JF: Facharbeitermangel weniger schlimm als angenommen

Facharbeitermangel, Fachkräftemangel, erfunden von der Bundesregierung

Über den angeblichen Facharbeitermangel schreibt die Junge Freiheit in ihrer Netzausgabe:

MÜNCHEN. Die Zahl der freien Stellen für Facharbeiter ist wesentlich niedriger, als dies von Verbänden und Behörden dargestellt wird. Den Facharbeitermangel, dem die Bundesregierung mit erleichterter Zuwanderung begegnen will, gibt es so gar nicht, berichtet das ARD-Magazin report münchen. Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) behauptet, in Deutschland fehlten über 100.000 Ingenieure. Diese Zahl berechnet sich aufgrund der dem Arbeitsamt als unbesetzt gemeldeten Stellen. Sie wird multipliziert mit dem Faktor sieben, weil im Jahr 2009 – mitten in der Wirtschaftskrise – befragte Unternehmen einmal angegeben hatten, nur jede siebte offene Stelle an das Arbeitsamt nennen.

Diese „Horrorzahl“ entspreche nicht den Tatsachen, so report münchen. Untermauert wird dies durch die Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit: „Die Hochrechnung mit dem Faktor sieben könnte zu einer überzeichnete Fachkräftenachfrage führen“, wird die Agentur zitiert. Vielmehr hätten es Berufsanfänger schwer, eine Festanstellung zu finden. Und auch erfahrene Ingenieure müßten drastische Einschnitte beim Gehalt hinnehmen. In einem Fall berichtete eine arbeitssuchende Ingenieurin, ihr sei statt 60.000 Euro nur noch ein Jahresgehalt in halber Höhe angeboten worden.

Um so irritierender wirkt da die „Make-it-in-Germany“-Werbeaktion der Bundesregierung, die gleich mit zwei Ministern (Ursula von der Leyen, CDU, und Philip Rösler, FDP) in englischsprachigen TV-Kurzfilm um Zuwanderer wirbt. „We have open jobs in Germany“ (dt. Wir haben offene Stellen), sagt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen in dem Streifen. (rg)

JUNGE FREIHEIT – Wochenzeitung aus Berlin: Facharbeitermangel weniger schlimm als angenommen.

Nochmal: Vielmehr hätten es Berufsanfänger schwer, eine Festanstellung zu finden. Und auch erfahrene Ingenieure müßten drastische Einschnitte beim Gehalt hinnehmen. In einem Fall berichtete eine arbeitssuchende Ingenieurin, ihr sei statt 60.000 Euro nur noch ein Jahresgehalt in halber Höhe angeboten worden.

Das lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder ist die gesamte Volkswirtschaftslehre seit Adam Smith auf dem Holzweg, und sinkendes Angebot bei konstanter oder steigender Nachfrage führt nicht zu steigenden Preisen, hier also zu steigenden Gehältern für Menschen, die die angeblich verzweifelt knappe Ressource einer Ingenieursqualitifkation anbieten können, oder der Ingenieurs- und Facharbeitermangel ist blanke Erfindung. Und nun grübeln wir alle angestrengt darüber nach, warum so etwas erfunden wird.

Plagiat? Silvana Koch-Mehrin soll bei Dissertation geschummelt haben

Es sieht nach einem neuen Plagiatsskandal aus. Nach Karl Theodor zu Guttenberg sieht sich nun auch Silvana Koch-Mehrin dem Verdacht ausgesetzt, eine Dr. plag. zu sein, sprich bei ihrer Doktorarbeit geschummelt zu haben. Wie die Wikiseite Vroniplag berichtet, sind (Stand jetzt, 12.04.11, 3.00 Uhr) 20 plagiatsverdächtige Stellen entdeckt worden. Ich habe einige dieser Stellen nachgelesen. O ja, das ist mehr als nur verdächtig.

Das Ganze hat überhaupt so einen Hauch von Déjà vu. Wieder ist es jemand, der von Anderen gezielt in jungen Jahren gefördert wurde, wieder jemand, der ungewöhnlich gut aussieht (Hat irgendjemand eine Theorie, wonach schöne Menschen eher zum Schummeln neigen?), wieder jemand, dessen politische Bilanz dürftig ist, wieder dieses demonstrative Vorzeigen des Doktortitels (siehe obiges Wahlplakat).

Und wieder dieses schreiende Missverhältnis zwischen den propagierten Werten und dem eigenen Verhalten: „Arbeit muss sich wieder lohnen“.

Wenn das so ist, müssen Faulheit und Betrug auch bestraft werden!

Niemand wohl und allen weh

„Als Gesundheitsminister behält Rösler ein Verlierer-Ministerium, unattraktiv, lobbybehaftet, gut nur für schlechte Nachrichten. Wie er mit diesem Ministerium und eingekeilt zwischen Westerwelle und Brüderle ein kraftvoller Chef, das Gesicht einer neuen FDP-Ära werden will, gehört zu den großen Rätseln der FDP. Das größte Talent der FDP ist jetzt in zwei Jobs zum Scheitern verurteilt. Wenn ihm jemand zu dieser Lösung geraten hat, dann war dies sicher nicht sein Freund.“

Michael Spreng

Kommentar zu den Landtagswahlen

Dass die Grünen sowohl in Baden-Württemberg wie in Rheinland-Pfalz zweistellig abgeschnitten haben, dass sie in Baden-Württemberg sogar den Ministerpräsidenten stellen, ist eine Katastrophe, selbst wenn man davon ausgeht, dass sie bei der nächsten Wahl, bei der (hoffentlich) kein amoklaufender Atomreaktor mehr die Agenda bestimmen wird, wieder auf Normalmaß gestutzt werden. Dieses Normalmaß kann in Zukunft dennoch höher liegen als bisher.

Dies ist nicht die Stunde für sterile Wählerschelte. Ja, die Wähler haben sich zu einer Panikreaktion hinreißen lassen; zu einer Panikreaktion allerdings, zu der es nicht gekommen wäre, wenn die Skepsis gegenüber der Atomenergie nicht schon seit Jahrzehnten – spätestens seit Tschernobyl – weit in das „bürgerliche“ Lager hinein verbreitet gewesen wäre.

Jetzt rächt sich, dass Union und FDP sich weder getraut haben, ihre Pro-Atom-Position offensiv zu vertreten, noch sich dazu durchringen konnten, den bereits beschlossenen Ausstieg wenigstens als vollendete Tatsache hinzunehmen. Stattdessen verlegten sie sich auf die für sie typische Strategie, mehr oder weniger stillschweigend am Volksempfinden vorbeizuregieren und sich darauf zu verlassen, dass das Stimmvieh schon stillhalten werde. So frustrierend das Wahlergebnis auch ist: Dass diese schmierige, verlogene Strategie schiefgegangen ist, entbehrt nicht einer gewissen Gerechtigkeit, bereitet mir trotz allem eine gewisse Genugtuung, und gibt in gewissem Sinne sogar Hoffnung.

Es war eine brillante strategische Weichenstellung der Linken, von den siebziger Jahren an auf das Ökologie- und Atomthema zu setzen und ihr eigenes „Fortschritts“-Paradigma hintanzustellen. Brillant war dies deshalb, weil sie damit ein Thema besetzte, das traditionell und bis in die sechziger Jahre hinein bei der konservativen Rechten angesiedelt war. Sie haben sich ein Thema zu Eigen gemacht, das direkt die deutsche Kollektivmentalität, wenn man so will: die deutsche Seele, anspricht. Dass die Union dem nichts als technokratischen Pragmatismus entgegenzusetzen hatte und den noch als „konservativ“ verkaufte, ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass genuiner Konservatismus in der BRD parteipolitisch heimatlos ist.

Erst diese Konstellation hat den heutigen Wahlsieg der Grünen möglich gemacht. Da hilft es auch nicht zu fragen: Wie kann man nur diese grünen Multikulti-Affen wählen, denen auf der Stirn geschrieben steht, dass sie unser Land zerstören wollen und werden? Die Antwort lautet nämlich, dass es allen Anderen, einschließlich der CDU, genauso auf der Stirn geschrieben steht.

Masseneinwanderung, Multikulti, Gender Mainstreaming, Affirmative Action, Krampf gegen Rechts, Eurokratie, Globalismus, One-World-Utopien – es gibt kein Thema von zentraler Bedeutung, bei dem die angeblich bürgerlichen Parteien sich grundsätzlich von den Grünen unterscheiden würden. Es lohnt sich einfach nicht, die CDU zu wählen, wenn man das alles verhindern will. Die Union hat selber dazu beigetragen, das Meinungsklima zu erzeugen, in denen die Themen der Grünen – und eben nicht nur in puncto Atomkraft – gesellschaftlich dominant geworden sind. Es liegt eine gewisse Logik darin, dass mit den Grünen die Partei gewonnen hat, die das vertritt, was alle Etablierten vertreten, nur eben konsequenter als die anderen. Wer die „moderne Großstadtpartei“ CDU gut findet, wählt im Zweifel gleich das grüne Original.

Die „bürgerlichen“ Parteien übernehmen dessen Politik mit zehn Jahren Verspätung und etwas weniger Konsequenz, und sie propagieren sie auch nicht so lautstark; sie folgen bei diesen Themen derselben Strategie des stillschweigenden Amvolkvorbeiregierens, die ihnen jetzt beim Thema Atomenergie so brutal auf die Füße gefallen ist. Daher meine Genugtuung, daher auch meine Hoffnung.

Es zeigt sich nämlich, dass eine Politik, die die deutsche Kollektivmentalität anspricht, und die ausspricht, was die Menschen tatsächlich – und sei es nur latent – empfinden, sehr wohl Chancen auf Resonanz und politischen Erfolg hat. Was heute die Atomenergie ist, kann morgen die Masseneinwanderung sein.

Angezählt

Die Wahl des neuen Bundespräsidenten wird für Angela Merkel zur Zitterpartie. Ihre Partei hat nacheinander eine wichtige Wahl, einen wichtigen Ministerpräsidenten und einen Bundespräsidenten verloren. Die Regierung hat die Medien gegen sich, und dies liegt ausnahmsweise nicht an den Medien, sondern an der Regierung: Selbst mit viel Wohlwollen und Phantasie und der passenden ideologischen Brille auf der Nase könnte man schwerlich erkennen, wie man über diese Regierung etwas Positives sagen sollte.

In dieser Situation hat Merkel zwei Fehler gemacht:

Erstens hat sie den Eindruck zugelassen, dass Ursula von der Leyen ihre Wunschkandidatin sei und sie nur unter Druck Christian Wulff nominiert habe; das stimmt zwar nicht, aber so wird es hängenbleiben.

Zweitens hat sie die Gelegenheit verpasst, rechtzeitig auf den Gauck-Zug aufzuspringen, wie die SPD es ihr noch vor Wulffs Nominierung angeboten hatte.

Eines muss man den Herren Trittin und Gabriel ja lassen: Gauck vorzuschlagen war ein Geniestreich. Er ist wirklich der eindeutig geeignetere Kandidat, und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass nunmehr eine Medienkampagne zu seinen Gunsten gefahren wird – manchmal haben auch Medienfuzzis ihre lichten Momente.

Man mag es widerlich finden, wie die Presse die Gelegenheit beim Schopf packt, die Regierung zu stürzen, aber ohne deren eigene Schwäche wären die Mediengeier gar nicht erst in diese Versuchung geraten.

Merkel mag sich ihre Methode, Staatsinteressen dem eigenen Machterhalt unterzuordnen, und daher jeden potenziellen Konkurrenten wegzubeißen oder wegzuloben, zum Teil bei Helmut Kohl abgeguckt haben. Während Kohl aber über ein dichtes innerparteiliches Beziehungsnetz bis hinunter in die Kreis-, ja Ortsverbände verfügte und deshalb jede Krise aussitzen konnte, fehlt Merkel diese Verwurzelung in ihrer Partei. Es ist diese strukturelle Schwäche ihrer Position, die sie immer wieder zu einem kleinkarierten Taktieren zwingt (wie jetzt in der Präsidenten-Krise), das ein wirklich starker Vorsitzender nicht nötig hätte.

Dieser Umstand, kombiniert mit ihren Fehlern, hat dazu geführt, dass die Wahl Wulffs auf der Kippe steht. Wer immer in der Union einen Dolch im Gewande führt – und das dürften ziemlich Viele sein – jetzt hat er die Gelegenheit, ihn der Kanzlerin in den Rücken zu stoßen: Scheitert Wulff, ist Merkel erledigt und die Kanzlerfrage plötzlich offen.

Die Union geht dabei kein wirkliches Risiko ein, weil eine Regierung gegen sie faktisch nicht gebildet werden kann. Sie kann der SPD die Rückkehr zur Großen Koalition anbieten, sie kann auch bei der FDP bleiben, in jedem Fall liegt die Initiative bei ihr.

Das Risiko der FDP ist bei weitem größer, und so ist es erstaunlich, wie sehr Joachim Gauck gerade aus deren Reihen gelobt wird. Wissen die Liberalen eigentlich nicht, dass sie die entbehrlichste Partei des deutschen Politikbetriebes sind? Ihr Vorsitzender dürfte der im eigenen Lande unbeliebteste Außenminister seit Joachim von Ribbentrop sein, und was seine Fähigkeiten als Parteiführer angeht, so gehen seine Visionen nicht über JuLi-Beschlüsse der achtziger Jahre hinaus:

Eine Partei, deren Programmatik sich im Wesentlichen darin erschöpft, in jeder erdenklichen Lage Steuersenkungen zu fordern, ist in der Politik ungefähr das, was in der Wirtschaft ein Management wäre, dessen unternehmerische Strategie sich darin erschöpfte, die Preise zu senken. Wer keine Ziele formulieren kann, sondern bloß Instrumente verabsolutiert (und selbst diese Instrumente nur zur Klientelpolitik nutzt – siehe die Steuersenkungen für Hotels), fällt selbst in einer so atemberaubend schlechten politischen Klasse wie der deutschen noch negativ auf.

Vielleicht ist dies der Grund, dass es gerade in der FDP so heftig rumort. Gut möglich, dass auch dort, wie in der CDU, Mancher auf die Gelegenheit lauert, die eigene Parteiführung abzusägen.

Ist das alles für uns Normalbürger eigentlich wichtig? Wir haben seit der Wahl 2002 drei verschiedene Regierungen gehabt, die alle dieselbe Politik gemacht haben, mit Unterschieden allenfalls in Stil und Nuancen. Rotgrün, Schwarzrot, Schwarzgelb – immer ist dieselbe Kaste und dieselbe Ideologie an der Macht. Nein, auf die farbliche Zusammensetzung der Regierung kommt es schon lange nicht mehr an.

Und doch ist es bezeichnend, dass diese Kaste nicht mehr stark genug ist, ihr höchstes zu vergebendes Amt aus den eigenen Reihen zu besetzen. Der Zuspruch für Gauck, gerade unter Normalbürgern, ist nicht durch einen Medienhype erzeugt, er wird durch diesen höchstens verstärkt. Er ist ein Misstrauensvotum gegen die etablierte Politik. Der Typ des „Bürgerpräsidenten“, der der regierenden Kaste auch mal die Meinung sagt – ein Typ, den Horst Köhler in die deutsche Politik eingeführt hat – ist so eindeutig gewollt und wird so lautstark gefordert, dass das Machtkartell nicht mehr daran vorbeikommt. Dieses „Wir können euch nicht mehr sehen!“ ist noch weit davon entfernt, zu wirklicher Aufmüpfigkeit zu führen, ganz zu schweigen von revolutionärer Stimmung, aber es würde von einer weniger inkompetenten politischen Klasse als Alarmzeichen aufgefasst werden.

Sollte Gauck sich durchsetzen, so wäre dies für diese Klasse ein Menetekel (das sie selbstredend ignorieren wird). „Ein Stück Machtwechsel“, wie Gustav Heinemann das nannte, wäre es noch nicht – aber doch immerhin ein Stückchen.

Martin Lichtmesz trifft den Nagel auf den Kopf – wie immer

In seinem Essay „Der Hauptfeind des Liberalen“ schreibt er unter anderem

„daß nicht der uns bedrängende Islam oder die Massenzuwanderung unser „Hauptfeind“ ist, sondern vorzüglich die eigenen Eliten, die sie zulassen, schönreden, aktiv fördern und dabei das eigene Staatsvolk entmachten und schädigen.  Radikaler gesagt, ist es das liberale Denken an sich, das sich zum Immunschwächevirus ausgebildet hat. Hier gibt es natürlich kaum mehr Unterschiede zwischen Linken und Liberalen – was die wesentlichen Sprüchlein und Standardphrasen betrifft, herrscht eine breite rosa-rote Allianz, die von der Linken bis zur FDP mit gleichlautenden Erklärungen von guten, also toleranzintegrationsdemokratischen Absichten aufwartet.

So gesehen gibt es natürlich auch kaum noch authentische Konservative ohne liberalen Rückenmarkschwund mehr, und das ist auch in den innerlich zermürbten USA der Fall…“

So viel nur als Appetithäppchen. Lest das Ganze: Der Hauptfeind des Liberalen | Sezession im Netz.

Wenn Profilneurotiker Politik machen

„Keine Gespräche über Ampel“, hatte [FDP-]Fraktionschef Papke an diesem Donnerstagnachmittag per Pressemitteilung verbreiten lassen – und die Absage an Sondierungsgespräche damit begründet, dass SPD und Grüne auch mit den Linken reden möchten. „Parteien, die sich mit kommunistischen Verfassungsgegnern verbünden wollen, kommen für die FDP nicht als Gesprächspartner in Frage, erst recht nicht als mögliche Koalitionspartner“

(Quelle: Spiegel online)

Die FDP demonstriert nicht zum ersten Mal, dass sie sich an politischer Inkompetenz so schnell von niemandem übertreffen lässt:

Erstens wird unser Land ohnehin bereits von Verfassungsfeinden regiert (siehe meine Artikel Der kalte Staatsstreich, Thierse, der Verfassungsfeind und Der Neue Adel); wenn die FDP mit Verfassungsfeinden nicht reden wollte, dürfte sie nicht einmal Selbstgespräche führen.

Zweitens sind die Linken keinen Deut „extremistischer“ als die Grünen – eher weniger, wenn man bedenkt, mit welcher Vehemenz sie sich dem Ausverkauf nationaler Kompetenzen und demokratisch legitimierter Politik an die EU widersetzen.

Drittens sind die Abgeordneten der Linkspartei vom Volk gewählte Mandatsträger. Die FDP sagt einiges über ihr eigenes Demokratieverständnis aus, wenn sie die unter politische Quarantäne stellen will.

Viertens ist ihre Verhandlungsposition bei weitem nicht stark genug, andere Parteien zu zwingen, sich a priori auf die FDP als Koalitionspartner festzulegen – was ja die Kehrseite der Forderung ist, nicht mit den Linken zu verhandeln. Sie macht sich damit höchstens lächerlich.

Fünftens ist eine Partei, die offenbar nichts so sehr fürchtet wie den Ruch der „Umfallerpartei“, und die sich von solchen Neurosen ihre Politik diktieren lässt, schon dadurch als Regierungspartei disqualifiziert.

Und sechstens haben wir uns zwar daran gewöhnt, dass Politiker von nichts Ahnung haben außer von Politik im allerengsten Sinne, nämlich im Sinne des Machtkampfes. Man sollte aber doch erwarten, dass sie dann wenigstens davon etwas verstehen: Wenn die SPD eine rot-rot-grüne Machtperspektive für den Bund sucht, dann muss sie jetzt in NRW ein Pilotprojekt starten. Und genau für dieses Pilotprojekt verschafft ihr die FDP jetzt mit ihrer dümmlichen und verkrampften Prinzipienreiterei das Alibi und die Steilvorlage.

Kommentar: Nicht mal ein Feigenblatt

Kommentar von Heike Göbel in faz.net zur Griechenlandkrise:

„Der versprochene Beitrag der Banken zur Hilfe für Griechenland beleidigt den ökonomischen Sachverstand der Bürger. Wie wäre es zur Abwechslung mit Ehrlichkeit? Wen wollen Union und FDP mit der fortgesetzten Behauptung überzeugen, zur staatlichen Hilfe für Griechenland gebe es keine Alternative?“

weiterlesen: Kommentar zur Schuldenkrise: Nicht mal ein Feigenblatt – Griechenland – Wirtschaft – FAZ.NET.

Dekadenz

„Der Dekadenzbegriff geht von einer ganzen Reihe an Grundannahmen aus, die aus Sicht des Historikers etwas fragwürdig sind. Früher war bekantlich nicht alles einmal besser, wie es die Dekadenztheorie nahelegt. Wenn sie aber etwas zutreffend bezeichnet, dann nicht nur eine Ära des leistungslosen Genusses, sondern vor allem eine Ära, in der alte Begriffe und Werte zwar noch gebraucht, aber nicht mehr geachtet werden.

Dazu gehören in der Bundesrepublik gegenwärtig solche Begriffe wie Parlamentarismus, die erkennbar entwertet sind, wenn der gewählte Bundestag praktisch ohne Debatte ein Gesetz wie den Lissabon-Vertrag durchwinkt, das seine eigenen Kompetenzen in verfassungswidriger Weise beschneidet. Dazu gehören Parteien wie die FDP, die lebhaft die Abschaffung eines Ministeriums fordert, um es bei erster Gelegenheit selbst zu übernehmen, Steuersenkungen ankündigt, von denen jeder weiß, das sie nicht bezahlt werden können, oder mit Gebrüll ein einfaches Steuersystem prophezeit, um dann bei der Mehrwertsteuer eine Unterscheidung zwischen Hauseseln und Wildeseln einzuführen.“

Stefan Scheil

Ein Röslein zieht zu Felde

Es gibt Rollen, die für Politiker offenbar so attraktiv sind, dass immer wieder einer hineinschlüpft.

Finanzminister zum Beispiel gefallen sich gerne in der Rolle des sparsamen Hausvaters, und deswegen erleben wir seit Jahrzehnten, wie einer nach dem anderen – Stoltenberg, Waigel, Eichel, Steinbrück – verspricht, in fünf Jahren den Bundeshaushalt auszugleichen. Keiner von ihnen hat die Rolle des Sparkommissars länger als zwei oder drei Jahre durchgehalten; dann waren sie alle zermürbt und fanden einen Grund – Deutsche Einheit, Finanzkrise, was auch immer -, den Begehrlichkeiten ihrer Kollegen nachzugeben. Auch Wolfgang Schäuble wird diesen Weg aller irdischen Finanzminister gehen, und man darf Wetten annehmen, wann das neu eingeführte Verbot des Schuldenmachens klammheimlich wieder aus dem Gurndgesetzt entfernt wird.

Ein ähnlich attraktives Rollenmodell gibt es für Gesundheitsminister, von denen keiner gerne den gesetzlich Versicherten auf die Füße tritt (obschon sie es über kurz oder lang Alle tun müssen). Deswegen beginnen sie Alle  ihre Amtszeit als wackere Streiter gegen die Unverschämtheiten der Pharma-Industrie. So war es bei Blüm, so war es bei Seehofer. (Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob es auch bei Ullalla so war – falls nicht, hätte sie eine Weisheit bewiesen, die man der Dame spontan kaum zutrauen möchte.) Und nun legt Philipp Rösler diese Platte auf: Er also wird „das Preismonopol der Pharma-Riesen brechen“. Selbst wenn er es ernst meinen sollte: Er wird gegen die Pharmalobby so wenig ankommen wie seine Vorgänger (zumal seine Partei auf deren Spenden vermutlich dringender angewiesen ist als die Union).

Ob er dank seiner Unerfahrenheit selbst an seine eigenen martialischen Sprüche glaubt, oder ob er uns einfach für verkaufen will, lasse ich dahingestellt. Für letzteres spricht, dass er gerade erst mit Peter Sawicki einen engagierten und kompetenten Kritiker der Pharmaindustrie als Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen aus fadenscheinigen Gründen hat feuern lassen; einen Mann also, auf den er jetzt dringend angewiesen wäre, wenn seine Kampfansage mehr wäre als heiße Luft.

Die Grünen auf dem Strich

Außerhalb des Saarlandes (das ja immer ein wenig der Krähwinkel der Republik ist) ist nur wenig beachtet worden, was sich Kontext der dortigen Regierungsbildung zugetragen hat, aber es wirft ein Schlaglicht auf die Sitten, die in unserem Land offenbar einreißen.

Da hat also ein bekannter Unternehmer, rein zufällig auch Kreisvorsitzender der FDP, ausgerechnet im Vorfeld der Landtagswahl 2009 47.000 Euro an die Grünen gespendet. Nach der Wahl entscheiden sich die Grünen – und zwar auf Betreiben ihres Landesvorsitzenden Hubert Ulrich, der angeblich als Einziger von der Spende wusste – zur großen Überraschung der Öffentlichkeit für eine Koalition mit FDP und CDU statt mit SPD und Linken.

Wir haben uns ja schon an einiges gewöhnen müssen, unter anderem an eine Bundesregierung, die nicht einmal den Anschein glaubwürdig zu vermeiden versuchte, man könne mit Parteispenden, speziell an die FDP, politische Entscheidungen kaufen. Nun ja, konnte man da vielleicht noch sagen, die FDP hat in puncto Korruption schon immer einen strengen Geruch verströmt.

Im Falle der saarländischen Grünen geht es aber schon nicht mehr um Korruption. Sie haben schließlich, allem Anschein nach, nicht Entscheidungen verkauft, sondern sich selbst, und damit sogar die Grenze von der Korruption zur Prostitution überschritten. Und dabei ist selbst dieser Vergleich noch zu schwach und sogar eine Beleidigung der Prostituierten.

Verglichen mit einer Partei, die sich an ihren politischen Gegner verkauft, ist nämlich jeder Bahnhofsstrichjunge ein ehrbarer Geschäftsmann.

Prostituierte Politik

Wenn man Lieschen Müller Glauben schenken darf, dann findet Politik ungefähr so statt: Man gründet eine Partei, wirft sich mitsamt der Partei einer oder mehreren Lobbys an den Hals, die die Spendenmillionen rüberwachsen lassen. Im Gegenzug spendiert die Partei ihren Gönnern Milliarden aus der Staatskasse. Das Nachsehen hat der Steuerzahler. Oder umgekehrt: Wer Milliarden einsacken will, kaufe sich für ein paar Millionen eine kleine Partei.

Es gibt so Tage (und der heutige gehört dazu), da frage ich mich, wozu ich eigentlich jahrelang Politische Wissenschaft studiert habe. Offenbar nur, um festzustellen, dass Lieschen Müller ganz einfach Recht hat, und dass jeder Versuch, die deutsche Politik nicht als ein System der organisierten Korruption zu beschreiben, nur Denjenigen der Lächerlichkeit preisgibt, der ihn unternimmt.

Ich hatte mich ja schon gewundert, warum der knappe Spielraum für Steuererleichterungen ausgerechnet dazu benutzt wird, Hotelübernachtungen billiger zu machen. Wirtschaftspolitisch hatte das überhaupt keinen Sinn, nicht einmal einen, den man vielleicht irgendwie an den Haaren hätte herbeizerren können.

Der Spiegel, der bei dieser Gelegenheit gezeigt hat, dass er wenigstens ab und zu zu etwas nütze ist, hat jetzt aufgedeckt, warum gerade die Hotelbranche politisch bedient werden musste.

Zum brechreizerregenden Ruch des Landesverrats, der diese Regierung von Anbeginn begleitet hat, kommt jetzt also noch der unabweisbare Verdacht der Käuflichkeit. Diese Regierung erregt nicht einmal die Gegnerschaft, die bei politischen Meinungsverschiedenheiten normal ist. Sie erregt nur Ekel.

Passend zur Kanzlerin: der Außenminister

„Was für ein Glück, dass Polen die Berufung Guido Westerwelles ins Bundeskabinett aus Gründen, die nur Polen verstehen müsste, nicht als Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen betrachtet. Denn dann hätte der FDP-Vorsitzende, der eigenen Argumentation im Falle Steinbach folgend, seine „persönlichen Ambitionen“ hintanstellen und zum Wohle der Versöhnung mit dem östlichen Nachbarn auf die Erfüllung seines Lebenstraums verzichten müssen. Warschau aber blickt mit Wohlgefallen auf den neuen deutschen Außenamtschef, der seine erste Reise nach Polen machte. Der dortige Präsident dankte ihm das mit einem Platz auf seinem Sofa. Seither muss man sich aber fragen, ob Westerwelle wenigstens zeitweise noch aus den Augen verliert, welchem Land er nun als Außenminister dient. Denn die Interessen, die Westerwelle im Streit über Erika Steinbach vertritt, sind zunächst einmal die Polens.“

Berthold Kohler in der FAZ

Erste Anmerkung zur Europawahl

Soeben hat Infratest Dimap die Prognose veröffentlicht:

  • Union 38, 5 %
  • SPD 21 %
  • FDP 11 %
  • Grüne 11,5 %
  • Linkspartei 7,5 %

Macht nach Adam Riese: 89,5 %. Der Verbleib von 10,5 Prozent der Stimmen – also rund zwei Millionen Stimmen – ist ungeklärt und interessiert die Zwangsgebührensender so wenig wie die von ihnen lebenden Demoskopen von Infratest.