Von Hebeln und Schirmen

„Die Metaphorik der Eurokrise“ beleuchtet Burkhard Müller-Ullrich in einem Kommentar für den Deutschlandfunk. Auszug:

Kraft mal Kraftarm ist gleich Last mal Lastarm, lautet das Hebelgesetz, dessen Wirkungsweise für die menschliche Seele außerordentlich beglückend ist. Mit Hilfe des Hebels kann man stärker sein als von der eigenen Muskelkraft gewohnt. Der Hebel ist eine Vorrichtung, mit der man Kraft auf Kosten des Weges einspart- oder umgekehrt. Jedes Kind kennt das Prinzip von der Wippe, vom Nussknacker und vom Rudern.

Damit also soll jetzt die alchemistische Geldvermehrung stattfinden? Die Regierungen rudern, sie wollen goldene Nüsse knacken und uns auf der Wippe verschaukeln. Der Hebel suggeriert solide Mechanik; würde man vom Aufblasen eines Geldballons sprechen, stellten sich ganz andere Assoziationen ein. Etymologisch hat der Hebel mit Heben zu tun, deutet also eine Aufwärtsbewegung an. Allerdings wissen auch Halunken mit dem Brecheisen den Hebel anzusetzen. Der Hebel ist das einfachste Werkzeug zur Verwirklichung eines Machttraums: Man transzendiert damit das eigene Vermögen.

Deswegen setzen die EU-Regierungen jetzt alle Hebel in Bewegung. Am Wochenende wollen sie unvorstellbare Geldmengen aus unseren maroden Volkswirtschaften hebeln, so wie wir Banknoten aus Geldscheinautomaten mit Hilfe überzogener Kreditkarten. Noch ist offen, wer am längeren Hebel sitzt, Merkel oder Sarkozy, Bank oder Not, Geld oder Schein, aber weh und leid wird es noch vielen tun, denn wo gehebelt wird, da fallen Späne.

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17 Gedanken zu „Von Hebeln und Schirmen“

  1. Ein Mittelsmann vom BND berichtete mir von einer geheimen Rede eines älteren Herrn im Rollstuhl, die dieser kürzlich vor ausgewählten Parlamentarieren gehalten hat. Hier ein paar Ausschnitte:

    Die Eurogegner behaupten, das deutsche Volk hat keine Lust mehr, sich der überhand nehmenden Steuerlast zu unterziehen. Seid ihr entschlossen, den letzten Cent für den Endsieg des Euros herzugeben?

    Die Eurogegner behaupten, das deutsche Volk wehrt sich gegen die totalen Rettungsmaßnahmen der Regierung. Es will nicht den totalen Rettungsschirm, sagen die Eurogegner, sondern die D-Mark. Ich frage euch: Wollt ihr den totalen Rettungsschirm? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können?

    Frau Merkel hat befohlen, wir werden ihr folgen. Wenn wir je treu und unverbrüchlich an den Endsieg des Euros geglaubt haben, dann in dieser Stunde der Eurobesinnung und der inneren Aufrichtung. Wir sehen ihn greifbar nahe vor uns liegen; wir müssen nur zufassen. Wir müssen nur die Entschlußkraft aufbringen, alles seinem Dienst unterzuordnen. Das ist das Gebot der Stunde. Und darum lautet von jetzt ab die Parole: Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!

  2. Und darum lautet von jetzt ab die Parole: Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!

    Das wird er, keine Bange … das wird er! Und das Tolle: Das Volk muß dazu gar nicht aufstehen, sondern kann gleich auf der Couch sitzenbleiben… – denn wenn man sich hier:

    http://www.occ.gov/topics/capital-markets/financial-markets/trading/derivatives/dq211.pdf

    … die Seite 25 anschaut, dann findet man dort:

    NOTIONAL AMOUNT OF DERIVATIVE CONTRACTS
    Note: Credit derivatives have been included in the sum of total derivatives. Credit derivatives have been included as an „over the counter“ category, although the Call Report does not differentiate by market currently.
    TOP 25 COMMERCIAL BANKS AND TRUST COMPANIES IN DERIVATIVES
    JUNE 30, 2011, $ MILLIONS

    … und zwar mit Zahlen, die … aber macht euch euer eigenes Bild. Freeman hat einen Artikel dazu verfaßt – Das Armageddon des globalen Finanzsystems – zu dem ein Kommentator fragt:


    Bernd sagt:
    19. Oktober 2011 00:47
    Wenn die amerikanischen Banken nun also mit den europäischen noch stärker verknüpft sind und ein Scheitern in Europa die Usa mit in den Abgrund zieht, warum lässt man die amerikanischen Ratingagenturen dann immernoch fröhlich auf die EU los und gebietet denen keinen Einhalt? Wenn in Europa die Lichter ausgehen, fallen auch die USA, also sollte es jawohl auch im Interesse der amerikanischen Regierung sein, den Agenturen endlich einen Maulkorb anzulegen?

    Tja, da stelle ich mir natürlich die Frage: Cui bono? Könnte es wohl Personen geben – oder vielleicht eine größere Gruppe von Personen – die davon profitieren würden, wenn quasi die gesamte noch gesteuerte und steuerbare Welt in der Steuerungslosigkeit verschwindet?

    Gut, ich denke da schon in eine bestimmte Richtung, aber stelle sich einfach einmal nur jeder selber diese Frage … und überlege, ob wohl jemand Nutzen aus einer solchen Situation ziehen könnte. Jedenfalls: Wie es aussieht … wird auch uns die ‚Armee Wenck‘ nicht mehr retten können. 😥

  3. “Alles, was Ihr kauft, müßt Ihr richtig bezahlen. Macht keine Schulden und gebt nicht mehr aus als Ihr einnehmt. Dann werdet Ihr sehen, wie Eure Provinzen florieren und die Finanzen wohl befinden werden.”

    König Friedrich Wilhelm I. (Preußen) im Jahre 1722

    Auch noch 2022 wird diese Regel gelten. Und die richtet sich eben nicht an die Banken, sondern an die Politiker und ALLE Bürger. Und in der Wut über diese immerwährende Regel, die man nicht aufheben kann, werden sich alle gegenseitig die Schädel einschlagen. Seit Anbeginn aller Zivilisation gilt der Satz: Nichts gibt es umsonst.

    Wer diesen Sarz glaubt aufzuheben zu müssen/können, tut nichts anderes, als eine Räuberbande zu begründen. Und Räuber enden manchmal am Galgen. Auch das wird zu allen Zeiten so bleiben.

    Sich an das Simpelste zu halten, ist immer und zu allen Zeiten die schwierigste aller möglichen Verhaltensweisen. Wem aber das Einfachste schon zu schwer ist, der geht bei allen komplizierteren Anforderungen schlicht unter. Und das ist in jeder Evolutionsform auch gut und richtig.

  4. Diese Frage ist entbehrlich. Um dies zu erkennen, braucht man nur zu beobachten, wer dem Satz: „Nichts gibt es umsonst“ nicht glaubt oder dagegen handelt.

  5. Wenn das das Kriterium ist, dann sind sowohl die Gläubiger als auch die Schuldner Räuber… und deshalb ist die Frage eben nicht entbehrlich.

    Wer setzt wen unter Druck, wer zwingt wen auf welche Bahn?

  6. Falls es nicht bekannt sein sollte: Die Banken verlangen Zinsen für Geld, das durch nichts gedeckt ist. Offenbar sind sie der Meinung, daß es diese Zinsen umsonst gibt.

    Denn nichts anderes passiert mit jedem Dollar, der in Umlauf kommt.

  7. Übrigens ist die ganze Idee mit dem Hebel natürlich sowieso völlig lächerlich, weil es hier um Sicherheiten geht, welche sowieso schon gehebelt sind. Kein Kredit wird zu 100% gedeckt. Banken decken so um die 10%. Freilich, mit Dollars, welche selber nicht gedeckt sind.

  8. Wenn z.B. eine Bank einen Kredit vergibt, ohne das Geld tatsächlich zu besitzen, oder eine mündelsichere Forderung dagegen setzen zu können, dann handelt es sich um ein Luftgeschäft bzw. eine Erfindung (Schöpfung) von „Geld“. In diesem Augenblick wird die Bank zu einer Räuberbande oder Betrügerbande. In der Wirkung stellen sich beide Arten von Banden gleich: Kriminelle.

    Und strenggenommen macht sich der Kreditnehmer der Beihilfe zu dieser Art Kriminalität schuldig. Denn erst durch sein Verlangen wird diese Art Kriminalität überhaupt möglich. Besonders dann, wenn dieser Kreditnehmer der Staat ist. Seine Vertreter sollten es – entsprechend ihrer in Anspruch genommenen Lenkungskompetenz – entschieden besser wissen.

    Um dies zu vermeiden, sind wir unversehens wieder bei König Friedrich Wilhelm I. v. Preußen mitsamt seiner unumstößlichen und unwiderlegbaren Regel.

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