Der Befreiungsschlag der AfD…

…ist Thema meiner Kolumne in der soeben erschienenen neuen Ausgabe der „Zuerst!“:

zuerst-8-9-2015Die Ablösung Bernd Luckes war für seine Partei ein Befreiungsschlag, für ihn selbst und für seinen publizistischen Doppelgänger Dieter Stein jedoch eine Blamage. Der Chefredakteur der Jungen Freiheit (JF) hatte Luckes Illusionen geteilt und ihm sein Blatt unter flagranter Mißachtung journalistischer Schamgrenzen als Kampfblatt für seinen Grabenkrieg gegen die Mehrheit der eigenen Parteimitglieder zur Verfügung gestellt…

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Weitere Themen: Die Invasion der Afrikaner, ein Interview zum selben Thema mit Michael Klonovsky, eine sehr aufschlussreiche Reportage über den Verlauf des AfD-Parteitags… Ich werde jetzt hier kein Inhaltsverzeichnis präsentieren, kauft sie euch einfach, es lohnt sich allemal!

Jürgen Elsässer: “Junge Freiheit”-Chef deckt Luckes Verrat an der AfD

Jürgen Elsässer hat heute in einem offenen Brief nicht nur die Haltung des AfD-Vorsitzenden Lucke, sondern auch des ihm sekundierenden JF-Chefredakteurs Dieter Stein zur Frage von Sanktionen gegen Russland scharf kritisiert:

Sehr geehrter Herr Stein,

warum decken Sie den Verrat von Bernd Lucke und anderer AfD-Europaabgeordneter an dem friedenspolitischen Grundsatzbeschluss des letzten AfD-Bundesparteitages in Erfurt? Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass sich die erdrückende Mehrheit dieses Parteitages nach vielstündiger Debatte GEGEN Russland-Sanktionen ausgesprochen hat – und diese Mehrheit sich jetzt verraten fühlt durch Abgeordnete, die im Europaparlament zusammen mit CDU/CSU, SPD und Grünen FÜR Russland-Sanktionen abgestimmt haben? Wäre es nicht Aufgabe einer oppositionellen Zeitung, wofür die “Junge Freiheit” bis heute vielen gilt, die Liquidierung einer Oppositionspartei wie der AfD durch ihre eigene Führungsspitze kritisch zu kommentieren – anstatt diejenigen, die auf diesen Verrat aufmerksam gemacht haben, mit Hohn und Spott verächtlich zu machen?

Sie schrieben gestern Abend:

(Auszug Stein) Es ist für mich einfach schleierhaft, weshalb sich die AfD kurz vor den Landtagswahlen in eine überflüssige, hysterische, schwachsinnige Debatte um den „Rußland-Kurs“ verwickeln läßt. (…) Insbesondere über Facebook formiert sich aber seit einigen Tagen ein sich hysterisch überschlagender und aus teilweise dubiosen Motiven gespeister Shitstorm, bei dem Fanatiker gar den Rücktritt des AfD-Chefs Lucke fordern, wenn nicht sofort, jetzt und gleich irgendwelche Korrekturen in der Haltung zu Rußland in der Ukrainefrage vorgenommen werden. Hauptverstärker und Schlüsselfigur bei diesem idiotischen Dauergebrüll ist Jürgen Elsässer, der übrigens selbst seit einiger Zeit AfD-Mitglied sein soll und sich als unabhängiger Kritiker aufspielt. (Auszug Stein Ende)

Finden Sie es förderlich für diese notwendige Diskussion, wenn Sie die vielen von Lucke jetzt enttäuschten AfD-Mitglieder als “Fanatiker” abqualifizieren, die eine “hysterische, schwachsinnige Debatte” führen und sich im “idiotischen Dauergebrüll” verlieren, nur weil sie fordern, dass Lucke nach diesem Vertrauensbruch zurücktreten muss?

Ich kann damit leben, dass Sie mich als “Hauptverstärker” dieses Proteststurmes sehen – tatsächlich sehe ich es als Aufgabe von COMPACT an, oppositionelle Stimmen für den Frieden, in der AfD wie in jeder anderen Partei, nach Kräften zu bündeln und zu befördern. Eine “Schlüsselfigur” kann ich aber schon deswegen nicht sein, weil ich – anders als Sie aus trüben Quellen fischend behaupten – kein AfD-Mitglied bin. Dass Sie mich im folgenden auch noch persönlich als “linksradikales Irrlicht” angreifen und auf meine Biographie anspielen, spricht Bände über die Schwäche Ihrer Sachargumente.

Leser von sowohl COMPACT wie Junge Freiheit haben sicher gemerkt, dass unsere Positionen in Bezug auf Ukraine/Russland weit auseinander gehen. Tatsächlich gehört COMPACT zur Fraktion der Putin-Versteher – wie die Altbundeskanzler Schmidt, Schröder und Kohl, wie Handelsblatt-Chef Gabor Steingart und der Unternehmer Wolfgang Grupp. Wir alle argumentieren im deutschen Interesse und nicht, wie Sie im Nachäffen der Mainstream-Propaganda unterstellen, aus “Servilität” gegenüber Russland.

Sehr geehrter Herr Stein, Europa befindet sich in diesem Sommer am Abgrund eines Krieges – die gefährlichste Situation seit der Kuba-Krise 1962, vielleicht sogar seit 1945. Warum Menschen, die wie Bernd Lucke und Sie einst als Kritiker der etablierten Politik angetreten sind, nun mit dem Berliner Establishment den Schulterschluss üben und mit der Forderung nach Sanktionen Öl in das Feuer gießen, das in der Ukraine lodert, verstehe ich nicht.  Wollen Sie die JF, will Herr Lucke die AfD zum Beiboot der CDU/CSU machen? Welchen Sinn sollte das haben?

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Die entscheidende Frage lautet:

Wollen Sie die JF, will Herr Lucke die AfD zum Beiboot der CDU/CSU machen?

Die korrekte Antwort lautet:

Ja.

Die Alternative für Deutschland ist alles, nur keine Alternative für Deutschland. Ihre Führung ist alles, nur keine Opposition. Selbst wenn sie diesen Anspruch erhöbe, wäre das Babyface von Bernd Lucke bereits ein überzeugendes Dementi.

Die AfD hatte aus der Sicht ihrer Führungsspitze nie einen anderen Sinn als den, das enorme Unzufriedenheitspotenzial in Deutschland in harmlosen Bahnen zu kanalisieren und zu neutralisieren. Ich sage dies mit Bedauern, weil ich weiß, dass sehr viele anständige und fähige Leute große Hoffnungen in diese Partei gesetzt haben und sich aus aufrichtigen patriotischen Beweggründen für sie aufreiben. Ich kann diese Menschen nur auffordern, sich ihrer politisch korrupten Parteiführung zu entledigen.

Ob die Verantwortlichen der Jungen Freiheit den Kurs der AfD aus lauterer Überzeugung, das heißt aus Mangel an politischem Urteilsvermögen unterstützen, kann ich nicht beurteilen. Es gilt aber in unseren gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen als offenes Geheimnis, dass die Aussicht, genauer: die bloß vermeintliche Chance auf gesellschaftliches Avancement, die Hoffnung auf Zugehörigkeit bzw. Rückkehr in den Kreis der politischen und gesellschaftlichen Eliten (und bestünde diese Rückkehr bloß in der gelegentlichen Teilnahme an einer so fragwürdigen Veranstaltung wie dem ARD-Presseclub) für die Verantwortlichen des Blattes ein starkes Motiv darstellt, eine eventuell vorhandene bessere politische Einsicht zu ignorieren.

Wolfgang Hübner zum Zustand der AfD

Der Frankfurter Kommunalpolitiker Wolfgang Hübner kommentiert den Zustand seiner Partei, der AfD, zum Jahresende wie folgt:

Die AfD am Jahresende: Leider keine Alternative
Zu wenig Politik, zu viel Gezänk und Intrige

Der Zustand der AfD in Hessen, aber wohl nicht nur dort, ist Besorgnis erregend. Die so hoffnungsvoll gestartete Partei wird immer wieder, immer öfter von personellen Konflikten erschüttert, in denen mehr oder weniger deutlich auch Konflikte um die politische Ausrichtung und Inhalte zu erkennen sind. Der Bundesvorstand hat es nach dem knappen Scheitern bei der Bundestagswahl nicht vermocht, der jungen Partei jene politische Orientierung zu geben, die notwendig gewesen wäre und mehr denn je notwendig ist, um das drohende Scheitern der AfD an ihrem eigenen Anspruch zu verhindern, nämlich die Alternative für Deutschland zu sein.

Die katastrophale Situation ausgerechnet im „Stammland“ Hessen ist zwar auch mit einigen Sonderfaktoren zu erklären, hat aber ihren tieferen Grund in eben diesem Unvermögen oder Unwillen des Bundesvorstands sowie einer offensichtlich nicht funktionierenden Dreierspitze, in der nur Bernd Lucke weitgehend anerkannte Autorität besitzt. Allerdings ist auch Luckes Autorität in Gefahr, wenn diese in immer mehr parteiinternen Konflikten und Intrigen verschlissen wird. Politische Führung wird letztlich nur in politischen Auseinandersetzungen mit äußeren Konkurrenten und Gegnern erworben und bestätigt. Diese Regel gilt auch für die einzige öffentliche und interne „Lichtgestalt“ der AfD. Doch von Politik oder politischen Auseinandersetzungen mit den anderen Parteien kann weder im Bund noch gar in Hessen seit dem 22. September ernsthaft die Rede sein.

Schädliche Abgrenzungsmanie

Vielmehr dominieren im Erscheinungsbild der Partei allerlei Abgrenzungen, Rücktritte, Machtspiele, Intrigen und auch Denunziationen. Ausgerechnet in der AfD, auf der so große Hoffnungen auf Widerstand, ja sogar Kampf gegen die informelle Herrschaft der sogenannten „Politischen Korrektheit“ ruhten, wird mit selbstmörderischer Intensität jegliche „rechte“ Gesinnung oder Äußerung exorziert. Zwar muss sich die Partei selbstverständlich gegen Rechtsextremismus und rechtsextreme Einflüsse oder Provokateure schützen. Aber muss sie das zur Freude und zum Gespött ihrer wahrlich nicht wenigen Gegner in einer Weise tun, die auch keineswegs rechtsextreme Mitglieder öffentlich an den Pranger stellt, ihre bürgerliche Existenz gefährdet und nicht zuletzt das ganze Projekt einer Alternative für Deutschland in Verruf bringt?

Der jahrzehntelange erfolgreiche Kampf der Linken und Linksextremen gegen eine vermeintliche „Gefahr von Rechts“ hat offenbar zu einer krankhaften Traumatisierung selbst von aufrechten Konservativen geführt, die das AfD-Innenleben vergiftet und zum Schlachtfeld widerwärtiger Schnüffelei bis ins Privatleben macht. Wenn Menschen vor ihrer Mitgliedschaft in der neuen Partei problematische, ja auch dumme, schädliche Meinungen vertreten oder publiziert haben, aber eine respektable berufliche und familiäre Vita vorweisen können, dann haben sie es allemal verdient, eine Chance zu bekommen, auch in Parteiämtern zu beweisen, dass sie etwas gelernt haben aus früheren Verirrungen.

Inzwischen haben aber nicht wenige Mitglieder der AfD das Gefühl, Thilo Sarrazin könne wohl Mitglied der SPD bleiben, sich aber nicht mit Aussicht auf Erfolg um die Mitgliedschaft in der AfD bewerben. Es kann nicht oft und deutlich genug gesagt werden: Wer, aus welchen Erwägungen auch immer, nur einmal den Rücken beugt vor den Gesinnungswächtern der „Politischen Korrektheit“, bekommt den Kopf nie mehr hoch genug, um entspannt in den Spiegel schauen zu können.

Keine inhaltlichen Profilierungen

Mit ängstlicher Abgrenzungsmanie werden keine politischen Erfolge errungen, im Gegenteil. Damit wird die Partei gelähmt, sie lähmt sich selbst. Die Öffentlichkeit wie auch die Masse der Mitglieder fragen aber: Wo sind die markanten politischen Initiativen und Stellungnahmen der AfD? Wo zeigt sich die Partei unübersehbar und auch unüberhörbar als das, was sie beansprucht – nämlich die Alternative für Deutschland zu sein oder wenigstens zu werden? Wo greift sie ein in die aktuellen Diskussionen und Konflikte? Wo, wann und wie entwickelt die AfD ihr doch so beträchtliches Potential an Wissen, Kompetenz und Intellektualität?

Ich zähle hier nur einige Themen auf, mit denen sich die Partei bzw. der Bundesvorstand in den letzten Wochen hätte profilieren können, ja müssen:

– Bewertung der Koalitionsverhandlungen im Bund und in Hessen
– Doppelte Staatsbürgerschaft
– EU-Armutseinwanderung
– Flüchtlingsströme
– Mindestlohn
– Griff in die Rentenkasse
– Abhöraffäre
– Deutsche Einmischung in Russland und Ukraine
– Familienpolitik

Zu einigen dieser Themen hat es, dokumentiert im Internetauftritt der AfD, ziemlich laue Pressemitteilungen gegeben, die meist allerdings nur Kommentierungen von Nichtsprecher Alexander Gauland verbreiteten. Keine dieser Pressemitteilungen dürfte den Medien großen Anreiz zur Verbreitung geboten haben. Wer jedoch politisch gehört werden will in diesem Land, muss entweder etabliert sein oder sich so markant, durchaus auch provokant äußern, wie sich das für einen politischen Neuling und Außenseiter empfiehlt. Wer sich aber mit so ängstlicher, so zögerlicher Stimme zu Wort meldet, wird nicht zur Kenntnis genommen. Das mag beklagt werden, jedoch ändern Klagen bekanntlich nichts an Realitäten. Oder soll wirklich akzeptiert werden, dass nicht die AfD, sondern die BILD-Zeitung oder demnächst gar die abgewirtschaftete FDP als die Stimme der außerparlamentarischen Opposition wahrgenommen wird?

Es ist eine Illusion, bestimmte Probleme wie Armutseinwanderung könnten politisch nur in unangreifbaren Formulierungen behandelt werden. Wer von Millionen gehört werden will, der muss auch in einer Sprache sprechen, die verstanden wird und mit der Lebenswirklichkeit im Einklang steht. Das mag protestantischen Bundespräsidenten und katholischen Sozialindustriellen so wenig gefallen wie der linken „Frankfurter Rundschau“ oder den vermummten Gewalttätern der Antifa. Aber dort sind auch nicht die aktuellen oder künftigen Wähler der AfD zu vermuten. Politiker, die Angst haben, ihr gutbürgerliches oder akademisches Milieu mit Klartext zu verschrecken, werden nicht den Zugang zu breiten Schichten der Deutschen finden: „Wer keine Hitze verträgt, hat in der Küche nichts verloren“ (Harry S. Truman, ehemaliger US-Präsident).

Was aber fast noch schwerer wiegt: Zu keinem der oben aufgeführten Themen hat die Parteiführung der AfD den Mitgliedern eine Positionierung angeboten oder auch nur zur internen Diskussion gestellt! Gerade in diesem frühen Stadium der AfD ist aber die politischen Orientierung und Positionierung der Partei das beste und wirksamste Mittel, die Priorität der Politik vor allen Organisations- und Personalfragen durchzusetzen. Gewiss, das erfordert seitens des Bundesvorstands und der Sprecher Meinungswille und Meinungsstärke. Wenn es an beidem so mangelt wie in der AfD-Spitze, dann ist Tür und Tor geöffnet für personelle und organisatorische Nebenschauplätze, auf denen sich lahm gelegte politische Energien in teilweise irrwitziger Weise austoben – zum Schaden der Partei und ihrer Attraktivität.

Fehlende Positionierung

Wenn an dieser Stelle der Einwand kommt, die AfD müsse ja erst einmal ein vollständiges Programm erarbeiten und verabschieden, entgegne ich: Auch ein ganzes Vierteljahr nach der Bundestagswahl ist nicht bekannt, wie, von wem und mit welchen Vorgaben das Programm erstellt werden soll. Deshalb verschiebt der Verweis auf das fehlende vollständige Programm die Lösung der sehr akuten internen Probleme nur in eine eher ferne Zukunft. Doch in der könnte die Partei schon in alle möglichen Richtungen auseinander gelaufen sein. In Anbetracht der gegenwärtigen Lage ist das leider alles andere als unwahrscheinlich.

Und wer argumentiert, es sei ja sehr unklar, wo und wie sich die AfD im politischen Spektrum Deutschlands einordnen wolle, erwidere ich: Was hindert eigentlich den diese Einordnung offensichtlich scheuenden Bundesvorstand daran, eine entsprechende Befragung der Mitglieder durchzuführen, deren Ergebnis bekannt zu machen und zur Diskussion zu stellen? Immerhin wüssten wir dann, ob sich die AfD als echte Alternative zu allen etablierten Parteien oder als bürgerliche Ergänzungspartei (FDP 2.0) verstehen soll; ob sich die AfD als Partei der alten Mitte, einen neuen linken oder rechten Mitte oder ganz bewusst als demokratische Kraft rechts von den bürgerlichen Parteien CDU und FDP begreifen und entsprechend positionieren soll.

Die Kenntnis der Meinung der Mitglieder hätte übrigens für manche den großen Vorzug, relativ frühzeitig zu erkennen, doch nicht in der richtigen Partei zu sein. Die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis könnten allen Seiten künftige quälende Konflikte ersparen.

So wichtig es war, sich vor dem 22. September 2013 auf wenige inhaltliche Positionen und auf keine eindeutige Positionierung im Spektrum der politischen Kräfte Deutschlands festzulegen, so falsch ist es nun, diesen Klärungsprozess weiter aufzuschieben, ja sogar zu blockieren. Eine Partei mit dem Anspruch, die „Alternative für Deutschland“ zu sein, kann es sich bei Strafe des Untergangs nicht leisten, die Einlösung dieses hohen Anspruchs immer weiter zu vertagen. Die kommende Europa-Wahl sowie die Landtagswahlen in Mitteldeutschland können nicht als Argument gegen diesen Klärungsprozess angeführt werden, sondern verlangen diesen im Gegenteil noch dringlicher. Eine zweite Fahrt ins (politische) Blaue wird ansonsten ruhmlos in irgendeiner Sackgasse enden.

Angst vor Risiko

Ich unterstelle weder dem Bundesvorstand noch den Bundessprechern absichtliche Verschleppung der notwendigen Klärungen. Vielmehr ist es wahrscheinlich eine Mischung aus Unsicherheit, Angst und Unklarheit, die diese Klärung bislang verhindert: Unsicherheit darüber, welche Inhalte über das Euro-Thema hinaus unter den Parteimitgliedern zumindest einigermaßen konsensfähig sein könnten; Angst davor, im politischen Spektrum zu schnell und zu unveränderbar einen bestimmten Platz zugewiesen zu bekommen; Unklarheit dahingehend, ob die Partei dem eigenen hohen Anspruch überhaupt gerecht werden kann, nämlich nicht nur die Alternative zum Euro, sondern auch die umfassende Alternative für Deutschland formulieren zu wollen.

Doch die Geister, die man bei der Gründung im Februar 2013 rief, die wird man nicht mehr los. Und es waren nun einmal diese Geister, die jene Begeisterung unter vielen tausenden Menschen in Deutschland erweckten und über zwei Millionen Wähler zur Entscheidung für die AfD bewegten. Deshalb ist der Bundesvorstand, sind seine Sprecher in der Pflicht, endlich politische Wegmarken zu setzen, die den zunehmend frustrierten Mitgliedern Orientierung geben. Dabei würde es einstweilen durchaus reichen, wenigstens in einer aktuellen Frage eine klare, streitbare und mobilisierende Position zu beziehen. Nein, ohne Risiko ist das nicht. Aber wer nichts riskiert, wird auch nichts gewinnen. Wer nichts riskiert, wird sogar alles verlieren können.

Der Zustand der AfD am Jahresende 2013 beweist, dass dies keine pessimistische, sondern leider eine sehr realitätsgesättigte Voraussage ist. Denn die junge Partei ist nicht nur im Problemland Hessen dabei, ihr frisch gewonnenes Kapital rasch zu verzehren und damit in jener politischen Bedeutungslosigkeit zu landen, die alle Konkurrenten und Gegner so sehr wünschen.

Mehr denn je aber braucht Deutschland eine politische Alternative, die sich nicht scheut, die Probleme unseres Landes, unseres Volkes, unserer Gesellschaft anzusprechen, neue Lösungen zu suchen und die dabei unvermeidlichen Konflikte nicht zu scheuen. Wenn die AfD nicht sehr bald die Kraft dazu findet – nach außen wie nach innen – wird sie schlicht nicht gebraucht. Dann gälte es, mit den Erfahrungen aus einem missglückten Projekt ein besseres neues Projekt zu entwickeln. Das wird mühsam, ist aber – soll nicht die Flucht aus der Politik angetreten werden- tatsächlich ganz alternativlos.

Wolfgang Hübner, 30.12.2013

AfD: die Feigheit und ihr Preis

Das Wahlergebnis der AfD kann niemanden ernsthaft überraschen. Noch nie in der Geschichte der BRD ist es einer Partei ohne Unterbau, d.h. ohne Vertretung in Kommunal- und Landesparlamenten gelungen, in den Bundestag einzuziehen. Die Grünen schafften es erst, nachdem sie bereits in etlichen Landtagen vertreten waren, und sie schafften es als Partei eines linken Milieus, das fünfzehn Jahre Zeit gehabt hatte, sich zu formieren und seine Tentakeln bis weit in die etablierten Eliten vorgeschoben hatte. Die PDS als zweite Newcomerin in der Geschichte der BRD war als ehemalige Staatspartei der DDR in den neuen Ländern fest verwurzelt.

Erstaunlich und erklärungsbedürftig ist daher nicht, dass die AfD an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, sondern dass sie so knapp gescheitert ist. Die Gründe für ihren Erfolg und für ihren Misserfolg liegen nahe beieinander: Die AfD wäre nicht in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde gelangt, wenn die Medien ihr nicht eine Chance – und zwar eine mehr als nur faire Chance – gegeben hätten: Sie haben sie ebenso hochgeschrieben wie vor zwei Jahren die Piraten, und wer behauptet, sie sei „totgeschwiegen“ worden, muss in einem anderen Land leben als ich.

Insofern ist es absurd, wenn zahlreiche Kommentatoren speziell bei PI – und nicht zuletzt solche, die sonst mit dem Totschlagwort „Verschwörungstheorie“ nicht schnell genug bei der Hand sein können – nun Wahlfälschung und Wahlbetrug wittern. Wenn man die AfD zuverlässig vom Bundestag hätte fernhalten wollen, hätte es dazu weiß Gott einfachere Mittel gegeben, allein schon wegen des Zugriffs der etablierten Parteien auf die öffentlich-rechtlichen Sender.

Nein, die AfD ist – wie zuvor die Piraten – als programmatisch ungefährlich wahrgenommen worden. Den Mediengewaltigen war klar, dass eine solche Partei, selbst wenn sie im Bundestag vertreten wäre, dort keinen grundsätzlichen Kurswechsel für die BRD propagieren, geschweige denn durchsetzen würde. Daher hatten sie kein Problem damit, die Berichterstattung über den drögen Wahlkampf dadurch ein wenig zu würzen (und ihre Auflagen und Quoten ein wenig zu steigern), dass sie der AfD ein Forum gaben.

Die AfD verdankt mithin ihr durchaus respektables Wahlergebnis nicht ihrer eigenen Stärke, sondern drei Faktoren, die sich naturgemäß verschleißen und daher in vier Jahren nicht mehr gegeben sein werden:

  • Erstens dem Reiz des Neuen, der ihr die Unterstützung der Medien verschafft hat;
  • zweitens der daraus resultierenden Erwartung namentlich (aber nicht nur) rechter Wähler, die AfD habe eine echte Chance, weswegen es auf ihre tatsächlichen politischen Inhalte nicht so sehr ankomme; eine Anhängerschaft, die sich so deutlich von taktischen Erwägungen leiten lässt, wird in dem Moment auseinanderlaufen, wo diese Erwägungen gegenstandslos sein werden;
  • drittens der Entschlossenheit wiederum besonders ihrer rechten Anhänger, beide Augen zuzudrücken und sich einzureden, die AfD sei eine wirkliche Alternative und werde, einmal im Bundestag, die Themen des rechtsoppositionellen Spektrums auf die Tagesordnung setzen. Dass sie tatsächlich von all diesen Themen nur ein einziges, nämlich die Kritik am Euro, vertritt, und auch diesen nicht etwa abschaffen, sondern bloß die Südländer aus der Eurozone drängen will, sei nicht mehr als taktischer Kniff, sich eine Vertretung im Bundestag buchstäblich zu erschleichen.

Zur Ehrenrettung von Herrn Lucke sei gesagt, dass er einer solchen Illusion nicht die geringste Nahrung gegeben hat. Nicht er hat seine Anhänger betrogen, sondern diese sich selbst. Wären die Kniefälle der AfD vor der Political Correctness nur Taktik gewesen, man müsste ihrer Führung bescheinigen, aus erbärmlich inkompetenten Taktikern zu bestehen. Es ist nämlich ein gewaltiger Unterschied, ob man bloß darauf verzichtet, sich ein betont rechtes Profil zuzulegen, oder ob man aktive Affirmation der herrschenden Ideologie betreibt:

Es konnte keinen taktischen Grund geben, den Satz, Deutschland brauche Zuwanderung, ins Programm zu schreiben, ethnische Vielfalt („Pluralität“) als „Bereicherung“ zu preisen, Islamkritiker aus der Partei zu werfen, Wahlplakate in türkischer Sprache zu drucken, die gesamte EU-Problematik auf den Euro zu reduzieren (und damit durchblicken zu lassen, dass man selbst den EU-Beitritt der Türkei für kein wirkliches Problem hält), und sich beim Thema „Meinungsfreiheit“ nicht einmal zu klassischen liberalen Positionen durchzuringen. Das konnte keine Taktik sein, war also Überzeugung. Als Taktik wäre diese Politik mit dem gestrigen Abend gescheitert.

Die Stimmen, die der AfD zum Einzug in den Bundestag gefehlt haben, waren die Stimmen enttäuschter Oppositioneller, die gerne eine Alternative unterstützt hätten, aber beim besten Willen nicht erkennen konnten, warum sie eine Partei wählen sollten, die ihre Interessen und Überzeugungen nicht nur nicht vertritt, sondern geradezu verteufelt. Die aber erkennen mussten, dass gerade ein Erfolg der AfD diesen Kurs bestätigt und zementiert hätte.

Die Analysen der Meinungsforscher besagen, dass nur eine kleine Minderheit der AfD-Wähler in dieser Partei eine regierungsfähige Alternative sieht. Die AfD hat Protestwähler angezogen (und zwar aus allen politischen Lagern) – Wähler also, die die AfD nicht wegen, sondern trotz ihres angepassten Auftretens gewählt haben. Protestwähler bedient man durch Protest. Wie groß das Protestpotenzial in Deutschland ist, erkennt man gerade daran, das selbst eine bloß halbherzig protestelnde Partei wie die AfD es bis knapp an die bewusste Hürde schaffen konnte. Insofern hätte sich für die Partei ein strammer Rechtskurs zwar wahrscheinlich nicht ausgezahlt (zumindest hätte er ihr eine ganz andere Art von publicity verschafft), wohl aber der Wille, der weitverbreiteten Unzufriedenheit eine kraftvolle Stimme zu geben, und der Mut zu Provokation, Klartext und Polemik. Die AfD hat ihre Chance verpasst, weil es ihr an diesem Mut gefehlt hat.

AfD: Islamkritiker unerwünscht

Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet in ihrer Netzausgabe über einen Vorgang, den ich besser nicht kommentiere, weil das dazu erforderliche Vokabular einem guten Christenmenschen nicht über die Lippen kommen sollte:

Theologe Kuhlmann verlässt Partei

AfD lädt Islamkritiker als Redner wieder aus

Osnabrück. Die eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat den Islamkritiker Karl-Heinz Kuhlmann als Redner vorgesehen, aber vor seinem Vortrag wieder ausgeladen. Begründung der AfD nach seinen Angaben: Er werde im Internet als Rechtsextremist geführt, habe dies aber bei seinem Eintritt in die AfD „hinterlistig“ verschwiegen.

Kuhlmann

Kuhlmann sollte in der vergangenen Woche auf einer Veranstaltung der AfD im Hotel Leckermühle in Bohmte bei Osnabrück über „Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“ sprechen. Dort wurde dann eine Erklärung verlesen, warum die AfD auf den Auftritt verzichtete. Kuhlmann teilte dazu auf Anfrage unserer Zeitung per E-Mail mit, ihm sei der Parteiausschluss aus der AfD „angedroht“ worden. Dem sei er durch einen Austritt zuvorgekommen. Der in Bohmte lebende Islamkritiker und emeritierte Professor für evangelische Theologie hält sich derzeit in San Francisco auf, wo er Doktoranden der Olivet University betreut.
Kuhlmann hat in Vorträgen und Leserbriefen immer wieder Kritik am Islam, insbesondere am Lehrstuhl für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, sowie am Koran geübt. Er war 1963 bis 1996 evangelischer Pastor in Arenshorst bei Bohmte und gehörte über viele Jahre der CDU an. Er zählte zu den Erstunterzeichnern eines „Manifestes gegen den Linkstrend“ in der CDU. Dessen Befürworter kritisierten auch eine nach ihrer Ansicht „gescheiterte Multikulti-Integrationspolitik“.

Alleinschuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg bestritten?

Weil der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) im Frühjahr 2010 eine Muslimin in sein Kabinett berief – die damalige deutsch-türkische Sozial- und Gesundheitsministerin Aygül Özkan – trat der Islamkritiker aus der Unionspartei aus. Im Internet wird er unter anderem als „ neofaschistischer Festredner “ bezeichnet. Vorgeworfen wird Kuhlmann etwa, dass er am „Tag der Heimat“ am 2. September 2012 in Espelkamp die deutsche Alleinschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bestritten hat. Unter anderem war er Autor der Wochenzeitung „Junge Freiheit“.

Distanzierung vom rechten Rand

AfD-Pressesprecherin Dagmar Metzger erklärte in Berlin, die AfD als demokratische Partei distanziere sich klar vom rechten Rand. Das zeige auch das Beispiel Kuhlmann. Es sei wichtig, schnell zu reagieren und in solchen Fällen konsequent aus der Partei auszuschließen.

Zum Originalartikel: hier klicken!

Zwölf Anmerkungen zur AfD

Nachdem die Debatte über meinen kritischen AfD-Artikel in der Sezession (wer ihn noch nicht gelesen hat: bitte hier klicken und das nachholen) bei mir den ernüchternden Eindruck hinterlassen hat, tauben Ohren zu predigen, habe ich im dortigen Kommentarbereich ein thesenartiges Resümee gezogen. Da ich nicht will, dass es mehr oder minder in der Versenkung verschwindet, wiederhole ich es hier:

Da die Debatte sich dem Ende zuneigt, ziehe ich für mich das Fazit:

1. Kaum einer der Kommentatoren ist auf das zentrale Argument der Wechselwirkung von Politik und Metapolitik eingegangen, und keiner hat die Anregung aufgegriffen, von den erfolgreichen Methoden der Linken zu lernen.

2. Man kann durchaus versuchen, zuerst eine Partei zu etablieren und von dieser gewonnenen Position aus auf die metapolitische Struktur des Landes einzuwirken. Nur muss man das auch wollen. Dieser Wille ist bei der AfD nicht erkennbar.

3. Viele (E-Mail-Schreiber noch mehr als Kommentatoren) versichern mir, wie konservativ und rechts die Basis der AfD sei, und dass sie fast alle die JF läsen. Wenn das so ist, und ich zweifle nicht daran: Wie konnte eine solche Parteibasis sich ein Programm oktroyieren lassen, das ihren Überzeugungen ins Gesicht schlägt?

4. Ich kann nicht erkennen, wie ausgerechnet eine Parteibasis, die schon beim ersten Test so viel Charakterschwäche hat erkennen lassen, imstande sein soll, zum ersten Mal in der deutschen Parteiengeschichte das eherne Gesetz der Oligarchie zu durchbrechen und der Parteiführung ihren Willen aufzuzwingen.

5. Der Tenor in vielen Kommentaren lautet, die AfD sei die letzte, beste oder einzige Chance der Rechten, und dieser Chance zuliebe müsse man Kröten schlucken. Wer so argumentiert, zeigt, dass er durch seine eigene Verzweiflung erpressbar ist. Er wird es erst recht sein, wenn die Partei erst einmal im Bundestag sitzen sollte.

6. Alle Argumente, die jetzt dafür sprechen, bestimmte heikle Themen bis nach der Bundestagswahl auszuklammern oder in regimekonformer Weise zu behandeln, werden nach der Bundestagswahl dafür sprechen, sie bis nach der Europawahl, der nächsten Landtagswahl, der übernächsten Bundestagswahl, letztlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag zu vertagen.

7. Wer sich von den Stimmen von Wählern abhängig macht, die etwas anderes wollen als er selber, wird gezwungen sein, eine andere Politik zu machen, als er selber will.

8. Die Behauptung, die Anpassung der AfD an herrschende Ideologie sei nur Rhetorik und Taktik, wird durchweg von Leuten vorgebracht, die gar nicht in der Position sind, darüber zu entscheiden, ob sie tatsächlich Taktik ist.

9. Ich kann nicht erkennen, warum die AfD-Führung für die Präferenzen ihrer Basis nicht genausoviel Verachtung zeigen könnte wie vor ihr die CDU-Führung.

10. Alle erfolgreichen rechtsalternativen Parteien Europas, ohne Ausnahme, haben auf eine Strategie der Provokation, und eben nicht der Anpassung, gesetzt. Ich kann nicht erkennen, warum das in Deutschland anders sein soll.

11. Eine Strategie der Leisetreterei ist erst unlängst von der Partei „Die Freiheit“ versucht worden und spektakulär gescheitert. Daraus die Konsequenz eines more of the same zu ziehen und die Anpassung noch weiter und bis an den Rand der Selbstverleugnung zu treiben, ist eine Idee, deren Weisheit mir nicht einleuchtet.

12. Es spricht nichts dagegen, den deutschen Parteienzoo um eine liberale eurokritische Partei zu bereichern. Nur kann dies kein rechtes Projekt sein.

Die „Alternative für Deutschland“ – Interview mit Wolfgang Hübner

Wolfgang Hübner ist Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Frankfurter Römer und seit kurzem Mitglied der Partei „Alternative für Deutschland“. Im folgenden Interview befrage ich über die Gründe für seinen Wechsel und seine Einschätzung der AfD.

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Manfred Kleine-Hartlage auf Sezession im Netz
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