Prof. Markus Kerber zur Eurokrise: „Ein Schwall von Inflation“

Der Deutschlandfunk hat gestern abend aus ein Interview mit Professor Markus Kerber von der TU Berlin ausgestrahlt, der dort über öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik forscht. Anlass war die Herabstufung der Bonität Frankreichs von AAA auf AA+ durch die Ratingagentur Standard & Poors. Es ging um die Auswirkungen auf den Euro. Kerber hat Klartext gesprochen. Er sagte unter anderem:

Insgesamt kann Deutschland in dieser Situation nur eines versuchen: aus dem Euro-Rettungsfonds, zumindest aus dem Euro-Rettungsfonds auszutreten, um sein Rating zu sichern und [sich] selbst zu retten. Anderenfalls wird man sehr deutlich in absehbarer Zeit die Schlussfolgerungen für Deutschlands haftungsauslösende Situation ziehen. Deutschland wird für Alle haften, für Alle haften müssen, und das führt notwendigerweise zu einer gravierenden Herabstufung. Der Rettungsfonds …

Frage: Das bedeutet, wenn ich Sie richtig verstehe, dass der Rettungsschirm damit Geschichte ist?

Das ist der Anfang vom Ende des Rettungsschirms. Der Rettungsschirm kann aufgrund der Haftung von Frankreich jedenfalls mittelfristig sich Geld nicht mehr zu den Konditionen verschaffen, die nötig sind, um die finanznotleidenden Länder ensprechend billig zu finanzieren.

Frage: Aber ist denn die Situation derart brisant, kann man davon ausgehen, dass die Zinsen jetzt dramatisch ansteigen in den Ländern, die herabgestuft worden sind?

Das hängt davon ab, ob in diesen Ländern nunmehr eine radikale Austeritätspolitik angesagt und durchgeführt wird. Bisher haben wir ja im Wesentlichen eine deklaratorische Politik. Aber selbst wenn sie angesagt würde, müsste sie ja noch umgesetzt werden. Wir sind im Strudel eines europaweiten Finanznotstandes, und diesem Strudel kann sich Deutschland nur entziehen, indem es kurzfristig aus dem Euro-Rettungsfonds austritt und deutlich macht, dass es für die völlig maroden Staaten nicht mehr bereit ist zu haften, und endlich das Tabu gebrochen wird, dass die Eurozone als solche überlebensfähig ist; Deutschland braucht heute mehr denn je einen Plan B, um zusammen mit den anderen Handelsüberschussländern wie den Niederlanden, Luxemburg, Finnland und Österreich ruckartig die Eurozone zu verlassen.

Frage: Aus Ihnen spricht deutlich der Euroskeptiker; wie wird denn die EZB, die Europäische Zentralbank …

… nicht der Euroskeptiker, sondern der Europa-Befürworter. Wer Europa heute, die europäische Integration undden europäischen Binnenmarkt nicht länger mit diesem religiös betriebenen Europrojekt belasten will, der zieht aus der Realität Schlüsse: die Schlüsse, die Politiker deshalb nicht bereit sind zu ziehen, weil sie für diese Politik und für diesen Zustand verantworlich sind.

Frage: Trotzdem, wie wird die EZB, die Europäische Zentralbank darauf reagieren? Haben Sie die Befürchtung, dass so etwas wie die Druckerpresse angeworfen werden wird?

Das ist bereits in Gang: Herr Draghi hat zwar gesagt, dass die Europäische Zentralbank durch Anleihenkäufe nicht Fiskalpolitik betreiben kann, aber sie hat in einer Art und Weise die Sicherheitsanforderungen für die Refinanzierung von Banken erleichtert, dass Banken im Euroraum mittlerweile jedwedes Papier – das ist etwas vereinfacht, aber in der Tendenz stimmt es – zur Refinanzierung einreichen können. Das Ergebnis: Von den 489 Milliarden Euro, die Banken abgerufen haben, haben allein italienische Banken 116 Milliarden abgerufen. Aber die Forderung nach dem Einsatz der EZB als fiskalische Feuerwehr wird noch lauter erklingen, und das bedeutet ökonomisch genau was sie eben gesagt haben, dass die Druckerpresse angeworfen wird; dann wird zeitversetzt ein Schwall von Inflation auf uns zukommen.

[Die Fragen stellte Oliver Ramme. Das Interview kann noch für einige Zeit unter folgender URL als Tonaufzeichnung abgerufen werden:

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/01/13/dlf_20120113_2315_1784255d.mp3]

Tanzt Du noch einmal mit mir?

Mein aktueller Lieblingshit stammt von einer Band namens “Broilers”, heißt “Tanzt du noch einmal mit mir” und versteht sich als Beitrag zum Krampf gegen Rechts:

Ich war mir so sicher und mein Freund, Du warst es auch, dass der Geist von damals nie wiederkehrt. Wir lagen falsch, mein Freund, wir waren zu dumm.

Ein faules Volk wie dieses hat sich noch nie gewehrt.

Das hättet ihr wohl gerne?

Die aggressive Dummheit der Volksbeschimpfung spiegelt eine Frustration und beginnende Panik bei den etwas sensibleren Linken, für die es vordergründig keinen Grund zu geben scheint.

Tanzt du noch einmal mit mir? Sei einfach nur da. Tanzt du noch einmal mit mir? Wenn nicht jetzt, wann dann? Tanzt Du noch einmal mit mir? Sei einfach nur hier, Tanzt Du noch einmal mit mir? Bevor das alles explodiert.

Wieder die Panik.

Die Gesichter wechseln und die Farben wechseln auch.

Sie scheinen mitbekommen zu haben, dass Rechte anders aussehen, als Linke sich das vorstellen. Von denen, die heute rechts sind, waren Viele vor fünf oder zehn Jahren noch links oder liberal, zum Teil waschechte Gutmenschen. Und sie haben heute noch den Habitus des linken oder liberalen Milieus, aus dem sie stammen: Eine x-beliebige Gruppe von, sagen wir, Islamkritikern, unterscheidet sich auf den ersten Blick in nichts von einer Gruppe linker Aktivisten, schon gar nicht durch Springerstiefel oder dergleichen. Höchstens dadurch, dass statt der taz die Junge Freiheit auf dem Kneipentisch liegt, und es gibt etliche, die auch heute noch als Sozialarbeiter, Lehrer, Universitätsdozenten etc. in typischen linksorientierten Strukturen tätig sind, sich dort freilich hüten, sich der Inquisition zu erkennen zu geben.

An dem Tag, wo ihr McCarthyismus in sich zusammenbricht, werden die Linken staunen, wer jetzt schon alles zu uns gehört.

Gezielte Worte zu stimmungsvoller Zeit.

Die linke Lebenslüge. Auch wenn es noch so sehr auf der Hand liegt, werden sie nicht zugeben, dass es nicht “gezielte Worte”, sondern die – nicht zuletzt von ihnen selbst geschaffenen – Realitäten sind, die Menschen in Scharen nach rechts treiben.

Der Mob, er läuft nicht, der Mob, er rennt …

… hören wir in einem Lied, das als Beitrag zum “Kampf gegen Rechts” d.h. zur größten politischen Mobbingkampagne seit Gründung der BRD konzipiert ist. Aber richtig, es ist eine stille Massenbewegung, und wer sich einmal in Bewegung gesetzt hat, bewegt sich immer schneller. Meinetwegen rennt er auch.

Den Nerv getroffen …

So ist es.

… und das Schwein in dir befreit.

Volksbeschimpfung, siehe oben. Das Bemerkenswerte ist das Eingeständnis, dass hier etwas befreit wird. In der Tat: Das Erlebnis, das man als Linker hat, wenn man die ersten Schritte nach rechts geht, gleicht dem Erlebnis, das Necla Kelek hatte, als sie das erstemal in eine Bratwurst aus Schweinefleisch biss: Wider Erwarten tat sich nicht die Erde auf, sie zu verschlingen, und die Wurst schmeckte gut: “Ich hatte gesündigt und fühlte mich gut dabei.”

Die Erkenntnisblockaden, an denen ich jahrzehntelang gescheitert war, purzeln zu sehen wie die Dominosteine, nur weil ich endlich die ersten linken Aprioris beiseite geschoben hatte, war eine Art geistiger Orgasmus. Man fühlt sich nicht nur gut dabei, man kann gar nicht genug davon bekommen. Man beginnt endlich, frei zu atmen. In “Kognitive Dissonanz und Political Correctness” habe ich beschrieben, was da befreit wird: Es ist mitnichten “das Schwein”, es ist das eigene bevormundete, geknebelte, gegängelte, erstickte Ich.

Indem sie zugeben, dass hier etwas befreit wird, sagen die Musiker zugleich, dass sie selbst gefesselt und geknebelt sind. Die Linken, die den befreiten Andersdenkenden als Schwein beschimpfen, haben etwas von alten Jungfern, die ihre eigene Frigidität mit Moral verwechseln. Der Neid des Impotenten, getarnt als sittliche Entrüstung.

Ich packe meinen Koffer und ich nehme nichts mit.

Fluchtphantasien. Panik.

Ich halte Deine Hand unterm Ascheregen.

Die Vulkanmetapher ist treffend. Die Magmakammern sind zum Bersten voll.

Im dritten Jahrtausend gibt es zu viel alte Angst. Ich küsse Dich ein letztes Mal und lass´die Erde beben.
Tanz du noch einmal mit mir? Sei einfach nur da. Tanzt du noch einmal mit mir? Wenn nicht jetzt, wann dann? Tanzt Du noch einmal mit mir? Sei einfach nur hier, Tanzt Du noch einmal mit mir? Bevor die Scheiße explodiert

Während die Fassade noch steht, Parteien und Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Bundestag und Bundesrat zum Kampf gegen Rechts blasen und jeder Opportunist und Karrierist sein Scherflein dazu beiträgt (nicht ohne sich als Nonkonformist oder gar Widerstandskämpfer zu inszenieren), während die IM- und Blockwartstypen sich an Denunziationen noch überbieten und glauben, dies sei ein Aufstand (kicher!) der Anständigen (brüüüüllllll!), spüren die Künstler, als die sensibleren Naturen unter den Linken, wie am Grunde der Moldau die Steine wandern.

Die Musiker selbst kommentieren:

“Das spannende an einem Song wie ‘Tanzt du noch einmal mit mir?’ ist, dass man beim ersten Hören denkt, es sei eine Partynummer” so Sammy. “Wenn du dann aber auf den Text hörst merkst du, wie viel Wut in den Lyrics steckt …”

Das glaube ich euch aufs Wort. Und genau deshalb ist es eine Partynummer. Für uns.

 

Das Menetekel. Zum Ende der Karriere von Christian Wulff

Noch vor zwanzig Jahren wäre es undenkbar gewesen, einen Mann zum Bundespräsidenten zu machen, der gerade seine Ehefrau gegen eine Jüngere ausgetauscht hat. Nicht weil eine Scheidung schon per se ein Makel sein muss, sondern weil sie einer sein kann. Was bei einem Ministerpräsidenten noch als akzeptabel durchgehen kann, ist es noch lange nicht bei einem Amt, dessen Autorität davon lebt, dass es an der persönlichen Integrität seines Inhabers nicht den Hauch eines Zweifels gibt. Ein Präsident muss bereits den bösen Anschein meiden. Es heißt nicht, ungebührliche Urteile über das Privatleben anderer Leute zu fällen, wenn man denjenigen, der im Privatleben so handelt wie Wulff, im Verdacht hat, er halte alles, was legal – also nicht ausdrücklich verboten – ist, deshalb schon für anständig.

Gerade deser Verdacht hat sich aber spektakulär erhärtet: Wulff hat zwar nichts getan, was direkt illegal wäre, zumindest nichts, was ein ausgeschlafener Anwalt nicht trickreich als legal verkaufen könnte:

Es ist nicht verboten, dienstlich erworbene Bonusmeilen für einen privaten Urlaub zu verwenden; es ist nicht verboten, mit Milliardären befreundet zu sein, die zugleich ausgeprägte wirtschaftliche Interessen an politischen Entscheidungen haben; es ist nicht verboten, seinen Urlaub auf den Anwesen solcher Milliardäre (jedes Jahr bei einem anderen) zu verbringen; es ist nicht verboten, sich von deren Ehefrauen Geld zu leihen und nicht danach zu fragen, ob es nicht vielleicht doch vom Ehemann stammt; es ist nicht verboten, einen zinsgünstigen Kredit bei einer Bank aufzunehmen, mit der das von einem selbst regierte Bundesland geschäftliche Beziehungen pflegt. Des weiteren ist es durchaus zulässig, der Presse über die Umstände solcher Kredite nur so viel zu erzählen, wie man ohnehin nicht abstreiten kann. Und wenn man den Verfassern missliebiger Zeitungsartikel mit rechtlichen Konsequenzen droht, dann ist auch dies per se noch keine strafbare Nötigung, und zwar auch dann nicht, wenn solche Drohungen in einer Sprache formuliert werden, die alles andere als präsidial ist. Erlaubt ist das alles; es ist aber eben auch zutiefst anrüchig.

Sein Gesamtverhalten weist Wulff als einen Mann aus, dem der moralische Kompass fehlt. Das muss uns nicht wundern; ein moralischer Kompass könnte, ja müsste beim heutigen Zustand der BRD in Richtungen zeigen, die wenig karrierefördernd wären. Ein Karrierepolitiker, dessen Lebensinhalt seit seiner Schulzeit der Kampf um politische Machtpositionen ist, kann sich so etwas nicht leisten, schon gar nicht, wenn er in diesem Kampf von internationalen Netzwerken gefördert wird, für die die Zerstörung traditioneller Werte und Bindungen Programm und Utopie ist.

Hier zeigen sich auch frappierende Parallelen zwischen Wulff und Guttenberg, auch dieser ein Ziehkind transatlantischer Nachwuchsförderung mit erwiesener Blindheit für den Unterschied zwischen anständig und unanständig. Und noch etwas springt in beiden Fällen ins Auge: Wenn man von einem Karrierepolitiker schon keinen Sinn für Anstand mehr erwartet, so doch zumindest eine gewisse Professionalität in der Technik des Machterhalts; daran aber fehlt es beiden. Sowohl Wulff als auch Guttenberg haben bei ihrem Krisenmanagement ein so staunenerregendes Maß an taktischer Inkompetenz offenbart, dass man sich fragen muss, ob beide Männer ihre Positionen überhaupt hätten erringen können, wenn Andere ihnen nicht den Weg geebnet hätten. Es scheint, dass die handverlesenen deutschen Statthalter der globalen Eliten noch einmal eine Negativauswahl aus einem ohnehin schon trostlosen Personalpool darstellen:

Sorgen bereits die internen Rekrutierungsmechanismen deutscher Parteien dafür, dass charakterschwache, opportunistische und hochgradig korrumpierbare Persönlichkeiten gefördert werden, so selektieren die Netzwerke offenbar noch einmal diejenigen, die nicht nur charakterschwach und korrumpierbar, sondern charakterlos und korrupt sind.

Das ruhmlose Ende zweier hochgejubelter Retortenstars ist ein Menetekel nicht nur für Angela Merkel, die Beide – offenkundigen Unzulänglichkeiten zum Trotz – auf ihre Posten gehievt hat, sondern auch für eine politische Klasse, deren verachtenswerteste Eigenschaften gerade von diesen Männern exemplarisch verkörpert werden.

Sezession 44 – Campus, Oslo, Sarrazin

[Ich bin sicher, dass Götz Kubitschek einverstanden ist, dass ich seinen folgenden Beitrag aus sezession.de in voller Länge hier einstelle:]

Es ist Zeit, die 44. Sezession vorzustellen. Sie sollte heute bei den Abonnenten eingetroffen sein und kommt deshalb ein bischen verspätet, weil wir aufgrund eines für uns bisher aufregenden Sommers die Drucklegung Tag um Tag hinausgezögert hatten: Der „Fall Campus/Böcker“ schwelte (und schwelt), der „Fall Oslo“ paralysierte Konservative und Rechte europaweit – zu beidem haben wir Grundsätzliches ins Heft genommen, paralysefrei natürlich:

+ Den „Fall Campus/Böcker“ haben wir im Bildteil nachgezeichnet und zwei entscheidende Artikel dokumentiert.
+ Über Oslo schreibt einer der wichtigen, konservativen Islamkritiker:Manfred Kleine-Hartlage.
+ Weit vor dem Doppelanschlag hat Martin Lichtmesz sein „Traktat über die verschleppte Gewalt“ verfaßt und beschrieben, wie es ist, wenn sich in einem Staat etwas anstaut – angelehnt an den Essay „Über den Schmerz“ von Ernst Jünger. Lichtmesz: hellsichtig, wach, in Topform sozusagen.

Und es gibt natürlich noch viel mehr zu lesen:

Chaim Noll schreibt über die Bedrohung der Meinungsfreiheit durch direkte und indirekte Drohungen. Sein Beitrag ist eine verlängerte Fassung eines Artikels, den er im Juli in der „Jüdischen Zeitung“ veröffentlichte.

+ Und noch einmal Manfred Kleine-Hartlage: Er schreibt über „Ein Jahr nach Sarrazin“ und zeigt, daß ein Rausch noch keine Substanzveränderung ist. Viel hat sich nicht getan „nach dem Buch“, allenfalls der Diskussionsspielraum ist etwas größer geworden. [Das muss ich doch ein wenig präzisieren: So wenig Wirkung das Buch an der Oberfläche zeigt, so sehr habe ich doch die untergründigen Verschiebungen analysiert, die Sarrazins Buch wahrscheinlich sehr wohl hervorgerufen hat. M.K.-H.] (Zu diesem Beitrag erreichte mich heute ein erstes Fax, die Kopie der ersten Seite von Kleine-Hartlages Beitrag: Darüber ist ein Hammer gezeichnet, der den Nagel auf den Kopf trifft – ein schönes, bildliches Lob für einen guten Text. Dank an den unbekannten Sender!)

Felix Menzel hat ein Autorenportrait des französischen Bestseller-Autors Michel Houellebecq verfaßt und sieht in seinem letzten Roman eine ebenso selbststilisierende wie selbstironische Persiflage auf den Medienbetrieb insgesamt und die Grenzen des Menschenmöglichen überhaupt. Houellebecq ein Grundkonservativer? Warum nicht!

Ellen Kositza nimmt den türkischdeutschen Deutschtürken Feridun Zaimoglu ernst und beim Wort und kommt nach einer ebenso spitzen wie treffsicheren Analyse seines Werks und seines Gebarens zu dem Schluß: Der will doch nur spielen! Wirklich beschämend ist, daß das Feuilleton diesem Spieler auf den Leim kriecht.

+ Wo die Gesellschaft den nie vorhandenen Gesellschaftsvertrag auch noch kündigt (wie soeben in Tottenham und andernorts), ist ein genauer Blick auf das Verbindende notwendig. Karlheinz Weißmann befragt eines seiner Spezialgebiete – die Identität – und bemerkt, daß die Antwort schwer fällt: Gibt es sie überhaupt noch? Wie entsteht sie, und: Muß sie nicht immer wieder neu entstehen? „Wir Konservativen“ – geübt im Einmaleins des Gegenkonzepts „Identität“? Von wegen!

Das Inhaltsverzeichnis mit allen weiteren, hier nicht aufgeführten Beiträgen der 44. Sezession können Sie hier einsehen. Dort kann man, besser: sollte man das Heft auch bestellen. [Und wer es nicht tut, versäumt etwas! M.K.-H.]

 

Martin Lichtmesz: „Tottenham und die Angst der Medien“

Nein, ich bin nicht schreibfaul, ich habe nur gerade ein größeres Übersetzungsprojekt auf dem Tisch, von dem ich Euch demnächst ein wenig mehr erzählen werde, und das ich möglichst zügig abschließen will, damit ich meine „Liquidierung der Zivilisation“ zu Ende schreiben kann. (Im Moment habe ich knapp zwei Drittel; ich weiß, ich weiß, ich wollte längst fertig sein, aber es geht eben nicht immer so, wie man will.)

Ich bin also nicht schreibfaul, sondern schreibe wie ein Besessener, nur landet zur Zeit nicht so viel davon in meinem Blog. Glücklicherweise gibt es einen Martin Lichtmesz, und wenn ich schon selber wenig schreibe, kann ich wenigstens seine Artikel empfehlen. Zum Beispiel diesen hier:

Auch die Süddeutsche Zeitung hat über das „Outing“ des norwegischen Bloggers Fjordman alias Peder Jensen berichtet, mit der typischen Hilflosigkeit der Liberalen, wenn sie mit Gedanken jenseits ihrer Weltbildblase konfrontiert werden. Der Autor kann beispielsweise kaum fassen, wieso jemand eine solche Wut auf „Politiker und Medien“ haben kann, „die ein friedliches Nebeneinander der Kulturen befürworteten“, ganz so, als ob das „friedliche Nebeneinander“ durch die gute Absicht allein schon gewährleistet sei.

Diese Hilflosigkeit zeigt sich im Wollknäuelscharfsinn von Absätzen wie diesen:

Jensen hat Medienwissenschaften in Oslo studiert und Arabisch an der American University in Kairo. Seine 2004 eingereichte Magisterarbeit handelt von der Blogger-Szene in Iran. Er hatte also Kontakt zu der ihm verhassten Kultur. Eine Erfahrung, die er mit manchen Islamisten gemein hat: So haben viele der Attentäter vom 11. September im Westen studiert.

Das kommt davon, wenn man nicht zu verstehen versucht, sondern stattdessen die erstbesten Assoziationen rausbrettert, die man mal eben in seinem Hirn vorfindet. Dann ergeben sich auch drollige küchenpsychologische Spekulationen wie diese:

Wo Jensens Wut herkommt, ist schwer zu ergründen. Möglicherweise spielt gekränkte Eitelkeit eine Rolle. Er habe versucht, seine Ansichten in Leserbriefspalten unterzubringen, sei aber „zensiert“ worden, klagt er im Interview. Bei Seiten wie „Gates of Vienna“ fand er dagegen Bestätigung.

Na klar, das wird’s gewesen sein, was denn sonst könnte so eine Wut hervorrufen! Die geistige Harmlosigkeit der Liberalen, die aus solchen Zeilen spricht, ist immer wieder verblüffend.  Sie können wohl nicht anders, als von ihren schlichten Gemütern auf andere zu schließen.

[Hier weiterlesen!]

 

 

Das Erdbeben findet nicht statt

Erinnert sich noch jemand an den Herbst 1977, als es landauf, landab kein Kneipengespräch gab, in dem nicht die RAF das bestimmende Thema gewesen wäre, und als ein ganzes Volk auf Terroristenjagd war? Oder an die Tage nach dem 11. September 2001, als man sich über jedes Flugzeug wunderte, das einfach am Himmel seine Bahn zog, statt in irgendein Hochhaus zu fliegen, und als fast Jeder in dem Gefühl lebte, die Erde könne jederzeit unter den eigenen Füßen nachgeben?

Nichts von alldem findet sich heute. Kaum einer spricht auf der Straße über das Massaker von Oslo – es ist einfach eine schlechte Nachricht von vielen. Ich selbst werde von niemandem danach gefragt, ob es irgendeinen Zusammenhang zwischen Islamkritik und dem Anschlag geben könne; dabei könnte ich das sogar verstehen, da die veröffentlichte Meinung doch einige Anstrengungen unternimmt, einen solchen Zusammenhang in die Köpfe zu hämmern.

Aufgewühlt und erschüttert ist allem Anschein nach nur die rechtsoppositionelle Szene selber, bei deren Thesen sich der Attentäter bedient hat, um sie, zusammen mit vielem anderen Material, zu seinem „Manifest“ zusammenzuguttenbergen.

Und die Reaktionen der Politik kommen bisher nicht wesentlich über das übliche Politikergeschnatter hinaus, das immer dann einsetzt, wenn irgendein Ereignis eintritt, das man als Stichwort für dümmliche Interviews verwenden kann, in denen man die eigenen ewigen Lieblingsforderungen wiederholt: Da fordert der eine das Verbot der NPD, ein zweiter die Vorratsdatenspeicherung, wieder einer mehr polizeiliche „Internet-Streifen“ zur Ahndung von Volksverhetzung (Na, dann streift mal schön.). Hat eigentlich schon einer den Inlandseinsatz der Bundeswehr und mehr Sozialarbeiter an den Schulen gefordert? Nein? Kommt bestimmt noch. Ein paar scharfe Sprüche „gegen Rechts“  – das war’s dann aber auch. Die von vielen befürchtete großangelegte Hexenjagd bleibt aus. Gewiss soll man den Tag nicht vor dem Abend loben; im Großen und Ganzen scheint aber zu gelten: Business as usual.

Zu den Anschlägen von Oslo – einige Fragezeichen

Wenn man über Ereignisse schreibt, bei denen die Meldungen sich überschlagen, läuft man Gefahr, dass das, was man schreibt, innerhalb von Stunden Makulatur ist. Trotzdem möchte ich einige Bedenken äußern, bevor wir, also die islamkritischen Blogger, uns auf die Islamisten einschießen.

Gewiss tragen die Anschläge einige typische Merkmale von Attentaten der Qaida und ähnlicher Gruppen: Getroffen wurde ein Land, das an Militäreinsätzen gegen islamische Länder beteiligt ist; die Anschläge fanden kurz nacheinander statt; Gaddafi hat mit solchen Anschlägen gedroht; und es soll sich eine islamistische Gruppe dazu bekannt haben (wobei man freilich nicht weiß, ob es sich um Trittbrettfahrer handelt, die sich wichtig machen wollen); auch dass der festgenommene Verdächtige ein ethnischer Norweger sein soll, will noch nicht viel heißen, schließlich sind Konvertiten oft die radikalsten Islamisten.

Was mich irritiert, ist die Zielgenauigkeit der Anschläge: Während es den Tätern in Madrid und London offenbar darum ging, wahllos so viele Zivilisten wie möglich umzubringen, waren diesmal Regierungsgebäude und der Regierungschef sowie ein sozialistisches Jugendlager das Ziel – der Attentäter scheint die sozialistische Partei ins Visier genommen zu haben; auch Zeitungsredaktionen sind getroffen worden. Sicherlich könnten die Islamisten dazugelernt haben, aber das Gesamtbild ähnelt doch mehr dem des europäischen Terrorismus. Vor allem aber ist seltsam, dass der Schütze, der auf Teilnehmer des Jugendlagers geschossen hat, kein Selbstmordattentäter war; d.h. er hat die einmalige Gelegenheit versäumt, geradewegs zu Allah ins Paradies einzugehen – ziemlich untypisch für islamische Terroristen.

Wir werden abwarten müssen, ob hier die Islamisten vom europäischen Terrorismus gelernt haben – oder umgekehrt.

Dreimal Deutschland-kontrovers

Während ich mich vorwiegend auf anderen Baustellen herumgetrieben habe, hat virOblationis für Deutschland-kontrovers geschrieben:

In „Wessen Kult?“ beschäftigt er sich mit der Bedeutung der Sonntagsruhe, in „Standortwechsel“ stellt er die Atomwende der CDU in der Zusammenhang ihrer Drift nach links, und der „Fachkräftemangel“ ist ein hausgemachtes Problem, wenn überhaupt eines.

Heute schon gekichert?

Dass die schönste Komik ist doch immer noch die unfreiwillige ist, wird uns bei gewissen Castingshows regelmäßig vor Augen geführt, aber nicht nur dort. Die blamierten Möchtegernstars von DSDS finden im Netz durchaus ihre digitalen Verwandten, die kaum weniger zum Brüllen sind.

Und so möchte ich Eure Aufmerksamkeit heute auf die Facebook-Gruppe „Die Grünen abschalten“ lenken. Die Gruppe widmet sich, ihrer Selbstbeschreibung zufolge, löblicherweise der „kritischen Auseinandersetzung mit der Partei B90/Die Grünen“. Nun ja, sie behauptet zumindest, dies zu tun.

Zweifellos zum Kampf gegen die Grünen gehört auch eine Gruppenregel wie diese:

§ 4: Verlinkte PI-Artikel werden gelöscht.

Als wäre dies nicht schon exzentrisch genug, hat der Admin Björn Piechotta in einem heute veröffentlichten Beitrag noch einen draufgesetzt:

Next on the Abschußlist: Die Seite „Korrektheiten“
„Korrektheiten Antitotalitäre, ideologiekritische, islamkritische politische Essays“

Diskussion darüber? Fällt aus. PI lasse ich schließlich auch nicht zu.

Da die Diskussion zur aufrichtigen Verwirrung von Herrn Piechotta dann doch nicht ausblieb, ließ er sich doch noch zu so etwas wie einer Begründung herab:

Solange aber diese Seite sich am Muselbashing einen reibt, lösche ich alle Beiträge, die mit ihr im Zusammenhang stehen.

Was für eine Witzfigur muss eigentlich einer sein, der eigens eine Facebook-Gruppe gründet, um die Grünen zu kritisieren, dann aber mit jedem Satz, den er schreibt, demonstriert, dass er genausogut deren Vorsitzender sein könnte?

Von Pelzmänteln und Atheisten

Warum gibt es eigentlich so viele militante Atheisten, die demonstrierenden Christen ihre Kreuze entreißen, aber keinen einzigen, der einem betenden Muslim in den Hintern tritt?

Vermutlich aus demselben Grund, aus dem es so viele militante Pelzmantelgegner gibt, aber keinen einzigen militanten Lederjackengegner (obwohl die Logik ja dieselbe wäre):

Weil man eine Oma, die im Pelzmantel aus dem KaDeWe kommt, leichter anpöbelt als einen Hell’s Angel.

Europäer als Opfer des islamischen Kolonialismus

Im Jahr 2008 wurde von Frankreich verlangt, dass es Wiedergutmachung leisten müsse für seine koloniale Vergangenheit in Algerien. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der französischen Kolonialgeschichte, aber wenn ich mich recht erinnere, waren die Franzosen auch deswegen motiviert, sich in Algerien zu engagieren, weil barbarische Piraten ihre bösartigen Aktivitäten im neunzehnten Jahrhundert immer weiter fortsetzten. Die Zeit der französischen Herrschaft ist der einzige Zeitraum der Zivilisation den Algerien erlebt hat, seit den Römern.

Fjordman: gesamter Essay bei Michael Mannheimer

Wissenschaft vom Feinsten | Geiernotizen.de

Im Nachhinein kann es ja ganz erheiternd sein, was so herauskommt, wenn Menschen versuchen, sich als Propheten zu betätigen. Das heißt: Heute nennt man das ja eher »Prognostiker«. Gerade ist die UNO einigermaßen kläglich an dem Versuch gescheitert, die Zukunft vorauszusagen. Erst 2005 hatte sie nämlich wegen der sogenannten Erderwärmung 50 Millionen Umweltflüchtlinge bis 2010 prognostiziert. Die Millionen würden vor einem Anstieg des Meeresspiegels fliehen, vor häufigeren und intensiveren Hurrikanen sowie massiven Ernteausfällen. Tatsächlich haben die als besonders gefährdet eingestuften Gegenden wie Bangladesh, die Bahamas, St. Lucia, die Seychellen oder die Solomon Islands seitdem statt eines Aderlasses durch Flüchtlinge aber einen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Und wenn tatsächlich für viele Menschen in Entwicklungsländern die Lebensmittel zunehmend unerschwinglich werden, dann liegt das nicht an ungewöhnlichen Ernteausfällen infolge einer Erderwärmung, sondern im Gegenteil daran, daß Mais und Weizen häufiger zu Treibstoffen verarbeitet werden, um die »Klimaziele« zu erreichen, die von den Schamanen der Klimareligion vorgegeben wurden. Eine moderate Erderwärmung würde übrigens eine deutliche Verbesserung der Welternährungslage mit sich bringen, wie dies während des »Klimaoptimums« der Renaissance der Fall war, als sogar in England Weinbau betrieben wurde.

Was aber macht nun die UNO: Sie löscht die Netzseiten mit den falschen Prophetien und stellt gleich wieder die nächsten auf: Es sollen mal wieder 50 Millionen Klimaflüchtlinge sein — an die Zahl hat man sich wahrscheinlich gerade gewöhnt gehabt — diesmal allerdings bis 2020, was mich ein bißchen an die Zeugen Jehovas erinnert, die das Weltenende ja auch von 1874 auf 1878, dann auf 1914, auf 1918, auf 1925 und dann auf 1975 verschoben haben.

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