Bei Nacht und Nebel

Der Rahmenbeschluss des Rates der EU vom 28. November 2008 „zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ sieht seine Umsetzung in nationales Recht bis 28.11. dieses Jahres vor. Als ich Anfang des Jahres beim Bundesjustizministerium anfragte, ob eine Verschärfung des Strafrechts zur Anpassung an diesen Beschluss geplant sei, erhielt ich den Bescheid, von entsprechenden Planungen sei „nichts bekannt“.

Dass ein deutsches Ministerium auf die Anfrage eines Bürgers rotzfrech mit einer Lüge antwortet, sollte bei diesem Regime ja niemanden mehr erschüttern.

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Selbstredend wird der § 130 (Volksverhetzung) verschärft. Wenige Wochen vor dem Stichtag sollen offenbar ohne große öffentliche Diskussion bei Nacht und Nebel vollendete Tatsachen geschaffen werden. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass bei den Verantwortlichen das Unrechtsbewusstsein durchaus vorhanden ist, aber nicht etwa zum Verzicht auf die Maßnahme führt, sondern bloß zu ihrer Verheimlichung, solange es geht.

Bisher machte sich nur derjenige strafbar, der „zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert“. Künftig sollen aber nicht nur Gruppen unter dem besonderen Schutz des Gesetzes stehen, sondern bereits einzelne Angehörige.

Was bedeutet das? Es war schon bisher als Beleidigung strafbar, jemanden zum Beispiel „Scheißtürke“ zu nennen. Volksverhetzung ist aber im Unterschied zu Beleidigung ein Offizialdelikt, d.h. der konkret Betroffene muss sich selbst gar nicht beleidigt fühlen, und er muss auch kein eigenes Interesse an der Strafverfolgung haben. Es genügt, dass irgendwer die Beleidigung hört und daraufhin Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft muss dann ermitteln und gegebenenfalls anklagen.

Beleidigung wird mit bis zu einem Jahr Haft geahndet, Volksverhetzung mit bis zu fünf Jahren.

Die Änderung stützt sich nicht nur auf den oben genannten Rahmenbeschluss, sondern auch auf das „Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über
Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels
Computersystemen begangener Handlungen
rassistischer
und fremdenfeindlicher Art
. Das heißt, es geht schlicht um eine Handhabe zur Internetzensur, verbunden mit einem Freibrief für und einer Aufforderung an Denunzianten. Man wundert sich geradezu, dass nicht noch Belohnungen für „sachdienliche Hinweise“ ausgesetzt werden.

Da sich beide Vereinbarungen ausdrücklich auf die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beziehen, ist Feindschaft gegen Inländer nicht erfasst.

Volksverhetzung ist eine „Straftat gegen die öffentliche Ordnung“. Das heißt, dass die Sonderinteressen von Ausländern und anderen Minderheiten als Teil der öffentlichen Ordnung definiert werden, der Staat diese Interessen also als eigene verfolgt, vergleichbare Interessen von Inländern aber nicht, sofern sie nicht selbst einer solchen Minderheit angehören. Zu Deutsch: Deutsche, Weiße und wahrscheinlich auch Christen sind Menschen zweiter Klasse.

Was hier verletzt wird, ist nicht nur die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), sondern auch das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung (Art.3 GG) einschließlich der Spezialnorm des Art.3 Abs.3 GG, dass „niemand … wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf.

Verletzt wird das Verhältnismäßigkeitsprinzip, ebenfalls ein konstituierendes Merkmal des Rechtsstaats und damit nicht zur Disposition des Gesetzgebers stehend, auch nicht hypothetisch im Wege der Verfassungsänderung. Es besagt, dass Grundrechtseingriffe nur zur Erreichung eines verfassungslegitimen Zwecks zulässig sind, und dass sie (zur Erreichung dieses Zecks) erstens geeignet, zweitens erforderlich und drittens im engeren Sinne verhältnismäßig sein müssen (Es darf nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden.). Es bedürfte schon gewaltiger Phantasie, auch nur eines dieser drei Kriterien erfüllt zu sehen, geschweige denn alle drei – jedenfalls, sofern es um den Schutz der „öffentlichen Ordnung“ geht.

Geht es aber um den „Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“, so ist es mit einer demokratischen Auffassung von Politik schlicht unvereinbar, ein solches Ziel von Amts wegen zum Staatsziel zu erklären. Ein demokratischer Staat kann nicht für die Steuerung von Gefühlen (wie etwa Fremdenfeindlichkeit), die Erziehung der Bürger und die Verteilung von Zensuren für Meinungen zuständig sein; erst recht darf er nicht das Strafrecht dazu missbrauchen. Solche Praktiken sind in totalitären Regimen gang und gäbe, und genau deswegen nennt man sie totalitär.

Das Zustandekommen dieser „Rechts“-Normen ist ihres Inhalts würdig: Der oben zitierte Rahmenbeschluss stammt vom Rat der EU, ist also ein Beschluss von Regierungen. So schaffen Europas Regierungen Fakten, an denen der Gesetzgeber nicht vorbeikommt, und das Bundesverfassungsgericht auch nicht. Wer noch irgendwelche Hoffnungen auf die acht Weicheier in Karlsruhe setzt, braucht sich nur deren Urteil zum Lissabonvertrag anzuschauen: Wenn etwas erst einmal auf EU-Ebene durchgesetzt ist, fragt Karlsruhe nicht mehr, ob es mit dem Grundgesetz übereinstimmt, sondern sucht nach Ausreden, um den Verfassungsbruch halbwegs ohne Gesichtsverlust absegnen zu können.

Dass das Justizministerium, das hier die schmutzige Arbeit macht und darüber noch so lange wie möglich lügt, von einer Liberalen geleitet wird, kann nur noch diejenigen überraschen, die nicht wahrhaben wollen, dass Liberalismus von einer gewissen Entwicklungsphase an nichts mehr mit Toleranz zu tun hat, sondern bloß noch damit, die durch die eigene Ideologie und Politik hervorgerufenen Katastrophen – etwa die Konsequenzen der Massenmigration – durch Repression unter Kontrolle zu halten.

Zum Urteil gegen Udo Voigt

Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt ist heute vor dem Landgericht Frankfurt/Oder mit einer Klage gegen das Hotel Esplanade in Bad Saarow gescheitert. Aus der Pressemitteilung des Landgerichts [Die hier ursprünglich verlinkte pdf-Datei steht nicht mehr im Netz, M.K.-H., 31.01.2011]:

Am 25. Mai 2010 hatte die 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) die Frage verhandelt, ob das Hotel Esplanade am 23.11.2009 dem Kläger zu Recht ein Hausverbot erteilt hat. Udo Voigt, dessen Frau für sich und ihn zuvor einen Aufenthalt für einige Tage gebucht hatte, fühlte sich diskriminiert und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er habe sich dort privat aufhalten und nicht politisch betätigen wollen. Er sei auch schon wiederholt im Esplanade zu Gast gewesen. Das Hausverbot sei Ausdruck einer Vereinbarung des Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), wonach „sogenannte Rechtsextreme“ nicht beherbergt werden sollten. Das Hotel beruft sich auf sein Hausrecht und verweist darauf, dass die NPD in der deutschen Gesellschaft stark polarisiere.

Dabei hatte sich Voigt auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen, dessen Paragraph 1 lautet:

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Das Gericht gibt auch zu:

Es [das AGG] ist zwar grundsätzlich anwendbar, soweit hier eine Diskriminierung wegen einer Weltanschauung, die auch politische Überzeugungen umfassen könnte, vorliegen würde.

fährt aber fort:

Aus der konkret einschlägigen Vorschrift aber war vom Gesetzgeber ganz bewusst der Begriff der „Weltanschauung“ gestrichen worden, weil „die Gefahr (besteht), dass z.B. Anhänger rechtsradikalen Gedankenguts aufgrund der Vorschrift versuchen, sich Zugang zu Geschäften zu verschaffen, die ihnen aus anerkennenswerten Gründen verweigert wurden“ (BT-Drucksache 16/2022 zu Nr. 4 Buchstabe a.[hier klicken zur pdf-Version der Drucksache, die Stelle steht auf Seite 13])

Die „einschlägige Vorschrift“ ist § 19 AGG, in dem es um das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot geht. Dort wird in der Tat nicht auf die Grundsatznorm des § 1 Bezug genommen, sondern Benachteiligungen ausschließlich

aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität

untersagt. Sehr im Gegensatz übrigens zur parallelen Vorschrift von § 7, wo es um das Benachteiligungsverbot im arbeitsrechtlichen Bereich geht: In § 7 gelten alle Diskriminierungsverbote aus § 1.

Nun ist dieses ganze AGG schon per se ein flagranter Eingriff nicht nur in die Vertragsfreiheit, sondern in die Gesamtkonzeption des Grundgesetzes: Der Gleichheitsgrundsatz gehört bekanntlich zu den Grundrechten, und Grundrechte sind im Kern Abwehrrechte gegen den Staat. Das AGG führt die Drittwirkung von Grundrechten auf einfachgesetzlichem Wege ein. Da stellt sich die Frage, wie frei eigentlich ein Bürger ist, der sich seine Vertragspartner nicht mehr aussuchen kann?

Wenn aber schon ein solches Gesetz erlassen wird, dann sollte es wenigstens in sich rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen: Der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG beinhaltet ein allgemeines Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte, und diesem Verbot unterliegt auch der Gesetzgeber. Jeder Unterscheidung muss daher ein sachlicher und verfassungslegitimer Grund zugrundeliegen.

Es ist unter diesem Gesichtspunkt völlig unerfindlich, warum in ein und demselben Gesetz die Diskriminierung aus weltanschaulichen Gründen einmal erlaubt und einmal verboten wird.

Die Begründung, die in der Bundestagsdrucksache angeführt wird, nämlich, dass eine Diskriminierung gerade aus weltanschaulichen Gründen zulässig sein soll, und dass dies gerade darauf abzielt, Anhänger einer ganz bestimmten Weltanschauung zu diskriminieren, und dies noch dazu nicht einmal bei der Verfolgung ihrer politischen Ziele, sondern als Privatpersonen im Alltagsleben, ist weder sachlich geboten noch verfassungslegitim. Willkürliche Ungleichbehandlung ausgerechnet in einem Gleichbehandlungsgesetz – das sind so die juristischen Blüten, die nur der Krampf gegen Rechts hervorbringen kann.

Was der Gesetzgeber offenbar ermöglichen will (das geht nicht nur aus der zitierten BT-Drucksache hervor, sondern aus unzähligen Äußerungen führender Politiker), ist eine Form der politischen Auseinandersetzung, in der Argumente keine Rolle spielen, sondern die auf systematischem, massenhaftem und politisch gewolltem Mobbing basiert. Es geht darum, Träger bestimmter politischer Meinungen nicht nur vom öffentlichen Diskurs auszuschließen – was an sich schon skandalös genug wäre und zumindest mit dem Geist des Grundgesetzes nichts zu tun hat -, sondern sie so weit wie möglich aus der Gesellschaft auszugrenzen.

Der Staat, der sehr wohl weiß, dass ihm selbst eine solche Strategie von seiner eigenen Verfassung untersagt ist, spannt die Bürger praktisch als Blockwarte ein, in ganz ähnlicher Weise, wie 1933 die SA zur Hilfspolizei ernannt wurde, die überall dort die Drecksarbeit erledigte, wo die reguläre Polizei an rechtsstaatliche Prinzipien gebunden war. Die Freiheitsgarantien des Grundgesetzes sollen auf dem geduldigen Papier stehenbleiben, faktisch aber entwertet werden.

Wer immer sich damit tröstet, dies treffe ja nur Rechtsextremisten, und er selber sei ja keiner, sollte sich gesagt sein lassen, dass das Sanktfloriansprinzip „Verschon mein Haus, zünd’s andere an“ nicht nur moralisch anrüchig, sondern auch dumm ist: Hat man nämlich erst einmal das Prinzip akzeptiert, wonach es eine Grenze geben müsse, jenseits derer keine Mitbürger leben, sondern auszugrenzende Parias, dann nimmt man in Kauf, dass die Frage, wo diese Grenze verläuft, im Zweifel von denen entschieden wird, die am lautesten „Haltet den Dieb“ schreien.

Kommentatoren, die mir gestohlen bleiben können

Leider haben manche Kommentatoren es offenbar versäumt, sich vorab zu fragen, warum wohl Erstkommentare nach wie vor moderiert werden, während die anderen freigegeben sind? Die Antwort lautet, dass derjenige, der schon in seinem ersten Kommentar wild drauflospolemisiert, auf Argumente nicht eingeht und den Blogger anpinkelt, es mit größter Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft so zu halten gedenkt, und dass ich solche Leute lieber von vornherein aussiebe, weil ihre Zulassung als Kommentatoren die Qualität meines Blogs drastisch verschlechtern würde.

Ein gewisser Andy, Verfasser eines Kommentars zu „Stirb gefälligst für die Schwulen, du Heterosau“, hat sich beschwert, dass ich diesen Kommentar nicht veröffentlicht habe. Da ich außerdem schon mehrfach gefragt worden bin, ob ich nicht generell weniger harsch meine Kommentatoren aussieben sollte, mache ich jetzt eine Ausnahme und zitiere den Kommentar von besagtem Andy als Beispiel für das, was ich in diesem Blog nicht dulde, um zu erläutern, warum ich es nicht dulde:

Ach, Du meinst also, dass die lieben Heteros allso keuch sind und wenn sie dann mal Sex haben auch immer brav eine Lümmeltüte benötigen?
Sei doch mal realistisch und lauf mit offenen Augen durch die Gegend. Auch die Heteros sind unterwegs und reißen in der Disco ihre Weiber bzw, ihre Typen auf und vögeln mit denen rum. Und auch da wird oft auf Kondome verzichtet.
Man sollte also nicht alle Schwulen unter den Generalverdacht  stellen und deswegen von der Blutspende ausschließen. (Was auf Dauer auch gar nicht praktikabel ist, weil es viel zu wenige Blutspender gibt und der Ausschluss von Schwulen in meinen Augen schon fast den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung von potentiellen Blutempfängern darstellt.) Viel wichtiger ist, dass weiterhin die wichtige Sexualaufklärung praktiziert wird.
Übrigens empfehle ich auch mal die Webseite http://www.schwulesblut.de/ anzusehen und sich da mal wirklich zu informieren, ehe man hier in Bildzeitungsniveau einfach irgendwelche Possen nachplappert.
Es ist ein Unding, dass die Blutspende für Schwule ausgeschlossen ist und das verstößt in meinen Augen sogar gegen Artikel 1 unserer Hrundgesetzes, nach dem alle Menschen gleich sind.

Soso, also vier „Argumente“:

Erstens: Weil ich mich über das Thema Aids bei der deutschen Aids-Hilfe informiere statt bei irgendwelchen dubiosen Schwulenvereinen und letztere für weniger kompetent und unvoreingenommen halte als das Paul-Ehrlich-Institut, habe ich keine Ahnung und plappere auf Bildzeitungsniveau? Ein Argument von derart namenloser Dummheit reicht an sich schon aus, seinen Urheber als Kommentator in meinem Blog zu disqualifizieren. Es bedürfte noch nicht einmal seines Bildzeitungsstils.

Zweitens: Der Ausschluss von Schwulen lässt sich mangels Blutspendern nicht durchhalten? Die Gesundheitsbehörden sind anderer Auffassung.

Drittens: Der Ausschluss Schwuler von der Blutspende verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 1 GG? Der Gleichheitsgrundsatz steht nicht in Artikel 1, sondern in Artikel 3, und er besagt auch nicht, dass alles und jeder gleich behandelt werden müssen – das ist höchstens die typische Auffassung des Halbgebildeten -, sondern nach ständiger Rechtsprechung des BverfG, dass wesensmäßig gleiches Gleich, wesensmäßig Ungleiches dagegen ungleich zu behandeln ist. Der sogenannte Gleichheitsgrundsatz bedeutet somit das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung. Ungleichbehandlung aus sachlichem Grund ist dagegen selbstverständlich zulässig. Weil das so ist, müssen Dreijährige nicht als Lehrer, Rollstuhlfahrer nicht als Fallschirmjäger und Angehörige von Risikogruppen nicht als Blutspender akzeptiert werden.

(Artikel 1 übrigens enthält das Recht auf Menschenwürde. Mit diesem Recht, insbesondere wenn man es in Verbindung mit dem auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art.2 Abs.2 S.1 interpretiert, ist es schlechterdings unvereinbar, Menschen zur Akzeptanz eines erhöhten HIV-Risikos zu zwingen!)

Viertens: Heteros sind auch nicht besser? Hm. Es gibt nur eine einzige Art von Heteros, die sich in vergleichbar ordinärer Art und Weise in der Öffentlichkeit präsentiert wie Schwule beim CSD und ähnlichen Gelegenheiten: Straßennutten!

Die damit genau dasselbe zum Ausdruck bringen wie ihre schwulen Gegenstücke, nämlich dass sie für jeden zur Verfügung stehen. Nur dass Straßennutten unter heterosexuellen Menschen soziale Außenseiterinnen sind, während das auf den Fotos in dem verlinkten Artikel abgebildete Verhalten in der schwulen Community offenkundig akzeptiert ist und niemanden zur Distanzierung veranlasst.

Nun wird zu dieser Art von öffentlicher Selbstdarstellung niemand gezwungen. Wer sie trotzdem praktiziert, muss den Eindruck, den er selbst dadurch erzeugt, gegen sich gelten lassen. Und das bedeutet, dass er es sich nicht nur gefallen lassen muss, von der Mehrheit seiner Mitmenschen als pervers betrachtet zu werden, sondern auch, dass man einen Zusammenhang herstellt zwischen diesem Verhalten und dem deutlich höheren Durchseuchungsgrad unter Schwulen, verglichen mit der Mehrheit. Diese Infektionsraten sind schließlich nicht auf übernatürliche Weise zustandegekommen.

So. Vergegenwärtigt Euch nun bitte, dass ich über eine halbe Stunde meiner knappen Zeit damit verplempert habe, mich mit diesem schwachsinnigen Gesabbel auseinanderzusetzen, und dass ich dies mehrmals täglich tun müsste, wenn nicht rabiat Jeden hinauswerfen würde, der mir schon in seinem ersten Beitrag seine Neigung zu dummen, frechen und sachlich irrelevanten Kommentaren verrät. Dann versteht Ihr vielleicht besser, warum ich bisweilen etwas illiberal bin.

Zweierlei Maß

Der Mord an den Kommunistenführern Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Januar 1919 gehört zu denjenigen geschichtlichen Ereignissen, deren Bewertung bis heute umstritten ist. Außer der politisch korrekten Mehrheit, die diesen Mord verurteilt, gibt es durchaus Zeitgenossen, die ihn im Kontext der damaligen Situation für moralisch gerechtfertigt und politisch geboten halten.

Hans-Ulrich Wehler zum Beispiel:

„Also da sehe ich … überhaupt nicht, wie man heute noch daran zweifeln kann, daß die SPD im Besitz … der frisch geborenen Macht in der Republik anders handeln konnte, als gegen diese Bürgerkriegspartei vorzugehen. (…) Wenn man in einer solchen Situation handeln muß, dann muß einer, wie Noske immer von sich gesagt hat, (…) den Bluthund spielen.“

Oder ein gewisser Jörg Hähnel, der die Tötung Luxemburgs und Liebknechts eine „entschlossene Tat“ genannt hat, „die politisch geboten und von der deutschen Geschichte als förderlich legitimiert sei“.

Hähnel ist jetzt aufgrund dieser Aussage wegen öffentlicher Billigung einer Straftat verurteilt worden (und zwar zu einer Geldstrafe von 3000 Euro), während niemand auf die Idee gekommen ist, Wehler anzuzeigen, und man sich auch nicht ernsthaft vorstellen kann, dass gegen ihn ein Verfahren eröffnet worden wäre. Warum aber ist dem einen erlaubt, was dem anderen verboten ist?

Wahrscheinlich deshalb, weil Hähnel NPD-Funktionär ist, Wehler aber einer der führenden deutschen Mainstream-Historiker. In der Zusammenschau der strafrechtlichen Verfolgung bzw. Nichtverfolgung sinngemäß gleicher Aussagen drängt sich der Eindruck auf, die  deutsche Justiz gehe stillschweigend davon aus, dass es, entgegen dem offiziell geltenden Recht, nicht nur darauf ankommt, was einer tut, sondern auch darauf, wer er ist – konkret: ob er einer Klasse von Menschen angehört, deren Bürgerrechte der Staat  nur dann und nur so weit respektieren zu müssen glaubt, dass ihm Willkür und Rechtsbeugung nicht lückenlos nachgewiesen werden können.