Der Marine-Le-Pen-Effekt: Front National erobert die Mittelschichten

Originaltext: „Sondage exclusif : Le FN devient un vote d’adhésion“ von Raphael Ruffier-Fossoul und Paul Terra, in lyoncapital.fr

Übersetzung ins Deutsche von Manfred

Der Front National ist eine Anhängerpartei geworden, die mittlerweile auch die Mittelschichten anspricht. Dies ist die Lehre aus einer Umfrage, die „Lyon Capitale“ in ihrer Mai-Ausgabe … vorstellt. Gestützt auf eine Umfrage von OpinionWay, deren Mitarbeiter tausende von Kilometern zurückgelegt haben, um FN-Wähler zu treffen, und auf Analysen von Rechtsextremismus-Experten, erschüttert diese Untersuchung viele vertraute Vorstellungen.

Marine Le Pen, Front National (FN)
Marine Le Pen

Zum ersten Mal misst eine Umfrage deutlich den „Marine-Le-Pen-Effekt“: 86 % der FN-Wähler sagen, dass sie sie sich als Präsidentin im Élysée wünschen, während nur 53 % ihren Vater Jean-Marie Le Pen dort gern gesehen hätten. „Ich bin verblüfft“, bekennt der Soziologe Sylvain Crépon. „Der FN wird zu einer Option aus Überzeugung. Ich dachte bisher, es handele sich weitgehend um Proteststimmen. Dies markiert eine Zäsur.“

Durch diese Untersuchung entpuppt sich auch die Wählerschaft als wesentlich vielschichtiger, als sie es in der Vergangenheit war. „Es geschieht etwas mit den Mittelschichten, für die es akzeptabel wird, für den FN zu stimmen“, stellt der Politologe Jean-Yves Camus fest. Wenn Einwanderung und Sicherheit die Hauptgründe sind, FN zu wählen, so ist es die Angst vor der islamischen Religion, die die überwältigende Mehrheit der Wähler der extremen Rechten vereint: 90 % von ihnen sind der Ansicht, der Islam sei eine „Gefahr für die Republik“. Bei anderen Themen zeigen sie sich gespaltener: 70 % glauben, dass die 35-Stunden-Woche eine „wirtschaftliche Katastrophe“ sei, aber 64 % wollen nicht an der Rente mit 60 rütteln. Noch unerwarteter: 46 % der FN-Wähler stehen der Schwulenehe positiv gegenüber, und 24 % sind sogar für die Entkriminalisierung von Cannabis.

Ein weiteres Ergebnis dieser Umfrage lautet, dass zwei Drittel der FN-Wähler sich für „überhaupt nicht antisemitisch“ erklären, wohingegen nur 34 % von sich sagen, „überhaupt nicht rassistisch“ zu sein.

7 Gedanken zu „Der Marine-Le-Pen-Effekt: Front National erobert die Mittelschichten“

  1. Naja, Antisemitismus ist als Begriff ja bewußt biologisch gewählt. Und so verstanden, was ist daran überraschend, wenn viele rassistische Franzosen denken, daß die biologische Eigenart der Juden noch kein Problem darstellt, im Gegensatz zu ausgewählten anderen Völkern.

    Ich habe beobachten müssen, daß das Zusammenleben von georgischen und russischen Jugendlichen etwas angespannt ist, weil georgische Jugendliche ein viel festeres Ego besitzen als russische. Ich halte diese Situation nicht für wünschenswert an sich, aber man muß auch sagen, daß Erwachsene diese Art Schwierigkeit überwunden haben und Georgier durchaus einen Gewinn für eine Gesellschaft darstellen.

    Mit Bezug auf Juden ist diese Diskussion zwar rein akademisch, aber losgelöst von ihrer Kultur stünde wenigstens zu erwarten, daß es sich nicht anders verhielte. Auch sind Franzosen natürlich keine Russen, sondern stehen egomäßig wohl irgendwo zwischen Georgiern und Russen. (Und wahrscheinlich gilt das auch für Juden.)

    Ich neige ja dazu so genannte Antisemiten zu verteidigen, indes grenze ich mich an dieser Stelle auch mal von einem ab, nämlich von H.S.Chamberlain, wenn er behauptet, daß die Mischung von Kaukasiern und Arabern in einem sehr unglücklichen Mischtypus resultiert. Ich halte diese Aussage für eine willkürliche Gemeinheit.

    Die Juden versuchen es im Moment natürlich mit einer Strategie der Stärke, so daß ihnen in Zukunft derartige Unannehmlichkeiten wie den Georgiern in Rußland von vornherein erspart blieben.

    Paranoia ist aber kein guter Ratgeber.

    Ich meine, es gibt ja Leute, welche behaupten, daß ohne ihr segensreiches Wirken alles auseinander fiele. Wie gut, wenn es dann jemanden gibt, dessen Paranoia ihn dazu verleitet, alles zu zerschlagen, weil er fürchtet, es könnte sich gegen ihn wenden.

    Das ist das Tolle, eine materielle Kontrolle ist gar nicht nötig, psychologische Kontrolle zweier antagonistischer Parteien genügt völlig.

  2. Der Kate-u-Willi-Effekt:

    Lasse nebenbei den „Weddingstream“ laufen und habe festgestellt, irgendetwas fehlt in Berlin.
    Einziger Trost: Man hörte die Kaiserhymne 🙂

  3. Frankreich letzte Chance .
    Würde auch für uns hier in Deutschland einen “ Dominoeffekt “ bewirken.
    Dazu kommt die Machtverteilung in Brüssel.
    Frankreich und Austria, wenn hier National zum Mainstream wird , dann
    können wir hoffen.
    Fallen die beiden Staaten, dann beginnt die dunkle Epoche.

    Adam

  4. Die „Front National“ scheint mir ein „klein wenig“ antiisraelisch eingestellt zu sein, was ich sehr bedenklich finde.

    Sehen denn so wenige ein, dass Israel ein bestandteil unseres Kulturkreises ist und das ein Untergang Israels, wie er jetzt wieder wahrscheinlich wird, dem aus dem restlichen westlich-abenländischen Kulturkreis nicht entgegengewirkt wird,

    1. ein Verrat an unserem eigenen Kulturkreis darstellt, Islamisten ermutigt und ihnen signalisiert, das sich unser Kulturkreis nicht verteidigen kann

    und

    2. unseren moralische Untergang, vielleicht auch den vollständigen Untergang Europas (als Kulturkreis) einläutet, zumindest aber schweren Schaden für ihn hervorrufen würde?

  5. Treue und Verrat lassen sich m.M. nach nur auf einen individuellen Verhaltenskodex beziehen. Daneben gibt es nur noch die ordinäre Vertragstreue.

    Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand denkt, er müsse Israel verteidigen, weil sein persönlicher Ehrbegriff verlangt für Gesinnungsgenossen einzustehen.

    Noch nicht einmal in Israel selbst kann ich mir das vorstellen, so sind die Juden als Gemeinschaft auch nicht definiert. Weder gemeinsame Abstammung, noch das Befolgen der selben Gebote macht sie zu Gesinnungsgenossen. Und wenn man sich die Moral der alttestamentarischen Geschichten vor Augen hält, so ist die Überwindung von Gesinnungsunterschieden geradezu das zentrale Element.

    Das ist für einen Stamm nicht gerade verwunderlich. Allerdings paßt es auch sehr gut zu ihrer Rolle im Mittelalter, welche sie schwerlich hätten ausfüllen können, wenn sie Gesinnungsgenossen gewesen wären, welche danach gestrebt hätten, irgendwelche Ideale umzusetzen.

    Letzteres war natürlich das Feld der Kirche.

    Die Vernachlässigung der Gesinnung führt zu Selbstgefälligkeit. So ist auch der Spruch: „Ich bin nicht gekommen, um euch Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ zu verstehen und die sich daran anschließenden Sprüche. Ein Stamm kann sich diese Selbstgefälligkeit erlauben, denn er wird von außen zurechtgestutzt, wenn er es damit übertreibt, eine Nation hingegen kann sie sich nicht erlauben, und Israel wäre in großen innenpolitischen Schwierigkeiten, wenn es nicht ständig mit seinen Nachbarn kämpfen müßte.

    In Europa wird derzeit ebenfalls eine Überwindung der Gesinnungsunterschiede versucht, indes muß man sich da nur fragen, wie das Scheitern dieses Versuchs wohl konkret aussieht, daß Scheitern selbst ist gewiß.

  6. „…während der Gesamt-Eindruck solcher zukünftigen Europäer wahrscheinlich der von vielfachen geschwätzigen willensarmen und äußerst anstellbaren Arbeitern sein wird, die des Herrn, des Befehlenden bedürfen wie des täglichen Brotes; während also die Demokratisierung Europas auf die Erzeugung eines zur Sklaverei im feinsten Sinne vorbereiteten Typus hinausläuft: wird, im Einzel- und Ausnahmefall, der starke Mensch stärker und reicher geraten müssen, als er vielleicht jemals bisher geraten ist – dank der Vorurteilslosigkeit seiner Schulung, dank der ungeheuren Vielfältigkeit von Übung, Kunst und Maske. Ich wollte sagen: die Demokratisierung Europas ist zugleich eine unfreiwillige Veranstaltung zur Züchtung von Tyrannen – das Wort in jedem Sinne verstanden, auch im geistigsten.“

    Friedrich Nietzsche

    Jenseits von Gut und Böse
    -Völker und Vaterländer

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