Lorenz Jägers Selbstentblößung

Kaum jemand dürfte sich Illusionen darüber machen, dass die wenigen Konservativen (Jürgen Liminski, Michael Klonovsky, Matthias Mattussek) und eigenwilligen Rechtsliberalen (Jan Fleischauer, Henryk M. Broder) unter den deutschen Journalisten, denen gestattet wird, in den Massenmedien die herrschende Ideologie zu kritisieren, damit eine ganz bestimmte Funktion erfüllen: nämlich die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt, und einen „Pluralismus“ zu fingieren, dessen tatsächliche Absenz dem Publikum sonst allzu schmerzlich auffiele. Das wissen sie, und sie hüten sich daher, ihre Rolle als die von Türöffnern misszuverstehen, die wichtigen Themen, Personen und Ideen den Weg in die vielzitierte „Mitte der Gesellschaft“ ebnen. Sie übernehmen innerhalb des Mediensystems eine Funktion, die sonst aus besagtem System auswandern würde, und üben eine Art virtueller Opposition, damit es nicht zur Entstehung einer realen kommt. Sie sind so etwas wie das moderne Äquivalent des mittelalterlichen Hofnarren, dessen Funktion und Privileg es war, dem Herrscher als Einziger die Wahrheit sagen zu dürfen.

Lorenz Jäger, der sich zehn Jahre lang als „Rechtsaußen“ der FAZ profilieren durfte und sich nun in deren Mittwochsausgabe spektakulär von der Rechten – oder dem, was er dafür hält – losgesagt hat, ist kein solcher Hofnarr.

Der Figur des Hofnarren kommt nämlich eine gewisse Dignität zu: Wenn er sich auch hütet, der Herrschaft, die er kritisiert, wirklich gefährlich zu werden, so ist er doch persönlich aufrichtig. Wenn er auch weiß, dass er ein Privileg ausübt, indem er die Wahrheit sagt, und darüber wacht, dass dieses Privileg als solches erhalten bleibt, so versucht er doch, dieser Wahrheit wenigstens ein Nischenplätzchen in der veröffentlichten Meinung zu sichern; er weiß, wovon er redet, er schreibt gemäß seinen Überzeugungen, und vor allem hat er überhaupt welche – Überzeugungen nämlich. Alles Eigenschaften, die wir Herrn Jäger schon deshalb nicht mehr zugestehen können, weil er selbst ihr Vorhandensein mit eigener Feder dementiert hat.

Er gibt uns ja offenherzig Auskunft darüber, was ihn bewogen hat, zehn Jahre lang den „Rechtsaußen“ zu spielen:

Es war eine schöne Zeit, diese vergangenen zehn Jahre unter Rechten, ich gestehe es. Vor allem aber war sie bequem. Allein schon gegen den Stachel der „Political Correctness“ zu löcken konnte für einen Journalisten die halbe Miete bedeuten. … Aus diesem Biotop gab es ja fast an jedem Tag etwas anderes zu glossieren, ob staatliches Gender-Training auf dem Programm stand oder das offiziöse Herunterreden von Migranten-Kriminalität – lachen konnte man immer.

Fassen wir zusammen: Er hat aus Bequemlichkeit, und weil es „die halbe Miete“ war, und weil die Linken es einem so schön leicht machen, ihre Marotten durch den Kakao zu ziehen, und damit die Leser etwas zu lachen haben (d.h. zu ihrer Unterhaltung, nicht etwa Information), also aus Beweggründen, die mit journalistischem Ethos denkbar wenig zu tun haben, eine Rolle gespielt, die man – eben dieser Beweggründe wegen – nicht mit der ehrwürdigen des Hofnarren verwechseln darf. Er hat den rechten Pausenclown gemacht.

Aber nicht nur, dass solche Pointen irgendwann schal werden:

… was aus der Sicht eines professionellen Pausenclowns zweifellos eine Katastrophe ist…

Mir leuchtet die ganze Richtung nicht mehr ein:

Ich verstehe nicht, warum der Konservative, zum Beispiel, den menschengemachten Klimawandel für Panikmache von Gutmenschen und die Umweltauflagen gegenüber der Industrie für eine sozialistische Erfindung halten muss.

Das könnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass es Menschen gibt, die über „staatliches Gender-Training … oder das offiziöse Herunterreden von Migranten-Kriminalität“ durchaus nicht „immer lachen“ können, weil sie dergleichen eben nicht als unfreiwillige Vorlagen für gehobene Gagschreiber missverstehen, sondern sie als das durchschauen, was sie sind: als Teil einer ideologischen Agenda, die die Grundlagen der Gesellschaft zu zerstören sucht, weil sie der Verwirklichung einer Utopie im Wege stehen. Genau in diese Agenda passt auch die Legende vom „menschengemachten Klimawandel“. Herr Jäger versteht das nicht? Nun, vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der etwas davon versteht.

Dass eine bestimmte Behauptung, etwa die vom „menschengemachten Klimawandel“ zu einer bestimmten Agenda passt, heißt freilich noch nicht, dass sie deshalb schon falsch sein muss. Bestimmt hätte Herr Jäger, wenn er sich in die Materie vertieft hätte – was er vermutlich nicht getan hat -, eine solche These mit Argumenten stützen können, und dann eben eine Ansicht vertreten, die von den meisten Menschen rechts der Mitte abgelehnt wird. Wie auch im folgenden Punkt:

[Ich verstehe nicht,] warum das Bekenntnis zu Atomkraftwerken den rechten Rechten ausmachen soll.

Dies, Herr Jäger, muss sich schon deshalb Ihrem Verständnis entziehen, weil es nicht so ist. Ich selbst bekenne mich keineswegs zu Atomkraftwerken und verstehe mich dennoch als rechter Rechter. Man muss, um konservativ zu sein, weder den „menschengemachten Klimawandel“ anzweifeln noch für Atomkraftwerke sein; man muss nicht einmal Islamkritiker sein (dazu kommen wir gleich). Wohl aber muss man ernsthaft und aufrichtig sein und Wahrheit nicht für eine Frage der Opportunität halten. Was unter anderem bedeutet, dass man sich einen Dreck darum schert, ob Andere einen für einen „rechten Rechten“ halten. Mich hat man auch schon einen Linken und sogar einen Kommunisten genannt. Na und? Ein Konservatismus, der nicht eine Frage der Überzeugung, sondern der Pose ist, ist keiner.

Zum zweiten muss man, wenn überhaupt irgendetwas, von der Bewahrung der Grundlagen der Zivilisation her denken und nicht von einer Utopie her – ganz gleich, ob diese Utopie nun darin besteht, den Sozialismus zu verwirklichen, oder darin, die Welt, ohne sie zu fragen, „safe for democracy“ zu machen. Wer Letzteres anstrebt, kann ein Liberaler, gerne auch ein Rechtsliberaler sein, aber gewiss kein Konservativer oder Rechter.

Es muss ja auch keiner ein Konservativer oder Rechter sein. Wer aber darüber schreibt, und das noch dazu in der FAZ, sollte wenigstens den Unterschied kennen.

Vor allem will …

will!

… ich nicht verstehen, dass „Islamkritik“ in allen Spielarten, bis hinunter zur offenen Demagogie, fast das einzige Prunk- und Ehrenzeichen konservativer Politik geworden ist.

Dass die von ihm in diesem Zusammenhang ausdrücklich genannten Instanzen, „Die Freiheit“ und PI, liberal sind, entgeht ihm ebenso wie die Tatsache, dass es Konservative gibt, die keine Islamkritiker sind, weil sie den Islam als erfrischenden Kontrapunkt zur westlichen Dekadenz betrachten.

Natürlich verstehe ich es doch.

Natürlich versteht er es eben nicht:

Denn es scheint die einzige Chance neuer rechter, populistischer Parteien und Bewegungen in Europa zu sein, mit diesem Thema einen Wahlerfolg zu landen.

Islamkritik ist also ein taktisches Mittel? Wenn Jäger nicht versteht, warum der Islam kritisiert wird, hätte er vielleicht ein gutes Buch lesen sollen. Zum Beispiel mein „Dschihadsystem“ oder Rainer Glagows „Allahs Weltordnung“ oder Robert Spencers „Religion of Peace“. Oder die gesammelten Werke von Bernard Lewis oder Tilman Nagel. (Im Grunde reicht aber schon der Koran. Wer den liest und nicht zum Islamkritiker wird, dem ist nicht zu helfen.) Wer es freilich nicht verstehen „will“, wird sich der Mühe solcher Lektüre entziehen.

Wer sich mit dem Thema, um das es geht, nicht beschäftigen will, dem bleibt nur: zu schweigen (wenn er redlich ist), oder anderer Leute Redlichkeit anzuzweifeln, wenn er selbst unredlich ist. Lorenz Jäger hat sich für Letzteres entschieden. Wie könnte er auch anders? Einem Herrn Jäger, der sein eigenes instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit in so dankenswerter, wenn auch unfreiwilliger Offenheit kundtut, muss es geradezu unvorstellbar sein, dass es Menschen geben könnte, die das, was sie sagen, tatsächlich glauben, weil sie auf dem betreffenden Gebiet kompetent sind.

Im Folgenden, das ich nicht mehr ausführlich zu zitieren brauche, wirft Jäger den Neokonservatismus amerikanischer Prägung (FrontPage Magazine, Fox News), dem in Deutschland die liberale Islamkritik entspricht (PI, Achse des Guten), mit dem Konservatismus und sogar der Rechten in einen Topf und unterstellt dem Konservatismus, der damit gar nichts zu tun hat, kriegstreiberisch zu sein, weil er proisraelisch sei. (Den Nachweis, dass es um seine Kompetenz beim Thema „Israel“ ungefähr so bestellt ist wie um seine Islam-, Klima-, Atom- und politischen Theoriekenntnisse, spare ich mir an dieser Stelle.)

Die Verwechslung von Liberalismus und Konservatismus gehört zu der Sorte Dummheit, die ich einem Linken, der es nicht besser weiß und deshalb die CDU für konservativ hält, ohne Weiteres nachsehe. Ich kann sie aber nicht einem Journalisten nachsehen, der die Junge Freiheit schon deshalb gelesen haben muss, weil er sich ausführlich auf ihre Inhalte bezieht (und weil einer, der die JF nicht kennt, wie besagte Linke, über Konservatismus in Deutschland nichts Sinnvolles aussagen kann), und der sie trotzdem mit dem globalistischen amerikanischen Neo-„konservatismus“ oder der Achse des Guten in einen Topf wirft, und dies unter anderem, weil sie auch René Stadtkewitz interviewt und damit das getan hat, was die etablierten Medien einschließlich der FAZ ängstlich unterlassen: darüber zu berichten, dass es politische Kräfte außerhalb des autistischen etablierten Politzirkus‘ gibt. Um zu sehen, dass dies guter Journalismus ist, müsste man allerdings einen Begriff davon haben, was guter Journalismus eigentlich ist.

Man wird mir gewiss nicht nachsagen, den etablierten Medien unkritisch gegenüberzustehen. Trotzdem kann ich mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Artikel von solch peinlicher Dummheit gelesen habe. Vielleicht hätte irgendein Freund dem Verfasser den Tipp geben sollen, dass der Selbstentblößung tunlichst ein kritischer Blick in den Spiegel vorausgehen sollte.

„Deutsche sind keine Opfer!“

Das Wort „Opfer“ begann seine Karriere irgendwann einmal als religiöser Begriff. Opfer war, wer zur Besänftigung irgendwelcher Götzen auf deren Altar sein Leben lassen musste. Man sollte meinen, dass die aufgeklärte Moderne so etwas wie „Opfer“ gar nicht mehr kennt, zumal das Menschenopfer bereits im Alten Testament verboten wurde und sich spätestens seit dem Opfertod Christi, also seit ungefähr zweitausend Jahren, endgültig erledigt haben sollte. Weit gefehlt. Wer nach dem Wort „Opfer“ gugelt, bekommt den Eindruck, dass die ganze Menschheit nur aus Opfern besteht, und dass es praktisch keine Lebenslage gibt, in der man nicht zum Opfer werden kann.

Wo von Unfallopfern, Taifunopfern, Tsunamiopfern oder Erdbebenopfern die Rede ist, mag man dem Begriff mit seinen religiösen Obertönen noch eine gewisse Berechtigung, zumindest aber Ehrwürdigkeit zusprechen, weil er den Trost bietet, dass wir es nicht mit sinnlosem Zufall, sondern mit dem unbegreiflichen Wirken Gottes zu tun haben, das schrecklich sein mag, aber per definitionem nicht sinnlos ist.

Wie aber steht es mit dem Bafög-Opfer, dem Opfer ärztlicher Behandlung, dem Smartphone-Opfer, Lehman-Opfer, Loveparade-Opfer, Opfer der Telefonwerbung, Opfer häuslicher Gewalt, Phishing-Opfer, Mobbing-Opfer, Stalkingopfer, Justizopfer, Opfer der Privatisierung, Gewaltopfer, Abmahnungsopfer, Promi-Opfer, Casting-Opfer, EC-Karten-Opfer und Opfer der Badenia-Bausparkasse?

Man wird nicht einfach betrogen, man ist ein Betrugsopfer; der Betrug bewirkt mithin nicht einfach eine Verringerung des Kontostandes, sondern eine existenzielle Wandlung, durch die man zu einer anderen Art von Mensch wird, nämlich zu einem Opfer. Die Badenia-Bausparkasse hat ihre Kunden nicht etwa zu betrogenen Kunden gemacht, sondern zu Opfern, d.h. zu christusartigen Gestalten, die dadurch mit einer Aura von „Heiligkeit“ umgeben sind, an der zu zweifeln sich schon aus Gründen der Pietät verbietet. Es ist nur folgerichtig, dass die Verhöhnung der Opfer das moderne Äquivalent zu dem ist, was man früher „Blasphemie“ nannte.

Folgerichtig ist auch, dass der Täter, den es ja geben muss, wo es ein Opfer gibt, nicht einfach verwerflich gehandelt hat, sondern zu einer Art Aztekenpriester wird, der das Opfer, oder in symbolischer Stellvertretung dessen Brieftasche, auf dem Altar seiner Habgier oder irgendeines anderen Götzen dahinmeuchelt. Wo von Opfern die Rede ist, wird der Verstoß gegen das Strafgesetzbuch zur satanistischen Kulthandlung.

Nein, nein, hier wird nicht einfach ein ursprünglich religiöser Begriff mit einer neuen, säkularen Bedeutung versehen und in dieser Bedeutung verwendet. Dass die religiösen Bezüge weiterhin aktuell sind, erkennt man, wenn man Stilblüten wie das „Smartphone-Opfer“ beiseitelässt. Das Smartphone-Opfer ist gewissermaßen nur der niedliche kleine Bruder von Opferkategorien ganz anderen politischen, moralischen und ideologischen Kalibers. Google liefert uns unter anderem das Kirchenopfer und Papstopfer, das Missbrauchsopfer und Familien-Opfer; wir sehen Opfer rechter Gewalt, Stasiopfer, Dopingopfer, Maueropfer, Holocaustopfer, NS-Opfer, Opfer des Stalinismus, Opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt, Opfer von Rechtsextremismus, Guantanamo-Opfer, Kundus-Opfer, Hitlers afrikanische Opfer und natürlich die Opfer von Diskriminierung.

Opfer zu sein bedeutet nicht nur Heiligkeit – was an sich schon Prestige und eine gewisse Befriedigung bedeutet -, es bedeutet auch, dass man von dieser Heiligkeit etwas hat. Man kann Entschädigungen und Entschuldigungen fordern, man bekommt versichert „Den Zeitpunkt der Versöhnung können nur die Opfer bestimmen“ (Überschrift eines DLF-Beitrags über Stasiopfer), man kann den als Satanisten gebrandmarkten Tätern (oder deren Stellvertretern) den Mund verbieten, weil dies sonst eine „Verhöhnung der Opfer“ (also Blasphemie) sei, und man kann sie sogar ein bißchen schikanieren, indem man zum Beispiel die Entlassung niederrangiger Ex-Stasi-Bediensteter aus der Unterlagenbehörde durchsetzt, weil es „ein Schlag in die Gesichter der Opfer“ sei, wenn diese auf einem Fußboden gehen müssten, der von einer Putzfrau gewienert wurde, die dasselbe schon unter Erich Mielke getan hat.

Zugleich haben diese Opfer auch ihre Mitesser: Gutmenschen, die sich „auf die Seite der Opfer stellen“ und dadurch an deren vermeintlicher Heiligkeit teilhaben, Heerscharen von Opferanwälten, die nicht so sehr für Gotteslohn, sondern für klingende Münze arbeiten, all die Betreiber von Hotlines, Beratungsinitiativen, Nachsorgeangeboten usw., die sich dafür vom Steuerzahler bezahlen lassen, nicht zuletzt eine Medienindustrie, die mit der Präsentation von Opfern aller Art nicht nur die Tränendrüse, sondern auf dem Umweg über Einschaltquoten auch den Geldbeutel des Zuschauers anzapft.

Es gibt also eine ganze Industrie, die vom ständigen Nachschub an Opfern lebt, und im Namen ihrer jeweiligen Schützlinge mit harten Bandagen um deren Platz in der Opferhierarchie kämpft. Google liefert uns als Nebenprodukte dieses Kampfes Begriffe wie Opfer zweiter Klasse, wahres Opfer, ewiges Opfer. Die unermüdliche Opfersuche spiegelt sich in den Floskeln unsichtbare Opfer, unbekannte Opfer, vergessene Opfer, und sogar: Opfer des Tages. Und damit nur ja kein Opfer vergessen wird, fordert der Berliner Senat sogenannte „Diskriminierungsopfer“ – von denen es offenbar nicht genügend gibt, es sei denn in der Katgeorie der unsichtbaren, unbekannten und vergessenen Opfer – auf, sich zu beschweren und ihre Mitbürger als Diskriminierer zu denunzieren, also zu Quasi-Aztekenpriestern zu stempeln, um für die Antidiskriminierungsstelle noch ein paar zusätzliche Planstellen durchzusetzen oder wenigstens die offenbar unausgelasteten vorhandenen zu sichern.

Wenn wir die obige Opferliste durchgehen, erkennen wir, wem der Status der Heiligkeit verwehrt werden soll. Es gibt Diskriminierungsopfer, aber keine Dschihadopfer. Es gibt Opfer rechter, aber nicht linker Gewalt. Wer nicht zu den Aztekenpriestern gerechnet werden will, hat sozusagen keine andere Wahl, als sich auf die Opferkonkurrenz einzulassen und darauf hinzuweisen, dass nicht nur Ausländer Opfer von Deutschen werden, sondern dass der umgekehrte Fall weitaus häufiger ist. Dass nicht nur Frauen Opfer von Männern sein können, sondern auch umgekehrt, und dass linke Gewalt gegen Rechte ziemlich häufig ist (und umso wahrscheinlicher ist, je harmloser die jeweiligen Rechten sind; an betenden Christen vergreift es sich eben gefahrloser als an Skinheads.) In einer Gesellschaft, die den Opferstatus prämiert, sind Gruppen wie Männer oder Deutsche, zu deren Selbstbild es gerade nicht gehört, Opfer zu sein, von vornherein chancenlos in der Opferkonkurrenz. Sie hassen ganz einfach, mit ihrem Opferstatus hausieren zu gehen.

Gleichzeitig hat das Gutmenschentum dem Schimpfwort „Du Opfer“ den Kampf angesagt, aus seiner Sicht verständlicherweise. Im Schimpfwort zeigt sich nämlich, was der Begriff des „Opfers“ – außer einer vermeintlichen Heiligkeit – noch enthält: Ein Opfer ist jemand, der schwach ist, der auf anderer Leute Hilfe angewiesen ist, der sein Leben nicht im Griff hat, der kein Recht auf Stolz hat, der leidet, der Mitleid braucht und seinen Mitmenschen ein schlechtes Gewissen macht. Kurz gesagt, Opfer sind Leute, auf die die Gesellschaft gut verzichten kann.

Immer, wenn die TV-Journaille wieder ein neues „Opfer“ vor die Kamera zerrt (welche Art von und wessen Opfer auch immer), und dieses Opfer seine Leidensgeschichte zum Besten gibt, sich in seiner Schwäche suhlt und um unser Mitleid bettelt, möchte ich ihm in die Fresse hauen.

Eine Gesellschaft, die den Opferstatus prämiert – mit moralischer Unangreifbarkeit, mit einem, wenn auch verlogenen „Prestige“, mit öffentlicher Aufmerksamkeit, nicht zuletzt mit Geld – prämiert Schwäche statt Stärke, das Leiden statt der Tat, Abhängigkeit statt Freiheit, Demut statt Stolz. Prämiert wird, was das Land kaputtmacht. Gezüchtet werden Untertanen. Verdächtig ist und bekämpft wird, wer stark, aktiv, frei und stolz ist. Bekämpft werden die Gruppen, die es ablehnen, Opfer zu sein.

Und doch klappt es nicht, so sehr es versucht wird. Man hat sich oft über den merkwürdigen „Sündenstolz“ der Deutschen gewundert, über dieses „Unsere Verbrechen sind die größten!“ Man hat sich gewundert, wie wenig sie von ihren eigenen Opfern (Bombenkrieg, Vertreibung, Massenvergewaltigungen) im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg sprechen bzw. sie krampfhaft als Konsequenzen des eigenen Handelns deuten („Wir dürfen nie vergessen, dass Deutschland zuerst…“). Masochismus? Auch. Vor allem aber ein als Masochismus getarnter Stolz, der offenkundig unverwüstlich ist. Es hat einen subtilen Doppelsinn, wenn die Antideutschen (die sich dabei, wie so oft, als die Deutschesten von allen entpuppen) propagieren „Deutsche sind keine Opfer!“, und damit genau das deutsche Selbstverständnis wiedergeben.

Ja, Freunde, Ihr habt den Nagel auf den Kopf getroffen: Deutsche sind keine Opfer. Und wir gedenken auch nicht, es zu werden!

Gutmenschen unter sich: Käßmann und Wulff auf dem evangelischen Kirchentag

Wenn der Bundesmilchbubi

und Tante Käß

gemeinsam auf einem evangelischen Kirchentag auftreten, dann klingt das so:

Wulff sagt

… über die Folgen seiner inzwischen fast legendären Rede zum 3. Oktober 2010 [„Der Islam gehört zu Deutschland“] (…) 4400 Briefe habe er erhalten … , „200 freundliche, der Rest war sorgenvoll, ängstlich und kritisch“. Aber der Bundespräsident rückt nicht von seiner Position ab

95 Prozent sagen Nein, ohne dass dies auf den Bundespräsidenten den geringsten Eindruck macht, im Gegenteil:

Er habe damals ganz bewusst ein Zeichen gesetzt, um den islamischen Zuwanderern zu zeigen, dass sie gewollt und akzeptiert sind und dass man ihre Erfolgsgeschichten wahrnimmt.

Er weiß – aus 4200 Briefen – ganz genau, dass dies eine Lüge ist, sofern mit „man“ das deutsche Volk gemeint ist.

Nun, das ist eine Frage der Perspektive. Es wäre wahrscheinlich falsch, Wulff Arroganz zu unterstellen, wenn er die die Meinung einer überwältigenden Mehrheit ignoriert. Vermutlich entspricht es einfach seinem harmoniebedürftigen Naturell, den Konsens mit denen zu suchen, mit denen er täglich zu tun hat, und dazu gehören Normalbürger (im entlarvenden Politikersprech „die Menschen draußen“ – Preisfrage: wer ist drinnen?) nun einmal eher nicht.

Für einen solchen Mann gehört kein Mut dazu, Millionen seiner Landsleute täglich unter freundlichem Lächeln ins Gesicht zu spucken. Die Doktrinen zu hinterfragen, die die Grundlage der Politik der UNO, der EU, der deutschen Parteienwirtschaft, der „Kirchen“, der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände der linksgedrehten „Wissenschaften“, einiger hundert wohldotierter Stiftungen, kurz der Eliten darstellen – ja, das wäre mutig. Aber Wulff hat es nicht ins Schloss Bellevue geschafft, weil er mutig wäre. Er verdankt seinen Aufstieg seinem Konformismus, und dieses Erfolgsrezept behält er bei, koste es das Volk, dessen Nutzen zu mehren er versprochen hat, was es wolle.

Nichts Anderes gilt für Margot Käßmann, nur dass deren Thesen noch ein wenig aufreizender sind, weil sie im Licht eines imaginären Heiligenscheins verkündet werden:

Sie [Käßmann] trifft offenbar den Nerv vor allem vieler weiblicher Besucher, wenn sie eine Lanze bricht für Träumer …

Man möchte gerne wissen, wie viele dieser ergriffenen Damen den Mut oder die Dummheit hatten, einen Träumer zum Vater ihrer Kinder zu machen (so sie überhaupt welche haben).

… und Visionäre und sich erbost darüber zeigt, das Gutmenschen und Weltverbesserer fast schon ein Schimpfwort sei.

Tja, woran das wohl liegen könnte? Ich für meinen Teil habe nichts gegen Visionäre, solange ihre Visionen sich darauf beziehen, wie sie ihr eigenes Leben gestalten. Von dieser Art Visionäre ist hier aber offenbar nicht die Rede, sondern von solchen, die Visionen für ganze Völker entwickeln. Für Völker, die vernünftigerweise überwiegend nicht aus Visionären bestehen, sondern mit Helmut Schmidt der Meinung sind: Wer Visonen hat, soll zum Arzt gehen!

Sobald der Visionär dies merkt, wird er zum Weltverbesserer. Und da mit der „Welt“, die zu „verbessern“ sei, die soziale Welt gemeint ist, wollen solche Leute nicht irgendetwas, sondern die Menschen „verbessern“, d.h. umerziehen. Sie können nicht ertragen, dass ihre Mitmenschen sind, wie sie sind. Sie können nicht akzeptieren, dass ihre persönlichen „Visionen“ Anderen als Alpträume erscheinen. Dass diese Anderen – also die überwältigende Mehrheit – womöglich Recht haben könnten mit ihrer Vermutung, dass Visionen grundsätzlich unbewohnbare Luftschlösser sind: Das darf nicht sein, also kann es nicht sein. Lieber erklärt man zwei Drittel, nämlich alle, die den „visionären“ Erziehungsmaßnahmen trotzen, zu Faschisten. Dass jeder Versuch, solche „Visionen“ zu verwirklichen, bisher bestenfalls im Bankrott und schlimmstenfalls im Massenmord geendet hat, ist für einen gestandenen Visionär kein Grund es nicht noch zum tausenddritten Mal zu versuchen. Die Mitmenschen haben gefälligst als Versuchskaninchen herzuhalten, gestern für den wissenschaftlichen Sozialismus, heute für den wissenschaftlichen Globalismus, und wenn auch der das Leben einiger Millionen menschlicher Versuchskaninchen gekostet haben wird, so wird dies zweifellos kein Grund sein, die Welt nicht noch zum tausendvierten Mal zu „verbessern“.

Und die Gutmenschen? Gutmenschen sind Leute, die solchen „Träumern“, „Visionären“ und „Weltverbesserern“ vielleicht nicht die eigenen Kinder, wohl aber das ganze Gemeinwesen anvertrauen. Gutmenschen sind Leute, die es für ein moralisches Verdienst halten, grundsätzlich nur die Interessen von Minderheiten zu vertreten, von Feministinnen, Migranten, Moslems, Schwarzen, Schwulen und Lesben, und für unmoralisch, dass Männer und nichtfeministische Frauen, Deutsche, Christen, Weiße und Heterosexuelle überhaupt existieren. Wenn sie aber schon existieren, so die Gutmenschen, dann sollen sie wenigstens ihren Mund halten, in Sack und Asche gehen, und sich ihrer „Intoleranz“ schämen (d.h. sich schämen, dass sie überhaupt Interessen zu haben und gar zu artikulieren wagen). Gutmenschen sind Leute, die ihresgleichen hassen, weil sie sich selbst hassen und es daher nötig haben, sich selbst zu beweisen, dass sie doch „gut“ sind. Gutmenschen sind Leute, die nicht ruhen werden, bis die Welt so weit „verbessert“ ist, dass sich in ihr nur noch Verrückte, Perverse, Verbrecher und Schmarotzer wohlfühlen. Gutmenschen sind Leute, die die eigenen Kirchen ruinieren, auf die eigene Kultur spucken und das eigene Volk über die Klinge springen lassen, damit es ihrem Seelchen gut geht.

Und Gutmenschen sind vor allem Leute, die es fertigbringen, sich trotzdem noch darüber zu wundern, dass das Wort „Gutmensch“ ein Schimpfwort ist.

[Quelle der Zitate: Frankfurter Rundschau, zitiert nach Fakten-Fiktionen, wo ich auf den Vorgang gestoßen bin.]

Der Karnickel-Skandal

Frank Furter schreibt bei PI:

Zugegeben, das ist nichts für schwache Nerven: in einer Schule im Schleswig-Holsteinischen Ratekau wurde im Rahmen einer Projektwoche unter dem Motto „Ernährung in der Steinzeit“ einKaninchen vor den Augen der Schüler getötet. Danach wurde das Tier auf dem Schulhof gegrillt und verköstigt. Gegessen ist die Sache damit aber nicht; ganz im Gegenteil.

Vor elfjährigen Kindern ein Kaninchen zu töten, dürfte selbst bei PI dem ein oder anderen martialisch erscheinen. Aber andererseits: was erwartet jemand, selbst wenn er nur elf Jahre alt ist, der in der Schule an einem Projekt unter dem Titel „Ernährung in der Steinzeit“ teilnehmen will, wie Menschen sich zu jener Zeit ernährten? Mit Milchprodukten aus steingemeißelten Tetra-Paks? Fertigfutter aus hölzernen Schalen, den grünen Punkt mit Säbelzahntieger-Klauen eingeritzt? Aufgewärmt in Makrowellen, sogar ohne USB-Anschluss?

Einwände dieser Art konnten selbstverständlich eine riesige Protestwelle nicht verhindern. Wollen wir wetten, dass viele der Protestierenden zur Gutmenschenfraktion gehören, die uns zugleich versichert, der Islam gehöre „zu Deutschland“?

Was glauben diese Leute eigentlich, welche Szenen ihnen und ihren Kindern bevorstehen, wenn der Islam eines Tages wirklich zu Deutschland gehört, das heißt: es beherrscht? Man muss nur einen Blick in die islamischen Länder und auf das dortige Opferfest werfen:

Tante Käß liest vor

shortnews.de berichtet über die Antrittsvorlesung von Margot Käßmann an der Ruhr-Universität Bochum:

In ihrer Funktion als Gastprofessorin an der Universität Bochum setzte sich die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann mit dem Thema Mission und Migration auseinander. Sie folgte dem Schluss, dass dies urbiblische Motive seien, die mit Adam und Eva und dem Verlassen des Paradieses anfingen.

Nun, es sind auch ur-koranische Motive, die mit der Hidschra, also der Auswanderung des Propheten und seiner – damals noch wenigen – Anhänger von Mekka nach Medina im Jahr 622 anfingen. Das Ereignis ist nicht zufällig die Stunde Null des islamischen Kalenders. Im Handumdrehen hatte die junge Sekte die Herrschaft über das damals mehrheitlich jüdische Medina angetreten. Die Medinenser hatten einen Prediger eingeladen und bekamen einen Diktator.

Weiter in ihrem Vortrag sprach sie von Mose, der ja auch die Israeliten von der Sklaverei Ägyptens in das gelobte Land führte. Daraufhin musste das Volk Israels zur Behauptung seiner Kultur gegen die vorhandene Kultur im Land Kanaan kämpfen.

Was wohl bedeuten soll, dass man Verständnis haben muss, wenn ein Volk, das in Massen in ein fremdes Land einwandert, „zur Behauptung seiner Kultur gegen die vorhandene Kultur im Land“ kämpft.

Auch in anderen Kulturen weltweit sind diese Missionierungen mit ihren darauffolgenden Problemen bekannt. So sorgte beispielsweise die Taufe der Urbevölkerung in Afrika mit der darauffolgenden Verschleierung der Frauenkörper im dortigen Klima für Hygieneprobleme.

Ob Tante Käß in ihrer Besessenheit von white guilt wohl merkt, dass sie muslimische Masseneinwanderung eine Kolonisierung genannt hat? Eine Kolonisierung, die uns wahrscheinlich auch die „Verschleierung der Frauenkörper“ mit den daraus resultierenden „Hygieneproblemen“ bescheren wird. Und das ist nicht einmal das Hauptproblem.

[Siehe auch den Artikel in der Blauen Narzisse]

SPD: Der Kampf gegen die Realität

Mancher wird es nicht für möglich halten, aber ich war von 1981 bis 1996 Mitglied der SPD, und jetzt bei der Berichterstattung vom Dresdener Parteitag habe ich eine Reihe von Déjà-vus erlitten. Meine Güte, was bin ich froh, dass ich da nicht mehr drin bin! Und zwar ganz unabhängig von politischen Inhalten: Allein die weltfremde Politikauffassung meiner Genossen hat mich damals schon an den Rand des Wahnsinns und schließlich zum Austritt getrieben.

Heute könnte es mir egal sein, was aus der SPD wird, aber sozusagen aus alter Gewohnheit zerbreche ich mir noch einmal ihren Kopf. Ich kann das getrost tun, weil ich ja aus Erfahrung weiß, dass meine Ratschläge dort ignoriert werden.

SPD-interner Diskussionsstand scheint zu sein, dass sie die Wahl wegen der Agenda 2010 und der Rente mit 67 verloren habe. Das ist keine Analyse, das ist das Wunschdenken von Leuten, die Schröder nicht leiden können („Schröder-SPD“ ist dort heute eine Chiffre für eine ganz finstere Vergangenheit, fast schon wie „Hitler-Deutschland“) und ihren eigenen Schmerz über dessen pragmatische Auffassung von Politik in den Wähler hineinprojizieren.

Was der SPD bei den Wahlen das Genick gebrochen hat, war aber nicht die Politik Schröders – wenn das so gewesen wäre, warum hat Schröder selber denn 2005 so viel besser abgeschnitten als Steinmeier 2009? -, sondern dass sie ihre (im Großen und Ganzen) richtige und erfolgreiche Agenda-Politik im nachhinein als Sündenfall dargestellt hat. Anderthalb Millionen Arbeitslose von der Straße bringen und sich hinterher dafür entschuldigen – das bringt nur die SPD fertig! Wer soll eine solche Partei denn wählen?

Der Normalbürger, der keine ausgeprägte ideologische Fixierung, dafür aber gesunden Menschenverstand hat, und der realistischerweise davon ausgeht, dass eine Partei vor allem anderen erst einmal regieren können muss – dieser Normalbürger, der die vielzitierte „Mitte“ darstellt, in der „Wahlen gewonnen werden“, wird sich nicht einer Partei anvertrauen, der dieser einfache Sachverhalt offenkundig unbekannt ist. Die „Mitte“ ist weniger ein politisch-ideologischer Standort als eine bestimmte Auffassung von Politik. Die Mitte kann man für eine linke oder auch eine rechte Politik gewinnen – man muss aber deutlich machen, dass es sich um eine realistische und praktikable Politik handelt.

Ich will nicht ausschließen, dass auch eine linke Politik realistisch und praktikabel sein kann – ich habe aber weder in den fünfzehn Jahren meiner Mitgliedschaft noch in den dreizehn Jahren seither erlebt, dass man sich in der SPD darum bemüht hätte, ein solches Konzept zu entwickeln – bei dem notwendig auch die eine oder andere heilige Kuh des Sozialismus hätte geschlachtet werden müssen. Geschlachtet wurde höchstens der, der solches vorschlug, und Programmarbeit war und ist bei den Sozialdemokraten eine Art „Wünsch dir was“, mit dem man, wenn man es dann in die Regierung geschafft hat, an den fiskalischen und ökonomischen Realitäten zerschellt.

Über die Rente mit 67 zum Beispiel haben bestimmt viele Wähler gemeckert; das heißt aber nicht, dass sie automatisch den wählen, der ihnen dabei nach dem Munde redet: Es ist doch klar, dass ein umlagefinanziertes Rentensystem unter Druck geraten muss, wenn es immer mehr Alte, also Leistungsempfänger, und immer weniger Junge gibt, die die Leistung erbringen. Wer das System erhalten und nicht durch ein ganz anderes ersetzen will (das dann wieder seine eigenen Probleme aufwürfe), hat drei Möglichkeiten: Entweder Beiträge rauf, oder Renten runter, oder eben das Rentenalter rauf. Wer letzteres nicht will, muss sagen, welche der beiden Alternativen er bevorzugt, und wer das nicht kann, kann nicht regieren. So einfach ist das.

Es ist noch nicht einmal Opportunismus oder taktisches Kalkül, dass die SPD sich programmatisch der Linkspartei annähert, sondern das beiden Parteien gemeinsame Politikverständnis, wonach es vor allem darum gehe, „eine bessere Welt“ zu schaffen, statt einfach vernünftig zu regieren. Es ist diese quasi religiöse Politikauffassung, die dazu führt, dass die SPD sich in der wirklichen Welt nicht zurechtfindet und sich in Flausen und Illusionen flüchtet.

Wäre sie sich über die Funktionsweise eines demokratischen Systems und ihre eigene Rolle in diesem System im Klaren, würde sie ganz bewusst mit den Grünen und den Linken ein Spiel mit verteilten Rollen spielen, bei dem sie selbst die Rolle des rationalen Managers der Nation übernähme; für die Verschlimmbesserung der Welt wären die Koalitionspartner zuständig, die auf diese Weise das linke Wählerpotenzial ausschöpfen würden, während die SPD sich um die Mitte kümmern würde – das Modell Schröder. Aber der ist heute für seine Genossen der Gottseibeiuns.

Die SPD ist nach dem Dresdener Parteitag dort, wo sie 1983 war, und man muss kein Prophet sein um vorherzusehen, dass die Phase ihres infantilen Kampfes gegen die Wirklichkeit genauso lange dauern wird wie damals. Sollte wieder ein pragmatischer Machertyp mit Ausstrahlung in die politische Mitte auftauchen, wird sie ihn bekämpfen, wie sie Schröder bekämpft hat, und ihn erst ans Steuer lassen, wenn der Oppositions-Leidensdruck unerträglich geworden ist – nur um dann wieder unter der Macht zu leiden, wie sie unter Schmidt und Schröder gelitten hat.

Wenn sie denn überhaupt noch einmal den Kanzler stellt. Meine persönliche Vermutung ist, dass die Zeit für eine Partei vom Zuschnitt der SPD abgelaufen ist. Wer ewig gegen die Realität kämpft, verliert irgendwann.

Wenn Gutmenschen unfreiwillig Gutes tun

Es gehört geradezu zur Political Correctness der politisch Unkorrekten zu glauben, der Klimawandel sei eine Erfindung linker Ideologen, die die westliche Welt ruinieren wollten.

Ich bin auf naturwissenschaftlichem Gebiet nicht hinreichend bewandert, zu beurteilen, welche Seite recht hat. Ich gebe nur eines zu bedenken:

Wenn die Angst vor dem Klimawandel dazu führen sollte, dass der CO2-Ausstoß reduziert und zu diesem Zweck der Ölverbrauch gedrosselt wird, und wenn wir deswegen weniger abhängig von der Energieversorgung durch unsere Feinde sein sollten, dann hätte der Klimaschutz sich gelohnt, wenn auch auf einem ganz anderen Gebiet, und die Gutmenschen sich um die Freiheit des Westens verdient gemacht, wenn auch nur aus Versehen.

Glückwunsch, FC Bayern!

Ich glaube schon einmal irgendwo erwähnt zu haben, dass ich zwar seit zwanzig Jahren Wahlberliner bin, aber aus München stamme. Viel verbindet mich mit meiner alten Heimatstadt nicht mehr, nicht einmal der Akzent verrät noch, wo ich herkomme; bei Bedarf berlinere ick wie’n altjedienter Weddinger.

 

Nur in einem Punkt bin ich Münchner geblieben: beim Fußball. Ich kann mich beim besten Willen nicht für die Hertha erwärmen; mein Verein ist und bleibt – na welcher wohl? Richtig!

 

1860.

 

Ich bin also nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, die Bayern zu hassen. Und mich damit in das große Heer der FC-Bayern-Hasser einzureihen, der Feinde des unbeliebtesten Vereins der Republik.

 

Nun gerate ich aber in einen Gewissenskonflikt: Gegen die Bayern zu sein gilt als politisch korrekt. Man ist für St. Pauli, Freiburg, Nürnberg, Kaiserslautern oder eben Sechzig – aber doch nicht für Bayern! Warum? Weil die Bayern ihre Erfolge mit Geld erkaufen, dadurch alle anderen Vereine in die zweite Reihe drängen, nicht in der Heimaterde verwurzelt sind, sondern Fans weltweit haben, weil sie arrogant sind und auf dem Feld nur das Nötigste tun. Außerdem haben sie Uli Hoeneß.

 

Nur kann man das alles auch ganz anders lesen: Es stimmt schon, dass der Erfolg im Fußball Geld bringt und das Geld den Erfolg begünstigt. Das wissen auch Alle, und Alle verhalten sich danach. Die Vereine, die die Chance hatten, zu den Bayern aufzuschließen, Dortmund zum Beispiel, Bremen, Leverkusen – die haben es alle nicht geschafft. Sie haben nicht die höhere Moral, sie haben nur weniger Erfolg. Wer weltweit Fans hat, muss wohl ziemlich guten Fußball spielen; und Uli Hoeneß mag schlecht erzogen sein – wenn auch schwerlich schlechter als Rudi Assauer – aber er versteht sein Handwerk, was man nicht von allen Bundesliga-Managern behaupten kann. (Und was die Verwurzelung in der Heimaterde angeht, so hat die durchaus ihre problematischen Seiten, wie sich 1933 zeigte, als – peinlich, peinlich – 1860 sich gar nicht genug SA-Leute in den Vorstand holen konnte, während die Bayern so lange wie irgend möglich an ihrem jüdischen Präsidenten festhielten.)

 

Was also wirft man den Bayern vor? Den Erfolg, und dass sie guten Fußball spielen. Der Deutsche Gutmensch zieht es nämlich vor, in zugigen alten Stadien eine schlechte Mannschaft null zu fünf untergehen zu sehen, und hält dies für den Beweis seiner überlegenen Sportmoral. Der Masochismus eines mittelalterlichen Flagellanten: Lieber einen schlechten Fußball als einen – Pfui! – kapitalistischen. Das ist nichts anderes als Political Correctness, kombiniert mit linker Sozialromantik.

 

Nachdem ich alles über Bord geworfen habe, was irgendwie links ist, täglich einen Gutmenschen frühstücke und gegen die PC wettere: Wäre es da nicht konsequent, auch als Fußballfan Nägel mit Köpfen zu machen und zu den Bayern zu konvertieren?

 

Ja, das wäre konsequent. Aber beim besten Willen: Das bringe ich nicht!

 

Es ist eine Sache zuzugeben, dass die Bayern sich ihre Erfolge redlich verdient haben. Auch ein Fußballfan darf gelegentlich sportlich fair sein. Eine ganz andere Sache wäre es, in einer Fankurve zu stehen und „Bayern, Bayern!“ zu rufen.

 

Ein Fußballfan wird schon als Kind auf seinen Verein geprägt wie ein Entenküken auf seine Mama. Dieses Herzklopfen und Bauchkribbeln, wenn die eigene Mannschaft aufläuft – das kann man nicht willkürlich manipulieren und auf eine andere übertragen. Fan sein heißt nicht, eine Religion zu haben (von der man abfallen kann), sondern ein Schicksal zu erleiden, mit dem man leben muss.

 

Nur ist das ja kein Grund, die zu hassen, deren Schicksal leichter ist.

 

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, FC Bayern, zu Pokal und Meisterschaft, und viel Erfolg in der kommenden Champions-League-Saison!

Political Correctness und Schwarze Magie

Dem deutschen Fußballtrainer Winni Schäfer, der damals die Nationalelf Kameruns betreute, kam eines Tages bei einem Turnier in Mali sein Co-Trainer abhanden: Die Polizei hatte ihn unter der Anschuldigung verhaftet, den Stadionrasen verhext zu haben.

Wir aufgeklärten Mitteleuropäer grinsen natürlich, wenn wir solche Anekdoten hören. Wo wir doch über derlei finsteren Aberglauben turmhoch erhaben sind.

Ach ja?

„Was haben Harvardpräsident Larry Summers, der Taliban John Walker, die Verantwortlichen bei Delta Airlines und die Herausgeber der New York Times mit Frauen vom Stamm der Yanomamo im Dschungel des Amanzonasgebiets gemeinsam?“

So beginnt ein Aufsatz des konservativen amerikanischen Kolumnisten Jack Wheeler, der unter dem Titel „The Secret to the Suicidal Liberal Mind“ die provozierende These vertritt, dem „Liberal Mind“ – zu deutsch: dem Gutmenschentum – liege ein archaischer Glaube an die Macht der Schwarzen Magie zugrunde, der in Gestalt sozialistischer, pazifistischer und kulturrelativistischer Theorien bloß oberflächlich rationalisiert worden sei. Political Correctness sei der Versuch, durch masochistische Selbsterniedrigung den „Bösen Blick“ potenzieller Neider zu vermeiden.

(Die vollständige deutsche Übersetzung von Wheelers Text, von dem ich hier nur Auszüge verwende, ist bei der Acht der Schwerter erschienen und nach dessen Ende von Deep Roots im Counterjihad eingestellt worden; ich empfehle auch die Lektüre der dortigen Kommentare, speziell Nr.5 von Guggelgobbel.)

„(…) Bei den Yanomamo und anderen Stämmen tief in den Regenwäldern des Amozonas, die immer noch den arachaischen Lebensstil der Jäger und Sammler unserer Vorfahren aus der Altsteinzeit pflegen, ist es ein allgemein anerkannter Brauch, dass eine Frau, nachdem sie ein Kind zur Welt gebracht hat, tränenreich verkündet, ihr Kind sei hässlich.

In einer lauten, selbsterniedrigenden Klage, die der ganze Stamm hören kann, fragt sie, warum die Götter sie mit einem so erbärmlich abstoßenden Kind verflucht haben. Sie tut das, um die neidische schwarze Magie des bösen Blicks, des Mal Ojo, zu bannen, die sie und ihre Stammesmitglieder treffen würde, wenn bekannt wäre, dass sie glücklich über ihr wunderschönes Baby ist.

Anthropologen beobachten in den meisten primitiven und traditionellen Kulturen, dass ‚jedes Individuum in der ständigen Angst vor der magischen Aggression anderer lebt … es gibt nur eine Erklärung für unvorhersehbare Ereignisse: die neidische schwarze Magie eines anderen Dorfmitglieds.'“

Wobei man hinzufügen möchte, dass der Glaube an die Schwarze Magie ein Spezialfall des offenbar allgemeinmenschlichen Glaubens an die Kraft des Wünschens, in diesem Fall des bösen Wünschens ist:

Nicht wenige Menschen haben Schuldgefühle, wenn sie einen Angehörigen verlieren, mit dem sie jahrzehntelang in Fehde gelebt haben. Sie können sich hundertmal sagen, dass ihre feindseligen Gefühle mit dem Tod des Betreffenden nichts zu tun haben – die Schuldgefühle bleiben trotzdem.

Ich bin Biathlon-Fan, und jedesmal, wenn ein deutscher Biathlet an den Schießstand tritt, versuche ich, seine Kugel ins Ziel zu bringen, in dem ich vor meinem geistigen Auge das Bild einer hochklappenden weißen Scheibe beschwöre. Natürlich glaube ich üüüüüüberhaupt nicht, dass das irgendeinen Effekt haben könnte; esoterischer Kokolores ist mir selbstredend völlig fremd, ich bin schließlich Rationalist – verteufelt nur, dass mein wirkliches Verhalten so gar nicht dazu passt.

Und ist eine betende Kirchengemeinde wirklich so unähnlich jenen indigenen Völkern, die ein bestimmtes Ereignis auf magische Weise herbeizuführen suchen, indem sie es kollektiv herbeiwünschen? Gewiss würde jede Kirchengemeinde den Verdacht weit von sich weisen, magischen Praktiken zu frönen; das Gebet richtet sich schließlich an Gott, damit der das Ereignis herbeiführt. Nun ja – auch das ist Magie. Magie per Satellit sozusagen.

Der Glaube an die Magie des Wünschens ist also ziemlich universell; damit aber zwangsläufig auch der an den „Bösen Blick“.

 

 

„Denken Sie einen Augenblick über das Ausmaß nach, zu dem Stammesmitglieder in einer “primitiven” Stammeskultur ihr Leben mit Aberglauben, Hexerei, Voodoo, “schwarzer Magie” und dem “bösen Blick” ausfüllen. Für sie besteht die Welt daraus, Dämonen, Kräfte, Geister und Götter zu zähmen, die alle böswillig und gefährlich – in einem Wort: neidisch – sind.

Ein Großteil wenn nicht die Mehrheit der traditionellen Stammeskulturen, sei es am Amazonas, in Afrika oder auf den pazifischen Inseln, kennt das Konzept des natürlichen Todes nicht. Tod ist immer Mord.

(…)

Neid ist die Quelle für den Glauben der traditionellen Kulturen an schwarze Magie, die Furcht vor dem neidischen bösen Blick.

Der grundlegende Ursache dafür, dass gewisse Kulturen statisch bleiben und sich nie weiterentwickeln (zum Beispiel Dörfer in Ägypten und Indien, die über Jahrtausende hinweg bis heute ungefähr gleich geblieben sind) ist das überwältigende Ausmaß, in dem die Menschen dieser Kulturen von Neid und Neidvermeidung beherrscht sind: Anthropologen nennen das die Neidbarriere.

Die Mambwe in Sambia zum Beispiel betrachten ‚erfolgreiche Menschen als düster, übernatürlich und gefährlich.‘ In mexikanischen Dörfern ‚bestimmt die Furcht vor dem Neid anderer Leute jedes Alltagsdetail und jedes Vorhaben.‘

(…)

Es ist die ultimative Ironie moderner Zeiten, dass linke Intellektuelle des marxistischen Typus sich selbst für die progressive Avantgarde des aufgeklärten zeitgenössischen Denkens halten – wobei in Wirklichkeit ihre Denkweise nichts als Atavismus ist, die Rückentwicklung zu einer primitiven Stammesmentalität. Was die Linke ‚Ausbeutung‘ nennt, nennen Anthropologen ’schwarze Magie‘.

Der Soziologe Helmut Schoeck (der auch die oben erwähnten anthropologischen Beobachtungen zusammengetragen hat) fasst in seinem bahnbrechenden Werk ‚Envy: A Theory of Human Behavior‘ zusammen:

Eine selbstmitleidige Neigung, über die Überlegenheit oder Vorteile anderer nachzusinnen, kombiniert mit einem vagen Glauben daran, er sei die Ursache für die eigene Entbehrung, findet sich auch unter gebildeten Mitgliedern unserer modernen Gesellschaften, die es eigentlich besser wissen müssten. Der Glaube der primitiven Völker an schwarze Magie unterscheidet sich nur wenig von modernen Ideen. Während der Sozialist sich vom Arbeitgeber ausgeraubt sieht oder der Politiker in einem Entwicklungsland sich von den Industrieländern ausgeraubt sieht, sieht sich der primitive Mensch von seinem Nachbarn ausgeraubt, und zwar dadurch, dass es dem letzteren geglückt ist, mittels schwarzer Magie einen Teil der Ernte des ersteren auf sein eigenes Feld zu zaubern.

Der primitive Atavismus linker Binsenweisheiten wie “die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer” illustriert am besten das Argument, dass man nur auf Kosten anderer gesund sein kann. Dass man, um eine gute Gesundheit zu haben und vor Energie und Vitalität zu strotzen, jemand anderen krank machen oder zu schwacher Gesundheit bringen muss – gerade so wie man, um reich zu sein, andere arm machen muss.

Die Gesunden sind gesund, weil sie unrechtmäßig die Kranken ausgebeutet und ausgesaugt haben, indem sie den gerechten Gesundheitsanteil des Kranken mit Hilfe von schwarzer Magie an sich gezogen haben. Also sind die Kranken krank, weil die Gesunden gesund sind. Wenn das absurd ist, dann ist es gleichermaßen absurd, dass die Armen arm sind, weil sie von den Reichen ausgebeutet wurden.“

Hier macht Wheeler es sich doch etwas leicht: Die Linken reden wahrlich viel Stuss, wenn der Tag lang ist, aber bisher haben sie noch nicht behauptet, die Gesunden seien schuld, dass die Kranken krank sind. Außerdem kann es im Einzelfall durchaus sein, dass der Reichtum von Wenigen auf der Armut von Vielen beruht. (Wenn Plantagen von Sklaven bewirtschaftet werden oder Drittweltpotentaten knappe Steuermittel und Hilfsgelder auf ihre Privatkonten umleiten, ist der kausale Zusammenhang zwischen Reichtum und Armut kaum von der Hand zu weisen.) Irrational und daher aberglaubeverdächtig – das macht Wheelers Argumentation so spannend – ist aber die Selbstverständlichkeit, mit der das Gutmenschentum auch dort davon ausgeht, dass ein solcher Zusammenhang bestehen müsse, wo das offensichtlich absurd ist:

Der Gutmensch ist fest überzeugt, dass der Westen reich ist, weil er die Dritte Welt ausbeute, an deren Armut er mithin ein Interesse habe. Wenn das richtig wäre, dann dürfte der Westen (das Kapital, die Konzerne) nichts so sehr fürchten wie Drittweltländer, die es zu Wohlstand bringen. Was aber geschieht wirklich in den Chefetagen besagter Konzerne, wenn sich ein armes Land – etwa China – tatsächlich auf den Weg zum Wohlstand macht? Da knallen die Korken! Da pilgern Delegationen von Managern in das neue Gelobte Land und liefern sich einen Wettlauf darum, wer zuerst investieren und den neuen Markt erschließen darf!

Der Gutmensch ist fest überzeugt, dass „wir den Arabern das Öl rauben“, und selbst der Hunderter, den er an der Tankstelle lassen muss, überzeugt ihn nicht davon, dass wir dieses Öl kaufen. Und dass die Araber ein Interesse daran haben, es uns zu verkaufen. (Was sollen sie denn sonst aus ihrem Öl machen? Einen Milchshake?)

Wenn Migranten selbst in der zweiten und dritten Generation es überwiegend nicht schaffen, in kostenfreien öffentlichen Schulen mehr als einen Hauptschulabschluss zu erwerben – und oft nicht einmal den -, dann ist der deutsche Staat schuld. Wenn sie daraufhin arbeitslos sind – wer ist daran schuld? Natürlich die Politik, die „die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht“.

Mit anderen Worten: Der Gutmensch geht davon aus, dass es zwischen Leistung und Erfolg keinen Zusammenhang gibt, wohl aber zwischen dem Erfolg des Einen und dem Misserfolg des Anderen. Für diese Vermutung sprechen keinerlei ökonomischen Argumente, übrigens auch keine marxistischen:

Es ist schon richtig, dass Kapitalismus nicht „gerecht“ ist, auch nicht im Sinne von Chancengleichheit; denn es liegt auf der Hand, dass der, der Kapital einsetzen kann – egal woher er es hat -, größere Chancen hat als der, der das nicht kann. Nichtsdestoweniger ist das Vorhandensein von Kapital die Voraussetzung dafür, dass der Faktor Arbeit produktiv eingesetzt und entsprechend entlohnt werden kann. Dass es sich um ein Positivsummenspiel handelt, bei dem beide gewinnen, wenn auch der Eine mehr, der Andere weniger, ja dass eine Wirtschaft, die auf Tausch beruht, mit logischer Zwangsläufigkeit ein Positivsummenspiel sein muss, ist so offensichtlich, dass die gegenteilige Auffassung unter ernsthaften Menschen keiner Diskussion würdig ist. Wird sie dennoch vertreten, so handelt es sich offenkundig um einen Aberglauben, dessen massenhafte Verbreitung allein schon ein Indiz für seinen voraufklärerischen Ursprung ist.

Und hier beginnt das Spiel von Neid und Neidabwehr:

„Die Angst vor dem Neid

Die Begünstigung der Neidischen und die Einschüchterung derer, die vor ihnen Angst haben, war und ist der Weg zur Macht aller modernen Demagogen, von Lenin und Hitler bis zu Jasir Arafat und Osama bin Laden.

Die drei großen politischen Pathologien des 20. Jahrhunderts sind alles Neidreligionen: Nationalsozialismus, der den Rassenneid gegenüber “den reichen, ausbeuterischen Juden” predigt; Kommunismus, der den Klassenneid gegenüber “der reichen, ausbeuterischen Bourgeoisie” predigt; und Moslemterrorismus, der den Kulturneid gegenüber “dem reichen, ausbeuterischen Westen” predigt.

(…)

Und hier erkennen wir auch die geheime Furcht an der Quelle des selbstmörderischen gutmenschlichen Denkens. Es ist der Neid, der einen Nazi, einen Kommunisten oder einen Terroristen ausmacht. Es ist die Angst vor dem Neid, die einen Gutmenschen ausmacht und die die Quelle seiner “Schuld” ist.

Das kann man am einfachsten an den Kindern wohlhabender Eltern erkennen. Erfolgreiche Geschäftsleute zum Beispiel, die ihren Wohlstand selbst erarbeitet haben, haben normalerweise einen gewissen Respekt für ihre eigenen Anstrengungen und das Wirtschaftssystem, das Erfolg ermöglicht.

Ihre Kinder, die nicht dafür arbeiten mussten, sind einfachere Zielscheiben für die Schuldeinredereien der Neidischen. Somit nehmen sie eine Haltung gutmenschlichen Mitgefühls als Neidabwehrschild ein: “Bitte beneidet mich nicht wegen des Geldes meines Vaters – schaut doch all die linken Anliegen und sozialen Regierungsprogramme an, die ich unterstütze!”

Teddy Kennedy ist der Archetypus dieses Phänomens

Das ist auch der Grund, warum Hollywood so gutmenschlich ist. Die riesigen Geldmassen, die Filmstars verdienen, stehen in einem so groben Missverhältnis zu dem Aufwand, der dafür notwendig ist, dass sie das Gefühl haben, es wäre unverdient. Und deshalb entschuldigen sie sich dafür. Die Strategie der Gutmenschen ist es, sich für ihren Erfolg zu entschuldigen, um die Neidischen zu besänftigen.

Gutmenschentum ist damit keine politische Ideologie oder ein Glaubenskonzept. Es ist ein Neidabwehrschild, eine psychologische Strategie zur Vermeidung, beneidet zu werden.

Ein definitives Charakteristikum sowohl von Neid als auch von Neidangst ist Masochismus. Neid ist nicht nur Hass gegenüber jemanden, der etwas hat, was man selber nicht hat – er ist die Bereitschaft, in masochistischer Weise jegliche Chance darauf, dieses Etwas jemals zu bekommen, aufzugeben, solange es nur die Person, auf die man neidisch ist, auch nicht hat.“

Dass den typisch linken politischen Programmen der Neid und dessen Mobilisierung zugrundeliegt – und nicht etwa das Klasseninteresse von Arbeitern oder gar Arbeitslosen – erkennt man, wenn man sich klarmacht, wie eine rationale Interessenpolitik aussehen müsste: Sie dürfte nicht in Kauf nehmen, dass der zu verteilende Kuchen kleiner wird, weil sie in diesem Fall wenig Aussicht darauf hätte, den Anteil der Arbeiter im gleichen Maße zu vergrößern, wie das Gesamtprodukt sich verkleinerte. Tatsächlich sehen linke Programme aber anders aus: „Verteilungsgerechtigkeit“ ist alles – Wachstum ist nichts. Nach dem Motto: Wenn Alle hungern, ist das wenigstens gerecht.

„Man kann die Leidenschaften der Linken als masochistische Verrücktheiten sehen. Was könnte idiotischer und masochistischer sein als gegen einen Raketenabwehrschild zu sein? Diese Opposition ist unverständlich, wenn man sich nicht von Rhetorik und rationalen Erklärungen frei macht und erkennt, dass dieses Volk in seinem emotionalen Kern nicht möchte, dass das Land verteidigt wird.

Der Irrsinn des Schwindels “Globale Erwärmung” kann nicht anders verstanden werden, als dass seine masochistischen Befürworter nicht wollen, dass ihre Zivilisation floriert [Nun ja, ein paar andere Erklärungen würden mir schon einfallen, M.]. Die kulturzerstörende Einwanderungspolitik, vor der Pat Buchanan warnt, sie würde “den Tod des Westens” bedeuten, wurde von denjenigen eingeführt, die nicht wollen, dass ihre Kultur überlebt.

Die Tödlichkeit gutmenschlichen Neidappeasements ist, dass persönlich empfundene Schuldgefühle auf die verschiedenen Gesellschafts- oder Stammeskollektive projiziert werden, denen der Gutmensch angehört und die Teil seines Selbstbildes sind. Selbsthass wird zu Hass auf die eigene Gesellschaft oder Rasse transformiert.

Weiße männliche Gutmenschen werden zu Autorassisten und Autosexisten: rassistsisch gegen ihre eigene Rasse und sexistisch gegen ihr eigenes Geschlecht. Billige Demagogen wie ökofaschistische Umweltbewegte, Feminazis, Tier- und Homosexuellenrechtler, penetrante Rassenbewegte wie Jesse Jackson und Al Sharpton beziehen all ihre Stärke aus der Angst der Gutmenschen vor dem bösen Blick.

Gerade so wie die Frau aus dem Stamm im Amazonasgebiet sagt, ihr Baby sei hässlich, sagt der weiße männliche Gutmensch, sein Geschlecht, seine Rasse, sein Land, seine Zivilisation oder sogar seine ganze Spezies sei hässlich.

Eine Spielart der Angst vor dem Bösen Blick, die Wheeler nicht behandelt, die aber in denselben Kontext gehört, ist neben der Angst vor dem Neid die Angst vor dem Bösen Blick des Rachsüchtigen, auch diese darstellbar anhand typischer Gutmenschenphrasen, etwa dem von der „Natur“, die „sich rächen wird“. Das dahinterstehende Weltbild ist unschwer als steinzeitlicher Animismus zu dechiffrieren: Als Weltbild von Bärenjägern, die nach erfolgter Jagd umfangreiche Beschwichtigungsrituale vollführen, um die gekränkte Seele des Bären zu versöhnen und von seiner Rache verschont zu bleiben.

In dieselbe Kerbe haut „Gewalt erzeugt nur Gegengewalt“ – wobei dem Gutmenschen gar nicht auffällt, dass dieser Spruch, sofern er richtig ist, nichts weiter besagt als dass Gegengewalt die erwartbare, weil vernünftige Reaktion auf einen Angriff ist, und dass er deshalb gerade kein Argument dafür liefert, auf Gegengewalt zu verzichten, wenn man angegriffen wird. Was gemeint ist, erschließt sich aus der dazugehörigen zweiten Phrase: „Gewalt erzeugt nur Hass.“

Ja, das wird wohl so sein. Na und? Der Hass als solcher schadet doch niemandem, es sei denn…

Es sei denn, man unterstellt, dass bereits dem Hass an sich die Kraft innewohnt, den Gehassten zu schädigen. Das ist aber nichts anderes als der Glaube an den bösen Blick. Was den Gutmenschen also treibt, ist die Furcht davor, gehasst zu werden; was er als „Politik“ ausgibt, ist ein animistisches Beschwörungsritual. Solange der Gutmensch in der Minderheit ist, versucht er den Bösen Blick von sich abzulenken, indem er sich von dem Kollektiv distanziert, dem der Hass gilt.

Haben die Gutmenschen es aber zur Mehrheit gebracht, dann schlägt die Stunde der Political Correctness: Der private Aberglaube mutiert dann zu einer heidnischen Stammesreligion, die auf einem Abwehrzauber basiert: Das Gemeinwesen distanziert sich von sich selbst, beschimpft und schädigt sich, um gleichsam einen magischen Kreis aufzubauen, der vor dem Bösen Blick schützt.

Damit kennen wir auch die Ursache der eigentümlichen exorzistischen Rituale, die stets einsetzen, wenn die Political Correctness verletzt wird: Der Übeltäter wird dann als böse gebrandmarkt und aus dem Kreis der Guten verbannt.

Wenn etwa die Wahlniederlage Roland Kochs voll Erleichterung und Genugtuung mit dem Kommentar quittiert wird, nun sei „die politische Kultur wiederhergestellt“, so bedeutet dies, übertragen aus der Sprache der politischen Kommentatoren in das wesentlich angemessenere Idiom indianischer Medizinmänner, dass der den Stamm vor dem Bösen Blick schützende magische Kreis „wiederhergestellt“ ist, indem der Frevler, der ihn durch seinen blasphemischen Schadenzauber zu beschädigen drohte, aus der Mitte des Stammes verstoßen ist.

„Angst vor dem Neid ist in der menschlichen Psyche sehr tief eingegraben. Sie kann eine Kultur über Tausende von Jahren hinweg von der Weiterentwicklung abhalten. Nur eine jugendliche Kultur voller Elan und Selbstvertrauen kann sie abschütteln, was diese Kultur dann florieren lässt.

(…)

Und doch sind diese Reserven aufgezehrt. Amerikas höchste Eliteuniversitäten sind zu faschistischen Jauchegruben des Neidappeasements degeneriert. Ihr Überleben liegt nur noch an der Trägheit ihres Prestiges. Delta und andere Fluglinien gefährden die Sicherheit ihrer Passagiere, indem sie Zufallskontrollen machen anstatt rassische Rasterkontrollen bei arabischen und anderen moslemischen Männern.

In der Tat ist das ganze Phänomen der political Correctness … nichts weiter als eine großangelegte Übung in Neidappeasement.

(…)

Den Neid zurückweisen ist der Schlüssel dazu, “den Tod des Westens” zu verhindern, der Schlüssel für Amerikas weitergehendes Wohlergehen. Ich schlage vor, dass diese Zurückweisung mit Ihnen anfängt.

Angst vor dem bösen Blick ist das einzige, was dem bösen Blick seine Macht verleiht. Ohne Angst vor ihm ist der böse Blick machtlos. Also: Wenn sich das nächste Mal der böse Blick auf Sie richtet und von Ihnen fordert, sich für Ihre Existenz zu entschuldigen, dann sollten Sie vorschlagen, dass sich die Forderer selbst mit Sadomaso-Spielchen befassen und Sie dabei rauslassen sollten.“