Das Märchen vom Fachkräftemangel

Am vorvergangenen Montag sendete die ARD – erstaunlicherweise – einen Beitrag, der eine der meistverbreiteten Sprechblasen des BRD-Sprechs aufs Korn nimmt, nämlich den berüchtigten „Fachkräftemangel“: einen angeblichen oder vermeintlichen Missstand, mit dem es sich aber für die jammernde Wirtschaft durchaus verträgt, hochqualifizierte und erfahrene deutsche Fünfzigjährige ebenso als Bewerber abzulehnen wie hochqualifizierte und motivierte deutsche Universitätsabsolventen, und dies keineswegs im Ausnahmefall.

Es handelt sich um eine jener Phrasen, deren ständige Wiederholung durch praktisch alle etablierten Meinungsmacher aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien darauf abzielt, Denkstrukturen in die Köpfe zu fräsen und jedem selbst noch so begründeten Widerspruch von vornherein das Stigma des „Unseriösen“, des „Stammtischs“ aufzudrücken.

Umso verdienstvoller und bemerkenswerter ist es, dass sich sogar bei dem sonst unerträglichen Verlautbarungsfernsehen ARD ein paar Journalisten gefunden haben, die es wagen, diesen von Scheineliten herbeigeredeten Scheinkonsens über ein Scheinproblem zu hinterfragen:

„Ingenieursmangel! Ärztemangel! Zu wenig IT-Spezialisten!“ und „Wenn wir nicht gegensteuern, geht es bergab mit Deutschland.“ Das sind alltägliche Schlagzeilen, mit denen Politik gemacht wird. „Der Arbeitsmarktreport“ deckt die Hintergründe des seit Jahrzehnten beklagten Fachkräftemangels auf. Tatsächlich lenkt der lautstarke Hilferuf bewusst ab von gewichtigen Problemen: Lohndumping und Arbeitslosigkeit. Akteure in diesem Spiel sind Lobbyverbände der Wirtschaft, die zusammen mit den Politikern und der Bundesagentur für Arbeit den Arbeitskräftemarkt in Deutschland gestalten.

Der Beitrag ist über die ARD-Mediathek abrufbar. Da er dort aber nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht, habe ich auch das entsprechende Youtube-Video hier eingebettet:

JF: Facharbeitermangel weniger schlimm als angenommen

Facharbeitermangel, Fachkräftemangel, erfunden von der Bundesregierung

Über den angeblichen Facharbeitermangel schreibt die Junge Freiheit in ihrer Netzausgabe:

MÜNCHEN. Die Zahl der freien Stellen für Facharbeiter ist wesentlich niedriger, als dies von Verbänden und Behörden dargestellt wird. Den Facharbeitermangel, dem die Bundesregierung mit erleichterter Zuwanderung begegnen will, gibt es so gar nicht, berichtet das ARD-Magazin report münchen. Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) behauptet, in Deutschland fehlten über 100.000 Ingenieure. Diese Zahl berechnet sich aufgrund der dem Arbeitsamt als unbesetzt gemeldeten Stellen. Sie wird multipliziert mit dem Faktor sieben, weil im Jahr 2009 – mitten in der Wirtschaftskrise – befragte Unternehmen einmal angegeben hatten, nur jede siebte offene Stelle an das Arbeitsamt nennen.

Diese „Horrorzahl“ entspreche nicht den Tatsachen, so report münchen. Untermauert wird dies durch die Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit: „Die Hochrechnung mit dem Faktor sieben könnte zu einer überzeichnete Fachkräftenachfrage führen“, wird die Agentur zitiert. Vielmehr hätten es Berufsanfänger schwer, eine Festanstellung zu finden. Und auch erfahrene Ingenieure müßten drastische Einschnitte beim Gehalt hinnehmen. In einem Fall berichtete eine arbeitssuchende Ingenieurin, ihr sei statt 60.000 Euro nur noch ein Jahresgehalt in halber Höhe angeboten worden.

Um so irritierender wirkt da die „Make-it-in-Germany“-Werbeaktion der Bundesregierung, die gleich mit zwei Ministern (Ursula von der Leyen, CDU, und Philip Rösler, FDP) in englischsprachigen TV-Kurzfilm um Zuwanderer wirbt. „We have open jobs in Germany“ (dt. Wir haben offene Stellen), sagt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen in dem Streifen. (rg)

JUNGE FREIHEIT – Wochenzeitung aus Berlin: Facharbeitermangel weniger schlimm als angenommen.

Nochmal: Vielmehr hätten es Berufsanfänger schwer, eine Festanstellung zu finden. Und auch erfahrene Ingenieure müßten drastische Einschnitte beim Gehalt hinnehmen. In einem Fall berichtete eine arbeitssuchende Ingenieurin, ihr sei statt 60.000 Euro nur noch ein Jahresgehalt in halber Höhe angeboten worden.

Das lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder ist die gesamte Volkswirtschaftslehre seit Adam Smith auf dem Holzweg, und sinkendes Angebot bei konstanter oder steigender Nachfrage führt nicht zu steigenden Preisen, hier also zu steigenden Gehältern für Menschen, die die angeblich verzweifelt knappe Ressource einer Ingenieursqualitifkation anbieten können, oder der Ingenieurs- und Facharbeitermangel ist blanke Erfindung. Und nun grübeln wir alle angestrengt darüber nach, warum so etwas erfunden wird.