Deutsch als Zweitsprache

Henryk M. Broder berichtet über Erdogans Auftritt in Düsseldorf:

An diesem Heimatabend sind die Migranten aus der Türkei nicht nur unter sich, sie müssen sich auch für nichts rechtfertigen. Hier sind sie Türken, hier dürfen sie’s sein. In solchen Momenten ahnt man, wie wenig hilfreich die Integrationsdebatten sind, weil sie einen Zustand problematisieren, den die Menschen, über die geredet wird, für selbstverständlich halten.

Erdogan spricht zu ihnen, nicht zu den Deutschen da draußen, und deswegen muss seine Rede nicht ins Deutsche übertragen werden. “Warum gibt es keine deutsche Übersetzung?”, frage ich einen türkischen Kollegen auf der Pressetribüne. “Integration ist keine Einbahnstraße”, antwortet der Kollege. “Heißt das, ich soll Türkisch lernen?” Der Kollege nickt und lacht. “Sie haben mich verstanden!”

[Quelle: Auftritt in Düsseldorf: Türken und andere Deutsche – Erdogans Heimatabend  WELT ONLINE.]

Und noch eine hat verstanden:

Die Regierung sei der Überzeugung, „dass das Deutschlernen in der Bedeutung dem Türkischlernen zumindest gleichgestellt“ werden müsse, ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag durch ihren Sprecher Steffen Seibert in Berlin erklären.

[Quelle: Reuters, Hervorhebung von mir, M.K.-H.]

So weit ist es also gekommen: Die Bundeskanzlerin bettelt darum, dass die deutsche Sprache in Deutschland dem Türkischen wenigstens gleichgestellt sein soll.

9 Gedanken zu „Deutsch als Zweitsprache“

  1. Das Unglaubliche daran ist, dass die Normalos da draußen überhaupt nicht im Ansatz begreifen, dass uns hier mirnichtsdirnichts unser Heimatland unter den Boden weggezogen werden soll, während es die Akteure doch OFFEN verkünden.

    Ich meine, der einfache arbeitende Bürger ohne intellektuelle Neigung hält einen doch für einen Spinner, wenn man ihn mit Verzwitterung, Masseneinwanderung usw. konfrontiert. Zumal hier in Mitteldeutschland bei einer Ausländerquote von 2%. Der kann sich das doch alles gar nicht vorstellen. Wie war das? Die Lüge muss nur groß geug sein…

    Das macht mich so wütend. Weißt Du, wie deprimierend das bisweilen ist? In Berlin oder im Ruhrpott ist das anders, da muss man sich als urbaner Deutscher wenigstens einreden, dass man das gut findet. Aber hier da geht das alles wie gelähmt vor sich hin, ohne dass diese Landstriche irgendeine effektive, demokratische Bedeutung für Gesamtdeutschland hätten, wobei sie potentiell so wichtig sind.

  2. „Die Bundeskanzlerin bettelt darum, dass die deutsche Sprache in Deutschland dem Türkischen wenigstens gleichgestellt sein soll.“

    Ja, das muss man verbreiten! Wenn man Seiberts Einlassung gehört hat, dann ist Deutschlands Status als unterworfenes Land unwiderruflich definiert. Und das weiß Adolf Erdogan. Und Polenz, die CDU-Moslem-Pfeife findet an Erdogans Rede nichts, was er kritisieren könnte…

    Diese Düsseldorf-Sportpalast-Veranstaltung hat das Auslandstürken-Ministerium in Ankara organisiert. Und jeder in unserer Regierung wusste das und hat es gebilligt. Jetzt nachträglich zaghaft den Finger heben und leise „aber…aber…“ flüstern, das ist Hohn pur.

    Künftig wird Deutschland regelmäßig zum Wahlkampf-Aufmarschgebiet der Türken. Aus welchen Gründen sollte dies das nächste Mal eingeschränkt oder gar untersagt werden? Das hat ja nun schon Tradition.

    Mir gehts wie Druide: Ich verzweifle an der Ignoranz meiner Mitbürger. Hinter vorgehaltener Hand wäre man schon bereit zur Kritik; aber laut, so dass es andere hören könnten? Nein, Nur im Keller.

  3. Was Frau Merkel meint, ist natuerlich, dass tuerkische Kinder in Deutschland mindestens so gut Deutsch lernen muessen wie Tuerkisch, tendenziell sollten sie also besser Deutsch sprechen als Tuerkisch.
    Die Gesamtsituation in Deutschland/Europa aendert sich dadurch nicht. Ich hielte es aber fuer besser, auf billige Polemik wie diese zu verzichten.

  4. „Gleichgestellt“, „zumindest gleichgestellt“, „zumindest“ gleichgestellt… dieses Lebewesen namens Merkel ist einfach unfaßbar.

  5. Aus Sarrazins Dystopie:
    „Ein leidiges Problem war immer wieder die Sprache gewesen. In einem wegweisenden Grundsatzurteil hatte das Bundesverfassungsgericht 2030 entschieden, es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, einen Bewerber mit Migrationshintergrund nicht zu berücksichtigen, weil seine Bewerbung sprachliche Mängel aufweise. Das nahm sehr viel Anspannung aus der Integrationsdebatte. Noch viel wichtiger aber war das Urteil zum Verfassungsrang der Muttersprache aus dem Jahre 2037. Zum Glück war es bei der vorangegangenen Richterwahl erstmals gelungen, je einen Kandidaten mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund durchzubringen. Die Mehrheit im zuständigen Ersten Senat war nämlich denkbar knapp gewesen. In den Leitsätzen zum Urteil legte die Senatsmehrheit fest, dass sich das Recht auf Schulunterricht in der Muttersprache aus dem absolut wirkenden Anspruch auf Achtung der Würde jedes Einzelnen aus Art. I Abs. I GG herleite. Dieses Recht sei dem Grunde nach unverfügbar und müsse eingelöst werden. Ausnahmen seien allenfalls zulässig, wenn es sich bei den Kindern mit fremder Muttersprache um eine verschwindend kleine Minderheit handle, so dass der fiskalische Aufwand unvertretbar hoch sei. In den meisten Städten könne davon aber gar keine Rede sein. Gerade im Kern der Ballungsgebiete überwiege die Zahl der Kinder mit türkischer und arabischer Muttersprache. Deren Menschenwürde werde ohne zwingenden Sachgrund beeinträchtigt, wenn sie auf Deutsch radebrechen müssten, anstatt sich frei in der eigenen Muttersprache auszudrücken.“
    Die Merkel-Worte deuten auf eine Beschleunigung der Geschichte hin. Merkel war bislang auch gegen die Aufnahme der deutschen Sprache ins GG.

  6. Wo ist eigentlich das Problem? Ist es nicht so, daß bislang jedenfalls die breite Mehrheit der Deutschen geduldig der Abschaffung ihres Staates und ihrerselbst entgegendämmern? Da ist es doch ganz natürlich, daß der Anführer der Türken die Vorhut und die Pioniere seiner Landnahme ermutigt, fortzufahren und nicht nachzulassen. Nur nicht die Verbindung zwischen Kolonie und Mutterland abreißen lassen. Und es ist doch ungemein großzügig, abweichend von früheren Kolonialbehörden, nicht sogleich Türkisch als verbindliche Amtssprache mit Duldung deutscher Umgangssprache zu fordern. Ganz anders als z.B. seinerzeit die Briten. Da können sich die Türken ganz auf das segensreiche Wirken der Demografie und die Verachtung westlicher Werte verlassen. Insoweit kommt Zeit, kommt Rat. Frau Merkel regt sich nicht weiter auf, weil sie ganz genau um ihre Bestimmung und Rolle als Gouverneurin der türkischen Kolonialverwaltung weiß. Als Gunsterweis durfte sie an der Seite des Staatschefs sogar gemeinsam eine Messe mit eröffnen und dabei auch noch Deutsch sprechen.

    Als ewiger Revisionist hoffe ich, daß sich das real existierende Staatsvolk gegen das zweite im Entstehen begriffene Staatsvolk auf (noch) deutschem Boden rechtzeitig zur Wehr setzen wird. Leider wird es nicht mit dem Rückzug dieses Volkes enden, wie seinerzeit der der Franzosen aus Algerien. Da sind Türken aus anderem Holz. Es wird daher etwas brachialer zugehen (müssen).

  7. Man würde ein gutes Stück Weg vorankommen, wenn man es erreichen könnte, daß der Islam hier in Deutschland ähnlich geächtet würde wie die „Kirche“ der Scientologen.
    Besser wäre ein Verbot des Koran als gewaltverherrlichende Schrift, wie es Geert Wilders in Holland gefordert hat, aber scheinbar (und möglicherweise noch) nicht durchsetzen konnte.

  8. @ Ruth:

    Was Frau Merkel meint, ist natuerlich, dass tuerkische Kinder in Deutschland mindestens so gut Deutsch lernen muessen wie Tuerkisch, tendenziell sollten sie also besser Deutsch sprechen als Tuerkisch.

    Ich habe begriffen, was Frau Merkel meint. Wenn man aber Integration will, d.h. dass Türken Deutsche werden, dann hat die deutsche Sprache nicht nur klar im Vordergrund zu stehen, sondern spätestens in der dritten Generation als Muttersprache gesprochen zu werden. Wer außerdem noch Türkisch können will, wird daran so wenig gehindert wie ein Hugenotte, der aufs Französische Gymnasium geht. Diese erforderliche klare Ansage ist im Statement der Regierung gerade nicht enthalten. Dieses impliziert vielmehr, dass Türkisch mit Deutsch gleichrangig sein soll; und dass sie tendenziell … besser Deutsch sprechen als Tuerkisch“ gilt erstens eben nur tendenziell und zweitens nur so lange, wie die Deutschen noch die deutliche Mehrheit stellen. Da dies in immer geringerem Maße der Fall sein wird, gilt selbst dieser kleine Vorbehalt nur auf Abruf. Was die Regierung also akzeptiert hat, ist nicht mehr und nicht weniger als die Gleichrangigkeit der türkischen Sprache in Deutschland. Dies eine

    billige Polemik

    zu nennen, ist billige Polemik. 😀

  9. Dieser Satz Broders ist das Klügste was ich zum Thema Integration gelesen habe – kurz, knapp, prägnant:

    „An diesem Heimatabend sind die Migranten aus der Türkei nicht nur unter sich, sie müssen sich auch für nichts rechtfertigen. Hier sind sie Türken, hier dürfen sie’s sein. In solchen Momenten ahnt man, wie wenig hilfreich die Integrationsdebatten sind, weil sie einen Zustand problematisieren, den die Menschen, über die geredet wird, für selbstverständlich halten.“

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