Götz Kubitschek: „Provokation“ (Rezension)

Götz Kubitscheks „Provokation“ ist ein typisches Kaplaken-Bändchen: so komplex, dass man es auch dreimal hintereinander lesen kann, ohne sich zu langweilen, und so dicht in der Gedankenführung, dass man am liebsten das ganze Buch zitieren möchte.

Es handelt sich gewissermaßen um einen Ratgeber für Rechte und solche, die es werden wollen: die also das Lügensystem durchschaut haben, das uns an der Erkenntnis hindern soll, dass unser Land auf einen Abgrund zusteuert; die wissen, dass wir uns dem Vorbürgerkrieg nähern; die voll Verzweiflung spüren, dass der Abgrund näher kommt, ohne das der Kurs unseres Landes sich auch nur um eine Gradminute ändert; und die auch die Illusionen über die selbstmörderische Trägheit unseres Volkes verloren haben:

Gegenwehr oder Verschwinden: Das sind die beiden Möglichkeiten, die wir haben. Wie man verschwindet, hat Jean Raspail im Heerlager der Heiligen beschrieben. Der Kampf um die Vorherrschaft im eigenen Raum ist ein Kampf, keine Diskussion. Wenn eine Seite die Kraft für die Auseinandersetzung nicht aufbringt, verschwindet sie einfach. Oder mit anderen Worten: Wenn wir Deutschen zu zivilisiert für die Notwendigkeiten des Vorbürgerkriegs bleiben, ist die Auseinandersetzung bereits entschieden. ‚Nur Barbaren können sich verteidigen‘, sagt Nietzsche.

Allgemein gewendet: Wem sein Vaterland lieb ist, muß den Vorbürgerkrieg gewinnen, bevor er unbeherrschbar wird. Und da dieser Krieg neben dem handfesten, den die Polizei und jeder Angegriffene auf der Straße und in seinem Viertel auszufechten hat, vor allem ein geistiger Bürgerkrieg gegen die Lobbyisten der Zersetzung ist, müssen wir die eine, traurige Wahrheit predigen, wo wir zu Wort kommen: Es sind die Deutschen selbst, die gegen ihr Land und gegen ihr Volk arbeiten. Es sind die Deutschen selbst, die das Experiment einer neuen Gesellschaft nicht und auch nach der zwanzigsten Lektion noch immer nicht beenden wollen. Es sind die Deutschen selbst, die ihre Zukunft abtreiben oder gar nicht erst zeugen und sie so in fremde Hände geben.

Aber nicht alle Deutschen sind so. Und diejenigen, die nicht so sind, müssen die Lage erfassen.

Und Konsequenzen daraus ziehen. Aber welche?

Die Zuspitzung der Begriffe und die Kennzeichnung der Gegner: Das sind unsere Aufgaben.

Aber:

Verbrämen wir niemals unsere lehrreichen Versammlungen und Gespräche: Sie gleichen einem Museum, wenn sie nicht zum Bekenntnis und zur Tat beflügeln. … Jeder muß doch dort, wo er steht, davon zeugen, daß es auch einen anderen Blick auf die Dinge gibt, eine rechte Sicht, und eine Art, sich zu bewegen und überhaupt zu leben, die dazu paßt.

Dieses Zeugnis ist an und für sich eine Provokation, bekennendes Leben ist provozierendes Leben. Provokation, kluge, arrogante, witzige, schockierende, plötzliche, stete, situative Provokation ist für unseren Zweck das unausweichliche und das geeignete Mittel.

(…)

Provokationen leben von der Wahrnehmung, denn ihr Ziel ist, eine Reaktion (und sei es nur die Verblüffung) hervorzurufen.

Wahrgenommen wird das Unerwartete, wahrgenommen wird der gezielte Regelverstoß, wahrgenommen, zwingend wahrgenommen wird die bewußte oder unbewußte Verletzung des Regelwerks der Harmlosigkeit, das die derzeitige deutsche, nur scheinbar nach allen Seiten offene Herrschaftsstruktur absichert und bewehrt.

(…)

Solange es keinen wirkungsvolleren Schock gibt, als jenen, des Denkens mächtig und rechts zu sein, solange wird sich jede Party von selbst auflösen, wenn einer von uns zu ungebetener Stunde sein Bekenntnis ablegt oder bloß unmißverständlich seine Meinung sagt und die Herkunft dieser Meinung preisgibt.

Damit macht man sich freilich nicht beliebt, und nicht Jeder kann überall provozieren. Nicht nur liegt es nicht in jedermanns Charakter. Viele von uns waren, wie ich, früher links, und Viele stecken deswegen auch heute noch in linksdominierten Strukturen, bis hinein in Sozialarbeit, Uni-Milieu und Gewerkschaften. (Am Tag des Gezeitenwechsels, und der wird kommen, werden die Linken sich wundern, wer alles zu uns gehört. Ich freue mich jetzt schon auf die dummen Gesichter.). Solche Leute leben davon (und zwar ganz buchstäblich), dass man sie nicht für rechts hält. Aber auch die können in ihrem Bereich, und sei es nur durch das Beharren auf elementaren Anstandsregeln, dafür sorgen, dass die linke Jauche nicht überall hinschwappt.

Überhaupt muss Jeder erst einmal an sich selbst und seinem Umfeld arbeiten. Er muss sich vor allem klar sein, dass es keine Utopie oder Ideologie geben wird, die ihm das Denken abnimmt. Das Beharren auf der eigenen geistigen und sittlichen Unbestechlichkeit ist die erste Bürgerpflicht (gerade für die, die zu praktischen Kompromissen gezwungen sind). Zur Unbestechlichkeit gehört, gar nicht erst nach einer Ideologie zu suchen, zu der man nur „Ja“ sagen muss; wer das versucht, ist bereits ein Mitläufer.

Kubitschek zitiert Armin Mohler:

„Ein Rechter wird man durch eine Art von ‚zweiter Geburt‘. Man hat sie durchlebt, wenn man sich – der eine früher, der ander später – der Einsicht öffnet, daß kein Mensch je die Wirklichkeit als Ganzes zu verstehen, zu erfassen und zu beherrschen vermag. Diese Einsicht stimmt manchen melancholisch, vielen andern aber eröffnet sie eine wunderbare Welt. Jedem dieser Typen erspart sie, sein Leben mit Utopien, diesen Verschiebebahnhöfen in die Zukunft, zu verplempern.“

Und weiter Kubitschek:

Das Gebrochene ist die Erkenntnis, daß die Welt nicht aufgeht, das heißt: „daß Wirklichkeit und menschliches Denken nie zur Deckung zu bringen sind“ (Armin Mohler). Es gibt keine Formel, es gibt keine Gleichung, kein Funktionsmodell, das den Lauf der Dinge abbilden könnte. Dies liegt daran, daß es in dem besagten Lauf der Dinge kaum eine Entwicklung gibt, keine allgemeingültige Stoßrichtung, allenfalls Wellenbewegungen, Pendelausschläge. Es gibt kluge Deutungen, entlang gewisser Strukturen vielleicht, die … immer nur einen Teil erfassen, sozusagen die halbe Wahrheit, und dringend ihrer Ergänzung durch eine andere Perspektive bedürfen. Wohl stammt von diesem Umstand her die strukturelle Benachteiligung einer rechten, konservativen, gegenüber einer linken Geschichtsdeutung und Gesellschaftstheorie. Während der Rechte das Perspektivische, das Vielschichtige immer mitdenken und argumentativ vertreten wird, bügelt der Linke die ganze Weltgeschichte über einen Leisten und extrapoliert eine saubere Utopie daraus, die betörend stringent klingt und aus der vermeintlichen Unordnung des Lebens eine höchst einfache Angelegenheit macht.

Um es an einem Beispiel zu sagen: Mir ist vollkommen klar, dass der rechte Antiglobalismus, von dem ich ausgehe, keineswegs das einzige Paradigma ist, das mir Wirklichkeit erschließen kann. Es ist nur dasjenige, das mir die meisten und klarsten Antworten auf die Frage liefert, wie unsere Zivilisation, wie unser Volk in eine existenzielle Krise geraten konnte. Deswegen arbeite ich bevorzugt an und mit den Begriffen dieses Paradigmas und entwickle sie weiter; dabei bleibt die Möglichkeit einer alternativen Wirklichkeitsbeschreibung immer mitgedacht.

Wartet nicht darauf, dass eine Fahne des Weges kommt, der Ihr hinterherlaufen könnt. Wer passiv wartet, dem wird eine solche Fahne nie begegnen, und wenn, ist es die falsche. Wenn aber genügend von uns an ihrer eigenen Haltung arbeiten und den

Kampf um die eigene Unversehrtheit

gewinnen, erreichen wir die kritische Masse, und dann kommt die zu solchen Menschen passende Fahne ganz von selbst. (In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen Kommentar von Deep Roots bei As der Schwerter. Deep Roots zitiert eine amerikanische Untersuchung, die einen Fingerzeig liefert, wie aus Minderheiten Mehrheiten werden können, sofern sie zum Nonkonformismus entschlossen sind. Dass ich Deep Roots‘ eigene Schlussfolgerungen höchst problematisch finde, steht auf einem anderen Blatt.)

Es gäbe noch allerhand zu sagen, aber Ihr könnt das Buch ja auch selbst lesen. Ich beschränke mich darauf, Kubitschek das Schlusswort zu lassen:

Rekrutiere Unentschlossene und Suchende. Wenn das politische Angebot der Bundesrepublik eine Messehalle ist, dann hat die Präsentation nationaler Ware jenseits des Diskurskonsenses derzeit ihren Platz hinter einer Klotür: Anderswo war – nach Auskunft der Betreiber – kein Stand mehr frei. Provokation bedeutet in diesem Fall, den Stand zu verlassen und als lebende Wegweiser die Halle zu durchkämmen. Dort stehen junge Männer und Frauen fremd vor den Prachtbuden der Parteien, Meinungsmacher, Lobbyisten und BRD-Säulenheiligen und versuchen, ihre Fragen mit den unernsten Antworten des Diskurskonsens-Milieus abzusättigen. Aber stets bleibt ein Gefühl von Unterernährung. Und wenn dieser Hunger dazu führt, daß einer den Blick hinter die Kulissen wirft (wie Du), ist Dein Moment gekommen. Zeige ihm, was dahinter steckt.

29 Gedanken zu „Götz Kubitschek: „Provokation“ (Rezension)“

  1. Zur Provokation.

    Irgendwann habe ich aufgehört vor dem Essen zu beten, war mir zu lästig, besonders die Diskussionen darüber, warum, wieso und der Papst und Co. Und nach und nach war mit der ganze Glauben zu lästig.

    Nun bete ich wieder vor dem Essen, zuerst wirklich nur aus Provokation und besonders gerne im McDoof, meist neugierige, überraschte Blicke und will einer kritisch drüber reden, lächle ich nur und sag: „Mir tut es einfach gut!“ Und tatsächlich, mir ist der Glaube nicht mehr lästig…

  2. Ich gehe bewusst nicht zu Mc. Doof. Das sind die Amis, die uns den ganzen Quatsch aufdrängen. Ami go home.

  3. Es reicht ja schon, sich als Katholik zu outen – Matthias Mattusseks neuestes Interview wird ja bereits in den Blogs besprochen.

    Das ist für mich das Schönste an der ganzen Sache, mitten im Spiegelkader treibt sich ein Renegat herum – hähähä.

  4. Nicht nur der.
    Was ist mit Fleischhauer? Ein rechter Liberaler, der der linken Journaille humorvoll die Stirn bietet.

    Dafür sitzt als Gegengewicht Jakob Augstein in der Runde, dann noch Frau Sibylle bei der ich aber eher das Gefühl habe dass es ihr hauptsächlich um Frau Sibylle geht.

  5. Matussek? – Meinetwegen.

    Fleischhauer? – Ein „neocon“, sonst nichts. Konservativ ist an dem rein gar nichts. Dankeschön. Dann schon lieber einen echten Trotzkisten wie den Augstein-Adoptierten Jakob. Da fällt die Verwechselung Feind/Freund nicht so leicht.

  6. mitten im Spiegelkader treibt sich ein Renegat herum

    Und genau das ist es, was mich mißtrauisch machen würde.

    Genau das gleiche gilt, sogar noch stärker, für Herrn Fleischhauer, bei dem mir aber schon aufgefallen ist, daß er eigentlich gar nicht wirklich zum Konservativen, sondern zum „Neocon“ geworden ist, aber wesentliche Teile der solzialistisch-liberalen Metaideologie weiterhin vertritt. Beispielsweise kritisiert er als „Konservativer“ die Voreingenommenheit fast aller Linken gegen die USA – auch und gerade insofern diese ihre gesellschaftszerstörende, die Völker erniedrigende Agenda in der Welt verbreiten. Gerade hier wäre ein Punkt, in dem sich Links und Rechts verständigen könnten. Es gibt aber noch mehr Punkte, die mich bei ihm sauer aufstoßen lassen.

    Das Renegatentum ist eine Pose, in der sich manche Menschen wohlfühlen, ohne wirkliche Renegaten zu sein. Echtes Renegatentum erfordert wesentlich mehr Mut, sich auch ins tiefste gesellschaftliche Aus zu manövrieren, wenn die Wahrheit oder die Situation es erfordert. Wenn jemand aber nur die Pose liebt und sich – nur jetzt mit anderslautendem Vokabular – weiterhin manipulieren läßt, um andere zu manipulieren, im Pferch zu halten und mögliche Ansätze lagerübergreifender Verständigung zu spalten, dann sollte dieser Jemand besser schweigen.

    Bei Fleischhauer scheint es mir offensichtlich, daß er benutzt wird. Das löst schon einen spürbaren Widerwillen aus. Inwiefern das auch auf Matussek zutreffen könnte, kann ich nicht genau einschätzen, aber er erscheint mir deutlich sympathischer als Fleischhauer. Zumindest ist unwahrscheinlich, daß seine Positionen in irgendeiner Weise die Deutungshoheit des SPIEGEL untergraben, denn spätestens wenn das der Fall wäre, würde Augstein ihn nicht mehr beschäftigen.

  7. Götz Kubitscheks schmales Bändchen: „Provokation“, 2007 erschienen, geht mutig über die gewohnte „rechte“ Erbauungs- und Selbstversicherungsliteratur hinaus. Knapp und doch präzise in der Analyse der Lage dieser unter die inneren Feinde gefallenen Nation. Klar und unverhüllt in der Freund-Feind – Kennung und mit einer beeindruckend begründeten Handlungsempfehlung für den sein Land liebenden jungen Deutschen.

    „Wünschen wir uns die Krise! Sie bedrängt, sie bedroht unser krankes Vaterland zwar, aber gerade dies weckt vielleicht seinen Mut, ins Unvorhersehbare abzuspringen und das zu wagen, was den Namen „Politik“ verdiente: Nur keinen Rückfall ins Siechtum, ins Latente, ins Erdulden.“

  8. Matussek? – Meinetwegen.

    Fleischhauer? – Ein „neocon“, sonst nichts. Konservativ ist an dem rein gar nichts. Dankeschön. Dann schon lieber einen echten Trotzkisten wie den Augstein-Adoptierten Jakob. Da fällt die Verwechselung Feind/Freund nicht so leicht.

    Warum ich Fleischhauer als Mensch nicht ausstehen kann? Er war gegen die Frittenbude und für McDreck. Schlechter Charakter.

  9. Wenn ich es mal gewollt selektiv betrachte, dann hat sich Kubitschek ja eine säkularisierte Form der Christen-Agenda ausgedacht. Es gibt da frappierende Übereinstimmungen.

    – Ein Rechter wird man durch eine Art von ‘zweiter Geburt’: siehe Joh. 3,3 „Jesus antwortete ihm: Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“

    – vor allem ein geistiger Bürgerkrieg gegen die Lobbyisten der Zersetzung ist, müssen wir die eine, traurige Wahrheit predigen, wo wir zu Wort kommen: 1Korinther 9,16 „Denn daß ich das Evangelium predige, darf ich mich nicht rühmen; denn ich muß es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!“

    – Rekrutiere Unentschlossene und Suchende: Lukas 19,10 „Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“

    – Verbrämen wir niemals unsere lehrreichen Versammlungen und Gespräche: Sie gleichen einem Museum, wenn sie nicht zum Bekenntnis und zur Tat beflügeln: „Was für einen Wert hat es, liebe Geschwister, wenn jemand behauptet, Glauben zu haben, aber keine Werke aufweisen kann? Kann solcher Glaube ihn etwa retten? Du gedankenloser Mensch! Willst du nicht begreifen, dass der Glaube ohne Werke tot ist?“

    – solange wird sich jede Party von selbst auflösen, wenn einer von uns zu ungebetener Stunde sein Bekenntnis ablegt oder bloß unmißverständlich seine Meinung sagt und die Herkunft dieser Meinung preisgibt: 2.Tim. 4,2: „Predige das Wort, steh dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit; weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre.“

    Insofern stellt sich mir die Frage, ob nicht der „beste“ bzw. der „eigentliche“ Rechte der entschlossene Christ ist – oder dieser wenigstens das Urbild des Rechten darstellt.

    Wollte nur mal ohne Hintergedanken die Parallelen herausgreifen, nichts für ungut.

  10. Ist doch sehr interessant, und ich glaube nicht, dass Kubitschek selber gegen diese Parallele etwas einzuwenden hätte.

  11. Hmmm…wenn ich mal etwas Düsternis in die Debatte bringen darf:
    Wo viele dieser Leute geendet sind, die Christus‘ Worte ernstgenommen und verbreitet haben wissen wir ja.

  12. Habe ich auch nie behauptet. Er hat es selbst behauptet. Ich meinte auch „Rechts“ im Sinne von Eigenverantwortung, gegenüber „Links“ im Sinne einer Supernannymentalität.
    Es war aber ein Genuss zu lesen wie er die linken Gedankenwelten und Lebenslügen auseinandernimmt.

  13. Sind Sie sich da sicher? Hat er es nicht eher deswegen geäußert um Ströbele auflaufen zu lassen?

  14. @ „Bernd das Brot“

    Das mit der Frittenbude war ja jetzt nicht so ultra-extrem ernst gemeint …
    Zumindest hat der Herr Fleischhauer aufgezeigt, WIE dämlich der Ströbele ist, selbst wenn er da mal recht hatte.

    Ich denke, man sollte etwas vorsichtig sein. Ich will die Wirkung von Fleischhauer beim Leser gar nicht unterschätzen. Er hatte mit seinem Buch und seinem Auftreten seinen Anteil, ähnlich wie Broder.
    Aber sein Gequatsche ist nichts anderes, als das CDU-Gequatsche der letzten Jahre, vielleicht etwas mehr Adenauer und Kohl und etwas weniger Merkel. Das ist sicher nicht das Ende. Es ist allerhöchstens der Anfang vom Anfang einer Entwicklung. Sollte diese bereits stehen geblieben sein, ist er eher ein gefährlicherer Gegner als die Ströbeles und Co., wie alle Neocons gefährlicher sind für einen wirklichen Konservativen.

  15. 17. Juni 1953:
    http://www.hdg.de/lemo/objekte/video/JahreDesAufbausInOstUndWest_video17Juni1953/index.ram

    Der Gott der Eisen wachsen ließ,
    Der wollte keine Knechte;
    Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß
    dem Mann in seine Rechte.
    Drum gab er ihm den kühnen Mut,
    Den Zorn der freien Rede,
    Das er bestände bis aufs Blut,
    Bis in den Tod die Fehde.

    …..

    Laßt brausen, was nur brausen kann
    in hellen, lichten Flammen!
    Ihr Deutschen alle, Mann für Mann
    fürs Vaterland zusammen!
    Und hebt die Herzen himmelan
    und himmelan die Hände.
    Und rufet alle, Mann für Mann
    Die Knechtschaft hat ein Ende!

    Ernst Moritz Arndt

  16. Das ist die Frage. Da ich nur das Buch gelesen habe und ansonsten seine Spiegel-Artikel eigentlich nie kenne ich seinen Standort nicht. Aber für den „Einstieg“ war das Buch sehr wertvoll. Einige Kapitel werde ich sicher noch mal lesen.
    Die „Neocons“ mag ich deswegen nicht weil sie das pure utilitaristische Prinzip betonen, deswegen haben sie es auch nur in der angelsächsischen Welt zu Einfluss gebracht (als Denkschule). Das kann es nicht sein, und auch nicht der globalistische Anspruch der dahintersteckt. Sie sind halt Utopisten, ergo keine Konservativen…

  17. Nachtrag:
    In den USA sind mir eigentlich nur Ron Paul und seine Unterstützer sympathisch.

  18. Schönes Lunikoff-Cover! Obwohl, „Cover“ trifft ja den Sachverhalt nur bedingt, denn wenn nicht alles täuscht, ist doch die männliche Stimme die von Herrn Regener höchstpersönlich … interessante musikalische Co-Operation, allemal!

  19. @ Bernd das Brot 17.39 h:

    Merkel hat von 1973-1978 Physik und ML an der Karl Marx- Universität Leipzig und nicht an der bereits 1456 gegründeten Ernst Moritz Arndt- Universität Greifswald studiert, wo der Namensgeber (sie heißt so seit 88 Jahren) von 1800 bis 1811 als Historiker lehrte, aber „Angie“ wird als gebildete und nahebei in der Uckermark aufgewachsene Frau gewiß die eine oder andere Stelle aus der Lyrik der Befreiungskriege kennen.

    http://www.uni-greifswald.de/

  20. Die Kaplaken Reihe ist meiner Meinung nach ein MUSS, jeder Band verdient es, gelesen und durchdacht zu werden. Ich zumindest werde sie mir nach und nach besorgen, bis ich die Reihe vollständig vorliegen habe.
    Gegenwärtig werden die großartigen Gesprächsbände der Edition Antaios zu einem günstigen Preis (5 Euro) (aus?)verkauft. Darunter befinden sich Gespräche mit Ernst Nolte, General Schultze-Rhonhof und Karlheinz Weißmann. Das Gespräch mit Brigadegeneral Günzel ist nicht mehr greifbar, bei Amazon muss man für diesen Band bereist ca. 200 Euro berappen. Leider scheint die Reihe mit Gesprächsbänden eingestellt worden zu sein, eine (kleine) 2. Auflage des Gesprächs mit Brigadegeneral Günzel ist (leider) nicht in Sicht.
    Wie auch immer, drei Gesprächsbände gibt es noch zu kaufen, und das mehr als preiswert. Inhaltlich oberstes Niveau, das kann ich nach dem ersten Durchlesen versprechen.

  21. Müdigkeit der weißen Völker: Unfruchtbarkeit

    … Vielfach ist nur noch Glut, oft nur Asche übrig, aber das gilt nicht überall. Je weniger ein Volk in den Wirbel vergangener Geschichte führend hineingezogen wurde, desto mehr Chaos, das Form werden kann, hat es bewahrt. Und wenn der Sturm großer Entscheidungen darüber hinbraust, wie 1914, schlagen die verborgenen Funken plötzlich als Flammen empor. Gerade in der germanischen Rasse, der willens stärksten, die es je gegeben hat, schlafen noch große Möglichkeiten.

    Aber wenn hier von Rasse die Rede ist, so ist das nicht in dem Sinne gemeint, wie er heute unter Antisemiten in Europa und Amerika Mode ist, darwinistisch, materialistisch nämlich. Rassereinheit ist ein groteskes Wort angesichts der Tatsache, daß seit Jahrtausenden alle Stämme und Arten sich gemischt haben, und daß gerade kriegerische, also gesunde, zukunftsreiche Geschlechter von jeher gern einen Fremden sich eingegliedert haben, wenn er »von Rasse« war, gleichviel zu welcher Rasse er gehörte. Wer zuviel von Rasse spricht, der hat keine mehr. Es kommt nicht auf die reine, sondern auf die starke Rasse an, die ein Volk in sich hat.

    Das zeigt sich zunächst in der selbstverständlichen, elementaren Fruchtbarkeit, dem Kinderreichtum, den das geschichtliche Leben verbrauchen kann, ohne ihn je zu erschöpfen. Gott ist nach dem bekannten Worte Friedrichs des Großen immer bei den stärkeren Bataillonen – das zeigt sich gerade hier. Die Millionen Gefallener des Weltkrieges waren rassemäßig das Beste, was die weißen Völker hatten, aber die Rasse beweist sich darin, wie schnell sie ersetzt werden können. Ein Russe sagte mir: »Was wir in der Revolution geopfert haben, bringt das russische Weib in zehn Jahren wieder ein.« Das ist der richtige Instinkt. Solche Rassen sind unwiderstehlich. Die triviale Lehre von Malthus, die Unfruchtbarkeit als Fortschritt zu preisen, die heute in allen weißen Ländern gepredigt wird, beweist nur, daß diese Intellektuellen ohne Rasse sind, ganz abgesehen von der nachgerade trottelhaften Meinung, daß Wirtschaftskrisen durch Bevölkerungsschwund beseitigt werden könnten. Das Gegenteil ist der Fall. Die »starken Bataillone«, ohne die es keine große Politik gibt, geben auch dem Wirtschaftsleben Schutz, Kraft und inneren Reichtum.

    Das Weib von Rasse will nicht »Gefährtin« oder »Geliebte« sein, sondern Mutter, und nicht die Mutter eines Kindes als Spielzeug und Zeitvertreib, sondern vieler: Im Stolz auf den Kinderreichtum, im Gefühl, daß Unfruchtbarkeit der härteste Fluch ist, der ein Weib und durch sie das Geschlecht treffen kann, redet der Instinkt von starken Rassen. Aus ihm stammt die Ureifersucht, mit der ein Weib dem andern den Mann zu entreißen sucht, den es selbst als Vater seiner Kinder besitzen will. Die geistigere Eifersucht der großen Städte, die wenig mehr ist als erotischer Appetit und den anderen Teil als Genußmittel wertet, das bloße Nachdenken über die gewünschte oder gefürchtete Kinderzahl verrät schon den erlöschenden Trieb der Rasse zur Dauer, der sich nicht durch Reden und. Schreiben wieder erwecken läßt. Die Urehe – oder was alte Volkssitte sonst an tiefverwurzelten Bräuchen kennt, um die Zeugung zu heiligen – ist nichts weniger als sentimental. Der Mann will tüchtige Söhne haben, die seinen Namen und seine Taten über den eigenen Tod hinaus in die Zukunft dauern und wachsen lassen, wie er selbst sich als Erbe des Rufes und des Wirkens seiner Ahnen fühlt. Das ist die nordische Idee der Unsterblichkeit. Eine andere haben diese Völker nicht gekannt und nicht gewollt. Darauf beruht die gewaltige Sehnsucht nach Ruhm, der Wunsch, in einem Werk unter den Nachkommen fortzuleben, seinen Namen auf Denkmäler verewigt zu sehen oder zum mindesten ein ehrenvolles Gedächtnis zu erhalten. Deshalb ist der Erbgedanke von der germanischen Ehe nicht zu trennen. Wenn die Idee des Eigentums verfällt, löst sich der Sinn der Familie in nichts auf. Wer sich gegen die eine wendet, greift auch die andere an. Der Erbgedanke, der am Dasein jedes Bauernhofes, jeder Werkstatt, jeder alten Firma haftet, an ererbten Berufen, und in der Erbmonarchie seinen höchsten symbolischen Ausdruck gefunden hat, bürgt für die Stärke des Rasseinstinktes. Der Sozialismus greift ihn nicht nur an, sondern ist durch sein bloßes Vorhandensein schon ein Zeichen für dessen Niedergang.

    Aber der Verfall der weißen Familie, der unentrinnbare Ausdruck großstädtischen Daseins, greift heute um sich und verzehrt die »Rasse« der Nationen. Der Sinn von Mann und Weib geht verloren, der Wille zur Dauer. Man lebt nur noch für sich selbst, nicht für die Zukunft von Geschlechtern. Die Nation als Gesellschaft, ursprünglich das organische Geflecht von Familien, droht sich von der Stadt her in eine Summe privater Atome aufzulösen, deren jedes aus seinem und dem fremden Leben die größtmögliche Menge von Vergnügen – panem et circenses – ziehen will. Die Frauenemanzipation der Ibsenzeit will nicht die Freiheit vom Mann, sondern vom Kinde, von der Kinderlast, und die gleichzeitige Männeremanzipation die von den Pflichten für Familie, Volk und Staat. Die gesamte liberal-sozialistische Problemliteratur bewegt sich um diesen Selbstmord der weißen Rasse. Es war in allen anderen Zivilisationen ebenso.

    Die Folgen liegen vor unseren Augen. Die farbigen Rassen der Welt waren bisher doppelt so stark wie die weißen. Aber um 1930 hatte Rußland einen jährlichen Geburtenüberschuß von 4, Japan von 2 Millionen, Indien hat 1921–31 um 34 Millionen zugenommen. In Afrika werden die Neger bei ihrer ungeheuren Fruchtbarkeit sich noch gewaltiger vermehren, seitdem die europäische Medizin dort »eingebrochen« ist und die starke Auslese durch Krankheiten verhindert. Demgegenüber haben Deutschland und Italien einen Geburtenüberschuß von weniger als einer halben Million, England, das Land der öffentlich empfohlenen Geburteneinschränkung, weniger als die Hälfte davon, Frankreich und das alteingesessene Yankeetum der Vereinigten Staaten keinen mehr. Das letztere, die bisher herrschende »Rasse« germanischer Prägung, schwindet seit Jahrzehnten rasch dahin. Die Zunahme der Bevölkerung liegt ganz auf Seiten der Neger und der seit 1900 eingewanderten Ost- und Südeuropäer. In Frankreich haben manche Departements seit 50 Jahren über ein Drittel der Bevölkerung verloren. In einzelnen ist die Geburtenzahl um die Hälfte niedriger als die der Todesfälle. Einige kleine Städte und viele Dörfer stehen fast leer. Von Süden her dringen Katalonen und Italiener als Bauern ein, Polen und Neger überall sogar in den Mittelstand. Es gibt schwarze Geistliche, Offiziere und Richter. Diese Zugewanderten, weit über ein Zehntel der Einwohnerschaft, halten mit ihrer Fruchtbarkeit allein die Kopfzahl der »Franzosen« annähernd auf der gleichen Höhe. Aber der echte Franzose wird in absehbarer Zeit nicht mehr Herr in Frankreich sein. Die scheinbare Zunahme der weißen Gesamtbevölkerung der ganzen Erde, so gering sie im Verhältnis zum Anschwellen der Farbigen ist, beruht auf einer vorübergehenden Täuschung: Die Zahl der Kinder wird immer kleiner, und nur die Zahl der Erwachsenen nimmt zu, nicht weil es mehr sind, sondern weil sie länger leben.

    Aber zu einer starken Rasse gehört nicht nur eine unerschöpfliche Geburtenzahl, sondern auch eine harte Auslese durch die Widerstände des Lebens, Unglück, Krankheit und Krieg. Die Medizin des 19. Jahrhunderts, ein echtes Produkt des Rationalismus, ist von dieser Seite her betrachtet ebenfalls eine Alterserscheinung. Sie verlängert jedes Leben, ob es lebenswert ist oder nicht. Sie verlängert sogar den Tod. Sie ersetzt die Zahl der Kinder durch die Zahl der Greise. Sie kommt der Weltanschaung des panem et circenses entgegen, indem sie den Wert des Lebens am Quantum der Lebenstage mißt und nicht nach deren Gehalt. Sie verhindert die natürliche Auslese und steigert dadurch den Rasseverfall. Die Zahl der unheilbar Geisteskranken ist in England und Wales seit 20 Jahren von 4,6 auf 8,6 vom Tausend gestiegen. In Deutschland beträgt die Zahl der geistig Minderwertigen fast eine halbe, in den Vereinigten Staaten weit über eine Million. Nach einem Bericht des früheren Präsidenten Hoover haben von den Jugendlichen Amerikas 1360000 Sprach- und Gehörfehler, 1000000 Herzleiden, 875000 sind schwer erziehbar oder verbrecherisch, 450000 geistig minderwertig, 300000 Krüppel, 60 000 blind. Aber dazu kommt die ungeheure Menge der geistig, seelisch und leiblich Unnormalen jeder Art, der Hysterischen, Seelen- und Nervenkranken, die gesunde Kinder weder zeugen noch gebären können. Ihre Zahl läßt sich nicht erfassen, aber sie geht aus der Zahl der Ärzte hervor, die davon leben, und der Masse von Büchern, die darüber geschrieben werden. Aus solchem Nachwuchs entwickeln sich das revolutionäre Proletariat mit dem Haß der Schlechtweggekommenen, und der Salonbolschewismus der Ästheten und Literaten, die den Reiz solcher Seelenverfassungen genießen und verkünden.

    Es ist eine bekannte Tatsache, daß bedeutende Menschen selten erste und fast nie einzige Kinder sind. Die kinderarme Ehe richtet sich nicht nur gegen die Quantität, sondern vor allem auch gegen die Qualität der Rasse. Was ein Volk ebenso nötig braucht wie gesunde Rasse in sich selbst, ist das Vorhandensein einer Auslese von Überlegenen, die es führen. Eine Auslese, wie sie der englische Kolonialdienst und das preußische Offizierskorps – auch die katholische Kirche – heranbildeten, indem sie unerbittlich und ohne Rücksicht auf Geld und Abkunft nur die sittliche Haltung und die Bewährung in schwierigen Lagen gelten ließen, wird aber unmöglich, wenn das vorhandene Material nirgends über den Durchschnitt hinausragt. Die Auslese des [208] Lebens muß vorangegangen sein; dann erst kann die des Standes erfolgen. Ein starkes Geschlecht hat starke Eltern nötig. Etwas vom Barbarentum der Urzeit muß noch im Blute liegen, unter der Formenstrenge alter Kultur, das in schweren Zeiten hervorbricht, um zu retten und zu siegen.

    Dies Barbarentum ist das, was ich starke Rasse nenne, das Ewig-Kriegerische im Typus des Raubtieres Mensch. Es scheint oft nicht mehr da zu sein, aber es liegt sprungbereit in der Seele. Eine starke Herausforderung, und es hat den Feind unter sich. Es ist nur dort erstorben, wo der Pazifismus der späten Städte seinen Schlamm über die Generationen wälzt, den müden Wunsch nach Ruhe um jeden Preis, ausgenommen den des eigenen Lebens. Das ist die seelische Selbstentwaffnung nach der leiblichen durch Unfruchtbarkeit.

    Warum ist das deutsche Volk das unverbrauchteste der weißen Welt und also das, worauf man am stärksten hoffen darf? Weil seine politische Vergangenheit ihm keine Gelegenheit gab, sein wertvollstes Blut und seine großen Begabungen zu verschwenden. Es ist der einzige Segen unserer elenden Geschichte seit 1500. Sie hat mit uns gespart. Sie machte uns zu Träumern und Theoretikern in Dingen der großen Politik, weltfremd und blind, eng, zänkisch und provinzial, aber das läßt sich überwinden. Es war kein organischer Fehler, kein angeborener Mangel an Fähigkeiten, wie die Kaiserzeit beweist. Das tüchtige Blut, die Grundlage auch der geistigen Überlegenheit jeder Art, war da und blieb erhalten. Die große Geschichte ist anspruchsvoll. Sie verzehrt die rassenmäßig besten Elemente. Sie hat das Römertum in ein paar Jahrhunderten verzehrt. Als mit der Entdeckung Amerikas die nordische Völkerwanderung, die tausend Jahre vorher in Südeuropa zum Stillstand gekommen war, in großem Stile wieder begann und sich über die Meere hin fortsetzte, gingen die kraftvollen Geschlechter Spaniens von großenteils nordischer Abkunft nach drüben, wo sie kämpfen, wagen und herrschen konnten. Die wertvollste Aristokratie spanischer Prägung saß um 1800 dort, und das starke Leben erlosch im Mutterlande. Ebenso hat sich die zum Herrschen berufene Oberschicht Frankreichs an der großen Politik seit Ludwig XIII. und nicht nur an ihr verbraucht – auch die hohe Kultur bezahlt sich teuer – und noch mehr die angelsächsische am englischen Weltreich. Was hier an überlegenen Geschlechtern vorhanden war, sandte die Männer nicht in die Kontore und kleinen Ämter der heimatlichen Insel. Sie folgten dem Wikingerdrang nach einem Leben in Gefahr und gingen überall in der Welt in zahllosen Abenteuern und Kriegen zugrunde, wurden vom Klima verdorben oder blieben in der Ferne, wo sie zum Beispiel in Nordamerika die Grundlage einer neuen Herrenschicht gebildet haben. Was übrig blieb, wurde »konservativ«, das bedeutet hier: unschöpferisch, müde, voll von unfruchtbarem Haß gegen alles Neue und Unvorhergesehene. Auch Deutschland hat sehr viel von seinem besten Blut in fremden Heeren und an fremde Nationen verloren. Aber der Provinzialismus seiner politischen Zustände stimmte den Ehrgeiz der Begabten auf das Dienen an kleinen Höfen, in kleinen Heeren und Verwaltungen herab. Sie sind hier ein gesunder und fruchtbarer Mittelstand geblieben. Der Adel blieb zum größten Teil höheres Bauerntum. Es gab keine große Welt und kein reiches Leben. Die »Rasse« im Volkstum schlief und wartete auf den Weckruf einer großen Zeit. Hier liegt, trotz der Verwüstungen der letzten Jahrzehnte, ein Schatz von tüchtigem Blut, wie ihn kein anderes Land besitzt. Er kann geweckt und muß durchgeistigt werden, um für die gewaltigen Aufgaben der Zukunft bereit und wirksam zu sein. Aber diese Aufgaben sind heute da. Der Kampf um den Planeten hat begonnen. Der Pazifismus des liberalen Jahrhunderts muß überwunden werden, wenn wir weiterleben wollen.

    Wie weit sind die weißen Völker schon in ihn hineingeschritten? Ist das Geschrei gegen den Krieg eine geistige Geste oder die ernsthafte Abdankung vor der Geschichte auf Kosten der Würde, der Ehre, der Freiheit? Aber das Leben ist Krieg. Kann man seinen Sinn verabschieden und es doch behalten? Das Bedürfnis nach fellachenhafter Ruhe, nach Versicherung gegen alles, was den Trott der Tage stört, gegen das Schicksal in jeder Gestalt, scheint das zu wollen: eine Art Mimikry gegenüber der Weltgeschichte, das Sichtotstellen menschlicher Insekten angesichts der Gefahr, das happy end eines inhaltleeren Daseins, durch dessen Langeweile Jazzmusik und Niggertänze den Totenmarsch einer großen Kultur zelebrieren.

    Aber das kann nicht sein und darf nicht sein. Der Hase täuscht vielleicht den Fuchs. Der Mensch kann den Menschen nicht täuschen. Der Farbige durchschaut den Weißen, wenn er von »Menschheit« und ewigem Frieden redet. Er wittert die Unfähigkeit und den fehlenden Willen, sich zu verteidigen. Hier tut eine große Erziehung not, wie ich sie als preußisch bezeichnet habe und die man meinetwegen »sozialistisch« nennen mag – was kommt auf Worte an! Eine Erziehung, welche durch lebendiges Vorbild die schlafende Kraft weckt, nicht Schule, Wissen, Bildung, sondern seelische Zucht, die das heraufholt, was noch da ist, es stärkt und zu neuer Blüte bringt. Wir können uns nicht erlauben, müde zu sein. Die Gefahr pocht an die Tür. Die Farbigen sind nicht Pazifisten. Sie hängen nicht an einem Leben, dessen Länge sein einziger Wert ist. Sie nehmen das Schwert auf, wenn wir es niederlegen. Sie haben den Weißen einst gefürchtet, sie verachten ihn nun. In ihren Augen steht das Urteil geschrieben, wenn weiße Männer und Frauen sich vor ihnen so aufführen, wie sie es tun, zu Hause oder in den farbigen Ländern selbst. Einst packte sie Entsetzen vor unserer Macht – wie die Germanen vor den ersten römischen Legionen. Heute, wo sie selbst eine Macht sind, reckt sich ihre geheimnisvolle Seele auf, die wir nie verstehen werden, und sieht auf den Weißen herab wie auf etwas Gestriges.

    Aber die größte Gefahr ist noch gar nicht genannt worden: Wie, wenn sich eines Tages Klassenkampf und Rassenkampf zusammenschließen, um mit der weißen Welt ein Ende zu machen? Das liegt in der Natur der Dinge, und keine der beiden Revolutionen wird die Hilfe der andern verschmähen, nur weil sie deren Träger verachtet. Gemeinsamer Haß löscht gegenseitige Verachtung aus. Und wie, wenn sich an ihre Spitze ein weißer Abenteurer stellt, wie wir schon manche erlebt haben, einer, dessen wilde Seele im Treibhaus der Zivilisation nicht atmen konnte und in gewagten Kolonialunternehmen, unter Piraten, in der Fremdenlegion sich an Gefahren zu sättigen versuchte, bis er hier plötzlich ein großes Ziel vor Augen sieht? Mit solchen Naturen bereitet die Geschichte ihre großen Überraschungen vor. Der Ekel tiefer und starker Menschen an unseren Zuständen und der Haß tief Enttäuschter könnten sich schon zu einer Auflehnung steigern, die Vernichtung will. Auch das war der Zeit Cäsars nicht fremd. Jedenfalls: Wenn in den Vereinigten Staaten das weiße Proletariat losbricht, wird der Neger zur Stelle sein und hinter ihm werden Indianer und Japaner auf ihre Stunde warten. Das schwarze Frankreich würde in solchem Falle ebensowenig zögern, die Pariser Szenen von 1792 und 1871 zu übertreffen. Und würden die weißen Führer des Klassenkampfes je verlegen sein, wenn farbige Unruhen ihnen den Weg öffneten? Sie sind in ihren Mitteln nie wählerisch gewesen. Es würde sich nichts ändern, wenn Moskau als Befehlsgeber verstummen sollte. Es hat sein Werk getan. Das Werk setzt sich selbst fort. Wir haben vor den Augen der Farbigen unsre Kriege und Klassenkämpfe geführt, uns untereinander erniedrigt und verraten; wir haben sie aufgefordert, sich daran zu beteiligen. Wäre es ein Wunder, wenn sie das endlich auch für sich täten?

    Hier erhebt die kommende Geschichte sich hoch über Wirtschaftsnöte und innerpolitische Ideale. Hier treten die elementaren Mächte des Lebens selbst in den Kampf, der um alles oder nichts geht. Die Vorform des Cäsarismus wird sehr bald bestimmter, bewußter, unverhüllter werden. Die Masken aus dem Zeitalter parlamentarischer Zwischenzustände werden ganz fallen. Alle Versuche, den Gehalt der Zukunft in Parteien aufzufangen, werden rasch vergessen sein. Die faschistischen Gestaltungen dieser Jahrzehnte werden in neue, nicht vorauszusehende Formen übergehen und auch der Nationalismus heutiger Art wird verschwinden. Es bleibt als formgebende Macht nur der kriegerische, »preußische« Geist, überall, nicht nur in Deutschland. Das Schicksal, einst in bedeutungsschweren Formen und großen Traditionen zusammengeballt, wird in der Gestalt formloser Einzelgewalten Geschichte machen. Die Legionen Cäsars wachen wieder auf.

    Hier, vielleicht schon in diesem Jahrhundert, warten die letzten Entscheidungen auf ihren Mann. Vor ihnen sinken die kleinen Ziele und Begriffe heutiger Politik in nichts zusammen. Wessen Schwert hier den Sieg erficht, der wird der Herr der Welt sein. Da liegen die Würfel des ungeheuren Spiels. Wer wagt es, sie zu werfen?

    Oswald Spengler
    (1880-1936)
    „Jahre der Entscheidung“
    (1933)

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