrenmorden, Zwangsverheiratungen, ehelichen Vergewaltigungen, Verschleppungen von Frauen und Kindern und der schier allgegenwärtigen körperlichen Gewalt innerhalb muslimischer Zuwanderungsfamilien. Sie hat vor Gericht unzählige Opfer solcher Praktiken, meist Frauen, vertreten.

Entsprechend oft bekommt sie Morddrohungen aus dem Milieu, hat körperliche Angriffe, darunter einen Mordanschlag, überlebt, sah sich massiven Hetzkampagnen der türkischen Presse (speziell „Hürriyet“) ausgesetzt und wird von sogenannten Migrationsforschern verleumdet, die die Ursachen für migrationsbedingte Probleme überall suchen, nur nicht bei den Migranten selbst.

In ihrem Buch „Der Multikulti-Irrtum“ setzt sie sich mit den genannten Missständen auseinander, wobei die Situation muslimischer Frauen im Mittelpunkt steht. Sie führt die Probleme zurück auf

– patriarchalisch-autoritäre Familienstrukturen die vom Herrschaftsanspruch des Patriarchen ausgehen, den dieser auch mit Gewalt durchsetzen darf, ja beinahe muss,

– den sozialen Druck, der von der Großfamilie, aber auch vom türkischen Milieu insgesamt ausgeht und die Einhaltung traditioneller Normen erzwingt,

– einen ihrer Meinung nach falsch verstandenen, in jedem Falle aber unzeitgemäßen Islam,

– den geringen Bildungsstand der meisten Türken in Deutschland,

– einen mittelalterlich anmutenden Jungfräulichkeitskult, der muslimische Männer geradezu verpflichtet, ihre Frauen, Töchter und Schwestern wegzusperren, zu kontrollieren oder ihnen zumindest das Kopftuch aufzuzwingen und

– eine auf die Spitze getriebene „Mannesehre“, die von der Unterdrückung der Frau abhängt und sich in ihr äußert.

Sie behauptet natürlich nicht, dass es in allen Familien so zugeht; genaue Zahlen sind schwer zu bekommen, nicht zuletzt wegen der segensreichen Tätigkeit besagter „Migrationsforscher“; immerhin lassen die vorhandenen Daten den Schluss zu, dass die obige Beschreibung auf mindestens ein Drittel des Milieus zutrifft, und das ist noch optimistisch geschätzt.

Dabei zeigt sich eine deutliche Tendenz zur Verfestigung dieser Parallelgesellschaften. Ateş kritisiert vehement die Bereitschaft der deutschen Gesellschaft, insbesondere der Behörden und Gerichte, solche Missstände hinzunehmen oder aus falsch verstandener kulturrelativistischer Toleranz zu verharmlosen. (Multikulti-Ideologen sind ihre Lieblingsfeinde, daher der Titel des Buches).

Sie behauptet allerdings auch, der Rückzug in die Parallelgesellschaft sei nicht nur der Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft anzulasten, sondern auch ihrem Mangel an Bereitschaft, Menschen ausländischer Herkunft, speziell Moslems, überhaupt als Teil der deutschen Gesellschaft zu akzeptieren („Wann kehren Sie in ihre Heimat zurück?“).

Sie plädiert dafür, dass Migranten sich an dem orientieren, was sie die „europäische Leitkultur“ nennt – sprich an Menschenrechten, Demokratie, Toleranz, Gleichberechtigung der Geschlechter, Trennung von Politik und Religion. Und dafür, dass der deutsche Staat alle Register zieht, um sowohl mit gesetzlichem Zwang (einschließlich des Kopftuchverbotes) als auch mit umfassenden Hilfsangeboten von Lehrern, Sozialarbeitern, Beratungsstellen usw. die Respektierung dieser Normen zu erzwingen.

Von muslimischen Migranten sei zu verlangen, ihren Islam zu reformieren, ihn zeitgemäß in einem rein spirituellen Sinne zu leben und speziell diejenigen islamischen Normen über Bord zu werfen, die mit der Demokratie unvereinbar seien. Es komme für sie darauf an, eine „transkulturelle Identität“ zu entwickeln – also gleichermaßen Europäer wie türkische Muslime zu sein, wobei von der islamischen Identität eben die illiberalen und gewalttätigen Züge abzuziehen seien, wohingegen es gelte, die türkische bzw. kurdische Muttersprache zu pflegen.

Der aufmerksame Leser, der meine sonstigen Texte kennt, wird schon an diesem lustlosen Referat gemerkt haben, dass ich von Ateşs Thesen nicht gerade erbaut bin.

Natürlich hat sie mit vielem Recht: mit ihrer Polemik gegen Multikulti-Ideologen, ihrer Kritik an der Unterdrückung muslimischer Frauen, ihrem Plädoyer für die Auflösung der Parallelgesellschaften, ihrem Insistieren darauf, dass ein demokratischer Staat die Menschenrechte zu verteidigen hat, auch die von muslimischen Frauen, und dass er nicht die Einführung der Scharia durch die Hintertür dulden darf. Auch die Vielzahl der von ihr angeführten Beispiele macht das Buch allemal lesenswert, und manch einer fragt sich vielleicht, was ausgerechnet ich gegen eine so profilierte Islamkritikerin einzuwenden habe.

Im Unrecht ist sie nicht mit ihrer Kritik, sondern mit dem, was ihr positiv vorschwebt. Das beginnt mit ihrem Selbstverständnis:

„‚Deutschländer‘, so werden … die in Deutschland lebenden Türken in der Türkei genannt. Der Begriff war in erster Linie negativ gemeint, ich finde ihn allerdings sehr zutreffend für Menschen, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, ohne auf eine lange Familiengeschichte in Deutschland zurückzublicken. Man könnte ja anfangen, ihn positiv zu besetzen. ‚Deutschländer‘ gefällt mit jedenfalls um einiges besser als alle anderen Varianten. Ich persönlich kann mich recht gut mit ihm identifizieren – auch wenn es eine Würstchensorte gibt, die so heißt. In dem Begriff ‚Deutschländer‘ ist Deutschland enthalten, das Land, in dem wir leben, und er betont die Zugehörigkeit zu diesem Land, zu seiner Gesellschaft.“ (S.26 f.)

Zum Land ja. Zur Gesellschaft ja. Zur Nation – nein!

Deutschland, das sagt sie oft genug, ist ihre Heimat, aber die Deutschen, das sagt sie, indem sie es nicht sagt, sind nicht ihre Nation. Sie wird lieber mit einem Würstchen verwechselt als für eine Deutsche gehalten. (Meinetwegen auch für eine türkischstämmige Deutsche – in Zusammenhängen, in denen es darauf ankommt.)

Seyran Ateş leistet rühmenswerte Arbeit, und das seit Jahrzehnten. Sie kämpft für die Menschenrechte und für die Werte „unseres Grundgesetzes“ (Ja, sie sagt „unser Grundgesetz“). Sie riskiert sogar ihr Leben dafür. Ohne Zweifel gereicht sie unserer Gesellschaft zur Zierde. Wenn so eine partout keine Deutsche sein will – wer eigentlich dann?

(Komplementär dazu verwendet sie den Begriff „Urdeutsche“ für

„die Deutschen, die vor der Gastarbeiteranwerbung in den 60er Jahren bereits seit mehreren Generationen in Deutschland lebten“ (Anm. 2, S.277)

Ungeachtet der präzisen Definition finde ich dies sprachlich reichlich verunglückt. Unter einem „Urdeutschen“ stelle ich mir eine pittoreske, knorrig-romantische Figur vor, mit der man Grimms Märchen verfilmen könnte, und fühle mich leicht veralbert, wenn man mich so tituliert.)

Ähnliche Bauchschmerzen bereitet mir der Begriff der „europäischen Leitkultur“. So etwas gibt es zwar, aber die kulturelle Sprache Europas kennt mindestens ebenso viele Dialekte, wie es europäische Nationen gibt, und sie existiert auch nur in Gestalt dieser Dialekte, nicht etwa als Hochsprache. Mehr noch: Zur europäischen Leitkultur gehört unabweisbar der Gedanke der Nation! Unsere Staaten sind Nationalstaaten und nicht bessere Verwaltungseinheiten, deren Grenzen man ebensogut auch anders hätte ziehen können.

Eine Nation aber ist nicht etwa die Summe ihrer Staatsbürger, sondern die zwischen ihnen bestehende Solidarität, die – zumindest als Idee und als Norm – der Demokratie im europäischen Sinne zugrundeliegt. Die Nation ist ein politischer Solidarverband. Sie ist ein Wir.

Da hilft es auch nicht, sich nach „Europa“ zu flüchten: Selbst ein europäischer Bundesstaat, wenn er denn von den Völkern gewollt würde, könnte nur die Solidarität zwischen den europäischen Nationen organisieren und institutionalisieren, nicht aber die innerhalb der Nation ersetzen. (Und die Europäische Union wird keine Zukunft haben, wenn sie die Nationen weiterhin als lästiges Relikt aus der Vergangenheit behandelt; Nationalismuskritik war nach den Exzessen des zwanzigsten Jahrhunderts weiß Gott angebracht, aber sie darf einen nicht dazu verleiten, das Kind mit dem Bade auszuschütten.)

Mit „Kultur“ hat die Zugehörigkeit zu einer Nation zunächst nicht viel zu tun: Die Alemannen dies- und jenseits des Bodensees unterscheiden sich kulturell so gut wie gar nicht, gehören aber verschiedenen Nationen an. Umgekehrt gibt es allein schon aufgrund der Ausdifferenzierung unterschiedlicher Lebensstile große kulturelle Unterschiede innerhalb einer Nation, ohne dass deren Charakter als Wir-Gruppe dadurch in Frage gestellt würde.

So gesehen wäre auch gegen Ateşs Konzept der „transkulturellen Identität“ – also gegen das Zuhausesein in verschiedenen Kulturen – nichts einzuwenden, wenn sie nicht ihren türkischen Identitätsanteil gegen die Zugehörigkeit zur deutschen Nation ins Feld führte, und dies nicht als private Einstellung, sondern als gesellschaftliches Leitbild. Und wenn – ja, wenn die ihrer Meinung nach zu pflegende Herkunftskultur nicht ausgerechnet eine islamische wäre:

Seyran Ateş beschreibt ebenso anschaulich wie eindrucksvoll, dass viele Muslime unter dem Diktat der öffentlichen Meinung ihrer Gesellschaft bzw. Parallelgesellschaft leben; da muss schon mal die Frau weggesperrt werden, weil der Clan oder der Nachbar sonst denken könnte, man sei kein „richtiger Mann“. Und tragikomisch ist, wenn sie schreibt, wie auf Seiten ihrer Mandanten wie auch der Prozessgegner ganze Großfamilien, Freunde, Nachbarn in den jeweiligen Fall hineinreden.

Was sie nicht wahrzunehmen scheint, ist die Verankerung solchen Verhaltens in der islamischen Ethik, die – juristisch formuliert – ein objektivrechtliches Normensystem ist: Verwerflich ist nicht, was einem Anderen schadet – so würden wir das sehen -, sondern was gegen objektive Normen, letztlich gegen den Willen Allahs, verstößt.

Ein solcher Verstoß geht dann in der Tat Jeden etwas an, und Jeder muss sich auch zuvörderst Gedanken darüber machen, „was die Leute sagen“. Ateş argumentiert wortreich, dass man den Koran in vieler Hinsicht – etwa bei der Verschleierung oder beim Alkoholverbot – auch liberaler auslegen könnte, als es traditionell geschieht. Das ist richtig, ist aber nicht der springende Punkt. Kulturell entscheidend ist, dass nicht die ethische Einsicht des Einzelnen, sondern die gesellschaftlich vorherrschende Interpretation des Islam – und sei sie noch so liberal – den Maßstab dafür abgibt, was verwerflich ist und was nicht.

Daran wird m.E. auch ihre Forderung scheitern, den Islam auf seine rein spirituellen Dimensionen zurückzustutzen. Jeder Einzelne für sich kann das natürlich tun – sofern er eine starke Persönlichkeit wie Seyran Ateş ist. Kann man sich aber ernsthaft vorstellen, dass eine solche Interpretation, die den Koran als Richtschnur des Handelns zur Disposition stellt und deshalb von neunzig Prozent aller Muslime weltweit als Kufr abgelehnt werden dürfte, von der Mehrheit der hiesigen Muslime als Leitbild akzeptiert wird?

Wenn es dafür überhaupt eine Chance geben soll, dann ist die Identifikation mit der deutschen Nation und das Ende der Identifikation mit der Herkunftskultur geradezu die Voraussetzung dafür: Wer sich – und sei es nur „unter anderem“ – als Angehöriger der türkischen Kultur fühlt, schaut immer mit einem Auge in den Rückspiegel. Einem muslimischen Deutschen kann es völlig egal sein, ob man ihn in Anatolien für einen „Ungläubigen“ hält, einem „Deutschländer“ aber nicht.

Die meisten Menschen haben ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einem Großkollektiv. Und wer seine Identität nicht in der Zugehörigkeit zur Nation sucht und findet, der sucht und findet sie eben anderswo, notfalls in der Umma.

Dabei ist kaum zu erkennen, was von der türkisch-islamischen Kultur eigentlich übrigbleibt, wenn man alles abzieht, was Ateş gerne abgezogen sehen möchte, nämlich die Dominanz der Familie über den Einzelnen, den türkischen Nationalismus, die Verbindlichkeit islamischer Normen, den Machismo, die Bereitschaft zur privaten Gewaltanwendung.

Was bleibt da übrig?

Orientalische Musik, Lammhaxe statt Schweinshaxe, Interesse an türkischer Literatur und Geschichte, ein wenig Folklore. Nichts, was nicht auch einem aufgeschlossenen Deutschen einfallen könnte. Nichts, was man nicht als Privatsache behandeln könnte. Und vor allem nichts, was die Verrenkungen rechtfertigen würde, die Ateş aufführt, um nur ja keine Deutsche zu sein.

Selbstverständlich erwartet kein Mensch von eingebürgerten Ausländern, vom Moment der Einbürgerung an deutsch zu tümeln, oder rund um die Uhr „dessen eingedenk zu sein, dass sie Deutsche sind“ – das tun wir doch Alle nicht. Dass sie sich aber als Teil der Nation verstehen, sprich als Deutsche, und nicht als Gruppe mit Sonderstatus in der Nation, sprich als „Deutschländer“: Das ist – zumindest als Norm – eine Selbstverständlichkeit. Es ist so selbstverständlich, dass es einem kaum noch bewusst ist. Ateş aber, die sonst den gesamten Katalog westlicher Werte akzeptiert, lässt ausgerechnet das Konzept „Nation“ unter den Tisch fallen.

Das gibt zu denken. Möglicherweise haben die Islamisten wieder einmal auf ihre Art Recht, wenn sie den säkularen Nationalismus als unislamisches Importgut ablehnen. Zwar hat der Nationalismus auch in der islamischen Welt Fuß gefasst – wir kennen ihn etwa als türkischen, persischen, pakistanischen und (pan-)arabischen Nationalismus.

Dies alles sind aber Völker mit überwältigender muslimischer Mehrheit. Dagegen ist mir kein einziger Fall bekannt, wo Muslime als Minderheit sich mit der Nation als primärer politischer Gemeinschaft identifizieren. Ich vermute, dass die Prägung durch islamische Wertvorstellungen, insbesondere durch das Gebot der innermuslimischen Solidarität, so dominant ist, dass es selbst für säkulare und liberale Muslime wie Ateş buchstäblich undenkbar ist, einer nichtmuslimischen politischen Wir-Gruppe anzugehören und diese Zugehörigkeit als Teil der eigenen Identität aufzufassen.

Bezeichnend ist auch, dass sie es nicht für erforderlich hält, uns „Urdeutsche“ mit Argumenten davon zu überzeugen, dass wir ein Interesse haben sollen, den „Deutschländern“ die politische Gleichberechtigung zuzuerkennen, wenn deren Loyalität unserer Nation gegenüber bestenfalls zweifelhaft ist, sie einer Religion angehören, die man nur unter erheblicher Geistesakrobatik halbwegs verfassungskonform zurechtbiegen kann, aus deren Mitte daher immer wieder Extremisten und Verfassungsfeinde hervorgehen werden, und von denen zu erwarten ist, dass sie vor allem untereinander solidarisch sind – gegebenenfalls in Form einer Solidarität der „Transkulturellen“ – gegen die Mehrheitsgesellschaft.

Dies auch dann, wenn der von Ateş favorisierte Euro-Islam tatsächlich die dominierende Option unter hiesigen Muslimen wäre.

Ohne uns „Urdeutsche“ also davon zu überzeugen, dass wir daran ein Interesse haben, fordert sie, Deutschland solle sich nicht nur als „Zuwanderungsgesellschaft“, sondern als „Einwanderungsgesellschaft“ definieren, so wie die USA und Kanada, damit auch Muslime sich willkommen fühlen und nicht die Hürde nehmen müssen, sich als Deutsche zu verstehen.

Wenn sie die nordamerikanischen Länder als Vorbild heranzieht, dann übersieht sie einen wesentlichen Punkt: Deren Selbstverständnis als Einwanderungsgesellschaft ist Teil ihrer nationalen Identität (weil diese Nationen ohne Einwanderung gar nicht existieren würden). Wer aber von den Deutschen (oder irgendeiner anderen europäischen Nation) fordert, ihr nationales Selbstverständnis zu korrigieren und sich als „Einwanderungsgesellschaft“ zu verstehen, sollte sich darüber im Klaren sein (und so ehrlich sein zuzugeben), dass die Änderung einer Kollektividentität kaum anders zu bewerkstelligen ist als durch die ideologisch motivierte und politisch oktroyierte Vergewaltigung der Mehrheitsgesellschaft.

Das Ergebnis dieser Vergewaltigung – das hat gerade Ateşs Argumentation deutlich genug gezeigt – wäre nicht eine neue nationale Identität, sondern eine nichtnationale Identität der Nation, also ein Widerspruch in sich. Die deutsche Nation, darauf läuft es hinaus, soll als solche aufhören zu existieren.

 

Die Daumenschraube wird weitergedreht

Nun schreibe ich schon einen ellenlangen Artikel über Sport, um mir mal eine Islam- und Türkenpause zu gönnen. Leider ist dieses Thema ungefähr so leicht zu ignorieren wie ein knatternder Presslufthammer nachts unter dem Schlafzimmerfenster. (Ein solcher fiele in der Diktion der Political Correctness vermutlich auch unter das Stichwort „Kulturelle Bereicherung“ – sofern er von einem Muslim gehandhabt würde.) Also schön – das Wort hat die Türkische Gemeinde in Deutschland:

NACH DEN BRANDANSCHLÄGEN MUSS ES EINE NEUAUSRICHTUNG DER POLITIK GEBEN Nach einer Reihe von Brandanschlägen, brachte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, die ernsthaften Sorgen der türkeistämmigen Bewohner/innen Deutschlands zum Ausdruck und verlangte eine Neuausrichtung der Integrationspolitik. Kolat stellte folgende Grundsätze für einen neuen Ansatz in der Integrationspolitik vor: 1) Die Sicherheitskräfte müssen intensiver vorbeugend tätig werden. Die Sicherheitskräfte in der Bundesrepublik müssen ihre vorbeugende Tätigkeit intensivieren. Zur Stärkung des Vertrauens der türkeistämmigen Bevölkerung muss die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit Organisationen der türkischstämmigen Community ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang müssen mehr Menschen mit Migrationshintergrund ausgebildet und eine 10-%- Einstellungsquote umgehend eingeführt werden. 2) Es muss gegenseitiges Vertrauen hergestellt werden. Die Führungspersönlichkeiten der deutschen und der türkischstämmigen Gesellschaft müssen ihre Beziehungen intensivieren und Zeichen für ein friedliches Zusammenleben gemeinsam setzen. Der von Menschen mit Migrationshintergrund für diese Gesellschaft geleistete und zu leistende Beitrag muss hervorgehoben werden. Um diesen Beitrag zu steigern müssen öffentliche Institutionen die notwendige Unterstützung leisten. 3) Anstelle einer sog. Integration müssen gleiche Rechte und Partizipation im Vordergrund stehen. Wo es keine Partizipation gibt, fühlen sich die Menschen ausgegrenzt. Wenn das System die Menschen nicht einbezieht, nehmen diese das System nicht an. Deshalb ist die politische Partizipation von herausragender Bedeutung. In diesem Kontext sind den Menschen mit Migrationshintergrund das kommunale Wahlrecht und die Mehrstaatigkeit unbedingt zu gewähren. Kulturelle Partizipation wird die Menschen in die Lage versetzen, ihre kulturellen Werte in eine positive Richtung weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die türkische Sprache an den Schulen gelehrt und Türkisch als 2. Fremdsprache bis zum Abitur angeboten wird; es muss auf jegliches Sprachverbot an Schulen verzichtet werden. Auch ist Islam-Unterricht an Schulen Teil der kulturellen Partizipation. Bildungspartizipation ist unverzichtbar. Leider lässt der Bildungserfolg türkischstämmiger Kinder und Jugendlicher viel zu wünschen übrig. Das hat verschiedene Ursachen. Das Bildungssystem in seiner heutigen Form verhindert den Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund. Auch die Partizipation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren rückläufig. Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert eine 10-%-Quote am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. 4) Es muss ein politischer Ehrenkodex verabschiedet werden Es muss Schluss sein mit der Instrumentalisierung von Migrant/innen in Wahlkämpfen. Um dies zu gewährleisten sollten alle Parteien und Organisationen sich auf einen „politischen Ehrenkodex“ einigen und diesen abzeichnen. Verstöße dagegen müssen öffentlich gemacht werden. 5) Programme zur Bekämpfung von Rassismus müssen weiterentwickelt werden. Die öffentlich geförderten Programme zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen ausgeweitet, ihre Resultate öffentlich diskutiert werden. Darüberhinaus müssen die Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden werden und an Schulen interkulturelles Leben als Pflichtfach eingeführt sowie internationale Austauschprogramme zum gegenseitigen Kennenlernen entwickelt werden.

Das Ganze beginnt bereits mit einer Lüge, nämlich mit der Behauptung, es habe „eine Reihe von Brandanschlägen“ gegeben. In Wahrheit waren es höchstens zwei, von denen einer – der von Ludwigshafen – erwiesenermaßen keiner war. Und der andere, der von Marburg? Sagen wir es so: Wenn jemand es darauf angelegt hätte, einen fremdenfeindlich motivierten Brandanschlag vorzutäuschen, so wäre er genau so vorgegangen wie die Täter von Marburg. Mit dieser Lüge werden fünf Gruppen von Forderungen legitimiert, von denen vier mit dem Schutz vor rechtsextremer Gewalt nichts zu tun haben, und die fünfte, bei Licht besehen, auch nicht. Der Hinweis auf die „Reihe von Brandanschlägen“ dient also nicht etwa als Argument, sondern dazu, sich als „Opfer“ zu stilisieren, dessen Forderungen abzulehnen mithin unmoralisch wäre. Wenn es um Sprache geht, bin ich ein wenig Etepetete: Ich achte nicht nur darauf, was einer sagt, sondern auch, wie er es sagt. Wie einer redet, so denkt er, und wie er denkt, so ist er: Der Forderungsteil besteht aus 30 Hauptsätzen (zuzüglich einigen Nebensätzen), davon 21 Forderungen, aber nur neun Tatsachenbehauptungen; anscheinend hält man es nicht für nötig, sich lange mit Argumenten aufzuhalten. Von diesen 21 Forderungen werden nicht weniger als sechzehn (!) mit dem Wort „müssen“ erhoben, und nur einmal steht der konziliante Konjunktiv „sollte“. Ich glaube nicht, dass es übertrieben sensibel ist, wenn ich feststelle, dass dies nicht die Sprache von Konsens oder Kompromiss ist. Sondern die Sprache des Ultimatums. „Zur Stärkung des Vertrauens der türkeistämmigen Bevölkerung [in die Sicherheitskräfte]…“ In Deutschland ist es nicht üblich sich auszusuchen, ob man zur Polizei „Vertrauen“ hat. Man befolgt ihre Anweisungen. Wer dies nicht will, weil es ihm am Vertrauen gebricht, muss hier nicht leben. Die türkische Polizei, die für ihre skrupulöse Beachtung der Menschenrechte weltberühmt ist, soll ja auch viel vertrauenswürdiger sein. „…muss die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit Organisationen der türkischstämmigen Community ausgebaut werden.“ Heißt: Die Türkische Gemeinde in Deutschland und vergleichbare Verbände sollen in die Arbeit der Polizei hineinreden dürfen. „In diesem Zusammenhang müssen mehr Menschen mit Migrationshintergrund ausgebildet und eine 10-%- Einstellungsquote umgehend eingeführt werden“ Heißt zweierlei: Einmal, dass gegebenenfalls besser qualifizierte deutsche Bewerber abgelehnt werden sollen, damit die Quote erfüllt wird – also eine Vorzugsbehandlung; die davon Profitierenden dürfen sich dann als Quotentürken fühlen und wissen, wem sie ihren Job zu verdanken haben. Zweitens, und in Zusammenhang mit der oben zitierten Forderung nach „Zusammenarbeit“, dass die türkischen Verbände eine Art Patenschaft für „ihre“ Polizisten bekommen. „Die Führungspersönlichkeiten der deutschen und der türkischstämmigen Gesellschaft müssen ihre Beziehungen intensivieren“ Aha! Wir haben also zwei Gesellschaften, eine deutsche und eine türkische, und beide haben „Führungspersönlichkeiten“. Herr Kolat sieht sich auf Augenhöhe mit der Bundeskanzlerin. „Der von Menschen mit Migrationshintergrund für diese Gesellschaft geleistete … Beitrag muss hervorgehoben werden.“ Das kann ich mir so gar nicht vorstellen, dass die Türken wirklich ein Interesse daran haben sollten, den türkischen Beitrag zum PISA-Ergebnis, zur Kriminalstatistik, zur Länge des Verfassungsschutzberichtes und zur Höhe der Sozialausgaben auch noch „hervorgehoben“ zu sehen. Aber bitte, wenn sie meinen… Beinahe stimmt es hoffnungsfroh, dass auch vom „zu leistenden Beitrag“ die Rede ist. Sie sind also der Meinung, sie hätten einen Beitrag zu leisten. Und wie soll das geschehen? „Um diesen Beitrag zu steigern müssen öffentliche Institutionen die notwendige Unterstützung leisten.“ Ach so. Gebt uns Staatsknete, dann seht ihr vielleicht einen Teil davon in Gestalt unseres „Beitrages“ wieder. „Anstelle einer sog. Integration…“ – Im Klartext: Schlagt Euch Euren Integrationsklimbim aus dem Kopf! – „… müssen gleiche Rechte und Partizipation im Vordergrund stehen Wo es keine Partizipation gibt, fühlen sich die Menschen ausgegrenzt.“ Für deutsche Staatsbürger gibt es gleiche Rechte und Partizipation – und es wird ja niemandem schwer gemacht, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, eher zu leicht. Dass Nicht-Staatsbürger nicht die gleichen Rechte haben, ist keine „Ausgrenzung“, sondern eine Selbstverständlichkeit. „Wenn das System die Menschen nicht einbezieht, nehmen diese das System nicht an.“ Das muss man sich richtig auf der Zunge zergehen lassen: Sie „nehmen das System nicht an“. Wohlgemerkt: Hier ist von Nicht-Staatsbürgern die Rede, nicht etwa von Deutschen türkischer Herkunft. Wenn die also nicht die gleichen Rechte wie Staatsbürger bekommen, dann… „Deshalb ist die politische Partizipation von herausragender Bedeutung. In diesem Kontext sind den Menschen mit Migrationshintergrund das kommunale Wahlrecht und die Mehrstaatigkeit unbedingt zu gewähren.“ Rechte wie die Deutschen, aber Pflichten gegenüber der Türkei, der türkischen Community, der Umma, dem Djihad. „Kulturelle Partizipation wird die Menschen in die Lage versetzen, ihre kulturellen Werte in eine positive Richtung weiterzuentwickeln.“ Ihre kulturellen Werte. Davon bin ich allerdings überzeugt. Man versucht nicht einmal, uns davon zu überzeugen, dass wir daran ein Interesse haben könnten. „In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die türkische Sprache an den Schulen gelehrt und Türkisch als 2. Fremdsprache bis zum Abitur angeboten wird“ Notwendig? Wieso? „…es muss auf jegliches Sprachverbot an Schulen verzichtet werden.“ Die deutsche Sprache darf nicht die verbindliche Umgangssprache sein. „Auch ist Islam-Unterricht an Schulen Teil der kulturellen Partizipation.“ Das genau ist er nicht. Partizipation heißt „Teilhabe“ und „kulturelle Partizipation daher „Teilhabe an der deutschen Kultur“. Der Islam gehört dazu nicht. „Leider lässt der Bildungserfolg türkischstämmiger Kinder und Jugendlicher viel zu wünschen übrig. Das hat verschiedene Ursachen.“ Nanu: „Verschiedene Ursachen“ – ein Ansatz zur Selbstkritik? I wo: „Das Bildungssystem in seiner heutigen Form verhindert den Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund.“ Ob das wirklich keine Satire ist? Das deutsche Bildungssystem steht allen offen, und zwar kostenlos. Ich möchte irgendwann einmal ein einziges Argument hören, warum das deutsche Bildungssystem daran schuld sein soll, dass Dummheit, Frechheit, Faulheit und Gewalttätigkeit unter türkischen Schülern so viel verbreiteter sind als unter anderen. „Auch die Partizipation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren rückläufig. Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert eine 10-%-Quote am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.“ … damit man ohne solche deutschen Kleinkariertheiten wie einen Schulabschluss oder gar gute Noten auskommt und obendrein einen Arbeitgeber verklagen kann, der sich weigert, unqualifiziertes Personal einzustellen. Aber das Filetstück kommt erst jetzt: „Es muss Schluss sein mit der Instrumentalisierung von Migrant/innen in Wahlkämpfen. Um dies zu gewährleisten sollten alle Parteien und Organisationen sich auf einen „politischen Ehrenkodex“ einigen und diesen abzeichnen. Verstöße dagegen müssen öffentlich gemacht werden.“ Migranten, gemeint sind: Muslime, speziell Türken, dürfen nicht kritisiert werden. Wer es doch tut, kommt an den Pranger. Die deutschen Parteien haben auf die Meinungsfreiheit zu verzichten. Sarkastisch könnte man sagen, dass das bereits der Fall ist. Ungewöhnlich nur, selbst für islamische Verhältnisse, die Dreistigkeit und Offenheit, mit der dies gefordert wird. Aber nicht wirklich erstaunlich: Wir haben es mit den ersten Auswirkungen der Hessenwahl zu tun. Eine Gesellschaft, die ihre Bereitschaft zur Unterwerfung so deutlich kundtut wie die deutsche, darf sich nicht wundern, wenn diese Unterwerfung schließlich auch als Recht gefordert wird. „Die öffentlich geförderten Programme zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen ausgeweitet, ihre Resultate öffentlich diskutiert werden. Darüberhinaus müssen die Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden werden…“ …damit nicht solche lästigen ungläubigen Dinge wie religiöse Toleranz oder der Kampf gegen Antisemitismus gelehrt werden, „…sowie internationale Austauschprogramme zum gegenseitigen Kennenlernen entwickelt werden.“ Endlich eine gute Idee! Ich schlage vor, umgehend auch türkische und arabische Schüler in den Jugendaustausch mit dem Staat Israel einzubinden und sie in Kibbuzim in Reichweite von Katjuschas und Kassam-Raketen arbeiten zu lassen. Aber das scheitert wahrscheinlich daran, dass „Migrantenorganisationen in die Konzeption aktiv eingebunden“ werden. Was fordert die TGD? Erstens Geld. Zweitens Nicht-Integration. Drittens eine Vorzugsbehandlung von Türken. Viertens die Gleichberechtigung türkischer Organisationen mit dem deutschen Staat. Fünftens Zugriff auf die deutsche Polizei. Was bietet sie? Nichts. Nur die Selbstverständlichkeit, dass ihre Mitglieder „das System annehmen“ – zu deutsch: Sich nicht der Qaida anschließen und nicht unsere Städte anzünden. Im islamischen Recht nennt man das: „Dhimma“ – ein Schutzvertrag, bei dem die „Ungläubigen“ dafür bezahlen, dass die Muslime keinen Djihad gegen sie führen. Wir dürfen Dhimmis werden.

Erdogan und die Integration

Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu den Lesern der „Korrektheiten“ gehört, aber wenn es ihm darum gegangen wäre, meine Einschätzung der türkischen Politik zu bestätigen, dann hätte er dies kaum eindrucksvoller tun können als mit seinen Auftritten am Freitag im Bundeskanzleramt und am Sonntag in der Köln-Arena.

Wenn wir Deutschen von „Integration“ sprechen, dann meinen wir damit, dass Einwanderer, z.B. aus der Türkei, und ihre Kinder in die deutsche Nation  aufgenommen werden. Das heißt im Klartext: Wenn sie unseren Pass annehmen, wechseln sie ihre Nationalität und werden Deutsche.

Dazu gehört nicht, dass man Schweinshaxen essen oder samstags den Rasen mähen oder vor seinem Haus Gartenzwerge aufstellen muss. Wohl aber gehört dazu, dass man die deutsche Nation als seine eigene annimmt, dass man die deutsche Sprache spricht, dass man die demokratische Rechtsordnung und die ihr zugrundeliegenden Wertentscheidungen akzeptiert, und zwar einschließlich der religiösen Toleranz, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, des Verzichts auf private Gewaltanwendung. (Und, da das zum nationalen Grundkonsens gehört: dass man nicht am Existenzrecht Israels herumsägt.)

Wenn dagegen Erdogan von Integration spricht, tut er es mit den Worten:

„Ja zur Integration – nein zur Assimilation!“

Und macht unmissverständlich klar, dass mit „Nein zur Assimilation“ nicht etwa die Ablehnung besagter Schweinshaxen und Gartenzwerge gemeint ist, sondern die Ablehnung der Zugehörigkeit zur deutschen Nation: Wenn er sagt, die Deutsch-Türken sollten ihre türkische Identität bewahren und sich

„mit ihren Werten integrieren“,

(FAZ, 09.02.08, „Unser gemeinsames Land“, online nicht kostenlos verfügbar)

dann sagt er damit zugleich, welche Identität sie nicht annehmen – eine deutsche nämlich – und welche Werte sie nicht akzeptieren sollen – die der deutschen Gesellschaft. Sogar dort, wo er seine Landsleute aufruft, die deutsche Sprache zu erlernen, verknüpft er diesen Appell mit der Forderung nach türkischen Schulen und Universitäten in Deutschland, denn ein Deutsch-Türke müsse

„zuerst die eigene Sprache beherrschen, bevor er die zweite, also Deutsch, erlernen kann.“ (FAZ, a.a.O.)

Deutsch als Zweitsprache! Es geht also mitnichten um Traditionspflege etwa nach Art der Hugenotten, die bis heute ihr französisches Erbe hochhalten, ansonsten aber stets preußische, später deutsche Patrioten waren, sondern es geht um die bewusste, sogar institutionalisierte Ablehnung des Deutschen als Muttersprache, und zwar in alle Zukunft.

Und damit wir Deutschen nicht auf dumme Gedanken kommen, fügt er an seine Forderung nach türkischen Bildungseinrichtungen in Deutschland den denkwürdigen Satz:

„Wenn Sie versuchen, das zu verhindern, dann machen Sie einen Fehler.“

Der Manfreds-politische-Korrektheiten-Sonderpreis für politische Phantasie geht an Denjenigen, der mir plausibel macht, dass dieser Satz nicht als Drohung zu verstehen ist.

Dabei belässt er es nicht einfach dabei, „Assimilation“ abzulehnen, nein, er verteufelt sie als

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

Was denkt er sich eigentlich dabei, die Aufnahme von Türken in die deutsche Nation mit einem Begriff zu belegen, der zur juristischen Kennzeichnung der nationalsozialistischen Massenmorde entwickelt wurde?

Vielleicht denkt er sich gar nichts, das wäre die freundliche Interpretation. Im Zusammenhang mit der Serie unterschwelliger Drohungen, die er während seines Besuchs ausgesprochen hat, halte ich aber für plausibel, dass die unverschlüsselte Botschaft lautet: Versucht nicht, uns zu assimilieren, sonst verpetzen wir Euch vor aller Welt als Nazis, die einen „Völkermord“ begehen!

(Ein primitives Kalkül, das aber seine Wirkung vor allem auf denjenigen Teil der deutschen Öffentlichkeit nicht verfehlen dürfte, dem die Sorge um „das Ansehen Deutschlands in der Welt“ regelmäßig den Schlaf raubt, und der schon vorsorglich auf die Knie fällt, wenn man uns mit der bloßen Drohung konfrontiert, uns mit unserer braunen Vergangenheit in Verbindung zu bringen. Diese Marotte mutiert spätestens in dem Moment zum handfesten politischen Problem, wo wir es mit einem Spieler zu tun bekommen, der wie Erdogan zynisch genug ist, diese Schwäche auszubeuten. Dabei ist sie völlig unnötig: Für uns kann es doch lediglich darauf ankommen, keine Nazis zu sein, nicht aber darauf, ob Andere denken, wir könnten das sein. Im Übrigen kann es der präventiven Abschreckung potenzieller Feinde unseres Landes bloß dienlich sein, wenn sie uns zumindest zutrauen, wir könnten mit ihnen nach Nazimanier verfahren; mit demonstrativem Pazifismus erzielt man diesen Effekt jedenfalls nicht.)

Was Erdogan uns also als „Integration“ verkaufen will, ist die Stabilisierung der deutsch-türkischen Minderheit als Gesellschaft in der Gesellschaft, als Nation in der Nation, als Staat im Staate. (Und die Integration besteht lediglich darin, dass es sich um einen Staat eben im Staate handeln soll.)

Eine Unverschämtheit wäre diese Forderung in jedem Fall. Aus dem Munde speziell eines türkischen Regierungschefs ist sie jedoch weitaus mehr als das:

Stellen wir uns, um Erdogans Verhalten angemessen zu interpretieren, einen Moment lang vor, der armenische Ministerpräsident würde auf Staatsbesuch in die Türkei reisen, in Istanbul eine Massenversammlung mit zwanzigtausend türkischen Armeniern abhalten und diese auffordern, sich auf keinen Fall an die türkische Gesellschaft zu assimilieren, weil das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei. Der sofortige Abbruch der diplomatischen Beziehungen wäre noch die geringste Folge.

Das türkische Verständnis von Nation und Nationalstaatlichkeit basiert nämlich auf der Vorstellung der vollständigen ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Homogenität der Nation! Von der Toleranz der Türken gegenüber Minderheiten können etwa Kurden und Armenier ein Lied singen. (Die kleinasiatischen Griechen können es nicht mehr, weil ihre dreitausendjährige Kultur nach sechshundert Jahren Türkenherrschaft restlos verschwunden ist – mitsamt den Griechen selbst.) Die Forderung nach Minderheitenrechten stellt nach türkischem Verständnis einen Anschlag auf die Einheit der Nation dar und gilt als staatsfeindlicher Akt. (Dass Erdogans Islamisten mit Rücksicht auf die EU, d.h. aus taktischen Gründen, das Prinzip etwas flexibler handhaben als ihre kemalistischen Vorgänger, bedeutet keineswegs, dass sie es zur Disposition stellen würden.)

Wenn der Regierungschef eines solchen Landes an Deutschland eine Forderung stellt, die er, wäre sie an ihn selbst gerichtet, als Kriegserklärung auffassen würde, so ist dies – zumindest der Absicht nach – ein feindseliger Akt, da sie darauf abzielt, Deutschland politisch zu schwächen, und zwar im Interesse sowohl des Islam im Allgemeinen als auch der Türkei im Besonderen:

Kurzfristig geht es ihm darum, die Deutsch-Türken als Fünfte Kolonne aufzubauen, die als Pressure-Group den EU-Beitritt der Türkei unterstützt:

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gehört die strukturelle Mehrheit des „bürgerlichen Lagers“ der Vergangenheit an – Links und Rechts sind jetzt ungefähr gleich stark. In einer solchen Situation wächst einer Wählergruppe, die sich jenseits des Links-Rechts-Gegensatzes über ethnische Gruppenidentität definiert, die Rolle eines Züngleins an der Waage zu, sofern sie es schafft, sich als nahezu geschlossener Stimmblock zu etablieren; eine solche Gruppe verfügt kraft ihrer strategischen Position über einen Einfluss, der ihr zahlenmäßiges Gewicht bei weitem übertrifft. Orientiert sie sich an den politischen Vorgaben eines fremden Staates, so ist eine verstärkte Abhängigkeit Deutschlands von dessen Interessen die zwangsläufige Folge.

Dabei können wir uns noch nicht einmal darauf verlassen, dass die demokratischen Spielregeln wenigstens formal eingehalten werden: Mit ihrem Spiel, den Zorn der Deutsch-Türken auf den deutschen Staat und „die“ Deutschen zuerst anzuheizen, um ihn dann mit staatsmännischem Gestus wieder zu dämpfen (siehe meinen Beitrag „Brandstiftung“), hat die türkische Regierung klargemacht, auf welcher Klaviatur sie in Zukunft zu spielen gedenkt.

Normalerweise könnte man es als das dumme Gerede unreifer Hitzköpfe abtun, wenn junge Türken in die Reportermikrofone rufen: „Wenn das so weitergeht, gibt es Bürgerkrieg: Türken gegen Deutsche!“ (Nicht etwa: „Deutsche gegen Türken“ – offenbar ist man sich in diesen Kreisen wohlbewusst, von wem die Aggression ausgeht.) Wenn aber die türkische Regierung offen ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur Schau stellt, solche Stimmungen nach Bedarf zu manipulieren, und die Deutsch-Türken sich darauf einlassen, so ist dies die unzweideutige Ansage, dass die türkische Seite bereit ist, zur Durchsetzung ihrer Partikularinteressen Gewalt anzudrohen und – sonst hinge die Drohung ja in der Luft – auch anzuwenden.

Und diese Interessen enden nicht mit dem EU-Beitritt der Türkei – da beginnen sie erst. Haben sich die Türken erst einmal als zweite Nation auf deutschem Boden etabliert, so wird der nächste völlig logische Schritt die Forderung nach „Gleichberechtigung“ sein, gestützt immer auch auf latente Drohungen.

Falls hier einer jener linken Pawlowschen Dackel mitliest, die bei dem Wort „Gleichberechtigung“ reflexartig mit dem Schwanz zu wedeln beginnen: Es ist ein grundlegender Unterschied, ob ich Individuen als gleichberechtigt behandle oder ein Kollektiv! Die Gleichbehandlung eines Kollektivs bedeutet, dass dessen Wertvorstellungen, Sozialnormen, Geschichtsbilder und Vorurteile denselben Anspruch auf gesellschaftliche Legitimität haben wie die der Mehrheitsgesellschaft. Im Falle eines islamischen Kollektivs also Frauenfeindlichkeit, autoritäre Erziehung, Antisemitismus, Christenhass, Intoleranz, Gruppennarzissmus und Gewaltkult. Und nicht zuletzt die Geltung der Scharia. (Wer immer noch nicht glauben will, dass es darauf irgendwann hinauslaufen wird, werfe einen Blick nach Großbritannien und lasse sich vom Erzbischof von Canterbury belehren.) Wohin schließlich die „Gleichberechtigung“ zweier Kollektive führt, von denen das eine zur Gewaltanwendung bereit ist, das andere aber nicht, mag sich Jeder selbst ausmalen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Erdogan ist mindestens ebensosehr Islamist, wie er Nationalist ist. Wenn er das Aufgehen der türkischen Gemeinde in der deutschen Nation um jeden Preis verhindern will, dann geht es nicht einfach um die Durchsetzung türkischer Staatsinteressen. Es geht um die Durchsetzung des islamischen Gesellschaftsmodells, um zunächst die Verdrängung, dann Zerstörung der säkularen europäischen Zivilisation.

Eines muss man Erdogan lassen: Taqqiyya – Täuschung der Ungläubigen – ist das nicht. Er ist ehrlich. Er hat seine Karten auf den Tisch gelegt.

Aktuelle Literatur zum Thema „Islam“

Aktuelle Literatur zum Stichwort „Türkei“

Aktuelle Literatur zum Stichwort „Djihad“

Die Bücher von Hans-Peter Raddatz, von Oriana Fallaci, von Udo Ulfkotte, von Henryk M. Broder

Brandstiftung

Es kommt mehrmals täglich vor, dass irgendwo in unserem Land ein Feuer ausbricht, manchmal auch in Wohnhäusern, und ohne dass ich die einschlägigen Statistiken zur Hand hätte mutmaße ich, dass Altbauten, zumal solche in schlechtem Zustand, stärker brandgefährdet sind als andere Häuser.

Zu den mannigfachen Brandursachen, die es geben kann, gehört auch die Brandstiftung, meist zum Zwecke des Versicherungsbetrugs. Andere Motive sind selten, kommen aber vor. So gab es auch schon Brandanschläge, die sich gezielt gegen Ausländer richteten; die Täter kann man in solchen Fällen plausibel in der Neonazi-Szene suchen.

Es ist also nicht von vornherein wahrscheinlich, aber auch nicht völlig abwegig, dass der Brand von Ludwigshafen, bei dem neun Menschen türkischer Herkunft ums Leben gekommen sind, von Rechtsextremisten gelegt worden sein könnte. Abwegig und völlig aus der Luft gegriffen ist aber die von vielen Türken geäußerte Unterstellung, die deutsche Polizei und Staatsanwaltschaft steckten mit den etwaigen Tätern unter einer Decke.

Dass rechtsextreme Gewalttäter bei den Sicherheitsbehörden Hintermänner, zumindest aber Mitwisser haben – nun, es gibt Länder, wo das üblich ist. Die Türkei zum Beispiel. Dort pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Mörder von Hrant Dink oder auch der christlichen Missionare im vergangenen Jahr Verbindungen zur Polizei haben. Vielleicht ist dies der Grund, warum gerade Türken der deutschen Polizei ähnliche Machenschaften zutrauen.

Trotzdem frage ich mich ganz ernsthaft, wie Menschen, die seit dreißig oder vierzig Jahren hier leben, es schaffen zu ignorieren, dass solche Praktiken und Zustände in Deutschland völlig undenkbar sind!

Und sehr wundern muss ich mich über die Rolle der türkischen Regierung in der ganzen Angelegenheit. Das normale Vorgehen unter befreundeten demokratischen Ländern wäre die Nichteinmischung. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass die deutsche Regierung die Ermordung deutscher Christen in der Türkei letztes Jahr zum Anlass genommen hätte, deutsche Polizisten, Minister oder gar die Bundeskanzlerin nach Ankara zu schicken. Die Türkei dagegen hat den Brand von Ludwigshafen von Anfang an als Staatsaffäre behandelt.

Wenn man sich aber schon einmischt, dann wäre es – wiederum unter befreundeten demokratischen Staaten – eine bare Selbstverständlichkeit, den zuständigen Behörden das Vertrauen auszusprechen und die eigenen Landsleute zu loyaler Zusammenarbeit aufzufordern. Was tut die Türkei?

Zuerst erscheint der Botschafter auf der Bildfläche und nennt es „seltsam“, dass deutsche Politiker einen fremdenfeindlichen Hintergrund ausgeschlossen hätten. Das haben sie aber gar nicht; tatsächlich hat der zuständige Ministerpräsident Beck am Montag gesagt, es gebe nach den bisherigen Erkenntnissen keinen Hinweis darauf – was zu diesem Zeitpunkt korrekt war. Die Äußerungen des Botschafters sind ganz sinnlos, es sei denn, er hätte ein politisches Vertuschungsmanöver unterstellen wollen, und genau so ist es denn von seinen Landsleuten auch verstanden worden.

Dann kündigt die türkische Regierung an, eigene Ermittler nach Deutschland zu schicken; man wolle die deutschen Behörden nicht etwa kontrollieren (aber nicht doch!), man wolle nur die stark emotionalisierte türkische Gemeinde in Deutschland „beruhigen“ (deren „Emotionalisierung“ der eigene Botschafter gerade erst angeheizt hatte).

Schließlich erscheint ein türkischer Minister und fordert die hier lebenden Türken zur „Besonnenheit“ auf.

So, und nun fragen wir uns, was das Ganze zu bedeuten hat.

Wir haben zwei Möglichkeiten: Wir können ignorieren, dass das Vorgehen der Türkei hochgradig ungewöhnlich ist, und ihre Äußerungen zum Nennwert nehmen: Der Botschafter hat sich gewundert, die Regierung will die Gemüter beruhigen, der Minister ruft zur Besonnenheit auf. Punkt.

Oder wir ignorieren das nicht und machen uns daran, den Subtext zu dechiffrieren, der in dieser dreifachen Botschaft steckt:

Erstens, die türkische Regierung spricht den deutschen Behörden ihr Misstrauen aus und signalisiert das auch der hiesigen türkischen Gemeinde.

Zweitens: Was immer die deutsche Polizei ermittelt, aussage- und beweisfähig ist es nur, soweit es von türkischen Ermittlern bestätigt wird; womit uns die Türkei hochoffiziell zu verstehen gibt, dass die hier lebenden Türken, und sogar die Deutschen türkischer Herkunft, nicht etwa dem deutschen Staat Loyalität schulden, sondern dem türkischen.

Drittens: Nur die Türkei ist fähig, die Gemüter zu „beruhigen“, sprich zu verhindern, dass es zu Krawallen (wie in Frankreich) kommt; das ist die Botschaft, die hinter dem Aufruf zur „Besonnenheit“ steckt (der ja voraussetzt, dass er überhaupt nötig ist, und dass er von einem türkischen Minister ausgesprochen werden muss, um wirksam zu sein).

Der Subtext lautet also: Wir können bei Euch in Deutschland jederzeit einen Bürgerkrieg entfesseln, und es hängt allein von uns ab, ob es so weit kommt oder nicht.

Das ist eine Machtdemonstration. Und noch deutlicher für die, die es noch nicht kapiert haben: Es ist eine Drohung.

Wozu aber soll die gut sein? Erinnern wir uns, dass die türkische Regierung von Islamisten geführt wird. Zu Hause benutzt sie die Auflagen der Europäischen Union, um unter der Flagge der „Religionsfreiheit“ den türkischen Laizismus zu untergraben. Zugleich versucht sie, ihr Land in der Union unterzubringen – wohl wissend, dass die meisten Europäer das nicht wollen, und damit rechnend, dass die Regierungen diesem Druck der Völker nachgeben könnten. Um dem vorzubeugen, zeigt sie uns schon einmal die Instrumente.

Der erwünschte Nebeneffekt ist, die türkische Gemeinde in ihrer Gegnerschaft und Abgrenzung gegen die deutsche Gesellschaft und den deutschen Staat zu bestärken und sie dadurch als geschlossene Einheit zu stabilisieren, in jedem Fall aber zu verhindern, dass sie in der deutschen Gesellschaft aufgeht.

Warum? Weil sie dann nicht mehr djihad-tauglich wäre.

 

 

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