Carl Schmitt: „Völkerrechtliche Großraumordnung…“ (Rezension)

Mir scheint, dass politische Werte in dem Moment zum Totalitarismus tendieren, wo man sie als universell gültig auffasst. Das gilt sowohl sachlich als auch räumlich: Sachlich bedeutet es, dass solche Werte sich schwertun, politik- und ideologiefreie Lebensbereiche zuzulassen (etwa die Autonomie der Religion zu respektieren), während sie in  räumlicher Hinsicht auf die Intoleranz gegenüber der Existenz von Systemen hinauslaufen, die auf anderen Wertprämissen basieren. Liberalismus, Kommunismus und Islam (in seiner Eigenschaft als politische Ideologie), so unterschiedlich sie sonst sind, konkurrieren miteinander auf der Basis gleichartiger Ansprüchen auf universelle Gültigkeit.

Dieser Anspruch auf Universalität ist bereits per se ein Indiz für den religiösen Charakter der jeweiligen Doktrin, die keine Götter neben sich duldet. Dies gilt also nicht nur in Bezug auf den Islam, wo sich das von selbst versteht, und den Kommunismus, dessen Verheißung innerweltlicher Erlösung ihn schon immer als säkulare Religion ausgewiesen hat. Es gilt auch für den westlichen Liberalismus, und es ist kein Zufall, dass dessen totalitäre Züge umso stärker hervortreten, je schwächer, global gesehen, seine Gegner sind.

Es geht hier – wohlgemerkt – nicht darum, ob diese westlichen Werte etwas Gutes oder etwas Schlechtes sind. Demokratie, einklagbare Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit – das wünsche ich mir für mein eigenes Land sehr wohl (und umso mehr, je stärker es  unter den Beschuss angeblich liberaler Eliten gerät). Diese Dinge sind aber Ergebnisse einer historischen Entwicklung, sie passen zu einem ganz bestimmten kulturellen und religiösen Hintergrund – aber eben nicht zu jedem.

Dass politische Werte nicht ohne weiteres aus einem Kontext in den anderen verpflanzt werden können, lehrt bereits die Regelmäßigkeit, mit der die Demokratisierung der islamischen Welt scheitert. Aber auch im Hinblick auf Europa scheint mir, dass die Globalisierung, die Ent-Grenzung, die Strukturauflösung im Namen liberal-individualistischer Doktrinen längst ein Maß erreicht hat, das uns vor die Wahl stellt, entweder zurückzurudern oder unterzugehen.

Im Zuge des lang andauernden Konflikts zwischen Liberalismus (Kapitalismus) und Sozialismus als konkurrierenden Heilslehren ist geradezu in Vergessenheit geraten, dass politische Wertvorstellungen nicht von Natur aus universalistisch sind; dass vielmehr die Partikularität, die sachliche und räumliche Begrenzung ihres Gültigkeitsbereiches menschlichem Maß womöglich viel eher gerecht wird als eine Doktrin, die sich als politischer Passepartout versteht.

Carl Schmitt

Wenn man sich von der Herrschaft jener unhinterfragten Selbstverständlichkeiten freimachen will, die für Liberalismus und Kommunismus gleichermaßen gelten, dann lohnt es sich, an die verschütteten geistigen Traditionen der deutschen Rechten anzuknüpfen – nicht, um sich nun wiederum irgendeiner, diesmal rechten, Heilslehre anzuschließen, sondern weil es sich um eine geistige Tradition handelt, die das Eigenrecht des Partikularen betont. Ich habe mir deshalb dieser Tage Carl Schmitts „Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ von 1941 vorgenommen:

Schmitts Analyse geht von der Monroe-Doktrin von 1823 aus, also von dem klassischen Prinzip amerikanischer Außenpolitik, Einmischungen europäischer Mächte auf den amerikanischen Kontinenten nicht zu dulden, die Selbstbestimmung der amerikanischen Staaten zu schützen, Kolonisierung und militärische Interventionen von außerhalb gegebenenfalls mit Gewalt zurückzuweisen.

James Monroe

Da diese Doktrin etwa seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert häufig als Mäntelchen für eine höchst imperialistische Politik gegenüber Lateinamerika (und sogar über die Amerikas hinaus, d.h. als Grundlage des Globalismus) herhalten musste, erinnert Schmitt daran, dass der historische Ausgangspunkt ein ganz anderer und sogar gegenteiliger war: nämlich die Zurückweisung eines drohenden Universalitätsanspruches der Heiligen Allianz. Es ging also darum zu verhindern, dass das in Europa frisch restaurierte Prinzip der monarchischen Legitimität auf Amerika (praktisch auf den ganzen Planeten) ausgedehnt wurde. Schmitt sieht darin den Beginn einer neuen und zukunftsweisenden Idee, nämlich der Idee der Großraumordnung. „Großraumordnung“ heißt, dass ein Raum, größer als ein Staat, aber kleiner als der Planet, aufgrund der politischen Ideen seines stärksten Volkes völkerrechtlich ausgestaltet wird. Ein solches Völkerrecht ist naturgemäß partikular.

In Amerika selbst, so fährt Schmitt fort, erfuhr diese Idee allerdings gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Umdeutung ins Gegenteil, und zwar unter dem Einfluss britischer Ideen. Das britische Empire war ja so etwas wie die erste Globalisierung, und das britisch beeinflusste Völkerrecht basierte auf der Annahme universell gültiger Rechtsprinzipien, die – natürlich rein zufällig – mit den Interessen des Empire konform gingen (Freiheit der Meere etc.).

Schmitt arbeitet sehr scharf den Gegensatz zwischen dem amerikanischen Konzept der partikularen und dem britischen der globalen Ordnung heraus. Und in der Tat: Ich habe zwar bisher immer die amerikanischen Werte „life, liberty and the pursuit of happiness“ (noch dazu, wenn man sie als „self-evident truths“, d.h. als universell gültig auffasst) unter dem Gesichtspunkt betrachtet, wie sehr sie einer weltweiten Ausdehnung des Liberalismus Vorschub leisten, aber Schmitts Aufsatz bringt mich doch ins Grübeln. Es besteht ja ein nie völlig überzeugend aufgelöster Widerspruch zwischen dem amerikanischen Volkscharakter und dem amerikanischen Globalismus:

Auf der einen Seite ein Volk, dessen politisches Wertesystem erkennbar bis heute das einer Bauerndemokratie ist, und das das Eigenrecht des Partikularen betont, des Lokalen, des Regionalen, der religiösen Dissidenz, der Bundesstaaten und des Individuums gegebenenfalls auch gegen die Machtansprüche selbst eines noch so demokratischen Staates.

Auf der anderen Seite ein „Internationalismus“, der liberale Ordnungsvorstellungen der ganzen Welt aufzwingen will, und dies notfalls mit Gewalt.

Diese letztere Disposition scheint auch mir bei näherem Hinsehen eher britisch-imperialen als amerikanischen Traditionen zu entspringen, und die Briten sind ja auch heute noch die größten Globalisierungsmasochisten der westlichen Welt, viel mehr als die Amerikaner.

(Ich bin immer noch am Rätseln, was am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen den Eliten beider Länder eigentlich vorgegangen ist. Auffallend ist jedenfalls, dass innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünfzehn Jahren beide Länder, die bis dahin erbittert konkurriert hatten, zu einem nahezu allumfassenden politischen Gleichklang gefunden haben; dass sie sich scheinbar ohne zwingenden Grund gegen Deutschland wandten; und dass ihre politischen Ordnungsvorstellungen zunehmend auf ein Welt-Völkerrecht nicht nur als Mittel der Konfliktregulierung, sondern der Konfliktverhinderung, ja geradezu der Entpolitisierung der internationalen Beziehungen hinausliefen. Ich kann es nicht beweisen, halte es aber für eine plausible Hypothese, dass Deutschland ausgeschaltet werden musste, weil es einem solchen Projekt durch seine schiere Macht, aber auch durch seine nichtliberalen Traditionen im Wege stand. Ob die Briten schon wussten, dass sie auf dem absteigenden Ast saßen und die Verbindung mit den Amerikanern suchten, um, wenn schon nicht Macht, so doch wenigstens Einfluss zu behalten? Auffallend ist jedenfalls, mit welcher Gelassenheit und Selbstverständlichkeit die Briten schon vor dem 2.WK begannen, ihre weltweiten Positionen zu räumen, in die dann die Amerikaner einrückten. Als wäre damit nur vollzogen worden, was von langer Hand geplant gewesen war.)

Schmitt deutet den Gegensatz zwischen seinem Großraumkonzept und der angelsächsichen Konzeption des Globalismus als zwei verschiedene Wege, einen unter dem Einfluss technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen relativierungsbedürftig gewordenen Staatsbegriff zu überwinden, zumindest aber neu zu deuten:
Das Konzept des liberalen Universalismus tendiert zur Abschaffung des Staates durch Übertragung aller Rechte zum einen nach unten – an das Individuum -, zum anderen nach oben – an die globalen Institutionen, letztlich an einen Weltstaat.

Schmitt selbst  relativierte den Staat – ohne ihn in seiner Ordnungsfunktion freilich ersetzen zu wollen – in anderer Weise: Auf der einen Seite nach unten durch die Aufwertung des Volkes (in der liberalen Doktrin gibt es zwischen dem Staat und dem Einzelnen ja nichts, das „Volk“ als gedachter Souverän ist dort nicht mehr als eine fiktive Versammlung von Einzelpersonen); auf der anderen Seite nach oben durch die Einführung des Reichsbegriffs als völkerrechtlicher Kategorie. Dieser Begriff läuft im vorliegenden Zusammenhang darauf hinaus, unter „Reich“ die Einheit zu verstehen, die die völkerrechtlichen Regeln für den von ihr beherrschten Großraum setzt, und zwar auf der Basis der derjenigen Ideen, die für ihr eigenes Volk charakteristisch sind.

Spätestens an dieser Stelle stößt man auf die Problematik des ganzen Entwurfs, wenn nicht sogar auf eine möglicherweise unüberwindbare „Dialektik des Antiglobalismus“, wenn dieser verhorkheimerte Ausdruck gestattet ist:
Es liegt in der Natur der Sache, dass zwischen Völkern irgendwelche Umgangsregeln gelten, und auch wenn man die nicht in ein formalisiertes Rechtssystem fassen will, so ist etwas wie eine internationale Geschäftsmoral doch unerlässlich. In Großräumen, in denen es eine Hegemonialmacht gibt, werden deren Interessen wie von selbst die Grundlage dieser Regeln bilden (Schmitt hat das ja mit Blick auf die Monroedoktrin gezeigt). Umfasst der Großraum den gesamten Planeten, sprechen wir von Globalisierung bzw. Globalismus. Will man diesen Zustand nicht, so bleibt kaum eine andere Wahl, als einen eigenen Großraum unterhalb der globalen Ebene zu schaffen. Und dann reproduziert sich innerhalb dieses Raumes nahezu unweigerlich die Tendenz zu „Rationalisierung“, Vereinheitlichung und Nivellierung, mindestens aber zur Herstellung von Verhältnissen existenzieller Abhängigkeit von der Führungsmacht. Auf dem amerikanischen Kontinent war das jedenfalls der Fall, unter der kurzlebigen deutschen Hegemonie in Europa erst recht. (Und selbstverständlich habe ich nicht übersehen, dass Schmitts Arbeit ausgerechnet aus dem Jahr 1941 stammt, als es für ihn galt, ein solches Hegemonialprojekt ideologisch und juristisch abzusichern.)

Es handelt sich um ein echtes Dilemma, weil man sozusagen den Teufel mit Beelzebub austreiben muss. Das bedeutet zumindest eines: dass es kein „ideales“ System geben kann, und dass man ein solches auch gar nicht erst anstreben sollte. Was man aber anstreben sollte, wenn es zur Abwehr des Globalismus schon so etwas wie einen europäischen Großraum geben muss (und wir voraussetzen, dass er nicht durch deutsche Hegemonialpolitik zustande kommt), ist die Europäisierung rechten Gedankenguts; was zum einen bedeutet, sich auf europäischer Ebene besser zu vernetzen als bisher; zum anderen aber, den Globalisten den Begriff „Europa“ streitig zu machen und ihn konservativ zu deuten, um so etwas wie eine gemeinsame Sprache der europäischen Rechten zu finden.

(Dass die EU als Verkörperung des liberalen Europa-Begriffs alles andere ist als die organisatorische Form, in der Europa sich gegen den Globalismus behaupten könnte, liegt schon deshalb auf der Hand, weil sie die Völker Europas nicht nur im Verhältnis zueinander entgrenzt – was schon problematisch genug, aber wahrscheinlich noch tragbar wäre -, sondern vor allem im Verhältnis zur Außenwelt. Im Grunde ist die EU dazu da, Chaos von außerhalb zu importieren und zu kanalisieren, um die strukturelle Instabilität einer globalisierten Welt auszugleichen – wenigstens für eine Weile, bis Europas eigene Binnenstabilität zerstört ist.)

Ich selber habe mir zum Beispiel angewöhnt, nicht mehr von „Europäern“, sondern von den „Völkern Europas“ zu sprechen; analog sollte man statt von der „europäischen Kultur“ von den „europäischen Kulturen“ sprechen – wobei der Plural die Partikularitäten, das Wort „europäisch“ das Verbindende betont. Es liegt ja auf der Hand, dass die Völker Europas und ihre Kulturen bei aller jeweiligen Einzigartigkeit eng miteinander verwandt sind. Man sollte der Versuchung widerstehen, der gleichmacherischen Tendenz des liberalen Europa-Begriffs eine Begrifflichkeit gegenüberzustellen, in der diese verbindenden Momente (quasi aus Daffke) unterschlagen und nur noch nationale Partikularitäten betont werden.

Im Larvenstadium gibt es ja schon so etwas wie eine gemeinsame Sprache der Rechten in Europa (mit ebensovielen Dialekten, wie es Völker gibt), und eine rechte Gegenöffentlichkeit. Wenn es gelingt, dies weiterzuentwickeln, dann könnte eine Festung Europa womöglich ohne Hegemonialmacht auskommen, allein auf der Basis einer gemeinsamen, den Wert des Partikularen und historisch Gewachsenen betonenden rechten Ideologie.

Erhard Eppler: „Auslaufmodell Staat?“ (Rezension)

Wenn es einen Punkt gibt, in dem das Denken vieler heutiger Konservativer in Europa kaum noch etwas mit dem zu tun hat, was noch bei ihren Vätern und Großvätern mit Selbstverständlichkeit als „konservativ“ galt, dann ist es das Verhältnis zum Staat. Der Hass, der auf rechten Webseiten über den Staat, speziell den Sozialstaat, ausgeschüttet wird, spottet jeder Beschreibung.

Zum Teil mag dies mit dem Verhalten des Staates selbst zu tun haben: Ein Staat, der, wie die Bundesrepublik, die Liquidierung des eigenen Volkes – als Demos, als Nation, als Ethnie, als Idee und Realität – zum Staatsziel, ja zur Staatsräson erhebt, kann von diesem Volk schwerlich Loyalität erwarten. Im Grunde ermuntert er sogar jeden einzelnen Bürger, indem er ihn als freien Einzelnen ohne Bezug zu einem größeren Ganzen definiert, zu einer individuellen Kosten-Nutzen-Analyse, ob Loyalität sich für ihn persönlich rechnet. Und wundert sich dann über das Ergebnis.

Ich glaube aber, dass es für viele rechte Staatshasser schon gar nicht mehr darauf ankommt, was der Staat tut oder lässt. Es geht nicht um diesen Staat, es geht um den Staat schlechthin, dessen Ablehnung, völlig unabhängig von seinem Verhalten, Programm und Ideologie zu sein scheint.

Wo dies der Fall ist, kommt darin eine Amerikanisierung des Denkens und eine Verachtung der eigenen kulturellen Traditionen zum Ausdruck, die für Konservative mindestens ungewöhnlich ist. Dabei ist „Amerikanisierung“ nicht als polemische Spitze gemeint, sondern als korrekter Ausdruck für die gedankenlose Übernahme eines fremden politischen Wertesystems:

Um es an den Nationalhymnen festzumachen, bedeutet einen Unterschied, ob eine Nation ihr Land als eines „der Freien und der Tapferen“ definiert oder sich selbst als ein Volk, das „fest zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält“. Für Amerikaner ist der freie Einzelne die Basis der Nation, für Deutsche die zwischen ihnen bestehen(sollen)de Solidarität, das „Wir“, als dessen Repräsentant der Staat – als abstrakter Gesamtmonarch – gilt. (Und ein Teil des Zorns auf die BRD resultiert daraus, dass sie dieser Erwartung erkennbar nicht gerecht wird.)

Demgemäß tendieren Amerikaner dazu, sich zum Staat ungefähr so zu verhalten wie zu einer bösen Schwiegermutter: bestenfalls ein notwendiges Übel, das man aus dem eigenen Leben möglichst heraushält, weil es dort nur Unheil stiften kann. Die Nation verkörpert sich dort in der Zivilgesellschaft, nicht im Staat. Weil das so ist und zum Selbstverständnis der amerikanischen Nation gehört, sind libertäres und konservatives Denken dort ohne weiteres vereinbar und bedingen einander sogar. Eine zutiefst respektable Tradition – die aber nicht unsere ist. Man kann einiges davon lernen; wer sie aber zum Modell für die ganze Welt erheben will, formuliert ein weltrevolutionäres Projekt, also nichts, was man sinnvoll „konservativ“ nennen könnte.
Indem ich dies schreibe, habe ich auch schon einen Teil der Thesen wiedergegeben, die Erhard Eppler in „Auslaufmodell Staat?“ entwickelt; er freilich von einem sozialdemokratischen Standpunkt. Nein, ich werde meinen Blog nicht zu einer Werbeplattform für sozialistisches Gedankengut machen, auch wenn ich jetzt zwei linke Sozialdemokraten nacheinander positiv rezensiere. Ich glaube aber, dass man sich gerade auf der politischen Rechten intensiv damit auseinandersetzen sollte, wie neoliberale Ideologie zur Zerstörung gewachsener Strukturen und der mit ihnen verbundenen sozialen und moralischen Werte führt. Zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sollte es auch unter Konservativen nicht mehr möglich sein, Ideen allein dadurch zu erledigen, dass man sie als „sozialistisch“ brandmarkt.

Die Frage, welche Güter besser privat und welche kollektiv bereitgestellt werden sollten, ist eine Frage von Interessen; desgleichen die Frage, wieviel soziale Sicherheit es geben sollte, und für wen es sie geben sollte. Wer diese Fragen als solche der „reinen Vernunft“ behandelt, weswegen es nur eine – und immer dieselbe – Antwort darauf geben könne, will betrügen. Die faulen Ausreden von Neoliberalen, die die verfolgte Unschuld spielen, weil angeblich ihre Lehre verzerrt und einseitig dargestellt werde, werden kurz und trocken erledigt:

In der Praxis ist man immer für weniger Staat, ohne zu sagen, wo die Theorie den funktionsfähigen Staat für unerlässlich hält. In der Praxis ist man immer für Deregulierung, ohne darüber nachzudenken, dass es ja die Aufgabe des Staates ist, Regeln zu setzen. In der Praxis ist man immer für Privatisierung, ohne auch nur anzudeuten, wo die Grenze der Privatisierung liegen könnte. In der Praxis ist man immer für Steuersenkung, auch wenn gerade eine stattgefunden hat. In der Praxis ist man erst für die Senkung des Spitzensteuersatzes, dann für ein Stufenmodell und schließlich für den gleichen Steuersatz für alle. Und vor allem: In der Praxis schafft man selbst einen beträchtlichen Teil der Zwänge, auf die man sich nachher beruft. (S.63)

Eppler bringt die entscheidenden Fragen auf den Punkt: wieviel Entstaatlichung man sich leisten kann, ohne in Zustände abzurutschen, wie sie in der Dritten Welt herrschen, und zwar durchaus nicht nur in „failed states“, sondern auch in Ländern wie Brasilien; wieviel Demokratie eigentlich möglich ist, wenn alle lebenswichtigen Ressourcen einer Gesellschaft sich in der Hand von Privatleuten befinden; was eine EU wert sein soll, deren leitender Wert nicht die Demokratie, sondern die Marktwirtschaft ist; was es bedeutet, wenn Gesellschaft auf Ökonomie reduziert wird; wer von einem unterfinanzierten und schwachen Staat profitiert, und dergleichen mehr.

Der Autor schreibt pointiert und überzeugend (und stilsicher: Es macht Spaß, ihn zu lesen!), wenn auch mit den üblichen blinden Flecken linker Autoren; etwa, wo er zwar völlig richtig analysiert, dass die EU ein Instrument zur Durchsetzung neoliberaler Wirtschaftsideologie (und das heißt: zur Entmachtung der Nationalstaaten und ihrer gewählten Regierungen, zur Nivellierung ihrer Institutionen und zur Kommerzialisierung ihrer kulturellen Werte) ist, anschließend aber ohne weitere Begründung die Hoffnung äußert, sie könne vielleicht doch noch demokratisch werden. Da wird der Wunsch zum Vater des Gedankens, weil die Alternative, nämlich die Revitalisierung des Nationalstaates, durch die Frieden-um-jeden-Preis-Ideologie (die ich in meinem Artikel „NWO – eine Verschwörungstheorie?“ dargestellt habe) tabuisiert ist.

Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch – jedenfalls für solche Konservativen, die sich nicht von dem sprichwörtlichen Gespenst des Kommunismus ins Bockshorn jagen lassen und sich nicht selbst Denkblockaden auferlegen wollen.

NWO – eine Verschwörungstheorie?

Jeder, der viel im Netz unterwegs ist, dürfte das Kürzel „NWO“ kennen – Neue Weltordnung. Es wird üblicherweise auf der politischen Rechten verwendet und bezeichnet – ja, was eigentlich?

Es gibt Leute wie den Bloggerkollegen Kewil, die schon Pickel bekommen, wenn sie „NWO“ nur hören, zumal wenn es in Verbindung mit Stichwörtern wie „Bilderberger“, „Trilaterale Kommission“, „Council on Foreign Relations“ etc. auftaucht. Da wittert eben Mancher Verschwörungstheorien, und dann fällt bei ihm die Jalousie herunter.

Osimandias, der bisher hauptsächlich auf PI kommentiert hat, hat jetzt in einem sehr lesenswerten Gastbeitrag für den „Counterjihad“ die meines Erachtens zutreffende Vermutung geäußert, dass die Ideologie, die der NWO zugrundeliegt, längst im Bewusstsein breiter Schichten verankert ist, auch in dem vieler liberaler Islamkritiker, und dass deswegen jeder, der die Neue Weltordnung als Realität behandelt, Gefahr läuft, als durchgeknallter Verschwörungstheoretiker abgestempelt zu werden.

Wenn große Teile dieser Ideologie nämlich als Selbstverständlichkeiten verinnerlicht sind, dann tut sich Jeder schwer, der von einem konservativen Standpunkt, und das heißt: auf der Basis völlig anderer Selbstverständlichkeiten argumentiert. Zumindest, wenn er nicht definiert, was er unter der „Neuen Weltordnung“ eigentlich versteht, und dass sie nicht nur eine auf die Zukunft gerichtete Utopie, sondern bereits mindestens zur Hälfte verwirklicht ist. Dass also die Transformation der Welt auf der Basis globalistischer Utopie längst im Gange, dass sie politisch gewollt (und nicht etwa „von selber“ stattfindet) und dass sie dabei ist, das Mark der Zivilisation zu anzufressen.

Beginnen wir also mit dem Ist-Zustand und beschreiben die bereits existierenden Bestandteile der Neuen Weltordnung und die erkennbare Entwicklung:

Seit über einhundert Jahren, genauer seit den Haager Konferenzen von 1899 und 1907 laufen die Bemühungen um eine weitgehende Verrechtlichung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Bei besagten Konferenzen ging es um Abrüstung, vor allem aber um die Einführung einer obligatorischen internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Die damals entwickelten Ideen wurden während des Ersten Weltkriegs mit dem Kriegseintritt Amerikas zu Kriegszielen der Alliierten erhoben und nach dem Krieg im Völkerbund institutionalisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Staaten durch ein immer engmaschigeres Netz multilateraler Vertragssysteme und Organisationen aneinander gebunden und auf das je spezifische Regelwerk festgelegt.

Manche dieser Institutionen sind global, andere regional, aber alle zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Regelwerke die Autonomie der Nationalstaaten systematisch und zum Teil empfindlich beschneiden. Zu diesen Institutionen gehören – natürlich – die Vereinten Nationen als Nachfolger des Völkerbundes, die Bretton-Woods-Institutionen IWF und Weltbank, die WTO, die EU, die NATO, der Internationale Strafgerichtshof und Dutzende, zum Teil weniger bekannter weiterer Organisationen. Dabei ist die Verlagerung von Kompetenzen von den Nationalstaaten auf solche Organisationen ein Prozess, der noch lange nicht an seinem Ende angekommen ist: Das im Entstehen begriffene globale Klimaregime ist der aktuell bedeutendste Schritt dazu, und es zeigen sich Anzeichen, dass die Nationalstaaten einem ganz ähnlichen „Menschenrechts“-regime unterworfen werden sollen, wobei die „Menschenrechte“ im wesentlichen Teilhaberechte und Diskriminierungsverbote zugunsten von Migranten sind und immer dann ins Spiel gebracht werden, wenn es gilt, die Souveränität westlicher Staaten zu untergraben und ihre Völker an der Verfolgung ihrer eigenen Interessen zu hindern.

Um die Bedeutung dieses Prozesses angemessen zu würdigen, müssen wir uns zweierlei klarmachen: erstens, dass internationale Verträge stets und ausnahmslos Vorrang vor innerstaatlichem Recht haben. Es kann sich also kein Staat etwa auf seine eigene Verfassung berufen, um seinen Pflichten aus internationalen Verträgen zu entgehen – an sich ein sinnvolles und für die Rechtssicherheit zwischen Staaten sogar zwingendes Rechtsprinzip, das erst in dem Moment problematisch wird, wo im großen Stil Kompetenzen „internationalisiert“ werden. Dann greift das zweite Charakteristikum multilateraler Vertragssysteme: dass ihr Zustandekommen nämlich völlig undurchschaubar ist. Wenn 27 Regierungen (in der EU) oder gar 153 (in der WTO) zu einstimmigen Ergebnissen kommen sollen, dann sind Kuhhändel hinter verschlossenen Türen nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall. Die Öffentlichkeit wird nur kryptisch informiert, das Verhalten der jeweils eigenen Regierung keiner kritischen Überprüfung unterzogen, der nationale Gesetzgeber vor vollendete Tatsachen gestellt. Kontrolle findet nicht statt, demokratische Willensbildung schon gar nicht.

Dabei unternimmt kaum eine Regierung auch nur den Versuch darzulegen, welcher konkrete Vorteil mit jeder neuen Auslagerung nationaler Kompetenzen verbunden sein soll. Oft genug müssen Phrasen herhalten, wo die Argumente fehlen. Es häufen sich aber die Fälle, wo die politische Klasse es nicht einmal für nötig hält, sich irgendeine konkrete Begründung aus den Fingern zu saugen, sondern ganz offen bekennt, dass die Auszehrung des Nationalstaates für sie per se etwas Gutes ist:

Aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:

Merkel setzt sich für neue globale Ordnung ein

Es geht darum, Kompetenzen abzugeben: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zum 20. Jahrestag des Mauerfalls vehement für eine neue globale Ordnung geworben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für eine neue globale Ordnung ausgesprochen, in der die Nationalstaaten Kompetenzen an multilaterale Organisationen abgeben. Ein friedliches Zusammenleben in der Welt werde nur in einer solchen globalen Ordnung möglich sein, sagte Merkel am Montag in Berlin auf der anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls stattfindenden Wissenschaftskonferenz „Falling Walls“.

Als Beispiel für solch eine multilaterale Organisation nannte Merkel die EU, die durch ihre Mitgliedsstaaten gestärkt worden sei, obwohl nicht alle Entscheidungen aus Brüssel geliebt würden. Im Vergleich zu den Europäern hätten die Amerikaner mehr Probleme, Kompetenzen abzugeben. Dies sei aber für eine friedliche Zukunft notwendig. „Eine der spannendsten Fragen, um Mauern zu überwinden, wird sein: Sind die Nationalstaaten bereit und fähig, Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben.“

Die „friedliche Zukunft“, das „friedliche Zusammenleben in der Welt“ – das sind offenbar die Gesichtspunkte, die jede andere Überlegung verdrängen, und die vor allem jedem Kritiker das Maul stopfen – wer will sich schon nachsagen lassen, er sei gegen den Frieden? Da fragt kaum noch einer nach dem Preis, der für diese Art „Frieden“ zu entrichten ist.

Damit hat die Bundeskanzlerin eines der beiden ideologischen Axiome benannt, die das Ausufern multilateraler Vertragssysteme legitimieren. Es lautet, der Frieden müsse um jeden Preis bewahrt werden. Die auf diesem Axiom basierende Politik, den Krieg buchstäblich unmöglich zu machen (ausgenommen selbstverständlich für den Garanten dieser Ordnung, also Amerika nebst seinen Wurmfortsätzen), wird tatsächlich seit 1899 betrieben. Das klingt human und fortschrittlich; es impliziert allerdings, dass lebenswichtige Interessen ganzer Völker, bis hin zu ihrer schieren Existenz, nicht mehr verfolgt werden dürfen, sofern sie nur mit gewaltsamen Mitteln verfolgt werden können.

(Dies war übrigens der Grund dafür, dass das Deutsche Reich auf den Haager Konferenzen jegliche Einbindung in ein solches System kategorisch abgelehnt hat; man sah darin in Berlin bereits damals den Anfang vom Ende staatlicher Souveränität. Es spricht einiges dafür, dass Deutschland sich genau deshalb und damit die Feindschaft der angelsächsischen Mächte zugezogen hat, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg deutlich erkennbar war.)

Inzwischen greift das Völkerrecht bereits in die inneren Verhältnisse der Staaten ein: Der Internationale Strafgerichtshof und allgemein die Globalisierung der Strafverfolgung folgen konsequent der Linie, staatliche Gewaltanwendung einzudämmen: Was als Versuch begonnen hat, zwischenstaatliche Gewalt zu bändigen, legitimiert längst auch den Durchgriff des internationalen Rechtssystems in die Innenpolitik: Die wiederholten Versuche, israelische Politiker vor europäische Gerichte zu zerren, weil sie die Sicherheit ihres Volkes geschützt haben, lassen die Exzesse jener Verrechtlichungs-Orgie ahnen, die uns bevorsteht, und die die Souveränität der Nationalstaaten zur bloßen Fiktion werden lässt.

Ein solches „Recht“ erreicht nicht einmal das, was Recht normalerweise bewirken soll, also die Eindämmung des Faustrechts und die Bindung auch des Stärkeren an Spielregeln. Es erreicht das Gegenteil: Da staatliche Ordnung primär von der Durchsetzung des Gewaltmonopols abhängt (und höchstens sekundär von der Rechtsform, in der dies geschieht), liegt es in der Natur der Sache, dass Menschenrechte und Ordnung kollidieren – selbstverständlich nicht immer und überall, aber doch immer wieder.

Indem man nun – und darauf läuft die immer weitergetriebene Strafandrohung gegen staatliche Funktionsträger hinaus – den Nationalstaaten zur Aufrechterhaltung ihrer Ordnung und ihrer inneren und äußeren Sicherheit nur noch die Mittel zugesteht, die auf keinen Fall mit den Menschenrechten nach innen und mit dem internationalen Gewaltverbot nach außen kollidieren, schafft man im großen Stil Interventionsgründe auf Vorrat – denn letztlich kann man jeden Staat so weit in die Enge treiben, dass er sich nach den Maßstäben des Frieden-um-jeden-Preis-Rechts ins Unrecht setzt. Und dann interveniert man à la carte: gegen die Weimarer Republik, aber nicht gegen Mussolinis Italien. Gegen Ho-Tschi-Minh, aber nicht gegen Pol Pot. In Jugoslawien, aber nicht in Ruanda. Im Irak, aber nicht im Sudan.

Es stimmt schon: Man kann nicht überall intervenieren, wo Menschenrechte oder Völkerrecht verletzt werden. Nur darf man, wenn man das nicht kann, das „Recht“ auch nicht so exzessiv definieren, dass es nicht durchsetzbar ist. Es sei denn, man will Interventionsgründe schaffen:

Ich halte es nach meinem heutigen Wissensstand für wahrscheinlich, dass die kosovarische UCK, eine Mörder- und Terroristenbande, vom Westen schon vor dem Kosovo-Krieg vor allem aus einem Grunde unterstützt wurde: um die serbische Regierung in Aktionen zu treiben, die man ihr als versuchten Völkermord auslegen konnte! Wenn es um die globale Durchsetzung einer bestimmten Ideologie und Lebensweise geht, und ich werde zeigen, dass genau dies das Thema ist, dann setzt eine solche, ja, Weltordnung die globale Herrschaft einer Macht voraus, die genau dieser Ordnung verpflichtet ist. Widerstandsnester wie das Deutsche Reich oder Serbien werden nach und nach beseitigt, und zu diesem Zweck werden selbstredend sehr wohl Kriege geführt. Was den eklatanten Mangel an Unrechtsbewusstsein erklärt, mit dem amerikanische Entscheidungsträger mehr als einmal mutwillig Krieg geführt haben.

Dies ist übrigens einer von zwei Gründen, warum die Europäische Union niemals ein Bundesstaat sein wird: Sie wäre dann eine Supermacht auf Augenhöhe mir den USA, mit ihrem deutsch-französischen Schwerpunkt nicht unbedingt auf ein angelsächsisch-kapitalistisches Gesellschaftsmodell festgelegt. Amerika hat – und zwar nach herkömmlichen Maßstäben ohne Not – zwei Weltkriege geführt (drei, wenn man den Kalten Krieg mitrechnet), um genau diese Konstellation zu verhindern, dass Europa unter die Kontrolle einer Großmacht gerät, die dieses Gesellschaftsmodell ablehnt.

Womit wir – ich habe schon ein wenig vorgegriffen – bei dem zweiten Axiom wären, aufgrund dessen die Internationalisierung immer weiter wuchert: Bereits die oben genannte Liste der Organisationen (IWF, Weltbank, WTO, EU) und die ihnen zugrundeliegenden Prinzipien zeigen an, dass es darum geht, eine von Restriktionen und staatlichen Eingriffen, überhaupt von jeder sozialen Verpflichtung befreite Marktwirtschaft zu institutionalisieren, und dies eben nicht durch innerstaatliches Recht – wodurch sie ja zur demokratischen Disposition stünde – sondern durch Festschreibung in übernationalen, demokratischer Kontrolle entzogenen Vertragssystemen (was der zweite Grund ist, warum die EU kein Bundesstaat wird: Sie soll kein Staat werden, weil sie dadurch aufhören würde, eine institutionalisierte Ideologie zu sein. Es geht den Globalisten ja nicht darum, Kompetenzen, die bisher die Nationalstaaten innehatten, der EU zu übertragen, sondern darum, bestimmte politische Interventionsmöglichkeiten überhaupt zu vernichten.). Wer ein solches Ziel bejaht, und das tut mehr oder weniger jeder Liberale, kann kaum umhin, die internationalen Regeln gutzuheißen, die dieser globalen Marktwirtschaft den Rahmen setzen; will er nicht inkonsequent sein, muss er die Entmachtung der Nationalstaaten billigen.

Was im 19.Jahrhundert als Freihandelsideologie die Politik der britischen Liberalen bestimmt hat, ist längst zu einem Projekt geworden, das darauf abzielt, die platonischen Gedankenmodelle neoliberaler Ökonomen in soziale Wirklichkeit zu übertragen: Diese Gedankenmodelle beruhen auf der kaum noch hinterfragten Idee, dass jegliches Gut, einschließlich Bildung, Gesundheit, Sicherheit am effizientesten durch private Anbieter hergestellt und über den Markt vertrieben wird, vor allem aber auf der Prämisse vollständiger Mobilität aller Produktionsfaktoren einschließlich des Faktors „Arbeitskraft“. Weil das so ist, gehört der Abbau sogenannter „Handelshemmnisse“ zu den Grundlagen aller genannten Institutionen, und dort, wo es geht, wie bei der EU, gehört die Niederlassungsfreiheit auch außerhalb des eigenen Staates zu den „Grundfreiheiten“.

Hier treffen sich die beiden Axiome „Frieden um jeden Preis“ und „Marktwirtschaft um jeden Preis“: Die Bevorzugung inländischer Unternehmer ist ein Handelshemmnis; der aus Heimatliebe nichtmobile Arbeitnehmer ist ein Bremsklotz; desgleichen der Unternehmer, der sich dem Wohl des Gemeinwesens verpflichtet fühlt; der Politiker, der nationale Interessen verfolgt, statt die Globalisierung voranzutreiben; der Soldat, der am Hindukusch Deutschlands Sicherheit verteidigen will statt der Interessen des Westens; der „Fundamentalist“, der gegen die Abtreibung, gegen die Stammzellenforschung und für die Sonntagsruhe ist; die Frau, die sich lieber um ihre Familie kümmert als um ihre Karriere.

Kurz und gut: Soziale Strukturen, die etwas mit Solidarität zu tun haben: intakte Familien, intakte Völker, auch intakte Religionsgemeinschaften, sind die natürlichen Angriffsziele der neoliberalen Ideologie, die Völker und Religionsgemeinschaften außerdem noch im Fadenkreuz ihres Zwillings, der Friedensideologie: Erinnern wir uns daran, dass es darum ging, den Krieg unmöglich zu machen, und dass die Entkernung des Nationalstaates ausdrücklich mit dem Ziel des „Friedens“ begründet wird. Zwischen Entnationalisierung einerseits, Frieden andererseits kann man einen gedanklichen Zusammenhang aber nur auf der Basis einer ganz bestimmten Annahme herstellen, die demgemäß auch dem vorherrschenden Paradigma zugrundeliegt: Diese Annahme lautet, dass die Existenz von Völkern nicht nur schlecht fürs Geschäft, sondern auch schlecht für den Frieden ist. Völker können miteinander in Konflikt geraten, deshalb müssen sie weg!

Die Masseneinwanderung, ein Phänomen, von dem uns apodiktisch versichert wird, es sei ebenso unvermeidlich wie die Globalisierung insgesamt – überhaupt ist es interessant zu sehen, was alles als „unvermeidlich“ verkauft wird und zu welchem Maß an Geschichtsdeterminismus sogenannte „Liberale“ fähig sind – diese Masseneinwanderung also findet seit Jahrzehnten statt und führt dazu, dass die wechselseitigen Solidaritätserwartungen, auf denen Völker basieren, langsam aber sicher zerstört werden. Und diese Masseneinwanderung wird auch in Zukunft stattfinden, weil sie politisch gewollt ist. Das ist keine Verschwörungstheorie, das ist offizielle Politik, mal mehr, mal weniger verklausuliert eingeräumt (Ich empfehle in diesem Zusammenhang meine Artikel „Verrat mit Ansage“ und „Doktor Schäubles Staatsneurosen“).

Dass sogar solchen Menschen, die es bewusst und ausdrücklich ablehnen, sich als Deutsche zu definieren, unverdrossen ein deutscher Pass in die Tasche gesteckt wird, ist kein Versehen. Es ist der Sinn der Sache. Wenn Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit die größten denkbaren Übel sind, wenn Politiker offiziell verkünden, der Nationalstaat sei anachronistisch (und verschweigen, dass damit auch die Demokratie anachronistisch ist), wenn sogar den bloßen Begriffen „Volk“ und „Nation“ der Kampf angesagt wird („NoNation“), und dies alles vor dem Hintergrund auch institutioneller und struktureller Entnationalisierungsprojekte geschieht, dann kann niemand ein solches Zusammentreffen ideologischer Dispositionen und politischer Strategien für Zufall halten.

(Und es ist nur noch das Sahnehäubchen, dass gleichzeitig mit den Völkern auch die Religionen entkernt werden. Ein „Projekt Weltethos“, wie Hans Küng es propagiert, basiert auf der Idee, es gebe keinen Weltfrieden ohne Religionsfrieden. Eine solche Vorstellung ist vom politikwissenschaftlichen Standpunkt der blanke Unsinn – die wenigsten Kriege sind Religionskriege, und die, die es sind, sind es allein aufgrund der islamischen Aggressivität, nicht weil Religion schlechthin kriegstreibend sei. Dass eine solche Idee aber überhaupt aufkommen konnte, verdanken wir der besagten Denkfigur, dass bereits die Existenz von Menschengruppen überhaupt – hier also die von Religionsgemeinschaften – konfliktträchtig sei und diese Gruppen daher aufgelöst werden müssen. Der Preis dafür ist der Verzicht auf alle miteinander kollidierenden Wahrheitsansprüche von Religionen und deren Reduzierung auf global anschlussfähiges Minimum, also auf die Punkte, in denen angeblich „alle Religionen dasselbe wollen“, im Grunde die Etablierung einer synkretistischen Weltreligion.)

Die Gesellschaft auf individuelle Wahlfreiheit und auf den Markt zu gründen statt auf soziale Bindungen und auf Solidarität: Das ist das neoliberale Projekt. Es schlägt allem ins Gesicht, worauf menschliche Gesellschaft jahrtausendelang aufgebaut war. Da empirisch buchstäblich nichts dafür spricht, dass ein solches Projekt gelingen kann (Vielmehr spricht alles dafür, dass es in der Zerstörung der Zivilisation gipfeln wird), müssen seine Verfechter die Beweislast ihren Widersachern, also den Konservativen bzw. „Reaktionären“ aufbürden und sich selbst davon freizeichnen. Das gelingt ihnen, weil die Gesellschaft die totalitäre Denkfigur vom „Fortschritt“ verinnerlicht hat. Wer „Fortschritt“ sagt, sagt zugleich, dass die Geschichte ein Ziel und eine Richtung kennt (eben das, worauf bzw. wohin „fortgeschritten“ wird), beansprucht für die eigenen Ziele „Unvermeidlichkeit“ und klebt dem Andersdenkenden das Etikett des „Rückständigen“ auf. So setzt sich spätestens seit dem 19.Jahrhundert „fortschrittliche“ Ideologie durch.

Es geht also um die Entkernung der Nationalstaaten, um die Errichtung eines faktisch unabänderlichen globalen Systems aus Rechtsnormen, in denen sich eine Ideologie niederschlägt, die die Auflösung von Völkern und Familien postuliert und praktiziert, die zu ihrer Aufrechterhaltung auf global vereinheitlichte Geschichtsbilder und Religionen angewiesen ist, und den Grundmodus menschlicher Vergesellschaftung austauschen will: von der Solidarität zum Markt. Wenn man ein System, das auf einer solchen Ideologie basiert, nicht „Neue Weltordnung“ nennen darf – was eigentlich dann?

Dabei besteht unter den Funktionseliten mindestens der westlichen Welt, aber mit Ausläufern bis in die der Schwellenländer und des postsowjetischen Raumes hinein, ein nahezu unangefochtener Konsens über diese Ideologie, was unter anderem impliziert, dass es keine nationalen Eliten mehr gibt – jedenfalls nicht in dem Sinne, dass sie mit ihren je eigenen Nationen solidarisch wären. Was es gibt, ist eine globale Elite, und zwar eine, die ihre Absichten gar nicht verbirgt: Man muss nur den Nebel der wohlklingenden Phrasen lüften. Dass die Angehörigen dieser Eliten sich in informellen Zirkeln abstimmen, dass sie Denkfabriken unterhalten, einflussreiche Journalisten kooptieren, PR betreiben – ja, gewiss tun sie das, was denn sonst.

Die Kritiker, die sich zum Beispiel auf die Bilderberg-Konferenzen oder den Council on Foreign Relations einschießen, haben also auf ihre Weise schon Recht, erfassen aber immer nur einen kleinen Teil des Gesamtphänomens. Vor allem machen sie den Fehler, ihren Kontrahenten als „Verschwörungstheoretiker“ eine billige Steilvorlage zu liefern, indem sie zu entlarven versuchen, wo es gar nichts zu entlarven gibt.

Sicher wäre es interessant zu verfolgen, auf welche Weise Ideologie konkret in politische Strategie, in Propaganda und PR umgesetzt wird (wobei nicht gesagt ist, dass die jeweils Verantwortlichen immer zu den üblichen Verdächtigen gehören müssen). Bevor man diese Fragen aber vernünftig diskutieren kann, muss man den, mit dem man sie diskutieren will, davon überzeugen, dass es die NWO und die sie verfolgenden und begründenden Ideologien und Strategien tatsächlich gibt und vcr allem: welche Konsequenzen das hat. Die Implikationen der NWO sind eben nicht Jedem klar: dass die Vereinheitlichung von Geschichtsbildern den Völkern ihr Gedächtnis und damit ihre Identität raubt; dass die Auflösung des Nationalstaates und die der Demokratie ein und dasselbe sind; dass der zwischenstaatliche Friede, wenn erzwungen durch die Kastration der staatlichen Souveränität, den Keim zu dem in sich trägt , was Enzensberger den „molekularen Bürgerkrieg“ genannt hat; dass supranationale Vertragssysteme zu einem Joch zusammengefügt werden, das für Manche leichter, für Andere schwerer zu tragen ist, aber von niemandem mehr abgeschüttelt werden kann, auch nicht, wenn es ganze Völker erdrückt.

Das sind die Implikationen, die man deutlich machen muss. Was aber die Fakten selbst angeht, ist niemand auf Spekulationen angewiesen: Es liegt alles offen zu Tage!

Das LGF-Syndrom

Man sollte sich ja daran gewöhnt haben, dass die Reihen der Islamkritiker ungefähr so geschlossen sind wie das Hosentürchen von Bill Clinton, und an sich würde mich das auch nicht stören: Meinungsvielfalt ist ja nichts Schlechtes, wenn sie denn als legitim akzeptiert wird. Leider ist das oft genug nicht der Fall, und leider gibt es in der Szene allzu viele Leute, die glauben, sich selbst und ihren eigenen Anliegen eine möglicherweise fehlende gesellschaftliche Akzeptanz dadurch verschaffen zu müssen, dass sie sich von allem distanzieren, was als irgendwie „rechts“ gilt. Was ich davon halte, habe ich schon in einigen Artikeln (z.B. „Linker McCarthyismus„, „Liberale und solche, die sich bloß so nennen„, „An alle, die erwägen, die ‚Piraten‘ zu wählen„) dargelegt.

Es ist auffallend und wurde vor einigen Tagen hier schon diskutiert, dass etliche Medien, die lange Zeit als konservativ galten, ideologisch zu jener Sorte Liberalismus umschwenken, der mit Toleranz nichts schon deshalb nichts zu tun hat, weil er sich als Weltbeglückungsprojekt versteht.  Ich nenne dieses Phänomen „LGF-Syndrom“, weil der ehemals islamkritische amerikanische Blog „Little Green Footballs“ damit den Anfang gemacht hat. Das vollentwickelte LGF-Syndrom ist dann zu diagnostizieren, wenn der Betroffene den manischen Drang hat, konservative Islamkritiker als Rechtsradikale zu verleumden.

Nun hat sich auch der Schweizer Blog Winkelried.info in jene traurige Phalanx eingereiht, die aus linken und liberalen Hexenjägern einerseits, aus vor ihnen zitternden Hosenscheißern andererseits besteht, und sich anlässlich der Schweizer Minarettentscheidung unter dem Titel „Bizarre Kameraden“ jeden Beifall von rechts, speziell aber von „dem deutschen Blog PI, der grössten Anti-Islam-Hetzschleuder Europas“ verbeten. Bizarre Kameraden, in der Tat.

Offenbar haben die Betreiber die Kommentarfunktion nach wenigen Kommentaren gesperrt (warum wohl?), was ich allerdings erst bemerkte, als ich meinen bereits fertigen Kommentar einstellen wollte. Daher gibt es diesen Kommentar jetzt hier statt bei Winkelried:

Man wundert sich ja schon, dass ausgerechnet ein Blog wie Winkelried (der selber keine herumliegende Bananenschale unerwähnt lassen kann, sofern ein Immigrant sie weggeworfen hat), meint, PI als „größte Anti-Islam-Hetzschleuder“ denunzieren zu müssen. Legt man eure Definition zugrunde, so gibt es jedenfalls noch mehr solcher Schleudern in der deutschen Blogosphäre, nicht nur PI. Zum Beispiel meinen eigenen Blog, korrektheiten.com. Nehmt diesen Blog bitte von eurer Blogroll, damit ihr euch nicht mit mir kompromittiert – und ich mich nicht mit euch:

Ich lege nämlich größten Wert darauf, nur in Blogs empfohlen zu werden, die von intelligenten und anständigen Menschen betrieben werden, und ich habe nicht den Eindruck, dass Winkelried.info noch in diese Kategorie gehört: PI mit seiner unzweideutig demokratischen, menschenrechtsorientierten Agenda in die „undemokratische Ecke“ einzuordnen zeugt bestenfalls von einem Mangel an politischem Urteilsvermögen. Nun, das würde ich euch noch verzeihen.

Ich würde euch sogar verzeihen, dass ihr offenbar zu jener Sorte von Einfaltspinseln gehört, die glauben, es gebe einen „Islam per se“, der mit dem Verhalten seiner Anhänger nichts zu tun habe, und gegen den man deshalb „nichts hat“.

Nicht verzeihen kann ich euch aber, dass ihr euch – offenbar aus bleicher Furcht vor der poststalinistischen Denunziationsmaschinerie eines politisch korrekten Medienmainstreams – an der paranoiden Hexenjagd „gegen Rechts“ (einschließlich der ideologisch motivierten Umdeutung zentraler politischer Begriffe, wie etwa „Demokratie“ oder eben „Rechts“) beteiligt. Das ist Appeasement im verächtlichen Sinne des Wortes: Das Krokodil des linken McCarthyismus füttern in der Hoffnung, als Letzter gefressen zu werden.

Und noch etwas: Euer Autor nennt sich „David Frankfurter“. Ich gehe davon aus, dass er nicht wirklich so heißt, sondern sich bloß als Netzpseudonym den Namen des Attentäters ausgeliehen hat, der Anfang 1936 den Schweizer Naziführer Wilhelm Gustloff ermordete. Die Wahl eines solchen Pseudonyms bedeutet in der heutigen politischen Lage nicht mehr und nicht weniger als die programmatische Billigung von Selbstjustiz als Mittel der politischen Auseinandersetzung, speziell wenn es um den „Kampf gegen Rechts“ geht. Ihr entschuldigt schon, aber ich muss es ablehnen, mich von solchen Leuten über Demokratie belehren zu lassen.“

Obamas Afghanistan-Strategie: Siegen unerwünscht!

Der wichtigste Punkt in Obamas Rede zur amerikanischen Strategie in Afghanistan ist die Ankündigung, dass der Rückzug im Juli 2011 beginnen werde.

Diese Aussage neutralisiert die Anstrengungen der vergangenen Monate und auch der kommenden Verstärkung amerikanischer Kräfte, die den Afghanen und den Aufständischen hätte signalisieren können, dass das Ziel des Westens in Afghanistan ein Sieg ist, und dass man alles dafür Erforderliche zu tun bereit ist. (…)

Alles, was die Aufständischen jetzt tun müssen, ist die Vermeidung einer sichtbaren Niederlage in den kommenden 18 Monaten. (…)

Es ist zu früh, von einer wahrscheinlichen Niederlage in Afghanistan zu sprechen, aber Obama hat in seiner Rede die Weichen entsprechend gestellt, und viel Zeit für Kurskorrekturen bleibt nicht.

Das Weblog Sicherheitspolitik, von dem diese Einschätzung stammt, und das ich wegen seiner mit militärischem Sachverstand untermauerten Analysen stets sehr gerne lese, trifft damit zwar einerseits den Nagel auf den Kopf. Mir scheint aber, dass „Sieg“ und „Niederlage“ Begriffe sind, die für die westliche – und das heißt: amerikanische – Afghanistan-Strategie keine Rolle spielen, jedenfalls nicht in ihrer herkömmlichen Bedeutung.

Afghanistan grenzt im Westen an den Iran, im Norden an ehemalige Sowjetrepubliken, die von Moskau als „nahes Ausland“ und eigene Interessensphäre gesehen werden, im Süden an Pakisten, dessen Atomwaffen in Griffweite von islamistischen Fanatikern sind, und im Osten an die aufstrebende Weltmacht China. Wer Afghanistan militärisch kontrolliert, verfügt über eine strategische Schlüsselposition, von der aus sich mindestens latenter Druck auf die vier genannten Staaten ausüben lässt.

In Afghanistan nicht präsent zu sein, hieße für die USA: in Mittelasien nicht präsent zu sein; denn ein anderer Stützpunkt steht ihnen in der Region nicht zur Verfügung, jedenfalls keiner, der nicht von einer potenziell feindlichen Macht kontrolliert wird.

Es geht nicht um die Taliban und nicht um Bin Laden; es geht nicht um den 11. September oder Terrorismus, und es geht schon überhaupt nicht um Frauenrechte oder dergleichen – solche Begründungen dienen allenfalls dazu, die Gefühle des heimischen Publikums zu manipulieren: Es geht um die Kontrolle Mittelasiens.

Diese Kontrolle müsste aber an dem Tage ihr Ende finden, an dem die Taliban besiegt, Afghanistan befriedet und die afghanische Regierung Herrin im eigenen Haus wäre, die den Abzug der amerikanischen Truppen fordern würde.

Deswegen darf das alles nicht geschehen: Der Krieg darf niemals enden!

Wenn man die Dinge unter dieser Prämisse betrachtet, versteht man,

  • warum die Bush-Regierung in den Monaten nach dem 11. September zögerte, von ihren europäischen Verbündeten Truppen in ausreichender Stärke zu fordern (die sie damals ohne Weiteres bekommen hätte);
  • warum Bin Laden aus einer bereits geschlossenen Falle entkommen konnte;
  • warum die Bush-Regierung die für einen Sieg in Afghanistan erforderlichen Truppen lieber in den Irak schickte;
  • warum die Bundeswehr von den Verbündeten für die beherzte Zerstörung der berühmten Tanklaster Klassenkeile bezog (es ging nämlich nicht darum, die „Zivilbevölkerung zu schonen“, sondern die Taliban zu schonen);
  • warum die Bundesregierung bis heute eine überzeugende Analyse der Lage in Afghanistan ebenso schuldig geblieben ist wie eine Definition der Kriegsziele: Das Mandat für die deutschen Truppen wird Mal um Mal verlängert, und keiner weiß warum;
  • und schließlich, warum Obama die oben zitierte, scheinbar so widersinnige Ankündigung trifft, ab 2011 aus Afghanistan abzuziehen.

Die Wahrheit, dass ein Sieg nicht gewollt ist, darf niemand aussprechen, weil sonst zu Hause die öffentliche Unterstützung für den Krieg zusammenbräche. Deswegen muss man dem amerikanischen Publikum, das allmählich ungeduldig wird, von Zeit zu Zeit eine neue Strategie unterbreiten, die – diesmal aber wirklch! – den Sieg zu bringen verspricht, und zgleich dafür sorgen, dass sie eben nicht zu einem Sieg führt.

Dem deutschen Publikum kann man solche Wahrheiten erst recht nicht zumuten, weil es sonst sofort den Abzug aller deutschen Streitkräfte fordern würde – und dies zu Recht!

Ich glaube schon, dass die Präsenz Amerikas in Mittelasien für seine europäischen Verbündeten, also auch für uns, einen gewissen Kollateralnutzen abwirft. Diesen Nutzen würden wir aber auch ohne eigene Kriegsbeteiligung einsacken. Schon deshalb ist mir der Preis zu hoch:

Was die USA aus ihrer Präsenz machen, obliegt ausschließlich ihrer Entscheidung, sie werden sich da nicht hineinreden lassen: Deutschland stellt also letztlich Hilfstruppen für eine Politik, die nicht von der gewählten deutschen Regierung mitkonzipiert wird, über die sie die deutsche Öffentlichkeit sogar belügen muss, und die ausschließlich eine amerikanische Weltmachtstrategie begünstigt.

Indem sie für eine solche Politik das Leben deutscher Soldaten riskiert und opfert, rückt die Bundesrepublik, ein demokratischer Staat, sich selbst in die Nähe absolutistischer Doudezfürstentümer des achtzehnten Jahrhunderts, die ihre Untertanen als Soldaten an fremde Mächte vermieteten.

Et tu, Brute!

Michael Paulwitz hat in der jüngsten Ausgabe der „Jungen Freiheit“ unter dem Titel „Integration ist machbar“ einen Artikel veröffentlicht, der so durchaus auch in der FAZ, ja sogar in der „Süddeutschen“ hätte stehen können, und der, sofern er nicht einfach ein Lapsus war, darauf hindeutet, dass mit der JF das einzige halbwegs bedeutende konservative Blatt vor der Ideologie des liberalen Mainstreams in die Knie geht.

Zunächst wird uns im schönsten infantilen Gutmenschenstil der Erfolg unseres neuen Gesundheitsministers Philipp Rösler („des promovierten Mediziners vietnamesischer Abstammung“), der im Säuglingsalter von einer deutschen Familie adoptiert wurde, als Beispiel für gelungene „Integration“ verkauft. Ei der Donner! Dass man einen Deutschen (denn etwas anderes ist Rösler nie gewesen) in Deutschland „integrieren“ kann – das freilich ist ein schlagender Beweis, dass „Integration machbar ist“.

Dann bedient Paulwitz doch ein wenig die Erwartungen seiner Leser, indem er auf „NRW-Integrationsminister Armin Laschet und andere(n) Multikulti-Ideologen“ und deren „politisch korrekten Ausgrenzungsreflexen“ herumhackt. So merkt man nicht gleich, wer gemeint ist, wenn er fortfährt:

Es ist an der Zeit, Irrtümer und Denkverbote über Bord zu werfen und die Debatte über Einwanderung und Integration vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Und jetzt wird man stutzig:

Das Kernproblem besteht nicht darin, daß Einwanderung überhaupt stattfindet, sondern welche und wieviel.

Das beinhaltet bestenfalls eine Binsenweisheit, nämlich dass es hieße, leeres Stroh zu dreschen, wenn man ein Thema, hier also die Einwanderung, ohne Bezugnahme auf Qualität („welche“) und Quantität („wieviel“) diskutieren wollte. Was will er uns also mitteilen? Dass die Einwanderung von fünfhundert französischen Akademikern kein Problem wäre? Na Gott sei Dank: Endlich sagt’s mal einer!

Es versteht sich doch von selbst, dass nicht irgendwelche, sondern Masseneinwanderung problematisch ist, und auf genau die bezieht er sich, wenn er Günther Beckstein – zustimmend! – ausgerechnet mit dem Satz zitiert:

Wir brauchen mehr Einwanderer, die uns nützen, und weniger, die uns ausnützen.

Wenn von “brauchen“ die Rede ist, kann das nur heißen, dass wir ein Problem haben, das anders als durch Einwanderung nicht lösbar ist. Dies aber bedeutet, dass hier Einwanderung im Millionenmaßstab gemeint ist.

Die „Irrtümer und Denkverbote“, die es „über Bord zu werfen“ gilt, um „die Debatte über Einwanderung und Integration vom Kopf auf die Füße zu stellen“, sind also nicht etwa, wie suggeriert, die der Linken, sondern die der Rechten.

Einwanderung ist Realität in einer Welt, die in Handel, Politik und Kommunikation rasant zusammenwächst.

Eine „Realität“, die offenbar nicht von Menschen gemacht und daher von ihnen auch nicht zu ändern ist, sondern die als Gottheit über ihnen thront. Eine Argumentation, mit der man ebensogut die Bekämpfung des Drogenhandels oder der Kinderpornographie ablehnen könnte.

Es gibt einen weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe, dem sich die europäische Mittelmacht Deutschland nicht entziehen kann. Passiv ist die Bundesrepublik als Auswanderungsland, dem Jahr für Jahr gutausgebildete Bürger in sechsstelliger Zahl den Rücken kehren, ohnehin längst davon betroffen.

Woraus Paulwitz freilich nicht den naheliegenden Schluss zieht, dass ein Land, dem schon seine eigenen Geisteseliten davonlaufen, einfach zu unattraktiv für den „weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe“ sein könnte. Würde man dies ändern und dadurch den Abfluss von Humankapital stoppen – womöglich stellte sich heraus, dass der Import fremder Köpfe gar nicht so dringlich ist. Problematisch ist er allemal.

Da hilft es auch nicht, dass Paulwitz fordert, …

…Einwanderung endlich allein im wohlverstandenen Staatsinteresse zu steuern und dabei vorhandene und praktikable strengste Auswahlmechanismen konsequent zu nutzen:

– Durch Definition und Anwendung strikter Vorbedingungen für die Aufnahme jedes Einwanderers: gute Sprachkenntnisse, ausreichendes Vermögen, adäquate Bildung und Qualifikation, kulturelle Kompatibilität, Integrationsbereitschaft und -fähigkeit.

– Durch ein Einbürgerungsregime, das die Staatsbürgerschaft zum begehrten Gut macht, die Identifikation mit dem Staat fördert und eine voreilige Einbürgerung Integrationsunwilliger vermeidet.

Die Einwanderer sollen gebildet, intelligent, reich, europäisch und obendrein leidenschaftlich germanophil sein. Wer sind denn die zwei?

Derartige Anforderungen stempeln entweder den Artikel zum leeren Gerede, oder sie sind das Alibi, mit dem Paulwitz konservative Leser beruhigen und vor allem darüber hinwegtäuschen will, dass er hier eine prinzipiell gegen die Ideen von Nation und Nationalstaat gerichtete, globalistische Ideologie verficht.

Paulwitz fordert eine Politik im (selbstredend „wohlverstandenen“) „Staatsinteresse“, er fordert von den Einwanderern „die Identifikation mit dem Staat“, er stellt sich Deutschland „als preußisches Staatswesen“ vor, und die Einwanderer haben sich dessen „Staatsidee an(zu)passen“. Viel Staat. Wenig Volk.

Dass das Staatsinteresse nicht dasselbe ist wie das des Volkes, darüber haben uns allein im zwanzigsten Jahrhundert zwei Diktaturen belehrt, und die Bundesrepublik scheint ihren Ehrgeiz daran zu setzen, uns zu überzeugen, dass auch eine liberale Demokratie Eliten hervorbringen kann, die totalitären Zwangsvorstellungen frönen.

Von Einwanderern zu fordern, sie sollten sich mit dem Staat identifizieren, heißt im Klartext: Mit dem Volk brauchen sie sich nicht zu identifizieren; sich einer „Staatsidee“ anzupassen, ist etwas ganz anderes als sich den Normen der Einheimischen anzupassen; und ein Staatswesen, das als „preußisch“ definiert wird – man erinnere sich, dass Preußen zu gewissen Zeiten mehr polnische als deutsche Einwohner hatte – ist per definitionem eines nicht: deutsch.

Ein spezifisch preußisches Staatswesen wäre ein Vernunfts- und Prinzipienstaat, der sich für die Nationalität seiner Untertanen so wenig interessiert wie für ihren Glauben, also ein liberaler Staat, und die Identifikation mit dessen „Staatsidee“ heißt auf neudeutsch: Verfassungspatriotismus. Natürlich weiß Paulwitz, dass er den JF-Lesern mit solch Habermasschem Vokabular nicht kommen darf.

Es geht an dieser Stelle nicht darum, ob solche Ideen gut oder schlecht sind, sondern darum, dass Paulwitz dem Leser eine antinationale Ideologie (also eine Ideologie, in deren Kontext es auf die Existenz eines vorstaatlichen Solidarverbandes, also eines Volkes bzw. einer Nation nicht ankommt) unterzujubeln versucht:

Sein immergleiches rhetorisches Mittel ist, Ideen, von denen er wissen muss, dass seine Leser sie ablehnen, in eine für diese Leser akzeptable Verpackung zu wickeln; wer die Verpackung akzeptiert, schluckt dann auch den Inhalt:

Da wird also die Idee eines antinationalen Staates statt mit dem an sich angemessenen liberalen Vokabular mit scheinkonservativem Wortgeklingel („preußisches Staatswesen“) verkauft.

Auch der Gedanke „Wir brauchen mehr Einwanderer“ klingt viel annehmbarer, wenn man anhängt „die uns nützen, und weniger, die uns ausnützen“.

Dass Einwanderung kein Problem sei, klingt vernünftiger durch den Zusatz „ sondern welche und wieviel“.

Dass die „vollständige Rückführung von Ausländern eine Illusion ist“, darüber dürfte tatsächlich Konsens bestehen, nicht aber darüber „daß Nulleinwanderung oder vollständige Rückführung von Ausländern eine Illusion ist“ – das ist nämlich nicht dasselbe.

Die Ansage, mit viel Girlanden umwickelt, aber deutlich genug, lautet: Wir brauchen Einwanderer, und zwar in Massen, und das ist auch kein Problem, weil der Nationalstaat ohnehin von gestern ist.

Das ist original liberaler Mainstream und wird von Paulwitz selbstverständlich genauso dürftig begründet wie von seinen gutmenschlichen Gesinnungsgenossen. Und noch einmal im Zusammenhang:

Die Realität ist aber auch, anzuerkennen, daß Nulleinwanderung oder vollständige Rückführung von Ausländern eine Illusion ist. Es kommt vielmehr darauf an, Einwanderung endlich allein im wohlverstandenen Staatsinteresse zu steuern…

Wer das liberale Dogma nicht anerkennt, ist bestenfalls ein Trottel, der nicht nur die „Realität“ nicht sieht, sondern sich auch am „wohlverstandenen Staatsinteresse“ versündigt. In vertrauten Stil der Political Correctness werden die Gegner von Masseneinwanderung vor die Alternative gestellt, ob sie sich unter die Narren oder die Staatsfeinde eingereiht sehen wollen.

Und um das Maß vollzumachen, fordert Paulwitz uns auf, „jene Einwanderer, von denen wir uns einen positiven Beitrag zu unserem Gemeinwesen erwarten…“ (wohlgemerkt: Sie müssen ihn nicht erbracht haben; die bloße Erwartung genügt schon.) „… als sorgfältig ausgewählte neue Familienmitglieder in die Nation aufzunehmen“.

Ob die das überhaupt wollen? Ich denke noch nicht einmal an so illustre Einwanderer wie Mohammed Atta, Dr. Khan oder die Kofferbomber, die sich im Westen nur das Know-how zu seiner Bekämpfung besorgt haben, während sie zugleich ihrer Herkunftskultur und vor allem -religion treu geblieben sind. Nein, ich denke durchaus an die Sorte Einwanderer, an die auch Paulwitz denkt, wenn ich die Frage stelle, wieviel Loyalität Deutschland eigentlich von jemandem erwarten kann, der sich schon seinem Herkunftsland gegenüber illoyal gezeigt hat. Will der wirklich in unsere „Familie“ aufgenommen werden? Diese Leute kommen doch nicht aus Liebe zu Deutschland hierher, sondern weil und wenn ihnen hier ein guter Job angeboten wird; und sie verschwinden, wenn sich anderswo etwas besseres findet.

Was hier in Rede steht, ist ein gigantisches globales Elitenkarussel, das längst in Gang gekommen ist und jetzt schon dazu führt, dass Loyalität einem Land oder einem Volk gegenüber von einer gewissen sozialen Schicht aufwärts als Marotte verschrobener Hinterwäldler gilt. Wer dieses Karussel auch noch antreiben will, trägt seinen Teil dazu bei, eine global operierende Klasse von Menschen zu schaffen, die allenfalls dieser Klasse und ihrer Ideologie treu und dabei jederzeit zum Klassenkampf von oben bereit sind: gegen eine um ihre Existenz kämpfende, entwürdigte Mittelschicht und gegen das Heer der vielen Überflüssigen in den künftigen europäischen Slums.

Von Sturmgeschützen und Rohrkrepierern

Am 17. November haben Hacker über 60 Megabyte interner Daten von Wissenschaftlern an sich gebracht, die die Klimawandels-Hypothese vertreten. Aus den abgefangenen Mails geht hervor, dass besagte Wissenschaftler ihre Daten manipuliert haben, dass sich die Balken biegen, um die Öffentlichkeit in Klimapanik zu versetzen.

Spätestens drei Tage danach, am 20. November, ist die gesamte Blogosphäre über den Skandal informiert.

Der „Spiegel“ aber, dieses Sturmgeschütz der Demokratie, dieses Bollwerk des investigativen Journalismus, benötigt weitere zwei Tage, um herauszubekommen, was die Spatzen da wohl so laut von den Dächern zu pfeifen haben, und bringt am 22. November in seiner Netzausgabe den ersten Bericht über diesen Wissenschaftsskandal größten Kalibers. Natürlich im Wissenschafts-, nicht etwa im Politikteil – das Thema ist bekanntlich ganz und gar unpolitisch -, und nicht ohne naserümpfend anzumerken:

Der Zeitpunkt des Datenraubs, zwei Wochen vor dem Uno-Klimagipfel in Kopenhagen, ist kaum ein Zufall, und die Hacker sind wohl auch nicht aus Versehen auf die peinlichen Mails gestoßen.

(Woraus wir schließen dürfen, dass der „Spiegel“ selber seine eigenen früheren Enthüllungsstorys dem Reporter Zufall verdankt, nach dem Prinzip, dass ein blindes Huhn auch einmal ein Korn findet.)

Dabei gehört der „Spiegel“ zu den wenigen Organen, die überhaupt in Deutschland das Thema aufgreifen, wie zähneknirschend auch immer. Die anderen wollen offenbar die Öffentlichkeit nicht mit der Mitteilung schockieren, dass der Weltuntergang womöglich ausfällt. Auch der „Spiegel“ tut sein Möglichstes, mit einem Doppelschlag am heutigen 24.November den Skandal erst zu verharmlosen

Keine Hinweise auf die große Verschwörung

Hitzig diskutieren Wissenschaftler und Blogger über Dokumente britischer Klimaforscher, die ein Hacker gestohlen und öffentlich gemacht hat. Große Enthüllungen bergen die Dateien wohl nicht.

und dann vergessen zu machen:

Forscher warnen vor blitzartigem Klimawandel

Die Erde erwärmt sich viel schneller, als es selbst düsterste Szenarien vorhergesagt haben, für Gegenmaßnahmen bleiben nur noch wenige Jahre.

Der Zeitpunkt dieser Meldungen ist selbstredend reiner Zufall. Jedenfalls gibt es (wie der „Spiegel das nennen würde) „keine Hinweise auf die große Verschwörung“ deutscher Medien; so ist es auch Zufall, dass sie alle dieselbe Ideologie verbreiten und mit denselben Mitteln ihre Leser, Hörer und Zuschauer manipulieren.

Die Kanzlerin der Alliierten

Angela Merkel hat am 11. November an den Feierlicheiten zum Gedenken des Sieges der alliierten Mächte über Deutschland im Ersten Weltkrieg teilgenommen. Sie hat damit etwas getan, was Gerhard Schröder noch explizit abgelehnt hat, und was keinem anderen deutschen Regierungschef jemals in den Sinn gekommen wäre, auch nicht Helmut Kohl. Wäre es darum gegangen, der Toten des Ersten Weltkrieges zu gedenken und und die deutsch-französische Aussöhnung symbolisch sichtbar zu machen, so wäre ein Rahmen angemessen gewesen wie der, den Kohl und Mitterand vor 25 Jahren in Verdun gefunden hatten.

Versöhnung unter Gleichen ist eine Sache, die Teilnahme an einer französischen Siegesfeier ist etwas vollkommen anderes! Allein die Tatsache, dass die Zeremonie ausgerechnet unter dem Triumphbogen stattfand, macht aus ihr eine Geste der symbolischen Unterwerfung. Die „Freundschaft“ und „Versöhnung“, die dabei beschworen wurden, wurden dadurch von vornherein dementiert.

Am 11. November, dem Jahrestag des Waffenstillstandes von Compiègne die deutsch-französische Freundschaft zu feiern ist so, als würde man sie am 2. September, dem Jahrestag der Schlacht bei Sedan feiern. Würde sich irgendeine deutsche Regierung trauen, den französischen Präsidenten zu einem solchen Anlass einzuladen? Ja, würde sie überhaupt auf die Idee kommen, diesen Tag noch zu feiern, der im Kaiserreich immerhin deutscher Nationalfeiertag war? Natürlich nicht! Sie würde sagen, dass die Feier eines solchen Tages nicht zum Geist der deutsch-französischen Freundschaft, der europäischen Einigung und überhaupt der Völkerverständigung passt. Wohl wahr. Dasselbe gilt aber für den 11. November.

Ich glaube, man sollte den Anlass nutzen, daran zu erinnern, was an diesem 11. November 1918 geschah, und was für eine Art Krieg an diesem Tag (teilweise) beendet wurde:

Es handelte sich, um das von vornherein klarzustellen, mitnichten um einen Verteidigungskrieg der Alliierten. Die Legende, wonach Deutschland „zwei Weltkriege begonnen“ habe, ist deutschfeindliche Geschichtsideologie und sonst nichts. Deutschland hatte vor dem Ersten Weltkrieg keineswegs den Ehrgeiz, den Status Quo in Europa zu verändern – dazu hätte es schlagkräftiger Verbündeter bedurft; Österreich-Ungarn, das alle Hände voll zu tun hatte, sein eigenes Überleben zu sichern, war offenkundig kein solcher Verbündeter, das Osmanische Reich schon überhaupt nicht. Es gab auch keinerlei Gebietsansprüche oder sonstige nur mit Krieg durchzusetzende Forderungen Deutschlands oder dieser Verbündeten gegen andere Staaten.

Wohl aber waren diese drei Staaten Adressat solcher Forderungen und sonstiger imperialistischer Ambitionen Frankreichs, Russlands, Englands und Italiens, wobei ihre Verwirklichung zumindest für Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich das Ende ihrer Staatlichkeit bedeutet hätte und am Ende ja auch tatsächlich bedeutete. Die Mittelmächte waren offenkundig Status-Quo-Mächte, die Entente-Mächte waren es nicht. Das wusste auch jeder in Europa und außerhalb. Deutschland wurde demgemäß auch nicht wegen seiner Politik oder seines Militärs, sondern wegen seiner wirtschaftlichen Dynamik gefürchtet.

Und so steht am Beginn des Ersten Weltkriegs auch folgerichtig der Versuch Frankreichs und Russlands, Deutschland totzurüsten. Es ist zutreffend, dass die deutschen Militärs im Juli 1914 keinen anderen Ausweg mehr sahen, als es auf den Kriegsausbruch ankommen zu lassen. Die etablierte Geschichtsschreibung verschweigt auch nicht etwa die entscheidenden Fakten, sie behandelt sie einfach als Petitesse.

Sie behauptet nicht etwa (oder nur mit höchst fadenscheinigen Argumenten), die Befürchtungen der Entscheidungsträger in Berlin seien unbegründet gewesen, zwischen Frankreich und Russland in einen unentrinnbaren Schraubstock zu geraten, wenn deren Rüstungsprogramme bis 1917 weitergeführt worden wären. Sie behandelt es vielmehr als hinreichenden Beweis für Deutschlands „Kriegsschuld“, dass es sich nicht sehenden Auges in eine Situation begeben hat, in der es den Forderungen zweier hochgradig aggressiver und imperialistischer Mächte wehrlos ausgesetzt gewesen wäre, sondern die Flucht nach vorn wählte, als es andere Auswege nicht mehr gab, weil die Entente sie systematisch verbaut hatte.

Dieser Krieg also, der von Anfang an ein Krieg der Entente gegen Deutschland gewesen war, nicht etwa umgekehrt, und der zugunsten der Entente ausschließlich durch das mutwillige Eingreifen Amerikas entschieden wurde, dieser Krieg wurde am 11. November 1918 im Wald von Compiègne durch die Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages beendet.

Beendet? Nein, Deutschland beendete ihn, die Alliierten nicht: Die britische Hungerblockade gegen Deutschland (für die Frankreich selbstverständlich mit verantwortlich zeichnet) wurde aufrechterhalten und kostete noch eine Million deutsche Zivilisten das Leben – wohlgemerkt: nach dem sogenannten Waffenstillstand!

Zu den Waffenstillstandsbedingungen gehörte darüber hinaus – ein völkerrechtliches Novum – dass Deutschland sich vor Abschluss eines Friedensvertrages zu entwaffnen hatte. Dies hatte zur Folge, dass es sich nicht wehren konnte, als besagter Friedensvertrag, anders als zugesagt, nicht etwa den Vierzehn Punkten Wilsons entsprach, sondern die Basis für eine zeitweilige Hegemonie Frankreichs über den Kontinent legte, und einen Blankoscheck enthielt, auf den die Alliierten irrsinnige Reparationsforderungen eintrugen. Es konnte sich auch nicht wehren, als Frankreich, das ohnehin schon das Rheinland besetzt hielt, 1921 und 1923 in weitere Gebiete militärisch vorstieß, selbstverständlich ohne Rechtsgrundlage. Und all dies ist nur ein ganz kleiner Teil der Verbrechen, die durch den „Waffenstillstand“ ermöglicht wurden, den Frau Merkel 11. November unter dem Triumphbogen in Paris mit den Worten würdigte:

Wir werden nie vergessen, wie sehr in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Franzosen durch Deutsche zu leiden hatten. Der schonungslose Umgang mit der eigenen Geschichte ist – davon bin ich überzeugt – die einzige Grundlage, um aus der Geschichte zu lernen und die Zukunft gestalten zu können.

Ein solcher Satz, an einem solchen Ort, aus einem solchen Anlass und in einem solchen Zusammenhang ist eine Selbstverleumdung, eine kriecherische Selbstentwürdigung. Man stelle sich vor, der russische Ministerpräsident würde Ähnliches am Jahrestag des Friedens von Brest-Litowsk sagen, der japanische am Jahrestag von Hiroshima, oder eben der französische am Sedantag. Keiner von ihnen, keiner, könnte auch nur einen Tag länger im Amt bleiben!

Und das hat nichts damit zu tun, dass diese Völker etwa nicht bereit wären, „aus der Geschichte zu lernen“, wie Frau Merkel das nennt, sondern dass sie wissen, dass der Weg in den Untergang mit Selbsterniedrigungen gepflastert ist. Nicht umsonst war es den Allierten 1919 so wichtig, Deutschland zur Unterschrift unter den Artikel 231 des Versailler Vertrages zu zwingen, der die wahrheitswidrige Behauptung von Deutschlands Schuld, und sogar Alleinschuld, am Ersten Weltkrieg enthielt.

Das war nicht nur die künstliche Fingierung einer Anspruchsgrundlage für Reparationsforderungen, es war auch psychologische Kriegführung: Es war der Versuch, die kollektive Selbstachtung der deutschen Nation zu treffen. In dem Versuch, den Lebenswillen des deutschen Volkes dadurch zu lähmen, dass man es dazu bringt, ein moralisches Unwerturteil über sich selbst zu sprechen, gibt es eine Kontinuitätslinie zwischen beiden Nachkriegszeiten. Dieses Projekt funktioniert aber nur deshalb, weil es Kollaborateure in Deutschland selbst gibt, speziell unter den Angehörigen der Funktionseliten.

Angela Merkel ist fürwahr nicht zum erstenmal durch ihre Neigung zum Landesverrat aufgefallen – Landesverrat im moralischen, nicht im strafrechtlichen Sinne. Ich weiß zwar nicht, was sie früher in ihrer Eigenschaft als FDJ-Sekretärin alles in Moskau gesagt hat – und wenn ich ehrlich sein soll, möchte ich es auch gar nicht so genau wissen. Ich kann mich aber noch deutlich erinnern, dass sie den Konflikt zwischen der Regierung Schröder und den Amerikanern wegen des Irakkrieges nutzte, sich in Washington lieb Kind zu machen und der Regierung des eigenen Landes öffentlich in den Rücken zu fallen.

Wenn man Angela Merkels Politik richtig einordnen will, dann muss man sie in den Kontext und die Tradition der CDU stellen. Deren Identität ist von Adenauer geprägt worden. Demselben Adenauer, der in den zwanziger Jahren gemeinsam mit den Franzosen die Abtrennung des Rheinlandes von Deutschland betrieben hatte (Wer es genauer wissen möchte: Henning Köhler, Adenauer und die Rheinische Republik, Wiesbaden 1990) und sich 1950 als bisher einziger Kanzler sagen lassen musste, der „Kanzler der Alliierten“ (Kurt Schumacher) zu sein.

Die von dieser Partei betriebene Politik der „Westbindung“ war und ist weitaus mehr als der Versuch, Deutschland in einem stabilen Bündnissystem zu verankern. Sie ist der Versuch, die „westliche Wertegemeinschaft“ an die Stelle der Nation zu setzen, und diese Orientierung zur Weltanschauung, ja zur Religion zu erheben. Die meisten westlichen Länder haben – wegen ihrer Zersetzung durch Political Correctness und andere Versatzstücke linker Ideologie – ein Problem mit dem eigenen Selbstbehauptungswillen als Nation, aber nur in Deutschland treiben Angehörige der politischen Eliten diesen Masochismus so weit auf die Spitze, dass die Orientierung an den womöglich nur vermeintlichen Interessen des Westens und die Auflösung des eigenen Volkes zur „Staatsräson“ avancieren konnte. (Ich verweise auf meinen Artikel: „Doktor Schäubles Staatsneurosen„.)

Dies muss festgehalten werden: Es sind nicht die Sozialdemokraten, die dabei vorangehen. Die servile Beflissenheit, die Adenauer, Kohl und Merkel stets gegenüber den Wünschen des Westens, speziell Amerikas, an den Tag gelegt haben, unterscheidet sich doch zu deutlich und zu negativ vom Verhalten der sozialdemokratischen Kanzler Brandt, Schmidt und Schröder, um als bloßer Stilunterschied abgetan zu werden. Es handelt sich um einen Unterschied in der Substanz, im politischen Kategoriensystem. Für die CDU – und man fragt sich unwillkürlich, ob Bismarck vielleicht doch Recht hatte, als er deren Vorgängerin, das Zentrum, eine Partei von „Reichsfeinden“ nannte – für die CDU also ist der Nationalstaat bestenfalls ein Auslaufmodell; ist die Auflösung des deutschen Volkes in einer „westlichen Wertegemeinschaft“ Staatsräson; ist der Landesverrat Programm!

Asterix ist rechtsradikal!

Nachdem wir jüngst darüber aufgeklärt wurden, dass „Arielle die Meerjungfrau“ eigentlich auf den Index der jugendgefährdenden Schriften gehört, weil die Titelheldin nicht lesbisch ist, entlarvt Richard Herzinger unter Berufung auf einen französischen Kulturhistoriker in der „Welt“ Asterix und Obelix als Rechtsextremisten:

Wenn einem das Lachen vergeht: Schluss mit dem Kult um die Asterix-Comics!

…die Geschichten aus der kleinen, völkischen Dorfgemeinschaft nehmen in trivialisierter Form jenes Ideal von der reinen Rasse auf…

(…) Einiges spricht dafür, dass ihr Erfolg auch deshalb so nachhaltig ist, weil ihre Botschaft in spielerischer Form alte Sehnsüchte wachruft, die in tiefsten Schichten des europäischen kollektiven Bewusstseins vergraben zu sein schienen.

(…) Ganz in diesem Sinne leistet das kleine gallische Dorf um Asterix und Obelix den Okkupationsgelüsten des römischen Reiches Widerstand

(…)Starr hält die ethnisch homogene Dorfgemeinschaft an ihren archaischen Stammesstrukturen fest

Ein paar Südländer hätten das Dorf doch wohl bereichern können! Herzinger fordert die Migrantenquote für Comics. In der Tat: Da vergeht einem wirklich das Lachen.

Was ihn aber am meisten stört ist dies:

Klar, dass das Hohelied der antizivilisatorischen Trutzgemeinschaft auch eine aktuelle antiamerikanische Spitze hat. Das kleine gallische Dorf wirkt wie der diametrale Gegenentwurf zu der kosmopolitischen US-Metropole Entenhausen, wo frei laufende, individualisierte Enten mit Auto fahrenden Mäusen und dem Landleben entfremdeten Hühnern und Kühen in bunter ethnischer Vielfalt zusammenleben

(Offenbar ist ihm entgangen, dass die alle heterosexuell sind, sonst wäre er wohl strenger mit Disney ins Gericht gegangen.)

Heute wärmt der Gallier-Comic der Anti-Globalisierungsbewegung das Herz, die das Heil in der Abkoppelung autarker Volkswirtschaften vom bösen „Empire“ des Kapitalismus und der Hochtechnologie sehen. Wenn man daran denkt, kann einem das Lachen freilich schon vergehen.

Wer Asterix liebt, ist gegen Globalisierung und gegen Amerika: Also ist er Rassist. So einfach ist das!

Zum Fall Bierdel

Nachdem der ehemalige Cap-Anamur-Vorsitzende Elias Bierdel vom Vorwurf freigesprochen worden ist, Beihilfe zur illegalen Einwanderung nach Italien geleistet zu haben – Bierdel hatte im Jahr 2004 afrikanische Bootsflüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot retten lassen und ihre Landung in Italien erzwungen – kennt die Begeisterung der Medien für Bierdel keine Grenzen.

Ich will das Urteil nicht kommentieren, ich kenne weder die Details der damaligen Ereignisse, noch fühle ich mich juristisch hinreichend kompetent. Aber die Reaktion der Medien, und ich beschränke mich auf den Deutschlandfunk, die bedarf einiger Anmerkungen:

Es kann niemanden wundern, dass der DLF (Gerd Breker in „Das war der Tag“) die Gelegenheit nutzte, im Gespräch mit einem Europaabgeordneten der SPD den Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen zu thematisieren; leider ist kein Mitschnitt und keine Mitschrift im Netz verfügbar. Wenig überraschend,

  • dass die beiden Herren das Thema vor allem unter humanitären Gesichtspunkten behandelten und derselben Meinung waren:
  • dass Europa die „Pflicht“ habe, den Flüchtlingen zu helfen – so, als ob Europa sie in löchrigen Nussschalen aufs Meer gezwungen hätte.
  • dass man den Flüchtlingen den gefährlichen Weg über See ersparen müsse, indem man ihnen eine sichere Passage zur Verfügung stellt;
  • dass die EU daher eine bewusste Einwanderungspolitik machen müsse;
  • dass dies schon aus demographischen Gründen notwendig sei (welche Gründe merkwürdigerweise immer nur dann eine Rolle spielen, wenn es um Immigration, nicht aber, wenn es um Abtreibung, Familienpolitik oder Sozialpolitik geht).

Wenig überraschend auch, dass beide Herren sich moralisch aufs hohe Ross schwangen und die EU-Innenminister dafür geißelten, dass sie sich für diese tolle Idee nicht erwärmen können. Es gibt aber einige Realitäten, die besagte Innenminister nicht aussprechen können, ohne von einer infantilisierten Öffentlichkeit zerrissen zu werden, und die sie deshalb gleichsam als schmutzige Geheimnisse behandeln müssen. Damit freilich überlassen sie das Feld den Gutmenschen und ihrer verantwortungslosen Propaganda:

Es ist ja auch so schön leicht, sich als guter Mensch zu fühlen: Man muss nur die passenden Forderungen stellen – Macht hoch die Tür, die Tor‘ macht weit! -, und schon hat man sich selbst als edel, hilfreich und gut ausgewiesen. Man muss freilich auch ein paar Details vergessen:

Man muss vergessen, dass die Staaten Europas über hochentwickelte, informationsbasierte Volkswirtschaften verfügen, die dummen, ungebildeten oder unqualifizierten Menschen schon jetzt zu wenig Arbeitsplätze anbieten. Man muss vergessen, dass diese Knappheit sich mit weiterem technischen Fortschritt verschärfen und nicht etwa entspannen wird. Man muss vergessen, dass aus diesem Grund Immigranten aus Drittweltländern überdurchschnittlich häufig auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, und dass dies noch der günstigere Fall ist; der ungünstigere ist, dass sie ihren Lebensunterhalt durch Kriminalität bestreiten. Man muss vergessen, dass von Integration der bereits vorhandenen Immigranten nicht die Rede sein kann, und zwar wegen deren mangelnder Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit, und dass dieser Befund sich keinesfalls auf Moslems beschränkt. Man muss vergessen, dass wir nicht nur ein Immigrations-, sondern auch ein Emigrationsproblem haben: Der Trend, dass gerade die Hochqualifizierten Europa zugunsten Amerikas den Rücken kehren, weil sie kein Interesse daran haben, Menschenmassen durchzufüttern, deren Lebensinhalt darin besteht, zu nehmen, ohne zu geben, hat eingesetzt, und er wird sich verschärfen.

Und nun schlagen Menschen ernsthaft vor, Immigranten aus der Dritten Welt nach Europa zu verschiffen, und die Probleme noch zu verschärfen, die letztlich daraus resultieren, dass immer mehr Menschen die Leistungen des Sozialstaats in Anspruch nehmen und immer weniger sie erbringen; dass Menschen aus Gewaltkulturen in ein befriedetes Europa einwandern, ohne sich freilich selbst zu befrieden; dass die Völker Europas von Mitbewohnern heimgesucht werden, die sie sich nicht ausgesucht haben, und die sie sich, hätte man sie gefragt, auch nicht ausgesucht hätten, die den Einheimischen weder Sympathie noch Achtung entgegenbringen und sich ihren Staaten nicht verpflichtet fühlen, dafür aber in zunehmendem Maße politische Rechte einfordern.

Dies ist doch klar: Eine sichere Passage nach Europa würde die Flüchtlingszahlen explodieren lassen (aber nicht verhindern, dass diejenigen, die man im Zuge der „gesteuerten Einwanderung“ abgewiesen hat, sich wie eh und je mit seeuntüchtigen Seelenverkäufern auf den Weg machen würden).

Eine solche Politik liefe auf nichts anderes hinaus als auf den Selbstmord der europäischen Völker und der europäischen Kultur. Trotzdem wird sie gefordert. Wir sollen uns einreden lassen, es sei unmoralisch, Afrikaner in Afrika zu lassen, aber nicht unmoralisch, eine Politik der Vernichtung des eigenen Volkes zu betreiben bzw. zuzulassen.

Ich will den Politikern und Journalisten, die eine solche Politik allen Ernstes anstreben, sogar zugestehen, dass ihnen diese Konsequenzen nicht bewusst sind – obschon es schwer ist, ein solches Maß an Verblendung für glaubwürdig zu halten. Vermutlich verhalten sie sich einfach wie Kinder, die die Bettdecke über den Kopf ziehen, wenn sie etwas nicht sehen wollen.

Ich erinnere an ein paar einfache Grundsätze, die bis vor kurzem von niemandem in Frage gestellt worden sind: Alle souveränen Staaten der Welt haben das Recht zu bestimmen, welche Nicht-Staatsbürger sie auf ihrem Territorium dulden wollen und welche nicht. Sie haben demgemäß das Recht, Flüchtlinge abzuweisen. Sie haben sogar die Pflicht dazu, wenn eine Politik des offenen Tores zur Zerstörung des eigenen Landes führen würde.

Nicht Europa ist dafür verantwortlich, wenn Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, sondern diese selbst! Ja, ich weiß, das klingt hartherzig, aber die Alternative zu dieser gedankenklaren Hartherzigkeit, mit der ich Realitäten beim Namen nenne, ist zuerst verwirrte Sentimentalität, dann die Flucht in den Selbstbetrug, schließlich der kollektive Selbstmord.

Dass die Staaten Europas ihre Seestreitkräfte nicht beauftragen, Flüchtlingsschiffe zu versenken (wie ein italienischer Politiker einmal vorgeschlagen hat), mag einer humanen Geisteshaltung entsprechen. Es handelt sich aber um die Sorte Humanität, die wir uns nur leisten können, weil und solange ein Anderer an unserer Stelle die Flüchtlinge tötet und dadurch potenzielle Nachahmer abschreckt.

Dieser Andere ist das Mittelmeer.

Doktor Schäubles Staatsneurosen

Wenn man wissen möchte, welche Ideologie der hierzulande betriebenen Einwanderungspolitik zugrundeliegt, dann ist es erhellend, die Selbstzeugnisse der Verantwortlichen unter die Lupe zu nehmen. Innenminister Schäuble hat sich jüngst gegenüber der „Welt am Sonntag“ ein Streitgespräch mit dem immigrationskritischen holländischen Soziologen Paul Scheffer geliefert, das eine ausgiebige Würdigung verdient. Ich konzentriere mich auf die (leicht gekürzten) Ausführungen von Herrn Schäuble, empfehle aber nicht zuletzt wegen der zutreffenden und lesenswerten kritischen Einwände von Prof. Scheffer die Lektüre des ganzen Gesprächs:

Welt am Sonntag: Herr Schäuble, seit den 50er-Jahren kamen in großem Umfang Arbeitsmigranten nach Deutschland. Ist diese Einwanderung eine Erfolgsgeschichte?

Wolfgang Schäuble: Überwiegend schon. Man muss sich vergegenwärtigen, wir haben die Leute angeworben. Deutschland ist zudem das Land Europas mit der höchsten Zuwanderungsrate seit dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen wegen der Vertriebenen aus dem Osten und aus den Teilen, in denen Deutsche früher gesiedelt haben. Und dann haben wir viele Flüchtlinge aus Konfliktgebieten aufgenommen, mehr als andere Länder, wofür uns das UN-Flüchtlingswerk lobt. Die Gastarbeiter haben wir angeworben. Ohne sie wäre die wirtschaftliche Entwicklung damals gar nicht gelungen. Die meisten sind gut integriert, aber es gibt ein nicht unerhebliches Defizit in der dritten Generation. Dessen Bekämpfung ist ein Schwerpunkt unserer Politik. Aber insgesamt ist es eine Erfolgsgeschichte.

Paul Scheffer: (…) Es gibt in vielen Ländern einen Konsens, dass die Einwanderung von Gastarbeitern eigentlich keine Erfolgsgeschichte war. Weder für die empfangende Gesellschaft noch für die Gastarbeiter selbst. (…) Auch die Migranten haben sich als Gastarbeiter und eben nicht als Migranten wahrgenommen.

Schäuble: Da muss ich Einspruch einlegen. Wir haben die Gastarbeiter angeworben …

Bereits in diesen kurzen beiden Statements hat Schäuble dreimal betont, „wir“ hätten die Gastarbeiter angeworben. Wir werden noch sehen, dass das vor allem deswegen so wichtig ist, weil damit „wir“ für die Konsequenzen verantwortlich sind.

Des weiteren behauptet er wahrheitswidrig (und wird von Scheffer prompt korrigiert), ohne Gastarbeiter wäre „die wirtschaftliche Entwicklung … nicht gelungen“. Ein wichtiger Baustein der Selbstbeschreibung und des Geschichtsbildes eines künftigen islamischen Deutschland: Unsere wirtschaftliche Entwicklung verdanken wir nicht etwa den technologischen und wissenschaftlichen Spitzenleistungen, die von Deutschen erbracht wurden, auch nicht der in Jahrhunderten gewachsenen Bildungstradition, auch nicht der hohen und bewusst gepflegten Qualifikation auch von Handwerkern, und schon gar nicht dem Schweiß, den die Industrialisierung Deutschlands ab dem 19. Jahrhundert und der Wiederaufbau nach 1945 gekostet haben. Wir verdanken sie den Gastarbeitern, die überdies so „gut integriert“ sind, dass man sich fragt, wieso sie es nicht schafften, diese Integration auch der „dritten Generation“ ans Herz zu legen, und wir es plötzlich mit „nicht unerheblichen Defiziten“ zu tun bekommen.

Die Sorge darüber wird freilich mehr als ausgeglichen dadurch, dass „das UN-Flüchtlingshilfswerk uns lobt“.

Was hat das eigentlich zu bedeuten, dass Schäuble, die erste Generation für „gut integriert“ hält? Das bedeutet, dass zur „Integration“ für ihn jedenfalls nicht gehört, ein positives Verhältnis zu Deutschland und den Deutschen zu haben und seine Kinder in diesem Sinne zu erziehen: Wäre die erste Generation in diesem Sinne gut integriert gewesen, die „Defizite“ der dritten wären kaum erklärbar.

Ich vermute, für Schäuble ist „gut integriert“, wer kein Extremist oder Terrorist wird. Integriert ist, wer der Regierung keinen Ärger macht. Der Ärger, den etliche Migranten, speziell Muslime den einheimischen Bürgern bereiten, interessiert die Regierung nicht, solange sie ihn nicht am Wahltag zu spüren bekommt.

(…)
Schäuble: (…) Wir wissen, dass es heute Probleme gibt, wir kennen die Defizite. Deshalb ist unsere Politik ganz klar: Wir werden erst die Defizite in der Integration beheben und danach gegebenenfalls den Arbeitsmarkt stärker öffnen.

Nun ist schon dreimal das Wort „Defizite“ gefallen. Wir wissen immer noch nicht, welche er eigentlich meint, aber wir wissen schon einmal, dass wenigstens er sie kennt – wie beruhigend -, und dass er sie mit „unserer Politik“ „beheben“ wird: der Größenwahn eines Technokraten, dem nicht in den Sinn kommt, dass Menschen keine Maschinen sind und „Integrationsdefizite“ kein Motorschaden, den man „beheben“ kann. Dass 67 Millionen einheimische Deutsche, vier Millionen Moslems und elf Millionen nichtmuslimische Migranten und Migrantenkinder kein Orchester sind, dass darauf wartet, von Herrn Schäuble dirigiert zu werden, und dass die Gesellschaft kein Automat ist, in den man oben gestanzte Floskeln steckt, damit unten die „Integration“ herauskollert.

Ganz nebenbei erfahren wir aber auch, dass danach, also wenn so etwas wie Integration halbwegs gelungen sein wird, man aus den Fehlern der Vergangenheit nicht etwa lernt, sie in Zukunft zu vermeiden, sondern sie im Gegenteil bei der ersten Gelegenheit zu wiederholen und „den Arbeitsmarkt stärker (zu) öffnen“. Die „Integration“ der einen ist also bloß die Vorstufe zur Immigration der anderen. Der Minister teilt uns offiziell, wenn auch gleichsam zwischen Tür und Angel mit, dass er Masseneinwanderung zum Dauerzustand zu machen gedenkt, und dass er eine Politik verfolgt, die Deutschen im eigenen Land in die Minderheit zu drängen.

Welt am Sonntag: Alle Migrationsprozesse der Geschichte zeigen, dass das zirkuläre Modell nicht funktioniert. Wenn Menschen anderswohin gehen, dann bleiben viele von ihnen. Ist das Problem in Deutschland nicht deshalb entstanden, weil wir zu lange dachten, die Migranten gehen zurück?

(…)

Schäuble: Ich habe in einem Buch eines niederländischen Professors (lacht) ein Verständnis dessen gefunden, was Einwanderungsländer sind, das meinem eigenen entspricht. Das sind Länder, die gezielt Einwanderer gesucht haben. In diesem Sinne ist Deutschland keines. Ich habe das immer gesagt. Das heißt zwar nicht, dass wir nicht viele Einwanderer gehabt hätten. Und deshalb rede ich lieber von Integration, denn die müssen wir gestalten. Wir hatten beispielsweise erhebliche Probleme mit der Integration der Vertriebenen, die Ende der 40er-Jahre kamen. 1949 sagten 96 Prozent der Vertriebenen, dass ihr Verhältnis zu den Einheimischen nicht gut sei. Diese Integration ist heute gelungen. Aber bei den Gastarbeitern haben wir es natürlich versäumt, uns hinreichend Gedanken zu machen.

Verglichen mit der grandiosen Leistung, Deutsche in Deutschland zu integrieren, sollte die Integration von Türken doch ein Kinderspiel sein – vorausgesetzt, man macht sich „hinreichend Gedanken“.

Vor allem aber waren wir nicht gut genug in der Aufgabe, deren Kinder und Enkel vernünftig zu integrieren – da sehe ich die großen Versäumnisse der deutschen Gesellschaft.

Die Integration ist nicht etwa Bringschuld der zu Integrierenden, sondern eine der Aufnahmegesellschaft. Was vermutlich damit zusammenhängt, dass „wir die Gastarbeiter angeworben“ haben und diesen „unsere wirtschaftliche Entwicklung“ verdanken.

Wenn ich aber sage: Die Bilanz ist schlecht, es hat sich nicht gelohnt, dann stärke ich diejenigen, die mir an einem Stammtisch sagen: „Das haben wir schon immer gewusst, raus mit den Ausländern.“

Im Klartext: Er darf nicht zugeben, dass die Bilanz schlecht ist, weil er sonst die am „Stammtisch“ stärkt, also das einfache Volk, das in der Tat schon immer ein Gespür dafür hatte, dass Einwanderung niemanden bereichert, es sei denn die Einwanderer. Diese einfachen Leute dürfen nicht „gestärkt“ werden, und deswegen muss man die von ihnen erkannten Wahrheiten zu Lügen erklären. Man beachte, dass der Minister sich nicht einmal auf seine angeblich überlegene Einsicht beruft (was Herrscher normalerweise tun, wenn es ihre Herrschaft zu rechtfertigen gilt). Er beansprucht also nicht, in der Sache Recht zu haben, er will nur die, die Recht haben, niederhalten.

Welt am Sonntag: Was ist wann falsch gemacht worden?

(…)

Schäuble: … Wir machen in Deutschland seit den 70er-Jahren keine Einwanderungs-, sondern Integrationspolitik. Gute oder schlechte, darüber kann man streiten. Wir hatten eine Debatte übers Asylrecht, aber das ist etwas anderes. Ich meine ja auch, dass wir in Zukunft stärker eine gezielte Politik betreiben müssen. Aber vorher muss ich die Defizite vergangener Jahre beseitigen. Da schiebe ich die Schuld gar nicht von uns weg.

„Wir“ – und man darf vermuten, dass er damit nicht die Politik meint, sondern das deutsche Volk – sind an den hier zum viertenmal erwähnten „Defiziten“ schuld – er spricht wirklich von „Schuld“ – , und deswegen müssen „wir“ sie auch „beseitigen“, ungefähr wie ein Hundebesitzer Hassos Häufchen beseitigt. Dasselbe Volk, auf dessen Meinung man pfeift, soll auslöffeln, was ihm eingebrockt wurde.

Welt am Sonntag: Wo sehen Sie gelungene Beispiele von Einwanderungspolitik?

(…)

Scheffer: Es muss … um das gehen, was Sarkozy „immigration subi“ und „immigration choisi“ nennt, eine bloß ertragene oder eine Einwanderung, für die man sich bewusst entscheidet. Darüber muss man nachdenken.

Schäuble: Natürlich denken wir darüber nach! Aber ich bin gegen wishful thinking. Und bevor wir zu sehr über die selbst gewählte Einwanderung nachdenken, sollten wir uns auf die Behebung der Defizite konzentrieren. (…)

Zum fünftenmal werden „Defizite behoben“.

(…)

Schäuble: (…) Ich als Innenminister muss verhindern – das ist Staatsräson Deutschlands -, dass eine neue Ausländerfeindlichkeit entsteht.

Der Innenminister glaubt, es sei Sache des Staates, seinen Bürgern ihre Gefühle, zum Beispiel Ausländerfeindlichkeit, zu verbieten bzw. vorzuschreiben. Eine solche Einstellung ist nicht etwa vordemokratisch – kein absolutistischer Monarch hätte sich je für einen Volkspädagogen gehalten -, sie ist totalitär. Die Bürger sollen mit allen Mitteln dazu gebracht werden, zu wollen, was sie sollen. Und das ist nicht nur ein Staatsziel – was schlimm genug wäre –, es ist Staatsräson, d.h. der Staat muss, bei Strafe seines Untergangs, „verhinden, dass Ausländerfeindlichkeit entsteht“. Warum?

Ich kann nicht, wie vor einer Woche in Vorarlberg, 25 Prozent für eine rechtsextreme Partei ertragen.

Dem Innenminister einer „konservativen“ Partei ist der Unterschied zwischen rechtskonservativen und rechtsextremen Parteien nicht geläufig. Die FPÖ für rechtsextrem zu halten, ist offensichtlich grotesk. Sie für rechtsextrem zu erklären, kann natürlich gute Taktik sein. Allerdings nicht die Taktik von Demokraten, sondern die von Selbstherrschern, die den Staatsapparat benutzen, Andersdenkende mundtot zu machen.

Jedenfalls sollte man hellhörig werden, wenn ein Innenminister, also jemand, der über einen hochorganisierten bewaffneten Machtapparat verfügt, sagt, er könne ein demokratisch einwandfrei zustandegekommenes Wahlergebnis „nicht … ertragen“.

So hohe Zahlen etwa für Le Pen waren der Ausgangspunkt für Sarkozy, das Thema Einwanderung anzugehen. Ich kann auch die Entwicklung in den Niederlanden nicht ertragen.

Im Klartext lautet die Botschaft an die deutschen Wähler: Bildet euch ja nicht ein, dass ihr wählen könnt und dürft, wen ihr wollt – bestimmte Parteien verstoßen gegen die von mir, Schäuble, definierte „Staatsräson“. Wie kommt er nur darauf, es sei „Staatsräson“, das überwiegend loyale Staatsvolk zugunsten von Migranten zu schwächen, deren Loyalität dem Staat gegenüber nicht selten zweifelhaft ist?

Deutschland würde sofort in den Verdacht geraten, es hätte aus den Erfahrungen der Nazizeit nichts gelernt. Wir sind mehr als jeder andere ein gebranntes Kind.

Wenn ich jetzt nicht gerade unterstellen will, die USA hätten Deutschland für den Fall eines rechtskonservativen Wahlerfolges eine Militärintervention angedroht: Nüchtern betrachtet, ist der von Schäuble befürchtete „Verdacht“, in den Deutschland geraten könnte, nicht mehr als ein Imageproblem. Also nichts, was ernsthaft die „Staatsräson“ tangieren würde, sofern man „Staatsräson“ traditionell versteht.

Schäuble: Wir hatten – darauf bin ich stolz – bei der Europawahl am 7. Juni die geringsten Erfolge von ausländerfeindlichen Gruppen in Europa. Ganz vergeblich sind unsere Bemühungen um verbesserte Integration also nicht.

Man könnte mit besseren Gründen mutmaßen, dass weniger die Bemühungen um verbesserte Integration als vielmehr die um Kriminalisierung und Verleumdung Andersdenkender erfolgreich waren, und dass sie das deshalb waren, weil sehr viele Deutsche jene merkwürdige Ideologie verinnerlicht haben, wonach nicht die Loyalität zur eigenen Nation, sondern die Selbstdressur zugunsten Anderer ein Grund zum „Stolz“ ist.

(…) Wir müssen bei unserer demografischen wie sozialen Entwicklung alle Menschen in Deutschland einbeziehen.

Abgesehen natürlich von den einheimischen Deutschen, namentlich solchen, die sich am „Stammtisch“ äußern.

Sonst werden wir keine stabile, tolerante Entwicklung sichern können. Und wegen der demografischen Entwicklung werden wir wahrscheinlich bald einen höheren Bedarf an Zuwanderung haben.

Ich kann mich nicht erinnern, dass die in der Tat bedrohliche demographische Entwicklung Deutschlands jemals von Politikern zum Thema gemacht worden wäre. Es wurden keine Wahlkämpfe damit bestritten, und es wurde auch nicht um Lösungen gerungen. Dafür ist von der demographischen Entwicklung mit schöner Regelmäßigkeit immer dann die Rede, wenn es Argumente für Masseneinwanderung zu finden gilt. Anders gesagt: Immigration ist eine, wenn auch nur scheinbare, Lösung auf der Suche nach einem passenden Problem.

Rekontruieren wir nun Schäubles Ideologie aus dem, was er hier zwischen den Zeilen gesagt hat:

Es kommt ihm vor allem darauf an, was Andere über Deutschland denken, nicht so sehr darauf, was tatsächlich der Fall ist, und auch nicht darauf, ob die Deutschen selbst sich mit ihrer Politik gut fühlen; dieselbe Orientierung an der Fremdwahrnehmung, die schon aus seiner kindlichen Freude über das Lob des UN-Flüchtlingshilfswerks spricht, lässt sich auch aus seiner Panik ablesen, Deutschland könnte in den „Verdacht“ geraten, aus der Nazizeit nichts gelernt zu haben, und an seinem „Stolz“ über die ausbleibenden Erfolge „ausländerfeindlicher Gruppen“.

Würde eine Einzelperson sich in dieser Weise an der Fremdwahrnehmung orientieren und die eigenen Interessen gegenüber den Forderungen Anderer hintanstellen, so würde man diese Person ohne weiteres für neurotisch gestört halten.

Bedenkt man dann noch,

  • wie häufig er betont, woran die Deutschen alles schuld seien,
  • seine Neigung, der Deutschen eigene Erfolge („unsere wirtschaftliche Entwicklung“) Ausländern gutzuschreiben,
  • seine Auffassung, die politische Urteilsbildung der Deutschen müsse staatlich kontrolliert und gesteuert werden,
  • und schließlich sein Programm, Masseneinwanderung als eine Art permanente Revolution anzustreben, sobald die aktuellen „Defizite behoben“ sind,

so läuft dies in der Zusammenschau auf eine Ideologie hinaus, wonach die Deutschen böse Menschen seien, die, stünden sie auf eigenen Füßen, nur Unheil anrichten könnten, die sich deswegen der Aufsicht durch das Ausland zu unterwerfen hätten, deren politische Willensbekundungen man als Politiker nicht zu respektieren brauche, und die von ihrer Regierung buchstäblich erzogen werden müssten. Jedenfalls für die Übergangszeit bis zu ihrem angestrebten Verschwinden als Volk.

Schäubles „Staatsraison“ entpuppt sich als eine zur Staatsideologie erhobene selbstzerstörerische Neurose, und die Bundesrepublik Deutschland als der vermutlich einzige Staat der Welt, der seine „Räson“ darin sieht, das eigene Staatsvolk abzuwickeln.

25. September 2009. Nachrichten eines Tages.

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Jugendstrafrecht: Tottreter

(…)
Als der zweite Verhandlungstag gegen die U-Bahn-Schläger in Berlin-Moabit zu Ende geht, leeren sich auch auf anderen Gerichtsfluren die Säle. Man sieht es den muskelbepackten Männern an, wie ihre Prozesse ausgegangen ist. Zwei Hünen mit hoch ausrasierten Nacken, denen gerade ihr Urteil verkündet worden war, klatschen zufrieden die Hände aneinander. Wieder mal ein knappes Jahr auf Bewährung. Und so schnell, wie das gegangen ist! Eine junge Frau, sie war Zeugin, schreit empört: „Was sind denn das für Gesetze?“, ihr Freund meint nur, er habe es ihr gleich gesagt, so was regelt man selbst. Sie aber ist das große Risiko eingegangen, die in ihrem Viertel und der Justiz gut bekannten Schläger zu identifizieren. Am Ende des Ganges verschwindet eine schmale Gestalt, krumme Schultern, Kopf gesenkt. Das ist das Opfer. Der Junge ist gerade siebzehn geworden; seit er die Fußtritte der Hünen dank der Kunst der Ärzte überlebt hat, verursacht ihm die Metallplatte in seinem Kopf unerträgliche Schmerzen. Sein Selbstwertgefühl, sagt die Zeugin, sei sowieso am Boden, und jetzt erst recht.

FAZ

El Kaida will Deutsche als Terroristen anwerben

Kurz vor der Bundestagswahl hat der mutmaßliche El-Kaida-Terrorist Bekkay Harrach ein neues Video im Internet veröffentlicht. Darin will er deutschsprachige Muslime als Terroristen anwerben.

Focus

Werden Sie Fachdemonstrant gegen Rechts

Haben Sie keine Lust mehr auf Ihren Ingenieursjob, ist die Facharbeiterausbildung zu schwierig oder haben Sie den zukunftslosen Beruf der Kernkraftwerkers erlernt? Dann benötigen Sie eine Weiterbildung, die Ihnen neue, zukunftsträchtige Berufschancen eröffnet. Der DGB hilft Ihnen dabei mit einer einjährigen Ausbildung zur “Fachkraft Rechtsextremismus”.

PI

Hamburger Teenager töten Mann wegen 20 Cent

(…) Nach dem gewaltsamen Tod eines 44-Jährigen in Harburg hat die Mordkommission zwei 16 und 17 Jahre alte Jugendliche verhaften lassen. Nach Erkenntnissen der Ermittler hatten die beiden Jugendlichen ihr Opfer wegen 20 Cent tot getreten. Onur K. und sein jüngerer Komplize Berhan I. sind ins Untersuchungsgefängnis gebracht worden.

Die Welt

Türkische Stimmen können die Wahl in Deutschland entscheiden

Es hat sich ein Muster in mehreren europäischen Ländern entwickelt: die muslimischen Wähler geben den Ausschlag nach links. Auch in Deutschland spielen türkische Einwanderer wahrscheinlich die entscheidende Rolle bei den Bundestagswahlen am kommenden Sonntag. Alle Beteiligten hoffen deren Stimmen zu gewinnen.

Winkelried.info

Gestatten: Nader Khalil, CDU

(…) Dennoch scheinen sich gerade bei der CDU die Dinge zu bewegen. Anfang September lud die einstige „Kinder statt Inder“-Partei rund 120 ihrer Mandatsträger mit ausländischen Wurzeln ins Konrad-Adenauer-Haus, auch Khalil war dabei. Auf der ersten CDU-Konferenz dieser Art war Hessens Innenminister Volker Bouffier zugegen, ebenso die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer. Generalsekretär Roland Pofalla freute sich über seine bunte Truppe, betonte, eine Volkspartei müsse ein Abbild der Gesellschaft sein. Er räumte allerdings ein: „Im Umgang mit Migranten haben wir noch Nachholbedarf.“

stern

Dänemark: Palästinenser schießen 50 mal auf Polizisten

(…) Seit Mitte August 2009 haben in unserem Nachbarland Palästinenser immer wieder auf Polizisten geschossen, mit scharfen Waffen. In einem Falle feuerten sie gleich 50 Mal auf Rettungssanitäter und auf Polizisten. Für deutsche Medien ist das nicht berichtenswert. Es sind ja „nur“ Polizisten, auf die eine nicht-integrationsbereite Bevölkerungsgruppe vor lauter Hass scharf schießt. Der umgekehrte Rassismus der zugewanderten Mitbürger wird von unseren „Qualitätsjournalisten“ wie selbstverständlich hingenommen.

Zölibat

Deutschland muss Zuwanderung als Chance sehen

Deutschland braucht eine neue Mentalität, die jedem Bürger gesellschaftlichen Aufstieg ermöglicht. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, muss Zuwanderung als Chance verstanden werden. Der NRW-Integrationsminister Armin Laschet erklärt in seinem Buch, wie die „dritte deutsche Einheit“ gelingen soll.

Die Welt

Chef haftet auch für Klosprüche

Vier Türken fühlten sich beleidigt, weil ein Unbekannter Türen und Wände einer Toilette mit ausländerfeindlichen Parolen … sowie einem Hakenkreuz beschmiert hatte. Daraufhin verklagten sie den Chef auf Zahlung von jeweils 10.000,- Euro. Das Bundesarbeitsgericht gab ihnen dem Grunde nach jetzt recht.

PI

Bayern gegen Rechtsextremismus

Zum Schulbeginn startet die Bayerische Staatsregierung das neue Internetportal gegen Rechtsextremismus. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann: “Die Bekämpfung des Rechtsextremismus zählt seit vielen Jahren zu den Schwerpunkten der bayerischen Politik. Ein wichtiger Baustein dazu ist nun www.bayern-gegen-rechtsextremismus.de“.

Migazin

Bundeswehr: “Einsatznah ausbilden” gesperrt?

Ein Leser meldet, dass die Ausbildungsliteratur “Einsatznah ausbilden” sowie “Üben und schiessen” von der Bundeswehr für die dienstliche Nutzung nun tatsächlich gesperrt worden sei. (…)
Die offensichtlich mit dem Thema fachlich überforderten Journalisten Alexander Kobylinski und Caroline Walter hatten die Literatur zuvor im ARD-Magazin “Kontraste” skandalisiert . (…) Durch die Verwendung von Reizwörtern wie “Landserjargon” oder “äußerst Rechts” hatten die Journalisten versucht, eine politische Kampagne gegen die Bundeswehr zu initiieren. Eine sachliche Grundlage dafür bestand nicht. Zunächst sah es so aus, als sei die Kampagne gescheitert, aber offenbar verfügt die Bundesregierung doch nicht mehr über die politische Kraft, um solchen Kampagnen entgegenzutreten. Was kommt als nächstes?

Weblog Sicherheitspolitik

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen ZDF

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz gegen das ZDF wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gehen weiter. (…) Die Staatsanwaltschaft werte zurzeit den umstrittenen Beitrag „Sterben für Jesus – Missionieren als Abenteuer“ des ZDF-Magazins „Frontal 21“ … aus. In dem Beitrag hatten die Verfasser Arndt Ginzel, Martin Kraushaar und Ulrich Stoll Evangelikale in die Nähe islamistischer Selbstmordattentäter gerückt. (…) Anlass für die umstrittene Berichterstattung war die Entführung von neun Christen im Jemen. Drei von ihnen – eine Koreanerin und zwei junge Frauen aus Deutschland – waren am 15. Juni ermordet aufgefunden worden; von den anderen Entführten fehlt bislang jede Spur.“

idea

Schülerstreit in Dülmen: Busfahrer ging dazwischen und wurde entlassen

Dülmen – Es war eine Auseinandersetzung unter Schülern, die der Busfahrer von seinem Fahrersitz aus beobachtet hatte. Ein 13-Jähriger traktierte am vorletzten Mittwoch gegen 7.45 Uhr im Beisein eines weiteren Schülers einen Siebenjährigen auf einem Dülmener Schulhof.

Der Busfahrer sah die Situation – und griff ein. (…) Das Einschreiten rief unterschiedliche Reaktionen hervor, die dazu führten, dass der Busfahrer noch am gleichen Tag entlassen wurde.

Dülmener Zeitung

Nachrichten eines einzigen Tages.

Islamisierung als Outsourcing

Es ist doch merkwürdig, wie wenig die Ideologie der im Westen herrschenden Eliten der des von ihnen gleichwohl gehätschelten Islam gleicht. Auf der einen Seite die Vergötzung der Marktwirtschaft, auf der anderen Seite eine Religion, für die schon das Einstreichen von Zinsen Sünde ist. Auf der einen Seite ein auf die Spitze getriebener Individualismus („So etwas wie eine Gesellschaft gibt es nicht, es gibt nur Individuen“, sagte Maggie Thatcher), auf der anderen Seite eine Religion, deren Menschenbild man gut in dem Satz zusammenfassen könnte, so etwas wie Individuen gebe es nicht, es gebe nur die islamische Umma und die Gemeinschaften ihrer Feinde. Auf der einen Seite Atheismus (oder allenfalls pseudoreligiöser Synkretismus), auf der anderen die fanatischste Religion der Weltgeschichte. Wie passt das zusammen?

Mega Dux schlägt in seinem jüngsten Kommentar vor:

Ich glaube die Mächtigen und Eliten der Welt haben festgestellt, dass ein Christentum, dass sich an seiner Heiligen Schrift orientiert und die Menschen dahingehend aufklärt, auf lange Sicht mündige und aufgeklärte Bürger hervorbringt. Schlecht beeinflußbar und lenkbar – trotz der Verordnung des Obrigkeitsgehorsams. Ganz anders ist es m.E. mit dem Islam. Das Volk, das unter dem direkten Einfluß des Koran hervorgebracht wird, ist uneingeschränkt manipulierbar. Ich würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten 5-10 Jahren die ersten Landesminister sich öffentlich zum Islam bekennen werden, um diese islamischen Volksmassen, die hier entstehen, beeinflussen zu können.

Das wird wohl stimmen, islamisierte Massen sind leichter manipulierbar, vorausgesetzt, die Obrigkeit orientiert sich im Großen und Ganzen an islamischen Normen – weswegen ich auch die Vorhersage mit dem Landesminister für realistisch halte, auch im Hinblick auf den Zeitfaktor.

Islamisierte Massen sind also leichter manipulierbar, aber wieso?

Das liegt unter anderem daran, dass der Islam wesentlich ein Rechtssystem ist. Die Verquickung von Moral und Recht schafft ein Regelsystem, aus dem hervorgeht, wer gegen wen unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zweck Gewalt anwenden darf, und stiftet zugleich einen gesellschaftlichen Konsens über die Gültigkeit dieses Regelsystems.

Es ist ja nicht richtig, die muslimischen Migrantenviertel in und um europäische Großstädte als „rechtsfreie Räume“ zu bezeichnen, nur weil die staatliche Gewalt dort nichts zu bestellen hat, solange sie nicht in Kompaniestärke anrückt. Es gilt dort sehr wohl ein Recht, nur eben nicht unseres. Die dort häufig vorkommenden Vergewaltigungen unverschleierter Mädchen zum Beispiel leisten für die Durchsetzung des islamischen Rechts dasselbe, was die Gewaltdrohung des Staates für das westliche Recht leistet. Es werden ja nicht etwa alle oder auch nur die meisten Mädchen vergewaltigt, sondern gerade so viele, wie nötig ist, die Einhaltung des islamischen Verschleierungsgebots als Norm durchzusetzen.

Unsere Vorstellung, dass Recht und Gewalt einander ausschlössen, ist ja schon für den westlichen Kontext falsch: eine Illusion, die nur deswegen entstehen kann, weil die ubiquitäre Gewaltdrohung des Staates die manifeste Gewalt aus unserem Alltagsleben verbannt hat. Faktisch sind Recht und Gewalt (des Staates) auch im Westen untrennbar miteinander verknüpft. Was uns in islamischen Parallelgesellschaften im Westen, aber auch in zerstörten Staaten wie Somalia, Irak oder Afghanistan als anarchische Gewalt erscheint, folgt in Wahrheit durchaus Regeln – den islamischen – deren Anwendung dazu führt, dass am Ende eine Ordnung gemäß der Scharia entsteht. Finden solche Prozesse im Westen statt, so ist es nur folgerichtig, dass die schrittweise Einführung der Scharia, wie in Großbritannien zu besichtigen, und damit der Rückzug des Gesetzesstaates Teil dieses Prozesses ist. Der Islam kann sich so etwas wie einen Staat durchaus leisten, ist aber nicht darauf angewiesen, weil die Ordnungsfunktion des Staates vom islamischen System selbst und der von ihm geprägten Gesellschaft übernommen wird.

Womit wir bei den Gründen wären, die den Islam möglicherweise so interessant für westliche Eliten machen. Wir erleben ja auf breiter Front eine Entstaatlichung westlicher Gesellschaften, und es sind alle Aspekte von Staatlichkeit davon betroffen: Rechtsstaat, Nationalstaat, Ordnungsstaat. Die Art, wie Donald Rumsfeld den Irakkrieg und den nachfolgenden Wiederaufbau anging – um nur ein Beispiel zu nennen -, nämlich nur das Allernotwendigste von der amerikanischen Armee bzw. Regierung erledigen zu lassen und den Rest auszulagern – neudeutsch: outzusourcen – und einschließlich der organisierten Gewaltanwendung Privatunternehmen anzuvertrauen, entspricht dem Trend, den Staat nur noch unter ökonomischen Gesichtspunkten, sprich: als Kostenfaktor zu sehen, und einer Ideologie, die Staatlichkeit schon deswegen ablehnen muss, weil diese naturgemäß an territoriale Grenzen gebunden ist und obendrein der Ökonomisierung der Gesellschaft im Wege steht.

Nun kann man aber die Leistungen des Staates, speziell seine Ordnungsfunktion, nicht unbegrenzt durch Dienstleistungen Privater ersetzen: Eine Elite von Reichen, die sich unter dem Schutz privater Sicherheitsdienste in ihre Enklaven zurückziehen und den Rest der Gesellschaft in die Anarchie verabschieden wollte, würde sehr schnell merken, dass es um ihre Sicherheit nicht besser – eher schlechter – bestellt ist als um die Ludwigs des Sechzehnten im Angesicht des Pariser Mobs.

Die Eliten benötigen also ein ordnungsstiftendes System, das keine Steuergelder kostet – das heißt kein Staat ist. Und welches System bietet sich da an?

Genau.

„Diskriminierende Plebiszite“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Oppermann ist Mitglied des sogenannten Kompetenzteams von Frank-Walter Steinmeier und soll dort den Bereich „Innenpolitik“ abdecken. Genau der Mann also, den man sich ansehen sollte, wenn man wissen will, welche Art von Kompetenz bei der SPD gefragt ist.

Nach Abschluss der Koalitionsberatungen über das Begleitgesetz zum Vertrag von Lissabon rühmte sich Oppermann mit selbst im Radio hörbarer Genugtuung, die CSU von zwei Forderungen abgebracht zu haben: einmal der, dass der Bundestag den Verhandlungsspielraum der Bundesregierung bei EU-Verhandlungen von vornherein festlegen soll.

Die andere Forderung der CSU lautete, vor dem EU-Beitritt neuer Länder müsse ein Plebiszit abgehalten werden. In Oppermanns Worten:

„diskriminierende Plebiszite über Beitrittskandidaten“

(Ich habe es, wie gesagt, im Radio – vorhin im DLF – gehört, aber nicht im Netz gefunden und kann deshalb hier keinen Verweis setzen.)

Wieder so eine Formulierung, auf die nur ein Linker kommen kann: eine ganze Ideologie in vier Worten!

Von einer Diskriminierung kann man nämlich nur dort sprechen, wo es einen Anspruch auf Gleichbehandlung gibt. Im Klartext enthält Oppermanns Textbaustein die Vorstellung, alle Länder dieser Erde hätten prinzipiell das gleiche Recht auf Mitgliedschaft in der EU, zumindest müsse jeder Beitrittswunsch nach denselben Kriterien geprüft und entschieden werden.

Heißt: Es liegt einzig und allein in der Verantwortung des Beitrittskandidaten, ob er die Beitrittskriterien erfüllt. Tut er dies, ist es den Völkern Europas, und ganz bestimmt dem deutschen, nicht erlaubt, einen Beitrittskandidaten abzulehnen. Nicht das Volk ist souverän, sondern die Kopenhagener Kriterien:

  • Weder die Sorge um die überkommene Kultur und Sprache,
  • noch die um die innere und äußere Sicherheit,
  • noch die um den Fortbestand der freiheitlichen Demokratie,
  • noch die um den sozialen Zusammenhalt,
  • auch nicht – und schon gar nicht! – das Recht der Bürger, sich im eigenen Land zu Hause zu fühlen,

dürfen dazu führen, dass ein Beitrittskandidat abgelehnt wird, weil das sonst „diskriminierend“ wäre.

Oppermanns Formulierung besagt nicht mehr und nicht weniger, als dass nach der Vorstellung der SPD die Volkssouveränität nach innen und nach außen ein alter Zopf ist. Reif für ihr „Kompetenzteam“ ist, wer weiß, wie man den abschneidet.

Antidiskriminierung

In dem Blog „Ich bin so frei“ erschien vor gut einem Monat eine der präzisesten EU-kritischen Analysen, die ich je gelesen habe, und zwar unter dem Titel

„Die EU-Grundrechteagentur und der Kampf gegen Diskriminierung. Speerspitze von Gesellschaftstransformation und Islamisierungsbegünstigung“

Ich zitiere einige Passagen als Appetithäppchen (sofern man einen Artikel mit diesem Übelkeit erregenden Thema so nennen kann), empfehle aber dringend die Lektüre des ganzen Artikels:

„2007 wurde mit Ratsbeschluß der EU die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte FRA (Fundamental Rights Agency) errichtet.

(…)

Dabei ist anhand der Aktivitäten und Enuntiationen klar erkennbar, daß die Grundrechte hier mit einem kulturpolitischen Veränderungsauftrag identifiziert werden, der hinter der Idee der Antidiskriminierungsgesetzgebung steht. Grundrechte werden mit der Bekämpfung von “Diskriminierung und sozialer Marginalisierung” nahezu gleichgesetzt oder mindestens auf diese zugespitzt.

(…)

Aufgrund ihres Entstehungsaktes, einem einstimmigen Ratsbeschluß, agiert sie im Selbstverständnis, eine jedem politischen Zweifel entzogene Materie zu bearbeiten, also geradezu die Durchsetzung der Staatsgrundlagen und die Sicherstellung des letzten Staatszweckes zu betreiben. Die Agentur hat dabei den Status einer oberstgerichtlichen Institution, die sich die Inhalte ihres Regelrahmens selbst erarbeitet.

Diese Konstruktion erscheint besonders deswegen sehr fragwürdig, weil die Durchsetzung der hier sehr spezifisch interpretierten Grundrechte keineswegs einer gesellschafts- und kulturpolitisch neutralen Staatsgrundlage verpflichtet ist, sondern dem Ideologie-Konzept der Multikulturellen Gesellschaft. Anläßlich der Aufnahme seiner Arbeit in Wien im Frühjahr 2008 antwortete der Direktor der Agentur, der Däne Morten Kjaerum, auf die Frage eines Journalisten, was denn das wichtigste Anliegen seiner bevorstehenden Amtszeit sei: “Der Kampf gegen die Islamophobie”.

(…)

Es wird deutlich, daß nicht einfach nur Verhaltensweisen gegenüber Individuen, sondern Meinungen, Wertungen, Analysen, Positionen und faktische Verhältnisse als Ausdruck von Diskriminierung qualifiziert werden. Dies schließt, wie die obige Liste zeigt, die Wiedergabe historischer und sozialer Tatsachen, durchaus mit ein. Es steht also völlig außer Zweifel, daß die Terminologie und das Instrumentarium der Antidiskriminierungs-Oberbehörde darauf abzweckt, die Ansichten und das Bewußtsein der europäischen Bevölkerung umfassend zu kontrollierten und gleichzurichten, und zwar nicht entlang des Kriteriums von Wahrheit oder Unwahrheit, sondern von verordneter politischer Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz.

(…)

Immer und überall wird ein Repertoire von vier sich wiederholenden Schritten angewendet:

  1. Neudefinition und Umdeutung zentraler Begriffe (…)
  2. Von der Respektierung unterschiedlicher Kulturen zur Akzeptanz einer Gesellschaft, in der viele Kulturen gleichberechtigt sein müssen (und zwar gleichgültig, ob deren Träger autochthonen oder zugewanderten Bevölkerungsbestandteilen angehören).(…)
  3. Stigmatisierung unerwünschter Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Beharren auf der Erhaltungswürdigkeit der Kultur der Mehrheitsbevölkerung und systematische Verschärfung des Konformitätsdrucks. (…)
  4. Konnotation von Reizbegriffen und Verdichtung zu einem kompakten Feindbild.“

[Und nun: LESEBEFEHL für den ganzen Artikel!]